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Tajemnica

von

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Nach so langer Zeit...

Heyho!

Ich habe endlich einen Titel gefunden!

Ich warte schon seit Wochen darauf, Tajemnica online zu stellen. Ich habe schon etliche Freunde nach Ideen gefragt und so manche langweilige mathestunde darüber nachgegrübelt. Aber jetzt endlich ist mir diese Idee gekommen. Der Titel ist so schlicht und einfach und trotzdem einfach nur passend!

Außerdem klingt Tajemnica doch richtig schön...
 

Ich möchte hiermit darauf hinweisen, dass die Fanfiction nicht so ernst wird, wie man am Anfang aufgrund der Themen denken würde. Es hat zwar eine ernste Handlung, aber die Charaktere sind dennoch ab und an durchaus albern gestimmt (zumindest an manchen Stellen). Aber da außer der Dialogen wohl nichts humorvoll ist, fände ich es blöd, es unter Humor einzustufen.
 

Ursprünglich wollte ich die Fanfiction mit meinem Bruder zusammen schreiben, aber der hat sich nach der Planung von etwa zwei Kapiteln als äußerst kontraproduktiv erwiesen. Die Ideen vom Anfang stammen von uns beiden, auch der Verbleib der Charaktere. Allerdings kam dann Lorraine (lest ihre FFs!!) ins Spiel und hat mit mir weitergeplant. Die Kapitel sind zwar komplett von mir geschrieben, aber ohne Lorraines klugen Kopf wäre es nicht sehr gut geworden...
 

Der Prolog ist (zumindest bis jetzt) bei weitem der längste Teil der Fanfiction, weil ich einen Einblick in das Leben sämtlicher Hauptcharaktere gebe (bis auf Tala - der ist zwar Hauptcharakter, hat aber keine eigene Einführung). Naja, die folgenden Kapiel sind aber trotzdem länger als meine kapitel für gewöhnlich sind...
 

So, das war jetzt genug der Vorreden!

Viel Spaß beim Lesen!!
 

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Nervös wischte Tyson seine Hände an seiner Hose ab. Er trank einen Schluck seines Weins und überprüfte noch ein letztes Mal den Inhalt der Tasche seines Jacketts. Die kleine, schwarze Schachtel war noch da – genau wie vor zwei Minuten, als er sie das letzte Mal ertastet hatte.

Schnell legte er seine Hände wieder auf den Tisch und sah etwas ungeduldig zur Tür der Damentoilette. Er wartete nun schon unendlich lange. Zumindest kam ihm das so vor.

Nun erfühlte er doch noch einmal die kleine Schachtel. Ja, sie war noch da. Immer noch.

Er trank einen weiteren Schluck, als sich endlich die Tür öffnete.

Eine schwarzhaarige Frau mittleren Alters in einem weinroten, eleganten Kleid kam heraus und setzte sich an einen Tisch in der Nähe.

Tyson blickte schnell wieder den Tisch an.

Es war ihm ein wenig peinlich, ständig die Damentoilette zu fixieren. Immerhin war er hier in einem piekfeinen Restaurant – was sollten die anderen Gäste von ihm denken?

Dennoch wagte er einen letzten kurzen Blick...

Da kam sie...

Sie hatte rotblonde Haare, die sie in einer eleganten Hochsteckfrisur trug. Ihr dunkelblaues, figurbetontes Kleid harmonierte perfekt mit ihren sanften Augen. Und ihr Lächeln war... unbeschreiblich.

„Alissa“, lächelte er glücklich und stand auf, um den Stuhl für sie zurecht zu rücken.

„Danke, Tyson“, sagte sie etwas verlegen und blickte peinlich berührt das Tischtuch an.

Er setzte sich wieder ihr gegenüber und holte tief Luft, um es endlich hinter sich zu bringen. Als er jedoch ihren scheuen Augen begegnete, verließ ihn wieder der Mut und er schaute etwas unbehaglich sein Weinglas an. Alles was er jetzt brauchte, war ein bisschen Courage. Was konnte schon großartig passieren?

Sie trank einen Schluck Wein und blickte dann auf ihre schlanken, hübschen Hände hinunter. Etwas schien sie zu bedrücken. So schüchtern kannte Tyson sie gar nicht...

Er blickte sich etwas hilflos um.

Die gut gekleideten Gäste des Restaurant unterhielten sich in leisem Ton. Gelacht wurde nirgendwo. Es war eine höfliche, aber etwas kühle Atmosphäre. Vielleicht hätte er sich einen anderen Ort aussuchen sollen. Vielleicht fühlte sich Alissa nicht wohl hier.

Er holte abermals tief Luft.

„Ich muss dir etwas sagen.“

Überrascht sah er in die blauen Augen seiner Freundin, die zeitgleich mit ihm gesprochen hatte.

Sie lächelte schwach. „Fang du an“, bat sie.

„Nein, du kannst anfangen“, bot er ihr an.

„Nein, mach du.“ Sie strich ihr Kleid glatt.

Tyson beschloss, dass sie so niemals weiterkommen würde, weshalb er sich ein Herz fasste und die Schachtel aus seinem Jackett zog. Er hielt sie unter dem Tisch versteckt und sagte mit gefasster Stimme: „Alissa, wir sind jetzt schon seit vier Jahren zusammen und... und ich liebe dich wirklich sehr.“ Er schluckte, bevor er weitersprach: „Und bisher hatten wir ja auch nie Probleme miteinander und... Naja...“ Er geriet leicht ins Straucheln. Sein schöner, geübter Text war schon vor etwa einer halben Stunde aus seinem Gedächtnis verschwunden. Alissa sah ihn fragend an, weshalb Tyson nun die Schachtel hochholte und öffnete. „Willst du mich heiraten?“

Sie starrte ihn einen Moment lang ungläubig an. Dann plötzlich strahlte sie und hauchte atemlos: „Ja, ich will!“

Tyson spürte, wie sein Herz langsamer und regulierter schlug und sämtliche Nervosität verschwand. Sie hatte „Ja“ gesagt! Sie wollte ihn wirklich heiraten!!

Er nahm den silbernen Ring aus der Schachtel und streifte ihn etwas ungeschickt über den Ringfinger ihrer linken Hand. Sie strahlte noch immer und ihre wundervollen Augen funkelten ihn überglücklich an.

„Ich liebe dich“, sagte sie, als der Ring an der richtigen Stelle saß und sie ihre Fassung wiedergewonnen hatte. „Und...“ Sie atmete ebenfalls tief aus und ein, bevor sie mit fester Stimme sagte: „Tyson, ich bin schwanger.“

Nun war er es, der sie ungläubig ansah. „Du bist.. schwanger?“, wiederholte er verblüfft.

Sie nickte lächelnd. „Ja, im vierten Monat.“ Sie machte eine kurzer Kunstpause. „Stell dir vor, Tyson, wir werden Eltern!“

„Das ist...“ Auf einmal fühlte er sich wie vor dem Antrag. Er sollte Vater werden! Vater! Seine Freundin, nein, Verlobte würde sein Kind austragen und... Sie würden eine richtige Familie sein! „Alissa“, sagte er leise. „Das ist... unglaublich.“

„Ja, nicht wahr?“ Sie strahlte.

Auf einmal war es ihm egal, was die Leute um sie herum dachten. Er beugte sich über den kleinen Tisch zu seiner Freundin und küsste sie glücklich auf ihre weichen Lippen.

In diesem Moment spürte er, dass er der wohl glücklichste Mann der Welt sein musste...
 

„Dann feuern Sie eben vier der Angestellten“, sagte Kai kühl. „Bevor die Einnahmen der Schadensregulierung ins Minus gehen. Ja, das ist mein Ernst.“ Er hielt kurz mit seiner zweiten Beschäftigung inne. „Sollte ich den Gouverneur mit seinem Namen anreden oder mit Herr Gouverneur?“ Er klemmte das Telefon zwischen Schulter und Kopf und stand auf, um ein eingehendes Fax entgegenzunehmen. „Ich schreibe gerade die Einladungen für das Dinner“, erklärte er seiner Gesprächspartnerin und legte das Fax auf seinen Schreibtisch. „Ich habe doch gesagt, dass Sie sie feuern sollen. Die finden schon irgendwo einen anderen Job... Wie ? Nein, ich habe doch eindeutig gesagt: Feuern! Wenn Sie möchten, kann ich auch Ihren Arbeitsplatz streichen, um Geld einzusparen... Jaja, Sie können den vier ehemaligen Angestellten gerne eine Empfehlung von uns geben.“ Er setzte sich wieder und tippte weiter. Dann löschte er den Inhalt des Briefes aus seinem Textprogramm. „Nein, ich ändere meine Meinung nicht. Ich habe zu tun. Bis dann.“ Er legte den Hörer einfach auf, ohne ihre Erwiderung abzuwarten. Dann drückte er zwei Tasten, um seine Sekretärin, die im Vorzimmer seines geräumigen Büros saß und arbeitete, anzurufen.

„Mr Hiwatari?“, fragte sie freundlich.

„Alana“, grüßte er sie ein wenig hitzig, „hast du noch Zeit, die Einladungen für das Dinner rauszuschicken?“ Er überflog zufrieden das Fax. „Dann nimm sie dir gefälligst! Die Gästeliste hast du ja.“ Er lochte das Fax und heftete es dann in einen roten Ordner. „Woher soll ich denn wissen, wie man solche Spießer zu einem Dinner einlädt? Du kennst dich da besser aus.“ Er setzte sich einen Moment lang verschnaufend auf seinen Sessel. „Dann informier' dich gefälligst!“ Er legte wieder auf und schloss einen Moment lang seine Augen. Was für eine Hektik! Und was für stümperhafte Angestellte! Ohne ihn wäre die BioVolt schon längst bankrott gegangen...

Als das Beybladen als Sport in der Beliebtheit stark hatte einbüßen müssen, war das Unternehmen seines Großvaters beinahe verarmt. Doch Kai hatte es geschafft, sich und die BioVolt wieder nach oben zu arbeiten. Die meisten seiner Einnahmen machte er an der Börse. Er war der geborene Spekulant. Allerdings unterhielt die BioVolt auch etliche Firmen und Fabriken.

Kai war der typische Großunternehmer.

Er arbeitete hart und viel. Sein Privatleben stand immer erst an zweiter oder dritter Stelle.

Plötzlich klingelte das Telefon. Er hob ab. Auf dem Display hatte er sehen können, dass seine Sekretärin angerufen hatte. „Ja?“, fragte er etwas verärgert darüber, dass sie die ersten zwei Minuten, die er heute nichts getan hatte, gestört hatte. „Dann stell sie durch.“ Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Hallo, Jelena. Ja, ich habe dich nicht vergessen. Nein, heute habe ich keine Zeit. In den nächsten Wochen auch nicht...“ Er nahm seinen Terminkalender in die Hand und blätterte ein wenig gelangweilt darin herum. Mit Jelena hatte er sich erst vor drei Tagen vergnügt, weshalb er lieber etwas Zeit vergehen lassen wollte, bevor er sie wieder traf. Er gestaltete sein Liebesleben lieber abwechslungsreich, was die meisten seiner Frauen stumm in Kauf nahmen. Sie wussten schließlich, auf wen sie sich mit ihm einließen... „In eineinhalb Monaten“, schlug er schließlich vor, als er einen Tag, an dem er erst drei Termine haben würde, gefunden hatte. „Ja, der 27. Du kannst? Gut, dann darfst du um 22 Uhr vorbeikommen. Ja, tschüss.“ Er hatte zwar einen freundlichen Ton in seine Stimme gelegt, jedoch nicht dabei gelächelt. Er konnte gut heucheln. Besonders am Telefon.

Als er das Telefon wieder weggelegt hatte, überlegte er einen kurzen Moment. Hatte er für heute schon eine Verabredung?

Er blätterte in seinem Kalender auf den heutigen Tag, doch da stand nichts.

Dafür würde er morgen gleich zwei Frauen treffen.

Zufriedenstellend.
 

„Und damit haben Sie 500 000 $ gewonnen!“, strahlte Michael den glatzköpfigen Kandidaten an. „Da wird sich Ihre Frau aber freuen!“ Er zwinkerte dem Mann schelmisch zu, was die im Publikum sitzenden Frauen zum Kichern anregte.

„Naja, denke ich auch“, murmelte der Angesprochene und wischte sich mit dem Ärmel seines Pullovers den Schweiß von der Stirn.

„Sie Glücklicher“, lachte Michael. „Meine würde mich töten, wenn ich nicht die Millionen holen würde!“ Er grinste breit. „Sind Sie bereit für die letzte und entscheidende Frage?“

„Ja, bin ich“, sagte der Mann aufgeregt.

„Okay, die Frage...“ Ein Gong ertönte. Michael zuckte seufzend mit den Schultern. „Es tut mir Leid, aber unsere Sendung ist für heute leider beendet!“

„Oh“, machte der Kandidat.

Michael stand von seinem Quizmaster-Stuhl auf und sagte gut gelaunt in die Kamera: „Schalten Sie morgen wieder ein, wenn Mr Black um die Millionen spielt!“ Er winkte den Kandidaten zu sich und verbeugte sich scherzhaft erst vor der Kamera, dann vor dem Publikum und dann wieder vor der Kamera. „Hasta la vista!“

Als der Kameramann ihm das Zeichen gab, lockerte sich Michaels strahlender Gesichtsausdruck sofort, doch ein zufriedenes Lächeln blieb ihm. Er verabschiedete sich von dem Kandidaten, der sichtlich enttäuscht war, dass er erst morgen die letzte Frage beantworten konnte.

Michael winkte noch einmal dem Publikum, das langsam das Studio verließ, zu und ging dann durch eine Seitentür in einen angrenzenden, kleinen Raum, wo eine Frau und ein junges, rothaariges Mädchen mit Sommersprossen auf einer Couch saßen und scheinbar auf ihn warteten.

„Sara“, lächelte er fröhlich seine Frau an.

„Michael!“, sagte sie beleidigt. „Warum musst du im Fernsehen immer solche Dinge über mich sagen?“Sie stand auf und baute sich imposant vor ihm auf. „Was sollen die Leute denn von mir denken?“

Er grinste breit und umarmte sie. „Och, Kleines, schmoll' doch nicht“, neckte er sie. „Ich sage das doch nur, damit niemand auf die Idee kommen würde, dich mir auszuspannen!“ Er küsste sie sanft, was durch ein lautes „Buäääh“ unterbrochen wurde. Überrascht schielte er das kleine Mädchen an.

„Ihr sollt euch nicht immer küssen“, beschwerte sie sich. „Das ist ekelhaft!!“

Sara löste sich sofort verlegen aus Michaels Umarmung und setzte sich wieder neben ihre Tochter. Ihr war deutlich anzusehen, dass sie es bedauerte, dass die Kleine trotz ihres jungen Alters schon Anstandsdame spielte...

„Daddy“, frohlockte sie nun. „Weißt du was?“

„Noch nicht.“ Er ging in die Hocke.

„Ich habe ein A in Sport!“, strahlte sie. „Und ich bin ins Volleyballteam gewählt worden! Ich spiele jetzt bei den Flöhen mit!“ Stolz nickte sie.

„Bei den Flöhen?“, wiederholte Michael amüsiert.

„Die Erst- und Zweitklässermannschaft nennt sich so“, sagte Sara eindringlich. „Sei stolz darauf, dass Lisa es in die Mannschaft geschafft hat!“

„Bin ich doch“, verteidigte sich der Mann und hob seine Tochter hoch, um sie in den Arm zu nehmen. „Ich bin superstolz auf die Kröte... Nein, den Floh.“ Er lachte wieder.

„Können wir jetzt nach Hause fahren?“, fragte Sara und sah auf die Uhr. „Ich lasse Jolie nicht gerne so lange bei Mrs Hannigan allein. Sie kriegt da zu viele Kekse, das verwöhnt sie nur!“

„Klar.“ Mit der Tochter auf dem Arm und seiner Frau an der Hand verließt Michael das Studio.
 

„Herzlichen Glückwunsch, Mr McGregor.“ Der ältere Mann im vornehmen Anzug schüttelte Johnny stolz lächelnd die Hand. „Sie waren wie immer perfekt. Keiner führt so gefährliche Kreuzverhöre wie Sie.“ Er nickte zufrieden und sagte laut zu zwei weiteren Männern in seinem Alter, die hinter ihm standen: „Darf ich ihnen Jonathan McGregor vorstellen? Er ist vor zwei Jahren in unsere Kanzlei gekommen und zählt schon jetzt zu den besten Pferden im Stall.“

„Gregor Travis“, stellte sich der erste Mann mit der Halbglatze vor und brach Johnny beinahe die Hand. Der zweite Mann war ein gewisser Kasimir Gresh, der glücklicherweise einen leichten Händedruck hatte und erstaunt fragte: „McGregor? Doch nicht etwa verwandt mit George McGregor?“

„Mein Vater“, sagte Johnny freundlich.

„Er hat früher auch für uns gearbeitet“, stellte Johnnys Arbeitgeber Mr Lewis fest. „Wir haben ihn erst groß rausgebracht!“

„Ein einzigartiger Prozess“, lobte Mr Travis Johnny. „Sie waren phänomenal!“

Johnny lächelte zufrieden. „Danke schön, Mr Travis.“

„Nein, wirklich“, betonte der Mann. „Ich bin wirklich beeindruckt. Für ihr junges Alter sind Sie ein wirklich guter Anwalt. Was aus Ihnen wohl mal wird...“

„Entschuldigen Sie mich bitte?“, bat Johnny höflich und verabschiedete sich von den Männern, die ihn mit Komplimenten überhäuften. Der Rotschopf ging zur auf die Tür des Sitzungssaales zu, wo eine brünette, junge Frau stand und auf ihn wartete.

„Hi, Jennifer“, sagte er freundlich, als er endlich bei ihr war und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. Er schielte zu den drei Männern, die es gesehen hatten und nun vermutlich begeistert darüber sprachen, dass er eine wunderschöne Frau hatte.

„Was soll denn das?“, fragte sie und folgte seinem Blick. „Soll ich für deine Karriere herhalten?“ Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern ging einfach los. Er folgte ihr schnellen Schrittes aus dem Saal und dem Flur hinunter.

„Wie war dein Tag?“, fragte er versöhnlich.

„Beschissen“, schnauzte sie ihn unfreundlich an. „Die Verteidigung im Fall Richards hat die Beweisstücke noch mal ins Labor geschickt. Was wollen die eigentlich alles nachweisen?“ Sie war sichtlich gereizt, als die beiden auf dem Parkplatz ankamen und in das rote Cabriolet einstiegen.

Johnny setzte sich ans Steuer und fuhr geschickt vom Parkplatz und auf die offene Straße. Eine Zeit lang herrschte Schweigen zwischen ihm und seiner Frau.

„Wer waren eigentlich die Kerle gerade?“, wollte sie schließlich wissen.

„Irgendwelche halt“, sagte er. „Bekannte von Mr Lewis. Sahen so aus, als hätten sie gute Beziehungen.“

„Und deshalb küsst du mich einfach so?“, schnappte sie. „Johnny, wir lassen uns scheiden! Was willst du denen noch vorspielen?“

Er seufzte leicht. „Jennifer, das steht doch noch gar nicht richtig fest.“

„Doch, tut es“, fauchte sie. „Sobald wir ein neues Haus gefunden haben, werden Pierre, Olivia und ich ausziehen!“

„Pierre und Olivia?“, fragte er verächtlich. „Du willst mir also auch noch meinen Koch und mein Dienstmädchen nehmen?“

„Da ich den Vertrag der beiden unterzeichnet habe, dürfte das kein Problem sein“, meinte sie kühl. „Außerdem bin ich auf die beiden angewiesen. Ich habe keine Lust, einen neuen Koch mit meinem Diätplan vertraut zu machen. Pierre ist ja so gut...“ Sie lächelte zufrieden. „Und ich will nicht, dass jemand außer Olivia mein Kind großzieht.“

Unser Kind“, verbesserte Johnny.

„Vielleicht hast du sie ja auch geschwängert.“ Jennifer lächelte gekünstelt. „Dann könnten deine beiden Kinder miteinander spielen!“ Sie streichelte langsam über ihren schwangeren Bauch. „Ich hoffe nur, das Blag kommt nicht während der Verhandlung von diesem Richards-Typen. Den Fall will ich nicht weggeben.“
 

„Bryan, guck' mich nicht so an, bitte.“ Marina schaute etwas unbehaglich zur Seite, als sie die Blicke des Mannes, der ihr schräg gegenüber saß, spürte.

„Tut mir Leid.“ Er schlug die Augen nieder und sah in ein kleines, rotes Büchlein.

Marina wartete einen Moment ab, doch als sie merkte, dass er das Buch verkehrt herum hielt, seufzte sie ergeben und blickte etwas unbehaglich zu ihren beiden Kollegen, die ebenfalls am Tisch saßen. „Kommst du mal bitte mit nach draußen, Bryan?“, bat sie.

Er stand, ohne ihr zu antworten, auf und folgte ihr in den Flur.

Sie sah sich um, um sicherzugehen, dass niemand hier war, bevor sie leise fragte: „Was soll das?“

„Was soll was?“, fragte er, obwohl sein schuldiger Blick verriet, dass er genau wusste, was sie meinte.

„Du starrst mich an, ständig.“ Sie sah an ihm vorbei. „Bryan, es ist aus. Bitte hör auf, mich ständig so anzusehen.“

„Es tut mir doch Leid“, seufzte er. „Aber ich kann einfach nicht anders.“ Er lächelte sie schwach an und streichelte sanft über ihren Arm. „Du weiß doch, dass ich dich immer noch liebe.“

„Hör auf!“ Sie wischte seine Hand ungeduldig weg. „Ich bin nicht aus Spaß ausgezogen.“

„Ich weiß.“ Er sah sie noch immer wehmütig an.

Sie wich seinem Blick verlegen aus. „Und wie.. wie kommst du so zurecht?“, fragte sie schließlich.

„Ich lebe ja noch“, gab er etwas distanziert zurück.

Sie biss sich auf die Unterlippe. Er hatte es schon immer geschafft, ihr ein schlechtes Gewissen zu machen. Aber so schlimm wie in letzter Zeit war es noch nie gewesen! Er erschien unrasiert und mit ungebügelten Hemden in der Schule, ließ ohne Begründung Stunden ausfallen und kümmerte sich nicht mehr um seine AGs. Inzwischen hatten selbst die Fünftklässler gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Dabei hatte Marina eigentlich nicht vorgehabt, die Sache an die große Glocke zu hängen.

„Wie geht es meinem Sohn?“, wollte er nach einer Weile wissen.

Das war wieder eine dieser Maschen. Als sie noch ein Paar gewesen waren und zusammen gelebt hatten, war der Kleine Nikolai gewesen. Einfach nur Nikolai. Aber seit Bryan ihn nicht mehr sah, war es sein Sohn. Marina wusste ganz genau, dass Bryan mit Absicht so über ihn sprach. Um ihr zu zeigen, dass sie zwar mit einem anderen Mann zusammenleben konnte, aber dennoch für immer an ihn gebunden war. Zwangsläufig.

„Es geht ihm gut.“ Mehr antwortete sie nicht auf diese Frage. Alles, was sie hätte sagen können, hätte Bryan nur unnötig noch mehr verletzt. Und es ging ihr nicht darum, Bryan weh zu tun. Eigentlich wollte sie nur mit ihrem neuen Freund zusammen sein. Glücklich sein. Aber solange Bryan ihr tagtäglich über den Weg lief, würde das nicht möglich sein.

„Und deinem Typen?“ Etwas abfälliges lag in seiner Stimme.

„Auch gut.“ Sie versteifte sich ein bisschen.

„Schade.“ Seine Stimme klang unnötig kühl.

„Bryan, bitte lass Sascha aus dem Spiel“, seufzte sie. „Er kann doch nichts dafür, dass ich dich verlassen habe.“

„Hätte er dich nicht gefickt, hättest du es nicht getan“, kam es zurück.

„Bryan!“, sagte sie empört und holte tief Luft, um ihm ihre Meinung zu sagen, als plötzlich ein hübsches, blondes Mädchen vorbeikam und „Guten Morgen“ sagte. Scheinbar waren die Türen für die Schüler geöffnet worden. Der Korridor füllte sich schnell mit Jugendlichen.

Bryan drehte sich um. „Grüß meinen Sohn von mir.“ Damit verschwand er im Lehrerzimmer.
 

Ray fluchte leise vor sich hin, während er die Taschen seiner weiten Hose durchwühlte. Er fand den typischen roten Bindfaden, ein paar Bonbonpapiere, ein paar Münzen und zwei leere Zigarettenschachteln. Aber nicht seinen Schlüssel. Er klingelte mehrmals, obwohl er doch ganz genau wusste, dass die Klingel schon seit drei Wochen nicht mehr funktionierte. Also suchte er weiter.

Schließlich fand er seinen Haustürschlüssel in seinem Socken – was machte der da bloß?

Ungeschickt versuchte Ray, die Tür aufzuschließen, was aufgrund des fehlenden Lichtes in der Gasse und seinem leichten Alkoholspiegels nicht ganz einfach war. Doch auch das schaffte er letzten Endes.

Er stieß die Tür auf und torkelte in den Eingangsraum, der gleichzeitig Wohnzimmer und Küche darstellte. Er schmiss die Tür zu. „Cheng?“, fragte er laut in die Wohnung hinein und erhielt aus dem angrenzenden Zimmer ein müdes Grunzen.

Ray kämpfte sich durch die Berge von leeren Schachteln und Tüten, die weshalb auch immer in der Wohnung herumlagen, in den einzigen weiteren Raum, wo sein Mitbewohner in der Ecke auf einer der beiden Matratzen hing und die Wand anstarrte.

„Warum bist du nicht ins Restaurant gekommen?“, fragte Ray sauer. „Ich musste drei Schichten hintereinander arbeiten!“

Cheng blinzelte ihn müde an. Seine Pupillen waren geweitet und er wirkte nicht ganz klar im Kopf.

„Schon klar“, murrte Ray und fuhr sich durch seine strubbeligen, kurzen Haare, die, seit irgendwer das Haargel aus ihrer Wohnung entwendet hatte, nicht mehr sehr schön aussahen. Und Ray hatte bisher weder genug Zeit noch genug Geld aufgebracht, um ihn die Innenstadt zu gehen und neues zu kaufen, weshalb er notdürftig ohne richtige Frisur herumlaufen musste.

Und jetzt hing Cheng völlig stoned auf seiner Matratze herum und starrte vor sich hin!

Verärgert ließ sich Ray auf seine eigene Schlafstätte sinken und lehnte sich gegen die kalte Wand. Er hasste diese Bruchbude! Und er hasste Cheng! Okay, eigentlich hasste er Cheng nur manchmal und zwar dann, wenn er sich mal wieder mit Drogen zugeknallt und darüber hinaus seine Arbeit vergessen hatte, die dann stets an Ray hängenblieb.

Er stand wieder auf und holte sich zwei Bierflaschen aus der Küche. Damit ging er zurück in ihr Schlafzimmer und ließ sich wieder auf die Matratze sinken. Sie einfach fallen zu lassen wäre äußerst schmerzhaft geworden, da er kein Bettgestellt unter der Matratze hatte. Auch dafür hatte das Geld in letzter Zeit nicht gereicht. Er war froh, dass er momentan überhaupt eine Wohnung hatte, auch wenn er sie sich mit einem Abhängigen teilen musste. Wenigstens war er so nicht ganz allein.

Die erste Flasche Bier leerte er, ohne abzusetzten.

Die zweite trank er genüsslich bis etwa zur Hälfte, während der junge Mann neben ihm in einen unruhigen Schlaf verfiel, wobei er leise den Namen „May-Ling“ immer und immer wieder flüsterte.

May-Ling arbeitete im selben Restaurant wie sie zur Zeit. Jedoch hatte sie, im Gegensatz zu Ray und Cheng, die nur als Aushilfskräfte hin und wieder einspringen durften, um sich überhaupt über Wasser halten zu können, eine feste Anstellung, mit der sie sich ein wenig Geld hinzuverdiente, weil sie abends gerne feiern ging – mit ihren Freunden und dem lieben Verlobten, der es gar nicht gern hatte, dass ein asozialer Drogen-Junkie wie Cheng sich unsterblich in die Kleine verliebt hatte...

Ray schaltete den kleinen Fernseher, der im Raum auf dem Boden stand und per Zufall manchmal funktionierte und manchmal nicht, an und ärgerte sich zuerst über das wackelige Bild und dann über den pfeifenden Ton. Der Fernseher gehörte zur Wohnung dazu, war aber wie alles andere hier eigentlich bloß ein Häuflein Schrott.

Cheng wurde wieder wach und setzte sich auf. „Mein Kopf“, murmelte er und presste seine Handfläche auf sein Gesicht . „Hölle...“ Er blinzelte Ray an, als habe er erst jetzt bemerkt, dass der wieder da war. „Was tust du da?“, fragte er leise.

„Fernsehen gucken“, antwortete Ray ein wenig genervt. „Oder es versuchen.“ Unzufrieden hockte er sich vor den Fernseher und stellte den nächsten Sender ein. Der Ton wurde schlechter.

„Was guckste denn?“, fragte der Andere etwas dümmlich, da er nicht zu merken schien, dass Ray überhaupt nichts gucken konnte.

„Keine Ahnung“, seufzte Ray. „Ich hoffe, dass wir irgendeinen Sender ordentlich reinkriegen. Und den gucken wir dann.“ Er schlug einmal gegen den Fernseher und schaltete dann wieder um. Er schlug wieder gegen das Gerät.

„Ist doch ordentlich“, fand Cheng und nahm die halbleere Bierflasche, die noch an Rays Bett stand, um daraus zu trinken.

„Pfoten weg“, schnauzte ihn Ray an und entriss ihm die Flasche wieder, um sich auf seine Matratze zu setzen und verdrießlich den Fernseher anzustarren.

Den Film, der dort lief, kannte Ray noch nicht, aber einen der Darsteller, der groß zu sehen war, kannte er dafür umso besser. „Dieser Penner“, fluchte er sauer und warf eine leere Zigarettenschachtel nach dem Fernseher. „Verfluchter Wichser!“

Cheng blickte mit verschleierten Augen das Bild an. „Hu?“, machte er dümmlich.

„Der da“, sagte Ray missgünstig. „Den kannte ich früher mal. Als ich jünger war.“ Er sah Cheng ernst an und nickte nachdrücklich.

Cheng lachte begeistert. „Du behauptest, 'nen Hollywood-Star zu kennen?“, amüsierte er sich, was durch die Drogen noch verstärkt wurde. Er rollte sich auf seiner Matratze hin und her.

„Klar“, sagte Ray wütend und warf die Bierflasche über Chengs Kopf hinweg an die Wand. „Früher war alles besser.“ Er schüttelte verständnislos den Kopf. „Und jetzt ist dieses Arschloch im Fernsehen und ich...“ Er seufzte und rollte sich dann auf der Matratze zusammen. Er zog die dünne Decke über seinen Körper und starrte trübe vor sich hin. Das Leben war scheiße.
 

„Uuuund – Cut!“

Spencers Lächeln erstarb sofort und er half der jungen Frau, die er in seinen Armen gehalten hatte, wieder in eine stehende Position zu gelangen.

Richard kam auf ihn zu und tätschelte ihm die Schulter, wofür er sich ein wenig strecken musste, da Spencer die meisten Menschen überragte. Dann wandte sich der Regisseur an die Frau und reichte ihr ein großes, trockenes Handtuch. Spencer hatte sie nämlich aus dem Wasser gefischt, weshalb er selbst auch ziemlich nass war – aber das interessierte ja keinen. Schließlich war er nicht die junge, attraktive Hauptdarstellerin, sondern der schweigsam, leidende Held. Und schweigsame, leidende Helden konnten sich ihre Handtücher selber holen.

„Hier.“ Ein brünetter Mann hielt ihm lächelnd ein Handtuch hin. „Nicht dass du dich erkältest.“

Spencer lächelte zufrieden und nahm es dankend an. Er trocknete sich sorgfältig ab, wobei er von dem hilfsbereiten Kameramann genaustens gemustert wurde.

