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Nicht jede große Liebe, braucht auch ein Happy End

von

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Wenn es Zeit wird

7. Kapitel
 

Wenn es Zeit wird
 

Für Tai waren die Tage zwischen dem letzten Gespräch mit seinem Trainer und dem Anfang der bedeutungsvollsten Begegnung in seinem bisherigen Leben einfach unerträglich gewesen. Alles in seinem Kopf schien sich nur noch um dieses Spiel zu drehen, als würden alle Zeichen auf Angriff und Verteidigung stehen, bereit, sogar mit dem eigenen Ich dafür zu bezahlen. In Tais Augen gab es überhaupt keinen Grund daran zu zweifeln, dass er und seine Mannschaft das Match nicht gewinnen könnten, soviel war sicher. Sie waren ein gutes Team mit einem hervorragenden Sturm und einer eben so begnadeten Abwehr. Doch trotzdem war er so nervös, wie niemals zuvor. Diese Begegnung bedeutete ihm einfach alles, zumindest für den Moment. An etwas anderes konnte Tai nicht denken. Dies war auch der Grund, warum er die ganze Nacht vor dem Spiel wach lag, sich von einer Seite zur anderen drehte und trotzdem keinen Schlaf finden konnte.

Sein Wecker auf seinem Schreibtisch zeigte 2:00 Uhr in der Früh an. Mittlerweile versuchte Tai bereits seit mehr als 4 Stunden endlich das Tor zum Reich der Träume zu finden, doch weder Kompass noch Karte hätten etwas genützt. Das einzige, was er endlich geschafft hatte, war, dass er in eine tiefe Trance fiel, so, als würde er dösen. Vielleicht war es sogar so etwas, wie ein Vorbote für den so verzweifelt herbeigesehnten Schlaf, doch noch bevor der Herr der Träume seine Pforten öffnen konnte um Tai einzuladen, zahlreiche Abenteuer zu bestehen, auf Schiffen um die Welt zu segeln, sich durch einen großen, verwilderten Urwald zu schlagen oder auch ein dunkles Haus zu erforschen, schlug die Haustür mit einem lauten, widerhallenden Knarren zurück in die Angel. Tai war auf der Stelle wieder hellwach und saß auf seinem Bett. Wenn die Tür, und die zwei betreffenden Personen, die augenscheinlich kurz zuvor durch genau jene Tür gekommen waren nicht so laut gewesen wären, hätte man garantiert Tais Herz schlagen hören können Doch so verstummte es gegen den Krach, den Tai aus dem Wohnzimmer kommend, vernahm. Und er erkannte beide Stimmen sofort, egal wie viel Mühe sie sich auch gaben um möglichst leise zu sein.

„Matt, T.K! Was macht ihr denn hier?“. Verwundert betrat Tai den Wohnbereich des Apartments und musterte beide. Es kam keine Antwort zurück. „Hallo? Ihr könnt aufhören verstecken zu spielen, wenn ihr das gespielt habt, denn ich habe euch auf frischer Tat ertappt. Ihr steht ja schließlich auch genau vor mir.“. Beide schienen sich nun langsam aus ihrem Wachkoma befreien zu können und fanden einen Weg auf Tais Frage zu antworten. „Äh, ja, was machen wir hier eigentlich? Keine Ahnung, T.K? Was machen wir hier?“. „Nun….äh, … es sollte eine Überraschung werden, aber leider hatte ich vergessen, dass eure Haustür schneller ist als das Licht. Entschuldigung, wenn wir dich geweckt haben.“. „Ihr habt mich nicht geweckt, ich konnte sowieso nicht schlafen. Aber setzen wir uns erstmal, OK? Die Couch steht hier schließlich nicht nur als Dekoration.“ Als T.K und Matt, nachdem sie ihre Sachen weggebracht und verstaut hatten und sich zu Tai auf die Couch gesellten, registrierte T.K wie verändert Tai wirkte. Er war schmächtiger, als früher und unter seinen Augen stachen dunkle, fast ins Schwarze gehende Ringe hervor. Tai machte auf T.K einen miserablen Eindruck, doch er wollte nicht unhöfflich sein und sprach ihn deswegen nicht darauf an. Außerdem hatte T.K genug von Matt herfahren, als sie mit dem Zug auf den Weg nach New York gewesen sind und das reichte ihm momentan zu wissen.

