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100% Sorglospunks!

von

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Die Botschaft hinter dem Monsun

Die Tour war vorüber. Nicht, dass es eine große Tour gewesen wäre. Die Sorglospunks hatten schlichtweg alle möglichen Kneipen und sonstigen Lokalitäten im Schwabenländle abgeklappert, die aufstrebenden Nachwuchsbands eine Chance – und meist auch einen Haufen matschige Tomaten und nicht mehr ganz so frische Eier – boten, und waren nun wieder in die vertrauten vier Wände zurückgekehrt. Doch: Was jetzt?

Die Welt versank im Sommerloch, die Hitze drohte das Land vollkommen plattzumachen und eine kaum zu haltende, weil noch immer extrem aufgedrehte Band saß in ihrer Wohnung fest. Was also tun?

„Ihr habt Urlaub. Zwar können wir uns keine teure Reise leisten, aber dann macht ihr eben Urlaub auf Balkonien“, entschied Nifen.

„Toll, Urlaub!“, jubelte Easy und hopste begeistert auf und ab. Ihre Zwillingsschwester Jack sah die ganze Sache allerdings deutlich kritischer.

„Urlaub?“ Sie zog eine Augenbraue hoch.

„Ja, Urlaub, Jack-O.“ Chris grinste breit. Diesen Spitznamen hatte er Jack verpasst, nachdem sie auf eine heranrasende Tomate mit einem offenstehenden Mund reagiert hatte, der letztlich den Großteils des Gemüses aufgefangen hatte. „Was ist daran denn so schlimm?“

„Nenn mich nicht so!“, fauchte das musikalische Multitalent der Band auch schon zurück. „Urlaub, ja?“ Sie wirbelte herum und fixierte die Managerin erneut. „Eher ein Wir-haben-gerade-nichts-zu-tun, ja?“ Ein weiterer Funkelblick traf mich auf meiner Wolke, doch dieses Mal war ich wirklich unschuldig. Nifen hatte allein die Idee ausgeheckt, das Sommerloch der Sorglospunks als Urlaub zu bezeichnen.

Hey, und das war wirklich eine gute Idee.

„Haut euch in die Sonne, schreibt vielleicht einen neuen Song und genießt den Sommer.“ Nifen grinste breit, winkte noch einmal in die Runde und verdrückte sich, ehe Jack ihre schlechte Laune an ihr auslassen konnte.

„Au ja, legen wir uns in die Sonne!“, jubelte Easy, die Frontfrau der Band, und hopste auf das Sofa, davon herunter und über Kiwi hinweg Richtung Küche.

„Was willst du in der Küche, wenn du eigentlich nach draußen in die Sonne willst?“ Chris blickte ihr verwirrt nach.

„Eis mitnehmen!“, kam es lautstark aus Richtung Kühlschrank.
 

Eine knappe halbe Stunde später lag die Band einträchtig auf zwei großen Decken auf dem Rasen vor dem Haus und sonnte sich. Jack hatte sich ein gutes Buch geschnappt und schmökerte, Chris polierte seine Gitarre und Easy schlabberte ihr Eis und versuchte nebenbei ein VfB Stuttgart-Kreuzworträtsel zu lösen. War aber auch knifflig... Und ihre bettelnden Blicke zu mir brachten wirklich überhaupt nichts, weil ich absolut keine Ahnung von diesem Verein habe. Von Fußball generell ja, aber wenn es um das Spezialwissen über diverse Spieler ging, konnte ich dann nicht mehr wirklich weiterhelfen.

Das Radio dröhnte nebenbei und beschallte die in Ruhe liegende Nachbarschaft, aber die Menschen dort waren ja bereits anderes von der Band gewöhnt, daher beschwerte sich niemand.

„Ich muss durch den Monsun

Hinter die Welt, ans Ende der Zeit

Bis kein Regen mehr fällt

Gegen den Sturm, am Abgrund entlang

Und wenn ich nicht mehr kann, denk ich daran

Irgendwann laufen wir zusamm'

Durch den Monsun, dann wird alles gut“

Tokio Hotel dröhnte durch die ruhige Vorstadtstraße und brachte Jack dazu, missmutig das Gesicht zu verziehen. Sie teilte Easys Begeisterung für den Frontsänger der Teenieband absolut nicht. Wenigstens war Easy noch weit davon entfernt, zu einem Fangirl zu mutieren.