„Die Szene ist im Kasten“, bestimmte Richard schließlich. „Mittagspause und danach geht es flott weiter. Sobald David wieder da ist, kommt die Prügelszene an den Klippen.“ Er wandte sich an Spencer: „Geh dieses Mal rechtzeitig in die Maske, klar?“

„Klar“, entgegnete Spencer knapp und drehte sich weg.

Der Kameramann verdrehte die Augen, als er neben dem Schauspieler zur Kantine ging. „Man könnte meinen, dass du nur ein übler Statist wärst. So wie der sich aufführt!“, meckerte er über den Regisseur. „Der behandelt uns alle verdammt respektlos! So gut wie jeder im Team hat schon einmal einen Oscar gewonnen. Wir sind alle echt klasse drauf und der... der benimmt sich, als wären wir alle kleine Kinder!“

„Eben weil er der einzige ohne Oscar ist“, murmelte Spencer und grinste. „Was glaubst du, was er mit dieser Crew bezwecken will, Leo?“

Leo kicherte vergnügt. „Und hast du gesehen, was er für ein Hemd anhatte? Es war kariert – grün und rot. So etwas trägt man zu Weihnachten!“ Er schien durch Spencers Begründung prächtige Laune zu haben. „Und dieser große, braune Fleck... War das Bratensoße oder hat ihn die Toilette vorm Dreh angespritzt?“

Sie kamen an der Kantine an, wo ein Großteil der Crew bereits saß und aß.

Spencer und Leo setzten sich zusammen an einen der Tische.

„Als wenn er Bratensoße essen sollte“, murmelte Leo etwas verächtlich. „Ich meine, hast du seinen Bauch gesehen? Nicht dass ich was gegen dicke Menschen hätte... Du weißt ja, dass ich da sehr tolerant bin. Aber der hat seit dem Dreh mindestens fünfzehn Kilo zugenommen! Ein Glück, dass wir in übermorgen hier wegkönnen!“

Eine junge Frau kam zu ihnen und servierte ihnen zwei Teller mit Lasagne. „Was wollt ihr trinken, Jungs?“, fragte sie freundlich lächelnd.

„Ähm, wir hätte gerne...“ Leo überlegte einen Moment. „Spencer möchte ein Wasser, aber bitte kalt, und ich Apfelschorle, Laura.“

Als sie den Tisch verließ, blickte Leo verwundert in Spencers Gesicht. „Was grinst du so?“, fragte er verwundert.

„Du bist herrlich“, erwiderte sein Freund. „Mit dir kann einem nie langweilig werden...“

Leo strahlte glücklich. „Ich nehme das mal als Kompliment an“, beschloss er. „Und weißt du, was ich finde? Wir sollten beide mal etwas Pause machen! Sobald dieser Film mit diesem dicken, idiotischen Regisseur abgedreht ist, ziehen wir uns zwei-drei Monate zurück und – Oh, hi, Richard!“ Er winkte fröhlich dem Mann, über den er gerade eben noch abfällig geredet hatte, zu, bevor er sich wieder an Spencer wandte und weitersprach: „Und wir genießen unsere Ferien. Was hältst du davon?“

„Finnland?“, fragte der Blondschopf zustimmend.

Leo nickte leicht. „Meinetwegen. Hauptsache, wir haben unsere Ruhe.“
 

„So geht es“, lächelte Mariah sanft und legte dem Kind den Schläger richtig in die Hand. „Du musst ihn so halten.“ Sie wusste ganz genau, dass der kleine Junge nicht verstand, was sie ihm sagte. Klar, sie sprach auf Englisch und der Junge kam aus dem Kongo. Dennoch sprach sie mit ihm. Denn sie wusste, dass es oft nicht die Wortwahl war, sondern der Tonfall. Wenn sie es ihm erklärte, würde er es leichter verstehen, als wenn sie ihm schweigend den Schläger in die Hand drücken würde. Auch wenn er keine Ahnung hatte, was sie ihm da erklärte. „Und wenn du nach dem Ball schlagen willst, musst du so ausholen.“ Sanft führte sie die Hand des Jungen, in der der Schläger lag, nach hinten, sodass er dazu in der Lage war, einen Federball zu schlagen.

„Wusstest du, dass du ein Engel bist?“, fragte plötzlich eine leise Stimme.

Mariah sah überrascht auf. „Ich habe dich gar nicht kommen hören, Edward“, stellte sie fest, bevor sie mit dem Jungen abermals ausholte, um nach einem imaginären Ball zu schlagen.

„Es gibt nichts schöneres, als dir dabei zuzusehen, wie du den Kindern beibringst, zu spielen.“ Er saß auf einer etwas baufälligen Bank vor dem Haus, in dem sie die kranken Kinder untergebracht hatte. „Das erfrischt die Seele.“

Mariah spürte, wie sie errötete. „Das ist doch mein Beruf“, murmelte sie verlegen.

„Du bist Krankenschwester“, sagte er. „Die Kinder sind nicht dein Beruf, sondern deine Berufung.“

„Edward...“ Sie schaute peinlich berührt zur Seite und vergaß darüber hinaus sogar den kleinen Jungen, der sie verwirrt ansah.

„Deshalb liebe ich dich so“, seufzte er. „Weil du ein wahrer Engel bist.“

„Ohne dich könnte ich es aber nicht zeigen“, erwiderte sie. „Schließlich würden die meisten der Kinder ohne dich nicht mehr leben.“

Er lächelte breit. „Wir sind schon ein Team, hm?“

Sie lachte leise, bevor ihr wieder der Kleine einfiel. „Edward, kannst du mal bitte einen Federball zu uns schlagen?“

Er stand auf und trottete zu der kleinen Kiste mit Spielzeugen, die sie in der neu errichteten Kinderklinik hinterlassen würden. Er holte einen Schläger und einen Ball heraus und schlug ihn in die Richtung von Mariah und dem gerade erst genesenen Kind. Sie hob die Hand der Kindes, sodass es den Ball tatsächlich zurückschlagen konnte. Nicht sehr weit, aber immerhin.

Plötzlich kam eine dunkelhäutige Frau aus dem Haus und eilte auf Mariah zu. Sie redete auf den Jungen in einer anderen Sprache ein, bis er schließlich Mariah einen dankbaren Blick zuwarf und im Haus verschwand. „Er braucht das Medikamente“, erklärte sie in brüchigem Englisch.

Mariah nickte leicht. „Okay, danke.“

Als die Frau ebenfalls verschwunden war, ging sie auf Edward zu. Er war ein paar Jahre älter als sie, doch das hatte sie damals nichts gestört, als sie ihn in Afrika kennengelernt hatte. Sie war Krankenschwester, er Arzt. Mit ihrem Team waren sie in den letzten drei Jahren quer durch ganz Afrika gefahren, hatten kranken Kindern geholfen und Kliniken errichtet. Vor zwei Jahren hatte Mariah Edward dann geheiratet. Ihr Leben war zwar bescheiden, aber sie mochte es trotzdem. Es tat ihr gut, zu helfen. Und solange Edward bei ihr war, ertrug sie auch sengende Hitze und lästige Insekten.

Edward schlang von hinten seinen Arm um sie und drückte sie an sich. „Ich hätte so gern ein eigenes Kind“, seufzte er.

Mariah renkte ihren Kopf nach hinten, um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Aber nicht hier, Ed. Wenn wir wieder ein gesichertes Leben führen, dann gerne. Aber ich möchte nicht, dass mein Kind von einem Land ins nächste ziehen muss.“

Er legte seinen Kopf auf ihre Schulter. „Ja, das stimmt“, sagte er etwas träge. „Aber vielleicht sind wir dann zu alt. Oder ich bin zu alt.“

„Dann adoptieren wir halt eins“, tröstete sie ihn und drehte sich zu ihm um. Sie küsste ihn sanft. „Außerdem reichen mir die Kinder hier.“ Sie lächelte zufrieden.
 

~ To be continued ~
 

Ich würde mich sehr über Kommentare und auch über Kritik freuen! Es wäre nett, wenn ich schreiben würdet, welche Teile ihr gut fandet und welche nicht so toll...

Übrigens können noch Wünsche für Charaktere, die später auftauchen sollen, an mich geschrieben werden! Die Story ist noch nicht komplett zuende geplant, manche Leute könnten also unter Umständen noch auftauchen!
 

Bye,

Nathera

Aber warum?

Hallo!
 

Danke für eure Kommentare!

Es freut mich, dass es euch bishrer gefallen (wenn auch teilweise erschreckt hat)... Ich habe Ray hauptsächlich sein Alkoholproblem und sein mieses Dasein aufgedrückt, weil es mich ziemlich aufregt, dass er in sämtlichen Zukunftsstories irgendwas ganz tolles macht. Dabei kann ich mir gerade bei Leuten wie Ray gut den Absturz vorstellen. Und Spencer... Naja, ich habe vorher irgendeinen Action-Film gesehen, weiß selbst nicht mehr, welchen. Und ich finde, dass Spencer da richtig genial reinpassen würde... Wie findet ihr eigentlich Leo? (Der ist mein Lieblingscharakter in der ganzen FF - hab sogar meinen Lemming nach ihm benannt *-*)
 

Tala und Max tauchen natürlich auf. Zumindest Tala. Was mit Max ist, werdet ihr jetzt gleich ja sehen.. Außerdem kriegt Ian eine größere Rolle ^^"
 

Viel Spaß beim Lesen!
 


 

----------------------
 

Tyson strahlte förmlich, als der schwarze (und angeblich stilvolle) Käfer vor dem kleinen Haus, in dem er und seine Verlobte wohnten, anhielt und der Fahrer sich zum Beifahrersitz beugte, um die Tür von innen aufzuschließen. Eben diese riss Tyson auf und rief herzlich: „Tala, du bist bald Trauzeuge!“ Er ließ sich auf den Sitz fallen und holte tief Luft, um vom gestrigen Abend zu erzählen.

Doch Tala ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. Statt ihm irgendeine Reaktion auf den scheinbar gut verlaufenen Antrag zu zeigen, sagte er bloß: „Du hast also heute noch keine Zeitung gelesen.“ Er wartete, bis Tyson sich angeschnallt hatte, und fuhr dann los.

„Zeitung?“, fragte Tyson verdutzt. „Warum?“ Er war ein wenig verärgert. Schon seit Wochen redete er täglich mit Tala über seine Hochzeitspläne, von denen Alissa bisher nichts gewusste hatte, und jetzt, wo endlich klar war, dass er sie in die Tat umsetzen würde... Jetzt schien Tala gänzlich desinteressiert. Was für ein toller Freund!

„Einer deiner alten Freunde ist tot“, erzählte Tala langsam und blickte Tyson vorsichtig von der Seite her an, so als hoffte er, dass der es positiv aufnehmen würde. „Es stand heute in der Zeitung, schließlich war er mal berühmt.“

Tyson runzelte die Stirn. „Wer denn?“, fragte er und ging in Gedanken sämtliche Bekannte durch. Keiner von ihnen war krank gewesen. Zumindest hatte er nichts davon gewusst.

„Max.“ Tala biss sich etwas verlegen auf die Unterlippe. Es war ihm alles andere als angenehm, Tyson erzählen zu müssen, dass sein ehemals bester Freund gestorben war. Und das so überraschend.

„Was?“ Entgeistert starrte Tyson ihn an. „Max? Du.. du meinst...?“ Fassungslos klammerte er sich an seinen Rucksack, den er auf seinem Schoß liegen hatte. „Max Mizuhara?“

Tala nickte leicht. „Ja“, sagte er leise. „Selbstmord.“

„Aber...“ Tyson war nicht dazu in der Lage, etwas zu sagen. Selbstmord? Wieso hätte Max Selbstmord begehen sollen? Das war doch nicht möglich! Max! Max, der Sonnenschein, der ewige Optimist, die geborene Frohnatur! Max eben!

„Es tut mir Leid“, sagte Tala nach einer Weile und bog auf den Parkplatz ab. Er fuhr auf seinen Stammplatz und schaltete dort den Motor ab. Den Schlüssel steckte er in seine Hosentasche, bevor er sich abschnallte. Doch er blieb neben Tyson sitzen, der etwas weggetreten das Lenkrad ansah. „Ausgerechnet jetzt“, fügte Tala hinzu. „Wo alles so gut lief.“

Tyson nickte leicht. „Ja“, hauchte er. Wann hatte er das letzte Mal mit Max geredet? Und auf den Brief, den ihn Max vor einem Monat geschrieben hatte, hatte er auch nur kurz geantwortet. Er hatte einfach keine Zeit gehabt. Momentan lief eben alles gut, so wie Tala sagte. Tyson war kurz vor seinem Durchbruch, hatte sich endlich verlobt und...

Warum hatte er Max nicht gefragt, was los sei? Weshalb er nach so lange Zeit wieder schrieb?

Tala legte ihm behutsam die Hand auf die Schulter. „Kommst du, Tyson?“, fragte er.

Tyson nickte leicht und stieg dann aus dem Wagen.

Auf dem Weg zum Eingang des Theater schwiegen die beiden, als sie jedoch durch das große Foyer gingen, fragte Tala vorsichtig: „Wie war es eigentlich gestern?“ Er wirkte ein wenig hilflos. Zu dem Zeitpunkt, als Tyson und Max befreundet gewesen waren, hatte Tala nicht sehr viel mit ihnen am Hut gehabt. Eigentlich hatten er und Tyson sich damals nicht leiden können. Sie waren sogar richtige Rivalen gewesen... Wer hätte denn damals auf den Gedanken kommen können, dass sie sich eines Tages in Stockholm wiedersehen würden? Wie durch Zufall im selben Theater. Und momentan arbeiteten sie enger zusammen als je zuvor, denn in einem knappen Vierteljahr sollte das Musical Almaric uraufgeführt werden. Es würde Tysons erste große Rolle sein. Der Augenblick, auf dem er immer hingearbeitet hatte, seit er sein Studium abgeschlossen hatte und nach Schweden, dem momentanen Mittelpunkt der Theater-Welt, gezogen war. Tala dirigierte das Orchester des Theaters. Und fünf der Lieder im Musical hatte er selbst geschrieben. Auch für ihn lief es gut.

Wenn auch nicht so gut wie für Tyson.

„Sie hat ja gesagt“, seufzte Tyson und zwang sich zu einem Lächeln. „Und...“ In diesem Moment fiel es ihm wieder ein. Der Grund, weshalb er zehn Minuten zu früh schon vor der Haustür gestanden und auf Tala gewartet hatte... „Tala, sie ist schwanger!“

Der Rotschopf blieb stehen und sah Tyson ungläubig an. „Schwanger?“

Tyson nickte. „Ja, schwanger! Wirklich! Im vierten Monat!!“ Er war ebenfalls stehengeblieben. Auf einmal verspürte er wieder dieses befreiende Gefühl des Glücks. Es war einfach unglaublich, dass er bald Vater werden würde. Eine richtige Familie...

„Gut?“, fragte Tala misstrauisch.

„Natürlich!“, rief Tyson und knuffte ihn. „Ich werde heiraten und... und ich werde Vater sein!!“ Er lachte zufrieden und fiel dem völlig verdatterten Tala um den Hals.

Auf einmal war Max wieder vergessen.
 

„Na toll“, murrte Kai, als er das Fax, das auf seinem Schreibtisch lag, las. Die Nummer, die auf dem Briefkopf stand, kannte er nicht. Vermutlich irgendeiner seiner Agenten, die ihn gerne mit irgendwelchem belanglosen Zeug zutexteten... Kai legte das Blatt auf den Schreibtisch vor sich und setzte sich dann in seinen Sessel, wo er sich zurücklehnte und die Augen schloss. „So ein Scheiß.“

Das Telefon klingelte.

Kai ging nicht dran. Der Tag fing schlecht an. Bestimmt würde er auch schlecht weitergehen.

Nach etwa einer Minute hörte das Klingeln auf und es klopfte an der Tür.

„Hm?“, fragte Kai genervt.

Seine Sekretärin kam in den Raum gewatschelt und sagte hektisch: „Mr Hiwatari, Allen Lewis ist am Apparat!“

„Keine Lust“, murrte Kai und gähnte. „Nein, keine Zeit...“

„Ist alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt. Selbst sie als seine Sekretärin wusste, wie wichtig die Geschäfte mit Allen Lewis waren. Und es war gegen Kais gewohnte Natur, solche Telefonate abzuwimmeln.

„Leg' auf“, wies Kai sie an und scheuchte sie dann mit einer Handbewegung aus seinem Büro.

Er sollte jetzt wirklich arbeiten.

Aber irgendwas in ihm sperrte sich dagegen.

Da fiel es ihm wieder ein: Der Brief!

„Alana!“, rief er seine Sekretärin durch die geschlossene Tür, was sie verwundert abermals in sein Büro kommen ließ – normalerweise redete er nur per Telefon mir ihr.

„Was ist los?“, fragte sie und legte ihren Kopf schief.

„Vor einem knappen Monat ist ein Brief von einem gewissen Max Mizuhara gekommen“, sagte Kai harsch.

„Von Ihrem Freund Max Mizuhara“, berichtigte sie ihn spitz, da sie sich an die Herzlosigkeit ihres Chefs nur zu gut erinnerte. „Er hat Sie um Hilfe gebeten.“ Sie sah Kai triumphierend an. „Ich sollte ihm Geld schicken und per Brief bitten, Sie nicht mehr zu belästigen.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

Kai seufzte. „Er hat sich umgebracht“, sagte er.

Sie stutzte. „Was?“, fragte sie verdutzt. Wohl nicht, weil sie das Schicksal eines Mannes, den sie gar nicht kannte, interessierte, sondern weil es sie wunderte, dass ihr Chef tatsächlich das zu haben schien, was er haben sollte: Ein schlechtes Gewissen.

„Ja, er hat sich umgebracht“, wiederholte Kai und fasste sich an den Kopf. „Hätte er doch was gesagt... Damit rechnet doch keiner...“

Alana räusperte sich. „Wenn ich es mir erlauben darf, Sie darauf hinzuweisen, dass Sie seinen Brief noch nicht einmal ganz gelesen haben... Er klang doch recht verzweifelt.“ Sie machte eine Kunstpause. „Vielleicht hätten Sie auf mich hören sollen.“ Kai machte nicht oft Fehler. Und sie genoss es jedes Mal, wenn er etwas falsch machte und es merkte.

„Und jetzt soll ich zur Beerdigung!“ Kai verdrehte die Augen. „Ich müsste an die zehn Meetings dafür verschieben! Allein schon der Flug nach L.A. und zurück...“ Er schüttelte den Kopf. „Ist ja scheiße!“ Er presste verärgert die Lippen aufeinander.

„Dann gehen Sie eben nicht“, meinte sie. „Jetzt können Sie sowieso nichts mehr für ihn tun.“

Kai zuckte leicht mit den Schultern. „Ja, vermutlich“, murmelte er.
 

„Ich habe das letzte Mal vor ein paar Jahren mit ihm geredet“, sagte Michael nachdenklich. „Ich wusste nicht, dass er Probleme hatte.“ Er schaltete den Fernseher auf mute und sah seine Frau an, die die kleine, zweijährige Jolie auf dem Schoß sitzen hatte und ihr Zöpfe flocht.

„Willst du nicht zur Beerdigung gehen, Michael?“, fragte Sara mitleidig. „Immerhin ward ihr mal Freunde.“

„Es geht nicht“, seufzte Michael.

„Die Sendung kann warten“, fand Sara. „Ihr habt doch schon für die nächsten Wochen gedreht.“

„Jaja, das ist auch nicht das Problem“, winkte Michael ab. „Ich möchte seinen Eltern einfach nicht die Presse auf den Hals hetzen. Und das würde ich, wenn ich zur Beerdigung gehen würde.“

Sie nickte zögerlich. „Du hast vermutlich Recht. Trotzdem traurig.“

„Naja, wir hatten gar nichts mehr miteinander zu tun“, gab Michael zu bedenken und stand auf, um den Fernseher endgültig auszuschalten. Er hatte keine Lust, noch mehr Hiobsbotschaften zu sehen. „Trotzdem überrascht es mich. Ich meine, das war Max. Dass ausgerechnet er sich umbringen würde...“

„Wir könnten eine Karte an seine Frau schicken“, schlug Sara vor.

„Hat er eine Frau?“, entgegnete Michael und stand auf, um ihr Jolie abzunehmen. Er hob seine jüngste Tochter hoch und schaukelte sie leicht.

Sara lächelte schwach. „Dass sie es überhaupt im Fernsehen bringen“, wunderte sie sich.

„Schlagzeilen“, vermutete Michael. „Immerhin war er mal Weltmeister in einem damals wirklich populären Sport! Ist doch klar, dass es die Leute interessiert, dass er Selbstmord begeht.“ Er stellte das Mädchen auf die Beine und gab ihr einen leichten Schubs, woraufhin sie zu ihrer Mutter zurücklief und versuchte, zu ihr auf die Couch zu klettern.

Sara bückte sich und hob die Kleine wieder hoch.

„Vielleicht schreibe ich seiner Mutter eine Karte“, überlegte Michael. „Das wäre doch ganz nett. Ich kannte sie früher ganz gut.“ Er runzelte die Stirn. „Eigentlich besser als ihn selbst.“
 

Als Kai auf dem kleinen, etwas abseits gelegenen Friedhof ankam, musste er feststellen, dass die Trauerfeier anscheinend schon beendet worden war. Er hatte zu kurzfristig beschlossen, doch noch nach Amerika zu fliegen. Zwar hatte er seinen eigenen Jet, aber der Flug hatte dennoch zu viel Zeit in Anspruch genommen.

Das Grab seines ehemaligen Teamkollegen erkannte er daran, dass noch fünf schwarz gekleidete Gestalten davor standen und anscheinend schweigend Abschied von ihm nahmen. Als Kai näher kam, konnte er Max' Eltern erkennen. Judy war leichenblass. Ihre einst strohblonden Haare hatten sich im Laufe der letzten Jahre gräulich gefärbt und ihre schlanke Gestalt konnte man nur noch als ausgemergelt bezeichnen. Sie lag im Arm eines Mannes, den Kai nicht kannte und schluchzte hemmungslos. Max war ihr einziger Sohn gewesen. Sein Vater stand daneben und starrte den Grabstein an, als könnte er es nicht fassen, dass Max dort liegen sollte.

Kai kam näher und blieb schließlich bei ihm stehen.

Jetzt, wo er hier war, überkam ihn doch noch Reue.

Die Menschen hier kannte er nicht.

Waren es Max' Freunde oder nur Verwandte, also Pflichtanwesende?

„Kai“, stellte plötzlich Max' Vater fest, als er den Ankömmling bemerkt hatte.

Kai nickte leicht. „Mr Tate“, sagte er und drückte die Hand des älteren Mannes. „Es tut mir wirklich Leid, was passiert ist.“

Mr Tate nickte leicht. „Ja... Wer hätte gedacht, dass das einmal passieren würde? Dass er...“ Er stockte und presste sich ein Taschentuch auf die Augen, „Oh Gott.“ Er drehte sein Gesicht weg, so als würde er sich für seine Tränen schämen.

Kai kam sich hilflos vor. Was hätte er denn sagen sollen?

Plötzlich spürte Kai, wie ihn jemand anstieß. Überrascht drehte er sich um. Hinter ihm stand ein kleinwüchsiger, junger Mann, der eine schwarze, jedoch schon recht verblichene Jeans und ein dunkelblaues T-Shirt trug.

Kai brauchte keine zwei Sekunden, um ihn wieder zu erkennen. „Ian“, sagte er verwundert.

„Du bist also tatsächlich gekommen“, meinte Ian. In seiner Stimme lag eine Mischung aus Bitterkeit und gleichzeitig Hohn. „Hast wohl ein schlechtes Gewissen, Kai.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust.

„Was machst du hier?“, wollte Kai wissen.

„Ich war auf einer Beerdigung“, erklärte Ian ganz selbstverständlich. „Und ich war pünktlich.“ Vorwurfsvoll blickte er Kai an. Man konnte ihm deutlich ansehen, dass er sauer auf sein Gegenüber war.

„Was hast du bitteschön mit Max zu tun?“, fragte Kai verständnislos. Das war echt der Letzte, mit dem er gerechnet hatte. Ian! Hier stand wirklich Ian! Einer dieser Menschen, von denen sich Kai schon vor Jahren sicher gewesen war, dass er sie niemals wiedersehen würde – und auch nicht wiedersehen wollte.

Ian setzte zu einer Erklärung an, warf dann jedoch einen Blick auf die Leute, die noch an Max' Grab standen, weshalb er Kai winkte, ihm zu folgen. Er ging auf den Ausgang des Friedhofs zu.

Kai folgte ihm eilig. „Jetzt sag schon“, verlangte er.

„Es war sehr großzügig von dir, ein Formschreiben und Geld zu schicken, als einer deiner Freunde dich um Hilfe gebeten hat“, meinte Ian nach einer Weile gepresst.

Kai sah ihn verwirrt an. Woher wusste Ian das?

„Manche von euch haben gar nicht geantwortet oder ein bisschen Mitleid geheuchelt.“ Ian ging auf die Straße zu. „Du warst wenigstens so ehrlich, ihm zu zeigen, dass es dich einen Scheißdreck interessiert.“ Er blieb stehen und sah Kai durchdringend an.

„Was machst du hier?“, wollte Kai misstrauisch wissen. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, dass Ian ihn derartig kritisierte. Er hatte zwar schon oft gehört, dass er ein Schwein und ein mieser Egoist sei, aber es von jemandem zu gesagt zu kriegen, den man genauso eingeschätzt hatte wie sich selbst, war hart.

„Ich war auf einer Beerdigung“, antwortete Ian ein weiteres Mal auf diese Frage. „Und zwar war ich der einzige von Max' alten Freunden, der sich herbequemt hat. Traurig, eigentlich. Oder?“

„Ich habe ewig nicht mehr mit ihm geredet“, versuchte Kai sich zu verteidigen. Er wusste noch immer nicht, was Ian hier zu suchen hatte. Seit wann war der mit Max befreundet?

„Weil du dir nicht die Mühe gemacht hast!“, warf ihm Ian vor. „Und glaub' mir, er hätte dir eine Menge erzählen können. Erzählen wollen! Was meinst du, warum er dir geschrieben hat? Weil er Geld brauchte?!“

Zerknirscht sah Kai ihn an.

Eine paar Sekunden lang herrschte Schweigen zwischen den beiden.

Schließlich sagte Ian leise: „Vielleicht ist es besser so, dass er tot ist. So muss er wenigstens nicht miterleben, wie scheißegal er seinen alten Freunden wirklich war.“ Er blickte zu Boden. „Und er hat euch noch in Schutz genommen und gesagt, ihr hättet einfach viel zu tun und deshalb keine Zeit. Er hat es nicht persönlich genommen. Ich glaube, ihm ist nie der Gedanke gekommen, dass ihr gar nicht mehr seine Freunde seid.“

Kai wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Dass Ian noch mit Max gesprochen hatte, hieß, dass sie miteinander zu tun gehabt hatten. Aber weshalb? „Ian“, sagte er zögerlich. „Weißt du, warum Max... das getan hat?“ Er schluckte schwer. Es fiel ihm schwer, es auszusprechen. Jetzt, wo er nicht seiner dummen Sekretärin, sondern einem alten Bekannten gegenüber stand. Das machte es so endgültig. Max war wirklich tot.

„Er hat sich nicht umgebracht.“ Ian sah ihm trotzig ins Gesicht.

„Du meinst, es war ein Unfall?“, fragte Kai verdutzt.

„Max hatte nichts mit Drogen zu tun“, wies ihn Ian zurecht. „Also wäre er auch nicht Gefahr gelaufen, eine Überdosis zu nehmen.“ Er funkelte Kai böse an. „Ist dir vielleicht mal der Gedanken gekommen, dass er wirklich in der Klemme stecken könnte? Dass er vielleicht Feinde hatte?“

Kai blieb der Atem weg. „Willst du behaupten, dass er...?“ Er sprach seinen Satz nicht zu Ende, doch Ian nickte ernst.

„Ja, ich glaube, dass er ermordet wurde“, gab er zurück und zog einen Schlüssel aus seiner Tasche. Er schloss die Tür des Wohnwagens, neben dem er stehen geblieben war, auf und öffnete die Tür.

„Warum?“, beeilte sich Kai zu fragen.

„Du willst es ja doch nicht wissen“, zischte Ian unfreundlich zurück, setzte sich auf den Fahrersitz und schnallte sich an. „Als er es dir sagen wollte, wolltest du es nicht wissen. Und auch jetzt fragst du bloß aus Höflichkeit.“ Er schlug die Tür zu.

Kai öffnete sie schnell wieder. „Ian!“, sagte er ungläubig. „Du kannst doch jetzt nicht einfach fahren!“

„Und warum nicht?“, wollte Ian giftig wissen, während er sich anschnallte und den Motor anließ.

„Das fragst du noch?“, fragte Kai entsetzt. „Ich will Antworten! Warum ist Max gestorben?“

„Das hättest du ihn fragen können.“ Ian schlug Kais Hand weg. „Ich werde dir bestimmt keine mehr geben!“

Kai zog die Tür wieder auf. Er holte seinen Notizblock aus der Tasche, die er bei sich trug und notierte darauf eine Nummer. Die drückte er Ian in die Hand. „Ruf mich an, wenn du es dir anders überlegen solltest. Bitte.“

Ian bedankte sich nicht oder zeigte ihm sonst irgendwie, dass ihn das rührte. Er warf den Zettel achtlos hinter sich, zog die Tür zu und fuhr, ohne ein weiteres Wort zu sagen, einfach weg.

Kai starrte ihm noch immer fassungslos hinterher. Froh, die Geistesgegenwart besessen zu haben, Ian wenigstens zu zeigen, wie er ihn erreichen konnte. An sein Handy ging Kai nämlich immer.

Aber was hatte Ian mit Max zu tun? Und warum behauptete er, dass Max ermordet worden wäre? Max war mit Sicherheit der herzlichste und freundlichste Mensch gewesen, den Kai jemals gekannt hatte. Er war einfach nur ein Engel gewesen. Zuvorkommend, liebenswürdig und... immer mit einem offenen Ohr für seine Freunde. Kai schluckte schwer. Zum ersten Mal kamen ihm wirklich die Tränen. Er hatte Max tatsächlich im Stich gelassen. Und wenn er Ian richtig verstanden hatte, dann nicht nur er. Max schien auch andere Leute um Hilfe gebeten zu haben. Andere alte Freunde. Und niemand war gekommen. Auch jetzt,wo Max tot war, stand Kai alleine vor dem Friedhof und wischte sich beschämt die Tränen aus dem Gesicht. Er hatte das Gefühl, dass es ihm nicht zustand, zu weinen. So wie er sich verhalten hatte.

Einer seiner ehemals besten Freunde hatte ihn um Hilfe gebeten, war bereit mit ihm über seine Probleme zu reden... und er hatte seine Sekretärin antworten lassen!

Und Ian sprach in Rätseln.

Wer sollte einen so guten Menschen wie Max umbringen wollen? Weshalb?

Und warum war außer Kai niemand zur Beerdigung gekommen?
 

~ To be continued ~
 

Ich hoffe, dass ihr mich jetzt nicht hasst... u.u Aber irgendwer musste schließlich sterben und zu Max' passt das besonders gut, weil er ja immer der Sonnenschein der Truppe war^^
 

Ich würde mich über Kommentare (auch Kritik) freuen ^-^
 

Bye,

Nathera

Alte Freunde

Hallo!!

*strahl*

Danke für die Kommis ^-^ Freut mich, dass ihr zumindest teilweise keinerlei Probleme mit Max' Tod habt. Ich persönlich finde es jedenfalls sauschlimm, dass ich ausgerechnet Max habe sterben lassen. Was habe ich mir eigentlich dabei gedacht? *verärgert*

Naja, egal jetzt^^
 

Viel Spaß beim Lesen!
 