„Also … für was ward ihr noch mal hergekommen? Für eine Überraschung?“ führte Tai das Gespräch fort. „Ja, wir beide haben von deinem morgigen Spiel in der Zeitung erfahren und wir wollten dir die Daumen drücken und werden auch im Stadion sein.“. Man merkte T.K an, wie viel ihm persönlich daran lag, Tai in jeder Lebenslage zu unterstützen. Diese Selbstlosigkeit und Loyalität hatte er von seinem Bruder gelernt. Auch Matt war jederzeit für seine Freunde da und er wusste, wie viel dieses Spiel für Tai bedeutete. Es konnte also nichts schaden, ihm moralisch beizustehen. „Aha. Das ist schön.“. Müde schloss Tai kurz die Augen. Er hatte sich eine Decke geholt, während T.K und Matt ihre Sachen wegbrachten und die Wärme, die er auf seiner Haut spürte, machte ihn unglaublich schläfrig. Doch nicht alleine das. Tai fühlte sich geborgen in der Nähe von Matt und T.K. Oft genug hatte er in letzter Zeit nachts immer wieder Ängste ausgestanden, von denen allerdings niemand etwas wusste. Tai vermutete, dass sich sein Körper deswegen gegen den Schlaf wehrte.

Und dann, plötzlich, ohne Vorwarnung, ohne Vorbereitung auf den Schmerz, der ihn jetzt durchfuhr, musste er an Kari, seine Schwester denken. Sie war Tais ein und alles. Er liebte sie mehr, als sein eigenes Leben. >Wie es ihr wohl ergangen ist …< dachte Tai, als er langsam in einen tiefen Schlaf zu gleiten drohte.

Tai hatte sie seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen. Oft hatte er sich vorgenommen, sie zu besuchen, aber dann entschloss er sich immer wieder dagegen. Tai hatte Angst ihr entgegen zu treten, nachdem er sie ohne ein Anzeichen, ohne eine Erklärung verlassen hatte. Er wollte sich nicht vorstellen, was sein Stiefvater ihr wohlmöglich angetan hatte. Tai traute diesem Mann alles zu. Vor seinem inneren Auge tauchte sie auf, Hilfe suchend, verängstigt und ohne ihren großen Bruder, Karis Beschützer.

Er wusste, dass er sein Versprechen gebrochen hatte, als er sie verließ, das Versprechen, das er ihr gab, als ihr beider Vater gestorben war. Auch Tai ging es zu dieser Zeit elend, aber er konnte es Kari nicht zumuten, Schwäche zu zeigen. Tai musste für sie stark sein, seine Gefühle und Gedanken einzig für sie zurück stellen, egal wie viel er somit von seiner eigenen Lebensflamme aufgab und unter Asche begrub.

Er wusste noch jedes einzelne Wort, das er ihr als sein Ehrenwort gab, als sie beide im Centralpark saßen und Kari sich die Seele aus dem Leib weinte, als sie ihren Kopf tief in Tais Schoß vergrub und er ihr sanft über das Haar strich. Es war ein schöner, milder Herbststag gewesen und beide wollten eigentlich nur mal raus und ein wenig Fußball spielen, oder in den Ästen ihres Lieblingsbaum sitzen, doch ab irgendwann mussten beiden plötzlich an ihren verstorbenen Vater denken. Auch Tai war damals zum Weinen zu mute gewesen, doch fasste er sich und sprach, wenn auch mit zittriger und schmerzverzerrter Stimme sein Versprechen aus, das er bis an sein Lebensende halten wollte.
 