„Hey, da steckt ne geheime Botschaft in dem Lied!“ Easy riss den Kopf hoch und legte ihn schräg. „Durch den Monsun, hinter die Welt, ans Ende der Zeit...“

„Was?“ Chris ließ das Poliermittel sinken und starrte Easy an. Jack blickte ebenfalls verdattert auf.

„Klar. Hörst du das nicht? Das ist ne Aufforderung, durch den Monsun ans Ende der Welt zu gehen!“

„Du spinnst!“ Jack schüttelte den Kopf und vertiefte sich wieder in ihre Lektüre. Wenigstens versuchte sie es.

„Nein, gar nicht!“ Easy sprang auf und drehte die Lautstärke höher. „Hör hin!“

„Ich muss durch den Monsun

Hinter die Welt, ans Ende der Zeit

Bis kein Regen mehr fällt

Gegen den Sturm, am Abgrund entlang

Und wenn ich nicht mehr kann, denk ich daran

Irgendwann laufen wir zusamm'

Durch den Monsun, dann wird alles gut“

„Äh... Ja, und?“ Chris zuckte mit den Achseln.

„Himmel, alles wird gut, wenn wir das Ende der Welt erreichen! Da finden wir alles, was wir haben wollen! Wir können dann auch endlich berühmt sein und werden so im Radio gespielt!“ Easy hibbelte trotz der Hitze unruhig herum.

„Na ja, Regen wäre schon nett...“ Jack seufzte und klappte das Buch zu. Am besten ließ man sich bereits jetzt auf diese dämliche Sache ein, dann funktionierte das alles schon irgendwie und sie waren vielleicht vor dem Abendessen wieder zuhause...

„Pack den MP3-Player ein, Easy, Chris, leg die Gitarre weg, wir finden raus, was das heißt.“

„Au ja!“ Easy jubelte und rannte bereits rein, um ihre tragbare Musikuntermalung einzustecken – natürlich nicht, ohne sich vorher zu versichern, dass dieses Lied auch wirklich dort drauf war.
 

Keine zehn Minuten später brach die Band auf, wenn auch nicht so wirklich zielgerichtet. Jack hatte mich zuvor noch angepflaumt, warum ich Easy immer solche Flausen in den Kopf setzen würde, aber ich konnte wirklich nichts dazu. Ich hatte darüber gegrübelt, wer in den fünfziger Jahren Torwart des VfB Stuttgart gewesen war – und meine Ideenblitze waren alle ganz artig angeschnallt gewesen. Ergo: Ich war unschuldig. Easy brauchte schließlich keine Muse, um Unsinn auszuhecken. Das gelang ihr auch so ganz gut.

Eine halbe Stunde später, nachdem sämtliche Passanten, Taxi- und Busfahrer nach dem Weg zum Monsun und ans Ende der Welt gefragt worden waren, machte sich die Band wieder auf den Weg Richtung heimischer Garten.

„Wir müssen anders vorgehen“, sagte Chris entschieden. „Logisch.“

„Oh, du sprichst von Logik?“ Jack grinste süffisant.

„Hey, dann mach du doch, Jack-O!“, fauchte der Gitarrist zurück. Ihm war heiß, er hatte Durst und er fand die ganze Idee absolut bescheuert. Easy allerdings war Feuer und Flamme und ehe sie sich allein ins Abenteuer stürzte, war es doch sinnvoller, sie zu begleiten.

„Wir schnappen uns den Songtext und arbeiten uns durch. Was sollten wir denn sonst tun?“, gab Jack großkotzig zurück, schmiss den Rechner an und suchte per Google die nächste Tokio Hotel-Fansite.

„Okay... Also los.” Sie beugte sich vor den Monitor, Chris und Easy schauten ihr begierig über die Schulter.