 

„Woher zum Teufel haben Sie diese Nummer?“, fauchte Leo gereizt in den Telefonhörer. „Verdammt nochmal, er ist nicht zu sprechen!“ Er war drauf und dran, einfach aufzulegen. Während der Mann am anderen Ende auf ihn einredete und ihm erklärte, dass er seine Quellen nicht preisgeben werde und Spencer trotzdem dringend sprechen musste, ging Leo auf die Terrasse, wo die Person, um die es ging, saß und genüsslich ihren Morgenkaffee trank. „Nein“, wiederholte Leo. „Das ist mir vollkommen egal. Ich stelle keine Fans zu ihm durch.“ Er verdrehte deutlich sichtbar die Augen. Dann stutzte er. „Kein Fan? Das ist ja wohl die Höhe!!“

Mittlerweile sah Spencer interessiert auf.

„Nein, wir kennen keinen Ian“, seufzte Leo versöhnlich. „Könnten Sie jetzt bitte jemand anderen belästigen?“ Er sah Spencer genervt an. „Nein, wirklich nicht. Ist das ein Regisseur?“ Er fragte an Spencer gewandt: „Kennst du einen Regisseur namens Ian?“ Verständnislos zuckte er mit den Schultern.

Spencer schüttelte den Kopf, schien aber ernsthaft nachdenken zu müssen.

„Nein, kennen wir nicht. Ist uns egal“, tönte Leo.

„Wer ist eigentlich dran?“, unterbrach Spencer ihn plötzlich.

„Wer ist eigentlich dran?“, gab Leo die Frage weiter. „Aha... Kai Hiwatari...“ Er wandte sich wieder an Spencer: „Kennen wir einen Kai Hiwatari?“

Kai Hiwatari... Im Zusammenhang mit Ian...

Sofort sprang Spencer auf. „Gib' schon her!“, befahl er und riss Leo den Telefonhörer aus den Händen. Etwas verdutzt setzte sich der brünette, junge Mann auf Spencers Gartenstuhl und nippte dreist an dessen Kaffee.

„Kai?“, fragte Spencer verdutzt in den Hörer. Dann hielt er eben diesen Gegenstand von seinem Ohr weg und sah Leo amüsiert an. Kais wütendes Gezeter war durch den Hörer laut zu hören.

„Leg doch auf“, fand Leo. „Wie unhöflich...“

„Halt's Maul“, raunte Spencer in den Hörer. „Oder ich lege auf.“ Er hörte sich Kais Antwort an und grinste Leo dann vielsagend an. „Ja, dann musst du wieder mit meinem Sekretär reden, um an mich ranzukommen.“

Leo sprang auf und nahm Spencer den Hörer wieder ab. „Sekretär?“, zeterte er wütend, „Ich bin doch kein Sekretär!!“

Spencer riss den Hörer wieder an sich. „Nein, er ist wirklich nicht mein Sekretär“, belehrte er Kai. „Vielleicht solltest du dich entschuldi- Was?“ Kai schien ihn mitten im Satz unterbrochen zu haben. Er runzelte die Stirn. „Nein, keine Ahnung. Wie kommst du auf Ian?“ Er hörte Kai ein paar Sekunden lang zu. „Nein, ich weiß nicht, was er macht und wo er ist. Ich habe zu ihm gar keinen Kontakt. Schon seit Jahren nicht mehr.“ Wieder eine Pause. „Nein, zu Tala und Bryan auch nicht. Was willst du eigentlich von mir?“ Er wollte sich nachdenklich auf seinen Platz setzen, den Leo leider belegt hatte. Verärgert sah Spencer ihn an, setzte sich dann jedoch auf den Boden. „Was willst du von Ian?“, fragte Spencer. Nach einer Weile fragte er verdutzt: „Max? Der kleine, blonde Junge mit den vielen Sommersprossen?“
 

„Ja, davon habe ich gehört“, seufzte Michael. „Aber woher hast du meine Privatnummer?“ Er saß im Wohnzimmer und stellte jetzt den Fernseher leise. Seine Tochter Jolie saß auf dem Boden und malte ein Bild nach dem anderen. „Achso, klar... Mit Geld kann man jeden Manager bestechen.“ Verärgert runzelte er die Stirn.

„Daddy!“, strahlte Jolie und hielt ein Bild hoch, das ein Haus und zwei spielende Kinder davor zeigte. „Lisa“, erklärte sie, „und ich!“

Michael lächelte ihr zu und hob lobend den Daumen. „Nein, Kai, ich weiß nichts von Max. Hab' ewig nicht mehr mit ihm geredet.“ Er lachte hohl. „Ich hatte keine Zeit für die Beerdigung, Kai! Ich bin ein vielbeschäftigter Mann!“ Etwas verwundert sah er den Telefonhörer an. „Kein Grund, gleich beleidigend zu werden... Klar, du bist auch vielbeschäftigt“, murmelte er, ein wenig pikiert über Kais Ausraster. „Was?“, fragte er erstaunt, als Kai weitersprach. „Du hast wirklich mit Spencer geredet? Wow!! Der ist ja richtig groß rausgekommen! Ich habe gehört, demnächst soll wieder ein Film von ihm ins Ki- Oh, klar, Kai.“ Er hörte weiter zu, wobei er den Kopf schief legte und Jolie beim Malen beobachtete. Er lächelte selig. Dann stutzte er plötzlich. „Niemand, sagst du?“, fragte er leise. „Wirklich niemand? Auch nicht Tyson oder Ray?“ Fassungslos starrte er die Wand an. Damit hätte er nicht gerechnet. Dass die alten Bladebreakers zur Beerdigung gehen würde, damit hatte er gerechnet. Aber Kai schien der einzige zu sein, der den Weg auf sich genommen hatte. „Und du hast Spencer angerufen, um zu erfahren, was Ian mit Max zu tun hat“, schlussfolgerte Michael. „Dir hätte klar sein müssen, dass die keinen Kontakt mehr zueinander haben, immerhin ist Spencer Hollywood-Star, während Ian... ein kleines Licht ist.“ Er schüttelte leicht den Kopf. „Ich habe auch keinen Kontakt mehr zu meinen alten Freunden, Kai. Als ich bekannter geworden bin, wollten sie plötzlich nichts mehr von mir wissen. Neid, nehme ich an.“ Er lobte auch das Bild, das Jolie jetzt hochhielt, indem er den Daumen hochstreckte. „Nein, ich habe keine Ahnung, ob Ian so ein Mensch ist“, seufzte er. „Kai, ich kenne diesen Giftzwerg doch nur vom Sehen! Und selbst das ist Jahre her. Woher soll ich wissen, was der für Probleme hat?“ Er lehnte sich zurück. „Nein, Kai, ich habe zu niemandem von früher mehr Kontakt. Wirklich nicht.“
 

„Ich weiß nur, wo Tala ist“, gab Tyson freundlich an. „Die anderen... Nein, keine Ahnung.“ Hastig lief er in die Küche, wo sein Taschenkalender lag. „Klar, kann ich dir seine Nummer geben. Ich muss sie nur raussuchen. Ich glaube, er hat noch Kontakt zu Bryan.“ Er durchblätterte seinen Kalender. „Aber was genau ist denn eigentlich los?“ Augenblicklich schwand das Lächeln aus seinem Gesicht. „Oh, ja, das habe ich mitbekommen“, sagte er traurig. „Schlimme Sache. Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet Max...“ Er stockte. „Immerhin war er immer der fröhlichste von uns. Und er hat immer so blöde Scherze gemacht.“ Mit einem Mal kamen ihm wieder tausend Erinnerungen in den Sinn. „Und weiß du noch, sein Senf-Tick? Er hat dieses ekelhafte Zeug überall hingeschüttet!“ Tyson lachte leise. „Er war ein wirklich guter Mensch, Kai.“

Nachdem die Telefonate mit Spencer und Michael ihn nicht weitergebracht hatten, hatte Kai sich an eine Reportage über ein neues Musical erinnert, in dem angeblich Tyson die Hauptrolle spielen sollte. Er hatte seine Agenten in Stockholm recherchieren lassen und war auf diese Art und Weise tatsächlich an Tysons Telefonnummer gelangt.

„Warum warst du nicht auf seiner Beerdigung?“, fragte Kai nach einer Weile, als Tyson endlich aufgehört hatte, in Erinnerungen zu schwelgen. „Ich dachte, du würdest kommen.“ Er war zwar hunderte von Kilometern entfernt, doch Kai konnte Tysons Gesicht förmlich vor sich sehen. Wie er betreten und schuldbewusst dreinschaute.

„Naja, ich habe viel zu tun“, antwortete er. „Und einfach so nach L.A. zu fliegen, geht halt nicht. Wir haben die Proben, meine Verlobte ist jetzt schwanger und billig ist es auch nicht.“

„Tyson, es war niemand da“, erzählte Kai.

„Was?“, fragte Tyson verständnislos.

„Zumindest keiner von uns“, verbesserte sich Kai. „Ich bin auch zu spät gekommen. Und rate mal, wen ich getroffen habe.“

„Keine Ahnung“, sagte Tyson.

„Was meinst du, warum ich dich nach den Demolition Boys gefragt habe?“, seufzte Kai. „Ian war da. Und er wusste irgendwas über Max' Tod, aber er wollte es mir nicht sagen. Weißt du, ob Tala noch mit ihm im Kontakt steht?“

Doch Tyson wusste es nicht.

Genauso wenig, wie er wusste, was Max in den letzten Jahren getrieben hatte.
 

Tala saß an seinem Klavier und spielte in Gedanken versunken eines der Lieder, die er für das Musical Almaric geschrieben hatte. Am liebsten hätte er bei der Uraufführung selbst im Orchester gesessen und gespielt. Da trug man keine ganz so große Verantwortung wie als Dirigent und konnte wenigstens ein bisschen von dem Stück genießen, wenn auch nur akustisch.

Als das Telefon klingelte, überlegte er, überhaupt nicht dran zu gehen. Wer sollte ihn schon anrufen?

Vermutlich Tysons Verlobte Alissa, die hier in Stockholm zu Talas besten Freunden gehörte. Sie hatte die Angewohnheit, jedes Mal, wenn Tyson keine Zeit zum Quatschen hatte, bei Tala anzurufen und ihm irgendwelche Geschichten zu erzählen, die ihr auf der Arbeit passiert waren. Dabei erwähnte sie auffällig häufig eine andere Krankenschwester, Svenja, die hübsch, nett, humorvoll und in Alissas Erzählungen und ihrer Wohnung äußerst präsent war. Alissa und Tyson ließen es immer wie Zufälle aussehen, dass Svenja und Tala gerade zur selben Zeit bei ihnen waren, aber Tala hatte längst kapiert, dass die beiden beschlossen hatten, ihn zu verkuppeln. Und sie waren verdammt hartnäckig.

Das Klingeln wollte einfach nicht aufhören.

Schließlich seufzte Tala und stand auf, um zum Telefon zu gehen.

„Tala Ivanov“, meldete er sich.

„Hier ist Kai“, erklang die Stimme am anderen Ende.

„Kai?“, wiederholte Tala verdutzt und ging in Gedanken sämtliche (also zwei) Kais durch, die er kannte. Er zögerte kurz. „Kai Hiwatari?“, fragte er dann misstrauisch. Aber was sollte der schon von ihm wollen? Er hatte ewig nicht mehr mit Kai geredet, genau wie mit Spencer.

Wenn man reich oder berühmt (oder beides) wurde, interessierte man sich halt nicht mehr für alte Freunde. Traurig, aber wahr.

„Ja, ich bin's“, sagte Kai. „Ich habe deine Nummer von Tyson.“

„Ah“, machte Tala wissend und nahm sich vor, Tyson am nächsten Morgen nicht zur Arbeit abzuholen. Was fiel dem eigentlich ein?

„Ich will auch nicht um den heißen Brei reden“, sagte Kai etwas ungeduldig. „Ich wollte nur fragen, ob du vielleicht eine Ahnung hast, wie es Ian geht.“
 

Kai saß nachdenklich in seinem Büro.

Er hatte jetzt jeden kontaktiert, an den er rangekommen war. Zuerst die beiden Berühmtheiten, Spencer und Michael. Ihre Privatnummern hatte er durch Geld bekommen. Das war einfach gewesen. Danach Tyson, der ihm auch Talas Nummer gegeben hatte. Tala hatte noch Kontakt zu Bryan, der über seinen alten Teamkollegen leider genauso wenig gewusst hatte wie Tala und Spencer. Schließlich hatte Kai noch Johnny kontaktiert, der als Anwalt in Schottland arbeitete hin und wieder wegen irgendwelcher Mordfälle in der Zeitung stand. Außerdem wusste Kai, wo Mariah war. Er hatte sie in einer Reportage über eine Hilfsorganisation in Afrika gesehen, wusste also, für wen sie arbeitete. Mit ein paar Anrufen und ein bisschen Kleingeld konnte er sie ebenfalls erreichen, obwohl sie momentan keinen festen Wohnsitz zu haben schien. Aber er wusste nicht, wofür er das tun sollte.

Tyson und Michael waren die einzigen wirklichen Freunde von Max, die Kai noch hatte ausfindig machen können. Von Kenny und Ray fehlte ihm jede Spur.

Die alten Demolition Boys hatte er alle gefunden, wenn zwei von ihnen auch mehr durch Zufall und Glück – wer hätte denn ahnen können, dass Tala und Tyson befreundet waren? -, aber sie waren allesamt ahnungslos.

Und den Anruf an Johnny hätte er sich sparen können. Wenn schon Max' und Ians Freunde nichts über die beiden wussten...

Kai seufzte schwer. Er wusste selbst nicht, weshalb ihn das alles so beschäftigte.

Vielleicht hatte Ian ja nur versucht, ihm ein schlechtes Gewissen einzureden (was ihm zweifelsohne gelungen war) und Max war tatsächlich zum Drogenjunkie verkommen und hatte einmal zu viel geschnüffelt oder gespritzt. Woran genau er gestorben war, wusste Kai nicht einmal.

Aber würde Ian wirklich behaupten, dass Max umgebracht worden war? Nur um Kai dieses schreckliche Gefühl zu bereiten? Das glaubte Kai nicht.

Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken.

„Alana?“, fragte er, da er die Nummer seiner Sekretärin auf dem Display erkannt hatte.

„Mr Hiwatari, hier ist ein junger Mann, der dringend mit Ihnen reden möchte“, sagte sie etwas ungeduldig. Sie schien eine hitzige Diskussion mit ihm geführt zu haben. „Können Sie bitte rauskommen und sich darum kümmern?“

„Jaja, ich komme gleich“, murrte Kai und legte einfach auf. Da sie ihm keinen Namen genannt hatte, war der junge Mann wohl nicht wichtig. Also konnte Kai in Ruhe noch seine Gedanken zu Ende denken.

Die Beerdigung war jetzt eine knappe Woche her und er wusste noch immer nichts.

Auf Ians Anruf hatte er vergeblich gewartet. Obwohl er genau wusste, dass er sich überhaupt keine Hoffnung hätte machen müssen, schließlich hatte der Kleinwüchsige den Zettel mit Kais Handynummer einfach achtlos hinter sich geschmissen und vermutlich schon vergessen.

Vielleicht würde Kai nie erfahren, warum sein Freund hatte sterben müssen.

Dieser Gedanke machte ihn ganz beklommen.

Abermals klingelte das Telefon. Er blickte auf den Display. Alana wieder.

Aus dem Vorzimmer hörte er ein undefinierbares Geräusch.

Vermutlich wurde sein Besucher ungeduldig und redete auf die arme Sekretärin ein.

Kai erhob sich langsam aus seinem Sessel und gähnte langgezogen. Warum arbeitete er um diese Zeit eigentlich noch? Er und Alana waren ohne Zweifel die einzigen, die noch im Büro saßen und werkten. Die restlichen Mitarbeiter waren bereits vor knapp drei Stunden gegangen. Ein paar von ihnen arbeiteten zu Hause noch weiter. Aber Kai mochte es nicht, in seiner Villa zu arbeiten. Da wollte er sich nur entspannen.

Er ging zu der Tür zum Vorzimmer.

Als er sie öffnete, stieg ihm ein merkwürdiger Geruch in die Nase. Er trat einen Schritt in den Raum. Alana hing bewusstlos in ihrem Schreibtischstuhl. Von dem Besucher war keine Spur zu sehen.

Noch bevor Kai eine Idee hatte, was er tun sollte, wurden seine Muskeln schlaffer. Er knickte ein und schlug mit dem Kopf gegen die Wand. Im nächsten Augenblick verlor er das Bewusstsein.

Auf nach L.A.

Hallo!

Danke für eure Kommentare!

Und danke dafür, dass ihr Bryan Dreckblag anscheinend mögt... Ich mag

Nikolai (ja, er hat einen Namen!!) nämlich auch und immerhin gehört er zu den

Hauptcharakteren (okay, ein bisschen übertrieben...)

Ansonsten: Natürlich kommt Tala nicht mit Svenja zusammen o.o Bevor ich

ihn mit einer Frau verkuppel, lasse ich ihn lieber einsam sterben (ich durfte

in der FF nämlich nur einen einzigen Charakter schwul schreiben *sniff*)
 

Viel Spaß beim Lesen!!
 


 

„Ja, ich denke, ich weiß, wer es war“, sagte Kai etwas säuerlich an seine

Sekretärin Alana gewandt. Sie saßen gemeinsam in Kais Büro und tranken Kaffee,

um sich von dem Schock zu erholen.

Es war schon weit nach Mitternacht. Sie mussten mindestens drei Stunden

bewusstlos im Vorzimmer zu seinem Büro gelegen haben. Vermutlich war es

vergast worden. Noch immer hing ein unangenehmer Geruch in der Luft. Deshalb

war Alana auch jetzt hier bei ihm.

„Wirklich?“, fragte sie und trank einen Schluck aus ihrer dampfenden Tasse.

Kai schlurfte zu dem Kühlschrank und holte eine Cola-Dose heraus. Er presste

sie gegen die Macke an seinem Kopf, die er sich zugezogen hatte, als er gegen

die Wand gefallen war. Ein Glück, dass es nicht mehr war. Mit einer Beule

konnte er problemlos leben.

„Nach deiner Beschreibung...“ Er nickte. „Ich kenne nicht viele Kleinwüchsige

in zerbeulten Sachen.“ Er setzte sich ihr gegenüber in die Sitzecke, in der er

für gewöhnlich mit Geschäftspartnern saß. „Das war Ian, ein Bekannter von

mir.“ Er seufzte. „Den sehen wir vermutlich nicht so schnell wieder.“

„Warum?“, fragte sie besorgt.

„Ich nehme an...“ Kai schluckte. „Vermutlich ist er entführt worden.

Vielleicht hat ihn irgendjemand verfolgt.“

Ian hatte gesagt, dass Max ermordet worden war.

Immer und immer wieder schoss es Kai durch den Kopf, wie Ian ihn angeschaut

hatte.

„Ist dir vielleicht mal der Gedanken gekommen, dass er wirklich in der

Klemme stecken könnte? Dass er vielleicht Feinde hatte?“

Er hatte nicht nur über Max geredet.

Er hatte sie beide gemeint.

Und jetzt war er unter Kais Nase einfach so entführt worden.

Aus Kais Büro heraus!

Und er hatte hier gesessen und an ihn gedacht. Was für eine Ironie!

„Echt? Er wirkte nicht sehr auffällig“, wunderte sich Alana. „Weshalb sollte

jemand einen Kleinwüchsigen entführen?“

Kai runzelte die Stirn. „Du erinnerst dich bestimmt an meinen Freund, der vor

eineinhalb Wochen gestorben ist?“, fragte er.

Sie nickte leicht.

„Ian war enger mit ihm befreundet, nehme ich an. Ich habe nach der Beerdigung

mit ihm geredet.“ Kai lehnte sich zurück, noch immer die Cola-Dose an seinen

Kopf pressend. „Er hat behauptet, Max wäre umgebracht worden.“

„Was?“, fragte Alana entsetzt. „So eine freche Behauptung!“

Kai zuckte leicht mit den Schultern. Mittlerweile erschien ihm diese

Behauptung alles andere als frech. Allmählich begann er wirklich, daran zu

glauben.

Sonst wäre ihm doch jetzt nicht klar gewesen, dass Ian entführt worden war.
 

„Er ist immerhin einer meiner besten Freunde gewesen“, versuchte Tyson, zu

erklären.

„Aber es kommt so plötzlich“, beschwerte sich Alissa. „Der Typ hat angerufen

und du packst sofort deine Sachen!“

„Alissa, Liebes“, seufzte Tyson und hörte auf, seine Sachen zusammen zu

packen. Er ging auf sie zu und umarmte sie. „Kai hat vollkommen Recht. Wir

sollten der Sache wirklich nachgehen. Immerhin ist der Einzige, der etwas

wusste, spurlos aus Kais Büro verschwunden!“

„Deshalb musst du nach L.A.?“, ärgerte sie sich. „Was willst du da?“

Tyson ließ sie wieder los und faltete seine T-Shirts doppelt, um sie alle in

den Koffer zu kriegen. „Ich will wissen, warum Max gestorben ist.“ Nachdem er

auch sein Textbuch und ein Foto von Alissa eingepackt hatte, schloss er den

Reißverschluss seines Gepäckstücks. „Und ich will die Chance nutzen, dass Kai

uns extra ein Flugzeug stellt.“

„Tala kommt also auch mit?“, fragte sie ernst und runzelte die Stirn.

Tyson nickte. „Aber eher wegen Ian. Er ist unheimlich besorgt.“ Er stellte den

Koffer auf und trug ihn dann die Treppe hinunter.

„Glaubst du, ich bin nicht besorgt?“, fragte sie, während sie hinter ihm

hereilte.

Tyson lächelte sanft.

„Was ist mit der Arbeit?“, fragte sie. „Müsst ihr nicht proben? Für die

Premiere?“

„Das geht jetzt vor.“ Tyson öffnete die Haustür. „Alissa, wir sind doch bald

wieder da. Ist doch kein Drama.“
 

Bryan trommelte ungeduldig einen Rhythmus auf seinen Oberschenkeln. Er blickte

abwechselnd zur angrenzenden, verschlossenen Bürotür und dem Eingang zur

Toilette, wo sein Sohn Nikolai vor etwa einer Minute verschwunden war. Hin und

wieder ließ Bryan seinen Blick auch kurz zu der jungen, blonden Frau, die

hinter ihrem Schreibtisch saß und ihn ziemlich eindringlich musterte, wandern.

Im Gegensatz zu ihr besaß er jedoch Schamgefühl, weshalb er jedes Mal schnell

wieder wegsah.

Er fühlte sich mehr als nur fehl am Platze in seiner einfachen, verwaschenen

Jeans und dem gewöhnlichen Pullover. Er hätte sich ja ordentlich angezogen,

wenn Kai ihm mitgeteilt hätte, dass die Adresse, an die Bryan hatte kommen

sollen, ein hochmodernes Bürogebäude mit sterilen, blau gekachelten Gängen und

strengen Sekretärinnen war, die ihn allesamt angestarrt hatten, als wäre er

ein Fremdkörper – der er ja auch eigentlich wirklich war! Hätte Kai ihm nicht

einfach seine Privatadresse geben können?

Die Frau starrte ihn noch immer an, bis sie schließlich zum Telefonhörer griff

und zwei Tasten drückte.

Bryan sah betont desinteressiert weg, weshalb sie sich traute, mit leiser

Stimme zu sprechen: „Mr Hiwatari, jetzt kommen Sie doch endlich. Nicht dass

der Penner uns auch noch vergast und geklaut wird.“ Als Lehrer war Bryan geübt

darin, zu hören, was nicht für seine Ohren bestimmt war. Er sah Kais

Sekretärin kurz irritiert an, bevor er sich etwas versteifte und wieder in die

andere Richtung blickte. Er konnte dieses... dieses Weib nicht ausstehen! Wenn

sein Anblick auf sie so schockierend wirkte, dass sie es nötig hatte, ihn vor

ihrem Chef als Penner zu deklarieren, dann sollte sie ihn gefälligst

nicht so lüsternd anstarren! „Jaja“, murmelte sie mit einem niedlichen

Lächeln. „Der Kerl war ein Mensch und wurde nicht geklaut, sondern

entführt...“ Ihrem resignierenden Tonfall konnte Bryan entnehmen, dass sie

wohl häufiger für das Wort geklaut in diesem Zusammenhang

zurechtgefahren worden war. „Aber er war doch so klein“, kicherte sie. „Fast

wie ein Kind. Also wurde er doch eigentlich gekidnappt, nicht wahr?“

Das reichte Bryan. Er stand auf, durchquerte den Raum mit drei Schritten und

riss ihr den Telefonhörer aus der Hand. Er drückte einfach auf den Hörer und

ließ das Gerät zurück auf den Tisch fallen.

„Red' nicht so über Ian“, fauchte er sie an.

Sie zuckte erschrocken zurück und blickte ihn aus großen, blauen Augen an.

„Paps?“, fragte plötzlich eine Stimme aus Richtung der Toilettentür. „Die

haben da drin keine Handtücher.“

Bryan warf der Frau einen kurzen, warnenden Blick zu, dann wandte er sich an

seinen Sohn: „Dann wisch' dir die Hände an der Hose ab.“

„Okeee“, lächelte Nikolai selig und tat das, was ihm seine Mutter immer

verboten hatte.

„Komm', lass uns jetzt reingehen“, forderte Bryan Nikolai auf.

„Sie können doch nicht einfach...!“, empörte sich die Frau, doch Bryan nahm

seinen Sohn bei der Hand, öffnete einfach die Tür und betrat Kai ziemlich

geräumiges, edel eingerichtetes Büro.

„Wow“, staunte Nikolai und blickte sich im Büro um. „Das ist ja cool!“

Mit seinem Ausruf machte er Kai auf sich aufmerksam, der gerade ein Telefonat

auf Englisch führte, welches er nun auflegte. Er blickte Bryan hitzig an.

„Kannst du nicht eine Minute lang warten?“, fragte er ziemlich unfreundlich.

„Ich habe mehr als nur eine Minute gewartet.“ Bryan schmiss die Tür hinter

sich zu und schob seinen Sohn in die Mitte des Raums. „Und ich habe es nicht

nötig, mich von einer strohdummen Sekretärin anstarren zu lassen.“

Kai verschränkte die Arme vor der Brust.

„Aber vermutlich hat sie andere Qualitäten als Diskretion...“, vermutete Bryan

unverschämterweise.

„Was will das Kind hier?“, ärgerte sich Kai.

„Das ist mein Sohn Nikolai“, stellte Bryan den Jungen, der artig hinter ihm

stand und Kai, der ja fies zu seinem Vater gewesen war, böse anguckte.

„Sicher, dass das Kind von dir ist?“, fragte Kai etwas abfällig.

Bryan funkelte ihn nun ebenfalls wütend an.

„Ich mein' ja nur“, murmelte Kai. „Immerhin bist du sehr blass und er...“

„Halt ja die Klappe“, fauchte Bryan ihn an, bevor er den Satz beenden konnte,

vermutlich damit sein Sohn nicht hörte, was Kai zu sagen hatte. „Meine...

Exfrau ist afroamerikanischer Herkunft“, erklärte er den Umstand, dass sein

Sohn ihm nicht sehr ähnlich sah, sondern mokkabraune Haut und schwarze, kurze

Haare hatte.

Kai unterdrückte ein belustigtes Grinsen. „Und deine afroamerikanische Exfrau

musste wohl ihrem Job als Reinigungsfachkraft nachgehen und konnte deshalb

nicht auf das Blag aufpassen?!“

Bryan drehte sich zu Nikolai um und nickte in Richtung der Couchgarnitur.

„Wartest du da mal auf uns?“ Das Gespräch wurde ihm zu rassistisch. So etwas

musste sein Sohn nicht unbedingt hören. Als Nikolai sich auf das Sofa

gelümmelt hatte und eine der Zimmerpflanzen begutachtete, antwortete Bryan

leise: „Sie ist Lehrerin, klar?“ Er machte eine kurze Pause. „Und selbst wenn

sie nur putzen würde – ehrlicher und besser als dein Beruf wäre es

allemal!“

„Da sonntags keine Schule ist, hättest du sie aufpassen lassen können“, fand

Kai. „Das Kind hat hier nichts verloren!“

Bryan presste die Lippen aufeinander und schüttelte dann den Kopf. Es war ihm

unangenehm, mit Kai darüber zu sprechen, aber er hatte Nikolai zum ersten Mal

seit mehreren Wochen für eine Ferienwoche bei sich. Und diese Gelegenheit

wollte er voll und ganz ausnutzen. Da war es ihm egal, ob Kai ihn nach L.A.

schleppte oder sonstwas tat. Außerdem war Nikolai von der Idee, nach L.A. zu

fliegen, hellauf begeistert gewesen. Und schließlich hatte er seinen Vater

auch vermisst. Er hatte die etwa einstündige Autofahrt nach Moskau damit

verbracht, über Marinas neuen Freund, Sascha, zu jammern und ständig zu

betonen, wie blöd der doch sei.

„Wollen wir nicht allmählich los?“, fragte Bryan schließlich.

„Klar.“ Kai stand auf.

Das sah Nikolai als Zeichen zum Aufbruch, weshalb er aufsprang und zurückkam.

Das Wiedersehen

„Michael Parker?“, fragte Leo etwas verdutzt, als er auf den gut aussehenden

Mann in seinem Alter stieß, der mit einer brünetten, jungen Frau dort saß, wo

Kai Hiwatari auch ihn und Spencer hinbestellt hatte. Es war ein Büro der

BioVolt – in sämtlichen großen Städten der Welt war die BioVolt mittlerweile

vertreten.

Michael war etwas verdutzt. Er war es gewohnt, auf der Straße erkannt zu

werden, aber dieser Mann kam ihm irgendwie bekannt vor... Als Spencer

ebenfalls durch die Tür hineinkam, fiel es ihm wieder ein. Der zierliche Mann

war nur flüchtig bekannt. Das einzige, was man über ihn wusste, war dass er

Spencer Petrov auf Schritt und Tritt folgte.

Spencer sah Michael etwas geringschätzig an. „Sonst niemand hier?“, fragte er.

„Ich wusste gar nicht, dass du Spencer Petrov kennst!“, strahlte die brünette

Frau ihren Mann an. Sie ging auf Spencer zu. „Ich bin Sara Parker“, stellte

sie sich begeistert vor.

Michael runzelte die Stirn.

„Ich bin Leonard Braun“, stellte sich Leo jetzt ebenfalls vor. „Ihr könnt mich

ruhig Leo nennen.“ Seinen ganzen Namen hatte er deutsch ausgesprochen, während

sein Spitzname englisch klang. Auch seine einwandfreie englische Aussprache

ließ darauf schließen, dass er schon seit mehreren Jahren mehr Englisch als

seine Muttersprache sprach. Mit seinem freundlichen Lächeln und der Tatsache,

dass er ihnen seinen Spitznamen genannt hatte, hatte er festgelegt, dass die

vier sich untereinander duzen sollten, was Spencer und Michael, die es nicht

für nötig hielten, sich vorzustellen, da ihre Namen bereits gefallen waren, ja

eh schon taten.

„Sara ist meine Frau“, lächelte Michael stolz.

Sara war wirklich eine Frau, mit der man sich sehen lassen konnte. Mit ihren

langen, braunen Haaren, die glatt über ihre Schultern fielen, und den

sanftmütigen, rehbraunen Augen, war sie eine wahre Schönheit. Und sie strahlte

eine unglaubliche Sanftheit aus. Eine bessere und geduldigere Mutter für seine

Kinder hätte Michael seiner Meinung nach nicht finden können. Nirgendwo.

„Leo ist mein Lebensgefährte“, erklärte Spencer das Verhältnis zwischen ihm

und dem jungen Mann.

„Oh“, machte Michael überrascht. „Du bist schwul?“ Er konnte sich ein

amüsiertes Grinsen nicht verkneifen. „Ausgerechnet du?“ Er hielt sich die Hand

vor den Mund, so als wolle er nicht, dass sein Gegenüber sein Grinsen sah.

