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Der Weg zum Glück

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein bisschen verspätet, aber so wird es gleich ein Weihnachts-Kapitel. :) Wobei das eigentlich nicht geplant war. Es war bloß einfach zu viel zu tun auf Arbeit und direkt am ersten freien Tag hat sich der Stress mit 'ner Erkältung oder so was die Klinke in die Hand gegeben. Jedenfalls habe ich ein bisschen gebraucht, bis ich wieder richtig fit war.
Ich hoffe, ihr könnt alle eine schöne Weihnachtszeit genießen! ^^ Und vielleicht freut sich der ein oder andere auch über das neue Kapitel. Ich habe das Gefühl, dass es mir nicht so richtig gelungen ist, Kuroganes Gefühle und innere Entwicklung rüber zu bringen, aber ich hoffe, er wirkt nicht zu ooc... Das fällt mir bei ihm schwerer als bei Fye, weil er nicht der Typ ist, der sich mit solchen Dingen ausführlich beschäftigt und ich ihn eher als jemanden einschätze, dem auch die innerliche Auseinandersetzung mit Gefühlen eher lästig oder zumindest nicht hilfreich ist, weswegen er das ebenfalls eher vermeidet. Aber trotzdem geschieht in seinem Innern ja sehr viel, das aber nicht so einfach zu Tage tritt. Aber lest am besten selbst. Und wenn es ein paar kreative Meinungen und Interpretationen zu Kuroganes Charakter gibt, würde ich mich sehr über ein paar Gespräche freuen. ^^ Komplett anzeigen

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Wiedersehen mit der Vergangenheit

Disclaimer: Die Charas gehören (bis auf wenige Ausnahmen) nicht uns, sondern Clamp. Wir wollen kein Geld damit verdienen, sondern nur unterhalten.
 

Erstschreiber des Kapitels: Lady_Ocean

Kapitel: 22/26
 

-~*~-
 

„Wahr liebt, wen Eifersucht entflammt,

doch besser liebt, wer sie verdammt.“

(Johann Christoph Friedrich Haug)
 

-~*~-
 

Wiedersehen mit der Vergangenheit
 

Kurogane war aufgeregt. Es war eigentlich absolut unnötig, das wusste er, doch er war aufgeregt. ‚Warum? Wovor?’, fragte er sich ständig und versuchte, sich damit zu beruhigen, dass der Besuch eh nichts ändern würde, aber so richtig half es nicht. Jetzt, wo sie so plötzlich wieder aufgetaucht war, spürte er stärker denn je, dass der Schock und das Unverständnis von damals immer noch an ihm nagten.

Tomoyo war damals noch nicht einmal von der Muttermilch entwöhnt gewesen, als ihre Mutter sie beide von einen Tag auf den anderen im Stich gelassen hatte. Und Kurogane war bis dahin jeden Tag von früh bis spät auf Arbeit gewesen. Seine Ausbildung hatte sich dem Ende geneigt, doch gleichzeitig hatte er bereits teilweise Verantwortung für neue Rekruten übertragen bekommen. Den Tag, als er allein zu Hause aufgewacht war, hatte er Tomoyo gezwungenermaßen mit auf Arbeit genommen. Was hätte er auch sonst machen sollen? Einen Betreuer gab es nicht und sie allein zu lassen, wäre in dem Alter absolut unmöglich gewesen. Drei Kreuze, dass sein Vorgesetzter nach seinem anfänglichen Wutanfall, wie es ihm einfallen konnte, ein Baby mit zur Arbeit zu schleppen, bei der Suche nach einer Betreuerin geholfen hatte. Daneben hatte Kurogane auch selbst Kurse für den Umgang mit Babys besucht. Weil Oruha sich bis dahin fast ausschließlich um das Kind gekümmert hatte, hatte er vom Füttern bis zum Windeln wechseln absolut null Ahnung gehabt, was er wie machen sollte. Windeln! Das war sowieso ein Drama gewesen. Schlimmer als jede Chemiewaffe. Was war er froh gewesen, als Tomoyo mit gut einem Jahr endlich gelernt hat, allein auf den Topf zu gehen!

Kurz und knapp – es war echt nicht einfach gewesen. Seine erste Betreuerin war zudem auch schon alt und gebrechlich gewesen und Kurogane war jedes Mal aufs Neue unwohl dabei, Tomoyo in ihre Obhut zu übergeben. Als er schließlich Soma gefunden hatte, wurde es schließlich besser. Er mochte ihre Art nicht, von Anfang an. Ständig musste sie an ihm herumkritteln und alles bemäkeln, was er tat. Als ob es das einfachste auf der Welt war, sich um so ein kleines Baby zu kümmern! Aber mit Tomoyo konnte sie hervorragend umgehen, das musste er ihr lassen. Und so lange sie sich nur wenige Augenblicke am Tag sehen mussten, hatte er sie ertragen können.

„Kuro-wanko, jetzt setz dich doch mal hin und entspann dich. Du siehst aus wie ein streunender Hund, wenn du so durch die Wohnung jagst“, holte ihn Fyes Stimme aus seinen Gedanken. Etwas irritiert blickte er sich um. Was wollte er doch gleich machen? Die Orientierungslosigkeit musste ihm mitten ins Gesicht geschrieben stehen, denn sein neuer Mitbewohner kicherte bloß vor sich hin, nahm ihn dann an der Hand, führte ihn zurück ins Wohnzimmer und platzierte ihn auf einem der Ledersessel. Kurogane ließ es einfach zu. Er hatte eh keine Ahnung, warum er gerade durch die Wohnung gelaufen war.

„Entspann dich ein bisschen“, riet ihm der Kindergärtner.

Der hatte gut reden. Das war ja auch nicht seine Ex, die nach vier Jahren plötzlich aus der Versenkung zurück war! Kurogane seufzte frustriert.

„Was beschäftigt dich so?“, fragte der andere, während er um ihn herum trat und begann, ihm die Schultern zu massieren. Er fühlte sich gleich ein wenig besser.

„Ich weiß einfach nicht, was ich von der ganzen Sache halten soll“, fasste Kurogane nach einigem Überlegen schließlich seine Gedanken zusammen.

„Denkst du…“, setzte Fye nach einer Weile wieder an, „…dass sie dich vielleicht zurückhaben will?“

Kurogane schnaubte.

„Ist mir herzlich egal, was die will. Wenn die denkt, sie kann hier nach vier Jahren aufkreuzen und alles wär’ vergessen, hat sie sich geschnitten.“

Wieder spürte Kurogane die altbekannte Wut in sich aufsteigen. Und den Drang, erneut ziellos durch die Wohnung zu streifen. Fyes vorangegangener Kommentar kam ihn wieder in den Sinn und er entschied sich dafür, doch lieber sitzen zu bleiben.

„Sie ist damals von einen Tag auf den anderen verschwunden. Ich bin am Morgen aufgewacht und es gab keine Spur mehr von ihr. Nichts, bis auf einen billigen, kleinen Zettel.“

Kurogane wusste selbst nicht so recht, warum er das dem anderen nun erzählte. Er hatte sich nie einen Reim darauf machen können. Hoffte er, dass Fye ihm irgendeine Erklärung geben konnte? Wohl kaum. Die Finger des Blonden verschwanden und er konnte hören, wie sich seine Schritte ein wenig entfernten. Als Kurogane sich zu dem anderen umdrehte, hatte dieser ihm bereits den Rücken zugewandt.

„Vielleicht…gab es einen Grund. Vielleicht musste sie ja gehen?“

Irrte er sich oder zitterte Fyes Stimme ein wenig? Auch seine Haltung wirkte angespannt. Warum sagte er so etwas, wenn er es offensichtlich nicht wollte.

„Warum nimmst du sie in Schutz?“, fragte Kurogane ihn misstrauisch.

„Es ist doch eine Möglichkeit, oder? Was, wenn sie wirklich nicht anders konnte? Und wenn sie jetzt zurück will zu dir? Wäre das nicht…schön? Dann hätte Tomoyo einen Vater UND eine Mutter!“

Als Fye sich zu ihm zurückdrehte, war sein fadenscheiniges Lächeln so schief, dass selbst der größte Gesichts-Analphabet nicht mehr darauf hereingefallen wäre. Kaum einen Augenblick später senkte der Blonde den Kopf auch schon und marschierte geradewegs an Kurogane vorbei. Dieser schaffte es kaum noch, den anderen am Handgelenk zu packen und so zum Stehenbleiben zu bringen. Kurogane hatte keine Ahnung, was dem anderen durch den Kopf ging, dass er sich plötzlich so komisch verhielt, aber es gefiel ihm definitiv nicht. Es beunruhigte ihn.

„Ich hab vier Jahre über die Sache nachgedacht und mir ist nicht eine plausible Erklärung eingefallen, für die es nicht irgendeine bessere Lösung gegeben hätte. Daran wird sich heute ganz sicher nichts ändern. Und selbst wenn – die Sache ist Geschichte. Es ist viel zu viel passiert, als dass ich sie jetzt noch mal lieben könnte“, rechtfertigte er sich. Warum eigentlich? Er klang regelrecht so, als wäre er fremd gegangen – lächerlich! Und selbst wenn, dann brauchte er sich vor Fye ja wohl nicht zu rechtfertigen, oder?

Der Blonde hatte weder aufgeblickt noch sonst eine Reaktion gezeigt. Nach einigen Augenblicken machte er sich los und marschierte mit einem gemurmelten „Ich mach Mittagessen“ weiter Richtung Küche.

…Jetzt fühlte er sich endgültig wie ein Ehebrecher.
 

