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100% Sorglospunks!

von

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Das Spiel der Spiele

Irgendwie beginnen die meisten Dinge, die sich als besonders groß und bedeutsam erweisen, äußerst unscheinbar. So unscheinbar, dass man sie zu Beginn gar nicht wahrnimmt und erst begreift, dass etwas im Gange ist, wenn es längst vorbei ist.

Ja, und manchmal, noch viel seltener, da geschehen große Dinge und niemand bekommt sie mit. Niemand. Außer ein paar Helden, die keine andere Wahl haben, als zu versuchen die Welt zu retten. Das ist der Stoff, aus dem Helden gemacht sind. Echte Helden. Helden, die... nun... Helden sind.

Helden, die...

„Easy! Rück sofort die verdammte Fernbedienung rüber! Das Spiel beginnt erst in fünf Stunden und bis dahin können wir den Sender noch wechseln!“, gellte Jacks Stimme durch das gesamte Haus, in dem sich die Sorglospunks-WG befand. Das Haus selbst stand in einem kleinen, beschaulichen Städtchen mitten im Schwabenländle und sowohl die Mitbewohner im Haus als auch die restlichen Stadtbewohner hatten sich so langsam an die Anwesenheit der sorglosesten, verrücktesten und die meisten Schwierigkeiten auf der Welt anziehendsten Band mindestens Deutschlands gewöhnt.

Es war Fußballeuropameisterschaft und das hieß, dass sich sowieso nahezu ganz Europa im Ausnahmezustand befand. In der Sorglospunks-WG war das nicht anders – hier wurde auf jedes einzelne Spiel gelauert und gerade jetzt, wo das große Finale Deutschland gegen Spanien vor der Tür stand, war es ja bodenlos spannend!

„EASY!“

„Mensch, Jack, brüll nicht so!“, kam es genervt von Chris, dem Gitarristen und Bassisten der Band, der gerade einen angestrengten Chat mit Umeko durchführte. Er hoffte ganz unglaublich darauf, dass das mit ihrer Praktikumsstelle hier in Deutschland klappen würde – selbst, wenn sie dann an der Nordsee landete. Das war immerhin ein paar Tausend Kilometer näher als Japan!

„Halt die Klappe!“, kam es von Jack, dem musikalischen Multitalent der Band zurück, das es sich überhaupt nicht nehmen ließ, weiter mit ihrer Zwillingsschwester Easy – gleichzeitig die sorglose Frontfrau der Sorglospunks – um die Fernbedienung und die Senderwechselbedingungen zu streiten.

Es rumste im Vorgarten.

„Mensch, Lenn!“, kam es von Chris. „Mach doch nicht so einen Mist mit deinem Fass! Es ist immer so schwer, das aus dem Gartenteich wieder rauszubekommen!“

In dem Augenblick platschte es.

„Äh... Du weißt, dass Lenn wieder zu diesem Philosophenkongress nach Griechenland gegangen ist?“, warf ich ein. (Nur um mich kurz vorzustellen: Mein Name ist Abranka und ich bin die Muse der Sorglospunks. Und wer mich fragt, was ich verbrochen habe, um zu diesem Job zu kommen, dem sei gleich eins gesagt: Ich habe mich freiwillig gemeldet! Noch Fragen? Nein. Gut. Fahren wir also fort...)

„Oh.“ Easy und Jack waren als erste am Fenster, dicht gefolgt von Nifen, die gerade mit einer Ladung Katzenfutter im Arm die Wohnung betrat. Irgendein Kaffeejunkie hatte mal wieder die wichtigen Nahrungsmittel für das Bandmaskottchen Kiwi vergessen.

„Ein Raumschiff!“ Easys verzückter Ausruf war es nun, der durch das Haus schallte.

„Na super.“ Jack stöhnte auf. Das schrie nach Schwierigkeiten. Und irgendwie landeten Schwierigkeiten nahezu immer bei ihnen. Auf welchem Wege auch immer.

Auch wenn der Besuch des Weihnachtsmanns, der als letzter in ihrem Garten eine Bruchlandung hingelegt hatte, eigentlich recht unterhaltsam gewesen war. Aber ganz sicher kamen nicht nur gute Dinge von oben.

Selbst Chris löste sich jetzt langsam widerwillig von dem PC – Umeko hatte sich gerade verabschiedete – und trottete zum Fenster. „Sollen wir vielleicht rausgehen und nachschauen, ob sie Hilfe brauchen?“ Nach den Furien konnte ihn kaum noch etwas erschrecken. Diesen Geschöpfen der griechischen Mythologie galt mittlerweile sein gesamtes Grauen und von daher waren Aliens doch ein Klacks.

„Wär wohl besser.“ Jack seufzte.

„Rettungstruppe, aufi!“, jubelte Easy und stürmte als erste aus der Tür.

„Hat sie überhaupt mitbekommen, was passiert ist?“, erkundigte sich Nifen, während wir anderen langsam der vorauseilenden Bandleaderin folgten.

„Na ja... So gaaaanz sicher bin ich mir nicht“, murmelte ich und hob die Schultern. Wir sprachen schließlich von Easy. Und Easy war bekanntlich ein Fall für sich. So, wie eigentlich jedes der Bandmitglieder.
 

Das kleine, hellgrün-violett karierte Raumschiff lag im Gartenteich. Das hieß, dass wir vermutlich Ärger mit unserer Vermieterin bekommen würden. Das Raumschiff war zwar nicht besonders groß, es hatte vielleicht die Größe von LennStars Tonne, aber für Zierseerosenmord war es groß genug.

Ein Raumschiff... Und das auch noch in diesen Farben... Synchron schüttelten wir den Kopf, während Easy schon neugierig näher hopste.

„Halloho?“, rief sie und klopfte an das, was wohl so eine Art Luke sein mochte.

„Halloho?“, schallte es zurück und das Etwas, das sich tatsächlich als Luke entpuppte, öffnete sich.

