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HOLLOW

A Vampire Story
von

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Arisen

Zeros POV
 

Ein Seufzen entfuhr mir, als ich die Haustür hinter Karyu schloss. Was für ein Dilemma.

Schon schlimm genug, dass ich mir selbst nicht sicher war, warum ich diesen Jungen einfach so aufgesammelt hatte. Nein, es musste ja noch dicker kommen. Ausgerechnet mein werter Kollege Karyu hatte vorbeikommen müssen. An einem Samstagmorgen um halb elf. Für gewöhnlich schlief der faule Kerl da noch friedlich sabbernd in seinem prolligen King-Size-Bett!

Ich nahm einen tiefen und herzlich sinnlosen Atemzug und drehte mich um, da ich zurück in die Küche wollte, um mir zur Feier des Tages erstmal ein Glas Wein zu genehmigen. Auch wenn gewisse Vampire, deren Namen ich hier schon erwähnte, der festen Überzeugung sind, ich sei einer von diesen Jemanden, die allen irdischen Genüssen entsagen, musste das noch lange nicht stimmen. Nur weil ich nicht schon sämtliche untote Schlampen von Paris bis Tokyo durchgevögelt habe und mich nebenbei noch jedes zweite Wochenende heillos mit irgendwelchem Fusel zuschütte, heißt das noch lange nicht, dass ich ein totaler Loser bin.

Frechheit sowas.

Ich drehte mich also um, um sinnfreie und kurzzeitige Zuflucht im Alkohol zu finden (Und das um halb elf. An einem Samstag! Ich widerte mich an.), als ich sah, wie sich die Tür am anderen Ende des Flurs öffnete und ein schmales Gesicht zum Vorschein kam.

Toshiya sah mich unsicher an und schien sich nicht zu trauen die Tür auch nur einen Zentimeter weiter zu öffnen.

„Ich...“, begann er, setzte dann zu einem neuen Satz an „Wer war das eben?“, fragte er leise.

Offensichtlich schien er ziemlich eingeschüchtert von Karyus Vorstellung zu sein, aber wie sollte er auch nicht? Wahrscheinlich war Karyus Standpauke bis ins Kellergewölbe zu hören gewesen. Wahrscheinlich hatten die Fledermäuse deswegen jetzt Depressionen, weil sie aus tiefstem Schlummer gerissen worden waren und wahrscheinlich waren nun sämtliche Ratten taub.

Und ja, in meinem Keller gibt es Ratten und Fledermäuse, mir ist bewusst, dass ich damit ein weiteres bescheuertes Klischee erfülle, aber wieso sollte ich die Tierchen wegjagen? Die tun keinem was. Außerdem ist es immer höchst amüsant, wenn ich Hizumi wegen irgendwas in den Keller schicke und der jedes mal kreischend und den Tränen nahe wiederkommt und mir von angriffslustigen Flatterviechern und bösartigen Nagern berichtet.

Toshiyas dunkelbraune Augen musterten mich immer noch mit einer Unsicherheit, die mich förmlich dazu zwang, ihm eine Antwort zu geben.

„Karyu. Ein Freund von mir. Er ist eben gegangen. Aber warum kommst du nicht einfach mit in die Küche? Ich müsste sowieso noch etwas mit dir besprechen.“

Er blinzelte und ich merkte, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte. Enttäuschung und eine Spur Angst mischten sich mit der, anscheinend permanent vorhandenen, Unsicherheit.

Er schien zu wissen, was ich ihm in wenigen Minuten sagen würde.

Dennoch öffnete er die Tür und ging hinter mir her in Richtung Küche, wo er sich auf einem Stuhl niederließ und abwartete.

Ich setzte mich ihm gegenüber auf die Küchenbank, suchte seinen Blick. Und fand ihn.

Seine dunklen Augen blickten direkt in die meinen und plötzlich lief mir ein Schauer über den Rücken.

Er konnte mir in die Augen sehen. Einfach so, anscheinend ohne jegliche Anstrengung. Das war nicht normal. Es war definitiv nicht normal, dass ein gewöhnlicher Mensch so etwas konnte. So ganz ohne Weiteres dem direkten Blick eines Untoten standhalten konnte.

Doch Toshiya schien kein Problem damit zu haben, er sah mich nur fragend und wie immer etwas ängstlich an.

„Was wolltest du mir denn sagen?“, fragte er schließlich leise, da ich keine Anstalten machte, etwas zu sagen.