Der Mittag verging viel zu schnell und viel zu langsam zugleich. Viel zu schnell, weil Kurogane den leidigen Zeitpunkt „nach dem Mittagessen“ am liebsten gar nicht haben wollte. Viel zu langsam, weil Fyes betrogene-Ehefrau-Miene beim Essen die reinste Folter war. Und seine eigene Reaktion machte es auch nicht besser. Warum konnte es ihm nicht einfach egal sein, wenn der Blonde mit so einer zickigen Miene seinen Teller zu versteinern versuchte? So war es Kurogane einerseits wie eine Erlösung, als es kurz nach eins an der Tür klingelte, während gleichzeitig sein Magen einige Etagen tiefer sackte. Sich selbst verfluchend, dass er sich hier aufführte wie ein kleines Mädchen – und die blonde Diva gleich mit verfluchend, dass sie alles nur noch schlimmer machte – ging er zur Tür und nahm den Hörer der Freisprechanlage auf.

„Ja?“

„Kurogane? Hier ist Oruha. Ich hoffe, ich störe nicht…“, kam es zögerlich von der anderen Seite.

„Du störst immer, aber das tut nichts zur Sache“, antwortete er pampig und betätigte den Türsummer. Irgendwo in seinem Hinterkopf ermahnte ihn sein gutes Gewissen, dass es nicht in Ordnung war, seine schlechte Laune an ihr auszulassen, doch im Grunde kümmerte es ihn nicht. Ohne ihr plötzliches Auftauchen gäbe es gar keinen Grund für die momentane miserable Stimmung. So gesehen war es sehr wohl ihre Schuld.

Nun, er war gespannt, was sie denn so Großartiges zu erzählen hatte, dass das nicht am Telefon ging. Das leise „Pling“ des Aufzugs verriet ihm, dass der unwillkommene Gast wohl jeden Moment eintreten würde. Und da klopfte es auch schon an der Tür.

„Bitte entschuldige die Störung“, hörte er leise die von früher so vertraute Stimme. Welch Ironie! Als sie das letzte Mal durch diese Tür gekommen war, hätte sie einfach nur den Schlüssel umgedreht und „Bin wieder da!“ gerufen. Als Kurogane ihr Gesicht hinter der Tür hervortreten sah, war er einen Moment erschrocken. Er wusste, dass sich Menschen im Lauf der Zeit sehr verändern konnten. Und vier Jahre waren eine lange Zeit. Aber so sehr? Sie sah aus, als wäre sie um mindestens zehn Jahre gealtert. Mindestens. Oruha trug die Haare mittlerweile kurz – okay – aber auch das täuschte nicht darüber hinweg, dass sie sehr dünn geworden waren. Und ihre Haut hatte jeglichen Glanz verloren, war trocken und kraftlos. So sahen sonst nur die Typen aus, bei denen seine Kollegen wegen Drogenmissbrauchs ermittelten.

„Tee?“, bot er dem Gast an. Der Anblick hatte ihn ein wenig verstört. Eigentlich hatte er nicht vorgehabt, heute irgendwas Nettes zu ihr zu sagen.

„Danke.“

Sie wollte sich gerade auf einen Stuhl am Wohnzimmertisch setzen, als Fye sie in der Bewegung stoppte.

„Ah, aber doch nicht so nah an der Tür! Hier ist immer so viel Durchgang. Kommen Sie lieber hier hinter, wo es ruhiger ist“, bot er Oruha den Platz am anderen Ende des Tisches an. Kurogane zog eine Augenbraue hoch. Wozu diese übertriebene Bewirtung? Als ob sich hier irgendeiner je um die Sitzordnung gekümmert hätte. Im nächsten Moment wurde er in seinen Gedanken unterbrochen, als der Blonde sich an seinem Arm festklammerte und ihn mit sich in die Küche zog.

„Hey!“, protestierte Kurogane halblaut.

„Komm schon, Kuro-pii! Ich helf’ dir bei den Getränken!“

Erst würdigte er ihn keines Blickes und nun hing er an ihm wie ein Kätzchen? Dieser Wechselbalg machte ihn heute echt fertig!
 

„Du wolltest mir was erklären“, setzte Kurogane schließlich an, als alle am Tisch saßen und begonnen hatten, an ihren Getränken zu nippen. Irgendetwas hatte er einfach sagen MÜSSEN. Der Kindergärtner klebte schon wieder wie eine Klette an ihm. Beim Hinsetzen hatte er seinen Stuhl mit Absicht ganz nah an Kuroganes herangeschoben, da war er sich sicher! Und warum musste er sich jetzt auch noch so rüberlehnen? Ist dem sein Sinn für Privatsphäre abhanden gekommen?! Noch dazu vor den Augen seiner Ex!

Nachdem das Thema nun auf dem Tisch war, ging ein spürbarer Schlag durch die Körper aller anwesenden. Fye saß mit einem Mal kerzengerade aufrecht, auch Oruha hatte für einen Moment in ihrer Bewegung inne gehalten, bevor sie ihren Tee mit einem Seufzen auf den Tisch zurückstellte.

„Dann rede ich nicht lange um den heißen Brei rum. Ich hatte Krebs.“

Stille.

„Und das ist ein Grund, von jetzt auf gleich, ohne ein Wort zu sagen, alles stehen und liegen zu lassen und auf Nimmerwiedersehen abzuhauen?“, fragte Kurogane misstrauisch, nachdem er sich ein wenig gefangen hatte. Dass es eine Krankheit gewesen sein könnte, diese Möglichkeit hatte er durchaus in Betracht gezogen. Und wenn er sich Oruhas Erscheinungsbild so ansah, glaubte er es ihr aufs Wort. Doch das rechtfertigte nicht ihre Entscheidung von damals!

„Es war ein Tumor in meinem Gehirn“, erklärte sie schließlich weiter. „Du erinnerst dich vielleicht daran, dass ich damals ständig Kopfschmerzen hatte und mein linkes Auge Probleme gemacht hat, oder?“

Ja, er erinnerte sich.

„Ich habe schließlich eine Computertomographie machen lassen. Dabei haben sie den Tumor gefunden. Er war bereits in einem weit fortgeschrittenen Stadium und noch dazu ziemlich tief sitzend, deshalb die Kopfschmerzen und Sehprobleme. Der Arzt meinte, dass es hier noch keine Technik für die Behandlung solch eines Tumors gibt. Das ginge maximal im Ausland, in Amerika zum Beispiel. Aber selbst da hätte man den Tumor wohl kaum noch entfernen können. Seine Prognose war, dass er sich innerhalb der nächsten Wochen bis Monate wohl so weit ausgebreitet hätte, dass auch die Sprache beeinträchtigt worden wäre und dann weitere Bereiche, je nachdem, wie er gestreut hätte. Höchstwahrscheinlich hätte ich nicht einmal mehr den Jahreswechsel miterlebt. Und das…das wollte ich dir nicht antun.“

Wieder herrschte Stille. Kurogane musterte die dünne Frau von oben bis unten. Er konnte es kaum glauben, dass sie damals so kurz vor dem Tod gestanden haben soll.

„Dann bist du nach Amerika gegangen?“

„Ja.“

„Warum hast du dich dann nicht gemeldet? Wenigstens nach der Behandlung, als es dir wieder besser ging. Du hättest es mir erklären können.“

Ein Anruf hätte wahrscheinlich schon genügt. Vom Krankenhaus aus oder sonst wo. Er hätte es verstanden und sie ganz sicher nicht fallen gelassen. Da war er sich sicher.

Oruhas Lippen formten sich zu einem schiefen Grinsen, ein kurzer Laut entkam ihr, der wohl so etwas wie ein ironisches Auflachen gewesen war. Dann schüttelte sie den Kopf.

„‚Nach der Behandlung’… Das dachte ich damals auch: Falls sie trotz aller Risiken den Tumor erfolgreich entfernen könnten, falls ich weiterleben kann, dann rufe ich dich an und komme zurück, so schnell ich kann. Aber so einfach war es letztlich nicht. Wenige Monate nach der ersten OP und der Chemo-Therapie haben sie neue Metastasen entdeckt. Ein halbes Jahr später wieder eine. Die Chemo hatte mich bis dahin so geschwächt, dass ich zeitweise nicht einmal allein aufrecht sitzen konnte. Es hat über ein Jahr gedauert, bis mein Körper sich davon erholt hatte. Und kaum, dass mein Arzt und ich dachten, dass es nun endlich aufwärts ging, hat er den nächsten Tumor entdeckt. Das war bisher zum Glück erst einmal der letzte. Vor einem Jahr habe ich dann wirklich überlegt, ob ich mich bei dir melden sollte. Ich wollte wissen, wie es dir und Tomoyo inzwischen wohl ging. Doch letztlich habe ich es aufgegeben. Nach so langer Zeit hatte ich einfach kein Recht mehr, mich noch einmal in euer Leben einzumischen. Zumal nicht absehbar war, wann man das nächste Mal etwas entdeckte und sich mein Zustand wieder verschlechterte. Das kann bis heute niemand so genau sagen. Mein Arzt hat mich aber gewarnt, dass das Risiko eines erneuten Ausbruchs bei mir sehr groß ist. Selbst jetzt ist es unmöglich, eine Prognose abzugeben, wie lange ich noch leben werde. Das ist der zweite Grund, warum ich mich nicht gemeldet habe. Ich wollte nicht noch einmal alles kaputt machen.“

Erneutes Schweigen. Was hätte Kurogane auch darauf erwidern sollen? Dass es egoistisch und rücksichtslos war? Dass es dumm gewesen war? Dass sie das zusammen schon irgendwie geschafft hätten? Lächerlich.

„Wie geht es dir jetzt?“, fragte er schließlich.

„Soweit ganz gut. Ich hoffe, dass ich in zwei Wochen nach Amerika zurückfliegen kann. Dann ist es Zeit für den nächsten Check-up.“

„Und was wird aus Tomoyo?“

Oruhas Blick wurde besorgt.