Es bleibt festzuhalten, dass Marsmännchen nicht grün sind, sondern pink. Oder vielmehr dieses Marsmännchen war es. Außerdem hatte es eine menschenähnliche Gestalt, drei Arme, drei Augen, irritierenderweise zwei Beine, einen langen, buschigen Schwanz und drei Antennen auf dem Kopf. Außerdem trug es einen hellgrauen, glänzenden Anzug.

„Hallo!“ Easy strahlte das kleine Geschöpf an, das ihr gerade mal bis zum Bauchnabel reichte. „Willkommen auf der Erde.“

„Bist du Sorglospunk?“, kam die knappe, etwas verzerrte – vermutlich dank Universalübersetzer – Antwort.

„Äh... Ein Sorglospunk, ja.“ Easys Blick flackerte zu uns hinüber und stellte ganz deutlich die Frage, seit wann sie im Weltall bekannt waren. Das war etwas, was ihr bisher entgangen war und selbst Easy hielt eine derartige Berühmtheit spontan nicht für möglich.

Ich hob nur die Schultern und blickte Nifen an, die ähnlich verwirrt aussah.

„Wunderbar!“ Das Alien grinste Easy breit an. „Ich bin Pinky vom Planeten Sarms. Meine Freunde und ich wollen mit euch ein Spiel spielen.“

„Äh... Und was für ein Spiel?“, warf nun Jack ein, die sich getraut hatte, sich an Easys Seite zu gesellen.

„Wir spielen um die Erde!“ Pinky grinste noch immer, als wenn es so ziemlich das Genialste auf der Welt verkündet hätte.

„Ich glaube, das dürfte kaum möglich sein“, mischte sich Nifen nun ein. „Das ist eine Sache von Präsidenten, Kanzlern und so.“

„Nein. Es ist eure Sache. Weil die ultimative Computeranalyse euch als die Vertreter der Erde ausgemacht hat.“ Pinky blickte die Sorglospunks und ihre Managerin herausfordernd an. „Aber wenn ihr die Herausforderung nicht annehmen wollt, dann können wir das Spiel direkt als Niederlage für euch werten – und die Erde somit annektieren. Und damit tun wir gleichzeitig den universalen Eroberungsbestimmungen genüge.“

„Äh, was?“, entfuhr es den drei Sorglospunks und mit offener Futterluke starrten sie das Alien an. Nifen dagegen legte die Stirn in Falten. Es schien, als wenn wir aus dieser Sache nicht rauskamen. Die Argumentation war durchaus schlüssig, ein Rechtsstreit würde garantiert ewig dauern – und die Erde konnte man schließlich nicht einfach durch reine Feigheit aufs Spiel setzen.

„Okay, wir nehmen die Herausforderung an“, sagte Nifen entschlossen.

„WAS?“ Die drei gar nicht mehr so sorglosen Sorglospunks starrten ihre Managerin an. „Nifeeeeeen!“

„Aber nur, wenn ein Auftritt auf eurem Planeten für uns rausspringt, wenn wir gewinnen“, fuhr Nifen ungerührt vor.

Pinky schob die Unterlippe vor – was ein komisches, glucksendes Geräusch machte – und nickte.

„Zusätzlich dazu, dass die Erde weiterhin uns gehört, versteht sich“, merkte Nifen noch an.

„Selbstverständlich.“ Pinky nickte und pfiff dann durch die Zähne. Drei weitere Aliens kletterten durch die Luke ins Freie. Eines leuchtete Neongrün, eines Hellblau und eines Gelb. Alle drei trugen die gleichen grauen Overalls und ihre Anatomie unterschied sich nicht von der Pinkys. Offenbar war diese für die Sarmsianer normal.

„Beginnen wir mit der offiziellen Vorstellung der Herausforderer und der Verteidiger“, erklang in diesem Augenblick eine Stimme aus dem Inneren des bunten Raumschiffs. Ein metallisches, fliegendes Etwas glitt aus der Ausstiegsluke und verharrte neben den Aliens und den Sorglospunks. „Mein Name ist Wright. Gemeinsam mit eurer... fliegenden Entität...“

„Muse, bitte schön“, gab ich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Mich juckte ja jetzt schon der Ideenblitzstab in den Fingern, um diesen metallischen Kerl einen vor den Kopf zu zimmern.

„Gemeinsam mit eurer Muse also“, fuhr der fliegende Blechkopf metallisch klackernd fort, „werde ich als Schiedsrichter fungieren und dafür sorgen, dass den universalen Regelungen Rechnung getragen wird. Einer von euch wird die Rolle des Trainers übernehmen, während die anderen die Mitspieler sind.“

Synchrones Nicken der Beteiligten.

„Und nun bitte ich euch, euch vorzustellen.“

„Pinky“, sagte Pinky da auch schon und so langsam wurde mit dieses leuchtend pinke Alien doch ein wenig unsympathisch. Es nervte. Vor allem mit dieser Großkotzigkeit, die es ausstrahlte. „Ich bin der Trainer der Sarmsianer.“

„Greeny“, kam es von dem grünleuchtenden Kerl und sein Schwanz sträubte sich ein wenig. „Erster Kommandant des Raumschiffs ‚Eroberer’.“

„Bluey, zweiter Kommandant des Raumschiffs ‚Eroberer’.“ Das blaue Alien drückte selbstbewusst die Brust raus und verschränkte die drei Arme vor der Brust.

„Gelby“, kam es piepsig von dem gelben Alien. „Küchenverantwortlicher.“

„Die Namen sind natürlich durch einen automatischen Übersetzer in den Uniformen in eure Sprache übersetzt“, erklärte der fliegende Blechkopf Wright in diesem Moment.

„Ach, und was bist du?“, erkundigte sich Easy.

„Ich bin von der neutralen universalen All-Polizei, die dafür Sorge trägt, dass sportliche Planetenübernahmeaktionen immer nach allgemeingültigen Maßstäben der Fairness ablaufen.“

„Aha...“ Easy legte die Stirn in Falten.

„Ihr seid nun an der Reihe, euch vorzustellen“, fügte Wright hinzu.