Ich blinzelte kurz und räusperte mich.

„Toshiya, ich denke du weißt, dass ich dich nicht auf Dauer hier behalten kann, oder?“, sagte ich ruhig. Ich wollte nicht, dass es so klang, als wollte ich ihn loswerden, denn dem war nicht so. Irgendwie mochte ich ihn. Auf eine verquere Weise mochte ich diesen Menschen. Wieso ich das tat, war mir nicht klar, ich wusste nur, dass er besonders war, anders als die anderen Sterblichen, das hatte er mir nun wiedereinmal bewiesen.

Er nickte stumm und senkte den Blick. Ich spürte und sah nur zu deutlich, dass er enttäuscht war. Verdammt enttäuscht.

Ich warf einen kurzen Blick auf seine schmalen Hände. Er war dabei, sich vor lauter Nervosität die Nagelbetten aufzukratzen und merkte es scheinbar noch nicht einmal

Ohne groß darüber nachzudenken, griff ich über die Tischplatte hinweg und nahm seine rechte Hand in meine, um ihn daran zu hindern, sich weiter zu verletzen.

Verwundert sah er erst auf meine Hand, dann in meine Augen.

Ich konnte seine Verwunderung nur zu gut nachvollziehen, denn ich wunderte mich momentan genau wie er. Nämlich über mich selbst.

„Ich werde mich nach einem Platz umsehen an dem du bleiben kannst, solange, bis es dir körperlich wieder besser geht und du vielleicht sogar einen Job gefunden hast. Hier in er Nähe ist, glaube ich, sogar ein Wohnheim für Menschen, die ähnliche Probleme haben, wie du sie hast. Da wärst du besser aufgehoben als hier.“, versuchte ich ihn zu ermutigen. Gleichzeitig zog ich meine Hand wieder weg.

Er blickte mich nur stumm an, schwieg eine Weile.

Dann nickte er.

„Dankeschön, das ist unglaublich lieb von dir.“, sagte er leise. In seinen Augen erkannte ich, dass er es ernst meinte, doch noch immer lag eine Spur Wehmut in ihnen.

Eine Weile schwiegen wir beide, dann ergriff Toshiya das Wort.

„Meinst du ich werde dich dann irgendwann wiedersehen?“ Er sprach so leise, dass ich ihn kaum verstand und ich bemerkte, dass sich eine leichte Röte auf seine Wangen geschlichen hatte.

Gut, mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet. Ich konnte ihm schlecht sagen, dass ich ihn so oder so noch eine ganze Weile mental überwachen würde, sobald er erstmal weg war. Das hätte einen merkwürdigen Eindruck von mir als vermeintlichem Menschen hinterlassen, nicht wahr?

„Ich weiß es nicht. Vielleicht.“ Ich setzte ein winziges Lächeln auf, in der idiotischen Hoffnung, ihn damit etwas aufheitern zu können, denn wirklich begeistert schien er von meinen Plänen nicht zu sein.

Wieder nickte er nur und starrte auf seine, anscheinend höchst interessanten, Hände.

„Du schaffst das schon alles, da bin ich mir sicher. Du wirst da Anschluss finden und vielleicht irgendwann ja sogar Arbeit, dann kannst du dir dein eigenes Leben aufbauen.“ Ich versuchte zuversichtlich zu klingen, doch ich spürte sofort, dass er mir genauso wenig glaubte, wie ich mir selbst. Trotzdem lächelte er mich an, zwar etwas schief, aber immerhin lächelte er.

„Wahrscheinlich hast du Recht.“

Innerlich seufzte ich. Er war unglücklich, soviel war sicher. Doch zu wissen, dass es Toshiya mies ging reichte mir nicht, dass sah auch ein Blinder mit Krückstock! Ich wollte wissen warum er sich nicht über mein Angebot freuen konnte. Also blieb mir nichts anderes übrig, als einen kurzen Blick in seine Gedanken zu werfen. Auch wenn ich es nur ungern tat, war Gedankenlesen doch in manchen Fällen mehr als nützlich.

Unter dem Vorwand kurz auf die Toilette zu müssen, verschwand ich also ins Bad, schloss die Tür ab und setzte mich auf den Badewannenrand, um mir von dort aus in Ruhe die Gedanken meines Gastes anzusehen. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ich Toshiyas Gedankengänge gefunden hatte und was ich hörte machte mich stutzig.