I’ll try to make the sunshine brighter for you
 

I will even play the fool if it makes you smile
 

I’ll try to make you laugh if there’s a tear in your eye
 

‘Cause after all is said
 

After all is done
 

I’d do anything for you
 

I'll try to make the stars shine brighter for you

And I'll take you on my shoulders,
 

hold you way up high

I'll even chase the rainbow hanging in the sky

’Cause after all is said

After all is done

I'd do anything for you
 

I'll try to make the days last longer for you

From the daybreak, 'til the sunset, 'til the end of time

I'll keep you safe, away from the heartache

’Cause when all is said

And when all is done

I'd do anything for you
 

Tränen rannen seine Wangen herab. Er wollte es niemals brechen, aber er hatte es getan. An dem Tag, als er Hals über Kopf aus der Wohnung rannte, ließ er nicht nur sein früheres Leben zurück, nicht nur seinen verhassten Steifvater, nicht nur seine Erinnerungen, sondern auch sein Versprechen, sein Ehrenwort lies er ohne Verwirklichung zurück, leise schwebend im Raum, bis es, verhungernd ohne Nahrung, verschwand. „Es tut mir Leid, Kari. Du wirst es verstehen, wenn die Zeit gekommen ist …“ sprach er lautlos, als ihm endlich das Land der Träume die Tore öffnete.
 

Stille, kann man nicht überhören
 

Und ich weiß,
 

du liegst jetzt irgendwo wach.
 

Denn Herzen können nicht lügen,
 

und auch gebrochene schlagen noch.
 

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Kari hatte schon seit längerem nicht mehr richtig durchgeschlafen. Eigentlich seit dem Tag, an dem sie ihren Bruder verlor. Sie wusste nicht, wo er sich aufhielt und warum er sie und ihre Mutter verlies, aber Kari war ihrem Bruder darüber nicht im eigentlichen Sinne böse. Sie hätte es ihm gleich getan, wenn sie bereits 18 Jahre alt gewesen wäre. Doch sie war 14 und verdammt einsam, obwohl ihr Stiefvater und ihre Mutter gleich eine Tür weiter in ihren Betten schliefen.

Es war die erste Nacht seit langem, dass sie mal keine Schreie ihrer Mutter aus dem Schlafzimmer mit anhören musste. Kari wusste nicht, was das alle zu bedeuten hatte. Sicherlich, sie war alt genug um zu wissen, was Sex ist und auch, dass man dabei stöhnte, doch nach Sex klangen diese allnächtlichen Schreie nicht. Sie ließen auf Schmerzen, Leid und Trauer deuten und Kari verstand nicht, warum ihre Mutter nicht schon längst die Trennung mit diesem schrecklichen Mann suchte. Wie sehr sich Kari ihren Bruder zurück wünschte. >Tai hätte Mama verteidigt, mit seinem Leben! Aber er ist nicht da, Kari! … < dachte sie schluchzend und kroch unter ihre Decke, um wenigstens ein wenig Schutz zu finden.

Sie hatte oft geweint, viel zu oft und ihr Gesicht war von Trauer, Schmerzen und Leid gezeichnet. Ihre einst so strahlenden Augen vermissten jeden Glanz und hätte jemand ihr Herz sehen können, er wäre zurückgewichen vor diesem leblosen Etwas, das in Karis Brust mit letzter Kraft schlug. Sie sprühte nicht mehr vor Lebenskraft, Frohsinn und Leichtigkeit, wie es normal für sie gewesen wäre in einem Alter, in dem man die ersten zögerlichen Liebschaften hatte und alles Neue, Verbotene ausprobierte. Kari wollte weg, weit weg und doch, wollte sie auch gleichzeitig hier bleiben, ihre Mutter nicht im Stich lassen und insgeheim trug sie ein kostbares Gut in sich, was sie vor anderen tief in sich verbarg: Kari hatte die Hoffung noch nicht aufgegeben, dass ihr Bruder Tai wieder zu ihr und seiner Mutter zurück kehren würde.
 

Nirgendwo eine Spur von dir

und deshalb frag ich mich:

Wo du bist?
 

Wo du bist?

Denn hier ist ohne dich

kein Land in Sicht
 

und es tut ziemlich weh,

weil ich es nicht versteh!
 

Nicht versteh!
 

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„Hey! Aufwachen! Tai! Wach auf!“ Matt rüttelte ihn immer wieder hin und her. Tai war letzte Nacht auf der Couch eingeschlafen, nachdem er über seine Gedanken endlich die herbei gewünschte Ruhe fand. Langsam, fast zögerlich öffnete er seine Augen. „Matt, lass mich in Ruhe!“. Tai warf mit einem heftigen Schlag die Decke wieder über seinen Kopf, um dem grellen Sonnenlicht und dem nicht gerade schönen Anblick eines unrasierten Matts zu entgehen.

