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Der Weg zum Glück

von

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Du musst lächeln, einsamer Wolf

Weil heute mein Geburtstag ist...

...da hab ich mir gedacht, mach ich euch doch ein kleines Geschenk und lad schon mal das neue Kapitel hoch XD! Hab grad so gute Laune und das hat mich jetzt einfach gepackt *drop*.

Das ist jetzt nicht mit Klayrchen abgesprochen, weil sie jetzt noch nicht da ist (und ich wahrscheinlich schon wieder im Bett liegen werde, wenn sie kommt), aber ich hoffe einfach mal, dass es okay für sie ist. Ansonsten: Großes ENTSCHULDIGUNG an dich und ich verspreche, ich mach es irgendwie wieder gut!!!
 

Na ja, und für alle anderen: Viel Spaß!
 

-~*~-
 

Disclaimer: Die Charas gehören (bis auf wenige Ausnahmen) nicht uns, sondern Clamp. Wir wollen kein Geld damit verdienen, sondern nur unterhalten.
 

Erstschreiber des Kapitels: Lady_Ocean

Kapitel: 3/26
 

-~*~-
 

„Trenne dich nicht von deinen Illusionen. Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.“

(Mark Twain)
 

-~*~-
 

Du musst lächeln, einsamer Wolf
 

Am nächsten Morgen hätte Kurogane beinahe verschlafen. Inzwischen hatte er sich schon daran gewöhnt, dass seine Tochter immer vor ihm wach war und ihn dann aus dem Bett holte, um ihr Frühstück zu bekommen, sodass er den Wecker, der ihn Punkt 6:00 Uhr aus dem Schlaf riss, erst gar nicht als solchen registrierte. Als er ihn dann zum wiederholten Mal hatte verstummen lassen, fiel ihm endlich auf, dass etwas fehlte: Tomoyo.

Mit einem genervten Grummeln schälte er sich aus seiner Decke und zog einen schwarzen Morgenmantel über, während er an den verpatzten Vorabend zurückdachte. Tomoyo würde doch wohl nicht immer noch sauer auf ihn sein? Oder war sie gestern erst so spät eingeschlafen, dass sie jetzt wirklich noch nicht wach war? Nun, er würde es ja bald wissen.

Bevor er seine Tochter aber weckte, ging er in aller Ruhe in die Küche und bereitete Frühstück und Kindergartenverpflegung für Tomoyo vor. Es ließ sich gleich viel entspannter arbeiten, wenn man seine Ruhe dabei hatte.

Als Kurogane eine saubere, quietschbunte Schüssel, bedruckt mit rosa Elefanten, aus dem Schrank nahm und die klebrigen Flocken hineinschüttete, die seine Tochter am vergangenen Morgen so eifrig in sich hineingestopft hatte, fiel ihm auf, dass dieses Frühstück wohl nicht mehr lange halten würde. Und immer wieder dasselbe konnte er ihr eh nicht geben. So viel wusste selbst er, dass immer mal Abwechslung beim Essen nötig war, sonst hatte man bald genug von einer Sache. Allerdings hatte er überhaupt keine Ahnung, was seiner Tochter sonst noch schmeckte. Na ja, dann würde er sie nachher halt fragen. Falls sie wieder mit ihm redete. Aber selbst wenn nicht, würde er sich nicht bei ihr entschuldigen! Am Ende dachte sie noch, er würde dem blonden Komiker zustimmen und nun auch sagen, dass Hasen reden könnten. Soweit kam es noch! Er musste unbedingt ein ernstes Wörtchen mit diesem Kindergärtner wechseln, wenn er Tomoyo nachher abgegeben hatte...

Den Rest der Gurke, den er nicht als Beilage für das Frühstück seiner Tochter kleingeschnitten hatte, zerteilte der hochgewachsene Mann nur grob und warf es dann dem Hasen in den Weidekorb, damit dieser auch etwas zum Frühstücken hatte. Anschließend machte er sich auf den Weg zu dem Zimmer seiner Tochter und hoffte, sie würde sich ohne Theater wecken lassen. Leise öffnete er die Tür, spähte erst durch den so entstandenen Spalt hindurch, sah, dass das Mädchen immer noch tief in seine Decken eingekuschelt war und sich nicht rührte, und ging schließlich zu ihr hinüber.

„Hey, Kleines! Zeit aufzustehen. Nachher geht es wieder in den Kindergarten.“

Keine Reaktion. Nur ihr gleichmäßiges Atmen war leise zu hören. War sie gestern wirklich erst so spät eingeschlafen? Vorsichtig schob Kurogane die Decke zurück und berührte Tomoyo sacht an der Schulter, rüttelte sie dann sanft, als noch immer keine Reaktion kam. Und endlich kam Leben in das kleine Mädchen. Ein tiefes Einatmen und schläfrige Bewegungen zeugten davon, dass er sie endlich wach bekommen hatte. Also wiederholte er seine Worte noch einmal:

„Komm, du musst aufstehen. Sonst kommen wir noch zu spät in den Kindergarten.“

Müde blinzelte Tomoyo ihren Vater an, musterte ihn eine Weile schweigend. Dann sah sie sich weiter im Zimmer um und stellte fest, dass jemand fehlte.

„Wo ist denn Mokona?“

„Frühstückt schon. Das Karnickel ist nämlich schon eine Weile länger wach als du.“

Tomoyo nickte daraufhin und stand nun auch endlich auf. Damit war Kuroganes Arbeit erst einmal erledigt und er erhob sich wieder, um das Zimmer zu verlassen.

„Ich warte in der Küche auf dich. Dein Frühstück steht schon da.“

Die Kleine nickte und machte sich daran, ein paar Sachen aus dem Schrank zu ziehen.
 

Kurogane war froh, als er das Zimmer wieder verlassen hatte. Gut, Tomoyo tat, was er sagte, aber sie schien immer noch nicht so recht mit ihm reden zu wollen. Dabei war sie vorgestern nicht so nachtragend gewesen. Hatte sie sich den Streit gestern Abend wirklich so zu Herzen genommen? Sollte er sich vielleicht doch entschuldigen? Nein, entschied er fest. Er hätte sich entschuldigt, wenn er im Unrecht gewesen wäre, aber das war er nun mal nicht. Allerdings war er auch nicht erpicht darauf, Tomoyos Distanziertheit länger als nötig aufrecht zu erhalten, also nahm er sich vor, ihr gegenüber von nun an vorsichtiger mit seinen Äußerungen zu sein. Er würde es auch ohne Soma hinbekommen, seine eigene Tochter richtig zu erziehen!

Als Kurogane sich seinen Kaffee eingeschenkt hatte und die Tageszeitung aufschlug, kam Tomoyo auch schon fertig angezogen aus ihrem Zimmer. Mit einem kurzen Blick überzeugte er sich, ob er seine Tochter so nach draußen lassen konnte, und stellte fest, dass Soma ihr das richtige Anziehen von Kleidung auch ganz gut beigebracht hatte. Insgeheim musste Kurogane sich eingestehen, dass seine ehemalige Erzieherin seiner Tochter eigentlich alles beigebracht hatte, was sie bis jetzt konnte. Was hatte er ihr schon großartig gezeigt? So selten, wie er daheim gewesen war, weil die Arbeit ihn so sehr eingespannt hatte...

Der Schwarzhaarige wurde aus seinen bitteren Gedanken gerissen, als er aus dem Augenwinkel registrierte, wie seine Tochter etwas umständlich den Milchkarton anhob und versuchte, etwas von der Flüssigkeit in ihre Cornflakes zu schütten. Da er die Milch selbst aus dem Kühlschrank genommen hatte, wusste Kurogane, dass sie noch voll und dementsprechend schwer für die Kleine war, also stand er schnell auf und nahm sie ihr vorsichtig aus der Hand, bevor sie alles verschütten konnte.

„Komm, ich helf’ dir.“

Damit kippte er nun selbst behutsam etwas Milch in die Frühstücksschüssel. Vom vergangenen Morgen her wusste er, wie viel Milch seine Tochter in etwa zu den Flakes gab und so musste sie nicht einmal ein Zeichen geben, um ihm anzudeuten, wann er aufhören konnte.

„Danke“, gab das Mädchen schließlich leise zurück, als er ihr die Schüssel wieder zuschob. Kurogane nutzte die Gelegenheit, um gleich generell ihre Frühstücksvorlieben zu klären.

„Was magst du eigentlich noch außer diesen Frühstücksflakes?“

„Pfannkuchen.“

„Und sonst?“

„Toast mit Marmelade. Oder Schokolade. Oder Honig.“

„Nur solche süßen Sachen? Isst du nicht auch mal was Herzhaftes zum Frühstück?“

„Nein, das esse ich lieber später. Früh mag ich keine Wurst.“

Versteh einer das Kind... Aber Kurogane hütete sich, irgendeine dumme Bemerkung zu machen. Wo er doch gerade erst dabei war, wieder so etwas wie ein Gespräch auf die Beine zu stellen.

„Dann gibt es morgen früh Toast. Das scheint davon immer noch am gesündesten zu sein.“

„Ich mag auch Obst. Das ist auch gesund.“

„Ach so? Was denn für welches?“

„Na Äpfel, Weintrauben, Bananen, Birnen, Orangen, Melonen...“

„Das lässt sich einrichten.“

Das wurde langsam ganz schön viel. Bis zum Mittag würde Kurogane sich das bestimmt nicht merken können, also nahm er sein Handy aus der Tasche und trug die Liste der Lebensmittel in die Notizen ein.
 