„Mein Name ist Abranka. Ich bin die Bandmuse der Sorglospunks und offenbar auch eine Art Schiedsrichter.“ Ich warf dem Metallkerl einen knappen Blick zu und überließ das Feld meinen musikalischen Schützlingen.

„Easy!“, jubelte Easy, die sich damit abgefunden hatte, dass es aus diesem ganzen Chaos kein Entkommen mehr gab und sie einfach das Beste draus machen würde. „Kreativitäter, Sängerin und... Maskottchenbändigerin!“

„Jack“, fuhr Jack gelangweilt fort. „Instrumentaler Lückenbüßer.“

„Chris. Gitarrist und Bassist.“ Chris lächelte leicht und sah aus, als wenn er am liebsten weglaufen würde. Er witterte schon wieder eine Falle der gefährlichen Furien. Die hatte er nämlich noch längst vergessen und fürchtete sie noch immer mehr als die Hölle selbst.

„Nifen. Bandmanagerin und für heute Trainerin“, schloss Nifen die Vorstellungsrunde ab.

Die bunten Aliens verneigten sich und nach einem kurzen Schulterzucken taten es ihnen die Verteidiger der Erde gleich.

„Nachdem die Vorstellung nun beendet ist, teile ich euch mit, welche sieben ultimativen Wettkampfsportarten es geben wird“, ergriff der fliegende Blechkopf wieder das Wort. „Ich habe zu diesem Zweck die irdischen Statistiken ausgewertet. Es werden die sieben häufigsten irdischen Sportarten durchgeführt werden.“

„Und das sind?“, plapperte Easy aufgeregt dazwischen, was ihr einen äußerst kühlen Metallblick einbrachte.

„Die erste Runde besteht in Sackhüpfen.“

„Aber das ist...“, setzte Easy an, doch Jack presste ihr gedankenschnell die Hand auf den Mund. Sackhüpfen war schließlich besser als Basketball oder sonst was! Und wenn Easy jetzt begann, die Auswahl unserer Alieninvasoren mit Kindergeburtstagargumentation in Frage zu stellen, konnte man ja nicht wissen, was geschehen würde – und ob sich diese Kerle nicht irgendwelche fiesen außerirdischen Sportarten ausdenken würden, bei denen wir keine Chance haben würden! Nun, und Sackhüpfen kannten wir definitiv alle. Sogar die jungen Musen spielen das auf dem Olymp.

„Wunderbar. Einfach wunderbar“, schloss Jack Easys Satz und strahlte den Blechschiri an.

„Und wo ist das Wettkampffeld?“, erkundigte sich Nifen neugierig.

„Wir haben einen Platz etwa hundert Meter die Straße hinunter ausgemacht“, erwiderte dieser ungerührt mit seiner mechanischen Stimme.

Wunderbar. Dort, wo die Jungs des Jack-Fanclubs immer kickten. Wir konnten nur hoffen, dass weder sie noch ihre jüngeren Kollegen heute dort waren, denn wenn wir da aufliefen, um eine Runde Sackhüpfen zu veranstalten, würden wir uns vermutlich auf immer und ewig in unserem kleinen Dorf blamieren. Und obwohl wir schon bekannt waren wie der berühmte bunte Hund oder vielmehr eine quietschgelbe Kuh, betrachteten uns die meisten Menschen mit so etwas wie wohlwollendem Interesse und sensationslüsterner Neugierde. Denn irgendwie wollte doch jeder sagen, dass berühmte Stars aus seinem kleinen Heimatort kamen. Und das, was so etwas wie Stars hier am nächsten kam, das waren nun einmal die Sorglospunks.
 

Unsere seltsame kleine Prozession machte sich nun also auf den Weg zu dem Boltzplatz. Und wir hatten tatsächlich Glück. Keiner der Jungs war in Sichtweite.

Easy hatte derweil versucht, aus dem Blechheini rauszubekommen, was die nächsten Wettkampfarten waren, doch dieser schwieg eisern und vertrat die unerschütterliche Ansicht, dass diese erst nach einer abgeschlossenen Runde offenbart werden würden.

„Und wo sind die Säcke?“, erkundigte sich Jack betont gelangweilt. Sie war angespannt, genauso wie die anderen Sorglospunks. Easy hibbelte nervös herum und Chris zupfte die ganze Zeit an seinem Shirt, als wenn es sich dabei um eine Gitarrensaite handelte. Auch Nifen war nicht so sehr die Ruhe selbst, wie man es sonst von ihr gewöhnt war.

„Hier.“ Mit einem lauten Surren klappte eine kleine Öffnung am Boden des fliegenden Androiden auf und entließ sechs sackhüpfgeeignete Säcke. „Ich markiere die Strecke.“ Damit sausten auch schon vier Laserstrahlen über das holprige Fußballfeld und hinterließen kokelnde Brandstreifen, die äußerst deutlich die Strecke abgrenzten.

„Oha“, murmelte Nifen leise und warf mir einen langen Blick zu. Keine guten Aussichten. Aber es war gut zu wissen, was dieses Ding so alles konnte. Immerhin wussten wir jetzt ganz genau, dass wir Schrotti lieber nicht verärgern sollten. Und für alle Fälle würde ich mir doch etwas überlegen...

Unsere kleinen bunten Aliens waren von seinen Fähigkeiten jedenfalls absolut nicht beeindruckt. Sie begannen wie wild zu schnattern und verteilten sich dann. Zwei nahmen an der Startlinie Aufstellung, während einer zu der Ziellinie flitzte.

Kurz erklärte uns Wright, dass der Wettkampf wie ein Staffellauf funktionieren sollte, dann bezogen auch die Sorglospunks artig Aufstellung. Nifen hatte beschlossen, Chris als ersten Hüpfer starten zu lassen. Jack würde ihn ablösen und Easy den Schlusssprint hinlegen. Hoffentlich würde sie das. Aber Nifen hatte sich von mir mit einer Thermoskanne Kaffee versorgen lassen, also standen unsere Chancen ganz gut.