„OK, mein Lieber… Dann eben anderes! T.K! Plan B! Jetzt!“. Matt kannte Tai lange genug um zu wissen, dass er nicht einfach so zum Aufstehen zu ermutigen war und deswegen hatte er einen ungemein feucht-fröhlichen Plan ausgetüftelt, der vorsah, Tai mit einem Eimer eiskalten Wasser den Schlaf aus den Augen zu spülen. Und so tat T.K, wie ihm befohlen war, nicht ohne einen Hauch von Belustigung und Schadenfreude in seinen Augen.

Tai verwandelte das Wasser augenblicklich in eine wilde Bestie, bereit alles zu zerfleischen, was ihr im Weg war oder eben für dieses Dilemma verantwortlich. „Sagt mal Leute, spinnt ihr???!!!“. T.K und Matt sahen dieses Ungetüm in dem Körper von Tai rebellieren, aber beide konnten nicht anders, als Tränen zu lachen. „So klein ist er jetzt! So klein!“ Matt sprach mit keuchenden Stimme und zeigte mit dem Daumen und Zeigefinger Tais aktuelle Penisgröße an, sich sicher, dass Tais kleiner Freund sich vorwurfsvoll in sein Jagdschlösschen zurückgezogen hatte. „Sehr witzig!“, war alles, was er dazu zu sagen hatte. „Hey, der kommt schon wieder raus, Kumpel! Aber das ist doch jetzt auch egal! Los, mach dich fertig, in 3 Stunden beginnt dein Spiel!“. „Scheiße, ja, das Spiel!“. Tai hatte es völlig vergessen, doch er musste nicht viel tun um sich fertig zu machen. Die Tasche mit seinem Outfit war schon seit Tagen gepackt und auch seine Motivation war unverändert hoch. Sehr hoch, fast Eifelturm mäßig hoch.

Schnell aß Tai noch eine Kleinigkeit, bevor er im nächsten Augenblick in der Tür stand. Es waren noch gut 2 Stunden bis zum Anpfiff, aber Tai hatte es seit jeher so gehandhabt, geraume Zeit vorher im Stadion zu sein um die Atmosphäre in sich einzuziehen und von dieser bis zum Abpfiff zu leben und auch oft von ihr zu profitieren. „Kommt ihr nicht gleich mit?“ fragte Tai verwundert, als er seine beiden Freunde seelenruhig auf der Couch sitzen sah. „Nein, geh ruhig schon mal vor…wir haben noch etwas zu erledigen.“ sprach Matt belustigt, genau wissend, dass Tais Neugierde damit geweckt worden war. Doch er hatte keine Zeit mehr zu verlieren; er musste los. Nein, er wollte los. Endlich war der Tag gekommen, der Tag, an dem er es Henry ein für alle mal heimzahlen konnte. „Wir sehen uns vielleicht noch kurz vorher.“. Mit diesem letzten Satz verschwand er durch die Tür, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass die Haustür einen enormen Schlag zurück machen würde. „Matt? Hast du das Lächeln auf seinen Lippen und seinen Ausdruck in den Augen gesehen? Er ist siegessicher, hab ich Recht?“. „Ja, das ist er!“. Lange hatte Matt auf diesen Tag warten müssen, dass Tai endlich wieder ein Lächeln über die Lippen brachte. Es tat gut, das zu sehen.
 

Show me a smile then

Don't be unhappy, can't remember

When I last saw you laughing
 

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Sora fühlte, wie die Luft im Stadion brannte. Es war Winter und trotzdem kam es ihr so vor, als wäre der Tag ungewöhnlich warm, fast heiß.

Überall hörte Sora aufgeregte Stimmen, die nur ein Gesprächsthema kannten: Die „New York Metro Stars“ gegen die „New York Cosmos“ (A/N: Ja, auch diesen Verein gibt es. Franz Beckenbauer und Pelé haben in den 70 ziger Jahren für diesen gespielt.). Die meisten schienen für die „Metro Stars“ zu sein, schließlich hatten sie so etwas, wie einen Heimvorteil, doch Sora glaubte an Tai. Er würde es schaffen, er und seine Mannschaft würden sie besiegen können, wenn sie nur kämpften. Vieles im Fußball hing vom Kampfgeist, Können und der nötigen Portion Glück ab.