Nach dem Frühstück schickte Kurogane seine Tochter schnell noch ins Bad zum Zähneputzen, dann war es auch schon Zeit zum Losfahren. Tomoyo übernahm jetzt wieder die Obhut über den Weidekorb, in dem sich Mokona befand, und nahm – diesmal ohne vorherigen Streit mit ihrem Vater – zusammen mit dem Hasen wieder auf dem Beifahrersitz Platz. Während der Fahrt streichelte sie den Hasen ausgiebig und meinte zwischendurch wie beiläufig: „Siehst du, Papa? Wenn Mokona sauber ist, ist es ganz weiß und kuschelweich.“

„Hm...“, antwortete dieser nur geistesabwesend. Schließlich musste er sich jetzt auf den Verkehr konzentrieren und der war um diese Uhrzeit immer recht dicht. Außerdem war er in Gedanken bereits im Kindergarten und bei Fye, den er erst einmal zur Schnecke machen würde, wenn er ihn sah.

Schließlich hatten sie ihren Kampf im allmorgendlichen Verkehrschaos erfolgreich gemeistert und den Kindergarten erreicht. Voller Vorfreude schnallte Tomoyo sich ab, kaum dass das Auto zum Stehen gekommen war, und sprang heraus, denn vor der Tür hatte sie bereits den blonden Kindergärtner ausfindig machen können.

„Nii-chaaaan! Guten Morgen!“

Freudig rannte sie auf ihn zu. Kurogane schüttelte ungläubig den Kopf. Wie hatte es der Kerl geschafft, in nur einem Tag ihr Herz zu erobern, wo sie doch gestern noch so ängstlich gewesen war? Aber trotzdem musste er sich einmal ernsthaft mit ihm unterhalten. Er sollte nur aufpassen, dass Tomoyo dabei außer Hörweite war.

„Tomo-chan, hallo! Du bist aber fröhlich heute!”

„Ja, heute habe ich mich ganz doll auf den Kindergarten gefreut! Und Moko-chan ist auch wieder ganz weiß, guck!“

Damit hob die Kleine den Deckel des Korbs an und gab den Blick auf das blütenweiße Häschen frei.

„Ooooooh! Moko-chan sieht ja wirklich wieder toll aus! Hast du es so schön sauber gemacht?“

„Nein, Papa war das.“

„Mensch, dein Papa hat ja richtig Ahnung von Tieren! Sieht man ihm gar nicht an.“

Besagter ‚Papa’ hatte inzwischen sein Auto abgeschlossen und war mit säuerlicher Miene zu den beiden anderen getreten.

„Dir auch einen guten Morgen, Kuro-tan! Willst du Moko-chan nicht irgendwann mal wieder mitnehmen?“

„Erstens: Nenn mich nicht so! Wenn ich nicht geduzt werden möchte, dann möchte ich nicht! Und erst recht nicht mit so einem bescheuerten Spitznamen! Und Zweitens: - Der Hase bleibt jetzt erst mal hier.“

Eigentlich hatte er sagen wollen: ‚Das Vieh kommt mir nicht mehr ins Haus!’, aber dann besann er sich darauf, dass Tomoyo noch neben ihm stand.

„Ach, das ist schade“, erwiderte der Kindergärtner breit grinsend, „aber vielleicht überlegst du es dir ja noch mal.“

‚Wer’s glaubt...’

Kurogane tat die Bemerkung mit einem abfälligen Schnauben ab. Dann wandte er sich an seine Tochter:

„Willst du das Karnickel nicht wieder in seinen Stall setzen? In dem kleinen Korb hat es doch nicht richtig Platz.“

„Ja...“

Schon an ihrem Wortlaut konnte Kurogane erkennen, dass sie zögerte. Ob sie ahnte, dass er sie absichtlich wegschickte? Kinder sollten ja angeblich einen sechsten Sinn für so etwas haben...

„Dein Paps hat Recht, Kleines. Moko-chan ist es bestimmt viiiiieeeel zu eng, wenn es so lange in dem kleinen, dunklen Korb sitzen muss. Und es möchte bestimmt etwas frisches Gras fressen.“

Der Blonde pflichtete ihm bei? Er konnte sich nicht vorstellen, dass dieser so blauäugig war und sich nicht denken konnte, dass Kurogane unter vier Augen mit ihm reden wollte, aber nach dem Ausgang ihres Gesprächs am vergangenen Morgen konnte dieser doch unmöglich Interesse daran haben, erneut mit ihm allein zu sein! Aber was auch immer nun seine Gründe waren – seine Worte hatten Tomoyo jetzt schließlich überzeugt. Behutsam stellte das kleine Mädchen den Korb am Rand des Weges ab und umarmte zum Abschied wieder ihren Vater. Diesmal kam Kurogane ihr ein Stück entgegen, sodass sie nicht bloß seine Knie erwischte.

„Lass dich von den anderen Kindern nicht ärgern, ja?“

„Mh-mh“, verneinte sie gedämpft, ihr Gesicht in das Shirt ihres Vaters gedrückt.

„Kommst du heute wieder so spät?“, fragte sie vorsichtig.

„Nein, diesmal bin ich pünktlich.“

„Okay...“

Damit löste sie sich von ihm und nahm den Korb wieder in die Arme.

„Bis dann!“

„Bis dann.“

Und schon war sie um die nächste Ecke verschwunden. Als Kurogane sich zu Fye zurückdrehte, hatte dieser ein ganz sanftes, ungezwungenes Lächeln auf den Lippen, während seine Augen noch verträumt Tomoyo hinterher blickten. Doch kaum hatte er bemerkt, dass Kurogane ihn ansah, schien sich das Lächeln zu verändern, künstlich zu wirken und das in einer Geschwindigkeit, als hätte der Blonde sein Leben lang nichts anderes getan, als sich hinter einer Maske zu verstecken. Diese Verschwiegenheit veranlasste ihn praktisch unbewusst dazu, es ihm gleich zu tun und ebenfalls sein unnahbares, im Gegensatz zu seinem Gegenüber allerdings mürrisches und wie versteinert wirkendes Antlitz aufzulegen.

„Du wolltest mit mir reden, Kuro-sama?“, fragte der Blondschopf nur ungerührt.

„Ja. Über die Spinnereien, die du meiner Tochter erzählst. Was fällt dir ein, ihr solche Flausen in den Kopf zu setzen, wie z.B. dass Hasen sprechen könnten! Und die Kleine, naiv wie sie ist, glaubt den Blödsinn auch noch! Das redest du ihr gefälligst wieder aus, sonst hab ich sie das letzte Mal in diesen Kindergarten gebracht!“

Für einen Moment flackerte die Maske des Kindergärtners, doch gleich darauf saß sie wieder perfekt.

„Was findest du denn so schlimm daran, dass sie an sprechende Hasen glaubt?“

„Es ist einfach Schwachsinn! Es bringt ihr nichts, solchen Hirngespinsten nachzurennen, und früher oder später ist sie sowieso alt genug, um das zu durchschauen. Also brauchst du ihr diesen Floh gar nicht erst ins Ohr zusetzen.“

„Ja, das stimmt...“

Kurogane hielt verwundert einen Augenblick inne. Mit einem so schnellen Eingeständnis hätte er wahrlich nicht gerechnet.

„... Früher oder später sind die Kinder wirklich zu alt, um an so etwas wie sprechende Hasen oder den Weihnachtsmann zu glauben. Irgendwann wird jeder erwachsen. Aber findest du wirklich, dass das besser ist? Wenn du dir all die erwachsenen Menschen so ansiehst, ihre Gesichter, wie sie Tag für Tag mit derselben versteinerten Miene durchs Leben hetzen, nirgends mehr verweilen oder gar lächeln... Meinst du wirklich, dass das besser ist? Früher oder später wird jedes Kind so, wenn der harte Lebensalltag ihm auch die letzten Träume entrissen hat – so ernst und unempfindlich gegen alles Schöne. Und jetzt schau dir deine Tochter an, dieses liebe, kleine Wesen, mit so viel Seele und Freude an den kleinen und großen Dingen des Lebens. Ich habe dich beobachtet, ich weiß, wie du sie ansiehst, wenn du dich von ihr verabschiedest oder sie nach einem langen Tag wiedersiehst. Du brauchst mir also nicht erzählen, dass du nicht genauso sehr an ihr hängst wie sie an dir. Und deshalb bin ich mir sicher, dass du tief in deinem Innern gar nicht wollen kannst, dass aus ihr so schnell einer dieser unzähligen seelenlosen Erwachsenen wird, wie man sie heutzutage zu Tausenden auf den Straßen sieht. Und ihre Träume und Fantasien bewahren sie davor, solch ein Mensch zu werden, selbst wenn sie überhaupt nicht wahr sind und niemals in Erfüllung gehen können. Aber wie du es bereits so treffend gesagt hast: Früher oder später ist sie alt genug, um das selbst zu durchschauen. Also warum nicht ein bisschen später? Warum den Zeitpunkt, an dem sie erwachsen wird, nicht noch ein Stück herauszögern und das niedliche Kind ein wenig länger bewahren, das sie jetzt noch ist?“

Kurogane schwieg. Er konnte gar nicht anders, als darauf zu schweigen. Irgendwie fühlte er sich gerade ziemlich mies. Auch wenn er vor Fye ganz sicher nicht offen zugeben würde, dass er es auf eine gewisse Art und Weise rührend fand, wie seine Tochter an ihm hing, oder ihm zustimmen, dass auch er die Tristheit der Welt, in der er lebte, gelegentlich sogar ermüdend fand, so kam er trotzdem nicht umhin, dass er sich selbst eingestehen musste, dass Fye Recht hatte. Tomoyo war ein Kind. Das war eine Tatsache, die er anscheinend immer noch nicht komplett verinnerlicht hatte. Er konnte sich einfach nicht in Kinder hineinversetzen, nicht wissen, wie sie dachten oder fühlten, aber so, wie Fye es gerade beschrieben hatte, erschien es ihm ziemlich plausibel. Und ja, er mochte seine Tochter so, wie sie war. Ihre kindliche Art hatte etwas seltsam Erfrischendes und brachte etwas in sein Leben, was er in den letzten Jahren schon fast vergessen hatte: Abwechslung. Und wenn der kleine Zwerg mit den großen, violetten Augen ihn so zärtlich ansah, dann war er sich nicht mehr sicher, ob Abwechslung wirklich etwas so Schlechtes sein musste...