Allerdings entpuppte sich Gelby direkt nach dem Startpfiff als wahrer Virtuose im Sprungsack. Seine Sätze ließen Chris äußerst alt aussehen und sorgten dafür, dass Jack eine wahre Aufholjagd gegenüber dem als zweiten gestarteten neonblauen Alien hinlegen musste. Ganz knapp lagen die beiden gleich auf, als sie die Startlinie überquerten und somit an ihren jeweils letzten Hüpfer abgaben. Und Easy legte los!

Der Kaffeegeruch hing ihr in der Nase und wenn es etwas gab, das einen sonst eher sportmuffeligen Sorglospunk – und ganz speziell die Frontfrau! – motivieren konnte, dann war es Kaffee. Dafür stand sie schließlich morgens auf!

Und so schaffte sie es immerhin, dass zwischen Greeny und ihr ein echtes Fotofinish stattfand. Dummerweise war die eine Antenne des grünhäutigen Aliens eher über der Ziellinie gewesen als Easys flatternde Haare. Mist aber auch.
 

„1:0 für die Sarmsianer“, verkündete unser Metallschiedsrichter da auch schon. „Die nächste Disziplin ist Dreibeinrennen.“

Easy stöhnte auf. Das hatte sie schon als Kind immer gehasst. Ganz egal, wie sehr Jack und sie auch sonst auf der zwillingstypischen gleichen Wellenlänge schwimmen konnten, beim Dreibeinrennen waren sie jedes Mal aufs Kläglichste gescheitert. Keine Harmonie in der Hinsicht zwischen den Schwestern absolut keine. Was hieß...

„Jack, Chris, ihr macht das!“, entschied Nifen resolut. Sie wusste nämlich ganz genau, dass das mit Easy in der Paarung absolut nicht gut gehen konnte. Und die Harmonie und der Gleichklang zwischen Jack und Chris waren ja schon nahezu legendär. So legendär, dass sich selbst Easy manchmal fragte, ob die beiden nicht vielleicht doch miteinander verwandt waren...

Kurz darauf machten sich die tapferen Verteidiger der Erde auch schon bereit für die nächste Runde. Ihre Kontrahenten waren Bluey und Gelby, wobei mir so langsam auffiel, wie der kleine gelbe Kerl den minimal größeren blauen Kerl anhimmelte. Da ging vermutlich was...

Unser anorganischer Spielregelnvertreter gab ein schrilles Signal von sich und los ging es. Jack und Chris liefen wirklich in perfekter Harmonie zusammen. Die Arme eng umeinander gelegt und die Beine in einem so steten Rhythmus, als wenn sie noch nie etwas anderes getan hätten. Bluey dagegen zerrte Gelby mehr oder weniger neben sich her und so war es kein Wunder, dass die beiden weit zurückblieben.

Die zweite Runde ging somit an sehr ausgelassen feiernde Sorglospunks. Immerhin hatten sie den Ausgleich geschafft! Das war’s doch!

Aber weiter ging es. Der Blechschädel machte nicht den Eindruck, den Wettkämpfenden irgendeine Art von Pause zu gönnen, weder den außerirdischen Herausforderern, noch den irdischen Verteidigern. Schien regelkonform zu sein, so, wie ich das einschätzte. Bisher machte er jedenfalls nicht den Eindruck, die Aliens zu bevorzugen. Und falls das passieren sollte, dann würde der mal lernen, wie schnell ein gut gezielter Ideenblitz einen kompletten Systemausfall verursachen konnte!

Mit Argusaugen behielt ich den Kerl im Blick, während Nifen ihr sorglospunkiges Team auf das nächste Spiel einstimmte. Topfschlagen.
 

Irgendwie schien das ach-so-geniale System unserer ungebetenen Besucher sämtliche Kindergeburtstagsfeiern und Kinderolympiaden der Welt als echte Sportveranstaltungen eingeschätzt haben, sodass wir hier nun exakt ein solches Ereignis wiederholten. Aber uns sollte es recht sein. Bei Hundertmeterlauf, Stabhochsprung und ähnlichem würde unsere liebste Lieblingsband wahrscheinlich doch so ihre Probleme haben. Aber das waren wenigstens Dinge, die sie alle kannten. Jeder der drei hatte diese Episode des kindlichen Werdegangs zum Erwachsenen irgendwann durchgemacht – und Easy trauerte dem Topfschlagen ihrer Kinderzeit immer noch hinterher, sodass ihr dieses Spiel mehr als willkommen war.

Und so war sie auch die Sorglospunks-Kandidatin, die sich mit verbundenen Augen, auf allen Vieren und mit einem Kochlöffel in der Hand auf die Suche nach dem Topf machte. Die anderen beiden Sorglospunks versuchten sie mit Temperaturbeschreibungen – kalt, warm, wärmer, heiß – zu lotsen, während gegenüber Bluey und Gelby das gleiche mit dem neongrünen Alien taten. In diesem Fall zeigte sich aber sehr schnell, dass die drei Arme einen fiesen Vorteil besaßen: Greeny konnte ungefähr dreimal so schnell krabbeln wie Easy!

Dafür hatte Easy den richtigen Topfriecher. Sie krabbelte derart zielstrebig auf den Topf zu, dass es schon fast unglaublich war.

Nur einen kurzen Augenblick später wummerte es kräftig, als sie den Kochlöffel drauf hämmerte.

„Fertig!“, jubelte sie und riss sich die hypertechnische Augenbinde herunter, die hundertprozentig sichergestellt hatte, dass sie auch ja nichts sehen konnte.
 

Doch schon ging es weiter. Als nächstes stand Dosenwerfen auf dem Plan. Dosenwerfen. Dafür hatten sowohl die Kindergeburtstage als auch die Kirmesveranstalter wohl herhalten müssen... Entweder war dieser Zentralrechner unserer Sarmsarischen Invasoren einen absoluten Schuss weg oder aber... So langsam schwante mir, was hier eigentlich los war. Und wem wir diesen Auftritt zu verdanken hatten. Im ersten Moment hätte ich ja auf die ätzenden Furien getippt, doch das hier, das sah nach der Handschrift von jemand anderem aus. Nach der äußerst ungewollten Handschrift von jemand anderem...