Sora hatte endlich ihren Platz gefunden, aber sie war sich sicher, dass sie nicht lange sitzen können würde, vor allem wenn das Spiel auf Messers Schneide wandelte. Jetzt waren es noch 15 Minuten bis zum Anpfiff und Sora vernahm leise den Stadionsprecher und die Aufstellung beider Mannschaften. Nur beim Namen Taichi Yagami wachte sie auf und sie war froh drüber, dass Tai aufgestellt worden war. Auch Henry sollte laut Sprecher von Anfang an auf dem Platz stehen.

Endlich, nach qualvollen Minuten des Wartens sah sie ihn, würdevoll und stolz den Platz betreten. Seine Körperhaltung versprach seinen Gegnern ein schwieriges Spiel mit ihm, ein Spiel, in dem er ihnen nichts schenken würde. „Los Tai! Zeig es ihnen! Du packst das!“.

Der Trainer der „New York Cosmos“ hatte seine Jungs richtig eingestellt, sie hungrig und heiß auf den Sieg gemacht. Doch Tai musste man nicht extra einstellen, er würde keinen Zweikampf verlieren. In jeden wollte er mit der nötigen Härte und Bissigkeit gehen, notfalls auch foulen, um nicht in Rückstand zu geraten. Das wusste auch sein Trainer und befahl ihm regelrecht keine überharten, unnötigen Fouls zu begehen und sich mit seiner fast schon Übermotiviertheit zurück zu nehmen. Kurz nickte Tai ihm zu um zu versichern, dass er verstanden hatte, doch das zählte bei Tai nicht viel. Er hatte zwar sein Versprechen gegeben, sich zurück zu halten, keine Tätlichkeiten gegenüber seinen Gegnern zu provozieren, doch als Tai nun auf dem Platz stand, hatte er es bereits vergessen.

Die Begrüßung der beiden Kapitäne fiel kalt und respektlos aus. Tais Augen waren für einen kurzen Moment starr auf Henry gerichtet um ihm zu zeigen, dass er es heute zurück gezahlt bekommen würde.

Und dann war es soweit. Tai hatte das nötige Münzglück gehabt und begann sofort auf Angriff zu spielen. Es war wirklich ein sehr heißes Spiel und das Stadion schien einen riesigen Eintopf zu kochen. Die Hitze hätte sicherlich dazu ausgereicht. Das Match verlief zunächst für beide Teams durchaus viel versprechend, doch plötzlich verstummten alle. Die „New York Cosmos“ gerieten in Rückstand und ihr Torwart war völlig machtlos gewesen, bei dem Freistoß, den Henry aus 25 Metern Entfernung so genau platziert hatte, das er in der oberen rechten Ecke im Netz flatterte. Es war eingetreten, was unvermeidlich gewesen war. Die Anfangsviertelstunde war noch geprägt vom Rückhalt beider Mannschaften, doch die „Metro Stars“ hatten immer mehr Druck gemacht.

Sora war enttäuscht, doch sie glaubte nach wie vor an Tai, der auch jetzt noch alles gab. Das Spiel konnte noch gedreht werden. Es lag nur ein Tor zwischen dem Ausgleich und nur ein weiteres fehlte zum Sieg, wenn sie jetzt hinten dicht machen würden. Doch konnten sie es? Sora plagten Zweifel. Viel zu oft hatte auch sie es schon erlebt, dass es gegen einen überstarken Gegner fast unmöglich war, sein Tor zu verteidigen. Nein, sie durfte nicht zweifeln, denn es gab immer noch eine Chance.

Und da war es! Der Ausgleichstreffer durch eine fabelhafte Doppelpassaktion von Tai, der sogar das probierte Foul an ihm übersprang und einfach schoss. Das Publikum toste, es kochte förmlich über.

Sora war wütend über sich selbst, dass sie auch nur eine Sekunde an Tai und seinem Können, sowie an seiner Mannschaft gezweifelt hatte. Aber sie war auch glücklich, dass nun wieder alles offen stand.