„Ich entnehme deinem Schweigen einfach mal, dass du mir zustimmst?“, unterbrach Fye Kuroganes Gedanken. Augenblicklich wurde aus dem nachdenklichen Vater wieder der bittere Miesepeter.

„Tz! Denk doch, was du willst! Aber erzähl meiner Tochter nicht zu viele von deinen komischen Märchen. Sie hat selbst genug Fantasie.“

Damit drehte er sich um und ging zu seinem Wagen zurück. Fye lächelte in sich hinein.

„Dann bis heute Abend, Kuro-sama!“, frohlockte er ihm hinterher.

„Ja, ja...“, kam es gegrummelt zurück, ohne dass Kurogane sich noch einmal umdrehte.
 

Wieder zu Hause angekommen, ließ Kurogane sich erst einmal auf sein Sofa fallen und schaltete den Fernseher ein. Es liefen gerade irgendwelche Nachrichten, doch so genau nahm er es gar nicht wahr. Dieser blonde Kerl hatte ihn mit seinem Gequatsche irgendwie durcheinander gebracht. Er konnte nicht genau beschreiben, was es war, das ihn im Moment störte, doch er fühlte sich ziemlich erschöpft. Und unvollständig. Kurogane konnte es selbst kaum fassen. Seit vier Jahren hatte es ihm nicht das Geringste ausgemacht, allein zu sein, im Gegenteil, er hatte es sogar begrüßt, immer mal eine Auszeit von all den Menschen um ihn herum zu bekommen und allein sein zu können. Warum, verdammt noch mal, hatte er dann plötzlich das Gefühl, als würde ihm etwas fehlen?

Er schaltete den Fernseher wieder aus. Es lief schon wieder irgendein Beitrag zu irgendeinem Krieg in irgendeinem Teil der Welt und das Geballer ging ihm auf die Nerven. Ihm fiel sein Handy wieder ein, in dem er sich die Einkaufsliste für Tomoyos Essvorlieben eingespeichert hatte. Ja, am besten machte er jetzt irgendetwas Sinnvolles, das würde ihm helfen, seinen Kopf frei zu bekommen. Am besten ließ er das Auto auch gleich stehen, dann konnte er quer durch den Park laufen. Dauerte genauso lange und etwas frische Luft war jetzt nicht verkehrt.
 

„Nii-chan?“

„Ja?“

Fye hatte seinen Schützlingen gerade gezeigt, wie man aus einem quadratischen Papier, das man mehrmals über Eck zusammengefaltet hatte, ein hübsches Deckchen schneiden konnte. Als er gerade bei Tomoyo vorbeigekommen war, hatte diese von ihrer filigranen Arbeit aufgeschaut und ihn mit diesem fragenden Blick angesprochen.

„Papa sagt, Moko-chan kann gar nicht sprechen. Ist das wahr?“

Ah...das lag der Kleinen also noch auf dem Herzen. Er hatte doch gesehen, dass etwas nicht stimmte, als sie mit dem leeren Korb zu ihm zurückgekehrt war. Sie hatte da schon so bedrückt gewirkt.

„Dass dein Papa Moko-chan nicht verstehen kann, heißt noch lange nicht, dass es nicht sprechen kann“, erklärte der Blonde dem kleinen Mädchen ruhig.

„Warum kann Papa Moko-chan denn nicht verstehen?“

„Dein Papa ist schon sehr erwachsen. Und Erwachsene werden leider taub und blind für die Dinge, die Kinder noch wahrnehmen können. Sie haben vergessen zu glauben.“

„Ist das schlimm?“

„Na ja...sagen wir: Es ist schade. Denn so verpassen die Erwachsenen viele tolle Dinge, die Kinder erleben können.“

„Das ist wirklich schade... Guckt Papa deshalb immer so ernst?“

„Wahrscheinlich.“

„Armer Papa... Dann möchte ich am liebsten NIE groß werden!“

„Groß werden ist aber etwas anderes.“

„Wirklich?“

„Ja. Auch große Menschen können noch viele, schöne Sachen erleben, wenn sie nur nicht vergessen, wie es ist, ein Kind zu sein und zu träumen.“

„Du kannst noch träumen, oder, Nii-chan?“

„Ja, ich träume gern!“

„Kannst du denn Moko-chan verstehen?“

„... Manchmal.“

„Echt? Was sagt es denn, wenn du es verstehst?“

„Dass es Hunger hat.“

Tomoyo lachte laut auf.

„Moko-chan denkt immer nur ans Fressen! Kein Wunder, dass es so dick ist. Hast du ihm nicht gesagt, dass das nicht gesund ist?“

„Doch, aber es hört wohl nicht auf mich...“

In diesem Moment kam Sakura aufgelöst auf den Blondschopf zugerannt und verkündete ihm verzweifelt: „Ryu-kun hat fast das ganze Papier zerschnitten! Jetzt ist kaum noch etwas für die anderen Kinder übrig...“

„Ich kümmere mich gleich darum, Sakura-chan. Geh du schon mal zurück und schau, dass sich niemand mit den Scheren verletzt.“

„Okay.“

Und damit war sie wieder verschwunden, Fye wandte sich wieder Tomoyo zu, die ihn erneut mit großen, besorgten Augen anblickte.

„Kann mein Papa denn nie mehr lachen, wenn er einmal erwachsen geworden ist?“

„Doch, ich denke schon. Er hat vielleicht vergessen, wie es ist, ein Kind zu sein, aber was man vergisst, das hat man zumindest schon einmal gewusst und deshalb kann es einem auch irgendwann wieder einfallen. Und ich glaube, du hilfst ihm dabei, sich wieder daran zu erinnern.“

„Wirklich? Wie?“

Fye lächelte sie sanft an und streichelte ihr durchs Haar, während er langsam aufstand, um sich dann um Ryu kümmern zu können.

„Bleib einfach, wie du bist. Sei bei ihm und lache immer mal. Das wird ihm bestimmt helfen.“

„Ehrlich? Mehr muss ich nicht tun?“

„Nein, mehr nicht. – Sag, möchtest du dein hübsches Deckchen nachher noch anmalen? In den Holzkisten liegen Stifte, die kannst du dir nehmen.“

„Au ja!“

Freudig sprang das kleine Kind auf und machte sich auf die Suche nach hübschen Farben, während Fye nach seinem kleinen Wildfang sah.
 

Verdammt...! Wenn er das nächste Mal Süßkram einkaufen ging, würde er Tomoyo mitnehmen. Wer hätte auch ahnen können, dass es so viel davon gab?

Kurogane stand – zum wahrscheinlich ersten Mal in seinem Leben – vor einem Regal mit süßen Brotaufstrichen und war fast am Verzweifeln. Nicht nur, dass er sich hier zwischen hundert verschiedenen Sorten Marmelade – Erdbeere, Kirsche, Aprikose, Himbeere, Waldfrucht, Johannesbeere, Heidelbeere, Brombeere, Pfirsich sowie unzähligen Kombinationen besagter Früchte – praktisch verlaufen konnte, nein, selbst von etwas so Einfachem wie Honig und Schokolade musste es zig verschiedene Sorten geben, die eh alle gleich aussahen! Gut, das Schokoladen- und Honigproblem behob er dann damit, dass er sich einfach jeweils die Sorte herausnahm, die gerade preisreduziert im Angebot war, denn das war in beiden Fällen zum Glück auch je eine, doch mit der Marmelade wurde es wirklich kritisch. Was, wenn irgendeine von diesen Sorten seiner Tochter nicht schmeckte? Er hatte keine Lust, das Zeug für umsonst gekauft zu haben.

Es war zum Verzweifeln. Er hatte eine Kaufhalle sowieso noch nicht allzu oft von innen gesehen, denn wenn er beruflich unterwegs gewesen war, dann war er meist die ganze Woche weg gewesen und hatte seine Verpflegung komplett gestellt bekommen. Und so anspruchsvoll war er nicht, dass er nebenher extra noch in eine Kaufhalle gerannt wäre, um sich irgendwelche Sonderwünsche zu erfüllen. Auch an Wochenenden hatte er nur sehr selten etwas kaufen müssen, denn Soma hatte schon dafür gesorgt, dass immer etwas da war, wovon er sich auch bedienen konnte. Oder er hatte sich einfach eine Pizza bestellt. Fazit: Kaufhallen waren für ihn tatsächlich noch Neuland!