„Sorry, dass ich grinse“, murmelte er. „Aber das ist echt... überraschend.“

„Ich hätte auch nie gedacht, dass ausgerechnet du schwul bist“, meinte Sara

fassungslos und starrte Spencer an, als habe er ihr soeben mitgeteilt, er

würde sich zur Ruhe setzen und nie wieder einen Film drehen – was für sie als

Fan schrecklich gewesen wäre!

„Neidisch?“, grinste Leo sie frech an.

Michael zog eine Schnute und blickte beleidigt zur Seite.

Sara kicherte. „Quatsch“, meinte sie amüsiert und legte ihren erschrockenen

Gesichtsausdruck ab. „Aber warum wussten wir das nicht? Bei so berühmten

Leuten weiß man doch, wenn sie schwul sind. Das muss doch Schlagzeilen geben!“

„Nö“, meinte Spencer lässig. „Mir wird eh nachgesagt, dass ich etwas

exzentrisch bin, also kann ich es mir erlauben, mich nur von einem einzigen

Kamerateam filmen zu lassen. So fällt es nicht auf, dass er überall da ist, wo

ich bin.“

„Warum outest du dich nicht öffentlich?“, fragte Michael erstaunt. „Das gibt

doch verdammt gute PR.“

„Aber es ist stressig“, meinte Spencer. „Wenn es irgendwie mal an die

Öffentlichkeit kommt, ist es okay. Aber das muss man ja nicht provozieren...“

„Von dir weiß man ja auch nicht, dass du verheiratet bist“, setzte Leo

ergänzend hinzu.

„Wir haben zwei kleine Töchter.“ Michael lächelte versonnen. „Und für die

beiden wäre es wohl alles andere als schön, ständig im Mittelpunkt zu stehen,

nur weil sie einen berühmten Daddy haben.“ Er warf Sara einen liebevollen

Blick, der mit einem Lächeln erwidert wurde, zu.

„Kinder?“, fragte Leo begeistert. „Sind die auch hier?“ Er sah sich in dem

recht großen Raum um, konnte jedoch nirgends Kinder entdecken.

„Nein, wir haben sie bei unserer Nachbarin gelassen“, sagte Sara und wühlte

ihrer Handtasche. „Aber ich habe Fotos dabei.“ Während Spencer sich auf den

Sessel, der der Couch, auf der Michael saß, gegenüberstand, setzte, zog Sara

ihr Portmonee aus ihrer Hantasche und klappte es auf. Sie zog zwei Bilder

heraus. „Das hier ist Lisa“, stellte sie das rotblonde Mädchen vor. „Und die

Kleine hier“, sie deutete auf das blonde Engelchen, „ist Jolie.“

Leo besah sich die Bilder begeistert. „Die sind ja total süß“, lächelte er

verzückt. „Diese Kulleraugen und... Ohh... Dieses niedliche Lächeln.“ Er

strahlte förmlich. „Lisa sieht ja ihrem Daddy ähnlich, aber Jolie hat dein

Gesicht. Die wird bestimmt mal eine richtige Schönheit!“

Sara errötete leicht. „Danke“, murmelte sie verlegen.

Michael und Spencer warfen sich über Tisch, der zwischen ihnen stand, hinweg

belustigte Blicke zu. Sie hatten scheinbar schon vergessen, dass sie sich vor

wenigen Minuten noch missbilligend gemustert hatten und dass sie schon seit

Jahren miteinander befeindet waren. Nicht dass sie es jemals offen zum

Ausdruck gebracht hätten... Aber wegen den Geschehnissen in ihrer Jugend

hatten sie eigentlich immer mit einer gewissen Distanz über den jeweils

anderen gedacht, wenn er gerade im Fernsehen zu sehen war, was ja bei beiden

oft vorkam. Spencer hätte niemals zugegeben, dass er Michaels freche Sprüche

richtig lustig fand, während Michael stets behauptete, er würde Spencers Filme

nur sehen, weil seine Frau ihn dazu drängte.

Aber auf einmal waren all diese Gedanken verschwunden, während Leo Sara Fotos

von seinen Neffen zeigte, die in Deutschland wohnten.

Plötzlich öffnete sich die Tür, vor der eine Sekretärin darüber wachte, dass

niemand, der sich nicht als einer derjenigen, die Kai Hiwatari erwartete,

ausweisen konnte, den Raum betrat.

„Spencer?“, fragte Tala verdutzt und lächelte dann breit. „Mein Gott, du

siehst gut aus!“ Er hatte schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu Spencer,

weshalb er in der Tür stehenblieb und ihn einfach nur anstarrte.

„Tyson!“, strahlte Michael und sprang auf, um auf Tyson zuzulaufen und ihn

kräftig in den Arm zu nehmen. „Wie toll, dich zu sehen!“ Als er Tyson zur

Couch zog, folgte Tala den beiden und setzte sich ebenfalls auf einen der

Sessel.

„Hallo, Tala“, meinte Spencer etwas verlegen.

„Das sind Sara und Leo“, stellte Michael die beiden anderen vor. Dann deutete

er auf die beiden Neuankömmlinge. „Und hier sind Tyson und Tala.“

„Die beiden haben ihre Ehefrauen nicht mitgebracht“, stellte Leo, der auf

weitere Saras gehofft hatte, enttäuscht fest.

„Weil wir keine haben“, meinte Tala etwas verdutzt und warf Spencer einen

fragenden Blick zu. Er schien sich zu fragen, was Leo hier machte. Genau wie

Sara. Was wollten die beiden hier?

„Ich habe aber eine Verlobte“, erzählte Tyson begeistert und zog sein

Portmonee heraus, um ihr Foto zu suchen. „Das ist Alissa.“ Er reichte Sara das

Bild.

Michael und Spencer grinsten sich wieder gegenseitig an.

„Die ist aber hübsch“, fand Sara und zeigte Leo das Foto. „Schön, nicht wahr?“

„Und wie!“ Leo nickte anerkennend. „Ihr beiden passt bestimmt gut zueinander!“

„Tala hat auch eine“, setzte Tyson hinzu und zog ein weiteres Foto hervor, auf

dem seine Verlobte und eine andere junge Frau, die genau wie Alissa die Tracht

einer Krankenschwester trug und kokett in die Kamera lächelte, zu sehen waren.

„Was?“, fragte Tala verdutzt und versuchte einen Blick auf das Foto zu

erhaschen, das Tyson jedoch sofort an Sara weiterreichte.

„Das ist Svenja“, stelle Tyson vor. „Sie ist toll, nicht wahr?“

Leo nickte anerkennend.

„Hee!“, beschwerte sich Tala. „Ich habe nichts mit Svenja!“ Er warf Tyson

einen vorwurfsvollen Blick zu.

„Musst dich doch nicht schämen“, feixte Tyson. „Aus dem Alter sind wir doch

raus!“

Michaels Frage, ob die beiden sich tatsächlich miteinander angefreundet

hatten, ging in dem Gelächter um ihn herum unter.
 

Als Kai, Bryan, Nikolai und Alana nach einigen Stunden in den reservierten

Raum traten, war dieser leer. Entsetzt starrte Kai auf die leere Couch, wo er

eigentlich die anderen ehemaligen Beybladeprofis erwartet hatte, doch niemand

war hier. Was, wenn sie auch entführt worden waren?

Er stürzte zurück in den Vorraum zu der Sekretärin. „Wo sind sie hin?“, fragte

er aufgeregt.

„Sie wollten zusammen etwas essen gehen“, entschuldigte sich die Frau. „Ich

habe versucht, sie dazu zu bringen, sich etwas herzubestellen, aber sie

wollten unbedingt in ein Restaurant.“

„Und in welches?“, fragte er hitzig.

„Nicht wichtig“, tönte plötzlich ein Stimme. „Wir sind wieder hier!“

„Johnny!“, rief Kai entsetzt, als ihm ein rothaariger, junger Mann

entgegentorkelte und sich dann auf einen Stuhl, der vor dem Büro stand, sinken

ließ.

„Du verträgst aber auch gar nichts“, machte sich Tyson über den Schotten

lustig. Er ging, selbst nicht mehr sehr fest auf den Beinen, Kai entgegen und

fiel ihm um den Hals. „Kai, ich hab dich ja sooo vermisst!!“

Kai stieß ihn von sich und starrte ihn entsetzt an. „Ihr habt euch besoffen?“,

fragte er entgeistert, als er auch die anderen Personen ausmachen konnte.

„Ich nicht!“, kam es von einem brünetten, jungen Mann, der sich aus der Menge

löste und wichtig machte: „Ich trinke ja generell nicht. Und ich habe ihnen

allen gesagt, sie sollen nicht so viel trinken, aber auf mich wollte ja mal

wieder niemand hören!“ Er seufzte resignierend. „Aber das bin ich ja schon

gewohnt... Warum hört bloß nie jemand auf mich?“ Er trank einen Schluck aus

der Flasche, die er in der Hand hielt.

Kai hob eine Augenbraue. Wie konnte jemand so dämlich sein, zu behaupten, er

trinke nicht, und sich dann zur Unterstützung seiner eigenen Worte besaufen?

Bryan warf Kai einen irritierten Blick zu.

„Sei doch mal still, Leo“, jammerte Tyson. „Du nervst!“

„Sagst gerade du“, grinste Tala belustigt. Er schien von den hier Anwesenden

am klarsten zu sein, wenn man von der jungen Frau, die neben Michael stand,

absah.

„Ähm... Ihr habt euch also gemeinschaftlich besoffen?“, stellte Kai

schließlich fest.

„Jau!“, nickte Michael ernst, wofür er sich einen Knuff in die Seite von

seiner Frau einfing.

Kai verdrehte resignierend die Augen.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Bryan etwas hilflos.

Tala knickte plötzlich ein, legte sich auf den Boden und... schlief ein! Von

wegen, am klarsten...

Kai verzog kritisch das Gesicht. „Naja“, murmelte er. „Sehe ich so aus, als

müsste ich öfter solche Situationen meistern?“

„Es ist schon spät, wir könnten ins Bett gehen“, schlug Bryan vor.

„Etwas anderes bleibt uns vermutlich nicht übrig“, ärgerte sich Kai. „Selbst

als Teenagern hätte ich ihnen mehr Vernunft zugetraut!“

„Hm“, machte Bryan leidend. „Ich hatte eigentlich gehofft, wir könnten sofort

anfangen, nach Verbindungen zwischen Ian und Max zu suchen. Ich mache mir

richtige Sorgen, weißt du...“

Kai nickte leicht. „Ja, ich auch“, murmelte er. „So ein Mist!“

Michaels Frau hatte sich mittlerweile von der Gruppe gelöst und zu Alana

gestellt. Vorwurfsvoll blickte sie in die Runde. Scheinbar war sie wirklich

gegen dieses Besäufnis gewesen.

Johnny und Tala schliefen ruhig und selig, Michael und Tyson knufften sich

grundlos gegenseitig und Leo trank, während Spencer, der hinter ihm stand,

sanft über seinen Hals streichelte.

„Wo schlafen wir eigentlich?“, fragte Bryan.

Auf einmal sympathisierten er und Kai ebenfalls automatisch. Es war

erstaunlich, dass die beiden Männer, die sich den ganzen Flug über darauf

gefreut hatten, bald endlich auf andere alte Freunde zu treffen, plötzlich

wieder freundlich miteinander sprachen. Vermutlich, weil sie beide verärgert

waren. Und nicht nur verärgert. Auch wenn sie beide es gut hinunterspielen

konnten, waren sie doch stocksauer.

„In einem Hotel“, meinte Kai gepresst.

Bryan wollte gerade fragen, wie weit dieses Hotel denn entfernt sei, als

Spencer plötzlich auf Nikolai aufmerksam wurde und belustigt anmerkte: „Guck'

mal, der Niggerjunge sieht aus wie Jim Knopf!!“

Bryan starrte ihn fassungslos an. Hatte Spencer gerade tatsächlich abfällig

von seinem Sohn geredet? Er stellte sich schützend vor Nikolai. „Und die

Schwuchtel neben dir wie Marilyn Monroe!“, fauchte er aggressiv zurück. Ihm

war nicht entgangen, wie Spencer den jungen Mann bei sich anfasste. Aber er

hatte nichts gesagt. Er war ja tolerant. Und gerade Spencer hätte eigentlich

ebenfalls tolerant sein müssen!

Als Kai sich darüber lustig gemacht hatte, war es Bryan egal gewesen. Er hatte

schließlich nie sonderlich viel Wert auf Kais Meinung gelegt. Aber jetzt bei

Spencer war es etwas anderes. Immerhin waren sie früher einmal Freunde

gewesen! Und sie hatten eigentlich nie beschlossen, keine Freunde mehr zu

sein. Klar, irgendwann war der Kontakt abgebrochen, aber eigentlich hatte

Bryan immer gedacht, dass Spencer ihn noch immer mochte. Und dann kam so

etwas!

Spencer hatte sich nun ebenfalls schützend vor den recht perplexen Leo („Warum

hat mir das vorher niemand gesagt?“) gestellt und funkelte Bryan böse an.

„Wir gehen jetzt“, beschloss Kai ernst. Er konnte es sich nicht leisten, dass

die Situation eskalierte, denn er konnte sich denken, zu was Spencer fähig

war. Bryan hatte nicht den Hauch einer Chance gegen ihn. Aber andererseits

hatte Kai auch schon gemerkt, wie wichtig Bryans Sohn für ihn war.

Dementsprechend hätte sich Bryan vermutlich totprügeln lassen, nur um Nikolais

Ehre wiederherzustellen.

Kai stellte sich mutig zwischen die beiden und packte Bryan dann am Ärmel.

„Komm', Bryan, ich brauche jetzt jemanden, der nicht völlig zu ist und mir

helfen kann, die Idioten hier rauszuschaffen.“

Spannungen

Hey^^

Danke für die Kommentare ^^

Hm... Joah, irgendwie gibt es in der FF viele Arschlöcher.

Dass Spencer diesen deplatzierten Kommentar bringen musste, lag vielleicht

daran, dass er betrunken war (wirklich rassistisch ist er ja nicht,

schließlich lebt er als Russe in Amerika mit einem deutschen

Lebensgefährten^^") und Bryan musste sich selbstverständlich verteidigen. Also

Spencer ist kein Rassist und Bryan hat auch nichts gegen Schwule. Es geht mehr

um Stolz und so... u.u
 

Viel Spaß beim Lesen ^^
 

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Der nächste Tag war ein herbstlicher Montag. Es regnete zwar nicht, war jedoch

für das Klima in L.A. recht kühl und stark bewölkt.

Während Kai in einem der Büros des Gebäudes saß und ein Telefonat nach dem

anderen führte, um herauszufinden, wo Ian und Max gewohnt hatten, kniete Tyson

auf dem ungefegten Weg des Friedhofes vor dem Grab seines verstorbenen

Freundes. Jetzt war er ja doch hier, also hätte er auch zur Beerdigung kommen

können. Er seufzte schwer, während er sich das bescheidene Grab ansah. Auf dem

Grabstein standen nur Max' Name, das Geburtsdatum und der Tag, an dem er

gestorben war. Kein zusätzlicher, kleiner Spruch oder eine andere liebevolle

Geste. Auf dem Grab hatte jemand Blumen mit weißen Blüten gepflanzt.

Vielleicht waren es Max' Lieblingsblumen gewesen. Vielleicht aber auch nicht.

Tyson überkam wieder ein schlechtes Gewissen. Er erinnerte sich noch zu gut an

den blonden, immer fröhlichen Jugendlichen, der ihn oft viel zu früh geweckt

hatte, mit dem er immer Spaß gehabt hatte und der einfach nie aufgehört hatte

zu lachen.

Was war hier nur passiert?

„Ist alles in Ordnung, Tyson?“, fragte Tala besorgt und ging neben ihm in die

Knie.

Tyson nickte. „Ja“, sagte er leise und drückte sich leicht gegen Tala, der

tröstend den Arm um seine Schultern legte. „Nein“, antwortete er dann ein

weiteres Mal auf die Frage. „Ich will wissen, was los war.“

„Ich auch“, erwiderte Tala leise und blickte nun ebenfalls den Grabstein an.

Er war mit Tyson zum Friedhof gegangen, weil er Tyson nicht alleine zu Max'

Grab hatte gehen lassen wollen. Auch wenn die beiden seit Jahren keinen

Kontakt mehr zueinander gehabt hatte, so waren sie zumindest früher einmal

beste Freunde gewesen. Und niemand sollte allein an das Grab seines ehemals

besten Freundes gehen müssen.

„Wie es Ian wohl geht?“, fragte Tyson nach einer Weile, in der sie schweigend

nebeneinander auf dem Weg gekniet und das Grab angesehen hatten.

Tala schluckte schwer. Um ehrlich zu sein, glaubte er nicht daran, dass Ian

noch lebte. Immerhin war er einfach so verschwunden, ohne irgendeine Spur zu

hinterlassen. Und wenn er damals mit seiner Vermutung über Max' Tod Recht

gehabt hatte... Er und Max schienen sich auf irgendetwas eingelassen zu haben,

was ihnen gar nicht gut bekommen war.

„Wir finden ihn bestimmt“, murmelte Tyson und sah mitleidig zu ihm auf. Seinem

Blick konnte Tala entnehmen, dass auch Tyson nicht wirklich daran glaubte.

„Ich weiß gar nicht, wann ich ihn das letzte Mal gesehen habe“, sagte Tala

leise. „Heute Nacht habe ich versucht, mich daran zu erinnern, wie er

aussieht.“ Er sah nun in eine andere Richtung. So peinlich es auch war, er

hatte tatsächlich Tränen in den Augen. „Ich weiß kaum noch was. Seine

Augenfarbe, ob er blass war oder dunklere Haut hat, wie er sich kleidet.“ Er

zog seinen Arm von Tyson zurück und wischte sich mit dem Hemdärmel über die

Augen, um die Tränen so schnell wieder verschwinden zu lassen, wie sie

gekommen waren.

Tyson sah betreten wieder das Grab an. Er kannte Tala gut genug, um zu wissen,

wie selten dieser weinte. Irgendwie verunsicherte es den Japaner, wenn Tala

auf diese Art seine Gefühle zeigte. Er mochte es lieber, wenn Tala lachte oder

vor sich hin fluchte. „Vielleicht erinnert sich Spencer, Bryan oder Kai

daran“, versuchte er Tala aufzumuntern. „Kai und seine Sekretärin haben ihn

doch noch gesehen.“

„Kais Sekretärin meinte, dass Ian ziemlich heruntergekommen aussah“, sagte

Tala bitter. „Und Kai hat nicht darauf geachtet. Ich habe mit den beiden heute

morgen geredet.“ Er schien sich wieder im Griff zu haben.

„Und die anderen beiden?“, fragte Tyson.

„Ich weiß, dass sie es nicht mehr wissen.“ Tala stand nun wieder auf und bot

Tyson seine Hand an.

Tyson ergriff die Hand und ließ sich von Tala aufhelfen. „Du möchtest nicht

mit ihnen reden, oder?“, fragte er, als sie über den Weg zurück zum

Friedhofsausgang gingen.

„Nein, möchte ich nicht“, antwortete Tala ehrlich. „Mit Bryan vielleicht, aber

Spencer ist mir einfach zu fremd geworden.“ Er blickte Tyson wehmütig an.

„Aber was jammere ich darüber... Ich habe wenigstens fast mein ganzes altes

Team hier.“

Tyson nickte schwach. „Ich wüsste zu gern, wo Ray und Kenny sind.“

Die beiden passierten das Friedhofstor und machten sich auf dem Weg zurück in

das Gebäude der BioVolt, wo Kai vermutlich wieder arbeitete.

„Bestimmt geht es ihnen gut“, sagte Tala, der nun seinerseits versuchte, Tyson

aufzumuntern. „Wenn irgendwas nicht in Ordnung wäre, hättest du es bestimmt

erfahren.“

„Aber irgendwie bin ich froh darüber, dass keiner meiner wirklich guten

Freunde hier ist“, wand Tyson ein und fügte mit einem Seitenblick auf Tala

hinzu: „Sonst würde ich wie du merken, dass ich ihnen überhaupt nichts mehr zu

sagen habe.“

„Das ist wenigstens ehrlich“, lächelte Tala leicht. „Aber ich habe ja dich

hier.“
 

„Paps, darf deinen Keks haben?“, fragte Nikolai mit einem niedlichen Lächeln

und schnappte sich, ohne die Antwort abzuwarten, den Keks, der zu dem Kaffee,

den Bryan trank, gehörte. Bryan verdrehte leicht die Augen und verkniff sich

eine Antwort. Die brauchte er ja auch nicht, schließlich war der Keks schon in

Nikolais grinsendem Mund verschwunden.

Johnny, der gemeinsam mit Bryan und Nikolai an dem Tisch in der

McDonald's-Filiale saß, konnte sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen.

Irgendwie war der kleine Junge ja schon süß... Er war eher zufällig im

McDonald's auf Bryan und seinen Sohn gestoßen, die genau wie er nicht im

Restaurant des Hotels hatten essen wollen, obwohl Kai es ihnen

selbstverständlich angeboten hatte. Kai erwies sich ohnehin als sehr

großzügiger Gastgeber, aber es war sowohl Johnny als auch Bryan ein wenig

peinlich, Kais Gastfreundschaft so auszunutzen. Außerdem hatte Nikolai seinen

Vater angefleht, endlich mal wieder zum McDonald's zu gehen. Und jetzt saßen

sie zu dritt bei Croissants und Kaffee (in Nikolais Falle allerdings

Orangensaft) an einem der Tische und plauderten ein wenig.

„Möchtest du den auch noch?“, bot Johnny dem Jungen seinen Keks an.

„Au ja!“, strahlte Nikolai und nahm den Keks an. „Danke!!“ Er blickte Bryan

mit großen Augen an. „Darf ich in die Spielecke gehen? Bitte! Ich hab auch

schon aufgegessen!“

„Jaja, geh nur“, seufzte Bryan und als Nikolai zu den anderen beiden Jungen,

die in einer Ecke spielten, lief, warf er Johnny einen entschuldigenden Blick

zu. „Er ist manchmal ein bisschen nervig“, murmelte er.

„Ich mag ihn irgendwie.“ Johnny sah zu den Jungen, die nun zu dritt spielten.

„Hoffentlich wird mein Kind auch so cool.“ Er seufzte leise und rührte in

seinem Kaffeebecher herum.

„Dein Kind?“, wiederholte Bryan interessiert.

„Meine Frau ist schwanger von mir“, murrte Johnny. „Wir haben es erst gemerkt,

als es für eine Abtreibung zu spät war.“

Bryan starrte ihn an. „Ihr hättet abtreiben lassen?“, fragte er entsetzt.

Johnny nickte leicht. „Zwischen Jennifer und mir läuft es nicht mehr so gut.

Sie will ausziehen.“ Er grummelte. „Und dabei sämtliche Hausangestellte

mitnehmen.“

Bryan hob eine Augenbraue. „Das habe ich hinter mir“, seufzte er. „Marina ist

in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit dem Geschirr, meinen DVDs und Nikolai

einfach abgehauen.“

„Warum?“, fragte Johnny. „Warst du so schlimm zu ihr?“

„Nein, überhaupt nicht!“, regte sich Bryan auf. „Ich habe eigentlich immer

gedacht, wir wären glücklich! Und dann erfahre ich plötzlich durch fehlendes

Wohninventar und einen Zettel auf dem Küchentisch, dass sie mich seit etwa

einem halben Jahr schon mit diesem Wichser betrogen hat!“ Er funkelte Johnny

böse an, so als habe der persönlich dafür gesorgt, dass Marina sich in Sascha

verliebte. „So ein großer, hässlicher Gorilla, der meinem Sohn

verbietet, seine Lieblingsserie im Fernsehen zu gucken! Was bildet dieses

Sackgesicht sich ein?!“

„Muss schlimm sein, ungerechtfertigt verlassen zu werden.“ Johnny lächelte

schief. „Ich hatte eine Affäre mit dem Hausmädchen. Und mit meiner Sekretärin.

Und... mit Jennifers kleiner Schwester.“ Ein wenig schuldbewusst versenkte er

seinen Blick in dem Kaffee. „Ich habe nicht gewusst, dass es irgendwann so aus

den Rudern laufen könnte.“

„Tja, so ist das Leben“, seufzte Bryan, der Johnny scheinbar keine Vorwürfe

für sein Verhalten machen wollte. „Letzten Endes ist man immer gearscht.“
 

„Ich habe doch nicht wissen können, dass das sein Sohn ist“, stöhnte Spencer

gereizt. „Woher denn auch? Außerdem war ich betrunken. Und es war doch eh nur

scherzhaft gemeint! Ich habe nichts gegen Nigger!“

„Mitmenschen afroamerikanischer Herkunft“, verbesserte ihn Leo ernst.

„Meinetwegen auch das“, murrte Spencer.

„Aber so etwas sagt man doch nicht über ein Kind“, fand Sara. „Das kannst du

doch nicht einfach so zu einem Kind sagen!“ Ihr eigentlicher

Lieblingsschauspieler hatte am Vorabend gewaltig an Sympathie bei ihr

verloren. Und sein momentanes, bockiges Verhalten machte die Sache nicht noch

besser.

„Tut mir Leid.“ Spencer verschränkte patzig die Arme vor der Brust und

verdrehte demonstrativ die Augen.

„Sag' das Bryan und Nikolai“, forderte ihn Sara ernst auf.

„Nein!“, beschloss Spencer sofort. „Immerhin hat er Leo beleidigt!“

„Du hast angefangen“, gab Sara zu bedenken.

„Aber er kann doch nicht einfach so Leo in die Sache reinziehen!“, empörte

sich Spencer verständnislos.

„Du hast ja nicht gerade nett über seinen Sohn geredet“, meinte Sara

vorsichtig.

„Ja und?“ Spencer schnaubte. „Ich habe außerdem mit Leo geredet und nicht mit

Bryan oder seinem beschissenen Sohn. Wenn Bryan sich in meine Privatgespräche

einmischen muss...“

Leo streichelte ihm etwas unbeholfen über den Arm. „Spence, jetzt beruhig'

dich doch wieder.“ Man konnte ihm deutlich ansehen, dass ihm die Situation

mehr als nur unangenehm war. Er warf Sara einen hilflosen Blick zu. „Und wenn

ich mich bei den beiden entschuldige?“, fragte er in der Hoffnung, die Sache

ein wenig entschärfen zu können.

„Nein, das tust du nicht!“, bestimmte Spencer. „Ich entschuldige mich ja. Und

zwar, wenn er sich bei mir entschuldigt hat!“

„Ich glaube, das bringt nichts, Sara“, stellte Leo seufzend fest. „Trotzdem

danke für deine Bemühungen.“
 

„Das ist ja wirklich unglaublich“, murmelte Michael und drehte seinen

Schreibtischstuhl dann um 180°, um mit Kai reden zu können. Doch Kai wandte

ihm beharrlich den Rücken zu und klickte sich weiter durch.

„Willst du nicht wissen, was unglaublich ist?“, fragte Michael vorsichtig.

„Dass Max und Ian bis auf ein inzwischen gekündigtes Postfach scheinbar gar

nicht existiert haben?“, stellte Kai eine Gegenfrage und drehte sich nun doch

zu Michael. „Kein fester Wohnsitz, keine Arbeitsstelle,...“ - „Kein Telefon,

kein Internetanschluss“, fuhr Michael fort.
 

„... Die beiden waren noch nicht einmal in der Bücherei angemeldet“, erklärte

Kai, als er es endlich geschafft hatte, sämtliche alte Bekannte in ein

Konferenzzimmer zu bringen. Er endete mit einem bedeutungsschweren Blick seine

Ausführungen und setzte sich dann.

Schweigen trat ein.

Während Kai die Ergebnisse, zu denen er mit Michael gekommen war, vorgetragen

hatte, hatte niemand gesprochen. Sie hatten eigentlich alle damit gerechnet,

problemlos in die Wohnungen der beiden gehen zu können, um zu sehen, ob es

irgendwelche Hinweise auf den Mörder und Entführer – oder waren es mehrere? -

zu finden. Aber scheinbar gab es keine Wohnungen.

„Vielleicht sollte man außerhalb von L.A. suchen?“, schlug Tyson nach einer

Weile vor.

Michael zuckte mit den Schultern. „Das haben wir, Tyson. Über die beiden gibt

es in ganz Kalifornien keine Dokumente. Keine offiziellen Gruppen, denen sie

angehören, nichts. Die scheinen illegal hier gewesen zu sein.“

„Und warum wusste dann die ganze Presse, dass Max tot ist?“, fragte Johnny

verständnislos. „Selbst in Schottland ist es durch jede billige

Nachrichtensendung gegangen.“

„Das passt alles nicht zusammen“, jammerte Tyson. „Außerdem muss es doch Leute

gegeben haben, die wussten, dass sie hier sind!“

„Vielleicht waren sie auf der Flucht“, spekulierte Spencer.

„Du hast zu viele Filme gedreht“, schnauzte ihn Bryan an. „Ian wurde

nicht von einem dunkelhäutigen Mann mit gelben Zähnen entführt. Und du

wirst ihn nicht mit flotten Sprüchen und einem magersüchtigen Weib an deiner

Seite retten!“

„Normalerweise ist es ja das magersüchtige Weib, das ich mit flotten Sprüchen

rette“, fauchte Spencer zurück.

„Okay.“ Bryan klatschte einmal laut in die Hände. „Wir haben den Plan, Leute!

Wir stellen uns auf ein Hochhausdach und beobachten durch ein Fernglas den

Friedhof. Den ersten Schwarzen, der Max' Grab passiert, nehmen wir hopps. Dann

wird er erstmal schön gefoltert, bis er uns alles gesteht – oder eben

abkratzt. Ist ja nur ein Schwarzer!“ Er sah Spencer giftig an.

„Ich habe übrigens eine gute Nachricht“, mischte sich Kai wieder ein. „Und

zwar habe ich einen Hubschrauber nach Afrika schicken lassen.“

„Das heißt...?“, fragte Tala dankbar für die Unterbrechung des Streits seiner

alten Teamkollegen.

„Dass wir Mariah abholen“, lächelte Kai zufrieden.

„Und ich dachte, wir holen uns den Verdächtigen gleich aus seinem natürlichen

Umfeld“, brummelte Bryan.
 

„Bitten warten Sie hier“, wies der steife Mann in dem dunklen, eleganten Anzug

sie an. „Ich werde Mr Hiwatari von Ihrer Ankunft unterrichten.“ Er verbeugte

sich kurz und ging dann schnellen Schrittes auf den Fahrstuhl zu. Mariah ließ

er alleine in der Eingangshalle zurück. Sie seufzte leise und sah sich um. Sie

hatte ja schon gehört, dass Kai die BioVolt übernommen und eine Menge Geld

verdient hatte, aber dass es so viel Geld war, damit hatte sie nicht

gerechnet. Das Gebäude war nicht nur riesig, sondern roch förmlich nach

Geschäften und Gewinnen. Und es sah auch so aus. Die einzigen Leute, die hier

herumliefen, trugen Anzüge und schwarze, unauffällige Aktenkoffer. Oder wenn

die weiblich waren, schwarze, kurze Rücke und eine elegante Bluse. Der

Aktenkoffer blieb dennoch der gleiche. Langweilig. Echt langweilig.

In der Ecke standen ein paar Bänke, vermutlich für Wartende wie sie. Sie ging

darauf zu und bemerkte einen kleinen Jungen, der neben den Sitzgelegenheiten

demonstrativ auf dem Boden saß und etwas las. Soweit sie es sehen konnte, war

zumindest eines seiner Elternteile dunkelhäutig, denn er besaß eine typische

mokkabraune Hautfarbe. Seine Haare waren kurz, schwarz und gelockt. Sie kniete

sich vor ihm hin und legt den Kopf schief. Er wurde auf sie aufmerksam und sah

überrascht auf. „Hm?“, machte er.

„Was machst du denn hier unten?“, fragte sie leicht belustigt und lächelte ihn

gekonnt an. Sie konnte gut mit Kindern umgehen. Kein Wunder, sie hatte ja auch

viel Übung darin.