Das Fenster öffnet sich nicht mehr

Hier drin ist es voll von dir und leer

Und vor mir geht die letzte Kerze aus

Ich warte schon ne Ewigkeit

Endlich ist es jetzt soweit

Da draußen ziehn die schwarzen Wolken auf

„Und, und, und, und, und?“, hibbelte Easy, während Chris hilflos die Augen rollte.

„Netter Text, schön mysteriös für Teenies, aber sonst...“ Er zuckte die Schultern.

„Mhm...“, machte Jack. „Mhm...“

„Warum machen wir das nicht einfach nach? Wir sorgen dafür, dass ein Fenster nicht mehr aufgeht, und zünden eine Kerze an, die dann ausgeht“, fragte Easy vollkommen naiv.

Die beiden anderen sahen sie und grinsten dann. „Klar. Probieren wir es aus.“

Drei Minuten später war ein Fenster so verrammelt, dass sich die Griffe unmöglich bewegen lassen würden, ohne das dicke Klebeband vorher mühsam abzufummeln. Die drei hockten sich davor und beobachteten einen kleinen brennenden Kerzenstummel, der tatsächlich die letzte Kerze im Sorglospunkshaushalt war. Kiwi hatte die anderen zu Wachsschnipseln verarbeitet.

Nun saßen sie dort und warteten. Und warteten und warteten und warteten.

Gerade als die drei dabei waren, einzunicken, zischte es leise und die Kerzenflamme erlosch.

Drei Augenpaare richteten sich auf das Fenster und sahen dort mit offenem Mund, wie schwarze Wolken über den Horizont rasten. Die dunkle Wolkenwand kam immer näher und türmte sich bedrohlich über den netten Vorstadthäusern auf.

„Wow!“ Easy klebte schon an der Fensterscheibe.

„Wahnsinn...“, murmelte Chris leise.

„Unheimlich“, fügte Jack hinzu.

„Und jetzt?“ Easy wirbelte herum und sah die beiden an. „Wie geht es weiter?“

Sie sprinteten zum Computer zurück, lasen die nächste Strophe.

Ein halber Mond versinkt vor mir

War der eben noch bei dir?

Und hält er wirklich was er mir verspricht?

Ich weiß, dass ich dich finden kann

Hör deinen Namen im Orkan

Ich glaub, noch mehr dran glauben kann ich nicht

„Wie soll man denn bei dem Sauwetter noch nen halben Mond sehen?“ Jack schüttelte den Kopf. „Vollkommen unlogisch!“

„Ja...“ Easy ließ den Kopf hängen. Vollkommen unlogisch und unmöglich. Wie dumm... So würden sie nie den Weg zum Ende der Welt finden...

„Hey!“ Chris grinste und schnappte sich eine Taschenlampe. „Schaut auf die Wand!“

Die beiden Schwestern taten, was er sagte und sahen fasziniert zu, wie ein halber Mond auf der Wand erschien. „Genial!“

„Fenster auf, Fenster auf!“, schrie Easy kurz darauf. „Wir müssen den Wind hören!“

Die drei stürzten zum Fenster und unter lautem Fluchen riss Chris das Klebeband ab und das Fenster auf. Die starke Windböe riss die drei von den Füßen und ließ sie rücklings auf den Teppich krachen.

Wind heulte.

„Da, ich hab’s gehört!“ Easys Stimme war in dem Sturm kaum zu verstehen. „Er hat Sorglospunks gerufen! Ich habe es ganz genau gehört!“

„Wie geht es weiter?“ Chris sah Jack an, die sich zu dem Monitor durchkämpfte.

„Ich kämpf mich

Durch die Mächte hinter dieser Tür

Werde sie besiegen

Und dann führn sie mich zu dir

Dann wird alles gut

Dann wird alles gut

Wird alles gut

Alles gut!“, brüllte sie durch den Wind zu den beiden anderen sorglosen Punks herüber.

„Wir müssen raus!“, rief Easy zurück.

„Und dann?“ Chris sah wieder zu Jack.