So stand der Schwarzhaarige noch eine ganze Weile ratlos vor dem langen Regal herum, bis er sich schließlich entschied, zur Sicherheit zwei Marmeladensorten statt einer mitzunehmen. Nach einem weiteren kurzen Moment des Zögerns entschied er sich für eine der dunklen Sorten – Waldbeere, wie er beim Lesen des Etiketts feststellte – und packte sie zum Obst, das er glücklicherweise unter weit geringeren Umständen bekommen hatte, zum Honig und zur Schokolade. Dann ging das Rätseln weiter: Welche Marmelade noch? Kirsche? Aber da stand drauf, dass die aus Sauerkirschen hergestellt würde. Wenn die nun tatsächlich sauer wäre, würde Tomoyo sie ganz sicher nicht essen. Aprikose? Aber das gelb sah schon so ekelhaft aus...

„Kann ich Ihnen helfen, junger Mann?“

Ein altes Ömchen war mit ihrem Rollwagen unbemerkt neben ihm erschienen und sah zu ihm auf.

„Überlegen Sie, welche Sorte Marmelade Sie ihrem Kind mitnehmen sollten? Nun, meine Enkel mögen Erdbeere sehr gern. Das mögen eigentlich alle Kinder.“

Okay, dann also Erdbeere. Erleichtert über den Ratschlag der alten Frau nahm er ein Glas aus dem Erdbeermarmeladen-Fach und packte es zu den restlichen Utensilien in den Wagen.

„Danke.“

„Keine Ursache, mein Junge.“

Der Schwarzhaarige überhörte die letzten Worte. Schließlich war sie nur eine alte Oma... Damit gingen beide wieder ihres Weges.
 

Als Kurogane mit seinem Einkaufsbeutel den Rückweg durch den Park antrat, fühlte er sich schon ein wenig besser als vorhin, als er von zu Hause losgegangen war. Die Ablenkung hatte das bedrückende Gefühl, welches er seit seinem Gespräch mit Fye mit sich herumschleppte, etwas abgeschwächt. Auch wenn er es immer noch deutlich spüren konnte.

‚Und deshalb bin ich mir sicher, dass du tief in deinem Innern gar nicht wollen kannst, dass aus ihr so schnell einer dieser unzähligen seelenlosen Erwachsenen wird, wie man sie heutzutage zu Tausenden auf den Straßen sieht...’

Es war fast schon beängstigend gewesen, wie der Blonde so Mitleid erregend über Erwachsene gesprochen hatte. Aber das Schlimmste war gewesen, dass er das Gefühl hatte, als hätte er über ihn gesprochen. Das war es wohl auch, was so sehr an seinem Gemüt nagte. Diese Bestätigung einer Tatsache, die er tief in seinem Innern eigentlich schon lange wusste: Dass er gar nicht mehr richtig lebte, sondern nur noch existierte. Sein gesamtes, jämmerliches Dasein damit fristete, Tag für Tag unberührt verstreichen zu lassen. Und am schlimmsten war, dass er das schon gar nicht mehr mitbekommen hatte! Er hatte es einfach als gegeben hingenommen und sich nicht weiter darum gekümmert. Es war egal geworden. Doch seit er mehr oder minder unfreiwillig mehr Zeit mit seiner Tochter verbrachte, war etwas in ihm geschehen. Das kleine Mädchen berührte einen Teil seiner Seele, von dem er nicht einmal gewusst hatte, dass er ihn noch besaß: Die Erinnerungen an seine eigene Kindheit und Jugend. Ja, sie erinnerte ihn an sich selbst, daran, dass er ihr einst, vor scheinbar endlos langer Zeit, gar nicht mal so unähnlich gewesen war. Doch irgendwann war ihm das einfach abhanden gekommen. Wann eigentlich? Als er selbst die Welt der Erwachsenen betreten hatte. Als er angefangen hatte zu arbeiten, hatte er sich Stück für Stück von seiner Vergangenheit verabschiedet und es nicht einmal richtig gemerkt. Bis er jetzt plötzlich sah, dass ihm nichts mehr von damals geblieben war...

Er hatte den Park schon zur Hälfte durchquert. Als nächstes kam der große Kinderspielplatz in Sicht, an dem sich am Nachmittag immer viele Eltern mit ihren Sprösslingen aufhielten. Jetzt, kurz vor der Mittagszeit, war er verständlicherweise leer. Fast leer, um genau zu sein. Eine einzige Person saß ruhig auf einer der Schaukeln, die weiter hinten, etwas abseits der anderen Spiel- und Klettergeräte, angebracht waren. Es war ein Mädchen – verglichen mit den Kindern, die sich sonst auf dem Spielplatz aufhielten, eigentlich eher eine junge Frau – mit langen, glatten, platinblonden Haaren, die sich sanft in der spätsommerlichen Brise aufbauschten. Sie hatte vorhin schon hier gesessen, als Kurogane zum ersten Mal vorbei gekommen war. Und sie saß noch immer in derselben zurückgezogenen Haltung da. Hatte sie sich die ganze Zeit über nicht einmal bewegt?

Kurogane hielt einen Moment inne und betrachtete das Mädchen genauer. Wie sie so dasaß – mit leicht nach vorn gebeugtem Oberkörper, gesenktem Kopf, die Beine leicht angezogen – erinnerte sie ihn ein wenig an sich selbst. Sie sah so aus, wie er sich gerade fühlte, schoss es ihm durch den Kopf. In diesem Moment hob das Mädchen den Blick und ihre rotbraunen Augen trafen für einige Augenblicke seine karminroten. Kurogane konnte den Blick nicht abwenden, obwohl er normalerweise sofort wegsah, wenn ihn jemand anders so direkt ansah. Aber diese Augen...der Blick, den diese Augen trugen, hielt ihn einfach gefangen. Sie wirkten so verlassen, so einsam... Es kam Kurogane sonderbar vertraut vor. Selbst als das Mädchen ihren Blick wieder gesenkt hatte, verschwand dieses Gefühl nicht mehr. Für einige Augenblicke blieb er wie angewurzelt stehen, wusste nichts mit sich anzufangen, bis er sich schließlich einen Ruck gab und langsam auf sie zuschlenderte. Er war neugierig geworden, wer sie war und warum sie hier so allein saß. Außerdem waren sie momentan eh allein.

Gemütlich ging Kurogane auf eine neben dem Mädchen stehende Schaukel zu, setzte sich ebenfalls darauf, wippte ein wenig mit seinen langen Beinen vor und zurück. Es war ein seltsames Gefühl. Er hatte ewig keiner Schaukel mehr Beachtung geschenkt, geschweige denn auf einer drauf gesessen! Und nun saß er hier, mit seinem Einkaufsbeutel in der Hand, schaukelte sanft vor und zurück und überblickte den Park von einer Perspektive aus, die sonst den kleinen Kindern vorbehalten war, wenn sie hier saßen.

Plötzlich beendete die sanfte Stimme des Mädchens die Stille.

„Es ist schön hier um diese Zeit. Man hat den Park ganz für sich allein.“

Aus dem Augenwinkel heraus sah Kurogane, dass das Mädchen unverändert zu Boden schaute.

„Hm“, gab er monoton zurück und ließ seinen Blick noch einmal schweifen.

„Sind Sie öfters hier?“

„Nein...eigentlich nicht.“

„Ich komme gern her. In der ganzen Stadt ist es nirgends so ruhig wie hier. Das hat etwas Beruhigendes. Vielleicht sollten Sie auch öfters herkommen.“

Sie musste bei ihrem Blickkontakt dasselbe gespürt haben wie er, das wurde Kurogane in diesem Moment klar. Aber was konnte ihr widerfahren sein, dass sie in ihrem so jungen Alter schon solch trübe Gedanken plagten?

„Fühlst du dich nicht einsam hier?“

„Nicht einsamer als irgendwo anders.“

„Und was ist mit deinen Freunden? Warum gehst du nicht zu ihnen, wenn dich etwas bedrückt?“

„Meine Freunde... Ich habe einen guten Freund. Er ist sehr lieb und hilft mir viel. Aber er hat auch viele eigene Probleme, die seine Seele belasten, daher möchte ich ihm nicht noch mehr aufbürden.“

„Du machst dir Sorgen um ihn, was?“

„Ja. Er tut so viel für mich, aber ich kann gar nichts für ihn tun. Das tut mir Leid.“

„Warum nicht?“

„Ich bin wohl einfach nicht die Richtige.“

Nicht die Richtige? Was meinte sie damit? Kurogane verstand ihre letzte Bemerkung nicht so ganz und das Mädchen schien es zu bemerken, als sie ihren Kopf aufgrund seines Schweigens erneut hob und ihn zum zweiten Mal direkt ansah. Diesmal brach sie den Blickkontakt nicht wieder ab, während sie sprach:

„Er ist ein Mensch mit einer sehr guten Seele. Er sorgt sich viel um andere, ohne dabei Rücksicht auf sich selbst zu nehmen, obwohl er die meiste Hilfe von allen braucht. Aber er lässt niemanden an sich heran, selbst mich nicht, obwohl ich ihm so gern helfen würde. Er gehört zu den wenigen Menschen, die noch immer auf ihr passendes Gegenstück warten.“

„Ein Gegenstück?“

„Ein Mensch, der nur für dich allein bestimmt ist. Es gibt ihn für jeden Menschen auf der Welt, doch heutzutage leben alle nur noch so oberflächlich, dass sie den Unterschied nicht mehr spüren und sich einfach mit irgendwem zufrieden geben, selbst wenn die Verbindung zwischen beiden irgendwann wieder auseinander bricht.“

„Und mit dem passenden Gegenstück passiert das nicht?“

Es war nicht so, dass Kurogane daran glaubte, was dieses Mädchen da von Gegenstücken erzählte, aber so, wie sie ihn immer noch ansah, konnte er einfach nicht anders als ihr zuhören.