„Ich warte“, moserte er mit einem leichten osteuropäischen Akzent. Also

stammte er, genau wie sie, nicht aus Amerika. „Mein Vater ist jetzt schon seit

Stunden da oben! Und ich habe den Schlüssel für unser Hotelzimmer nicht!“

Schmollend blickte er sie an.

Sie seufzte leise und setzte sich nun in den Schneidersitz vor ihn. Wenn

er auf dem Boden saß, dann konnte sie das auch. Die Bänke sahen nicht sehr

bequem aus.

„Und was machen Sie hier?“, stellte er eine höfliche Gegenfrage. Dafür dass er

scheinbar nicht seine Muttersprache sprach, redete er recht flüssig.

Vermutlich war er bilengual aufgewachsen. In den letzten Jahren war es immer

mehr in Trend gekommen, seine Kinder mit zwei Sprachen großzuziehen. Mariah

hielt normalerweise nicht viel davon, aber momentan kam es ihr ganz recht.

„Ich warte auch“, antwortete sie und nickte in Richtung Fahrstuhl. „Auf diesen

komischen Lulatsch im Anzug.“

„Hier sind nur Lulatsche in Anzügen“, stellte der Junge fest.

Sie lachte zufrieden. „Ja, das stimmt vermutlich. Ich bin Mariah.“ Sie hielt

ihm ihre Hand hin. „Du darfst mich ruhig duzen.“

„Nikolai Kuznetsov“, stellte sich der Junge vor und schüttelte ihre Hand. Er

schien dankbar für diese Abwechslung zu sein.

„Kuznetsov?“, wiederholte sie überrascht. Der Name sagte ihr irgendwas...

Hieß nicht einer der Demolition Boys so? Der Name war schließlich russisch und

wenn Ian verschwunden war und hier eine Großversammlung stattfand... Bestimmt

waren auch Demolition Boys anwesend! Aber wessen Sohn war der Kleine dann?

Ians bestimmt nicht, Ian war ja weg... Spencers Nachname war ja allgemein

bekannt. Also Talas oder Bryans... Hm...

„Was ist denn?“, fragte Nikolai verwundert.

„Ach, nichts“, winkte sie ab. Wirklich wichtig war es für sie momentan auch

nicht, wessen Sohn Nikolai war. Er war nämlich auf jeden Fall besser erzogen,

als sein Vater es als Kind gewesen war!

Als der Lulatsch im Anzug wieder zurückkam und sie aufforderte, ihm zu

folgen, stand sie auf, schnappte sich Nikolais Hand und zog ihn hoch. Es war

doch eine Gemeinheit, das arme Kind hier allein zu lassen.
 

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Ich freue mich wie immer über Kommentare und auch über Kritik^-^

*knuff*

Nathera

Wendung

Hallo!

Da bin ich wider mit einem neuen Kapitel ^-^

Danke für eure Kommentare! Freut mich, dass euch die FF gefällt, da sie zu den

wneigen Geschichte von mir zählt, die ich selbst mag xD Vor allem habe ich

schon so viel an der FF herumgeplant und ich bin total verrückt nach den

Charakteren xD Und es wird sowieso mindestens eine Fortsetzung geben xDD

*schon geplant hat* Außerdem habe ich mehrere Sidestories dazu *lol* Falls ihr

euch dafür interessiert (z.B. wie sich Spencer und Leo kennenglernt haben, wie

Ray so heruntergekommen ist, etc.), dann sagt nur Bescheid XD
 

.....................
 

Kai brauchte am nächsten Morgen einen Moment, um zu begreifen, wo er war. Er

bevorzugte es, in seiner Villa nahe bei Moskau zu schlafen, weil er sich in

Hotels oft nicht sehr wohl fühlte. Doch heute war es anders.

Er stand auf und ging in sein privates Badezimmer. Nach einer erfrischenden

Dusche kuschelte er sich in seinen weichen Bademantel und föhnte seine Haare.

Er zupfte seine Frisur zurecht, bevor er wieder in sein Zimmer zurückging und

sich ein frisch gebügeltes Hemd und dazu einen für ihn typischen tadellosen

Anzug anzog. Er legte seine teure Rolex an sein linkes Handgelenk und trank

einen Schluck Wasser aus dem kleinen Kühlschrank. In dem Moment, in dem er die

Tür des Kühlschrankes schloss, wusste er plötzlich, wo sie suchen mussten, um

eine Spur von Ian und Max zu finden.
 

„Das ist er!“, stellte Kai sicher fest und deutete auf einen schmutzigen,

weißen Wohnwagen, der auf dem Parkplatz stand. Er ging mit Spencer und Michael

im Schlepptau zu dem Fahrzeug. „Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass Ian

mit dem Wagen bei der Beerdigung war!“

„Sind hier Kameras?“, fragte Spencer und sah sich um. Da er eine Sonnenbrille

und einen großen, schwarzen Hut trug, um nicht erkannt zu werden, war seine

Sicht ein wenig eingeschränkt. Michael, der exakt dieselbe Tarnung trug wie

der Blondschopf, zuckte mit den Schultern und schaute auch umher.

Kai runzelte die Stirn. Er fand nicht, dass es eine gute Idee gewesen war,

ausgerechnet die beiden Prominenten mitzunehmen. Die beiden behaupteten zwar,

perfekt verkleidet zu sein, aber dass sie sich durch diese Tarnung so sehr

ähnelten, machte sie nur noch verdächtiger. Trotzdem waren sie bisher noch

nicht angesprochen worden.

„Keine?“, fragte Spencer noch einmal und ging dann auf die Fahrertür zu. Er

versuchte, sie zu öffnen, was natürlich nicht funktionierte, da sie

abgeschlossen war. Also zog er zwei dünne Drähte heraus.

„Lernt man das beim Film?“, scherzte Michael.

„Nein, in der Abtei“, gab Spencer kühl zurück und fing an, in dem Schloss

herumzustochern. „Das könnte etwas dauern, ich habe das lange nicht mehr

gemacht.“ Hochkonzentriert beugte er sich über das Schloss und werkte daran

herum.

„Ich steh Schmiere“, schlug Kai vor und ging ein paar Schritte von dem Wagen

weg. Glücklicherweise hatte Ian den Wohnwagen in der obersten Parkebene

abgestellt. Nur wenige Leute, die den Flughafen besuchten, fuhren so weit nach

oben in das Parkhaus, da sie es oft eilig hatten. Deswegen standen hier nur

wenige Autos. „Vermutlich wusste er nicht, wann er zurückkommen würde“,

mutmaßte Michael, der Kai gefolgt war und sich ebenfalls wachsam umsah. „Und

hier oben wird wohl nicht so oft kontrolliert wie unten. Wie lange darf man

hier parken?“

„Zwei Wochen, dann wird er Wagen abgeschleppt“, gab Kai zurück und warf einen

Blick über die Schulter zu Spencer, der noch immer beschäftigt war.

Michael folgte dem Blick und grinste leicht. „Jetzt weiß ich, warum er nicht

wollte, dass sein Freund mitkommt“, sagt er leise und ziemlich amüsiert.

„Lass ihn doch“, lächelte Kai verständnisvoll. „Muss lange her sein, dass er

Schlösser geknackt hat. Da kommen Kindheitserinnerungen auf.“

„Ich hab's!“, ließ Spencer plötzlich stolz vernehmen. „War gar nicht mal so

schwer wie gedacht!“ Er öffnete die Fahrertür und schwang sich auf den Sitz.

„Ahh, ist das eng“, beschwerte er sich und drehte den Sitz zurück.

„Ist auch vermutlich auf Ians Größe eingestellt“, feixte Michael.

Spencer beugte sich zur Beifahrertür und schloss sie von innen auf. „Kommt

ihr?“, fragte er mit kindlicher Begeisterung.

Als Michael und Kai sich zusammen auf den Beifahrersitz gequetscht hatten, war

Spencer schon damit beschäftigt, Kabel zu sortieren.

„Du willst den Wagen auch noch kurzschließen?“, fragte Michael entgeistert.
 

„Sie kommen endlich!“, seufzte Tyson erleichtert, als der weiße Wohnwagen in

die Seitenstraße, in der sie warteten, abbog und am Waldrand parkte. Sie

hatten sich diesen recht leeren Platz ausgesucht, um keinen ungebetenen

Passanten zu begegnen. Schließlich wussten sie noch nicht, was sie im

Wohnwagen finden würden.

Spencer stieg als erstes aus und nickte den anderen zufrieden zu. „Kai hatte

Recht, das Teil war am Flughafen abgestellt!“ Er wartete auf seine beiden

Mitfahrer, die sofort zur Tür des Anhängers gingen und feststellen mussten,

dass auch dieser abgeschlossen war. „Das schaff ich auch noch!“ Spencer schob

Michael elegant beiseite und zog die Drähte wieder hervor.

„Hoffentlich ist das wirklich Ians Wagen“, meinte Tyson misstrauisch an Tala

gewandt.

„Die können das Teil doch nicht einfach so aufbrechen?“, ärgerte sich Mariah

ein wenig. „Vor dem Kind!“

„Als würde unseren Superstar so etwas stören“, murmelte Bryan verächtlich und

warf einen Blick zu Nikolai, der noch in einem der Mietwagen saß und las. Er

bekam glücklicherweise nicht mit, dass hier gerade ein Auto geknackt wurde.

„Hattet ihr Streit?“, fragte Mariah verwundert. Sie kannte weder Bryan noch

Spencer sonderlich gut, aber früher waren die beiden in einem Team gewesen,

deshalb war sie irgendwie automatisch davon ausgegangen, dass die beiden auch

befreundet waren. Aber Bryans Tonlage und dieses bedrohliche Funkeln in seinen

Augen sagten etwas anderes.

Bryan blieb eine Antwort erspart, da just in diesem Moment die Tür zum

Wohnwagen aufschwang und ein paar der Umherstehenden begeistert applaudierten.

Gekonnt verbeugte sich Spencer und schenkte ihnen sein Hollywood-Lächeln.

Bryan verdrehte die Augen und sah weg.

„Man, das stinkt“, bemerkte Tala, der als Erstes über die Schwelle des

Wohnwagens getreten war. Er kam rückwärts wieder raus und drehte sich zu den

anderen um. „Kein Zweifel, darin muss Ian gewohnt haben. Dieses Chaos ist so

charakteristisch, dass ich mich da noch nach sechzehn Jahren dran erinnere!“

Er lächelte gequält und sah zu Spencer und Bryan, die jedoch beide nicht mehr

daran dachten, was für ein unordentlicher Mensch Ian damals gewesen war. Tala

drehte sich schnell wieder um und ging zurück in den Wohnwagen. Er trat

vorsichtig auf und öffnete dann die Vorhänge, die das Innere der Wohnfläche

dunkel und stickig gemacht hatten. Er öffnete die Fenster, um frische Luft

hinein zu lassen. Tyson war ihm gefolgt und sah sich auf dem Boden um. Er hob

eine grüne Hose hoch und lächelte schwach. „Solche hat nur Max getragen.“

Obwohl das Kleidungsstück dreckig war, drückte er es an seine Brust und

schloss für einen kurzen Moment die Augen. Dann drehte er sich um und reichte

Kai, der noch draußen stand, die Hose. Der musste auch leicht grinsen.

„Also hat Max auch da drin gewohnt?“, fragte er.

„Wir haben hier jedenfalls neben der eingebauten Koje noch eine Matratze“,

rief Tala aus dem Wohnwagen zurück.

„Waren Max und Ian etwa schwul?“, fragte Johnny verdattert.

„Nein, bestimmt nicht“, antwortete Bryan zuckersüß. „Die beiden waren keine

perversen Miststücke.“ Seine Augen huschten kurz zu Spencer, doch der hatte

ihm den Rücken zugedreht, sodass Bryan seine Gesichtszüge nicht sehen konnte.

Aber er konnte sich denken, dass Spencer gequält die Lippen aufeinander

gepresst hatte.

„Jetzt hört schon auf damit!“, beschwerte sich Sara ein wenig genervt. Sie

hatte keine Lust mehr auf diese Streitigkeiten, die mittlerweile beinahe nur

noch von Bryan ausgingen.

„Erst, wenn er sich entschuldigt hat“, pfefferte Bryan zurück.

„Entschuldige du dich zuerst!“, sprang Spencer entgegen seiner Absicht wieder

darauf an.

„Habt ihr irgendetwas Interessantes gefunden?“, fragte Leo etwas ungeduldig

und fuhr sich angestrengt durch die Haare. Genau wie Sara waren ihm die

ständigen giftigen Bemerkungen und Wortwechsel der beiden zu viel geworden. Er

ging zur Tür des Wohnwagens und schielte hinein.

„Nein“, seufzte Tyson und schob ihn beiseite, um den Wohnwagen verlassen zu

können. Er setzte sich auf die Stufe vor der Wagentür und wischte sich mit dem

Hemdärmel über seine Stirn. „Da drin sind nur Kleidung und Camping-Geschirr.“

Er schüttelte ein T-Shirt aus und hob es an. „Aber die Größe passt.“ Das

Kleidungsstück war ziemlich klein, vermutlich eine Kindergröße.

„Und sonst ist da wirklich nichts drin?“, fragte Michael zweifelnd.

Tyson schüttelte den Kopf. „Der Kühlschrank ist bis auf eine Bierflasche leer

und in den anderen Schränken ist außer Geschirr auch nichts.“

„Das heißt, wir haben den Wagen völlig umsonst geholt?“, ärgerte sich Michael.

In seiner Stimme lag jedoch auch eine Spur von Verzweiflung, denn dieser Wagen

war ihr einziger Anhaltspunkt gewesen. Jetzt würden sie wieder von vorne

anfangen müssen! Und vermutlich wieder nichts finden...

„Nicht ganz“, meldete sich Tala aus dem Inneren des Wagen. Er setzte sich

hinter Tyson in den Eingang des Wohnwagens, sodass sein Freund sich umdrehen

musste, um ihn zu sehen. Tala hielt einen Zettel in die Luft.

„Was steht da?“, fragte Johnny und drehte den Kopf, als hoffte er, er könne

die Buchstaben dadurch besser entziffern.

„Keine Ahnung“, antwortete Tala freundlich und drehte die Seite mit dem

Schriftzug wieder um, sodass er selbst sie ansehen konnte. „Das ist weder

kyrillisch, noch Latein.“

„Was ist es dann?“, fragte Mariah hoffnungsvoll. Talas Gelassenheit ließ sie

hoffen, dass er eine Idee hatte, wie man es entziffern konnte.

„Woher soll ich das wissen?“, fragte Tala jedoch.

Wieder ging ein deprimiertes Seufzen durch die Menge. Mittlerweile saßen nicht

nur Tyson und Tala. Auch Kai, Bryan, Johnny, Michael und Sara hatten sich auf

dem Boden niedergelassen. Lediglich Spencer, Leo und Mariah standen noch.

Alissa war im Büro geblieben, während Nikolai im Auto sein Buch weiterlas.

„Wir hatten früher eine Art Geheimschrift“, verteidigte sich Tala. „Und die

hat Ian zum Schreiben benutzt. Oder Max hat sie benutzt, keine Ahnung.“ Er

wandte sich an Bryan: „Kannst du das vielleicht noch?“ Er gab den Zettel

Tyson, der ihn wiederum an Bryan weiterreichte. Doch der runzelte bloß die

Stirn. „Da sind Zahlen“, gab er ratlos seine Meinung preis.

„Kannst du die Schrift noch, Spencer?“, hoffte Mariah.

Doch Spencer schüttelte ebenfalls den Kopf. „Weshalb auch?“

„Ich kann sie noch“, meldete sich Leo zu Wort. „Hoffe ich...“

„Woher?“, fragte Bryan entsetzt und starrte Spencer an. „Du hast ihm

unsere Geheimschrift beigebracht?“

„Ian hat sie Max vermutlich auch beigebracht!“, behauptete Spencer. „Und wir

hatten damals eh keinen Kontakt mehr zueinander!“

„Darf ich?“, fragte Leo.

„Aber Max ist keine verfluchte Schwuchtel!“, fauchte Bryan und sprang auf, um

Spencer gegenüberstehen zu können.

„Nenn' Leo nicht immer so!“, verlangte Spencer.

„Und warum nicht?“, fragte Bryan spöttelnd. „Etwa weil er keine ist?“ Er

grinste breit. „Sieh' ihn dir doch mal an!“

Leo verdrehte die Augen. „Ich wollte doch nur den Zettel sehen“, maulte er

leise mehr an sich selbst gerichtet.

„Gib das Teil her!“ Spencer versuchte, Bryan den Zettel zu entreißen. Doch

Bryan wich nicht nur aus, sondern schlug auch Spencers Arm zurück. Spencer

hielt Bryans Handgelenk schließlich fest, was den Lehrer jedoch nicht davon

abhielt, den Zettel in seiner Faust zusammengeknüllt zu verstecken.

„Ihr macht ihn noch kaputt!“, rief Mariah entsetzt, was allerdings in dem „Was

soll das, ihr Idioten?“ von Johnny unterging.

„HEY!“, rief Tala plötzlich laut.

Die beiden Russen hielten überrascht in ihrer Rangelei inne und schauten ihren

ehemaligen Teamleader an.

„Wisst ihr was?“, fauchte Tala. „Ich würde selbst die Hilfe von einem

schizophrenen Schimpansen annehmen, wenn ich dadurch Ian finden könnte! Also

gib der Schwuchtel gefälligst den Zettel, Bryan!“

„Sag' Spencer, dass er mich loslassen soll!“, verlangte Bryan weinerlich. Er

hatte glatt vergessen, wie steinhart Spencers Griff sein konnte und sein

Handgelenk tat weh.

„Ihr verdammten Kinder!!“, fluchte Tala. „Ist euch euer beschissener Streit

etwa wichtiger als Ian?“ Er ging mit energischen Schritten auf die beiden und

und riss Bryan den Zettel aus der Hand. Unter seinem drohenden Blick ließ

Spencer Bryan los. Tala reichte Leo den Zettel.

„Da steht..“ Leo runzelte die Stirn. „Tajemnica: Тwerskaja 281.“ Er sah ratlos

wieder von dem Blatt auf.

„Was heißt das?“, fragte Michael etwas dümmlich.

Leo zuckte mit den Schultern, als ihn alle ansahen. Schnell reichte er den

Zettel wieder an Tala, damit der angestarrt wurde.

„Na prima“, murrte Tala. „Und ich dachte, wir hätten eine Spur gefunden!“ Er

knüllte den Zettel frustriert zu einer Kugel und warf ihn auf den Boden. „Und

jetzt?“

„Jetzt stehen wir am Anfang unserer-“ Kai unterbrach sich selbst, als ein

Klingeln aus seinem Jackett drang. Er zog sein Handy hervor und nahm den Anruf

entgegen. „Kai Hiwatari“, meldete er sich ein wenig entnervt. Er hielt sich

sein freies Ohr zu, um besser verstehen zu können, was der Anrufer sagte. Dann

ging er ein Stück von der Gruppe weg, die ihre Aufmerksamkeit auf ihn

gerichtet hatte. Keiner der Anwesenden wusste, was er nach dieser soeben

gestorbenen Spur sagen sollte. Daher kam ihnen diese Unterbrechung nur recht.

„Wer ist da?“, fragte Kai verwirrt und runzelte die Stirn.

Ein Moment lang schwieg er.

Unglauben hatte sich auf seinem Gesicht ausgebreitet.

„Ray..?“
 

..............
 

Ich freue mich wie immer über Kommentare ^-^ *knuffl*

Wenn ihr an den Sidestories interessiert sagt, dann sagt Bescheid ^^
 

*knuddl*

Nathera

734

Hallo!
 

Danke für eure Kommentare ^-^ *wuschel*
 

Und jetzt taucht endlich, nach langer Zeit Ray auf - und natürlich auch Cheng,

den ich fast genauso lieb hab wie Leo (die beiden sind auch einfach zu

schnuffisch ~^-^~)
 

Allmählich scheinen alle genervt von Spencer und Bryan zu sein? Juhu xD

*sarkastisch* Dabei mag ich die beiden voll gern :3 Ärgerlich ^^"
 

Ich hoffe, das Kapitel gefällt euch^^
 


 

------------
 

Es war ein schlechter Tag gewesen. Cheng hatte zwar nicht seine Schicht

vergessen, aber er und Ray hatten dennoch sechzehn Stunden am Stück am

Fließband in einer Fabrik gearbeitet. Das Restaurant brauchte bloß am

Wochenende Unterstützung, weshalb die beiden Chinesen sich den Rest der Woche

über mit unangenehmeren Jobs über Wasser halten mussten.

„Jetzt ein Bier“, seufzte Ray auf dem Heimweg sehnsüchtig. „Oder gleich

zwei... oder drei... Ich könnte glatt 'nen ganzen Kasten wegmachen!“

Cheng antwortete nicht. Er war zu beschäftigt damit, sich einen Joint zu

drehen.

„Du hattest das Zeug mit in der Fabrik?“, fragte Ray entsetzt.

Cheng nickte bloß abwesend und suchte nach seinem Feuerzeug.

„Du weiß hoffentlich, dass dein Job weg ist ,wenn die dich damit erwischen?“,

zweifelte Ray am gesunden Menschenverstand seines Mitbewohners. „Und mach' das

Ding bloß nicht hier mitten auf offener Straße an!“

Cheng unterbrach seine Suche nach dem Feuerzeug und ging stattdessen

schneller. „Dann beeil' dich aber auch!“, verlangte er von Ray. Dieser

beschleunigte also ebenfalls seine Schritte, immer ein entspannendes Bier vor

dem geistigen Auge.

Nach etwa einer halben Stunde kamen die beiden endlich an ihrer Wohnung an.

Während Ray die Tür aufschloss, sah Cheng nach der Post. Es war eine Routine

der beiden, täglich nachzusehen, ob ihnen jemand geschrieben hatte, in der

Hoffnung, doch nicht von der restlichen Welt vergessen worden zu sein. Aber

bis auf die Rechnungen am Monatsende lagen nie Briefe in dem kleinen,

zerbeulten Kasten. „Hier ist ein Brief für dich“, sagte Cheng deswegen leise

und überrascht. Er sah Ray kurz perplex an, bevor er den Umschlag aufriss.

„Hee“, beschwerte sich Ray. „Briefgeheimnis! Das ist meiner!“

Doch das hinderte Cheng nicht daran, trotzdem das kleine Blatt, das noch nicht

einmal zusammengefaltet worden war, aus dem Umschlag zu nehmen. „Ist eh

nur 'ne Nummer“, sagte er mit deutlicher Enttäuschung in der Stimme. Er

reichte Ray das Blatt und fragte, während Ray die Zahl musterte, misstrauisch:

„Zahlencode? Du bist doch wohl nicht etwa ein Spitzel der Regierung?“

Vorsichtig blickte er sich in der dunklen Gasse um, als habe er Angst,

belauscht zu werden. Doch Ray sah bloß überrascht von dem Zettelchen auf und

schüttelte dann schnell den Kopf. „Nö“, antwortete er und besah sich wieder

die Zahl. „Ich weiß nicht, was das ist. Ist da sonst noch was drin?“ Er nickte

zum Umschlag, den Cheng noch in der Hand hielt. Cheng folgte der Aufforderung

und schaute noch einmal hinein. Dann zog er einen kleinen, silbrigen

Gegenstand heraus und reichte ihn Ray. „Hier.“

Ray nahm den Schlüssel entgegen und musterte ihn interessiert. „734“, las er

fasziniert die Gravierung.

„Die Nummer auf dem Zettel?“, fragte Cheng aufgeregt.

Ray glich die Ziffern miteinander ab. „Nö“, antwortete er wieder. „Die 7 ist

einmal vorhanden, aber weder 3 noch 4 sind dabei.“

„Hm“, machte Cheng nachdenklich und zündete seinen Joint nun doch noch an.

„Lass uns reingehen, Ray.“ Er zog seinen Freund, der noch immer Zettel und

Schlüssel abtastete, in die Wohnung und knallte die Tür zu. Er drückte Ray

eine Bierflasche in die Hand. „Das ist bestimmt nur 'n Scherz“, murmelte er.

„Vergiss' es lieber.“

Aber Ray konnte es nicht vergessen. Obwohl er normalerweise nach einem harten

Arbeitstag sofort einschlief, lag er in dieser Nacht noch lange wach. Er hatte

sein Bier getrunken und Cheng beim Träumen zugehört, aber er selbst konnte

jetzt nicht schlafen.

Er stand nach einer Weile auf und zog wieder den Zettel zurate.

Diese Nummer...

Plötzlich kam ihm eine Idee.

Er zog seine Jacke über, schnappte sich den Zettel und Schlüssel und verließ

die Wohnung. Barfuß und im Schlafanzug huschte er über die Straße und suchte

die öffentlichen Telefone, die bloß zwei Blocks weiter lagen, auf. Aus seiner

Jackentasche kramte er eine Telefonkarte hervor, die er in den dafür

bestimmten Schlitz steckte. Er hob den Hörer ab und wählte die Nummer.

Zweimal ließ er durchläuten, bis jemand dranging.

„Kai Hiwatari“, meldete sich eine etwas entnervt klingende Männerstimme.

Hiwatari? Kai Hiwatari? „Kai?“, brachte Ray angestrengt hervor und spürte, wie

sein Herz aussetzte. Jemand hatte ihm die Nummer seines alten Teamleaders in

den Briefkasten gesteckt. Fassungslos starrte er die Straßenlaterne, die ihm

Licht spendete, an.

„Wer ist da?“, hörte er Kai verwirrt fragen.

„Ray“, meldete sich Ray. „Ray Kon. Erinnerst du dich?“

Kai schwieg einen Moment. „Ray?“, fragte er schließlich leise. „Woher hast du

diese Nummer?“
 

„Das ist der Zettel, den ich Ian gegeben habe“, stellte Kai fest und sah Ray

irritiert an. „Hattest du noch Kontakt zu Ian? Woher wusste er, wo du wohnst?

Wir haben dich überall gesucht und nicht finden können!“

Ray zuckte mit den Schultern und sah etwas verlegen beiseite. „Keine Ahnung“,

nuschelte er und warf Cheng einen hilflosen Blick zu, was dieser gar nicht

mitkriegte, da er staunend aus dem Fenster sah und die Wolken unter sich

betrachtete.

„Das ist unglaublich“, sagte Kai und betrachtete den Schlüssel. „Ian hat dir

einen Schlüssel zukommen lassen! Weißt du, was das bedeutet?“

Ray zuckte mit den Schultern.

„Er hat uns Hinweise hinterlassen“, meinte Kai euphorisch. „Die Anderen werden

begeistert sein!“

„Die Anderen?“, fragte Ray misstrauisch. Es war ihm schon komisch vorgekommen,

dass Kai ihn und Cheng in einem privaten Jet in Shanghai abgeholt hatte, aber

Kais Gerede machte ihn richtig konfus.

„Jaja“, machte Kai nur. „Tyson und ich sind leider die einzigen aus unserem

alten Team – obwohl du ja jetzt auch noch dabei bist. Von den Demolition Boys

sind natürlich alle außer Ian anwesend, Spencer leider mit Anhängsel.“ -

„Spencer?“, wiederholte Ray verdutzt. „Du meinst.. wir treffen Spencer?

Spencer Petrov?“

Kai nickte kurz. „Du kennst ihn doch schon“, meinte er stirnrunzelnd. „Der hat

sich kaum verändert.“

„Ha!“, rief Ray und stupste Cheng an. „Siehst du? Ich habe dir doch immer

gesagt, dass ich ihn kenne!“

Cheng schien zu überlegen, ob er das für einen Scherz halten sollte.

„Abwarten“, brummte er.

„Ansonsten sich Michael, Johnny und Mariah da“, schloss Kai, Rays Freude

ignorierend.

„Meint er wirklich den Schauspieler Spencer Petrov?“, fragte Cheng

misstrauisch.

„Ja, den meine ich“, antwortete Kai an Rays Stelle.

„Den Oscar-Preisträger?“, hakte Cheng nach.

„Ja.“ Kai verschränkte die Arme vor der Brust.

„Und er hat sich kaum verändert?“, fragte Ray fasziniert.

„Er ist schwul geworden“, fauchte Kai gereizt. „Aber deshalb sind wir nicht

hier. Spencer ist mir momentan scheißegal!“

„Huch“, sagte Cheng erschrocken.

„Schwul?“, wiederholte Ray fassungslos.

„Ray.“ Kai seufzte und versuchte freundlich zu klingen. „Max ist tot.“ Er ließ

Ray keine Zeit, um die Nachricht zu verdauen, indem er gleich fortfuhr: „Und

wir haben Grund zur Annahme, dass er ermordet wurde. Und Ian ist verschwunden.

Die beiden haben in letzter Zeit wohl illegal in L.A. gewohnt und haben sich

durch irgendetwas Feinde gemacht. Wir wissen nur noch nicht, wen und warum.“

„Aha.“ Ray runzelte die Stirn.

„Und genau das versuchen wir alle herauszufinden. Und wir wollen Ian finden,

bevor es ihm so geht wie Max.“ Kai lächelte schwach. „Falls er überhaupt noch

lebt.“
 

Nachdem sie in L.A. gelandet waren, brachte Kai seine beiden neuen Gäste

sofort in das Büro, in dem die anderen sich bereits versammelt hatten und

warteten. Mariah blinzelte etwas erschrocken, als sie Ray sah, und wandte

schnell das Gesicht ab, damit er ihren Ausdruck nicht sah. Sie wunderte sich

über sich selbst – war sie wirklich einmal in Ray verliebt gewesen? Dieser

Mann war ihr völlig fremd!

Auch Tyson sah ein wenig betreten zu Boden. Er spürte, wie Tala ihn

aufmunternd tätschelte, während er den Kloß in seinem Hals runterschluckte.

Bisher hatte Tyson das Glück gehabt, nur auf Kai zu treffen. Und der hatte

sich so wenig verändern, dass Tyson ihn fast schon dafür liebte, ein Arschloch

zu sein. Aber Ray... Der früher stets ordentlich gekleidete und vor allem

gepflegte Junge mit dem guten Geschmack war einem heruntergekommenen Mann mit

filzigen, ungekämmten Haaren gewichen, der mit dem Fremden neben ihm tuschelte

und hin und wieder auffällig unauffällige, sensationsgeile Blicke zu Spencer

warf. Spencer sah geflissentlich aus dem Fenster und tat so, als würde er es

nicht bemerken.

„Ray kennt ihr wohl noch, oder?“, durchbrach Kai plötzlich die Stille. „Und

das hier,“ er deutete auf Cheng, „ist sein Freund... Ähm...?“

„Cheng“, sagte Ray schnell. „Und er ist nicht mein Freund.“ Wieder huschten

seine Augen zu Spencer, der tatsächlich Knie an Knie mit einem Mann in ihrem

Alter saß. „Nur ein Freund. Mehr nicht.“ Er räusperte sich etwas

verlegen.

„Das ist wirklich Spencer Petrov“, stellte Cheng interessiert fest und

musterte Spencer. „Du kennst wirklich einen Promi!“ Staunend drehte er sein

Gesicht zu Ray. „Warum hast du mir das nie gesagt?“

„Hab ich doch!“, protestierte Ray. „Du wolltest mir nur nie glauben!“

„Ich dachte, du wolltest nur Aumerksamkeit“, meinte sein Freund und sah wieder

zu Spencer, der entnervt die Arme vor der Brust verschränkte, aber immer noch

nichts dazu sagte.

„Haltet doch mal eure Klappe!“, mischte sich Bryan an seiner Stelle aggressiv

ein. Es wollte ihm ganz und gar nicht gefallen, dass Spencer neue Fans auf

seine Seite bekam. Nur weil er berühmt war...!

Ray blinzelte ihn überrascht an. Dann, nach einem kurzen Moment, erkannte er

ihn. Er ging automatisch einen Schritt rückwärts. Bryans angriffslustiger

Gesichtsausdruck erinnerte ihn an den Tag, an dem er ihm in einer Bey-Arena

gegenübergestanden hatte – und vor laufenden Kameras beinahe umgebracht worden

war. Er hatte eigentlich nicht damit gerechnet, Bryan jemals wiederzusehen.