„Ich muss durch den Monsun

Hinter die Welt, ans Ende der Zeit

Bis kein Regen mehr fällt

Gegen den Sturm, am Abgrund entlang

Und wenn ich nicht mehr kann denk ich daran

Irgendwann laufen wir zusamm'

Weil uns einfach nichts mehr halten kann

Durch den Monsun

Durch den Monsun

Dann wird alles gut!“, zitierte Jack.

Also raus und durch den Regen. Bei dem Wetter... Nun, das würde interessant werden. Schön, dass Musen Entitäten sind, die einen Mist auf das Wetter geben können. Mir würde der Regen nicht zu schaffen machen, dem Rest allerdings... Easy war schon aus der Tür und rannte los, Jack war ihr dicht auf den Fersen und Chris dachte immerhin daran, den Haustürschlüssel mitzunehmen und die Tür nach sich zuziehen. An eine Regenjacke oder einen Schirm dachte natürlich keiner der drei. Hätte mich aber auch ernsthaft überrascht.
 

Die drei Sorglospunks rannten durch einen Regen, bei dem man die Hand vor Augen kaum noch sehen konnte. Er fiel so dicht, dass er einem schier die Luft zum Atmen nahm. Wasser war überall und die drei waren innerhalb eine Sekundenbruchteils vollkommen durchweicht. Da hätten wohl auch Schirm und Jacke kaum etwas genützt, wie ich einräumen musste.

Wenigstens war es immer noch warm und nicht kalt. Ansonsten hätte ich Nifen vermutlich gleich die Eingebung eines spontanen Krankenbesuchs geben können...

Der Regen rauschte, der Wind peitschte ihnen erbarmungslos entgegen, dazu die Hitze und das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Man konnte die eigenen Gedanken gar nicht mehr hören.

Easy keuchte leise vor sich hin und lief weiter. Jack hatte ihr nasses T-Shirt am Saum gepackt und taumelte mehr, als dass sie lief, hinter ihrer Schwester her. Chris hatte sie wiederum ihre andere Hand gereicht, damit sie sich nicht verloren. Irgendwie... veränderte sich alles um sie herum. Das hier schien nicht mehr ihre normale Stadt zu sein. Das hier wurde jetzt langsam zu etwas anderem. Etwas vollkommen anderem. Es wurde unheimlich.

Und dann hörte der Regen auf einmal auf. Jack riss Easy im letzten Moment zurück, ehe sie blinzelnd ob der plötzlichen Helligkeit den Abgrund herunterfallen konnte, der sich plötzlich vor ihnen auftat.

Strahlend blauer Himmel spannte sich vor ihnen über den Horizont – dahinter lag nächtliche Schwärze, in der einzelne Sterne glitzerten. Easy blickte nach unten.

„Oh.“ Donnernde Wassermassen schossen um das kleine Kliff herum und über eine Kante hinab in die Unendlichkeit.

„Sieht nach dem Ende der Welt aus.“ Chris sah sich um. Die Regenwolken hatten sich etwas zurückgezogen, aber verhinderten einen weiteren Blick auf den Weg, den sie zurückgelegt hatten. Eine dichte Regenwand war das einzige, was er dort sehen konnte.

„Ziemlich.“ Jack nickte und blickte sich ebenfalls neugierig um. „Und jetzt?“

„Na, jetzt wird alles gut!“ Easy strahlte in die Runde.

„Äh... Ja...“ Jack zuckte die Achseln. Toll, da hatten sie das Ende der Welt erreicht und jetzt keinen Plan, was sie hier machen sollten, damit wirklich alles gut wurde. Das verriet dieses dämliche Lied nämlich nicht!

„Ah, da seid ihr ja. Ich wusste doch, dass ihr meinen Hinweis verstehen würdet“, sagte plötzliche eine nur allzu vertraute Stimme hinter den dreien. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, hatte ich doch schon lange vermutet, wer hinter dieser Schnitzeljagd steckte. Es gab schließlich nur einen, der eine solche Art von Humor besaß.

„Chiiiiii!“ Easy quietschte begeistert auf und fiel dem Teufel um den Hals.

„Vorsicht mit den Flügeln“, sagte Chibichi, der leibhaftige Teufel, nachsichtig. Auch wenn sie eindeutig weiblich war, war sie doch der Teufel. Das war eine Sache des Rufs und des Managements, wie sie mir mal gesteckt hatte.