Auch Tai wusste um diesen Zustand und drängte in der zweiten Halbzeit noch mehr auf Sieg. Es würde sein Tag werden, sein verspäteter Triumph über Henry. Die zweite Halbzeit verlief weitaus spannender als die erste Halbzeit, weil beide Teams die Abwehr beinahe völlig vernachlässigten und fast ausschließlich auf die Offensive setzten. Tai, aber auch Henry war es anzumerken, dass sie ihre Kräfte verließen und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis einer von beiden einen Fehler machen würde, der ihr jeweiliges Team den Sieg kosten würde. Aber Tai war kein Typ für irgendwelche Späße, die ihn in eine tiefe Schmach gestürzt hätten. Es brennte auf den Sieg und auch die Zuschauer waren angespannt. Die Luft flimmerte über dem Stadion und Henry und Tai spielten, passten und rannten um ihr Leben. Die letzten 2 Minuten brachen an und die Trikots beider Spieler waren völlig von Schweiß gedrängt.

Die Mädchen, die auf Tai und jene, die auf Henry standen, hatten ihre wahre Freude an diesem Anblick und waren wahrscheinlich auch nur deswegen gekommen. Wie sehr sich beide Parteien jetzt wünschten ihren angehimmelten Traummann in die Arme schließen zu können und den nassen Körper zu fühlen, dessen Muskeln immer noch stark zitterten von den Anstrengungen des Spiels. Tais Körper war von den vielen Wochen des Alkohol –und Marihuanakonsums stark ausgezerrt, aber seine Konzentration und sein Wille hielten den Belastungen des Spiels stand und zu seinem Glück ließ sich Henry auf sein Spiel ein und hatte das nötige Foul, knapp vor dem 16 Meterraum begangen, was Tai provozierte. Henry riss ihn unsanft zu Boden und sofort zeigte der Schiedsrichter an, dass die „New York Cosmos“ ihren Freistoß bekamen. Tai stand auf und schaute Henry von der Seite an. In seinen Augen funkelten zahlreiche, kleine Sterne, die den Sieg greifen wollten. „Das war’s Henry!“. Tai trat an den Punkt, an dem Henry ihm in die Beine fuhr und legte sich den Ball zurecht. Er war sich sicher, dass er diesen Freistoß, den Gnadenschuss für die „Metro Stars“ selbst ausführen wollte. Es würde sein Tag werden. Die Zuschauer hielten den Atem an und dann war es soweit.

Tai traute zuerst seinen Augen nicht, als er sah, wo sich der Ball befand, nachdem er ihn von seinem Fuß freigegeben hatte. Er befand sich im Netz der „Metro Stars“ und Tais Blick verwandelte sich zuerst vom puren Erstaunen in ein Meer von überschäumender Freude. Tai hatte es geschafft. Das Spiel war aus und er hatte es geschafft, es diesem Henry heimzuzahlen. Eine Welle der Euphorie durchfuhr seinen Körper und all die Anstrengungen des Spiels waren vergessen.

Aber es gab etwas, das den Sieg noch besser gemacht hatte. Er spielte die ganze Zeit über nicht nur für sich selbst oder seine Mannschaft. Sondern auch für seine Freunde Matt und T.K und für Sora, auch wenn er nicht sicher war, ob sie überhaupt da gewesen ist. Doch er fühlte es, sie war irgendwo in der Masse, die nun langsam aus dem Stadion strömte. Aber auch nicht nur für sie hatte er sein Letztes gegeben, sondern der Sieg war eigentlich für Kari. >Vielleicht<, so dachte er >würde sie es morgen oder so in den Nachrichten erfahren oder in den Zeitungen lesen. < Er hoffte es nicht nur, er wünschte es auch.

„Tai, du hast mich nicht enttäuscht! Du hast ein super Spiel abgeliefert!“. „Danke.“, entgegnete Tai seinem Trainer fast ohne Emotionen. „Aus dir wird noch mal ein super Spieler, Tai, wenn du weiter trainierst!“. „Ja, kann sein.“, sagte Tai traurig, als er an seinem Trainer vorbei in die Kabine ging.