Eigentlich hätte er sich schon darauf einstellen können, wenn er Kai zugehört

hatte, aber die Sache mit Spencer war halt so viel interessanter gewesen...

„Halt doch selber die Klappe!“, giftete Cheng unfreundlich, vergessend, dass

er den Mann vor ihm gar nicht kannte.

„Könnten wir bitte zum Thema kommen?“, fragte Johnny etwas entnervt.

„Wenn ich ein Autogramm kriege“, lächelte Cheng entzückt. „Bitte!!“

Spencer verdrehte die Augen. „Nein“, murrte er schlecht gelaunt. Er mochte

keine aufdringlichen Fans und Autogrammjäger – und Leute, die beides

gleichzeitig waren, waren ihm sogar zutiefst zuwider.

Cheng wollte etwas erwidern, doch Ray fiel ihm ins Wort: „Vergiss' es, Cheng.“

„Gute Idee“, murmelte Michael pikiert. Er war ein wenig beleidigt, dass ihm

keine Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Er war auch prominent! Er lief im

Gegensatz zu Spencer sogar an fünf Tagen in der Woche im Fernsehen! Sara

tätschelte verständnisvoll seinen Arm. Leo grinste schadenfroh.

„Ian hat Ray diesen Brief hier geschickt“, sagte Kai mit lauter Stimme, um die

Aufmerksamkeit der anderen auf sich zu lenken. Er legte den Umschlag, den er

Ray schon im Flugzeug abgenommen hatte, demonstrativ auf den Tisch. „In dem

Brief befand sich zwar keine persönliche Notiz, aber ich weiß, dass er von Ian

sein muss. Denn exakt auf diesem Zettel hier“, er hielt den Zettel hoch, „habe

ich Ian vor einer Woche meine Handynummer aufgeschrieben. Und die hat er an

Ray geschickt. Das bedeutet, dass Ian wollte, dass Ray Kontakt zu mir

aufnimmt!“ Er blickte vielsagend in die Runde.

„Warum nicht?“, fragte Cheng quengelig.

Kai sah ihn verwirrt an. Seiner Ansicht nach stand diese Frage in keinerlei

Zusammenhang mit seiner Ansprache. Was wollte dieser Mann von ihm?

„Darum nicht“, antwortete Spencer, der als einziger die Intention verstanden

hatte. „Red' weiter, Kai.“

Kai räusperte sich und schaute etwas verwirrt drein. „Ähm“, begann er und

suchte in seinem Kopf nach dem roten Faden. „In dem Brief war außerdem ein

Schlüssel mit der eingravierten Zahl 734.“ Er hielt den Schlüssel in die Luft.

„Unsere Aufgabe ist es nun, das passende Schloss für diesen Schlüssel zu

finden.“

„Das ist keine Begründung“, beschwerte sich Cheng.

Spencer grunzte unwillig. „Ich mag dich nicht“, gab er schließlich die

gewünschte Begründung.

„Spencer“, mahnte Bryan ungeduldig. „Würdest du bitte dein

möchtegern-prominentes Maul halten?! Ich interessiere mich im Gegensatz zu dir

nämlich dafür, was Kai uns zu sagen hat!“

Spencer öffnete den Mund, um empört darauf hinzuweisen, dass er Kai noch nicht

ein einziges Mal von sich aus unterbrochen hatte und nur versuchte, den

Chinesen zum Schweigen zu bringen. Doch Kai war schneller: „Kann irgendwer von

euch etwas mit einem Schlüssel dieser Art anfangen?“ Er reichte den Gegenstand

an Mariah, die ihn kurz musterte und dann den Kopf schüttelte. Sie gab ihn an

Johnny weiter. Auch dieser war ratlos. So ging der Schlüssel nach und nach

durch die Runde. Alana stoppte das Weitergeben schließlich. „Ich bin mir nicht

ganz sicher“, sagte sie. „Aber vielleicht ist es ein Schließfach-Schlüssel...“

Sie kramte in ihrer Handtasche und zog nach einer Weile einen beinahe

identischen Schlüssel aus der Tasche. Sie hielt beide Schlüssel hoch, damit

die anderen sie vergleichen konnten.

„Stimmt“, sagte Tyson und nickte ihr erleichtert zu. „Prima!“

„Moskauer Bahnhof“, erklärte sie. „Die vermieten da Schließfächer.“

„Also ist die 734 eine Schließfach-Nummer“, stellte Ray fest. „Das ergibt

sogar Sinn.“

„Das heißt“, beschloss Kai, „dass wir zurück nach Moskau müssen.“

„Nach Moskau?“, echote Cheng, der es in zehn Minuten geschafft hatte, jedem

der Anwesenden auf die Nerven zu gehen. „Wie geil!“

„Muss der Typ mitkommen?“, fragte Bryan entnervt.

„Ja, muss er!“, giftete ihn Ray an. „Wenn Spencers... Typ da“, er

nickte in Richtung Leo, „mitkommt, dann kommt Cheng auch mit!“

„Hugh, Häuptling Ray hat gesprochen“, sagte Bryan amüsiert. „Dann bleiben eben

beide hier!“

„Dann muss der kleine Jimmy aber auch hier bleiben“, warf Spencer ein.

„Wer ist Jimmy?“, wollte Ray dümmlich wissen. Spencers Freund war die einzige

männliche Person hier im Raum, die ihm unbekannt war.

„Mein Sohn“, gab Bryan gepresst zurück und wandte sich mit funkelnden Augen an

Spencer: „Aber Nikolai ist in Russland zu Hause. Soll er etwa hier in Amerika

bleiben?“

„Warum plötzlich Nikolai?“, fragte Ray verdutzt. „Heißt er jetzt Jimmy oder

Nikolai?“

„Nikolai“, grollte Bryan gereizt.

„Er sieht nur aus wie Jim Knopf“, grinste Spencer breit. „Wegen der Hautfarbe,

verstehst du?“

„Du rassistisches Scheusal!“, entfuhr es Mariah entsetzt. Jetzt endlich

verstand sie die gespannte Stimmung zwischen Bryan und Spencer.

Überrascht blickte Spencer sie an.

Sie sah schnell weg. Am liebsten hätte sie ihm weitere Beleidigungen an den

Kopf geworfen, aber sie wollte sich nicht in diesen Streit einmischen. Sie

empfand es plötzlich als Erleichterung, dass Nikolai im Hotelzimmer seines

Vater geblieben war und las. Wie hatte sie nur glauben können, dass Bryan

seinen Sohn vernachlässigte? Er ließ das Kind nur so oft allein zurück, weil

er nicht wollte, dass es zu viel Kontakt zu diesem Rassisten hatte! Mitleidig

schielte sie zu Bryan, der betreten zu Seite sah.

Eine Zeit lang herrschte nach Mariahs Äußerung Stille in dem geräumigen Büro.

Bis Tyson aufstand. „Ich gehe meine Sachen packen“, beschloss er. „Kommst du,

Tala?“ Tala folgte der Aufforderung. Auf dem Weg zur Tür blickte er

angestrengt zu Boden. Er wollte jetzt weder Bryan noch Spencer noch sonst

irgendwem ins Gesicht sehen. Tyson schob ihn aus dem Raum und schloss die Tür

von außen.

Abermals trat ein dieses Mal nicht bedrohliches sondern viel mehr betroffenes

Schweigen ein.

„Ich will nicht, dass Sara mitkommt“, ließ Johnny nach einer Weile verlauten,

um die Atmosphäre etwas aufzulockern. „Ihre Aura ist mir einfach zu negativ!“

Michael grinste. „Alana bleibt gefälligst auch hier. Blondinen können wir

nicht in der Mannschaft gebrauchen!“

Kai schnaubte. „Sehr witzig!“, fauchte er die beiden an. „Jetzt packt endlich

euren verdammten Scheiß zusammen, ihr Idioten!“ Er stand auf und verließ den

Raum.

„Kai sollte auch nicht mitkommen“, meckerte Michael leise. „Der ist viel zu

unlustig... Das verdirbt einem jeden Spaß!“
 

„Das ist heute schon das zweite Mal, dass ich fliege“, verkündete Cheng stolz,

als sie zwei Stunden später in Kais Privatjet saßen. Niemand beachtete ihn.

„Wow, ist das cool“, meldete sich Cheng wieder zu Wort. Abermals wurde von

niemandem darauf reagiert. Cheng blickte verärgert auf seine linke Seite. Ray

hing neben ihm auf dem Sitz und schlief tief und fest. Auf seiner anderen

Seite war der Gang. In derselben Reihe saßen auch noch Spencer und sein

Freund, dessen Namen Cheng noch nicht hatte in Erfahrung bringen können. „Ich

war vorher noch nie im Ausland“, erzählte Cheng. Und wieder sagte niemand

etwas.

Cheng seufzte deprimiert. Niemand interessierte sich für ihn! Er griff in

seine Jackentasche und holte ein kleines Päckchen heraus. Verstohlen sah er

sich um. Hier war es zu auffällig... Also schnallte er sich ab und stand auf.

Er ging zur Toilette. Just in dem Moment, in dem er die Tür abschließen

wollte, schwang sie erneut auf.

„Hi“, sagte Leo freundlich.

„Ich will aufs Klo“, erwiderte Cheng düster.

„Wofür brauchst du dabei Heroin?“, wollte Leo wissen.

„Kokain“, verbesserte Cheng und verdrehte die Augen.

Leo legte den Kopf schief. „Eigentlich müsstest du jetzt so was sagen wie

Das sind keine Drogen, Leo! Das ist gefärbter Traubenzucker, den ich

brauche. Ich habe nämlich einen schwachen Kreislauf und kippe hin und wieder

mal um, wenn ich keinen Traubenzucker esse.

„Du heißt also Leo?“, schloss Cheng aus diesen Ausführungen.

Fröhlich nickte sein Gegenüber. „Japp. Du bist Cheng, oder?“

„Li Cheng Fu“, stellte sich Cheng in aller Höflichkeit vor.

„Leonard Braun“, tat Leo es ihm gleich. Er verzog das Gesicht. „Aber wo hast

du das Kokain her?“ Er wollte lieber nicht hinzufügen, dass er bezweifelte,

dass sich jemand, der so asozial wie Cheng aussah, so etwas leisten konnte.

Das verbot ihm sein Anstand.

„Ich kenne einen Dealer“, erklärte Cheng. „Und der gibt mir für ein paar

Gegenleistungen Schnee.“

„Oh.“ Er wollte lieber nicht fragen, was für Gegenleistungen. Also

beschränkte er sich darauf, seine moralische Pflicht zu erfüllen: „Das Zeug

brauchst du hier nicht, Cheng.“

„Lass das mal ruhig, meine Sorge sein“, entgegnete Cheng patzig. „Würdest du

mich jetzt bitte allein lassen?“

„Nö“, beschloss Leo und überlegte angestrengt. „Wenn du das Kokain wegwirfst,

dann kriegst du ein Autogramm von Spencer.“

„Sehr witzig.“ Cheng funkelte ihn böse an.

„Hast du Revolution gesehen?“, fragte Leo. Als Cheng nickte, zog Leo

sein Portmonee aus seiner Jackentasche. Er öffnete es und suchte ein Foto

raus. Das hielt er Cheng unter die Nase. „Foto vom Dreh. Eins von diesen

Fotos, die die Öffentlichkeit niemals zu Gesicht bekommen wird.“ Er zwinkerte

verschwörerisch. „Es existiert nur einmal auf der ganzen Welt...“

„Und die Negative?“, fragte Cheng zweifelnd.

„Die hab ich verloren“, seufzte Leo. „Spencer schreibt dir eine persönliche

Widmung auf das Foto, wenn du willst.“

„Das wird er nicht tun“, murrte Cheng.

„Wenn ich ihn darum bitte, wird er es tun.“ Leo lächelte süß. „Also...?“

Cheng zögerte einen Moment lang. Dann öffnete er den Klodeckel und spülte das

kleine Päckchen runter.
 

„Hier wären wir also“, seufzte Kai erschöpft. Sie hatten lange suchen müssen,

um das Schließfach endlich zu finden. Vielleicht waren sie ja einfach nur zu

doof, aber vielleicht gab es tatsächlich keinen Lageplan im Moskauer

Hauptbahnhof. Nur Menschen. Viele, viele Menschen, die drängelten, schubsten

und die Gruppe dadurch ständig voneinander trennten.

Aber jetzt standen sich bei den Schließfächern.

Sie hatten das Schließfach und den passenden Schlüssel. Und niemand von ihnen

war von der Menge in irgendeinen Zug gedrängt worden. Perfekt.

Kai steckt feierlich den Schlüssel ins Schloss.

„Dann wollen wir mal sehen, was drin ist...“, lächelte er zufrieden und zog

die Blechtür auf...
 

- tbc -
 

Und, wie findet ihr Cheng? ^-^ Ich find den putzig ^^
 

Ich freu mich auch wieder immer über Kommis, auch über Kritik^^ (aber sagt mir

bloß nicht, dass euch Leo und Cheng auf die nerven gehen *heul*)
 

*knuffl*

nathera

Eine neue Spur

Hallo!

Danke für die Kommentare ~^-^~
 

@lunalinn: Freut mich, wenn du es magst ,wenn Mariah Ausraster kriegt xD Wird noch öfters passieren^^

@Amadare: Jetzt hast du was zu der Sekretärin u.u Freu dich gefälligst xD

@Daga: Sorry,aber die nächsten Kapitel enden, glaub ich, alle mit Cliffies ^^" Ich bin ja so böse u.u
 

Viel Spaß beim Lesen ^-^
 


 


 

Einen Moment lang starrten sie fassungslos in das nun geöffnete Schließfach.

Schließlich fragte Ray verwundert: „Ist das etwa Dizzi?“

Nach all den Jahren hatten er und seine Teamkollegen den Laptop ihres alten Technikers wiedererkannt.

„Oh Gott“, stieß Kai hervor und entnahm dem Schließfach den Laptop. Er drückte ihn Tyson in die Hand und tastete dann im Schließfach herum, in der Hoffnung, noch etwas zu finden. „Das ist alles“, meinte er und schloss das Fach. Er drehte sich zu den anderen um. „Also hatte Ian scheinbar Kontakt zu Kenny.“

„Oder aber...“ Ray verschränkte die Arme vor der Brust, „er hat Dizzi geklaut.“

„Das glaube ich nicht“, widersprach ihm Kai. „Da Ian und Max zusammen gearbeitet haben, wird Ian nichts getan haben, was Max für verwerflich gehalten hätte.“

„Ist doch egal“, jammerte Tyson. „Lasst uns doch einfach Dizzi fragen!“ Er klappte den Laptop vorsichtig auseinander und schaltete ihn ein. „Dizzi?“ Das alte Hintergrundbild war nicht geändert worden. Doch die weibliche Stimme von Kennys BitBeast antwortete nicht. „Dizzi, bist du da drin“?, fragte Tyson, obwohl er genau wusste, dass das BitBeast nirgendwo anders sein konnte.

„Sie antwortet nicht“, stellte Ray nüchtern fest, während Michael geduldig den Nicht-Eingeweihten erklärte, wer Dizzi und Kenny waren.

Kai blickte sich etwas unbehaglich um. „Wir sollten hier verschwinden“, fand er. „Lasst uns darüber nachdenken, wenn wir alleine sind.“ Nachdem Tyson den Laptop zugeklappt hatte, deutete Kai der Gruppe, ihm zu folgen.

Sie verließen den Bahnhof wieder und stiegen in die Limousine, die sie vom Flughafen hierher gebracht hatte.

„Wohin fahren wir jetzt?“, fragte Michael interessiert und legte den Arm um seine Frau, die sich müde gegen ihn lehnte.

„Zu mir nach Hause“, entgegnete Kai. „Wenn die im Büro wüssten, dass ich wieder in Moskau bin, würde ich nicht mehr so schnell wegkommen.“

„Wo arbeitest du denn?“, fragte Ray aus Höflichkeit. Es gefiel ihm nicht, wie die anderen mit ihm umgingen. Wenn er etwas sagte, wurde ihm sofort widersprochen oder gar nicht erst geantwortet. Vielleicht war es eine dumme Idee gewesen, Cheng mitzunehmen, der ohne Zweifel einen schlechten Eindruck hinterließ. Aber irgendwie war sich Ray sicher, dass sie auch ohne Cheng nicht sehr nett zu ihm gewesen wären. Mariah hatte ihn, seit er zum ersten Mal in dieses verfluchte Büro getreten war, nicht mehr angesehen. Seitdem versuchte er, möglichst oft zu reden und Interesse an den anderen zu zeigen. Und zu lächeln. Wie sonst sollte er versuchen, auf sich aufmerksam zu machen? Zu zeigen, dass er noch immer ein netter Kerl war?

„Ich leite die BioVolt“, murrte Kai bloß und blickte aus dem Fenster.

„Was machst du denn, Kon?“, fragte Bryan und grinste ihn kurz an.

Ray spürte, wie sein Lächeln gefror. Er hasste Bryan. Er hasste dieses Arschloch seit sechzehn verdammten Jahren. Und er wusste genau, dass Bryan das nur gefragt hatte, um ihn blöd dastehen zu lassen. Was sollte er auf so eine Frage denn antworten?

„Ray ist sehr vielseitig und in mehreren Branchen tätig“, antwortete Cheng für ihn, als er Rays Sprachlosigkeit bemerkte. „Wie heißt du noch gleich?“ Er lächelte freundlich.

„Das ist Bryan“, erwiderte Ray an Bryans Stelle. „Du weißt schon...“

Cheng nickte leicht. „Ah, der Psychopath“, stellte er fest und warf Bryan einen feindseligen Blick zu.

„Paps?“, fragte Nikolai und sah zu seinem Vater auf.

„Könntet ihr diese Feinseligkeiten bitte unterlassen?“, fragte Mariah entnervt. „Damit meine ich euch alle drei. Bryan, gerade du solltest dich in Anwesenheit deines Sohns zusammenreißen!“

Bryan verdrehte leicht die Augen. „Schreib' mir nicht vor, wie ich mich zu verhalten habe!“, maulte er sie an.

„Sicher, dass das dein Sohn ist?“, stellte Ray dieselbe Frage, die auch Kai schon gestellt hatte.

Doch dieses Mal antwortete Bryan nicht spitz, sondern atmete tief ein und aus, wobei er nicht Ray, sondern Mariah anblickte. Diese lächelte ihm leicht zu, als er entschlossen die Lippen aufeinander presste und dann wegsah.

„Krass“, kommentierte Cheng die Situation.

„Hm“, machte Ray und sah ebenfalls wieder weg.

„Müsste er nicht eigentlich im Knast sitzen?“, spann Cheng den Faden weiter.

„Wer?“, fragte Nikolai.

„Ich“, entgegnete Bryan in einem dermaßen kalten Ton, dass sein Sohn leicht zusammen zuckte.

„Auch im Knast sind die Leute wählerisch“, mischte sich Spencer ein. „Die wollten so ein homophobes Arschloch nicht bei sich aufnehmen.“

„Du redest mit mir!“, freute sich Cheng.

„Nein, ich würge Bryan einen rein“, verteidigte sich Spencer und sah an Cheng vorbei.

„Könntet ihr jetzt endlich ruhig sein?“, fauchte Mariah gereizt. „Ist euch eigentlich klar, dass Bryans Sohn hier sitzt und das alles mitkriegt? Wenn ihr ein Problem mit Bryan habt, dann klärt das gefälligst, wenn Nikolai nicht hier ist! Er ist doch erst 8 Jahre alt!“

„Irgendwann wird er eh merken, was für ein Arschloch sein Vater ist“, meinte Spencer nur kühl. „Wir helfen ihm nur, damit er, wenn er älter ist, nicht von seinem tollen Daddy enttäuscht ist.“

„SPENCER!“, rief Mariah so abrupt, dass die eingeschlafene Sara erschrocken aufsah. „NUR WEIL DU EIN PAAR FILME GEDREHT HAST, HEIßT DAS NOCH LANGE NICHT, DASS DU EIN BESSERER MENSCH BIST ALS WIR! ICH MÖCHTE DICH JA NUR UNGERN DARAN ERINNERN, DASS DU ZU DEM ZEITPUNKT, AN DEM BRYAN EIN ARSCHLOCH WAR, AUF SEINER SEITE STANDEST!“ Sie holte tief Luft und funkelte Spencer hasserfüllt an. „Und weißt du was?“, fragte sie schwer atmend. „Früher warst du mir scheißegal, während ich Bryan nicht ausstehen konnte. Aber stell dir mal vor: Inzwischen halte ich DICH für ein arrogantes Arschloch und Bryan einfach nur für einen um sein Kind besorgten Vater, der eingesehen, dass er in seiner Jugend einen kleinen Fehler gemacht hat.“ Sie verschränkte entschlossen die Arme vor der Brust und sah Spencer herausfordernd an.

Doch der starrte nur fassungslos zurück. Seit Jahren hatte sich ihm gegenüber niemand mehr eines solchen Tons bedient, weshalb er einen Moment brauchte, um zu begreifen, dass Mariah ihn angeschrien hatte.

„Ein kleiner Fehler“, wiederholte Ray leise. „Ist ja schön, dass du es inzwischen so siehst.“

„Was?“, fragte sie verdutzt und blickte ihn verwirrt an.

Doch Ray hatte schon wieder weggesehen. Er blickte seine zu Fäusten geballte Hände an. Zwei Jahre lang hatte er wegen diesem kleinen Fehler, den seine ehemals beste Freundin scheinbar für unbedeutend hielt, in einer geschlossenen Anstalt verbracht und noch heute quälten ihn in manchen Nächten Albträume. Er hatte Bryan nie vergessen und die Narben auf seinem Oberkörper erinnerten tagtäglich an das, was ihm der um sein Kind besorgte Vater damals angetan hatte. Aber das schien Mariah egal zu sein.

„Wir sind gleich da“, mischte sich Kai in die Unterhaltung ein.

„Super!“, sagte Michael enthusiastisch. „Dann können wir uns ja wieder angenehmeren Themen widmen, die auch in den Kontext unseres Zusammenseins hier passen.“

„Ich kann Ian eh nicht ausstehen“, murrte Ray plötzlich. „Meinetwegen soll er doch abkratzen.“

„Wenn du so etwas über diverse anwesende Leute sagen würdest, könnte ich es verstehen“, meldete sich Tala zum ersten Mal zu Wort. „Aber bitte halte dich, wenn es um Ian geht, mit solchen Bemerkungen zurück. Sie sind verletzend.“

„Sei lieber still, Tala“, sagte Johnny. „Sonst verlierst du deinen Posten als neutraler Zuschauer des Kampfs der Giganten.“

„Wäre ich neutral, würde ich auch keiner Seite stehen, Johnny“, entgegnete Tala. „Aber ich stehe auf Ians Seite. Deshalb muss ich ihn verteidigen, wenn jemand schlecht von ihm spricht.“ Er lächelte etwas hilflos. „Er selbst kann es schließlich gerade nicht machen.“

„Bald kann er Ray selbst anmeckern“, meinte Tyson aufmunternd, während die Limousine in die Einfahrt von Kais Villa fuhr.

„Hoffentlich.“ Tala schloss die Augen. „Hoffentlich geht es ihm gut.“

„Ian lässt sich so schnell nicht unterkriegen“, sagte Kai. „Und glaub' mir: Er hat in den letzten Jahren nichts von seinem Selbstbewusstsein eingebüßt.“ Er grinste leicht.

„Oh ja...“, stöhnte Alana. „Für seine Größe ist er ganz schön keck!“

„Ian hat sich nie an seiner Größe gestört“, erzählte Tala. „Er hat immer gesagt, er wäre lieber eine kleine Person, als eine kleine Persönlichkeit.“

Johnny lachte. „Echt?“, fragte er belustigt.

Tala nickte. „Ja. Nur wenn man ihn Krümel genannt hat, ist er sauer geworden. Er hat Spencer deshalb mal Kuchen genannt.“

Dieses Mal lachte nicht nur Johnny. Spencer verdrehte leicht die Augen und stupste den grinsenden Leo verärgert an, was diesen allerdings nicht sonderlich störte.

„Max hat vermutlich viel Spaß mit ihm gehabt“, sagte Tyson lächelnd. „Wenn Ian so lustig war...“

„Wirklich lustig war er ja nicht“, widersprach Tala. „Er war nur... selbstbewusst. Was er gesagt hat, hat er auch so gemeint.“

„Oh ja“, stöhnte Spencer.

„Er hat mal gesagt, dass der liebe Gott sich bei ihm und Spencer einen kleinen Spaß erlaubt hat“, mischte sich Bryan wieder ein. „Und zwar hat er ein bisschen was von Ians Größe Spencer gegeben und im Gegenzug dafür ein großes Stück von Spencers Hirn ihm.“

„Das hat er nie gesagt“, widersprach Spencer.

„Doch, hat er“, beteuerte Bryan.

„Er hätte bestimmt einen Heidenspaß, wenn er jetzt hier wäre“, giftete Tala. „Es ist unheimlich lustig, dass ich das Thema wechseln kann, sooft ich will, und ihr beiden trotzdem immer wieder einen Weg findet, euch gegenseitig blöd anzumachen. Wirklich toll, Respekt!“

„Reg' dich nicht auf, Tala“, meinte Kai. „Bewundere lieber meine Villa und beneide mich um meinen offensichtlichen Reichtum.“

Wie auf Kommando hielt auch die Limousine an und der Chaffeur öffnete die Tür. Kai verließ als Erster das Auto, gefolgt von Tala und Tyson.

„Wow“, sagte Tala und sah sich um. „Kai, ich beneide dich um deinen offensichtlichen Reichtum!“

„Ich würde mich an deiner Stelle auch beneiden“, stellte Kai fest.

„Du bist ja so bescheiden“, witzelte Tala.

Die Gruppe folgte Kai über den gepflasterten Weg zur großen, geflügelten Haustür.

Eine Tür hat wohl nicht gereicht“, bemerkte Tyson amüsiert.

„Ich hab das Haus von meinem Großvater geerbt“, entschuldigte Kai. „Und ich hab eigentlich nichts verändert.“

„Warum hatte ich nie einen steinreichen Großvater?“, fragte sich Tyson, während Kai die Haustür aufschloss.

„Wenigstens musst du wie jeder Normalsterbliche deine Haustür selbst aufschließen“, stellte Ray voller Genugtuung fest, was Kai mit einem „Nee, ich hab nur dem Butler freigegeben, während ich weg bin“ beantwortete.

„Geil“, staunte Nikolai, als sie die Eingangshalle betraten. „Ist ja noch cooler als Ihr Büro!“

„Jaja“, murmelte Kai. Er mochte keine Kinder. Besonders nicht, wenn sie aus Bryans Samen entstammten.

Während Cheng sich nach nicht festgenagelten Wertgegenständen umsah, redete Leo beruhigend auf Spencer, der die Fahrt als nicht sehr zufriedenstellend empfunden hatte, ein. Michael hatte noch immer den Arm um Sara gelegt, vermutlich weil er befürchtete, dass sie wieder einschlafen könnte.

„Ich habe meinen Angestellten leider freigegeben“, entschuldigte Kai sich. „Aber wenn ihr möchtet, können wir in ein Restaurant gehen.“

„Oder wir bestellen einfach Pizza“, schlug Mariah vor. „Das nimmt nicht so viel Zeit in Anspruch. Und ich glaube, ich bin nicht die einzige, die jetzt keine Lust auf weitere Autofahrten hat.“

„Pizza?“, wiederholte Kai ungläubig.

„Dieses runde Nahrungsmittel aus Italien“, erklärte Tyson mit großen Augen. „Mit Käse überbacken und extrem lecker!“

Kai verdrehte die Augen. „Ich weiß, was eine Pizza ist, Tyson“, ärgerte er sich. „Ich dachte nur... Pizza ist so... gewöhnlich.“

„Ich glaube, die meisten Leute hier sind gewöhnlich genug, um gewöhnliches Essen zu mögen“, meinte Johnny. „Ich jedenfalls bin dankbar für alles Ungesunde und Fettige!“

„Wieso denn das?“, fragte Michael belustigt.

„Meine Frau hat einen strengen Diätplan, an den ich mich merkwürdigerweise auch halten muss“, beschwerte sich Johnny. „Ich freu mich schon, wenn die Schlampe endlich auszieht.“ Mit einem entschuldigenden Blick zu Nikolai fügte hinzu: „Also, naja, sie ist keine Schlampe, sondern nur ein wenig unfreundlich.“

„Also Pizza“, beschloss Michael. „Find' ich gut.“

„Kann ich vielleicht den Laptop irgendwohin loswerden?“, bat Tyson. „Kenny muss ja stahlharte Muskeln gehabt haben, dass er das Teil immer mit sich herumschleppen konnte!“

„Klar.“ Kai wandte sich an Alana: „Kümmer' du dich um die Pizza.“ Er winkte Tyson zu sich. „Komm' mit.“ Er brachte seinen ehemaligen Teamkollegen in einen großen Speisesaal, der vermutlich für Empfänge gedacht war. Tyson stellte Dizzi auf dem Tisch ab und blickte sich interessiert um.

„Ray ist ein ziemlicher Penner geworden“, meinte Kai plötzlich, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte.

Tyson sah ihn überrascht an. „Hm, ja, irgendwie schon“, erwiderte er ein wenig verlegen. „Aber er kann vermutlich nichts dafür.“

„Hab' ich auch nicht gesagt“, murmelte Kai. „Es überrascht mich nur.“ Er lehnte sich gegen die Tür. „Warum hat jemand wie Ray Freunde wie Cheng?“

Tyson zuckte mit den Schultern. „Er ist vielleicht nett.“

„Er ist drogenabhängig“, stellte Kai fest. „Und ich bin mir nicht sicher, ob Ray nicht auch hin und wieder mal was einschmeißt.“

„Du glaubst, dass Ray Drogen nimmt?“, entsetzte sich Tyson.

„Achte mal auf seine Hände“, riet ihm Kai und öffnete dann die Tür. „Du kannst mir dann ja später sagen, ob du mir Recht gibst oder nicht.“ Er verließ das Zimmer wieder und Tyson blieb nichts anderes übrig, als ihm hinterher zu eilen, bis sie wieder in der Eingangshalle waren, wo Alana noch immer Bestellungen aufnahm.

Nachdem die Pizza bestellt worden war, führte Kai auch die restlichen Leute in den Speisesaal, wo sie sich um den langen Tisch setzten. Kai zog den Laptop zu sich heran und öffnete ihn wieder.

„Ich habe Hunger“, merkte Tyson an und blickte zu Ray, dessen Hände sich leider unter der Tischplatte befanden.

„Das Essen kommt erst in etwa eineinhalb Stunden“, meinte Alana entschuldigend.

„In meinem Schlafzimmer müsste noch Joghurt im Kühlschrank sein“, fiel Kai ein. „Würde dir das helfen, Tyson?“ Der Angesprochene nickte, weshalb Kai sich wieder an Alana wandte: „Du weißt ja wohl noch, wo mein Schlafzimmer ist. Holst du bitte was für Tyson?“

„Klar.“ Sie stand auf und verließ die Küche.

„Ohh“, machte Michael wissend. „Deine blonde, dumme Sekretärin weiß noch, wo dein Schlafzimmer ist, Kai!“

Kai lachte leise. „Problem damit?“, fragte er.

„Du erfüllst sämtliche Klischees“, stellte Sara fest. „Irre.“

„Könnten wir bitte zum Thema kommen?“, bat Kai.

„Lohnt sie sich denn?“, wollte Johnny interessiert wissen.

Kai blickte ihn einen Moment lang überrascht an. Dann nickte er leicht. „Joah, schon. Und sie ist vor allem leicht zu haben. Ein paar Blumen und sie tut alles, was du willst. Die ist auch für kleine Spielchen offen, falls du verstehst, was ich meine...“

„Cool“, fand Johnny, wurde jedoch von Spencer unterbrochen: „Da ich mich nicht sonderlich für Frauen interessiere, langweilt mich das momentane Gesprächsthema so sehr, dass ich darauf bestehen muss, dass endlich dieser blöde Laptop untersucht wird.“

Kai lachte wieder. „Wer behauptet, vom Intimleben anderer Leute gelangweilt zu sein, ist selbst frustriert und nur neidisch“, gab er von sich.