Anscheinend hatte er Angst, Angst davor, wieder zu versagen. Angst vor dem erneuten Alleinsein und davor, schon wieder keinen Anschluss zu finden. Momenten war er dabei, sich auszureden, dass ich ihn doch bei mir behalten würde, anscheinend schien er sich wirklich Hoffnungen deswegen gemacht zu haben, weil er das Gefühl hatte, ich würde ihn in irgendeiner Hinsicht verstehen.

Das reichte mir.

Ich öffnete meine Augen wieder, der Gedankenkontakt war demnach unterbrochen. Nun musste ich mich noch einmal konzentrieren, damit meine Augen wieder ihre normale Färbung zurück erhielten.

Sobald ein Vampir eine seiner Kräfte einsetzt, verändert sich natürlicherweise seine Augenfarbe. Je nach Intensität des gedanklichen Kraftaufwandes changieren die Nuancen zwischen bernsteinfarben bis hin zu hellgelb. Je stärker der mentale Aufwand, um eine Fähigkeit abzurufen und auszuführen, desto heller die Augenfarbe.

Während meine Augenfarbe wieder ihren Normalzustand erreichte, ließ ich mir durch den Kopf gehen, was ich vorhin gehört hatte.

Und plötzlich empfand ich ein Gefühl, da ich seit unbestimmter Zeit nicht mehr empfunden hatte.

Ich hatte Mitleid.

Ehrliches Mitleid.
 


 

Fußgängerzone, Tokyo ...
 

In einem gemütlichen Tempo gingen die beiden Männer die Einkaufspassage entlang.

Grinsend wandte Hizumi sich seiner Begleitung zu.

„Ok, also wir gehen jetzt die ganze Zeit schön nebeneinander, dann ist die Chance, dass du mich wieder einfach so umrennst wesentlich geringer.“

Saga lachte.

„Ja, da hast du allerdings recht. Nochmal Sorry deswegen. Ich war dermaßen auf mein Handy fixiert, dass ich gar nicht mitbekommen habe, dass du mir entgegengekommen bist.“ Verlegen kratzte er sich im Nacken.

Der Vampir winkte ab.

„Ach ich bitte dich, bis auf meine kaputte Hose ist doch nicht passiert. Aber das ist bald hoffentlich auch kein Problem mehr, denn ich gedenke mir jetzt gleich eine neue Hose zu kaufen, ganz simpel also.“, erklärte er mit einem triumphierenden Grinsen auf den Lippen.

„Und du bist wirkliche erst zwanzig?“, entfuhr es Saga ganz unvermittelt und ziemlich zusammenhanglos. Der Untote blinzelte überrascht

„Jap, bin ich. Wieso? Seh ich so viel älter aus?“ Er lachte. Erschrocken schüttelte Saga den Kopf „Nein, ich meine nur dein Verhalten. Irgendwie verhältst du dich verdammt erwachsen, dafür, dass du erst zwanzig bist und dazu noch Student. Also, versteh mich nicht falsch, nichts gegen Studenten, aber irgendwie... Ich weiß auch nicht.“.

Das war einer dieser Zeitpunkte, an dem Saga sich selten dämlich vorkam.

Er spürte, wie sich seine Wangen langsam röteten. Schon wieder.

Stammhirn meldet gehorsamst: Gefäße auf volles Rohr stellen und rein in die Gesichts-Adern mit den roten Blutkörperchen!

Hallo, Blamage!

Hizumi lachte und legte ihm für einen kurzen Moment die Hand auf die Schulter. „Ist schon gut, ich weiß ja wie's gemeint ist.“

Die unerwartet kühle Hand auf seiner Schulter, trug nicht unbedingt zur Besserung der geöffneten Gefäß-Staudämme bei. Im Gegenteil.

Doch bevor er sich weiterhin Gedanken über Hände machen konnte, wurde er von einer der solchen am Handgelenk gepackt und in einen Ladeneingang gezerrt.

„So~ du wirst mich jetzt ertragen müssen! Lass es dir gesagt sein, ich kann manchmal, was Shopping betrifft ,schlimmer sein als jede Frau.“, verkündete Hizumi freudestrahlend. Widerrede schien zwecklos zu sein.