„Nein, denn zwei Gegenstücke sind wie die zerbrochenen Hälften eines Kreises: Sie passen lückenlos aneinander und bilden eine vollkommene Einheit.“

„Und woher weiß man, wann man sein Gegenstück gefunden hat?“

„Man weiß es einfach, wenn es soweit ist. Wenn sich zwei Leute, die für einander bestimmt sind, einmal getroffen haben, sind ihre Schicksale untrennbar miteinander verwoben.“

Na gut, jetzt wurde es aber arg kitschig. Für ihr Alter war sie ein wenig zu verträumt.

„Sag, willst du nicht langsam nach Hause gehen? Du sitzt schon so lange hier.“

Das Mädchen wandte sich wieder von ihm ab, um ein Weilchen ausgiebig den Park zu betrachten, so als hätte sie ihn gerade zum ersten Mal gesehen.

„Ja... Sie haben Recht. Ich sollte wirklich langsam gehen.“

Mit einer zierlichen Bewegung stand sie von der Schaukel auf und strich ihren Rock glatt. Wie sie jetzt so vor ihm stand, mit ineinander verschränkten Händen, erneut den Park weit überblickend, wirkte sie fast noch verlorener als gerade eben, wo sie auf der Schaukel gesessen hatte.

„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag“, verabschiedete das Mädchen sich mit einer schüchternen Verbeugung.

„Wenn du möchtest, begleite ich dich nach Hause. Wo wohnst du denn?“

Kurogane hatte die Frage aus einer plötzlichen Eingebung heraus gestellt. Er hatte irgendwie das Gefühl, dass er dieses einsame Geschöpf nicht einfach so allein lassen konnte. Außerdem beruhigte ihre Gesellschaft ihn auf eine undefinierbare Art und Weise. Obwohl sie ein wenig seltsam war in ihren Anschauungen, hatte er das Gefühl, in ihr eine Art Seelenverwandte gefunden zu haben und er war sich sicher, dass sie ihm nicht alles erzählt hatte, was ihr auf dem Herzen lag. Nun, er selbst würde sich auch schwer hüten, dem nächstbesten Fremden sein ganzes Leben darzubieten.

Das Mädchen schaute ihn einen Moment lang erstaunt an, so als hätte sie überhaupt nicht mit dieser Frage gerechnet, bevor sie einen Augenblick leicht lächelte und ihm antwortete:

„Ich wohne im Flussviertel.“

Dieses Viertel befand sich in der Nähe des Kindergartens. Kurogane wusste, wo es war.

„Dann lass uns gehen.“

„Aber dann müssen Sie Ihren schweren Beutel unnötig mit sich herumtragen.“

„Der ist nicht schwer, keine Sorge.“

„... Danke.“

Damit machten sie sich auf den Weg und keiner von beiden sprach noch ein Wort. Erst als sie vor einem der Häuser im Flussviertel zum stehen kamen, in dem das junge Mädchen anscheinend wohnte, sahen sie sich noch einmal an, und nach einer weiteren kurzen Verbeugung bedankte sich das Mädchen für Kuroganes Umstände.

„Ich sagte doch, es ist kein Problem. Das war kein großer Umweg für mich.“

Na ja, eigentlich konnte er den ganzen Weg nun noch einmal laufen, aber auf die 15 Minuten kam es jetzt auch nicht mehr an.

„Trotzdem bin ich Ihnen dankbar, dass Sie mir noch etwas Gesellschaft geleistet haben. Sie sind sehr freundlich, auch wenn Sie einen sehr ernsten Gesichtsausdruck tragen. Ich glaube, wenn Sie lächeln, könnten Sie die Herzen vieler Menschen erwärmen.“

„Meinst du? Aber warum lächelst du dann nicht? Ein hübsches Mädchen wie du hat sicherlich ein bezauberndes Lächeln.“

Bei diesen Worten legte sich dann doch ein lieblicher Hauch auf ihre Gesichtszüge.

„Sie sind wirklich sehr freundlich.“

Als sich unbewusst nun auch ein kleines Lächeln auf Kuroganes Gesicht schlich, fügte das Mädchen hinzu: „Und Sie haben tatsächlich ein sehr warmes Lächeln. Sie sollten es öfters zeigen. Es hilft sicher nicht nur anderen, sondern auch Ihnen selbst.“

Nun wieder eher erstaunt über den letzten Kommentar des Mädchens, wich der weiche Ausdruck in Kuroganes Gesicht dem eines verwunderten. Niemand hatte sich bisher wirklich die Mühe gegeben, sein Inneres zu verstehen, geschweige denn es auch nur ansatzweise geschafft. Wie gelang es diesem Mädchen dann bloß, bei jeder ihrer Bemerkungen dieses Gefühl des Durchschaut-seins bei ihm auszulösen?

„Vergessen Sie es bitte nicht“, fügte sie noch an, als sie bereits einige Schritte in Richtung Hauseingang getan hatte. „Und alles Gute.“

„Dir auch“, gab er noch immer etwas irritiert von diesem ungewöhnlichen Menschen zurück, bevor auch er sich daran machte, den Rückweg anzutreten und den Einkauf endlich nach Hause zu bringen.

Heute war ein ziemlich seltsamer Tag, dachte er bei sich. Alle schienen zweideutige Anspielungen auf sein Leben zu machen und trafen dabei jedes Mal einen empfindlichen Nerv...
 

An diesem Nachmittag stand Kurogane pünktlich im Eingangsbereich des Kindergartens, um seine Tochter abzuholen. Er wollte dem Kindergärtner nicht schon wieder einen Grund liefern, ihm irgendwelches Viehzeug aufzubrummen. Von dem Hasen hatte er erst mal genug! Kurogane wusste schon, warum er sich kein Haustier angeschafft hatte.

„Hallo, Kuro-kuro! Diesmal bist du ja überpünktlich! Da wird sich deine Tochter aber freuen. Sie fragt mir schon die ganze Zeit Löcher in den Bauch, wie spät es ist!“, lachte der Blonde.

„Ich habe schließlich keine Lust, schon wieder Herberge für deinen Streichelzoo spielen zu dürfen.“

„Ooooooch“, meinte der grinsende Mann gespielt traurig, „und ich dachte, du würdest dich einfach nur freuen, deine Tochter wiederzusehen.“

Eine Antwort darauf blieb Kurogane erspart, denn in diesem Moment kam besagte Tochter schon fertig bewaffnet mit Rucksack und Jacke in den Vorraum gerannt und begrüßte ihn höchst erfreut:

„Papiiiiiiiii!!!“

Damit hatte sie sich wieder an seinen Beinen festgeklammert und kuschelte sich an den großen Mann an.

„Heute hast du es aber eilig, von hier wegzukommen, was?“, meinte er grinsend, während er dem Kind durch die Haare wuschelte.

„Nein, aber ich hab dich vermisst!“

Erneut stahl sich ein kleines Lächeln auf Kuroganes Lippen, als er sich vorsichtig zu seiner Tochter herunterkniete.

„Hey, ich komme doch immer, um dich abzuholen! Da mach dir mal keine Sorgen.“

„Okay.“

„Also los, lass uns nach Hause fahren.“

„Ja, aber vorher möchte ich mich noch von Fye-nii-chan verabschieden.“

Und damit wiederholte sie ihre Knuddelattacke, mit der sie gerade eben ihren Vater begrüßt hatte, auch bei dem Kindergärtner, um sich von diesem zu verabschieden. Der war ihr allerdings gleich ein Stück entgegen gekommen, so dass sie ihre kleinen Arme um seinen Oberkörper schlingen und ihr Gesicht in seine Schulter betten konnte.

„Mach’s gut, Nii-chan!“

„Du auch, Tomo-chan. Und bis morgen, ja?“

„Ja, bis morgen!“

Damit löste sie sich wieder von ihm und lief hinüber zu ihrem Vater, ergriff seine Hand, um sie das Stück bis zum Auto halten zu können. Fye sah ihnen lächelnd nach, doch es bekam keiner mehr mit.
 

„Okay, hast du verstanden, wie ich das jetzt gemacht habe?“, fragte Kurogane seine Tochter, nachdem er ein wenig Butter in zwei fließenden Bewegungen auf einer Scheibe Brot verteilt und anschließend den noch am Messer klebenden Rest an der Brotrinde abgeschmiert hatte.

Richtig: Es war Abendbrotszeit im Hause Sugawara und der nun allein erziehende Vater hatte sich vorgenommen, seiner Tochter das Schnitte-Schmieren beizubringen.