Leo wurde augenblicklich knallrot und sah Spencer vorwurfsvoll an, der entnervt „sehr witzig“ grummelte.

„Was für Blumen?“, fragte Johnny. „Rosen? Tulpen?“

„Traust du ihr so viel Grips zu, dass sie Rosen und Tulpen auseinander halten kann?“, grinste Kai.

„Es beginnt, auch mich zu langweilen“, bemerkte Leo scharf, noch immer Spencer böse anstarrend. „Mich langweilen auch Geschichten über das Intimleben anderer Leute. Sei bloß nicht zu eingebildet, Spencer!“

„Hey!“, empörte sich Spencer. „Du hast ja wohl keinen Grund, frustriert zu sein!“

„Du etwa?“, giftete Leo.

„Ähh... Nein?“, sagte Spencer das einzig richtige, was er in dieser Situation hätte sagen können.

„Mein achtjähriger Sohn ist immer noch anwesend“, beschwerte sich Bryan. „Also klärt eure kleinen Problemchen miteinander, wenn ihr allein seid. Das ist widerlich! Und es wird bestimmt seine unschuldige Seele beschmutzen!“

„Nicht sehr viel mehr als Kais Tipps, wie man seine Sekretärin ins Bett kriegt“, gab Spencer schlecht gelaunt zurück.

„Aber die Vorstellung, dass Kai oder Johnny mit Alana schläft, ist nicht halb so ekelhaft wie die Vorstellung, dass... oh Gott, ihr beiden seid echt widerlich!“ Bryan schüttelte angeekelt den Kopf.

Nikolai blickte interessant zu Spencer und Leo.

Alana betrat den Raum wieder und brachte Tyson einen Joghurt und einen Löffel. „Danke“, murmelte der und und begann zu essen.

„Es wäre nett, wenn du Nikolai in die Bibliothek bringen und da auf ihn aufpassen würdest“, meinte Kai freundlich an sie gewandt.

„Sie haben hier eine Bibliothek?“, meinte Nikolai beeindruckt. „Wow!“ Er sprang auf und folgte Alana wieder aus dem Raum.

„Das heißt, jetzt dürfen wir über Sex reden?“, fragte Spencer.

„Aber nicht über Analsex!“, fuhr ihn Bryan an. „Wo ist eigentlich Mariah, wenn man sie mal braucht?“

Tatsächlich saß Mariah noch nicht bei ihnen am Tisch.

„Sie ist auf dem Klo“, meinte Sara. „Wahrscheinlich hat sie sich jetzt irgendwo im Haus verirrt. Soll ich sie mal suchen und damit euren schmutzigen Gesprächen entfliehen?“ Sie stand auf. Kai winkte sie unwirsch weg, weshalb sie die Augen verdrehte.

„Toll, jetzt sind wir Kerle unter uns und können endlich offen reden“, freute sich Johnny.

„Kerle?“, wiederholte Bryan spitz. „Da sitzen doch noch zwei Weiber.“ Er nickte in Richtung Spencer und Leo, die ihre bösen Blicke nicht mehr aufeinander, sondern nur noch auf Bryan konzentrierten.

„Ich muss auch mal aufs Klo“, meldete sich Cheng zu Wort und stand auf. Ray erhob sich ebenfalls. „Wo ist hier die Toilette, Kai?“, fragte er und verließ nach einer kurzen Wegbeschreibung mit Cheng den Saal.

Tyson sah den beiden unbehaglich hinterher, sagte jedoch nichts.

„Also, kommen wir zum Thema zurück.“ Kai deutete auf den Laptop, just in dem Moment, in dem Mariah und Sara durch die Tür schlüpften und sich zu Michael setzten.

„Öffne einfach mal auf gut Glück ein paar Dateien“, schlug Tala vor.

Kai tat, wie ihm geheißen, schüttelte dann aber den Kopf. „Verschlüsselt. Kennt sich einer von euch mit Computern aus?“

„Kenny“, meinte Tyson spontan, noch bevor er merkte, dass sein altes Team nicht vollständig vorhanden war. „Ähm... Reagiert Dizzi immer noch nicht?“

„Dizzi, du verdammte Schlampe, jetzt öffne endlich dein verfluchtes Maul und sprich mit uns“, sprach Kai den Laptop an und wandte sich kurz darauf wieder an Tyson: „Wenn sie darauf nicht anspringt, ist sie wohl nicht mehr ganz da.“

„Und jetzt?“, fragte Michael.

„Jetzt klicke ich jede verdammte Datei auf diesem Computer an, solange, bis ich was finde“, beschloss Kai und klickte tatsächlich Datei für Datei an. Doch nicht als verschlüsselte Texte kamen zum Vorschein. „Hier sind Bilder“, stellte er fest und klickte eins der Bilder an. „Ian“, sagte er.

„Was?“, fragte Tala und sprang auf. „Zeig' her!“ Er ging zu Kai und blickte ihm über die Schulter. Das Bild war zwar nur verschwommen, aber es stellte eindeutig Ian dar. „Und da sind welche von Max“, meinte Tala. „Und da sind noch welche.“

„Aber an die komme ich nicht dran“, meinte Kai. „Irgendeine Fehlermeldung. Die sind passwortgeschützt.“

„Passwortgeschützte Bilder?“, fragte Michael. „Krass!“

„Aber wo gibt man das Passwort ein?“, wunderte sich Tala.

In just diesem Moment erschien eine weitere Fehlermeldung auf dem Bildschirm.

„Kein Zugriff“, las Kai vor. „Kein Zugriff ohne Retina-Scan.“

„Retina-Scan?“, wiederholte Leo. „Ein Laptop mit Retina-Scanner?“

„Ja.“ Kai befingerte ein am Rand des Laptops angebrachtes System. „Scheint so. Ich habe es erst für eine Webcam gehalten.“

„Also brauchen wir jetzt jemanden, der die richtige Netzhaut hat“, stellte Tyson fest.

„Ian“, vermutete Kai. „Oder Max.“

„Oder Kenny“, warf Tyson ein.

Kai seufzte und klickte das Bild von Ian weg. In just diesem Moment wurde der Bildschirm schwarz. „Und jetzt springt der Bildschirmschoner an!“, beschwerte sich Kai. „Das Ding hat immer noch ein Eigenleben!“ Bevor er sich weiter beschweren konnte, las Tala interessiert vor: „Tajemnica.“

„Was?“, fragte Kai verdutzt und blickte wieder auf den Bildschirm, wo eine Schrift herlief.

„Tajemnica: Тwerskaja 281“, las Tala weiter vor. „Und in anderer Schrift 493.“ Er blickte auf. „Kommt uns zumindest der Anfang nicht bekannt vor?“

„Oh ja...“, murmelte Bryan und schielte böse zu Leo, der den Zettel damals hatte entschlüsseln können.

„Twerskaja...“ Kai stockte. „Das ist eine Straße in Moskau.“

„WAS?“, fragte Michael entsetzt. „Und das fällt dir JETZT ein, du Idiot?“

Kai schluckte leicht. „Ich hab nicht dran gedacht, tut mir Leid!“

„Dann nichts wie hin!“, beschloss Mariah.

„Wollen wir nicht auf unsere Pizza warten?“, warf Tyson kleinlaut ein. „Selbst wenn es eine Adresse ist, läuft sie uns nicht weg.“

„Ich kann Alana herausfinden lassen, wer in dem Haus wohnt“, beschloss Kai. „Dann überlegen wir uns, ob wir erst essen oder hinfahren.“
 

Letzten Endes fuhren nur Kai und Tala zu der Adresse, da sie befürchteten, dass es nicht besonders gut ankam, mit einer so großen Truppe im Gefängnis aufzutauchen. Und da sie beide die einzigen noch motivierten russisch-Sprechenden waren, gingen sie zu zweit. Es dauerte nicht lange, bis Kai in Erfahrung gebracht hatte, dass es einen Gefangen mit der Nummer 493 gab, der in einer Einzelzelle in Untergeschoss wohnte, allerdings schaffte es erst Tala, den Aufseher dazu zu überreden, sie hinunterzuführen und mit dem Gefangenen sprechen zu lassen.

„Er hat in den letzten Jahren nie geredet“, meinte der Mann. „Seit er hier ist. Hält sich überall raus, ignoriert uns und die anderen Gefangenen völlig.“ Er lächelte aufmunternd. „Aber ich bin mir sicher, dass er mit Ihnen sprechen wird, Mr Ivanov.“ Tala war sich sicher gewesen, dass bloß Kai seinen Namen genannt hatte, was wohl bedeutete, dass der Mann ihn erkannt haben musste. „Ist nett von Ihnen und ihren Teamkollegen, dass sie nach so langer Zeit mal herkommen. Ich glaube, mit Ian hat er geredet, als er hier war, zumindest sah der zufrieden aus, als er wieder hochge...“ Er stockte und fuhr sich dann verlegen durch die Haare. „Entschuldigung, dass ich Ian gesagt habe... Es fällt mir schwer, Sie und ihre Teamkollegen beim Nachnamen zu nennen, schließlich war ich früher großer Fan von Ihnen und habe sie immer noch als Jugendliche im Gedächtnis.“

„Schon okay“, meinte Tala. „Sie haben aber nicht mitbekommen, worüber Ian mit ihm geredet hat?“ Er fragte sich, wer in der Zelle saß, doch er wagte es nicht, zu fragen. Ian hatte offenbar gewusst, wen er besuchte, weshalb es auf den Mann sicherlich verdächtig wirken würde, wenn Tala es nicht wissen würde.

„Er wollte allein gelassen werden, deshalb habe ich keine Ahnung“, entschuldigte der Wärter.

„Ist es nicht gegen die Vorschriften, Inhaftierte mit Besuch allein zu lassen?“, wunderte sich Kai, der sich ein wenig missachtet fühlte.

„Naja, da kann man doch mal eine Ausnahme machen...“ Der Mann errötete leicht.

„Was hat Ihnen Ian gegeben?“, fragte Tala, als der Mann im Gang stehengeblieben war.

„Ein Autogramm“, antwortete der.

„Ein Autogramm?“, fragte Tala verdutzt. „Nur ein Autogramm?“

„Und er hat mir ein paar Fragen beantwortet. Was aus dem Team geworden ist. Dass Spencer Schauspieler ist, habe ich ja schon mitgekriegt, aber von Ihnen dreien wusste ich es noch nicht. Ich finde es aber toll, was Sie jetzt machen. Musik passt gut zu Ihnen.“ Der Mann lächelte begeistert.

Tala schluckte leicht. Ian wusste also, dass er Dirigent war? Und dass Bryan Lehrer war? „Hat Ian Ihnen auch erzählt, was er selbst macht?“, fragte er.

„Klar. Ich hätte ihm, um ehrlich zu sein, gar nicht zugetraut, Mathematiker zu sein“, gab der Mann zu. „Und wissen Sie, was er geantwortet hat, als ich ihm das gesagt hat? Er meinte, er wäre zwar eine kleine Person, aber eine große Persönlichkeit.“ Er lachte. „Herrlich, nicht wahr?“

Tala lächelte leicht. „Ja. Lassen Sie uns auch allein, wenn ich Ihnen ein Autogramm gebe und ein paar Fragen beantworte?“

„Nur eine Frage“, beruhigte ihn der Wärter. „Sind Ihre Haare gefärbt?“

Tala lachte. „Nein, sind Sie nicht. Wo soll ich ihnen das Autogramm hinschreiben?“

„Wir haben oben im Besprechungsraum ein Plakat von Ihrem alten Team hängen“, erzählte der Mann. „Darauf hat auch Ihr Teamkollege unterschrieben.“

„Okay.“ Tala nickte leicht.

„Sie haben zwanzig Minuten.“ Er schloss die Tür auf. „Die einzige Zelle, die in diesem Gang besetzt ist, also bleibt das Gespräch wirklich privat.“

„Danke schön.“ Tala betrat den Gang, als auch schon die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel. Scheinbar hatte der Wärter Kai zurückgehalten. Auch gut. Tala fand recht schnell die einzige, besetzte Zelle in dem recht altmodischen Gang. Er musste sich in einem sehr alten Trackt befinden, da die Türen noch aus dicken Gitterstäben bestanden, was den Gefangenen, wenn sie nicht alleine in ihrem Gang waren, jegliche Privatsphäre nahm.

Tala holte tief Luft, als er den Mann erkannte, der auf seiner Pritsche saß und noch nicht einmal aufsah, als er Schritte hörte. „Er hat mir versprochen, dass du kommen wirst, Tala. Und jetzt bist du wirklich da.“
 

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Ich hoffe, in dem Kapitel war euch nicht zu viel Smalltalk *hust* Ich kann's einfach nicht lassen <.<
 

Ich freu mich (wie immer) über Kommentare ^-^
 

*knuffl*

Nathera

Die gute, alte Abtei...

Hallo!

Danke für die Kommentare!
 

@Amadare: Wow! Du weißt echt nicht, wer da im Gefängnis sitzt? *freu* Und ich dachte, ich hätte an dich schon alles gespoilert, das man spoilern könnte! *stolz sei* Es gibt noch etwas ,was du nicht weißt!!
 

@Robino: Das "warum" der Spurensuche wird hoffentlich in dem Kapitel hier ausreichend erklärt. Wenn nicht, kannst du mich ja nochmal fragen, dann erklär ich es dir ^-^ Und es ist gut, dass du die Streitereien magst... xD
 

@Moorhenne: Nein, das hast du ganz falsch verstanden *panisch* Bryan steht nicht aus Sadomaso!! Das mit den Narben an Rays Oberkörper war auf den "lustigen" Kampf zwischen ihm und Bryan in der ersten Staffel bezogen. Bryan hat Ray doch ziemlich fertig gemacht und Ray ist damit eben nicht klar gekommen. Hat immer noch Albträume und eine panische Angst vor Bryan.
 

@CaSi: Wusstest du nicht, dass es schon weiterging? u.u Upps, sorry ^^" Und weißt du was? Zur Entschädigung, dass du nicht Bescheid wusstest, habe ich nicht Michael in dem kapitel hier mitgehen lassen, wie ursprünglich geplant war, sondern Johnny. Zufrieden? ... Und hey - später wird Johnny sehr viel wichtiger (auch im zweiten Teil, falls ich denn mal online stelle).
 

Guckt mal: Ich habe Charakterbeschreibungen gemacht! *stolz sei* Ist das nicht toll?!

Und das Kapitel ist ein bisschen arg lang geworden u.u Ursprünglich sollte es noch weiter gehen, aber das wurde einfach ZU lang. Deshalb habe ich das eigentliche Ende noch in das nächste Kapitel gepackt ^^ Ich hoffe, ihr verzeiht mir das *knuff*
 

Viel Spaß beim Lesen!
 


 

Tala holte tief Luft, als er den Mann erkannte, der auf seinem Bett saß und noch nicht einmal aufsah, als er seine Schritte hörte. „Er hat mir versprochen, dass du kommen wirst, Tala. Und jetzt bist du wirklich da.“

Der Rotschopf brauchte einen Moment, bevor er wieder genug Atem hatte, um zu sprechen. Doch sein Gegenüber schien kein Problem damit zu haben, ihm die Zeit zu geben, die er brauchte. „Hallo, Boris“, sagte Tala schließlich leise und setzte sich auf den Boden vor der Zelle.

Hallo?“, wunderte sich der Mann und stand auf. „Ist das alles, was du mir zu sagen hast?“

Tala zuckte leicht mit den Schultern. „Ian war also bei dir“, stellte er nüchtern fest.

„Und er hat mir etwas für dich gegeben“, ergänzte Boris. „Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich es dir geben soll.“

„Dann lässt du es eben bleiben“, erwiderte Tala gleichgültig. „Und verrottest in deiner kleinen Zelle mit der Gewissheit, dass Ian wegen dir vielleicht sterben musste.“

„Ist er tot?“ Der überlegene Gesichtsausdruck wich und machte Besorgnis Platz.

Tala zuckte wieder mit den Schultern. „Vielleicht. Vielleicht bald. Er ist verschwunden.“

Eine Zeit lang herrschte Schweigen.

„Er hat mit gesagt, dass es vielleicht so weit kommen wird“, nickte Boris schließlich langsam. „Und er hatte Angst davor.“

„Er hat dir erzählt, dass er Angst hat, entführt zu werden?“, wiederholte Tala fassungslos.

Boris setzte sich. Doch dieses Mal ließ er sich Tala gegenüber auf dem Boden nieder, um etwa auf gleicher Augenhöhe mit ihm zu sein. Nur die Gitter und etwa fünf Meter trennten sie voneinander. „Er hat mir erzählt, dass er verfolgt wird. Von denselben, die Max getötet haben.“

„Was hatten Ian und Max miteinander zu tun?“, wollte Tala wissen.

„Nicht viel.“ Boris legte den Kopf schief. „Und doch eine ganze Menge.“

Tala stöhnte entnervt auf. „Boris, im Gegensatz zu dir habe ich nicht mein ganzes Leben lang Zeit, um herumzurätseln! Vielleicht wird Ian gerade von irgendwem gefoltert oder umgebracht! Kannst du blödes Arschloch mir nicht einfach erzählen, was du weißt?“

Boris warf ihm etwas durch die Gitterstäbe zu. Ein runder, flacher Gegenstand, der höchstens ein paar Gramm wog. Tala brauchte nicht lange, um ihn zu erkennen. „Wyborg“, hauchte er. „Er hat dir sein BitBeast gegeben?“

„Unter der Auflage, dass du es ihm irgendwann zurückgibst“, grinste Boris schief. „Ich hoffe, das wirst du tun, Tala.“

„Was weißt du?“, wollte Tala wissen, während er gerührt die Schlange auf dem BitChip betrachtete.

Boris zögerte einen Moment. „Er hat mir nicht viel gesagt.“

Tala musste nicht zu ihm aufsehen, um zu realisieren, dass Boris begann, zu lügen. Er war unter dem Regiment dieses Mannes aufgewachsen und hatte gelernt, die Tonlagen, derer er sich bediente, auseinander zu halten.

„Er wollte, dass ihr mir hier heraushelft“, sagte Boris.

„Wollte er nicht.“ Tala strich über den BitChip.

„Hätte er sonst Dokumente über diese Sache an einem Ort hinterlegt, der nur für mich zugänglich ist?“, fragte Boris.

„Hat er nicht“, widersprach Tala abermals.

„Oh doch.“ Boris nickte langsam. „Ich bringe euch dorthin. Wenn ich es nicht finde, dann könnt ihr mich gerne zurückbringen. Und wenn ich es finde...“

„Wir werden auf keinen Fall einen Verbrecher aus dem Knast holen“, schnitt ihm Tala das Wort ab. „Du solltest froh und dankbar sein, dass ich überhaupt mit dir rede!“

„Ian wollte es so“, begann Boris wieder.

„Wollte er nicht!“

„Hast du eine andere Wahl?“, wollte sein ehemaliger Trainer wissen. „Hier bei mir endet die Spur, die er euch gelegt hat. Ihr braucht mich wohl.“

Tala blickte ihn scharf an. „Wer sagt uns, dass du nicht einfach abhaust, wenn wir dich hier rausholen?“

„Spencer ist doch bestimmt bei euch. Gibt es einen besseren Aufpasser als ihn?“, fragte Boris.

Tala schüttelte leicht den Kopf. „So eine Verantwortung würde ich ihm nicht mehr übertragen“, beschloss er.

„Du solltest mehr Vertrauen in deine Teamkollegen haben, Tala“, fand Boris.

„Du hast ja keine Ahnung, was aus denen geworden ist! Du musst Spencer und Bryan ja nicht den ganzen Tag über ertragen!“, warf ihm Tala vor. „Die beiden sind geltungssüchtig, arrogant und streiten sich die ganze Zeit über!“

Boris grinste schief. „Früher hast du Spannungen in deinem Team ganz einfach beendet“, erinnerte er sich.

„Aber es ist nicht mehr mein Team.“ Es fiel Tala schwer, ruhig zu bleiben. „Wir gehen schon lange unseren eigenen Weg!“

„Und trotzdem fühlst du dich für Ian verantwortlich“, stellte Boris fest.

„Weil er mein Freund ist“, erwiderte Tala kühl. „Und weil er mir noch nicht bewiesen hat, dass aus ihm ein Arschloch geworden ist.“ Tala sah direkt in Boris' Gesicht. „Hat er sich sehr verändert?“

„Er war so wie immer“, antwortete Boris. „Kein Größenwahn oder Höhenflug.“

Tala seufzte erleichtert. „Wenigstens einer...“, murmelte er.

„Wenn du den anderen nicht traust, kann du auch auf mich aufpassen, Tala“, schlug Boris vor. „Du weißt doch ganz genau, was du kannst. Traust du dir das zu?“

Tala verdrehte die Augen. „Ich habe keinen Nerv dazu“, beschloss er. „Vielleicht habe ich mich damals nicht deutlich genug ausgedrückt... Ich hasse dich, Boris. Ich hasse dich wie die Pest. Und ich glaube nicht, dass ich mir deine Fresse länger als zwanzig Minuten reinziehen könnte!“

„Irgendwer kann es bestimmt. Wen hat Kai alles zu sich geholt?“, wollte Boris wissen.

„Woher weißt du, dass Kai...?“, fragte Tala leise.

Boris lachte. „Ian hat mir erzählt, dass er Kais Neugierde geweckt und somit die Informationen gesichert hat. Wenn die wichtigen Personen bei euch sind, wird nichts verloren gehen von dem, was er wusste.“

„Und wer sind die wichtigen Personen?“, wollte Tala wissen.

„Kai, Ray, Kenny und du“, listete Boris auf. „Ohne euch gäbe es Sackgassen. Aber vielleicht seid ihr mehr. Ian hat gehofft, dass wenigstens euer altes Team bis auf ihn komplett anwesend ist. Er meinte, es wäre leicht für Kai, euch alle zu kontaktieren. Michael, Eddy und Emily von den All Starz seien ebenfalls leicht zu finden, Robert, Oliver und Johnny von den Majestics, wobei mit etwas genauerer Suche auch Enrico gefunden werden könnte. Lee und Kevin von den White Tigers, die kompletten Bladebreakers...“

„Wir haben Kenny nicht gefunden“, unterbrach ihn Tala. „Genauso wenig wie Eddy und Emily, Robert, Oliver und Enrico, Lee und Kevin. Dafür ist Mariah bei uns.“

„Mariah?“, wiederholte Boris. „Wow, Respekt! Ihr habt jemanden ausfindig gemacht, von dem Ian keine Ahnung hat, wo er suchen sollte!“

„Wenn Kenny wichtig ist, dann sind wir aufgeschmissen“, seufzte Tala.

„Vielleicht kann ich helfen. Die Dokumente“, versuchte Boris es wieder.

„Wie stellst du dir das vor? Wir können dich nicht einfach aus dem Gefängnis holen!“, beschwerte sich Tala.

Boris grinste schief. „Zwei weitere Autogramme auf dem Superplakat und ein bisschen Kleingeld dürften das bewerkstelligen.“
 

„Ich gebe doch nicht irgendwelchen korrupten Gefängniswärtern Autogramme!“, beschwerte sich Spencer und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

„Auf dein Autogramm sind sie wahrscheinlich eh nicht so scharf“, mutmaßte Bryan.

„Was?“, empörte sich Spencer. „Weißt du, wie viele Leute tagtäglich Autogramme von mir haben wollen?“

„Diese Typen waren früher Fans von unserem Team“, erklärte Bryan. „Und leider warst du früher so extrem langweilig, dass die Leute auf deine Autogramme nicht so scharf waren wie auf meine. Und auf Talas.“ Er zwinkerte Tala amüsiert zu.

„Aber mittlerweile bist du ein langweiliger Kleinstadtlehrer, während ich Schauspieler bin“, konterte Spencer.

„Ich glaube nicht, dass die das interessiert, Spencer“, mischte sich Tala ein. „Ich schätze, die sind tatsächlich auf Bryans Autogramm schärfer als auf deins.“

Spencer spürte, wie ihm sämtliche Gesichtszüge entgleisten. „Ihr spinnt ja wohl!“, meinte er sauer.

„Neben meinem Autogramm ist ein Autogramm von Bryan wirklich wichtiger“, beteuerte Tala. „Allein schon wegen den vielen Gerüchten damals, die wir ja teilweise auch ziemlich geschürt haben...“ Er grinste verlegen.

Bryan blickte ihn einen Moment lang fragend an, bis er verstand. „Ach ja“, fiel ihm amüsiert ein. „Die haben ja alle geglaubt, dass wir schwul oder sowas wären...“

„Aber das haben nur die notgeilen Weiber gedacht“, brummelte Spencer. „Die Kerle waren mehr an Siegen interessiert, für die ja bekanntlich ich zuständig war.“

Tala seufzte entnervt. Jetzt hatte er es wenigstens geschafft, in Bryans Gesicht ein Lächeln zu zaubern. Und Spencer würde er auch noch knacken. Irgendwann. „In diesem Besprechungsraum saß tatsächlich ein Weib“, erzählte er. „Und die hat mich allen Ernstes gefragt, ob zwischen mir und Bryan wirklich was laufen würde.“

„Und was hast du geantwortet?“, fragte Bryan.

„Ich hab gesagt, dass wir uns sehr nahe stehen“, erwiderte Tala.

„WAS?“, platzte aus Bryan heraus. „Oh Gott, Tala! Jetzt glaubt die, ich wäre schwul!“

Tala schielte zu Spencer, der nun höchst befriedigt aussah.

Neues Ziel: Beide Teamkollegen gleichzeitig fröhlich stimmen!

„Und sie wird es sämtlichen Freundinnen erzählen! Und...“ Bryan stockte. „Tala, ich habe einen Sohn! Was soll der denn denken, wenn plötzlich in irgendwelchen Klatschmagazinen Artikel über unser Liebesglück erscheinen!“

„Da ihr mittlerweile langweilig seid, wird sich auch kein Klatschmagazin mehr für euch interessieren“, mutmaßte Spencer.

„So langweilig bin ich gar nicht“, verteidigte sich Tala. „Frag' Experten in der Theater-Welt, die kennen mich alle immer noch als Komponisten und Dirigenten eines der besten Orchester, die es momentan auf dieser Welt gibt.“

„Die kleinen Mädchen werfen dir bestimmt oft Kuscheltiere in deinen Orchestergraben“, witzelte Spencer.

Tala atmete tief ein, während er sich fragte, ob Spencer eigentlich merkte, dass er verletzend wurde. „Spencer, ich bin glücklich mit meinem Leben“, sagte er schließlich gepresst. „Ich lebe nicht, um andere Menschen zu beglücken, sondern um mich selbst zufrieden zu stellen. Und das kriege ich auch ganz gut gemeistert. Ich habe ein paar wirklich gute Freunde, nette Arbeitskollegen, einen witzigen Boss, eine anständige Wohnung, freundliche Nachbarn, süße kleine Hauskatzen und einen wunderbaren Flügel in meinem Wohnzimmer. Glaub' mir ruhig: Das reicht mir zum Leben.“

„Hast du eigentlich 'ne Freundin?“, fragte Spencer ein bisschen kleinlaut.

„Er hat Svenja-Mausi“, flötete Bryan.

„Nein, ich bin Single“, erwiderte Tala kühl. „Und Svenja-Mausi ist zwar nett, aber überhaupt nicht mein Typ.“

„Wie ist denn dein Typ?“, fragte Bryan.

„Hm...“ Tala lächelte gespielt verlegen. „Mein Typ ist... ungefähr so wie du, Bryan.“

„Witzig“, brummelte Bryan.

Tala seufzte. Warum bemühte er sich eigentlich, wieder ein gutes Klima in seinem ehemaligen Team herzustellen? Das Problem an dieser Situation war nur, dass er nicht wohl fühlte, wenn er mit den beiden Männern zusammen in einem Raum war. Und sie waren allein. Früher in der Abtei, als sie sich zu viert ein Zimmer geteilt hatten, war Tala gerne bei ihnen gewesen und hatte es nicht gemocht, wenn ihr Team von anderen Leuten gestört wurde. Aber jetzt war alles anders. Zu Bryan hatte Tala in den letzten Jahren wenigstens hin und wieder Kontakt gehabt, was ihm beinahe schon ein schlechtes Gewissen machte, da er ständig das Gefühl hatte, mehr auf Bryan einzugehen als auf Spencer. Er wusste zwar, dass er nicht Schuld an dem Streit der beiden war, aber er hatte Angst, es noch zu verschlimmern, indem er einen der beiden mehr beachtete. Vielleicht war es totaler Unsinn, aber früher als Teamleader hatte er sich immer Mühe gegeben, alle drei Teamkollegen gleich zu behandeln. Und dasselbe versuchte noch heute, auch wenn bloß noch Spencer und Bryan hier waren.

„Tala“, meldete sich plötzlich Spencer zu Wort. „Ich mach' es.“

Tala blickte ihn überrascht an. „Danke“, sagte er dann und schaute zu Bryan. „Was ist mit dir?“

„Wenn du mir versprichst, mich nicht zu küssen“, meinte der und sah kurz zu Spencer. „Dann meinetwegen.“
 

Es brauchte mehr als ein bisschen Kleingeld, aber unter dem Siegel der Verschwiegenheit erlaubten die Gefängniswärter einen kleinen Hafturlaub. Nur für zwei Tage, mehr nicht.

Allerdings wirkte Boris nicht so, als wolle er freiwillig wieder zurückkommen. Als er eingekeilt zwischen Bryan und Spencer in der Limousine saß, atmete er befreit tief durch.

„Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee war“, meinte Johnny naserümpfend und schüttelte missbilligend den Kopf.

Neben den alten Demolition Boys, Tyson und Kai war er der Einzige, der mitgekommen war.

„Wo fahren wir hin?“, fragte Kai an Boris gewandt.

„Wollen wir nicht erst etwas essen?“, fragte Boris ein wenig nervös und blickte sich um.

„Wir haben vorhin gegessen“, erwiderte Bryan kühl.

„Ich aber nicht!“, empörte sich Boris.

„Interessiert uns nicht.“ Bryan verschränkte die Arme vor der Brust. „Wohin?“

Boris seufzte tief und verdrehte die Augen. „In die Abtei“, sagte er schließlich.

Während Kai dem Chaffeur die Adresse sagte, sprach niemand. Dass Boris nach langen Jahren im Gefängnis ausgerechnet als Erstes in die Abtei wollte, überraschte sie. Hatte Ian wirklich dort Dokumente versteckt? Zumindest hätte es erklärt, dass Boris als Einziger Zugriff hatte. Es gab viele Bereiche in der Abtei, die nur für wenige Leute zugängig waren. Vor einigen Jahren hatten Unternehmer die Abtei abreißen lassen wollen, aber das Gebäude stand unter Denkmalschutz. Also hatten sich einige religiöse Menschen darin eingenistet, um ein Kinderheim einzurichten, was an den vielen elektronisch gesicherten Gängen und den Fallen scheiterte. Schließlich war es zu gefährlich geworden und irgendjemand hatte beschlossen, dass es verboten sein sollte, die alte Abtei zu betreten. Und seitdem hatte sich in dieser Sache nichts mehr getan. Das Gebäude verwitterte fröhlich vor sich hin und niemand tat etwas dagegen.