Sagas Blick schweifte durch den nur spärlich eingerichteten Laden, der eher einem Museum glich, als einem Klamottengeschäft. Allerdings sahen die Kleidungsstücke, die hier an den weißen Metallbügeln in Reih und Glied hingen, verdammt teuer aus.

Den kleineren der Beiden schien das absolut nicht zu stören, denn er stürmte förmlich auf das nächstbeste Regal zu, in dem sich einige (auch sehr teuer aussehende) Hosen befanden. Während Hizumi dabei war besagten Hosen-Haufen zu durchstöbern, schwebte ein ziemlich tuntig wirkender Verkäufer im Lacoste Polo-Shirt auf Saga zu und bot ihm einen Sessel an.

Dankend schmiss sich der Braunhaarige in die weichen Polster und beobachtete das interessante Szenario, das sich ihm hier gerade darbot: Hizumi wuselte von Regal zu Regal, scannte in Windeseile jede einzelne Hose mit Blicken, legte die Hälfte wieder zurück, nur um die eben erst zurückgelegten Hosen bei der nächsten Runde ein zweites mal genauestens zu begutachten.

Doch als Saga kurz davor war, ein logisches System in den Kreisen und Linien zu erkennen, in denen Hizumi durch das Geschäft fegte, schwebte erneut die Spießer-Schwuchtel in sein Blickfeld. „Darf ich ihnen einen Kaffee bringen, mein Herr?“, fragte sie zuckersüß und schenkte Saga ein kariesförderndes Lächeln.

„Ähm, ja. Das wäre ganz gut im Moment denke ich.“, murmelte der Angesprochene und warf einen Seitenblick auf des wuselnde Etwas, das sich mittlerweile offensichtlich dazu entschlossen hatte, den Hosenberg in eine der Umkleiden zu zerren.

Spießer-Schwuchtel schien absolut begeistert davon zu sein, dass der gut aussehende, junge Mann ein „Ähmjadaswäreganzgutimmomentdenkeich.“ an ihn gerichtet hatte und entblößte ein weiteres Mal die zahnpasterwerbungsweiß gebleachten Zähne, bevor er majestätisch in Richtung Kasse entschwand.

Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ Saga sich tiefer in die Polster sinken. Genau das war der Grund, warum er auf keinen Fall etwas mit diesen Hizumi anfangen würde. Denn auch wenn der ja wirklich nett, charmant, gutaussehend, humorvoll und intelligent war - Für niemanden auf der Welt, und sei er noch so perfekt, schwor sich Saga, würde er jemals Polo-Shirts mit einem aufgestickten La-Kotz Reptil tragen.

Punkt!

Dieser entschlossene Gedankenfluss wurde durch ein abruptes „Und? Was sagst du zu der hier?“, unterbrochen. Saga sah auf und betrachtete Hizumi, der in einer schwarzen, doch recht engen Jeans steckte, die aussah, als hätte jemand sie nur für ihn anfertigen lassen. Zu allem Übel drehte der Vampir sich auch noch langsam einmal um die eigene Achse, sodass man wunderbar den hübschen, jeansverpackten Hintern bewundern konnte, der da in der schwarzen Hose steckte. Entschlossen starrte Saga ein imaginäres Loch in den weißen Fliesenboden. Wahrscheinlich war die Terror-Tunte hinter dem Tresen aufgrund dieses Anblick mittlerweile an Blutleere im Oberstübchen verreckt und lag zuckend und geifernd auf dem Boden. Darum dauerte das mit dem Kaffee auch so lange.

„Die steht dir echt gut, sieht super aus.“, sagte der Größere betont lässig, nachdem Hizumi ihm wieder seine Vorderseite zugewandt hatte.

Findest du? Warte, ich probier dann mal die andern an.“, strahlte er und verschwand hinter dem Vorhang der Kabine.

Langsam verstand Saga den Ernst der Lage. Der Berg an Hosen, den Hizumi eben mit sich herum geschleppt hatte, war fast halb so groß gewesen, wie ihr Proband selbst.

Anscheinend hatte der Kleine wirklich vor, jede einzelne anzuprobieren.

Wahrscheinlich würde es ein langer, langer Tag werden...
 