Nachdem er geduscht und sich umgezogen hatte, verließ er kopfhängend früher als die anderen Spieler das Stadion, die noch ausgiebig feierten und die Regeneration für sich nutzen. Draußen sah er seine beiden Freunde Matt und T.K, wie sie immer noch aufgeheizt die Spielzüge von Tais fabelhafter Leistung durchgingen. „Hey, du warst großartig!“ rief Matt ihm zu, als er auf sie zukam. T.K pflichtigte seinem Bruder stürmisch bei, indem er schnell den Kopf immer wieder auf und ab bewegte. „Danke.“. Auch vor ihnen konnte Tai seine Trauer nicht verbergen. „Hey, Kumpel? Was ist denn los? Du hast grad das Spiel deines Lebens abgeliefert und siehst aus, wie 10 Tage Regenwetter!“. „Ach, es ist …ach, ist schon gut.“. „Du brauchst mir gar nicht so zu kommen, Tai! Nichts ist gut. Aber wir haben vielleicht etwas, das deine Stimmung heben wird.“. „Wie bitte?“. „T.K, hol’ die eigentliche Überraschung.“

Langsam, fast ängstlich kam ein junges Mädchen hinter einem Baum hervor. Tai wollte seinen Augen nicht trauen, als er erkannte, wer es war. Es war seine Schwester. Sein kleines Mädchen, und es erschien ihm so traurig zu sein. Obwohl Kari sich die größte Mühe gab, fröhlich und entzückt zu wirken, konnte Tai in ihren Augen lesen, wie in einem offenen Buch. „Oh Gott, Kari!“. Tai konnte nicht anderes, als zu ihr zu rennen und sie sofort fest in seine Arme zu nehmen. Leise rannen Tränen über Karis Wangen und auch Tai konnte sich ein Schluchzen nicht verkneifen. Er war so froh, sie zu sehen, lebend. Es hatte ihm das Herz gebrochen und aus der Brust gerissen, als er sie verlassen musste. An dem Tag nahm man ihm die Luft zum Atmen und tötete ihn. Er lebte nicht mehr, er existierte nur noch. „Aber…woher? Ich mein, woher …?“. „Frag nicht Tai, genieß es einfach.“, entgegnete ihm Matt, als er sah, wie glücklich Tai gewesen ist.

„T.K? Wir gehen jetzt besser nach Hause. Lassen wir die beiden alleine.“
 

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„Kari, wie ist es dir ergangen in der Zwischenzeit?“. „Ach, nicht besonders gut, aber ich glaube, es gab schon schlimmeres.“. Mit diesem Satz gab sich Tai erstmal zufrieden. Kari würde ihm schon alles erzählen, wenn sie nur endlich aus der Kälte herauskamen. „Kari? Ich hab einen Bärenhunger! Ich könnte ein paar große Hamburger oder so etwas vertragen! Ich lad dich ein!“. Kari musste schmunzeln. Tai hatte sich nicht sonderlich geändert, er konnte immer noch viel essen, viel zu viel in Karis Augen, ohne ein Gramm Fett anzusetzen. „Du kannst immer noch so viel essen, wie früher, was?“. Sarkasmus und Ironie schwangen in ihrer Stimme mit. „Oh, ja!“. Tai war vielleicht schon 18 Jahre alt, aber wenn er sich auf etwas freute, dann machte er den Eindruck eines kleinen Kindes am Tag vor Weihnachten, das die ganze Nacht nicht schlafen konnte.

Nach wenigen Minuten trafen sie in einem Fastfood Restaurant ein. Tai liebte den Geruch von gegrilltem Beef in seiner Nase. „Kari. Setz dich hierher. Ich nehme die Bestellung auf. Was willst du denn?“. „Äh … eine große Cola und einen Milchshake. Erdbeer.“. Tai war verwundert über ihre Bestellung. Draußen waren es um die 0 Grad und sie verlangte nach einem Milchshake? „Na gut. Ist zwar eine komische Bestellung zu dieser Jahreszeit, aber Ihr Wunsch, my Lady, ist mir Befehl.“. Mit einem kindischen Lächeln ging er vor um seine und Karis Bestellung aufzugeben.

Als er wieder zurückkam, donnerte er ihr bereits von weitem humorvoll entgegen: „Weißt du, wie die mich angeschaut haben, als ich einen Milchshake haben wollte?“. Noch im Sprechen hatte er sich bereits zu Kari gesetzt. „Ich hätte es ja auch sagen können, aber du hast gesagt, ich solle mich hier hinsetzten.“. „Ja, und dabei bleibt es auch!“.