„Ich weiß es nicht“, gab sie schließlich ehrlich zu. „Du machst nicht den Eindruck auf mich, als hättest du absichtlich geschossen, aber…aber wenn es doch wahr ist, dann kann ich Tomoyo nicht bei dir lassen. Ich weiß, ich habe nicht das Recht, mich ihre ‚Mutter’ zu nennen, aber…“

Sie brach ab, schüttelte den Kopf. Es versetzte Kurogane erneut einen Stich in der Brust, aber er brachte es nicht fertig, sich diesbezüglich zu verteidigen. Er wusste ja selbst nicht, was genau passiert war! Wie sollte er verlangen, dass andere ihm noch vertrauten, wenn er sich selbst nicht einmal vertrauen konnte? Dennoch, wenn sie Tomoyo ins Ausland mitnahm, dann war das einfach zu viel!

„Würdest du sie mitnehmen?“, presste er angespannt heraus. Zu seinem Erstaunen schüttelte Oruha zögerlich den Kopf.

„Das wäre zu gefährlich für sie. Meine eigene Zukunft ist zu ungewiss. Was würde aus ihr werden, wenn meine Krankheit das nächste Mal ausbricht? Dann wäre sie allein in einem fremden Land.“

Wieder ein Kopfschütteln ihrerseits. Einerseits war Kurogane ein wenig erleichtert, dass sie Tomoyo nicht mitnehmen würde. Andererseits bereiteten ihm die Konsequenzen, die sich daraus ergaben, umso mehr Bauchschmerzen. Wenn er das Sorgerecht für seine Tochter nicht bekommen würde, hieße das, dass man sie in eine Pflegefamilie geben würde. Zu völlig fremden Menschen. Wahrscheinlich würde man ihm den Kontakt zu ihr dann vollkommen verbieten und spätestens in ein paar Jahren würde sie sich kaum noch an ihn erinnern können. Und bezüglich Oruhas Gesundheit bedeutete es, dass es ihr schlechter gehen musste, als es den Anschein erweckte.

„Danke, dass du mich aufgeklärt hast“, brachte Kurogane nach einer ganzen Weile des Schweigens schließlich heraus. Inzwischen war er froh darüber, dass sie das nicht ‚mal eben nebenbei’ am Telefon besprochen hatten. Er fühlte sich miserabel. Es gab einfach nichts, was er tun konnte, weder für sich, noch für Tomoyo, noch für Oruha.

„Aber denk jetzt nicht, da wär’ noch was zwischen uns!“, fügte er hastig hinzu, als er bemerkte, in welche Richtung seine Aussage auch interpretiert werden konnte.

Oruha schmunzelte ein wenig.

„Nein. Das habe ich weder erwartet, noch würde ich das nach all der Zeit überhaupt wollen.“

Ihr Blick wanderte zu Fye, der während des gesamten Gesprächs stumm und in sich zusammengezogen in seine Milch gestarrt hatte.

„Jeder hat früher oder später eine alte Liebe überwunden und findet eine neue.“

Kuroganes Augenbrauen zogen sich in der Mitte ein Stück zusammen. Woher hatte sie denn jetzt diese Flausen?

„Oruha, ich bitte dich, lass diese Albernheiten. Wir sind erwachsene Menschen.“

„Oh, ach so? Entschuldigung. Ich dachte nur…“, erwiderte sie etwas perplex, während sie fragend zwischen ihm und Fye hin- und herschaute.

„Wer will noch Obst?“, fuhr plötzlich die Stimme des Blonden dazwischen, während er sich gleichzeitig erhob und, ohne überhaupt eine Antwort abzuwarten, förmlich in die Küche flüchtete. Täuschte er sich oder war Fyes Gesichtsausdruck gerade irgendwie…verletzt? Aber warum das auf einmal? Er hatte doch nun wahrlich nichts Falsches gesagt, oder? Dämliche Oruha! Was fing die auch mit so einem Müll an?

Nicht, dass Kurogane wirklich damit gerechnet hätte, aber das angekündigte Obst blieb letztlich aus. Er und Oruha tranken noch jeweils ihre Getränke aus und sie erzählte ihm, dass sie sich in Amerika ebenfalls neu verliebt hatte – in ihren betreuenden Arzt. Sie wohnten inzwischen auch zusammen. Das war ein weiterer Grund, warum sie auch künftig nicht in Japan bleiben wollte. Aber Tomoyo wiederzusehen, war, trotz der widrigen Umstände, dennoch wie ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist.

„Sie ist ein zauberhaft süßes Mädchen geworden. Du hast deine Sache wirklich gut gemacht, Kurogane“, hatte sie ihm ihren Respekt ausgesprochen. Ihr ehemaliges Kindermädchen, Soma, war im Moment bei ihr im Hotel und passte auf sie auf, erzählte Oruha ihm auf Nachfrage. Dabei beließen sie es schließlich und verabschiedeten sich. Von Fye war keine Spur mehr zu sehen. Anscheinend hatte er sich zwischenzeitlich in ein anderes Zimmer verzogen.
 

Da der Blonde Stunden später immer noch nicht wieder aufgetaucht war, machte Kurogane sich schließlich daran, ihn zu suchen. Im Gästezimmer fand er ihn schließlich, ein Buch lesend auf dem Gästebett.

„Was ist denn los mit dir?“, fragte er ihn verständnislos.

„Was soll denn sein? Ich lese ein Buch“, kam die gespielt unschuldige Antwort zurück. Kurogane verdrehte die Augen.

„Du weißt, was ich meine. Den ganzen Tag schon bist du so komisch! Und seit Oruha hier war ganz besonders.“

„Wundert es dich denn? Bei der Lebensgeschichte? Dir ist das doch auch nicht egal, oder?“

Kurogane konnte nur schwer einschätzen, inwieweit diese Antwort nun ehrlich oder eine Ausrede war. Die Anteilnahme in den blauen Augen schien echt zu sein. Aber das war doch kein Grund, sich deswegen hier zu verkriechen.

„Hey…“, machte Fye nach einer kurzen Pause auf sich aufmerksam. „Sie macht wirklich einen ganz netten Eindruck, oder?“

„…Hm“, gab Kurogane zögerlich zu.

„Wäre es nicht schön, wenn…ihr doch noch mal einen Neuanfang versuchen könntet? Ich mein, auch wegen Tomoyo und so…“, druckste der Blonde herum, ohne von seinem Buch aufzusehen. Da lag also das Problem – auch wenn Kurogane immer noch nicht richtig sagen konnte, was genau daran nun eigentlich das Problem war.

„Ich hab’s doch vorhin schon gesagt“, antwortete er dennoch wahrheitsgemäß, „das zwischen uns ist vorbei. Ich würd’ sie selbst dann nicht mehr zurückhaben wollen, wenn sie es gewollt hätte. Ich liebe sie nicht mehr und basta.“

Der Blonde blickte auf, betrachtete forschend Kuroganes Gesicht, und lächelte schließlich kurz.

„Ich hoffe, dass du den Prozess gewinnst. Für dich und für Tomo-chan.“

Das wünschte Kurogane sich auch. Nur Hoffnungen machte er sich nicht.
 

Zeit war ein seltsames Phänomen. Es hieß, sie verliefe immer gleich. Sämtliche Wissenschaftler sagten das, sämtliche Uhren mühten sich tagein, tagaus unermüdlich ab, dies zu bestätigen. Doch wenn sie tatsächlich immer gleich verlief, wieso konnte Fye sich dann nicht einfach auf sie verlassen? Wieso stahl sie sich davon, wenn man sie kurz aus den Augen ließ, und klebte wie zäher Schleim, wenn man sich nichts mehr wünschte, als dass sie endlich vorübergehen möge? Und wieso um alles in der Welt machte sie im Moment beides gleichzeitig? Hin- und hergerissen zwischen dem, was war, und dem, was auf ihn zukam, konnte er kaum die Sekunden ertragen, die schmerzhaft langsam an ihm vorüber krochen, doch kaum dass sie Vergangenheit waren, wünschte er sie sehnlichst zurück.

Oruhas gestriger Besuch hatte ihn aus der Bahn geworfen. Nicht, dass bis dahin alles Friede, Freude, Sonnenschein gewesen war, doch jetzt war das Chaos in seinem Innern wahrlich komplett. Kurogane…er verstand Kurogane einfach nicht. Manchmal war er ihm so nah, so warm, und dann war er plötzlich wieder distanziert, kalt. Fye sehnte sich nach seiner Nähe, mehr denn je, doch gleichzeitig verletzte sie ihn. Und er sich selbst gleich mit. Kurogane war grausam, ihn so hinzuhalten, doch er selbst war mindestens genauso schlimm, immer und immer wieder die Nähe des anderen zu suchen, obwohl er ihn damit am Ende nur verletzen würde. Je näher sie einander waren, desto schlimmer würde er Kurogane verletzen. Er hätte nicht nachgeben dürfen, als Kurogane ihm angeboten hatte, bei ihm zu bleiben. Er hätte nicht geradewegs zu ihm zurück rennen dürfen, als er die Nachricht von Ashura gefunden hatte.

Dienstag.

Dienstag würde seine Frist ablaufen. Der letzte Tag des Monats. Morgen.

Er sollte langsam aufhören, die Augen vor den Tatsachen zu verschließen und auf so was wie ein ‚Wunder’ zu hoffen. Es gab nur einen Weg für ihn. Den Weg, den er von Anfang an eingeschlagen hatte. Es gab keine Abzweigungen, kein Umkehren. Nur diesen einen Weg, auf dessen Ende er unweigerlich zusteuerte, Schritt für Schritt.

Das Einzige, was er jetzt noch tun konnte, war, die verbleibende Zeit so sinnvoll wie möglich zu nutzen. Er würde nicht mehr an Kuroganes Seite sein können, wenn dieser seinen Prozess zu bestreiten hatte, aber zumindest jetzt wollte er ihn nach Möglichkeit unterstützen.