 

Karyus POV
 

Ich war angepisst. Ziemlich angepisst sogar. Offensichtlich war es im Moment Trend sich einen Menschen anzuschaffen. Wozu die auch immer nützlich sein sollten. Sicher, ich war selbst mal einer gewesen, doch wenn man schon ein paar Jahrhunderte tot ist, so wie ich, dann merkt man sehr schnell, was Menschen doch eigentlich für erbärmliche Kreaturen sind. Anscheinend sahen Zero und Hizumi das aber anders. Und ja, auch wenn's nicht die feine englische Art ist, ich hatte eben noch Hizumis Gedanken gelesen und anscheinend war der Kleine zu dieser Zeit mit einem menschlichen Wesen unterwegs. Gut, es war an der Tagesordnung, dass Hizumi irgendwelchen Müll anrichtete, ohne groß darüber nachzudenken, ob sein Handeln Konsequenzen für ihn oder andere haben könnte, das war man ja gewöhnt. Aber Zero?! Der Mann war doch dermaßen in sich gekehrt und nachdenklich, dass es schon nicht mehr normal war. Nichtmal für einen Untoten! Und dann schleppte er auf einmal, so ganz ohne Sinn, dieses Jüngelchen an, mit der Begründung, der Typ sei 'wichtig', in welcher Beziehung auch immer, da sei man sich 'noch nicht so sicher'.

Aha.

Frauenlogik.

Ich nahm mir fest vor, ihn für diese bescheuerte Nummer auszulachen, sobald er von seinem Trip wieder runter war.

Aber bis dahin würde ich mich mit wichtigeren Dingen befassen müssen. Immerhin gab es einen Vampirjäger zu schnappen. Doch etwas gutes hatte diese Menschenkrise in den letzten beiden Tagen gebracht: Ich wusste jetzt ganz genau, wie ich vorgehen würde, um mir diesen Sano zu schnappen, herauszufinden, ob er der Jäger war und gegebenenfalls, um ihn schnellstmöglich abzuschlachten...
 


 

Sagas POV
 

Ich sah auf die Uhr. Halb drei.

Wow.

In Einem musste ich Hizumi Recht geben. Er war wirklich mindestens genauso schlimm wie jede Frau. Anscheinend war er sogar ernsthaft an meiner Meinung interessiert, denn jede Hose wurde mir ausgiebig vorgeführt und wenig später folgte die Frage, was ich denn nun von jenem Modell halten würde. In meinen Augen sahen sie nicht nur alle gleich gut an ihm aus, nein, sie sahen auch generell gleich aus. Aber das verschwieg ich mal besser. Nach einer weiteren halben Stunde des typischen Hin-und-Hers ('Nehm ich die hier, oder doch lieber die hier?'), hatte sich der Herr endlich mal entschieden und marschierte mit einer schwarzen Jeans im Used-Look zur Kasse, wo Spießer-Schwuchtel zähnebleckend auf neue Opfer wartete. Ungeachtet dessen, zückte Hizumi todesmutig seine Kreditkarte und bezahlte. Als das La Coste-Opfer den Preis eintippte schwirrte mir der Kopf. Dreistelliger Betrag.

Für eine Jeans.

Ein Hose!

Für Hizumi schien es das Normalste der Welt zu sein einfach mal nebenbei eine Hose zu kaufen, die so teuer war, wie die Monatsmiete für manche Wohnungen. Als wir das Geschäft verließen, entschloss ich mich ihn darauf anzusprechen.

„Sag mal, kann es sein, dass du aus einer verdammt reichen Familie kommst?“, fragte ich vorsichtig nach. Ich wollte ja nicht, dass er dachte, ich hätte ein Problem mit besser gestellten Menschen. Hatte ich nicht, jeder wie er wollte und konnte.

Er sah mich etwas erstaunt an.

„Oh, achso, du meinst wegen der Hose.“ Er grinste „Familie ist vielleicht nicht das richtige Wort. Das Geld gehört mir, ich hab's so gesehen geerbt, wenn man so will.“

„Achso. Reicher Großvater gestorben, oder wie?“,fragte ich gut gelaunt. Doch die Antwort die folgte, ließ mein Grinsen sofort verschwinden.

„Unter anderem, ja. So gesehen bin ich der Einzige, der von meiner Familie noch übrig ist.“, sagte er gelassen. Am liebsten hätte ich mich in den nächstbesten Springbrunnen gestürzt.

Toll gemacht Saga. Immer Salz in die Wunde.

Was wäre denn das Leben ohne jemanden, der sämtliche Leichen für einen aus dem Keller zerrt? Hundert Punkte!