Kari und Tai waren die typischen Geschwister. Sie liebten sich beide sehr, doch manchmal hatte es für Außenstehende den Eindruck, dass sie sich stritten. Doch beide verstanden, auf welche Art der jeweils andere es meinte.

Tai schaute beim Essen kaum zu Kari auf, obwohl er zahlreiche Fragen stellte: Wie es ihr so ergangen ist. Was ihre Mum macht und wie es in der Schule läuft. Alles wurde von Kari knapp beantwortet, ohne zuviel ins Detail zu gehen. Als Tai endlich seine 6 Hamburger und 3 Cheeseburger gegessen hatte, oder in Karis Augen herunter geschlungen, schaute er sie endlich wieder an. „Also ist soweit alles OK, ja?“. „Na ja, wie man es nimmt.“. Kari bemühte sich sehr darum, Fassung zu bewahren, doch sie konnte nicht anders als langsam anzufangen zu weinen. Tai sah die Tränen in ihren Augen und wie sie fast unmerklich zitterten. Sofort nahm er sie in seine Arme und drückte sie fest an sich. „Tai, es ist gar nichts in Ordnung!“. Es brach plötzlich alles aus ihr heraus und Tai war machtlos im Angesicht dessen, was ihm nun geboten wurde. Er wusste, dass es Kari nicht gut ging. Das hatte er ihr schon angesehen, als sie vor dem Stadion in der Kälte standen, doch er wollte sie nicht drängen, ihm alles zu sagen. Doch nun konnte Kari nicht anderes, als ihren Gefühlen in der Geborgenheit und Wärme Tais freien Lauf zu lassen. „Tai, ich will, dass du zurück kommst. Es ist der reinste Horror zu Hause!“. „Psst, Kari. Ganz ruhig, ich bin doch da. Du weißt, dass du dich immer auf mich verlassen kannst. Das weißt du doch, Kari, oder?“. Angst und Hoffnungslosigkeit machten sich in Tais Seele breit. Konnte sie es wirklich? Denn er hatte sie doch verlassen. Er war ja schließlich nicht mehr da.

„Tai, ich weiß …ich weiß es nicht mehr!“. Karis Satz war wie ein Stich mitten in Tais Herz. Tai löste die Umarmung und schaute Kari ernst an, als er sie mit seinen Händen vor ihm zurück hielt. „Was?! Aber Kari, du ….“. „Nein, Tai. Es geht hier nicht nur um mich! Es geht auch um Mum! Nicht nur mir geht’s schlecht, sondern auch ihr! Du musst zurück kommen, Tai, du musst!“. Kurz überlegte Tai, was er denn jetzt tun sollte, doch dann kam die Gewissheit, er konnte nicht mehr zurück. „Tut mir Leid, Kari. Aber ich kann nicht zurück kommen.“. Karis Blick verdunkelte sich und aus es schien, als wiche aus ihr jede Hoffnung, ihr letztes noch verbleibendes Rettungsboot. Sie verstand nicht, warum er sie vergessen hatte, warum er sein Versprechen gebrochen hatte. Ohne ein Wort stand sie auf und rannte aus dem Restaurant zurück in die Kälte. Tai war unfähig auch nur einen Schritt zu gehen. Er saß einfach da, Tränen in den Augen und sah ihr zu, wie sie ging, bis die Tür wieder zurück in die Angel glitt. „Aber … Kari? Du weißt es doch, …du weißt es doch immer noch …“. Er begriff, dass das Band zwischen ihr und ihm vielleicht doch nicht mehr so stark war, wie es früher einmal gewesen ist. Tai hatte es auf eine starke Zerreisprobe gestellt und nun schien es langsam zu bröckeln und sich aufzulösen. Er hatte das Gefühl, dass auch sie stärker geworden ist, genau wie er, nur auf eine andere, ehrlichere Weise.
 

Come stop your crying,
 

it will be all right

Just take my hand, hold it tight

I will protect you from all around you

I will be here don’t you cry
 

For one so small,
 

you seem so strong

My arms will hold you
 

keep you safe and warm

This bond between us can’t be broken

I will be here don’t you cry



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