So brachten sie gerade gemeinsam die Wohnung für den bevorstehenden Besuch des Jugendamts auf Vordermann, während Fye gleichzeitig gegen sein inneres Zeit-Paradoxon ankämpfte, um nicht die Nerven zu verlieren. Und dass Kurogane ihn dabei die ganze Zeit schon so skeptisch von der Seite anschaute und immer wieder Anstalten unternahm, ihn darauf anzusprechen, machte es nicht besser. Einige Versuche seinerseits, den anderen in ein ungefährliches Gespräch über Tomoyo, die Verhandlung, die Inneneinrichtung der Wohnung und sogar das Wetter zu verwickeln, waren allesamt kläglich gescheitert. Kurogane stand definitiv nicht der Sinn nach Smalltalk. Er sah eher aus, als könnte er es kaum erwarten, einen günstigen Moment abzupassen und ihn wieder mit bohrenden Fragen zu attackieren. Fye fürchtete sich ein wenig vor dem Augenblick, an dem sie nichts mehr zu tun haben würden. Ein Glück, dass Arbeit hungrig machte und die Zeiger der Uhr nun auch langsam gen Mittag gingen. So konnte er erst einmal in die Küche flüchten.

„Hilfst du mir beim Kochen, Kuro-mii?“, neckte Fye den anderen. Er wusste zwar, dass Kurogane durchaus in der Lage war, irgendetwas Essbares zuzubereiten – schließlich musste er bis vor kurzem auch irgendwie als alleinerziehender Vater über die Runden kommen – aber wenn es sich irgendwie vermeiden ließ, hielt Kurogane sich lieber von der Küche fern. Umso erstaunter war der Blonde, als der andere ihm tatsächlich kommentarlos in die Küche folgte. So viel zum Thema „flüchten“.

Aber es war okay. Es machte sogar wirklich Spaß, gemeinsam mit Kurogane zu kochen. Fye gab ihm Messer, Schneidebrett und etwas Gemüse, das Kurogane dann, ganz wie ihm aufgetragen wurde, zerkleinerte, während Fye sich um Zwiebel und Zucchini kümmerte. Heute sollte es Ratatouille geben. Nebenbei erzählte Fye Kurogane, was er über die Herkunft und Zubereitungsvarianten des Gerichts wusste. Er wusste nicht, ob der kochfaule Papa sich überhaupt für solche Sachen interessierte, aber es machte ihm Spaß. So fühlte es sich wohl an, wenn man eine Familie hatte. Es war zu schade, dass Tomoyo nicht bei ihnen war. Mit ihr währe es perfekt gewesen. Aber Fye wollte sich nicht beschweren. Er war dankbar für diese Gelegenheit, die ihm das Schicksal gegönnt hatte.
 

Kurz nach dem Mittagessen klingelte es auch schon an der Tür. Der erwartete Besuch war da. Fye räumte schnell den restlichen Abwasch weg, während Kurogane an der Tür wartete, dass die Mitarbeiter vom Jugendamt ankamen. Oder ‚der Mitarbeiter’, korrigierte Fye sich, denn diesmal war es nur einer. Ein neues Gesicht, wie er feststellte, als er, sich noch die Hände abtrocknend, aus der Küche kam.

„Saito, Guten Tag“, stellte der Neue sich vor und reichte Kurogane und ihm zum Gruß die Hand.

„Sugawara“, erwiderte Kurogane.

„Ich bin Fye.“

Egal, mit wem er sprach, Fye stellte sich grundsätzlich mit seinem Vornamen vor. Mit seinem Nachnamen angesprochen zu werden, war einfach viel zu steif.

„Wohnen Sie auch hier?“, fragte Herr Saito, ungeachtet der Art, wie Fye sich ihm vorgestellt hatte. Er seufzte innerlich. Manche Menschen waren tatsächlich noch humorloser als Kurogane.

„Nur zeitweise. Ich will doch die Güte meines Gastgebers nicht überanspruchen“, witzelte er. Für einen Moment sah Herr Saito so aus, als würde er noch weitere Fragen stellen wollen, entschied sich dann wohl aber, dass es zu weit vom Grund seines Herkommens wegführen würde und richtete sich an Kurogane.

„Schön haben Sie es hier“, sprach er der Wohnung ein Kompliment aus, während er sich nach allen Seiten umsah. „Führen Sie mich ein wenig herum?“

Kurogane zuckte nur mit den Schultern und ging voraus. Sie begannen ihren Rundgang im Wohn- und Esszimmer. Herr Saito schien ehrlich beeindruckt von der Inneneinrichtung. Die Sitzgarnitur aus echtem Leder und die Nussbaum-Möbel waren schon ein echter Hingucker. Auch die große Einbauküche würde so manchen Hobbykoch vor Neid erblassen lassen.

„Kochen Sie auch selbst?“, fragte der Jugendamt-Mitarbeiter, während er die Küchenmöbel ausgiebig betrachtete.

„Wenn es sonst keiner macht, ja“, antwortete Kurogane auf seine gewohnt knappe Art.

„Und wann oder wie oft ist das ungefähr?“, hakte Herr Saito nach.

„Vor allem am Wochenende.“

„Und was kochen Sie so?“

„Nudeln, Suppen, Aufläufe…“ Kurogane zuckte mit den Schultern. „Das Übliche halt.“

„Was isst Ihre Tochter denn am liebsten?“

„Nudeln mit Tomatensoße. Und so süße Sachen wie Milchreis oder Pudding. Aber das gibt’s höchstens zum Nachtisch. Das Zeug macht ihr sonst noch die Zähne kaputt.“

Der gequälte Gesichtsausdruck auf Kuroganes Gesicht bewies deutlich, wie viel er von süßen Gerichten hielt. Fye konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

„Gibt es auch etwas, was sie gar nicht mag?“, fragte der Jugendamt-Mensch weiter.

„Grüne Paprika, Brokkoli und Pilze. Und Scharfes. Da kriegt man sie gar nicht ran.“

„Für scharfe Sachen ist sie ja auch noch ein bisschen zu klein.“

„Hm.“

„Aber Gemüse ist schon wichtig. Was machen Sie denn, wenn Ihre Tochter das nicht essen will?“

„Ist ja nicht so, dass sie gar nichts mag. Möhren, Erbsen, Gurke und so isst sie gern. Also kann sie halt das essen. Und zum Frühstück ein bisschen Obst. Früher oder später wird sie schon von allein auf den Geschmack kommen und sich auch mit Paprika anfreunden.“

„Und wenn nicht?“

„Dann halt nicht. Wenn ich sie zwinge, das zu essen, macht’s das auch nicht besser. Meine Mutter hat mich früher gezwungen, rote Beete zu essen. Das Zeug kann ich bis heute nicht ausstehen.“

Herr Saito zeigte ein schiefes Grinsen. Er besaß also auch irgendwo einen weichen Kern, gestand Fye ihm zu.

„Da kann ich Sie gut verstehen. Mein ewiger Feind heißt Rosenkohl. – Wo ist denn das Kinderzimmer?“

Damit ging die Führung weiter. Tomoyos Zimmer lag am anderen Ende des Flurs auf der rechten Seite. Genau genommen hatte sie sogar zwei Zimmer: vorn ein Spielzimmer und dahinter ein Schlafzimmer. Tomoyo hatte ein Faible für lila, weshalb Bettzeug und Wände in einem pastelligen Fliederton gehalten waren. Ihr Schlafzimmer war relativ klein. Es bot Platz für ihr großes Bett inklusive ihrer Horde an Kuscheltieren, einen Kleiderschrank und einen Nachtschrank, aus dem einige Märchenbücher hervorschauten. Das Spielzimmer war ein wenig größer. An den Wänden reihten sich Schränke und Kisten aneinander, die mit Spielsachen vollgestellt waren. Vor dem Fenster stand ein großer Schreibtisch. Auf dem Boden lag ein weicher, cremefarbener Teppich. Tomoyos Lieblingsbeschäftigung konnte man auf einen Blick erkennen: das Zeichnen. Die Wände schmückten unzählige Bilder mit verschiedensten Motiven: Tiere, Landschaften, Häuser und natürlich auch Menschen. Mit etwas Fantasie konnte man diese als Tomoyo mit Soma, Tomoyo mit ihrem Papa und sogar Tomoyo mit ihrem Papa und Fye zusammen erkennen. Ein ziemlich großes Bild mit sehr vielen bunten, kleinen und großen Menschenfiguren war wohl der Kindergarten. Fye sah die Bilder nicht zum ersten Mal. Das, welches ihn, Kurogane und sie selbst zu dritt zeigte, hatte das Mädchen letzte Woche erst gezeichnet und ihnen voller Stolz präsentiert. Fye war dabei gewesen, als sie alle zusammen einen Platz in ihrer „Galerie“, wie Tomoyo sie stolz nannte, ausgewählt hatten. Durch Bilder konnte man geradewegs in die Seele eines Kindes blicken und erkennen, was es beschäftigte und welche Wünsche es hatte. Fye erlag jedes Mal aufs Neue diesem Zauber, wenn er Tomoyos Zimmer betrat. Und nicht nur ihn schien er erfasst zu haben, denn für eine ganze Weile herrschte Stille zwischen den drei Erwachsenen.

Fye konnte nur Kuroganes Hinterkopf sehen, aber auch ohne in dessen Gesicht zu blicken, war er sich sicher, dass der andere gerade hier, im Herzen des Reiches seines Töchterchens, von all diesen Eindrücken nicht unberührt blieb. Und er hoffte inständig, dass dieser Zauber auch Herrn Saito erreichte.
 