So übel ich mir meine undurchdachte Bemerkung auch nahm, so locker schien Hizumi sie hinzunehmen. „Ist ok, es ist schon ein paar Jahre her, ich bin mehr oder weniger drüber weg. Ich hatte sowieso nie eine wirklich feste Bindung zu meiner Familie. Alles so geldgeile Säcke, du weißt schon.“ Er lächelte mich aufmunternd an.

Jetzt war ich baff. Was bitte soll man sagen, wenn man soeben in einen ganzen Fett-Pool getrampelt ist und derjenige, der jetzt eigentlich zutiefst entsetzt und brüskiert sein sollte, vollkommen locker über seine tote Familie quatscht und dabei fröhlich eine Einkaufstüte schwingt?!

„Tut mir trotzdem Leid. War ne blöde Bemerkung“, murmelte ich reumütig „Also lebst du ganz alleine?“

Er nickte. „Ja, ich hab eine Wohnung ungefähr zwanzig Minuten zu Fuß von hier, Richtung Park.“

Sieh an. Banker- und Neureichenviertel. Hätte ich mir eigentlich auch denken können.

Hizumi schien zu merken, dass ich immer noch den tiefen Wunsch hegte, mir selbst in den Arsch zu beißen.

„Hey, mach dir keinen Kopf deswegen, ich bin dir nicht böse. Du konntest das nicht wissen, also nehm ich's dir auch nicht übel, ok?“ Er lächelte mich an. Schon wieder.

Ich nickte.

„Wunderbar!“ Jetzt strahlte er. Das verhieß nichts Gutes. „Also eine Hose hab ich, aber ich bräuchte noch ein paar Oberteile.“

Irgendwie hatte ich das fast schon befürchtet....
 

Etwa viereinhalb Stunden später schlurfte ich halb bewusstlos neben einem quietschfidelen Hizumi her, der, mit fünf Einkaufstüten beladen, voran schritt.

„Ich muss schon sagen, ich bin schwer beeindruckt, Saga. Dass du es so lange aushälst, hätte ich echt nicht gedacht.“ Er grinste breit, wobei mir auffiel, dass er wirklich hübsche Zähne hatte. Meine waren nicht so perfekt. Mein rechter Eckzahn steht etwas nach hinten, fällt kaum auf, aber wenn man's weiß, dann sieht man es.

„Hättest du noch Lust mit zu mir zu kommen, oder bist du jetzt reif fürs Bettchen?“

Ich schnaubte.

„Also ehrlich. Glaubst du ehrlich das bisschen Einkaufen schafft mich? Ich könnte noch Stunden so weitermachen!“

In Wahrheit wünschte ich mir nichts sehnlicher als ein warmes, weiches Bett mit vielen Kissen und vielleicht einen heißen Tee vor dem Einschlafen.

„Ich nehme das einfach mal als ja an.“ Schon wieder grinste er. Unerhört gut drauf, der Typ!

„Kannst du ruhig tun.“ Ich lächelte zurück. Was sprach dagegen noch einen schönen Abend mit ihm zu verbringen? Also, jetzt nicht 'schöner Abend' im Sinne von Candlelightdinner und verstreuten Rosenblüten im Schlafzimmer. NEIN! Ein 'schöner Abend' im Sinne von Alk trinken, zocken, oder DVD gucken und über Männerkram quatschen. Das konnte man sicherlich auch mit Hizumi. Der trug wenigstens keine La Coste Hemden.

Oder doch?

Ich meine, weiß man's denn?!

Ich nahm mir fest vor, zuallererst heimlich seinen Kleiderschrank zu durchsuchen...
 

Etwa eine halbe Stunde später (wir hatten ziemlich getrödelt) erreichten wir ein altes Fabrikgebäude. Wobei das Gemäuer nur auf den ersten Blick alt aussah, auf den zweiten Blick fielen einem die stylischen, rahmenlosen Fenster und die stylische Haupteingangstür auf. Wir erklommen die stylische Metalltreppe, bis hin zum dritten Stock, wo Hizumi einen stinknormalen Schlüssel aus der Hosentasche kramte, ihn ins stylische Türschloss der stylischen Tür steckte und aufschloss.