„Und warum hast du uns dieses Puzzle beschert?“ Jack blickte den Teufel skeptisch an. Zwar hatte Chibichi ihnen schon manchmal ein paar nette Auftritt beschert, aber das hier...

„Nun, hier gibt es schon einige Leute, die euch gerne mal hören würden. Allerdings... ist es zu eurer Zeit nicht unbedingt allen immer möglich, sich Zeit für ein Konzert zu nehmen, also habe ich euch mit einem kleinen Trick teuflischer Kräfte hergebracht.“

Ich runzelte die Stirn. Klar... Ein magischer Vorhang aus Regen um zu verhindern, dass die drei bemerkten, was genau mit ihnen geschah. Sehr geschickt. Ich nickte anerkennend. Wirklich sehr geschickt. Gerade Regen war ja etwas, was man nicht unbedingt vom Teufel erwartete.

„Das heißt?“ Chris kratzte sich verwirrt den nassen Haarschopf.

„Ihr seid durch die Zeit gelaufen. Ans Ende der Zeit, genauer gesagt. Das hier ist das Ende der Welt und das Ende der Zeit“, erklärte Chibichi.

„Hä?“ Easy verstand gar nichts mehr.

Dem Teufel war anzusehen, dass es ihr äußerst schwer fiel, noch einen Gang weiter runterzuschalten. „Also, ihr habt eine Zeitreise gemacht, während ihr durch den Monsun gelaufen seid. Ihr seid an das Ende der Zeit gelaufen, denn hier wird die Zeit enden und nur noch die Ewigkeit verbleibt. Außerdem seid ihr gleichzeitig ans Ende der Welt gelaufen. Dieser Ort ist hier. Und gleichzeitig ist es ein Zeitpunkt, denn die Welt hört hier auf zu sein. Klar soweit?“

Chris und Jack nickte und auch Easy bewegte den Kopf langsam auf und ab.

„Und wer will uns hier hören?“, griff Jack die praktischen Dinge gleich wieder auf.

„Alle.“ Chibichi grinste breit. „Einfach alle.“

„Kannst du dich ein klein wenig präziser ausdrücken?“, hakte Chris nach und runzelte die Stirn. Er kapierte noch immer nicht alles.

„Ach, kommt einfach mit.“ Chibichi ging mit wehenden Flügeln voran und die Band folgte ihr neugierig.

Schon nach ein paar Wegesminuten erreichten sie ein kleines Amphitheater. Sobald sie es betreten hatten, brach auf den Rängen regelrecht die Hölle los – und der Himmel gleichermaßen.

Mit offenem Mund starrten die drei Sorglospunks ihre Zuschauer an. Dort saßen Dämonen, Imps und Feuergeister friedlich neben Engeln, Erzengeln, Wolkenelementen, Feen und Göttern. Zeus warf einen Blitz in die Luft, als er die Sorglospunks erscheinen sah, und Thor ließ begeistert einen Donnerschlag los. Der Sonnengott Ra schickte ein Aufgleißen der Sonne, während die Katzengöttin Bast huldvoll nickte. Die Erdgöttin Urasch und der Himmelsgott An unterbrachen kurz ihre Turtelei, um uns zuzujubeln. Virachonta sprang auf und wedelte begeistert mit beiden Händen, um auch ja einen kurzen Augenblick der Beachtung zu finden. Bishamon schnippte kurz mit den Fingern und als Zeichen seiner Wohlgesonnenheit sprossen auf einmal vierblättrige Kleeblätter um die Band herum aus dem Boden. Kali klatschte in ihre acht Hände und schuf damit schon allein einen ganz einzigartigen Effekt.

Die drei berühmtesten Erzengel, Michael, Gabriel und Raphael, erhoben sich und zogen ihre Feuerschwerter als Zeichen des Respekts. Luzifer, der gefallene Lichtbringer, der stets mit dem Teufel verwechselt wurde, schenkte uns einen Regen aus leuchtenden Sternen.