Tatsächlich schien Herr Saito nach der Besichtigung des Kinderzimmers seine detektivische Untersuchung weitestgehend für beendet zu halten. Er bat lediglich darum, noch einige Fragen stellen zu dürfen, die sie dann bei einem Kaffee am Esstisch besprachen. Es ging darum, was Kurogane tat, wenn Tomoyo etwas Unerlaubtes tat, wie er in bestimmten Situationen reagieren würde, was sie machen sollte, durfte und nicht durfte, wie sie generell ihre gemeinsame Zeit verbrachten. Auch über die Zeit, als Soma sich unter der Woche um Tomoyo gekümmert hatte, unterhielten sie sich ein wenig. Seit sie im Kinderzimmer gewesen waren, wirkte auch Kurogane deutlich ruhiger als zuvor. Sein Misstrauen dem Jugendamt-Mitarbeiter gegenüber schien sich verringert zu haben.

Schließlich bedankte Herr Saito sich, bat, noch einige Fotos von der Wohnung machen zu dürfen, und verabschiedete sich. Fye war ein wenig erleichtert, dass er nicht danach gefragt hatte, den Keller sehen zu dürfen. Dort stand immer noch das lädierte Motorrad, mit dem Kurogane seinetwegen am vorletzten Wochenende einen Unfall gehabt hatte. Das zu erklären, wäre sicherlich schwierig geworden. Aber so, wie Herr Saito die Wohnung jetzt verlassen hatte, machte er nicht den Eindruck, als würde er Kurogane für einen schlechten Vater halten. Das würde Kuroganes Chancen am Dienstag definitiv verbessern.

Am Dienstag… Wie sehr wünschte Fye sich, ihn begleiten zu können. Als Tomoyos Erzieher war er natürlich auch eingeladen, vor Gericht auszusagen, und es zerriss ihm das Herz, dass er Kurogane und sein kleines Töchterchen in einer so wichtigen Situation derart hängen lassen würde. Kurogane wäre wohl wirklich besser dran, wenn er Oruha an seiner Seite hätte… Und damit waren all die Angst, all der Schmerz und die Ungewissheit zurück, die ihn seit gestern so plagten.

„Ah, ich bin müde… Ich lese noch ein bisschen“, versuchte Fye, eine Ausrede zu finden, um möglichst ein wenig Abstand zu gewinnen. Diesmal ließ Kurogane ihn jedoch nicht einfach gehen.

„Irgendwas stimmt nicht, oder?“, fragte er direkt heraus.

„Ach, abgesehen davon, dass ich aufgeregt bin, wie die Verhandlung morgen läuft und ich nicht weiß, wie es Chii im Moment geht, geht’s mir eigentlich super“, erwiderte er etwas sarkastisch. Das war ja nicht mal gelogen. Gut, eine Kleinigkeit hatte er dabei außen vor gelassen, aber die würde er Kurogane ganz sicher nicht auf die Nase binden.

Ein wenig perplex starrte Kurogane zurück. Er hatte definitiv nicht damit gerechnet, dass Fye auf einmal in die Initiative gehen würde. Irgendwo war der Blonde ein wenig stolz auf sich, dass er es geschafft hatte, diesen Mann, der so stur wie ein Fels war und am liebsten immer mit dem Kopf durch die Wand wollte, ein klein wenig aus der Fassung zu bringen. Leider hielt der Effekt nur einige Sekunden.

„Wir müssen etwas unternehmen, und zwar bald“, mahnte Kurogane ernst.

„Ich weiß… Lass uns nach deiner Verhandlung mit Yuuko sprechen, okay? Wenn du den Prozess gewinnst und Tomoyo wiederbekommst und Yuuko den Kopf wieder frei hat, schaffen wir es vielleicht, irgendeine Strategie zu entwickeln, um Chii zurückzuholen. Ashura rechnet wahrscheinlich nicht damit, dass ich Außenstehende hinzuziehen würde, das könnte uns helfen…“

Dieses Argument hatte Fye sich im Verlauf des Tages zurecht gelegt, aber jetzt, wo er sich diese Worte sagen höre, fiel es ihm umso schwerer, standhaft zu bleiben. Es klang einfach zu schön, um wahr zu sein. So unrealistisch und realistisch zugleich, dass da vielleicht eine kleine Chance wäre. Er schaffte es kaum, Kurogane ins Gesicht zu sehen, während er sprach.

Ein Ruck ging durch seinen Körper, als Kurogane ihn plötzlich an sich zog und fest in seine Arme schloss. Fyes Herz machte einen plötzlichen Sprung, als er die Wärme des anderen plötzlich so nah spürte. Der feinherbe Geruch von Kuroganes Haut stieg ihm in die Nase. Fye schien regelrecht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Gerade wollte er seine Arme um den Rücken des anderen schlingen, als ihm ein Satz vom vorangegangenen Nachmittag erneut durch den Kopf schoss: ‚Oruha, ich bitte dich, lass diese Albernheiten. Wir sind erwachsene Menschen.’

Als hätte er sich verbrannt, befreite er sich aus Kuroganes Umarmung und brachte einige Schritte Abstand zwischen sich. Sein Atem ging schwer, sein Puls hämmerte gegen seinen Hals. Für Kurogane mochte diese Geste ein Zeichen freundschaftlichen Vertrauens sein, doch für Fye bedeutete sie so viel mehr. Viel zu viel. Aber Kurogane hatte gestern deutlich genug gesagt, was sie waren – oder eher, was sie NICHT waren. Und ganz sicher auch nicht mehr werden würden, denn dafür war einfach keine Zeit mehr. Und es war auch besser so. Kurogane hatte schon einmal jemanden verloren, den er geliebt hatte. Das wollte er ihm kein zweites Mal antun. Also musste er sich zusammenreißen. Er durfte ihm seine egoistischen Gefühle nicht aufdrängen. Er musste… Er musste Abstand gewinnen. Auch wenn es ihm dieser intensive, fragende Blick gerade sehr schwer machte. Warum starrte er ihn auf einmal so an? War er verletzt? Nein, dafür gab es keinen Grund. Das, was Kurogane für ihn fühlte, und das, was er für diesen empfand, waren zwei grundverschiedene Dinge. Oder? Abstand… Er brauchte Abstand!

„Wie gesagt, ich bin etwas erschöpft und muss nachdenken. Über morgen, wie es weiter geht und so. Ich geh wieder ins Gästezimmer, okay?“, murmelte er mit gesenktem Blick und verschwand, hoffentlich nicht zu fluchtartig, im nächsten Raum. Kaum, dass er die Tür hinter sich geschlossen hatte, sank er zu Boden und vergrub sein Gesicht in den Händen.

Oh Gott… Wenn Ashura ihn nicht umbrachte, dann definitiv Kurogane mit diesem ewigen Auf und Ab in seinem Verhalten.
 

Fye hatte es für den gesamten restlichen Abend nicht mehr fertig gebracht, das Gästezimmer zu verlassen. Als es längst dunkel geworden war, hatte Kurogane an der Tür geklopft und ein Tablett mit belegten Broten und Salat vorbei gebracht. Das Essen hatte Fye ganz vergessen! Und noch mehr erstaunte es ihn, dass Kurogane stattdessen kommentarlos welches gemacht hatte und ihm sogar vorbei brachte. Das war das erste Mal, dass er sich freiwillig um das Essen gekümmert hatte…

Schweigend aßen sie zusammen die Brote und den Salat, auch wenn Fye letztlich kaum etwas herunter bekommen hatte. Seine Gefühle fuhren immer noch Achterbahn und hatten, seit Kurogane das Zimmer betreten hatte, wieder um einen Zahn zugelegt. Und wie sollte sein Magen irgendwas drin behalten, wenn er sich nicht mal entscheiden konnte, ob er nun zu einem Bleiklumpen oder einem Schmetterlingsnetz mutieren wollte?

„Magst du ´nen Film sehen?“, fragte Kurogane, nachdem das Essen alle war.

„Was denn für einen?“, fragte Fye etwas perplex zurück. Wie kam Kurogane denn jetzt da drauf? Der andere zuckte jedoch nur mit den Schultern.

„Keine Ahnung. Mal sehen.“

War das bloß eine indirekte Frage, ob er wieder mit ihm ins Wohnzimmer kam? Fye wusste, Abstand halten wäre im Moment am besten, aber…

„Okay.“
 

So saßen sie nun doch wieder nebeneinander auf der Couch – Fye darauf bedacht, zumindest einen gewissen Mindestabstand einzuhalten, bevor er am Ende noch irgendwas Dummes tat, was er später definitiv bereuen würde – und starrten mehr oder minder unbeteiligt auf den Bildschirm. Die Wahl war auf „The Dark Knight“ gefallen. Wobei die Auswahl letztlich auch nicht so schwer gewesen war, denn wirklich viele DVDs hatte Kuroganes Schrank gar nicht zu bieten gehabt. Und im Grunde hätte es jeder andere Film auch getan. Auch wenn Fye ehrlich darum bemüht war, sich auf den Film zu konzentrieren und damit zumindest für zwei Stunden noch einmal der Realität zu entfliehen, so gelang ihm es letztlich nur mäßig. Und Kurogane wirkte auch nicht so, als hätte ihn die Handlung des Films absolut gefesselt. Wobei – dass der Grummelpapa ein begeisterter Filmliebhaber wäre, hätte ihn auch mehr als verwundert.

So saßen sie also schweigend beieinander und jeder ging seinen Gedanken nach. Fye versuchte in erster Linie, sich einen Reim auf Kuroganes Verhalten in letzter Zeit zu machen. Egal, wie sehr er sich diesen Wunsch auch verbieten wollte, ein Teil von ihm hielt hartnäckig an der Hoffnung fest, dass er für Kurogane mehr war als einfach nur ein Gast oder vielleicht ein Freund. Dass die gelegentlich entstehende Nähe, der…Kuss?...auf seinem Kopf, die plötzliche Umarmung heute – dass all diese kleinen Gesten mehr waren als Freundschaftsbezeugungen. So sehr er sich auch davor fürchtete, dass dem so sein könnte, so sehr wünschte er es sich dennoch. Es brannte ihm auf der Seele, dies von Kurogane zu erfahren, und doch: Diese Frage würde er ihm ganz sicher niemals stellen! Auch deshalb, weil der vernünftige Teil von ihm noch immer versuchte ihm klarzumachen, dass Kurogane mit jemandem wie Oruha an seiner Seite besser dran war. Auch wenn Kurogane jetzt behauptete, dass er nichts mehr für sie empfand; vielleicht würden die Ereignisse des kommenden Tages das ändern. Wer weiß? Ein Teil von ihm hoffte es. Der Teil, der Kurogane um nichts in der Welt verletzen wollte.