„Ich denke schon“, gab seine Tochter, noch immer die gleichmäßig geschmierte Schnitte ansehend, zurück.

„Gut, dann versuch es selbst mal.“

Etwas zögerlich nahm das Kind das extra für sie bereit gelegte Schmiermesser zur Hand und tauchte es geradewegs mit der Spitze in die weiche Butter ein.

„Nein, nicht so“, korrigierte ihr Vater sie. „Du musst es etwas schräger ansetzen.“

Während er es erklärte, nahm er ihre kleine Hand sacht in seine und führte sie in die richtige Position, dirigierte sie beim Herausnehmen der Schmiermasse und ließ dann wieder los, damit seine Tochter den nächsten Schritt allein probieren konnte.

„Und jetzt schön glatt auf die Schnitte schmieren.“

Behutsam strich Tomoyo erst einmal die gesamte Butter an der Scheibe ab, verteilte sie dann halb mit dem Messer drückend, halb schmierend in einem immer größer werdenden, eiförmigen Klecks auf der Brotscheibe. Es dauerte auch nicht lange, bis das erste bisschen Butter über den Rand der Scheibe und auf das Brettchen gestrichen wurde. Mit einem resignierenden Seufzer nahm er dem Kind das Messer kurz aus der Hand und strich das betroffene Stück Butter auf die Schnitte zurück. Tomoyo machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter.

„Das ist ganz schön schwer. Warum sieht das bei dir so einfach aus, Papa?“

„Das macht wohl die Übung“, antwortete er schulterzuckend und hielt ihr das Messer wieder hin. „Möchtest du es noch einmal probieren?“

„Ja.“

Damit hatte sie ihm das Messer wieder abgenommen und probierte weiterhin mit langsamen, konzentrierten Bewegungen das für sie neue Werkzeug aus, diesmal besonders darauf bedacht, dass keine Butter über den Rand kam. Und irgendwann konnte man ihr Werk sogar als ‚fertig’ durchgehen lassen.

„Na siehst du, du hast es doch geschafft“, wollte Kurogane sie schließlich aufmuntern, doch er schaffte es nicht so recht, den Enthusiasmus in die Stimme zu legen, den er der Kleinen zuliebe gern rübergebracht hätte. Er hatte sich das Erlernen einer so einfachen Tätigkeit wesentlich unproblematischer vorgestellt.

„Aber es sieht nicht sehr hübsch aus“, meinte Tomoyo resigniert.

„Übung macht den Meister. Wenn wir das jeden Tag ein wenig versuchen, bekommst du es bald richtig hin.“

„Kann ich das dann irgendwann auch so gut wie du?“

„Klar, ich hab schließlich auch mal so angefangen wie du.“

„Wirklich?“

„Na ja...denke ich zumindest. Es ist ja auch schon ewig her, seit ich es gelernt habe, daher kann ich mich nicht mehr richtig daran erinnern... Ach, ist doch jetzt egal! Lass uns endlich essen!“

„Okay.“

Damit nahm sich jeder seinen Löffel und begann, die an diesem Abend aufgetischte Suppe zu löffeln und immer mal vom Brot abzubeißen.

Kurogane war froh, dass der heutige Abend so ruhig verlief und hoffte, dass es auch dabei bleiben würde.
 

Nach dem Abendessen spürte der Schwarzhaarige deutlich, wie müde seine Tochter bereits war. Ihr häufiges Gähnen und der abwesende Blick waren kaum zu übersehen.

„Zeit fürs Bett, kleines Fräulein!“

„Jetzt schon?“

Tomoyo sah ihren Vater aus großen Augen an. Zwar konnte sie die Uhr noch nicht lesen, aber sie wurde normalerweise nicht direkt nach dem Abendessen schlafen geschickt, daher fiel es ihr schon auf, dass es noch nicht so spät sein konnte wie sonst.

„Ja, jetzt schon. Erst werden noch schnell Zähne geputzt und dann wird geschlafen.“

„Aber ich bin doch noch gar nicht müde.“

Nur mit Mühe konnte das Mädchen ein weiteres Gähnen unterdrücken. Kurogane musste in sich hineingrinsen. Sie war so leicht zu durchschauen... Doch er würde sich trotzdem nicht beirren lassen.

„Keine Widerrede! Sonst kommst du morgen früh nur wieder nicht aus dem Bett.“

„Aber Papa...“

„Kein ‚aber’!“

Langsam wurde sein Ton doch forscher. Er mochte es nicht, wenn jemand versuchte, so platt mit ihm zu diskutieren. Und Tomoyo sollte nicht denken, dass sie ihm auf der Nase herumtanzen konnte, bloß wenn er mal etwas freundlicher war.

Das schien sie jetzt auch zu begreifen, denn nach diesen letzten Worten machte sie ein wehleidiges Gesicht und schlurfte betroffen von dannen. Der hochgewachsene Mann sah ihr stirnrunzelnd nach. Was hatte sie denn nun schon wieder? War doch kein Grund, gleich wieder traurig zu sein! Aber da musste sie jetzt durch, sonst setzte sie sich bloß über seinen Beschluss hinweg.

Glücklicherweise versuchte Tomoyo keine weitere Revision Kuroganes Urteils, denn auch wenn er bei seinem Standpunkt blieb, so brachten ihn diese großen, traurigen Kinderaugen irgendwie aus dem Konzept. Sie erinnerten ihn an die Worte des Kindergärtners vom Vormittag und seinen vergangenen, fürchterlich verkorksten, Abend mit Tomoyo. Und darauf hatte er wahrlich kein zweites Mal Lust. Umso beruhigter war er, als sie dann bereits im Schlafanzug noch einmal zu ihm ins Wohnzimmer kam, ihn drückte und eine gute Nacht wünschte.

Wenn er aber dachte, dass damit für diesen Abend endgültig Ruhe hatte, hatte er sich getäuscht. Es dauerte keine zehn Minuten, da kam das Kind schon wieder ins Wohnzimmer zurück geschlichen und blieb unsicher im Türrahmen stehen.

„Was ist denn nun noch?“, fragte Kurogane ein wenig genervt.

„Ich...kann nicht einschlafen“, gab sie kleinlaut zurück.

„Kein Wunder, du liegst ja auch erst seit zehn Minuten im Bett.“

„Aber ich werde einfach nicht richtig müde. Wenn ich mich hinlege, bin ich plötzlich ganz wach.“

„Wenn du denkst, du kannst dich damit vorm Ins-Bett-gehen drücken...“

„Kannst du mir nicht ein Gute-Nacht-Lied vorsingen?“

„...?!“

Kurogane musste sie angesehen haben, als wäre sie ein großes, zottiges Monster, deshalb setzte sie schnell und noch etwas kleinlauter nach: „Oder eine Geschichte vorlesen? Soma hat das auch immer für mich gemacht, wenn ich nicht schlafen konnte...“

Kurogane grummelte ein wenig verstimmt. Soma, immer nur Soma! Wann hörte das endlich auf? Von nun an würde ER sich um seine Tochter kümmern und er würde es bestimmt nicht schlechter machen als seine ehemalige Angestellte. – Na ja, er bemühte sich zumindest darum. Aber wenn sie TATSÄCHLICH glaubte, er würde ihr etwas vorsingen, dann hatte sie sich gewaltig geschnitten! Vorlesen...nun, vielleicht ab und an mal, aber das war wirklich schon das Höchste der Gefühle. Mehr war mit Sicherheit nicht drin, nie im Leben!

Anscheinend muss er bei diesen Gedanken besonders verbissen dreingeblickt haben, denn das kleine Kind wirkte gleich noch verschüchterter und ging vorsichtig einige Schritte zurück, versteckte sich fast schon hinter dem Türrahmen.

„Aber du musst natürlich nicht, wenn du nicht möchtest...“, piepste sie beschwichtigend und machte sich schon daran, sich wieder in ihr Zimmer zu verkrümeln, als Kurogane schließlich mit einem leisen Grummeln und einem resignierten „Also gut“ aufstand und sie in ihr Zimmer begleitete. In einem Regal über ihrem Schreibtisch stand eine Reihe von Kinderbüchern, unter anderem auch die Märchen, die Soma ihr wohl ab und an vorgelesen haben musste. Sie hatte in den Jahren eine recht ansehnliche Auswahl für das Mädchen gekauft.

„Was soll ich dir denn vorlesen?“

„Aschenputtel!“, kam es wie aus der Pistole geschossen. Scheinbar alle kleinen Mädchen liebten Aschenputtel... Also zog er das entsprechende Buch aus dem Regal und setzte sich zu seiner Tochter ans Bett. Irgendwie kam er sich schon komisch dabei vor...

„Aber das bleibt unter uns, dass ich dir hier Märchen vorlese, ist das klar?“ Das wollte er vorher auf jeden Fall noch sicher stellen.

„Klar! Versprochen“, versicherte sie ihm. Na hoffentlich hielt das besser als ihr letztes Versprechen, was sie dem blonden Grinsemann mit dem Hasen gegeben hatte...