„Mensch, komm in die Gänge!“, maulte Jack in dem Moment, während unserer stählerner – oder aus irgendeinem anderen Metall bestehender – Spielleiter die Dosenstapel mit irgendwelchem technischen Schnickschnack aufbaute. „Heute ist Finale!“

„Genau!“, stimmte Easy ein. „Finale, oho! Finale!“

Entgeistert blickten die vier Aliens die Sorglospunks an, denn auch Chris stimmte nun nachdrücklich in Easys Final-Schlachtruf mit ein. Sie hatten es mit Gegnern zu tun, die ihre Welteroberungspläne nicht so wirklich ernst nahmen! Und so, wie sich Pinky nun aufplusterte, gefiel diesem das gar nicht! Seine Hautfarbe wurde immer dunkler und näherte sich einem nahezu apokalyptischen Rot.

„Wir spielen!“, fauchte das glühende Alien zornig und schubste Gelby äußerst nachdrücklich an die Abwurflinie. Der kleine Kerl blickte Pinky ängstlich an und griff dann nach einem der Bälle. Die Regeln waren simple: Drei Würfe hatte jeder, jede stehen gebliebene Dose bedeutete zehn Punkte, welche Mannschaft am Ende die wenigstens Punkte hatte, nachdem alle drei Spieler geworfen hatten, hatte die Runde gewonnen.

Dumm nur, dass unsere Sorglospunks in Sachen zielsicher Werfen eher absolute Nieten waren. Easy versemmelte ja schon den halben Meter zum Papierkorb mit einem – mal wieder – verworfenen und zerknüllten Songtextentwurf, Chris versenkte seine abgenutzten Gitarrenpoliertücher immer erst beim dritten Versuch und Jack... Nun, Jack traf immerhin. Aber meist eher etwas, das sie nicht treffen sollte. Wie in diesem Fall den Dosenstapel ihres Gegenspielers...

Kurzum: Die Dosenrunde ging mit einem astronomisch hohen Sieg an die kleinen, bunten Alieninvasoren. Damit hatten wir also wieder Gleichstand.
 

Wright gab uns jetzt immerhin eine kurze Verschnaufpause, die die Sorglospunks mit Schokodoping und Kaffeegenuss verbrachten, während sich die Sarmsianer leise flüsternd unterhielten.

Schließlich kam Gelby schüchtern zu den vieren hinüber getapst, die recht entspannt im Gras saßen. Ich schwebte selbstverständlich weiterhin bequem auf meiner Wolke daneben.

„Sagt mal... Wie ist das hier so auf der Erde?“, erkundigte er sich vorsichtig und sein pelziger Schwanz zuckte vor Unruhe hin und her.

„Wie schon? Irdisch halt.“ Jack zuckte mit den Achseln und hielt ihr Gesicht wieder in die Sonne. Die wenigen Sonnenstrahlen des typisch deutschen Sommers musste man schließlich genießen. Und vor lauter Fußball waren sie die ganze Woche ja kaum vor die Tür gekommen...

„Schokoladig, kaffeeig“, fügte Easy grinsend hinzu und hielt dem gelben Außerirdischen ein Stück Schokolade hin. „Magst du?“

Gelby zögerte einen Augenblick und probierte dann. Und nur einen Sekundenbruchteil später spuckte er die Schokolade in hohem Bogen aus.

„Furchtbar! So süß! Und... klebrig! Und sie löst sich im Mund auf!“ Schockiert starrte er die drei schokosüchtigen Sorglospunks und ihre nicht minder schokosüchtige Managerin an. „Und so etwas könnt ihr essen???“

„Ja.“ Easy hob die Schultern. „Ist so ziemlich das Beste, was die Erde zu bieten hat.“

„Neben Kaffee natürlich.“ Nifen lächelte wissend und nippte selbst an ihrem Tee, während die Sorglospunksfrontfrau ihren Kaffeebecher hätschelte.

Gelby sagte der Kaffee allerdings genauso wenig zu wie die Schokolade. Für den Kaffee fand er sogar noch härtere Worte, auch wenn er immer wieder betonte, dass das eben die Unterschiede zwischen den Planeten waren. Dennoch sah er sehr nachdenklich aus, als er zu seinen Kollegen zurückging.
 

„Die Pause ist vorbei“, verkündete unserer eherner Spielregelnüberwacher.

Wurde auch Zeit, denn sonst hatten wir keine Chance, die Welt zu retten, bevor das EM-Finale stattfand.

„Was gibt’s als nächstes?“, erkundigte sich Easy und reichte mir die Schokolade zurück. Ich war nämlich mittlerweile die fliegende Kaffee- und Schokoladenstation geworden. Soweit, wie das neben dem ganzen Fußballschmuck, der meine Wolke zierte, noch möglich war.

„Die nächste Disziplin ist Eierlaufen!“, hieß es da auch schon.

„Was für Eier?“, erkundigte sich Nifen augenblicklich. „Irdische Hühnereier oder habt ihr etwas Außerirdisches mitgebracht?“

„Nun...“ Pinky wog ein hellgelbes Alienei in der Hand.

„Oh nein! Wir sind auf der Erde und greifen auf irdische Sportarten zurück! Da haben Alieneier überhaupt nichts zu suchen!“, warf ich sofort ein. Das ging ja gar nicht! Wer wusste schon, wie sehr diese Dinger an den Löffeln klebten oder so!

„Hey, für uns sind eure Hühnereier vielleicht giftig!“, echauffierte sich Pinky.

„Pech gehabt! Dann zieh Handschuhe an!“, blaffte Jack zurück. „Eure komischen Eier bleiben weg!“

Und während sich Aliens und Sorglospunks – Nifen eingeschlossen – nachdrücklich angifteten, wandte ich mich an unseren Schiedsrichter.