Der Film ging schließlich zu Ende und Fye nutzte die Gelegenheit, um sich ein wenig die Beine zu vertreten und den Kopf ein wenig klar zu bekommen. Langes Stillsitzen hat noch nie zu seinen Stärken gehört.

„Der Film ist wirklich ein Klassiker. Immer wieder gut“, versuchte er, ihr Schweigen möglichst elegant zu beenden, während er aufstand und sich ausgiebig streckte. „Ich geh duschen.“

Und damit war er auch schon Richtung Bad verschwunden.
 

Der Abend neigte sich dem Ende, er würde Kurogane noch ein Mal eine gute Nacht wünschen, noch einmal in den inzwischen so vertraut gewordenen vier Wänden einschlafen und dann würde der Tag vorüber sein. Dienstag würde anbrechen. Und was danach kam, das wussten wohl nur die Götter.

Frisch geduscht und in von Kurogane geliehene Freizeitsachen gekleidet, die er als Ersatz-Schlafzeug nutzte, suchte er noch einmal den Schwarzhaarigen auf, mit dem er in den wenigen Wochen, die sie sich erst kannten, mehr erlebt hatte als in den gesamten letzten Jahren zusammen. Kurogane saß in seinem Sessel im Wohnzimmer und war wieder in das Schreiben des Amtsgerichts vertieft. Dennoch schien sein Gesichtsausdruck nicht mehr so hart und bitter wie zuvor. Schwermütig betrachtete Fye die entspannten Gesichtszüge, die selbst zu so später Stunde im gedämpften Schein der Wandlampe Kuroganes starken Charakter, seinen loyalen Ernst durchscheinen ließen. Die mysteriösen roten Augen hatten im sanften Licht der Lampe einen orangefarbenen Ton angenommen, ruhig wie der warme Schein einer Kerzenflamme. In diesem Moment überkam ihn eine Welle der Dankbarkeit, dass er diesen Menschen hatte kennenlernen dürfen, der ihn bis zuletzt begleitet und ihm Kraft gegeben hatte.

Die orangeroten Augen lösten sich von dem Schriftstück und glitten zu ihm herüber. Einen Moment noch verharrte Fye regungslos, doch dann gab er sich einen Ruck. Es wurde Zeit.

„Schlaf gut, Kuro-chin. Morgen…es wird sicher alles gut gehen. Da bin ich mir sicher!“

Damit wollte er sich umdrehen und ins Gästezimmer gehen, doch Kuroganes Stimme hielt ihn auf.

„Irgendwas ist doch los, oder?“

… Musste das jetzt wieder sein?

„Ich sagte es doch schon. Ich mache mir wegen der Verhandlung genau so viele Gedanken wie du. Und auch wegen Chii. Da sollte es dich doch nicht wundern, dass ich auch ein wenig aufgeregt bin“, versuchte er es noch einmal mit seinen Argumenten vom Nachmittag.

„Das allein ist es nicht. So komisch bist du erst, seit Oruha hier war.“

Fye wünschte sich wirklich, Kurogane wäre manchmal ein bisschen weniger scharfsinnig.

„Bist du eifersüchtig?“, bohrte er nach einigen Augenblicken weiter nach.

Ja, er war eifersüchtig! Okay? Zufrieden? Wer wäre nicht eifersüchtig, wenn er wüsste, dass man den Menschen, der einem die Welt bedeutete, nicht haben konnte? Wenn man wusste, dass da stattdessen jemand war, der den perfekten Partner für diesen Menschen bilden würde, den man im Grunde nur für sich allein wollte, auch wenn man gleichzeitig wusste, dass das absolut unmöglich war? Aber wahrscheinlich verstand das eh keiner. Das Ganze war eh viel zu verquer.

„Eifersüchtig? Ich habe doch überhaupt keinen Grund, eifersüchtig zu sein!“, lachte Fye schnippisch und wandte sich zum Gehen. Auf das Gespräch hatte er nun wirklich keine Lust. Doch Kurogane hinderte ihn. Schon wieder. Nur diesmal nicht mit seiner Stimme, sondern seiner Hand, die plötzlich nach seinem Handgelenk griff. Wann war er so schnell aufgestanden und hier rüber gekommen?

Eine Weile herrschte Schweigen. Sich loszumachen und einfach zu verschwinden, brachte er nicht übers Herz, doch er traute sich auch nicht, Kurogane in die Augen zu sehen oder das Wort an ihn zu richten. Er fühlte sich so durchschaut, so hilflos unter Kuroganes Blick. Und er hatte Angst, dass Kurogane noch mehr entdecken würde.

„Ich sagte dir doch, zwischen Oruha und mir ist nichts mehr. Das ist längst vorbei“, hörte er irgendwann sanft Kuroganes Stimme dicht bei sich. Fye war, als würde sein Herz schmelzen. Wahrscheinlich tat es das gerade tatsächlich. Jedenfalls taten all seine guten Vorsätze es.

„Und was ist mit mir? Was, denkst du, ist das zwischen uns?“, fragte er flüsternd, hoffend, ein bisschen ängstlich. Kuroganes Griff um sein Handgelenk wurde für einen Moment unstet. Er hörte den anderen deutlich Schlucken.

„Hm...was ist es denn für dich?“

„Ich habe dich zuerst gefragt. Versuch bitte nicht auszuweichen.“

Jetzt, wo das Thema raus war, würde Fye keinen Rückzieher mehr machen. Zumal Kurogane derjenige war, der damit angefangen hatte. Dieser trat von einem Bein aufs andere und auch ohne dass Fye ihn ansehen musste, wusste er, dass der andere, um eine Antwort verlegen, wahrscheinlich gerade überall hinsah, nur nicht auf ihn.

„...Ich weiß es nicht genau. Es...ist irgendwie anders als andere Freundschaften, aber…“, begann er drucksend. Das war untypisch für den sonst immer so souveränen Kurogane. Als er schließlich mit einem entnervten Seufzer sein Handgelenk losließ und sich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen lehnte, drehte Fye sich, neugierig geworden, um.

„Ich habe einfach noch nicht darüber nachgedacht! Ich kann das jetzt nicht so einfach beschreiben“, beendete er seinen zuvor begonnenen Gedanken, wobei er es jedoch tunlichst vermied, Fye ins Gesicht zu sehen. Dessen Herz machte bei diesen Worten einen plötzlichen Satz und schlug dann heftig flackernd weiter. Nun drehte Fye sich ganz zu Kurogane um und suchte regelrecht dessen Blick. Irgendwo tief in sich wusste er, dass er lieber nicht weiter nachbohren sollte, aber er konnte einfach nicht anders.

„Bedeute ich dir mehr als andere Freunde?“

Kuroganes Blick huschte kurz zu ihm, dann wieder zu einem unbestimmten Punkt an der Zimmerdecke.

„Na ja...irgendwie schon...“

Vorsichtig streckte Fye eine Hand nach Kurogane aus, löste sanft dessen gespannt verschränkte Arme und brachte ihn dazu, ihm wieder ins Gesicht zu blicken. Es fiel ihm schwer, die rubinroten Augen zu deuten. Es lag Vorsicht in ihnen, Zögern, vielleicht auch etwas Furcht? Und noch mehr, was er nicht zu beschreiben vermochte.

„Wie viel mehr?“, fragte er weiter. Sein eigener Herzschlag schien ihm fast lauter als seine Stimme.

„Ich…weiß nicht…“

Ein Zittern ging durch Kuroganes Körper. Wann war er ihm so nah gekommen, dass er es so deutlich spüren konnte? Hatte er sich auf Kurogane zu bewegt? Oder war der andere es gewesen? Er lehnte nicht mehr gegen den Türrahmen. Die roten Augen schlossen sich für einen Moment, öffneten sich mit einem tiefen Atemzug wieder. Kuroganes Blick war ernst, aber liebevoll. Fye wagte kaum zu atmen. Zum ersten Mal in seinem Leben schaffte er es nicht, seinen Blick von jemandem abzuwenden. Zögerlich hob Kurogane seinen freien rechten Arm, berührte mit seinen Fingern sanft Fyes Wange, ließ die Fingerspitzen ein wenig weiter nach oben gleiten, in Richtung Schläfe. Nun war Fye es, der seine Augen schloss. Eine prickelnde Gänsehaut breitete sich von seiner Wange über den Nacken aus und kroch schließlich seinen gesamten Rücken hinab. Kuroganes Hand war so warm. Es tat so gut… Er legte sein Gesicht ein wenig schräg, schmiegte es in die warme, weiche Hand seines Gegenübers. Seine freie linke Hand legte sich sacht auf Kuroganes rechte. Als er die Augen wieder öffnete, war Kuroganes Gesicht seinem eigenen ganz nah. Fast konnte er den Atem des anderen auf seiner Haut spüren. Wieder schloss er die Augen, gab sich ganz diesem Gefühl, dieser Wärme hin. Nur einmal…nur einmal wollte er davon probieren dürfen. Danach war es egal. Selbst wenn er Kurogane danach nie wieder würde berühren können.

Und Kurogane? Er würde ihm damit das Herz brechen. Ihn wieder allein zurücklassen. Seine Gefühle verraten.

Nein, er durfte es nicht. Er hatte Kurogane schon viel zu tief in seinen Abgrund hinabgezogen.