Staunend sah ich mich in der Wohnung um. Das erste was mir einfiel war 'Schöner Wohnen', denn irgendwie sah es hier aus wie auf einem Foto eines Hochglanzmagazins für Immobilien. Ein einzelner, verdammt großer Raum mit rohen, unverputzten Fabrikwänden. Mittendrin eine Treppe, die zu einer Art Empore führte, auf der ein ziemlich großes Bett stand (und der Kleiderschrank!). Obwohl die Wohnung modern eingerichtet war, wirkte sie nicht kalt, im Gegenteil. Eigentlich war es sogar recht gemütlich hier.

Hizumi stellte seine neu erworbenen Schätze ab.

„Tja, das ist meine Bude.“, sagte er fröhlich und begann etwas aus den Küchenschränken zu kramen. „Setz dich ruhig hin. Willst du was trinken? Kaffee oder sowas?“

Um ehrlich zu sein hätte ich einen starken Schnaps vertragen können, nach diesem schönen, aber auch ziemlich anstrengenden Tag, doch ein Kaffee tat es vorerst auch.

„Kaffee wär gut.“, antwortete ich und setzte mich vorsichtig auf das Sofa.

„Und setz dich nicht auf die Ka-“ Noch bevor er den Satz beendet hatte, hatte ich zehn messerscharfe Krallen in meinem Hinterteil.

„Scheiße!“ Dein Sofa greift mich an!“, plärrte ich voller Todesangst und machte einen Satz zurück. Hizumi war dem Zusammenbruch nahe.

Vor Lachen.

Der Drecksack stand gut geschützt hinter seiner blank polierten Küchenzeile und heulte mittlerweile vor Lachen.

„Ich hab doch gesagt, du sollst auf die Katze aufpassen.“, brachte er zwischen Japsen und Kichern heraus.

Beleidigt sah ich auf das Sofapolster, auf dem ein riesiger, fetter, weißer, felliger Kater hockte, der mich mit dem bösartigsten Blick anstarrte, den mir je jemand, (ob nun Mensch oder Tier) zugeworfen hatte.

„Das ist Mr Kitty, er hasst Menschen. Nimm's ihm nicht übel, er ist kastriert.“

Nach dieser Information empfand ich eine unsägliche Schadenfreude. Mr Kitty erhob sich, fauchte, warf mir einen vernichtenden Blick zu, hüpfte elegant vom Sofa und hoppelte die Treppe hoch, wo er sich auf Hizumis Bett zusammenrollte.

„Ist das dein Vieh?“, fragte ich und hoffte, dass man mir nicht anmerkte, dass ich dieses Mistviech am liebsten aus dem Fenster geworfen hätte. Ich startete eine zweiten, diesmal erfolgreichen, Versuch, mich hinzusetzen. Mein Gastgeber setzte sich neben mich und drückte mir eine Tasse Kaffee in die Hand. „Ja, er ist in der Tat mein Vieh. Er ist etwas schräg drauf, ist eigentlich der Kater meiner Mutter gewesen, nachdem sie gestorben ist, musste ich mich wohl oder übel um das Biest kümmern. Wenn man ihm was zu fressen gibt, dann ist er ganz umgänglich. Den Rest seiner Lebenszeit ist er ein Arsch sondergleichen, aber manchmal im Winter ist er ganz praktisch. So als Wärmeflaschenersatz.“

Die bildliche Vorstellung von Hizumi und dem Kater zusammen im Bett, brachte mich zum Grinsen.

„Lust auf DVD gucken?“, fragte mein etwas klein geratener Sitznachbar und ich nickte. Sehr gute Idee. Beim DVD gucken musste man die Füße nicht bewegen!

Nach längerem hin und her hatten wir uns tatsächlich für einen Film entschieden.

'Interview mit einem Vampir'

Tsukasa hatte mir damit in den Ohren gehangen. Angeblich sei der Film so schlecht, völlig unrealistisch und überhaupt. Ich fragte mich, was denn bitte an einem Vampirfilm realistisch sein sollte, aber mein Bruder war halt komisch...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  _Jiye_
2008-10-26T19:14:02+00:00 26.10.2008 20:14
ui~*-*
endlich geht's weiter!
tolles kapitel!
die schwuchtel klang sehr lustig!xD
und Saga's hintern tut mir leid .__.
ich glaub,das tat doch ganz schön weh~
*prust*
freu mich auf's nächste^-^
Von:  MYM
2008-10-26T18:29:24+00:00 26.10.2008 19:29
juhuu... es geht weiter...
ich fand den La Kotz-Typen iwie geil... war das Polohemd rosa xDDD
schönes Kapitel ^^

LG MYM


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