„Wright, die Regeln sehen irdische Sportarten vor. Für irdische Sportarten sind allerdings irdische Requisiten und Materialien notwendig, denn sonst sind es ja kaum noch irdische Sportarten, sondern sehr viel mehr außerirdische Interpretationen irdischer Sportarten, nicht wahr? Aus diesem Grund kommen allein irdische Eier – Hühnereier, um genau zu sein, da diese für diese Sportart vorgesehen sind – in Frage“, sagte ich aalglatt. Nicht umsonst war ich schließlich eine Muse.

Wrights Diodenaugen blitzten mich einen Augenblick an, dann stimmte er mir zu. „Exakt. Und aus diesem Grund ist dieser Streit unnötig.“

„Hey!“, wandte ich mich lautstark an die Streithähne und -hennen. „Gibt nur Hühnereier, das sind die Regeln und fertig!“

Die vier Aliens lieferten eine showreife Schmollmundszene ab, während die drei Sorglospunks und ihre Managerin sich sichtlich freuten. (Chris machte sogar einen kleinen Luftsprung, der gerade so mit seinem Ruf als Prince of Punk vereinbar war.)

Somit begann dann das Eierlaufen. Es musste die gleiche Strecke wie beim Sackhüpfen zurückgelegt werden. Jeder der Mitstreiter erhielt einen Löffel, auf dem er ein Ei transportieren musste. War es nicht nur heikel, das Ei heil über diese zweihundert Meter zu transportieren, so war es noch viel heikler dieses ohne irgendwelche Hilfsmittel sicher auf dem Löffel des nächsten Teampartners abzulegen. Wenn es herunterfiel musste der jeweilige Teilnehmer noch einmal von vorne beginnen...

Easy, die erste Läuferin der Sorglospunks, schaffte es, auf den ersten zehn Metern bereits drei Eier zu killen. Zu ihrem – und dem sorglospunkigen – Glück jedoch stellte sich Gelby nicht viel besser an. Auch er musste ständig nach einem nervenaufreibenden Platsch-Geräusch zurückrennen und sich ein neues Ei holen.

Doch endlich gelang es Easy, ihr zweihundert Meter weit transportiertes Ei Chris zu übergeben, der es jedoch nach nur zwei Schritten in den Grasboden einmassierte.

Heute würden sich definitiv die Ameisen und das sonstige Viehzeug der Gegend über ein Festmahl freuen.

Pinky führte mittlerweile einen reinen Wuttanz neben seinen Invasoren auf, während sich Nifen köstlich über die Verteidiger der Erde amüsierte. Klar, es ging hier um nicht wenig, aber das hieß doch nicht, dass man aufhören musste, Spaß zu haben, nicht wahr?

Letztlich war Bluey dann genau einen Schritt schneller als Jack bei dem finalen Sprint. Tja, die Runde ging also auch an die Aliens und somit führten sie mit 3:2.

Noch standen aber zwei Spiele aus.
 

„Die nächste Runde besteht in einem Gedankensport“, erklärt der fliegende Bleichheini, nachdem die sechs Aktiven und ihre Trainer immerhin fünf Minuten Pause zum Durchschnaufen und Finger sauber machen bekommen hatten. „Diese Sportart heißt Ich-packe-meinen-Koffer.“

„Och nee!“ Easy stöhnte auf. Sie war bekanntlich doch eher vergesslich und würde von daher garantiert ganz schnell rausfliegen... Sie war in diesem Spiel nie besonders gut gewesen!

„Klasse!“ Jack klatschte begeistert in die Hände. Im Gegensatz zu ihrer Zwillingsschwester besaß sie ein Gehirn, das manchmal doch eher computereske Züge annehmen konnte. Und Kofferpacken war ihre leichteste Übung. Schließlich war sie es, die immer das Zeug für Easy und sich zusammenpackte! Ganz egal, ob es um den seltenen Urlaub oder die deutlich häufigeren Auftritte ging.

Nur wenig später saßen Invasorenaliens und Sorglospunks im Kreis gemischt. Gelby war es, der aufgrund einer kurzen Auslosung beginnen durfte. Das Ziel war recht klar: Jeder packte ein weiteres Teil in den virtuellen Koffer und musste vorher auflisten, was dieser bereits enthielt. Wer einen Fehler machte, flog raus und am Ende gewann das Team, dessen Mitstreiter am längsten durchgehalten hatte.

„Ich packe meinen Koffer und hinein lege ich... einen Kochlöffel“, sagte Gelby strahlend.

„Ich packe meinen Koffer und hinein lege ich einen Kochlöffel und ein Paket Kaffee!“, fuhr Easy fort.

„Ich packe meinen Koffer und hinein lege ich einen Kochlöffel, ein Paket Kaffee und einen antiviralen Phaser“, setzte Bluey die Reihe fort.

„Ich packe meinen Koffer und hinein lege ich einen Kochlöffel, ein Paket Kaffee, einen antiviralen Phaser“ – Chris verdrehte bei diesem Wort die Augen; sie waren hier ja schließlich nicht bei Star Trek! – „und ein ultimatives Kommunikationsgerät, mit dem ich immer mit Umeko reden kann!“

Jack, Easy und Nifen mussten grinsen, während die Aliens verständnislos dreinblickten. Aber sie hatten ja keine Ahnung von den Qualen einer Fernbeziehung.

„Ich packe meinen Koffer und hinein lege ich einen Kochlöffel, ein Paket Kaffee, einen antiviralen Phaser, ein ultimatives Kommunikationsgerät, mit dem ich immer mit einer gewissen Umeko reden kann und“, stopfte Greeny den Koffer weiter voll.

„Ich packe meinen Koffer und hinein lege ich einen Kochlöffel, ein Paket Kaffee, einen antiviralen Phaser, ein ultimatives Kommunikationsgerät, mit dem ich immer mit Umeko reden kann, ein Raumschiff und Kiwi.“ Damit beendete Jack die erste Runde und schon jetzt zeichnete sich ab, dass der Koffer wohl aus allen Nähten platzen würde.