„Na gut. – Also... Es war einmal ein armes Mädchen, das lebte zusammen mit ihrer bösen Stiefmutter und ihrer bösen Stiefschwester...“

So begann Kurogane also leise zu lesen und hoffte insgeheim, dass er nicht rot dabei wurde. Oder dass es Tomoyo zumindest nicht bemerkte. Gott, war das peinlich! Er und Märchenonkel, das glaubte doch kein Mensch! Aber der Kleinen schien es zu gefallen. Sie kuschelte sich an seine Seite, klammerte eine Hand in sein schwarzes T-Shirt und schloss allmählich die Augen. Als Kurogane das Märchen zu Ende gelesen hatte, war sie bereits im Land der Träume verschwunden. Vorsichtig nahm er ihre Hand, die inzwischen locker auf seinem Bein ruhte, und legte ihren Arm mit unter die Bettdecke, damit er über Nacht nicht fror.

Na ja...wenn das mit dem Vorlesen wirklich so eine ausgezeichnete Wirkung bei ihr hatte, dann sollte er es vielleicht doch hin und wieder machen. Aber nur, wenn sie wirklich niemandem davon erzählte! Vor allem diesem Hampelmann im Kindergarten nicht! Der würde doch alles darum geben, wenn er ihn damit aufziehen konnte. Blieb jetzt also erst einmal abwarten und hoffen.

Genauso vorsichtig und leise, wie er ihren Arm zugedeckt hatte, erhob er sich nun von ihrem Bett, stellte das Buch in sein Regal zurück und löschte das Licht.

„Schlaf schön, Kleines.“
 

WUMMS!

Eine Tür fiel krachend ins Schloss, hastiges Schlüsselgeklimper löste das Geräusch ab, als umständlich von innen abgeschlossen wurde. Der Atem der Person an der Tür ging keuchend, stoßweise, wie der eines gehetzten Tieres. Erst als die Tür abgesperrt war, konnte man hören, dass die Person sich langsam beruhigte, sich gegen das Holz lehnte und langsam daran zu Boden sank, schließlich mit einem letzten tiefen, verzweifelten Seufzer ganz verstummte.

Vorsichtig blickte Chii um die Ecke, trat dann langsam auf den erschöpften Mann zu, der seinen Kopf tief zwischen seinen Armen verborgen hatte. Schließlich kniete sie neben ihm nieder und legte beruhigend eine Hand auf seine Schulter.

„Es ist alles in Ordnung, Fye-san. Er wird dich nicht finden.“

Ohne auch nur ein Stück aufzusehen, löste er seine rechte Hand, die sich bis dahin noch krampfhaft in seine linke Schulter gekrallt hatte, und legte sie behutsam auf Chiis, die ungerührt auf seiner Schulter verweilte.

„Ich weiß... Danke, Chii.“

Endlich hatte er sich wieder soweit gefangen, dass er aufblicken und sie mit einem müden Lächeln ansehen konnte.

„Mach dir keine Sorgen.“

Sie erinnerte sich an den Fremden, der sie am Nachmittag nach Hause gebracht hatte, dem sie gesagt hatte, dass ein Lächeln den Menschen helfen konnte. Sie wollte ebenfalls lächeln, um Fye ein wenig aufzumuntern, doch ihre Gesichtszüge wollten sich nicht dazu bewegen lassen. Ihre Sorge ließ es einfach nicht zu.

‚Nichts ist in Ordnung... Und ich kann nichts tun, als dir bei deinem Schmerz zuzusehen...’

Bedrückt schloss sie ihn in eine Umarmung, damit er zumindest ihr betrübtes Gesicht nicht mehr sehen musste. Das würde ihm jetzt wahrlich nicht helfen.

„Ist schon gut, Chii“, beruhigte Fye sie, als er die Umarmung sanft erwiderte. „Mir geht es wirklich schon wieder besser. Ich bin froh, dass du bei mir bist. Das hilft mir sehr. – Aber sag, wie war dein Tag heute? Hast du dich sehr gelangweilt?“

Chii beschloss, sich auf diesen Themenwechsel einzulassen. Vielleicht half es ihnen beiden, die trüben Gedanken, die sie im Moment beherrschten, ein wenig zu verjagen.

„Nein, mir war nicht langweilig. Ich habe im Park einen sehr interessanten Menschen getroffen. Er hat mich sogar einfach bis hierher begleitet, obwohl es sicher ein Umweg für ihn war.“

„Ach so?“

„Ja. Auf den ersten Blick sieht er sehr grimmig aus, aber in Wirklichkeit ist er sehr freundlich. Ich glaube, er guckt nur so böse, weil er einsam ist...“

Fye musste bei dieser Beschreibung ein wenig lachen.

„Was ist denn?“, fragte Chii verwundert und lockerte die Umarmung ein bisschen, um Fyes Gesicht sehen zu können.

„Nichts, nichts. Das hat mich bloß an jemanden erinnert, auf den diese Beschreibung auch ganz gut passen könnte. Mit der Ausnahme, dass ich mir bei ihm nicht vorstellen kann, dass er einfach so ein fremdes Mädchen nach Hause begleitet.“

Endlich entspannte sich Chiis Gesicht ein wenig. Sie merkte erleichtert, wie Fye langsam wieder ruhiger wurde und schenkte ihm ein kleines Lächeln, bevor sie aufstand, seinen Einkaufsbeutel nahm, den er achtlos neben sich fallen gelassen hatte, und ihm dann eine Hand ausstreckte, um ihm beim Aufstehen zu helfen.

„Komm, ich habe uns etwas zu Essen gemacht.“

„Klingt gut! Und es riecht auch schon so lecker!“

Damit war der Zwischenfall von eben erst einmal vergessen. Zumindest oberflächlich.
 

TBC...



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Kommentare zu diesem Kapitel (12)
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Von:  ryuuka
2014-12-25T22:33:44+00:00 25.12.2014 23:33
Okay, ich finde das jetzt ja sau süß wie Kuro-rin sich bemüht, er scheint wohl doch nicht ganz so schlecht in der Vaterrolle zu sein. Und Fai hat eine dunkle Vergangenheit? Nun das kommt nicht wirklich überraschend, bin mal gespannt was da noch passiert!
Von: abgemeldet
2008-04-12T19:16:00+00:00 12.04.2008 21:16
Langsam bekommt Kurogane ja den Dreh raus, wie man mit Kindern umgeht. Ich bin mal gespannt, was da noch so alles passiert, besonders was Fye am Schluss angeht. Wovor ist er wohl davon gerannt? *scharf nachden*
Na ja, das werde ich noch sehen.

Ich stürze mich gleich einmal auf das nächste Kapitel^^
Von:  -Soul_Diver-
2008-04-01T11:12:05+00:00 01.04.2008 13:12
Hihihi,ich kann meinen Vorgängern eigentlich nur recht geben ^___^
Einfach toll,wie einfühlsam du Kuro-palims Veränderung "mitbeschreibst",also ganz so,als ob du live mit dabei wärst...diese Art zu schreiben gefällt mir ganz besonders,da hast du's mir wirklich angetan! ^.~
Und Chi-shishi is ja auch vonner beschreibung und ihrer ganzen Art her richtig sweeet *O*
Meeeeeehr!! *Schild hochhalt*

*greeetz*-da Soul ^^
Von: abgemeldet
2008-03-12T14:55:28+00:00 12.03.2008 15:55
Aaah, ich hab noch garkeinen Kommentar hinterlassen #_#

Also, wirklich ein schönes Kapitel ^^
Die Geschichte entwickelt sich weiter, genau wie Kurogane :D
Die Szene mit Chii war toll, ich mag sie wirklich gerne, wie sie hier dargestellt wird.

Und als angsty!Fay am Ende auftauchte, war ich vollends glücklich :D
Also, echt super *___* Ich hoffe es geht bald weiter <3
Von:  Eiji
2008-03-09T16:30:54+00:00 09.03.2008 17:30
Nach dem letzten Kapitel... Aw~ Das war so schön... Da freu ich mich doch schon auf das Kapitel ^^v Mal sehen, wie diese ganze Kindergartensache jetzt weitergeht *kicher*

Ich finde es wirklich süß, dass Kuro jetzt doch so selbstverständlich Frühstück und alles macht. Ich meine, zuvor hat er sich ja noch arg gesträubt xD" Aber vielleicht hat sein Verstand ja jetzt doch mal gesiegt, dass kleine Kinder eben nun einmal was zu Essen brauchen xDDD
Und dann die Szene, wo er sie weckt... Hach nein, wie schön *_* Kuro als liebevoller Vater hat doch irgendwas ^^v

>> Er würde es auch ohne Soma hinbekommen, seine eigene Tochter richtig zu erziehen!

Er scheint es langsam zu kapieren xDDD~ Auch wenn ich mir vorstellen kann, dass er da noch sicher einiges an Problemen bekommen wird *kicher* Vor allem, wenn Fai Tomoyo noch weitere Flausen ins Ohr setzt, mit denen Kuro sich dann arrangieren muss xD~

Ich finde es allgemein wirklich toll, dass er sich langsam echt Mühe gibt, Tomoyo zu verstehen und auf ihre Wünsche einzugehen. Das war ja vorher echt kein Zustand. Obwohl... Das war ein Zustand Oô Und was für einer -__-* Da kann einem das Kind richtig leid tun. Gut, dass wenigstens Soma da war...
An sich ist es eh schön, wie man Kuros Entwicklung so ein wenig mitverfolgen kann. Dass er sich jetzt doch Mühe gibt, auch wenn er sich ab und an mal ein wenig tollpatschig anstellt ^^° Wirkt auf jeden Fall realistisch *smile*

Aw~ Fais Analyse und Aussage über Erwachsene, über Kuro und dessen Verhältnis zu Tomoyo... Wahnsinn, wie er in der kurzen Zeit so viel Wahres erkannt hat und dann auch noch die richtigen Worte findet, die Kuro zum Nachdenken anregen.