Fye spürte noch, wie Kuroganes Lippen sanft seine Wange streiften und dort ein heißes Kribbeln hinterließen, als er seinen Kopf zur Seite drehte, das Kinn so tief wie möglich auf die Brust gesenkt, nur um den Ausdruck in Kuroganes Gesicht jetzt keinesfalls sehen zu müssen. Sein Zurückzucken und der plötzliche Abbruch der Berührung waren schlimm genug. Aber es war besser so. Bevor die Situation noch unerträglicher wurde, als sie es ohnehin schon war, ergriff Fye hastig das Wort.

„Ich hätte nicht erwartet, dass ich dir so viel bedeute, Kuro-tan! Ich fühle mich geehrt. Aber so viel Achtung bin ich gar nicht wert.“

Mit einem verlegenen Lächeln blickte er den anderen an und tänzelte leichtfüßig einige Schritte rückwärts. Wie erwartet, er hatte Kurogane damit aufs äußerste verletzt, doch es ging nicht anders. Hätte er jetzt keinen Schlussstrich gezogen, wäre es später umso schlimmer geworden. Er hätte es gar nicht erst herausfordern sollen. Ja, jetzt wusste er, woran er bei seinem Angebeteten war, doch er konnte beim besten Willen keine Freude in sich entdecken. Nur Schmerz. Schmerz, dass er trotzdem unerreichbar fern für ihn blieb, Schmerz, dass er ihn anlog und so sehr verletze und weiter verletzen würde.

„Wir haben morgen einen wichtigen Tag vor uns. Vor allem du. Du musst auf jeden Fall ausgeruht sein, wenn wir morgen Tomo-chan zurückholen! Also schlaf bald, ja, Kuro-sama? Gute Nacht!“

Und damit war er auch schon an der Tür zu seinem Zimmer angekommen, nur einen kleinen Schritt entfernt von der rettenden Einsamkeit. Da hielt ihn Kuroganes Stimme noch einmal auf, seine Worte schienen sein Herz wahrhaftig entzwei zu spalten: „Bitte versprich mir, dass du keinen Blödsinn machst.“

„Was?“, entfuhr es dem Blonden ertappt. Für diese Reaktion hätte er sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Kurogane blieb weiterhin ruhig, sah ihn aber mit einem so durchdringenden, sorgenvollen Blick an, das Fye ein derart schlechtes Gewissen bescherte, welches sogar das für seine grausame Abfuhr gerade in den Schatten stellte.

„Auch wenn du mir nicht erzählen willst, was noch los ist – ich spüre doch, dass etwas nicht stimmt. Aber was immer es ist, mach bitte nichts Unüberlegtes, okay?“, fügte Kurogane mit Nachdruck hinzu, den intensiven, bittenden Blickkontakt nicht einen Augenblick unterbrechend.

Fye wurde schlecht.

„Okay…“

Mehr konnte er einfach nicht über die Lippen bringen. Dann verschwand er in seinem Zimmer und im selben Moment, in dem die Tür hinter ihm zu fiel, konnte er nicht mehr verhindern, dass ihm die Tränen ungehemmt übers Gesicht strömten.
 

Es war mitten in der Nacht, tiefe Schwärze und eine fast schon gespenstige Stille umgaben ihn. Als wäre die Zeit selbst in stille Träume versunken. Vorsichtig, peinlichst genau darauf bedacht, nur kein Geräusch zu verursachen, öffnete er die Tür. Er wusste, es war dumm und gefährdete obendrein seinen Plan, jetzt noch einmal hierher zu kommen, aber sein egoistisches Herz ließ ihm einfach keine andere Wahl. Denn es war das letzte Mal. Das letzte Mal, dass er Kurogane sehen konnte.

Fye hatte Glück. Leise, ebenmäßige Atemzüge zeigten, dass Kurogane im Moment fest schlief. Auf Zehenspitzen schlich er hinüber zum Bett, von dem das leise Geräusch kam. Als er den weichen Stoff der Decke an seinem Knie spürte, hielt er inne, spähte angestrengt in die Dunkelheit hinein. Seine Augen hatten sich mittlerweile einigermaßen an das fehlende Licht gewöhnt, doch es reichte trotzdem kaum, um überhaupt irgendetwas wahrzunehmen. Lediglich ein hauchzarter Kontrast ein Stück links von ihm ließ ihn vermuten, dass dort wohl Kuroganes Gesicht sein müsste, also bewegte Fye sich noch ein paar Schritte in diese Richtung.

Halb erleichtert, halb bereuend, stand er da und wollte dem anderen eigentlich noch so viel sagen. Was er für ihn empfand, wie sehr Kurogane ihm in den letzten Wochen geholfen hatte. Dank ihm hatte Fye zum ersten Mal seit Jahren wieder unbeschwert lachen können. Es war eine kurze Zeit gewesen, doch für Fye war sie der größte Schatz, den er besaß.

„Danke für alles“, hauchte er sanft gegen die leicht geöffneten Lippen seiner Liebe. Eine Stimme in seinem Hinterkopf warnte ihn eindringlich, dass er hier gerade Chiis Leben aufs Spiel setzte. Dass für sie alles vorbei wäre, wenn Kurogane jetzt aufwachte, aber…

Flüchtig, nur für einen winzigen Augenblick berührten sich ihre Lippen, doch der kurze Kontakt reichte, um ein angenehmes Prickeln bei ihm auszulösen und Schauer seine Wirbelsäule hinab zu jagen. Seine Atmung stockte.

‚Oh Gott…’

Dass es so schlimm würde, hätte er nicht erwartet. Eine Träne bahnte sich ihren Weg über seine Wange. Besser, er ging jetzt wirklich, denn wenn er noch länger wartete, dann würde er es gar nicht mehr schaffen.

„Ich liebe dich…“

Er verließ das Zimmer, die Wohnung, das Wohnhaus. Ging durch den menschenleeren Park, ließ das Wohnviertel hinter sich. Er blickte nicht mehr zurück, verbot sich, noch länger festzuhalten an dem, was er nicht haben durfte. Er musste da jetzt durch. Es gab keinen anderen Weg und auch kein Zurück mehr.
 

Der Himmel färbte sich am Horizont bereits einige Nuancen heller, als Fye sein Ziel erreichte. Das Hauptgebäude der Firma Cybercom. Seit er es damals fluchtartig verlassen hatte, war er nicht mehr hier gewesen. Überhaupt hätte er sich nicht träumen lassen, dass er irgendwann noch einmal hier stehen würde. Und nun war er da. Sein Herz hämmerte derart heftig in seiner Brust, dass ihm regelrecht schlecht wurde.

‚Jetzt bloß nicht zusammenklappen’, ermahnte er sich, nahm einen tiefen Atemzug und schritt die letzten Meter auf die Eingangstür zu. Der Wachposten im Pförtnerhäuschen nickte ihm mit einem angedeuteten Lächeln zu und ließ ihn ein. Anscheinend wurde er bereits erwartet. Aber bei Ashura verwunderte es ihn nicht weiter.

Er nahm den Aufzug bis in das oberste Stockwerk, die Chefetage. Er fühlte sich ein wenig wie in einer Neuauflage von „The Green Mile“, ging es ihm ironisch durch den Kopf. Oben angekommen wandte er sich nach rechts und folgte dem Gang bis zum Ende. Hier war es. Unverändert, genau wie damals. Ashuas privates Büro. An der Tür gab es kein Namensschild, lediglich die Aufschrift ‚privat’. Hierhin wurden normalerweise bloß enge Geschäftspartner oder vertraute Mitarbeiter eingeladen. Auch Fye hatte dieses Zimmer früher einige Male von innen gesehen. Einfach angeklopft, seinen Namen und Anliegen genannt und schon war er auf ein Gespräch bei einer Tasse Tee in dem Zimmer hinter dieser Tür eingeladen worden.

Nun stand er hier und wusste nicht so recht, was er tun sollte. Klopfen? Wie früher? Aber vielleicht war Ashura noch gar nicht im Büro? Vielleicht sollte er die Gelegenheit lieber nutzen und heimlich nach Chii suchen und dann gemeinsam mit ihr abhauen. Fye wusste zwar nicht, wie spät es inzwischen war, aber es musste definitiv noch verdammt früh sein. Er könnte wirklich Glück haben und hier herumspazieren, ohne jemandem zu begegnen. Wenn ihn die Überwachungskameras aufnahmen – was sollte es? Es war ja nicht so, dass er zum Diebstahl oder irgendwas hergekommen war. Ja, besser, er versuchte Chii zu finden und wieder zu-

In diesem Moment öffnete sich die Tür vor seiner Nase.

„Ah, unser verlorenes Schäfchen ist zurückgekehrt.“
 

Zum wiederholten Male drehte Kurogane sich von einer Seite auf die andere. Irgendwann musste er von wirren Träumen in einen halben Wachzustand gedriftet sein, doch seine Gedanken hatten sich einfach nicht beruhigen wollen. Da waren Tomoyo und die anstehende Verhandlung, und dann war da auch Fye. Und dieser Traum, der dort angesetzt hatte, wo der Feigling am vergangenen Abend plötzlich einen Rückzieher gemacht und ihn wie einen Vollidioten im Regen stehen gelassen hatte. Und irgendwo in diesem Traum musste er wohl aufgewacht sein. Seine Lippen, seine Arme, sein ganzer Körper suchte nach etwas, sehnte sich nach einer Berührung, so sehr, wie seit Jahren nicht mehr. Aber da war nur Leere. Leere um ihn herum, Leere in seinem Herzen. Und dieses flaue Kribbeln in seinen Bauch, wenn er an diesen Traum zurückdachte.

Wieder warf er sich auf die andere Seite – und wäre um ein Haar aus dem Bett gefallen.

‚Ach, verdammt!’