Easy war – wie man hätte ahnen können – die Erste, die etwas vergaß – und zwar Gelbys Gewürzständer aus der dritten Runde –, doch auch Greeny flog recht bald danach raus, genauso Chris.

Somit hielt Jack die finale Stellung der Sorglospunks.
 

„...ein Kaffeelexikon, ein Hypersauseboot, das teuflische Wunderauto, drei Kupferzahnräder, eine Gitarre, einen Computerkern, fünf Tafeln Minzschokolade, die letzte Staffel Alien-Alarm und ein Anti-Furien-Mittel.“ Jack grinste Bluey an. Das Duell zwischen den beiden wurde langsam echt nervenaufreibend, da der virtuelle Koffer längst aus sämtlichen Nähten zu platzen drohte. (Insbesondere angesichts der akuten Menge an Schokolade, Kaffee – sowie kaffeeähnlichen Getränken – und musikalischen Hilfsmitteln. Easy hatte sogar an ihr Songschreibebuch gedacht.)

„Ich packe meinen Koffer und hinein lege ich...“, fuhr Bluey fort und wischte sich einige Schweißtropfen von der Stirn. „...das Lenkrad des teuflischen Wunderautos, zwei Pfund Vanille-Cappuccino, drei Eridiyenmesser...“ Er atmete tief durch und ratterte langsam die weiteren Inhalte herunter und umschiffte sicher die lauernden Schokosorten-Klippen (Nougatschokolade, Marzipanschokolade, Zartbitterschokolade, Vollmichschokolade, Chili-Schokolade, Nussschokolade...) . „...das teuflische Wunderauto, zwei Kupferzahnräder...“

„Halt, da sind drei drin!“, rief Jack sofort und klatschte in die Hände. Wright bestätigte das und jubelnd fiel Easy ihrer Zwillingsschwester um den Hals. Jack hatte gewonnen! Und damit war den Sorglospunks der Ausgleich gelungen. Alles hing jetzt von dem Ausgang des letzten Spiels ab!

Und das war...

„Torwandschießen!“, wie der metallische Weltallpolizist verkündete.

Fußball! Und wenn unsere drei eins bewiesen hatten, dann, dass sie im Tore schießen gar nicht so übel waren, hatten sie doch vor nicht allzu langer Zeit den stolzen zweiten Platz bei einem kleinen, lokalen Fußballturnier belegt...
 

Recht schnell hatte Metallkopf Wright mit seinen nahezu unglaublichen technischen Möglichkeit eine klassische Torwand regelrecht herbeigezaubert und aufgebaut.

Die Sache war recht einfach. Jeder Teilnehmer hatte sechs Schuss – drei für unten und drei für oben. Klassischerweise fing man unten mit den drei Versuchen an. Welche Mannschaft am Ende die meisten Treffer erzielt hatte, hatte gewonnen.

Simpel, aber effektiv.

Easy schnappte sich siegesgewiss als erste den Ball und sauste ab zur Linie. Fußball, das war’s doch! Sie fühlte sich schon wie Poldi bei einem wichtigen Elfmeter!

Doch wie es nicht anders sein konnte, semmelte sie den ersten Ball in den wolkigen deutschen Sommerspätnachmittagshimmel. Dafür saßen die nächsten beiden aber zielsicher in dem ausgesägten Loch. Nicht umsonst war sie schließlich Vizetorschützenkönigin geworden!

Als nächstes war Gelby an der Reihe, dem der Ball offenbar lag. Er legte auch zwei Treffer nach, wodurch wieder alles offen war.

Jetzt war es an Chris– und der war nun wirklich kein Ballkünstler. Entsprechend eine Nullrunde für die Sorglospunks. Bluey dagegen traf wenigstens einmal. Immerhin.

Und jetzt war Jack an der Runde. Das sorglose musikalische Multitalent war sichtlich nervös. Immerhin ging’s hier um etwas.

Aber sie tat es ihrer Schwester gleich – zwei von drei Schuss wurden sicher versenkt. Greeny dagegen lieferte eine komplette Nullnummer ab.

Damit kam jetzt nun das wirklich Schwierige an die Reihe, denn jeder, der sich einmal im Torwandschießen versucht hat, weiß ganz genau, dass es äußerst schwierig ist, oben zu treffen. Selbst den Fußballprofis gelingt das nicht immer. (Und Musen, die das aus lauter Fußballbegeisterung natürlich ausprobieren, noch viel weniger...)

Easy schlug sich jedoch recht tapfer. Nachdem der erste Schuss wieder in der Botanik verschwand, saßen die nächsten beiden. Damit hatte sie sich inoffiziell schon einmal den Ruf sorglospunkiges Fußballtalent verdient. Mindestens.

Gelby besaß bei den hohen Schüssen genauso viel Glück wie bei den tiefen. Nachdem der erste Ball genau auf die Wand knallte, als äußerst gefährliches Geschoss zurückkam, von unserem fliegenden Androiden Wright abprallte und knapp an mir vorbeisauste und meine Fußballfähnchen zum Flattern brachte, war seine Zielsicherheit wach geworden. Und das hieß, dass die Außerirdischen auch zwei Treffer verzeichnen durften. 6:5 stand es somit für die Sorglospunks.

Und dann war Chris an die Reihe. Jack stöhnte nur leise auf und vergrub das Gesicht in den Händen. Das konnte ja nix werden. Chris, seine Füße und ein Ball – das passte einfach nicht zusammen. Wenigstens nicht, was zielgerichtete Schüsse anging. So war es auch. Nullnummer für die Sorglospunks, dafür mehrfaches hektisches in Deckung gehen und Bällen ausweichen.

Bluey schlug sich besser. Er traf immerhin einmal.

Jack musste jetzt definitiv treffen, damit Greeny sie nicht sofort aus dem Rennen haute...

Sobald sie sich den Ball hingelegt hatte, schloss Jack die Augen. Still stand sie da und atmete tief durch. Dann zielte sie und schoss. Dreimal sicher verwandelt!

Easy und Chris flippten vor Begeisterung aus und zogen Jack in einen wilden Feier-Hüpf-Tanz, während Nifen stirnrunzelnd Greeny beobachtete. Von diesem hing alles.