Hm, was ich mich ja jetzt natürlich sofort frage... Wer ist diese Mädchen im Park? Und die alte Oma, die Kuro beim Einkaufen geholfen hat? Das hat doch sicherlich noch alles was zu bedeuten, oder? Mah... *ungeduldig*

~Einen Moment später~
Mah, bin ich doof x__X Nachdenkliches Mädchen mit platinblonden Haaren... *drop* Als gäbe es in der CLAMP Welt Zigtausend davon *nochmal drop* *bemerkt, wer das Mädchen ist* *hust*

Was mír auffällt... Diese Details in der Fanfic finde ich total schön ^^ Das mit dem Brot schmieren, wie ausführlich das beschrieben ist... Ich finde, solche kleinen Details machen eine Fanfic erst richtig... Nyo, dass man sich reinversetzen kann ^^v

Und dann, wie Kuro Tomoyo ein Märchen vorliest. Nein, ist das goldig *__* *fangirl* Er mutiert wirklich noch zum liebevollen Papa *kicher*

Aber dann, das Ende... Fai und Chii... Habt ihr das mit Ashura in die Story eingebaut? O_O Scheint mir fast so... Auf alle Fälle verspricht das, spannend zu werden *am liebsten gleich weiterlesen würde* Mah, doof, dass das Kapitel schon zu Ende ist O__ô~

Hyuu~
Kata

Klayr/Nancy ~ Der Weg zum Glück o3 ~ o9.o3.2oo8
Von:  Schneeblume
2008-03-07T13:10:21+00:00 07.03.2008 14:10
Hmm, Kuro im schwarzen Morgenmantel...hrrr! XD~

Hach je, dass es ihm so schwer fällt, sich einfach mal bei seiner süßen Kleinen zu entschuldigen... typisch Kuro. *Kopp schüttel* Aber es ist schon süß, wie er sich so seine Gedanken über sie macht. Armer überforderter Papa. *schmunzel*

Und es ist so~ typisch Mann, dass er seinen Einkaufszettel in sein Handy eintippt *lach*

Ah er wehrt sich noch gegen die Spitznamen... höhöhö, gib lieber auf, Schwärzli!

Was mir wirklich sehr~ gut gefallen hat, war Fyes 'Rede' bezüglich des Erwachsenwerdens und dass das Kind doch ruhig noch etwas Kind bleiben sollte. *nod* Schön gesprochen! Genauso wie als Fye mit Tomoyo über Mokona gesprochen hat. Gefällt mir sehr.

*lol* Kuro überfordert beim Marmeladekaufen. Aber so ist's ja heutzutage. Das Angebot ist so groß, dass man gar nicht mehr weiß, was man nehmen soll. (Erinnert mich an die Worte von Hirschhausen *lach* Recht hatte er.)

Ich freu mich, dass Chi auch auftaucht. Das Gespräch zwischen ihr und Kuro war interessant und schön geschrieben. ^^

Dass mit dem Brot ist süß. Nicht aufgeben, Tomoyo! ^__^Y *anfeuer* xD Und Kuro als Märchenonkel, herrlich!

Fye macht mir Sorgen ö.ö Was ihm bloß passiert ist...?
Wieder eingelungenes Kapi und ich hab wieder nichts zu kritisieren.
Freue mich aufs nächste!
Bye
eure Franzi :)

PS. Oh... auch wenns schon etwas sehr spät ist: Alles Gute auch von mir nachträglich!
Von:  Imiak
2008-03-03T13:51:03+00:00 03.03.2008 14:51
Oh, wie süß....><
Kuro-pii als überforderter Vater und Mokona als fluffiges weißes Kaninchen! Waii, auf so ne Idee muss man auch erst kommen :3 Ich find eure Story jetzt schon total genial und freu mich auf weitere Kappis!

Vor allem, wie sich lustige Aspekte mit nachdenklichen abwechseln und die Darstellung der Charas gefällt mir sehr gut! Und ich hoff, Mokona schafft es doch noch, Kuros Herz für sich zu gewinnen und darf mal wieder über Nacht bleiben! ;)

Freu mich schon ganz doll auf weitere Kappis...*__*
Lg, Imiak

Ah und PS: Ich gratulier dir auch mal noch nachträglich zum Geburtstag! ;3
Von:  Yumeko
2008-03-02T21:59:51+00:00 02.03.2008 22:59
Ich fand das sehr süss wie Tomoyo ihrem Vater aufgezählt hat was sie den alles mag- und wie wenig verständniss Kurogane dafür hat!
Schöner Hint auf seine generelle Abneigung gegen Süßkram *~*v

Langsam, aber sicher bemerkt Kurogane das er eine süsse kleine Tochter hat.
Und das die essen braucht! Und soviele andere Dinge... und man darf in ihrer Nähe nicht rumfluchen >:D
Und mit Fye hat er ja jemanden der ihm immer schön in das Gewissen reinredet *g*

Das Chi auftaucht ist nett, als Fye Heim kam dachte ich auch an keine andere weibliche Person ausser ihr- nur kam sie nicht angefliegt XD#
Aber erst da wird einem bewusst wer das Mädchen auf dem Spielplatz war ö_ö
Und das der Spannungsbogen langsam und gemein vorran schreitet und nicht nur Sakura und Shao irgendwo mit drinnen hängen sondern auch die beiden... in dieser Welt gibt es keine Zufälle, nur Fügungen? oo
Von:  BabyTunNinjaDrac
2008-02-26T19:13:51+00:00 26.02.2008 20:13
Nochmals alles gute zum Geburtstag nachträglich ^_______________^
Wiedermal ein nettes Kapitelchen - und toootal niedlich *~*
Kuro merkt wirklich langsam, was er an seiner Tochter hat - ein langsamer Prozess, aber von euch wirklich gut dargestellt. Am Anfang, als er sie weg und ihr Cornflakes macht und später dann sie Sache mit dem Essen besorgen - total süß! Und wie er noch sagt, dass er sie beschützen wird, wenn sie geärgert wird - awwwww~
Wirklich cool *__*v Mal sehen, woe sich sein Verhalten noch mit seiner Tochter ändern wird - ich bin schon sehr gespannt ^^
Chi taucht auf? Yay *_* Hat was ^^ Ich mag sie eigentlich nicht, aber mal sehen, was noch kommt xD~ Als Kuro das Mädchen anfanngs auf dem Spielplatz getroffen hat, dachte ich erst, sie wäre Kohane xD~ Das wäre auch cool gewesen ^^ Aber Chi passt auch - und sie hat Kuro ja ganz schön ins Gewissen geredet - Schicksalspartner etc *_* Awww~ Voll toll!
UNd Fais Worte - er hat das so toll gesagt! Und Kuro hat ja auch wirklich angefangen, drüber nachzudenken ^^ *__* Daraus wird noch was, da bin ich mir sicher ^^
So, ich freue mich auf das nächste Kapitel ^^
Hab euch lieb~
Von:  Schreiberling
2008-02-22T09:48:00+00:00 22.02.2008 10:48
HUHU ihr!!!^^
Also das Kapi war echt klasse und vor allem aufschlussreich.

Zuerst zum Anfang: Ich hätte nicht gedacht, dass Kuro vom Essen für Kiddis so gar keine Ahnung hat, aber dann ist mir wieder eingefallen, dass er ja die meiste Zeit wohl nicht zu Hause war, als Soma sich um Tomoyo gekümmert hat. Und er selbst isst ja immer ziemlich herzhafte und scharfe Sachen.
Trotzdem war er im Einkauscentre total niedlich. So verloren, wie er sich da vorgekommen ist und dann das alte Ömchen. Richtig knuffig.
Trotzdem war ich echt überrascht, dass er sich Fyes Worte so zu herzen genommen hat. Ich dachte erst, dass er die einfach an sich abblitzen lässt, aber so ist es natürlich viel interessanter.^^

Chii ist ja mal merkwürdig. Ich weiß nicht, aber ist sie nicht ein bisschen unvorsichtig? Wenn Fye wirklich verfolgt wird und es geht ja sicher um Ashura, dann könnte es doch sein, dass sie beschattet wird.
Da ist es sicher nicht hilfreich, wenn sie irgendwelchen fremden Leuten zeigt, wo sie wohnt.
Na ja, Kurogane ist ja jetzt keine Gefahr, aber trotzdem.
Fye kann einem echt Leid tun.
Ich kann es kaum erwarten zu lesen, wie ihr euch die Sache mit Ashura so vortellt.^^

Tomoyo ist wirklich clever. Sie stellt immer die richtigen Fragen und sie lernt ja jetzt auch noch Brote schmieren. Trotzdem bin ich sicher, dass Kuro-daddy da noch ein wenig weiterüben muss, bis das klappt.^^
Die Geschichteerzählsituation war auch richtig niedlich. Auch wenn Tomoyo es nicht erzählen soll, aber ich weiß nicht....
Ich denke, dass sie es trotzdem macht. HIHI

Bis zum nächsten Mal.
VLG

P.S.: Herzlichen Glückwunsch noch nachträglich!!!!


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