Selbst meine Musenkolleginnen waren da und warfen mir neidvolle Blicke zu. Auf einmal wollte jede von ihnen an meiner Stelle sein, obwohl sie sich alle ursprünglich davor gedrückt hatten, diesen Auftrag zu übernehmen, und ich als einzige bereit gewesen war, dieses Risiko einzugehen. Verdammt, das schmeichelte dem Ego wirklich.

Chibichi klatschte in die Hände und schlagartig wurde es still. Aus dem Nichts erschienen die Instrumente und das sonstige Equipment der Band. Jetzt machte ich auch Nifen in der ersten Reihe zwischen Luzifer und Raphael aus. Sie grinste über das ganze Gesicht.

„Und nun werden wir dem langerwarteten Konzert der Sorglospunks lauschen!“

Damit war die Bühne frei für die Band. Und sie legte mit Begeisterung los. Erst die beiden Bandhymnen, dann das gesamte Repertoire an Songs, das sie bisher aufzubieten hatten.

„Und jetzt, nur für euch – ein neuer Song!“

Ich grinste breit, während Chris und Jack sich innerlich auf die übliche Spontaninterpretation einstellten. Die Ideenblitze sausten nur so aus meinen Händen, während Easy die Hände fester ums Mikro legte und dann sang.
 

„Wir haben das Fenster geschlossen, die Kerze entzündet.

Wir haben gewartet, bis sie erlosch.

Wir haben die Wolken aufziehen sehn,

Ganz dunkel und ganz schwarz.
 

Einen halben Mond hat die Taschenlampe gemacht.

Wir haben ihn sinken sehn.

Wir haben den Wind eingelassen und ihn unsern Namen brüllen hören:

Sorglospunks!
 

Wir haben uns gekämpft

mitten durch den Monsun.

Gegen den Wind, gegen den Regen,

Ohne Sicht und ohne Luft!
 

Und jetzt sind wir hier!

Am Ende der Welt, am Ende der Zeit

und rocken die Welt!

Wir rocken die Welt!
 

Denn wir sind Sorglospunks!

Wir sind immer da!

Hinter dem Ende der Welt,

am Ende der Zeit

bis in alle Ewigkeit!“
 

„Ja, wir rocken die Welt!“, rief Easy und fuhr aus dem Schlaf hoch.

„Was?“ Jack schaute sie irritiert an.

„Wie...? Was...? Wir waren doch gerade noch am Ende der Welt.“ Easy schleckte verwirrt ihre eisverklebten Finger ab.

„Du hast gepennt, Easy“, sagte Chris trocken.

„Oh. Also keine geheime Botschaft in ‚Durch den Monsun’?“ Enttäuscht zog sie einen Flunsch.

„Quark.“ Jack schüttelte den Kopf. „Das haben sie zum Glück noch gar nicht gespielt.“

„Schade...“ Easy seufzte tief und versenkte sich wieder in ihr VfB Stuttgart-Rätsel. Die Enttäuschung war ihr nur zu deutlich anzusehen. Doch dann ließ sie das Rätsel plötzlich Rätsel sein und notierte hektisch den Text für das Weltendelied. Das war zumindest vollkommen real!
 

„Sie tut mir Leid“, murmelte ich leise und sah zu dem Teufel, der in geschrumpften Unsichtbarkeitszustand neben mir auf der Wolke saß.

„Mir doch auch.“ Chibichi seufzte ebenfalls. „Aber noch würden die drei diesen Erfolg nicht verkraften. Oder meinst du, ihnen würden Menschen auf Dauer als Publikum reichen, wenn sie Götter, Engel und Dämonen begeistern konnten?“

Ich dachte an Aphrodite, die sich als Chris-Groupie erwiesen hatte, an Easy heftigen Flirt mit Erzengel Raphael und Jacks Diskussion mit Freya, Hera und Bast. „Nein, wohl nicht. Jetzt freuen sie sich wenigstens über jedes Publikum.“

„Eben.“ Chibichi grinste. „Und wir wissen, dass sie Götter, Engel, Dämonen und all die anderen zum Tanzen bringen können.“

Ich lächelte und prostete ihr stillschweigend mit meinem Eistee zu.



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