Und Greeny konnte genauso wenig mit dem Ball anfangen wie Chris. Als sein erster Schuss daneben ging, war das Spiel gelaufen.

Die Sorglospunks feierten noch ausgelassener und Nifen lächelte zufrieden, während der kleine grüne Kerl auf dem Rasen zusammensank.

Die Erde würde weiterhin uns gehören! Uns – und damit war die Menschheit gemeint. Auch wenn diese nicht die leiseste Ahnung hatte, dass wir die Erde für sie gerettet hatten. Aber wer bekam so etwas schon mit?

„Sagt mal...“ Ich ließ meine Wolke neben den vier bunten Aliens runtergehen und reichte ihnen ein paar Taschentücher. Gelby schluchzte irgendetwas von „Was soll ich nur Mama sagen?“, während Greeny auch von Pinky nicht wirklich getröstet werden konnte. Nur Bluey wirkte einigermaßen ansprechbar. „Ist irgendetwas Seltsames passiert, als ihr euch der Erde genähert habt? So etwas wie spontane Computerprobleme?“

„Mhm...“ Blueys drei Antennen zuckten. „Jetzt, wo du das erwähnst... Eigentlich haben wir auf eine Stadt namens Washington zugehalten, aber als wir in den Orbit kamen, haben unsere technischen System versagt. Und außerdem hat der Computer auf einmal euch als Zielpersonen ausgespuckt.“

Ich stöhnte leise auf. Klar. Das konnte nur eine einzige Ursache haben. Aber vermutlich war das in diesem Fall sogar alles ganz gut gelaufen, denn man stelle sich nur mal vor, der amerikanische Präsident hätte auf diesem Wege die Erde verteidigen sollen... Dann wäre wohl alles verloren gewesen.

„Ich verstehe.“ Ich nickte dankend. „Kopf hoch. Ihr werdet einen anderen Planeten finden. Und ich glaube, Gelby hat es hier eh nicht so gut gefallen.“

„Ach, der ist immer so.“ Bluey zuckte die drei Schultern und tätschelte dem gelben Kerl den Kopf. „Im Prinzip ist er nur bei uns, weil seine Mutter wollte, dass ihr Sohn ein erfolgreicher Invasor wird. Dabei weiß doch jeder, dass Frauen dafür viel besser geeignet sind und Männer sich lieber um die Küche kümmern sollten. Deswegen ist er auch unser Küchenverantwortlicher. Damit er wenigstens etwas tut, worin er gut ist.“

Oha. Das warf gerade ein vollkommen neues Licht auf die vier. Drei Mädels, hm? Und da sollte mal noch einer sagen, dass Frauen harmlos waren.
 

Gemeinsam wanderten Sieger und Verlierer zurück zur Sorglospunks-WG. Dort lag schließlich noch immer das Raumschiff im Teich.

„Wann wollt ihr denn euren Auftritt bei uns machen?“, erkundigte sich Pinky bei Nifen. Jetzt, wo die Niederlage besiegelt war, war das pinkfarbene Alien auch nicht mehr so unleidlich wie zuvor.

„Nach dem EM-Finale“, erwiderte die Bandmanagerin mit einem kurzen Blick auf die drei Sorglospunks, die den drei anderen Außerirdischen gerade gleichzeitig die Grundregeln des Fußballs erklärten und nebenbei den EM-Modus einmischten. Die drei Fußballunkundigen schienen von dem munteren Geplapper so gar nichts mehr zu verstehen.

„Am besten kontaktierst du mich über Handy, okay?“

Pinky nickte und notierte sich die Nummer, während Nifen ihrerseits die Kontaktdaten des Aliens bekam. E-Mail ins All war angeblich kein Problem, da sich die Invasoren sowieso immer in die Computernetzwerke ihrer Opfer hackten und diese Verbindung von da an bestehen blieb. Wie ein Hintertürchen sozusagen.

Eine gute Stunde später gelang es den Aliens doch, sich von dem beinahe eroberten Planeten loszueisen und sich auf den Heimweg zum Planeten Sarms zu machen.

Und die Sorglospunks erwartete die Vorfreude das äußerst wichtige EM-Finale.

Und mich... Nun, mich erwartete in der Küche der Wohnung ein gewisser Kater.

Murphy saß dort und schaute Kiwi mit verklärtem Blick zu, wie sie besonders leckeres Futter aus dem WWWB-Markt in sich hineinstopfte – und das auf eine äußerst undamenhafte Art und Weise.

„Murphy, ich spreche zwar kein Kätzisch spreche, aber weiß ich ganz genau, dass du mich verstehen kannst. Wenn du das nächste Mal Kiwi besuchen kommen willst, kündige dich vorher an, okay? Dann rechnen wir wenigstens mit solchen Zwischenfällen, wie mit den Aliens. Du brauchst Chi ja nur sagen, dass sie eine kurze SMS schreiben soll – oder schreib von mir aus selbst eine. Es macht echt keinen Spaß, die Welt aus dem Stehgreif mal eben zu retten.“

Ich war mir nicht ganz sicher, aber fast schien es, als wenn Murphy mich angrinste. Vermutlich würde dieser Dämonenkater nicht tun, was ich ihm gesagt hatte. Sehr wahrscheinlich sogar nicht. Aber... jetzt hatte ich eine wunderbare Ausrede, um ihm ein paar Ideenblitze auf den schwarzen Pelz zu brennen, wenn er wieder auftauchte und erneut etwas schief ging...
 

Tja, und wie der Auftritt auf dem Planeten Sarms war? Das ist wiederum eine andere Geschichte, die ich euch ein anderes Mal erzählen werde...

Wir verlassen unsere Helden nun, wie sie auf dem Sofa sitzen und bei dem EM-Finale mitfiebern. Denn die Belohnung, die ist für diejenigen Helden, die niemals welche sein wollten und die nicht bemerkt werden, doch, dass ihr Leben so weitergeht wie zuvor. Und dass sich nichts daran ändert.



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