Er konnte ja doch nicht mehr schlafen. Wie spät war es überhaupt? 5:39 Uhr, verriet ihm sein Handy. Damit gab Kurogane die Nacht endgültig auf und schälte sich aus seiner Decke. Es ließ ihm einfach keine Ruhe. Fyes mehr als seltsames Verhalten am vergangenen Abend, dann dieser Traum…

Gedankenverloren berührte Kurogane seine Lippen. Im ersten Moment war es ihm einfach unendlich peinlich gewesen, doch inzwischen bereute es, dass er nicht selbstsicherer gewesen war, als er gestern Abend versucht hatte, Fye zu küssen. Spätestens seit dem Traum wollte er wissen, wie es sich in echt anfühlte…

Mit einem Seufzer stand er nun endgültig auf und zog sich ein T-Shirt über. Die Sache von gestern Abend würde ihm ja doch keine Ruhe lassen. Er MUSSTE einfach kurz nach Fye sehen. Sich vergewissern, dass alles in Ordnung war. Und dann würde er sich einen Kaffee machen.

Leise öffnete er die Tür zum Gästezimmer. Er kam sich reichlich bescheuert dabei vor, dem anderen so hinterherzuspionieren. Doch sämtliche Gedanken an Peinlichkeit oder Überfürsorge zerplatzten in dem Moment, als sein Blick auf das leere Bett fiel.

Fye war weg. Weg!

Ihm schwante Übles. Kurogane wusste, was das zu bedeuten hatte. Er hatte gehofft und gebetet, dass Fye vernünftig genug sein würde und nicht versuchte, sich blindlings in sein Verderben zu stürzen. – Sein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. – Er hatte gehofft, dem Blonden wichtig genug zu sein, dass dieser ihm endlich vertrauen würde.

Kurogane musste sich für einen Moment an der Türklinke festklammern und die Augen schließen. Die Erkenntnis drohte ihn schier zu überwältigen. Einige Augenblicke später schüttelte er energisch den Kopf und zwang sich, ruhig zu atmen und die Kontrolle über seinen Körper zu behalten. Er durfte sich nicht so gehen lassen. Vielleicht war Fye auch nur vor ihm aufgestanden und war jetzt im Bad oder im Wohnzimmer oder so – auch wenn er ihn dann eigentlich hätte hören müssen. Dennoch sollte er lieber erst einmal nachsehen.

„Fye?“, rief er vorsichtig seinen Namen in die Dunkelheit, doch es kam keine Antwort zurück. Ein kurzer Blick zur Badtür zeigte ihm, dass das Licht dort aus war. Da konnte er also nicht sein. Kurogane ging weiter Richtung Wohnzimmer. Auch hier Fehlanzeige. Er spürte, wie das Flattern zurückkehrte, das ihn bereits beim Blick in das Gästezimmer überfallen hatte.

‚Ruhig bleiben’, ermahnte er sich. Und erst mal einen Kaffee machen. Er drehte sich um und steuerte geradewegs die Küche an, doch an der Schwelle blieb er so abrupt wieder stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Ein kleiner, weißer Zettel, der sich deutlich vom dunklen Holz des Esstischs abhob, stach ihm förmlich in die Augen. Er ahnte Schlimmes, als er sich auf das Papier zu bewegte.
 

Kurogane,

es tut mir leid.
 

TBC...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ursprünglich war geplant, das Kapitel an der Stelle enden zu lassen, wo Fye ins Gästezimmer zurückflüchtet und die unterdrückten Gefühle aus ihm herausbrechen. Nach einigem Überlegen habe ich mich dann aber dazu entschieden, den Anfang vom folgenden Kapitel noch mit hinzuzufügen. So passt es inhaltlich besser zum Prolog und geht nicht so in der Haupthandlung unter. Und auch der Titel des Kapitels bekommt noch eine neue Dimension hinzu. Nicht nur Kurogane musste sich nun schließlich seiner Vergangenheit stellen, sondern auch Fye. Und wie es weitergehen wird, das erfahrt ihr dann in zwei Monaten. :)
Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Nachtrag: Wer Langeweile hat und die Zeit bis zum nächsten Upload (voraussichtlich im Februar irgendwann) überbrücken will, dem kann ich "Supernova" von maykei nur empfehlen. Ist vielleicht nichts für Leser, die klare Handlungsstränge und viele eindeutige Antworten bevorzugen, aber wer gern rätselt und sich von vagen Andeutungen und Fragen angestachelt fühlt und auch zufrieden ist, wenn er nach langem Nachdenken immer noch zu keinem richtigen Ergebnis kommt, für den ist "Supernova" genau richtig. Aber Achtung: ist laaaaaaaaang. Aber dafür schon abgeschlossen~
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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  kiala-chan
2014-12-28T11:12:47+00:00 28.12.2014 12:12
Huhu ^^

also erst mal muss ich dir nochmals meinen tiefsten Dank aussprechen, dass du dich so ins Zeug legst und immer weiterschreibst trotz deines ganzen Stresses! :) Hoffe du konntest über Weihnachten wieder etwas neue Kraft tanken!!

Hach am Ende dieses Kapitels, das ist wirklich Ironie des Schicksals. Dieser Zettel, den Kurogane findet ... wie bei Oruha damals. *den Tränen nahe sei* Kurogane tut mir aufrichtig leid. Fye hat ihn sehr verletzt ... dabei waren sie jetzt so kurz davor und sind sich endlich ihre Gefühle zueinander zu gestehen! Will wissen, wies weitergeht ><

Was deine Frage betrifft, finde ich auch nicht, dass Kurogane ooc geworden ist - im Gegenteil, meiner Meinung nach hast du seinen Charakter dadurch, dass er sich eben noch keine großen Gedanken über seine Gefühle Fye betreffend gemacht hat, sehr gut getroffen. Vielleicht kamen deine Bedenken auch daher, weil Kurogane ja (wie auch in den meisten FFs) derjenige ist, der die Initiative ergreift. Konkret für diese FF passt sein Verhalten finde ich aber sehr gut, zumal Kurogane vor Fye ja mit einer Frau zusammen war und eine homosexuelle Beziehung für ihn - vermutlich - Neuland ist. Deshalb ist auch seine Verlegenheit und sein zunächst ausweichendes Verhalten als Fye ihn damit quasi "überrumpelt" für mich gut nachvollziehbar. Fye musste ihn eben erst gezielt darauf ansprechen und bringt ihn somit zum Nachdenken darüber, was er für seinen Freund empfindet. Und dass so einiges in seinem Inneren vorgehen muss, sieht man ja auch daran, dass er in der darauffolgenden Nacht dann ziemlich unruhig ist ...
Als Fye am Anfang des Kapitels seine "betrogene Ehefrau-Miene" aufgesetzt hat und Kurogane auf Oruhas Nachfrage eine Liebesbeziehung zu Fye als Quatsch abtut, war schon etwas plump von Kurogane, aber daran merkt man halt, dass er sich an dieser Stelle eben noch gar nicht mit der Beziehung zwischen ihm und Fye auseinandergesetzt hat.

Ich wünsche dir auch noch eine schöne Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr und einen guten Rutsch!

Liebe Grüße
Jana

Von: abgemeldet
2014-12-26T18:40:09+00:00 26.12.2014 19:40
Frohe Weihnachten ^^

Ich finde nicht, dass Kurogane ooc geworden ist. Der erste Teil aus Kuroganes Sicht liest sich meiner Meinung nach etwas hölzern, aber gestört hat es mich nicht. Ich fand es sogar ein Stück weit passend, denn Kurogane und Gefühle sind - wie du selbst schon gesagt hast - eine etwas holprige Angelegenheit.
Die Szene in der Fai Kurogane "zur Rede stellt", ist richtig schön geworden. Schön und traurig gleichzeitig.

Oruhas Geschichte...ich bin mir immer noch uneins, was ich davon halten soll. Ich kann sie verstehen und ihre Entscheidung ein Stück weit nachvollziehen und gleichzeitig finde ich es unmöglich. Aber über dieses Dilemma könnte man vermutlich seitenweise Diskussionen starten und sich trotzdem nur im Kreis drehen. Ich rechne es ihr jedoch hoch an, dass sie reinen Tisch gemacht hat. Das ist ihr sicher auch nicht leicht gefallen.

Uff...ich hoffe so sehr, dass Kurogane sich erst mal auf die Verhandlung konzentrieren kann und sie dann auch gewinnt!
Und dass Fai das Allerschlimmste erspart bleibt!

Bis zum nächsten Kapitel.
Einen guten Rutsch ins neue Jahr~

Liebe Grüße,
Puffie
Von:  ryuuka
2014-12-26T14:51:01+00:00 26.12.2014 15:51
Oh das war soooo.....ich weiß nicht: schön, spannend, gefühlvoll, traurig! Viel zu viele Emotionen auf einmal! Hab es jetzt alles, quasi in einem Durchlauf gelesen und bin immer noch voll geplättet von der Geschichte. ich will so unbedingt wissen wie es weiter geht. Mit mir hat diese FF auf jeden Fall einen riesigen Fan gewonnen. Die Charaktere sind perfekt beschrieben, total in Character, alle Szenen kann man sich prima vorstellen und die Gefühle kommen super rüber. Alles in allem würde die Geschichte von mir 5 Sterne kriegen, gäbe es ein Bewertungssystem. Ich kann gar nicht erwarten bis das neue kapitel herauskommt, und egal ob es erst in zwei Monaten geplant ist ich werde trotzdem täglich nachschauen °3°

Endlich sind sich Fai und Kuro-pon näher gekommen, irgendwie kann ich gar nicht mehr sagen, wann das eigentlich passiert ist^^" Die Geschichte hat mich mega gefesselt und ich freue mich wie gesagt auf das nächste kapitel. Sei versichert, das du dann von mir wieder ein Kommi bekommen wirst.

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch wünscht ryuuka^^


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