Keiner von ihnen sagte auch nur ein Wort, bis sie vor der Abtei hielten und aus dem Wagen stiegen. Eine Zeit lang standen sie beunruhigt vor dem Haupteingang, bis sich schließlich Bryan zu Wort meldete: „Ich steh draußen Schmiere, während ihr reingeht.“

„Vielleicht sollten zwei Leute draußen bleiben“, schlug sich Spencer auf Bryans Seite. „Falls irgendwas passiert, ist einer hier, der auf die Verletzten aufpasst und einer, der Hilfe holt.“

„Ist ja schön, dass ihr euch ausnahmsweise mal einig seid“, brummelte Tala. „Ihr kommt gefälligst mit!“

„Genau, Spencer“, seufzte Bryan gespielt mitleidig. „Es reicht wohl, wenn ich hier warte...“

„BRYAN!“, fuhr ihn Tala gereizt an. „Du führst dich auf wie ein kleines, verängstigtes Mädchen! Du hast hier immerhin fünfzehn Jahre lang gewohnt!“

„Ja, und das waren fünfzehn Jahre zu viel für meinen Geschmack“, meinte Bryan. „Ich gehe da nicht noch einmal rein!“

„Wollen wir nicht die Dokumente suchen?“, unterbrach Boris das Streitgespräch mit einem leicht süffisanten Grinsen.

„Schön, dass du dich so darüber freust“, kommentierte Bryan dieses Grinsen schlecht gelaunt und wandte sich dann an Spencer, der zu seinem Bedauern der einzige war, der genug Verständnis aufbringen würde: „Wir hätten ihn im Knast lassen sollen.“

„Wenn er so weiter macht, breche ich ihm das Genick“, beschloss Spencer zustimmend.

„Jetzt sind sie plötzlich wieder beste Freunde“, stellte Tala seufzend fest. „Da das jetzt geklärt ist – können wir endlich?“

Die Abtei sah von innen noch abweisender aus als von außen. An den Wänden hingen Schimmel und Spinnenweben, die Luft war muffig und auf dem Boden waren im Eingangsbereich Urinpfützen und Erbrochenes zu sehen. Ein paar Stücke Pappe und leere Flaschen Alkohol waren über den Boden zerstreut. Eine schlafende Gestalt lag an der Wand, nur mit einer dünnen Decke zugedeckt.

„Was haben die aus meiner Abtei gemacht?“, fragte Boris fassungslos und mit einer Stimme, die verriet, dass er den Tränen nahe war.

„Genau das richtige: Sie verrotten lassen“, zischte Bryan und ging zielstrebig auf eine Metalltür zu. Er tippte mit angeekeltem Gesicht einen Code auf ein kleines Tastenfeld, woraufhin die Tür nach außen aufschwang. Der Gang vor ihnen war stockdunkel. In ihn fielen nicht wie durch die Fenster in der Vorhalle, Lichtstrahlen hinein. „Gab's hier nicht mal eine Notfallbeleuchtung?“, fragte Bryan.

„Am Ende des Flurs ist der Schaltkasten. Aber vielleicht sind die Akkus von der Beleuchtung leer. Den Strom haben die vermutlich schon abgeschaltet“, meinte Boris nachdenklich. „Soll ich eben nachsehen, ob...?“

„Nein“, unterbrach ihn Tala scharf. „Bryan macht das.“

„Warum ich?“, fragte Bryan empört.

Tala stöhnte genervt. „Weil die anderen sich hier nicht auskennen?!“

„Aber Boris würde es freiwillig machen“, verteidigte sich Bryan kleinlaut.

„Und er würde um die nächste Ecke verschwinden und wäre für immer weg“, fauchte Tala. „Jetzt geh schon!“

Bryan zuckte leicht zusammen, ging dann jedoch tatsächlich in die Dunkelheit.

„Fast wie früher“, merkte Boris zufrieden an. „Wenn man den richtigen Tonfall benutzt, tut er alles, was man ihm sagt.“

Sie hörten eine Zeit lang nichts als Bryans Schritte. Plötzlich verstummten auch diese. Aus dem Gang kam eine bedrohliche Stille.

„Bryan?“, rief Tyson vorsichtig.

In just diesem Moment ging gedämpftes Licht an. „Ihr könnt kommen“, rief ihnen Bryan zu und schloss den Schaltkasten. „Die Notfallbeleuchtung läuft noch.“

Johnny war der erste, der den Gang betrat und zu Bryan ging. Auf dem Weg zu dem Kasten waren noch keine Türen, die in Nebenräume führten, weshalb er neben Bryan stehenblieb und sich interessiert umsah. „Und wohin geht’s jetzt?“, fragte er, während er neben Bryan auf die anderen wartete, die ein wenig andächtiger den Gang durchquerten.

„Nach unten oder in die Quartiere“, erwiderte Bryan. „Wir teilen uns vermutlich auf.“

„Ich will oben bleiben“, bestimmte Johnny, als die Truppe wieder zusammen war, und stellte sich offensichtlicher an Bryans Seite. „Wir schauen uns die Quartiere an!“

„Da mach ich doch gleich mit!“, meinte Kai und gesellte sich zu ihnen. „Die Quartiere... Ganz wichtig!“

Tala verdrehte die Augen. „Nein, Spencer, du kommst mit runter“, bestimmte er, um den Blondschopf daran zu hindern, ebenfalls in dem unwichtigsten Teil der Abtei zu bleiben.

„Hatte ich auch vor“, meinte Spencer kühl.

„Im Ernst?“, fragte Tala mit großen Augen.

„Unten war alles sehr viel steriler und nicht halb so feucht, deshalb ist unten wohl weniger Schimmel“, erklärte Spencer angeekelt.

Tala runzelte die Stirn. „Na, wenn du meinst“, murmelte er. „Und was ist mit dir, Tyson?“

„Naja, wenn du runter gehst“, meinte Tyson etwas unbehaglich, „dann komme ich auch mit.“

„Du kannst auch hier oben bleiben“, bot ihm Tala an.

Tyson schüttelte den Kopf. „Schon okay.“ Er lächelte versucht aufmunternd, vermutlich um sich selbst Mut zu machen.

„Dann treffen wir uns gleich wieder hier“, meinte Tala, der inzwischen von den anderen ohne Beschwerden als Anführer akzeptiert worden war. „Falls ihr vor uns fertig seid, könnt ihr ja noch runter kommen.“ Er ging zu einer der Wände und zog an einem Griff, um den Aufzug freizulegen. Boris, Spencer und Tyson folgten ihm in den Aufzug hinein, während Kai, Johnny und Bryan erleichtert oben blieben.

Die Zimmer, in denen die Kinder früher gelebt hatten, waren meistens spärlich mit zehn eng aneinanderstehenden Bettgestellen, einer großen Truhe und einem kleinen Regal möbliert. In den Truhen fand sie manchmal noch Kleidung, auf einigen der Regalbrettern standen Beyblades. Die meisten Betten hatten keine Matratzen mehr und wenn doch, dann kaputte. Sie hatten schon viele Zimmer durchgesehen, doch nirgendwo etwas gefunden. Ein wenig genervt öffnete Johnny eine weitere Truhe und holte die muffige Kleidung heraus. Er schüttelte sie und warf sie dann zu Boden, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm und ein leises Klicken hörte. „Was machst du da eigentlich, Bryan?“, fragte er und drehte sich zu dem Jüngeren um, der wie ertappt die Hände in den Jackentaschen verschwinden ließ. Johnny seufzte resignierend. „Och Bryan, ich hab schon mitgekriegt, dass du dich brennend für diese Regale interessierst. Was machst du da?“

Bryan zögerte einen Moment, dann zog er seine Hand wieder aus der Hosentasche. In ihr waren runde Gegenstände. BitChips. „In manchen von den Beyblades sind noch die BitBeasts. Ich dachte, es wäre zu gefährlich, die hier herumliegen zu lassen“, meinte er nüchtern.

„BitBeasts?“, fragte Johnny erstaunt. „Hier liegen BitBeasts herum?“

„Ich hab bis jetzt nur fünf Stück gefunden, aber vielleicht sind hier noch mehr“, sagte Bryan leise und sah zur Tür, wo Kai erschien.

„Bryan lässt BitBeasts mitgehen!“, petzte Johnny, der sich nicht ganz sicher war, ob Bryans Verhalten in Ordnung war.

„Hier gibt es BitBeasts?“, wunderte sich Kai.

„Es sind schwache BitBeasts, für Kinder“, erklärte Bryan. „In den Zimmern hier haben jüngere Schüler gelebt. Die BitBeasts sind von Hand zu Hand gereicht worden. Niemand wird sie vermissen und sie können auch keinen großartigen Schaden anrichten, weil nie jemand Starkes mit ihnen gekämpft hat!“ Er suchte einen der BitChips heraus und zeigte ihn den anderen beiden. Darauf war ein Fuchs zu sehen. „Das war mein erstes BitBeast. Ich war sechs Jahre alt, als ich mit ihm gekämpft habe.“ Er lächelte leicht.

„Wow.“ Johnny nahm den BitChips in die Hand und betrachtete ihn. „Und damit haben ganz viele Sechsjährige gekämpft?“

Bryan nickte leicht. „So war es nun einmal in der Abtei. Unsere eigenen BitBeasts haben wir erst gekriegt, als wir in unsere Teams gekommen sind. Aber ich habe an Falborg nie so gehangen wie an Lisica.“

„Ich hätte an deiner Stelle auch nicht an Falborg gehangen“, murmelte Johnny. „Das war kein BitBeast mehr, sondern ein Monster.“

„Gar nicht wahr“, murmelte Bryan etwas widerstrebend und nahm ihm den Chip wieder ab, um ihn mit den anderen BitChips in seine Jackentasche zurück zu stecken. „Lasst uns weiter gehen.“
 

„Und du hast wirklich keine Ahnung, wo diese beschissenen Dokumente sind?“, fragte Tala gereizt, während Tyson und Boris einen der Trainingsräume durchsuchten.

„Nein“, beharrte Boris. „Ian hat nur gesagt, wir würden etwas an einem sicheren Ort in der Abtei finden. Mehr nicht.“

„Hat er das wirklich gesagt oder willst du uns nur ärgern?“, zweifelte Tala und ließ den Blick zu Spencer schweifen, der langsam an der Wand entlang ging und interessiert die graue Mauer betrachtete. „Spencer, was soll das?“

Spencer antwortete nicht, sondern bog in einen benachbarten Raum ab.

„Er hat das wirklich gesagt“, brummelte Boris. „Such doch auch mal!“

Tala hörte schon gar nicht mehr auf ihn, sondern folgte Spencer, der in dem kleinen Nebenraum stand und vor sich hin starrte. Es war der Raum, in dem die Pokale ihres alten Teams standen. Tala seufzte lautlos. „Willst du die Pokale nicht noch mitnehmen?“, fragte er gereizt. „Als schöne Erinnerung?“

„Ein Pokal fehlt“, sagte Spencer.

„Achja?“, fragte Tala. „Reichen dir die hier etwa nicht?“

„Als wir gegen die Bladebreakers verloren haben und zu Vize-Weltmeistern geworden sind“, erklärte Spencer trocken, „haben wir einen Pokal bekommen. Und der stand an dieser Stelle hier.“ Er zeigte auf eine Stelle in der Ecke, an der der Staub nicht ganz so dicht war wie auf dem restlichen Regal. „Und jetzt ist er weg.“

Tala suchte kurz das Regal ab. „Hier ist er“, sagte er und zeigte Spencer die Stelle, an der der Pokal stand. „Und jetzt komm endlich und hilf uns!“ Er ließ Spencer alleine in dem Raum zurück und ging zu Boris und Tyson, die inzwischen auf einer Bank saßen und vor sich hin starrten.

„Wir haben noch die kompletten Labore vor uns“, meinte Tala düster. „Also kommt jetzt!“

„Braucht ihr noch Hilfe?“, fragte plötzlich Johnny und steckte den Kopf in den Trainingsraum. „Denn Hilfe eilt herbei!“

„Prima“, stöhnte Tala entnervt. „Ihr habt also nichts gefunden!“

Johnny nickte etwas verdutzt. „Warum so schlechte Laune?“, fragte er und setzte sich zu Tyson. Kai lehnte sich gegen die Wand und blickte sich aufmerksam im Trainingsraum um, während Bryan im Gang stehenblieb.

„Weil die alle nicht mitarbeiten!“, beschwerte sich Tala. „Okay, Tyson schon, aber Spencer und Boris sind zu nichts zu gebrauchen!“

„Ich habe doch mitgesucht“, beschwerte sich Boris.

„Wir haben BitBeasts gefunden“, erzählte Johnny. „Oder besser: Bryan hat BitBeasts gefunden.“

„Was?“ Boris sprang auf. „Wo?“

„Oben in den Zimmern“, sagte Kai. „Auf den Regalen lagen ein paar Beyblades und in manchen steckten noch BitChips.“

„Wie viel habt ihr gefunden?“, wollte der ehemalige Leiter der Abtei gespannt wissen.

Bryan kam nun doch in den Trainingsraum und musterte Boris misstrauisch. „Warum dieses starke Interesse?“, fragte er.

„Weil BitBeasts kostbar sind“, erklärte Boris sichtbar erregt. „Die BitBeasts, die die BioVolt verwendet hat, sind alle künstlich erschaffen und passen sich dem Beyblade an. Je stärker der Blader ist, desto stärker wird auch das BitBeast. Leider sind fast alle BitBeasts zerstört worden, als die Abtei geräumt wurde. Wenn ihr noch welche habt... Ihr wisst gar nicht, wie lange wir an den Forschungen zur Erzeugung künstlicher BitBeasts gearbeitet haben!!“

Bryan zog seine Hand aus seiner Jackentasche und warf die BitChips zu Boden. „Und du weißt gar nicht, was für eine Freude es mir bereitet, sie einfach kaputt zu machen!“ Und noch bevor Boris etwas hätte sagen können, hatte Bryan den Fuß gehoben und schwungvoll auf die Chips getreten. Klirrend zerbrachen sie. Bryan trat noch einmal darauf. Erst nach dem dritten Stampfen hielt er inne und besah die BitChips, die zersplittert auf dem Boden lagen. Keins von ihnen war noch heil.

„Du verfluchter Idiot!“, rief Boris hasserfüllt und hätte sich vermutlich auf Bryan gestürzt, wenn Johnny und Tyson ihn nicht rechtzeitig festgehalten hätten.

Bryan wich trotzdem einen Schritt zurück und vergrub die Hände wieder in den Jackentaschen. „Wir finden hier eh nichts“, meinte er leise. „Wir sollten wieder gehen.“

Boris ließ sich müde auf die Bank zurückfallen und vergrub verzweifelt das Gesicht in den Händen.

Du findest vielleicht nichts“, mischte sich plötzlich Spencer, der gegen den Türrahmen des kleinen Raums lehnte. „Was nicht automatisch bedeutet, dass niemand hier was findet.“ Er warf einen kleinen Gegenstand in die Luft und fing ihn wieder auf, noch bevor die Anderen hätten erkennen können, was es war. Ein überlegenes Grinsen zierte sein Gesicht.

„Und was hast du gefunden?“, fragte Kai und kam einen Schritt näher.

Spencer warf den Gegenstand wieder nach oben und fing ihn erneut auf. „Ratet doch mal“, meinte er zufrieden.

Johnny verdrehte die Augen. „Zeig schon her“, verlangt er.

Spencer öffnete seine geschlossene Faust und ein kleiner, runder Gegenstand kam zum Vorschein.

„Noch ein BitChip“, brummelte Bryan. „Davon hab ich insgesamt acht gefunden.“

„Aber du hast Versager-BitBeasts gefunden“, warf ihm Spencer vor, „während ich eins der stärksten BitBeasts auf diesem Planeten gefunden habe.“

„Achja?“, fragte Tyson. „Welches?“ Überrascht fing er den Chip auf, den ihm Spencer zuwarf. Augenblick weiteten sich seine Augen. „Das ist Draciel!“, sagte er fassungslos. „Draciel! Max' altes BitBeast!“

„Was?“ Kai entriss ihm den Chip. „Das ist ja...“

„Wo hast du den her?“, fragte Johnny.

Spencer winkte die Gruppe in das Zimmer. „Das hier war früher unser Pokalzimmer“, erzählte er mit einer gewissen Arroganz in der Stimme. „Und Ian hat einen der Pokale – zufälligerweise ausgerechnet den, den wir als Vize-Weltmeister nach der Niederlage gegen dein altes Team gewonnen haben, Kai – an eine andere Stelle gestellt. So als hätte er ganz genau gewusst, dass ich das bemerken würde!“

„Achja?“, fragte Kai zweifelnd.

„Ich hab ein fotographisches Gedächtnis“, erklärte Spencer. „Und Ian weiß das. Und deshalb hat er einfach einen Pokal verstellt, damit ich misstrauisch werde. Und in dem Pokal lag Draciel!“

„Und diesen Trick mit dem verstellten Pokal hat er ausgerechnet hier angewendet“, meinte Bryan, der den Raum als Einziger nicht betreten hatte, „weil er genau wusste, dass du arrogantes Miststück die Abtei nicht betreten würdest, ohne dir deine alten Auszeichnungen noch einmal anzusehen. Würde mich nicht wundern, wenn du auch deine eigene Wichse trinkst, du selbstgefälliger Schaumschläger!“

„Hat Boris nicht eigentlich nach Dokumenten gesucht?“, fragte Johnny und trat zurück in den größeren Trainingsraum. Er blickte sich um. „Boris?“

Auch die Anderen kamen zurück in den Raum. Nur von Boris war keine Spur zu sehen.

„Verdammte Scheiße!“, fluchte Kai. „Das Arschloch ist abgehauen!“ Er rannte in den Flur, in der Hoffnung, Boris um irgendeine Ecke laufen zu sehen, doch der Flur war leer. „In welche Richtung sollen wir gehen?“

„Er wird vermutlich raus wollen, also sollten wir den Aufzug nach oben nehmen“, fand Tyson.

„Welchen?“, fragte Bryan sarkastisch. „Es gibt mehrere.“

„Wie viele denn?“, fragte Kai ungeduldig.

„Zu viele“, erwiderte Bryan bloß.

„Und jetzt?“, fragte Johnny. „Wir können den doch nicht einfach abhauen lassen! Er ist immerhin ein Schwerverbrecher!“

„Wir sollten uns aufteilen“, schlug Tyson zögerlich vor.

„Damit sich die Hälfte der Gruppe verirrt?“, gab Bryan verächtlich zurück. „Vergiss es!“

Sie standen mittlerweile alle im Flur und blickte etwas zögerlich um sich. Schließlich ging Kai einfach los, die anderen folgten ihm. „Wir gehen denselben Weg nach oben wie vorhin“, erklärte Kai im Gehen. Vielleicht erwischen wir ihn noch. Ansonsten warten wir vor dem Ausga-“ Er hielt inne und blieb im Gang stehen.

„Was ist, Kai?“, fragte Tyson.

Kai hob den Kopf und roch angestrengt. „Riecht ihr das auch?“, fragte er nervös.

„Was denn?“, wollte Tyson wissen, was jedoch in Johnnys Feststellung unterging: „Feuer!“

Blick in die Vergangenheit

Hallo!
 

Danke für die vielen Kommentare *strahl* Ich freue mich über jeden einzelnen davon, besonders bei dieser FF, weil ich sie selbst auch mag^^
 

Merkwürdig, dass es hier so schnell weitergeht.

Dafür gibt es zwei Gründe:

1) Bin ich gerade total auf alles, was mit Lebewesen namens Leo zu tun hat, fixiert, weil mein gleichnamiger Lemming gestorben ist ;___; Das ist voll schlimm. Deshalb ist Leo in dem Kapitel hier, glaube ich, auch etwas überpräsent (ich verarbeite hier die schrecklichen Dinge aus meinem Leben, CaSi *ernst* Im nächsten Kapitel folgt dann die böse, böse Klausurenphase)

2) Bin ich eine verdammte Frühaufsteherin, die sich frühmorgens einfach langweilt. Das ist so scheiße – ich war um kurz vor sechs schon auf den Beinen! Das ist meine normale zur-Schule-aufsteh-Zeit! Was soll denn das?! Und so früh morgens ist man ja noch nicht wach genug, um darüber nachzudenken, dass man lieber ein Kapitel auf Reserve unveröffentlicht lassen sollte, für den Fall, dass man mal eine Schreibkrise hat und für die Überbrückung der Krise etwas veröffentlichen will, damit niemand merkt, wie verzweifelt man ist. Aber eigentlich habe ich schon seit zwei Jahren oder so keine Schreibkrise mehr gehabt. Und mir ist gerade so langweilig, dass ich es jetzt einfach mal online stelle.
 

Das Kapitel ist jetzt wieder kürzer als das letzte. Passiert auch nicht wirklich viel. Ich hab's eigentlich anders geplant, aber es ist, wie schon gesagt, noch sehr früh und ich stand unter dem Einfluss meines toten Leos, deshalb... Also, diese Sache mit Leo und Spencer sollte natürlich rauskommen, aber eigentlich noch nicht so früh. Macht aber nichts. Passt ja hoffentlich doch ganz gut an der Stelle Oo“ In dem Kapitel hier gibt es mal wieder viel zu viel Geplänkel, aber... es gibt auch Handlung!! Ein kleines bisschen... *kleinlaut* Aber im nächsten Kapitel passiert dafür umso mehr, versprochen!
 

Viel Spaß beim Lesen!!
 


 

Der Geruch nach Feuer floss in den Gang, in dem die Gruppe stand. Er war noch nicht sehr ausgeprägt, aber eindeutig da.

„Will Boris uns ausräuchern?“, fragte Tyson fassungslos. „Er hätte doch einfach so abhauen können!“

„Zum Aufzug!“, befahl Kai und sprintete du dem Aufzug.

„Bei Feuer sollte man eigentlich nicht Aufzug fahren“, mischte sich Tyson ein, wurde jedoch überhört. Erst als bis auf ihn alle im Aufzug standen, hielt er plötzlich inne und sagte etwas, was die Aufmerksamkeit der Anderen auf ihn richtete: „Tala ist nicht da.“

Tatsächlich.

Kai, Bryan, Spencer und Johnny standen im Aufzug, Tyson im Gang, doch... von Tala keine Spur.

„Super, ich hab ihm Draciel gegeben“, meinte Spencer trocken.

„Super, er könnte draufgehen“, giftete ihn Bryan an. „Ist das nicht eventuell ein bisschen wichtiger als dieses beschissene BitBeast?“

„Nicht wenn Boris Tala entführt hat“, meinte Spencer. „Stell dir mal vor, er versucht wieder, irgendwelche unschuldigen Kinder für irgendwelche schlimmen Zwecke zu missbrauchen. Und er hat ein sehr starkes BitBeast! Und einen sehr starken Beyblader!“

„Und einen sehr netten Menschen“, meinte Bryan spitz. „Ist es dir eigentlich scheißegal, dass Tala hier ersticken oder verbrennen könnte? Oder beides? Nein, du denkst mal wieder nur an dich!“

„Wieso an mich?“, ärgerte sich Spencer. „Es geht doch überhaupt nicht um mich, sondern...“

„Schön, dass du das auch mal einsiehst“, unterbrach ihn Bryan kühl, noch bevor Spencer sich hätte verteidigen können.

„Es geht immerhin um einen Schwerverbrecher, der jetzt eine sehr mächtige Waffe in der Hand hat“, versuchte Spencer es erneut.

„Aber du kannst sie ihm bestimmt wieder wegnehmen, du Held“, murrte Bryan.

„Es ist dir vollkommen egal, was ich sage, kann das sein?“, fragte Spencer verblüfft.

„Stell dir mal vor: Ja, das kann sein!“, erwiderte Bryan und verschränkte zufrieden die Arme vor der Brust.

Spencer setzte erneut dazu an, etwas zu sagen, wurde jedoch von Johnny unterbrochen: „Euch ist hoffentlich klar, dass es hier irgendwo brennt und Tala verschwunden ist?!“

„Lass mich mal, Johnny“, meinte Kai und hob die Stimme: „HALTET ENDLICH DIE FRESSEN!“ Während Spencer und Bryan ihn noch perplex anguckten, wandte sich Kai an Johnny: „Schön, dass Tala gerade nicht da ist. Ich wollte das unbedingt auch mal machen...“

„Kann es sein, dass das Feuer sich nicht sehr schnell ausbreitet?“, fragte Tyson. „Zumindest ist die Luft eigentlich noch okay.“

„Das heißt, wir können zurück und nach Tala suchen“, beschloss Kai und ging Tyson hinterher, der schon in den Gang vorausgeeilt war. „Kommt, ihr Pappnasen!“ Damit konnte er nur Spencer und Bryan meinen, schließlich hatte sich Johnny längst in Bewegung gesetzt...

„Wohin gehst du eigentlich?“, fragte Johnny Tyson, der noch immer an der Spitze lief.

„Ich suche nach dem Feuer“, meinte Tyson. „Vielleicht können wir es ja löschen.“ Er folgte dem schwachen Geruch, der immer stärker wurde. In den Gängen, die sie durchquerten, waren sie vorher noch nicht gewesen, weshalb Tyson nach einer Weile langsamer ging. Als Bryan anmerkte, dass sie jetzt in eins der Gebiete unterhalb der Abtei kamen, sie mit Fallen versehen waren, überließ Tyson ihm die Führung. Sie hatten einen Forschungstrakt betreten, was vor allem an den sterilen Metallwänden zu erkennen war. Alles war hier computergesichert und Bryan musste mehr als nur einen Code eingeben.

„Irgendwie unheimlich, dass er diese ganzen Codes noch kann“, meinte Tyson leise zu Johnny, nachdem er festgestellt hatte, dass es nicht immer ein und derselbe Code war.

Bryan drehte sich zu ihm um und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schüttelte dann jedoch leicht den Kopf und ging weiter. Scheinbar hatte er gehört, was Tyson gesagt hatte. Und scheinbar hatte er keine Lust dazu, eine Erklärung abzugeben.

„Ich bin hier!“, erklang plötzlich Talas Stimme aus der Wand.

Überrascht drehten sie sich um. Die Wand war einen Spalt breit geöffnet und wurde schließlich von innen aufgezogen. Tala stand ihnen gegenüber. Er öffnete die in der Wand versteckte Tür vollständig, sodass sie in den Raum treten konnten. Er wirkte wie eine Mischung aus Büro und Bibliothek. In dem steinernen Kamin prasselte ein großes Feuer. Doch es war kein Holz, was da verbrannt wurde.

„Oh Gott!“, stieß Tyson erschrocken hervor.

Boris lag auf dem Boden, die Gliedmaßen merkwürdig verdreht. Sein Gesicht war nur von einer Seite zu sehen, doch aus einer Platzwunde trat Blut aus. Er bewegte sich nicht.

„Er lebt noch“, sagte Tala kühl und ging zu dem Schreibtisch zurück. Er öffnete einen Ordner und brachte einen Stoß Papier zum Vorschein, den er in das Feuer warf.

„Was ist hier los?“, fragte Kai verwirrt und sah sich um. „Was sind das für Ordner?“

„Das sind die Dokumente, hinter denen Boris eigentlich her war“, erklärte Tala und feuerte weiter. „Seine Forschungsergebnisse aus jahrelanger Arbeit, die er nicht verlieren wollte.“

„Und warum verbrennst du sie?“, fragte Tyson verwirrt.

Tala bedachte ihn mit einem ziemlich unfreundschaftlichen Blick. „Weil Boris' Forschungen zum Großteil aus Experimenten an unschuldigen Waisenkindern bestanden“, fauchte er. „Unter anderem aus Experimenten an mir.“ Er öffnete den letzten der Ordner, die auf dem Schreibtisch lagen, und vernichtete die restlichen Papier, die darin waren. Dann lächelte er zufrieden. „Aber meine Akten sind jetzt alle vernichtet. Spencer, Bryan, wollt ihr eure Akten haben oder soll ich sie auch verfeuern? Gibt gutes Brennmaterial ab!“

„Ab ins Feuer“, meinte Spencer knapp.

Bryan zögerte einen Moment, dann ging er zu dem Bücherschrank und suchte einige Ordner heraus. Ein paar davon legte er auf den Schreibtisch zu Talas leeren Akten, ein paar jedoch behielt er im Arm.

„Hm?“, fragte Tala.

„Das da sind Spencers Sachen“, erklärte Bryan und mit einem Blick auf die Akten, die er auf den Tisch gelegt hatte. Er drückte die Ordner in seinem Arm an sich. „Das hier sind meine. Und Ians. Falls er sie haben will.“

Tala nickte leicht und fing an, auch Spencers Papiere ins Feuer zu schleudern.

„Du hättest sie dir wenigstens durchlesen können“, fand Kai und ließ sich auf den Stuhl nieder, der vor dem Tisch stand.

Spencer schüttelte den Kopf. „Ich will nichts davon wissen“, meinte er. „Ich hab das schon längst hinter mir gelassen.“

„Was bedeutet längst?“, fragte Bryan. Und merkwürdigerweise wirkte er nicht abweisend, sondern wirklich interessiert. Vermutlich war dies auch der Grund dafür, dass Spencer ihm antwortete: „Längst bedeutet vor ungefähr acht Jahren. Als ich Leo kennengelernt habe.“

Bryan blickte in das prasselnde Feuer und nickte dann leicht. „Ich werde es vermutlich nie ganz hinter mir lassen können. Will ich auch gar nicht.“
 

Es war zwar erst früher Abend, aber keiner von ihnen war noch dazu in der Stimmung, irgendwelche Besprechungen durchzuführen, weshalb sie, in Kais Villa angekommen, in den Gästezimmern verschwanden und den Abend in Ruhe verbrachten.

Tyson saß im Schlafanzug auf seinem Bett und übte seinen Text ein. Aus Rücksichtsnahme auf Michael und Sara, die direkt nebenan schon schliefen, beschränkte er sich hierbei auf gesprochenen Text und ließ die Lieder außen vor.

Auch Johnny und Bryan hatten sich schon ins Bett gelegt. Die noch hellwache Mariah passte zu Bryans Erleichterung auf Nikolai auf. Sie hatte Alana überredet, ihr und dem Jungen ein paar Sehenswürdigkeiten Moskaus zu zeigen.

Ray und Cheng waren den ganzen Nachmittag über nicht aus dem Zimmer herausgekommen, das sie sich teilten.

Und Spencer hatte sich nach dem kleinen Ausflug in die Abtei sofort ins Bett gelegt und starrte seitdem die Decke an. Auf Leos Versuche, ein Gespräch zu beginnen, reagierte er gar nicht, sodass dieser schließlich beleidigt den Raum verließ und sich in die Bibliothek verzog. Dort saß auch Kai, der über einem Stapel Bücher eingeschlafen war.

Erst am nächsten Morgen kam wieder etwas Leben in die Villa.

Alana, Mariah und Nikolai hatten am Vortag Tiefkühlbrötchen und -croissants besorgt, da Kais Sekretärin genau wusste, wie unorganisiert ihr Chef ohne Haushälter war. So hatten sie ein recht angenehmes Frühstück, das sie gemeinsam in dem Konferenzraum, in dem sie schon vor zwei Tagen gesessen hatten, einnahmen, weil einfach kein anderer Tisch groß genug für die ganze Truppe war.

„Kann ich mal bitte die Milch haben?“, fragte Spencer an Michael gewandt.

„Der Kakao, der direkt vor deiner Nase steht, ist dir wohl zu dunkel“, fiel Bryan dazu ein, woran die anderen merken konnten, dass er allmählich wach wurde.

„Die Milch bitte“, wiederholte Spencer versucht gefasst und bedankte sich höflich bei Michael, als dieser sie ihm gab. Er schüttete sich etwas in seine Tasse, wobei er es vermied, Bryan anzusehen.

Bryan gab ein verächtliches Schnauben von sich und lehnte sich quer über den Tisch, um den Kakao an sich zu nehmen und sich etwas einzuschütten.

„Ich dachte, du magst keinen Kakao“, stellte Nikolai fasziniert fest.

„Darum geht es auch nicht“, meinte Bryan und verzog schmerzerfüllt das Gesicht, während er trank. „Scheiße, ist der süß...“

„Ich finde ihn gerade richtig“, meinte Leo und prostete Bryan gut gelaunt zu. Als er dem Russen auch noch zuzwinkerte, verschluckte sich dieser erschrocken. Leo grinste in seine Tasse. „Heten...“, murmelte er und trank einen Schluck.

Plötzlich stand Johnny auf und räusperte sich laut. „Vielen herzlichen Dank an Bryan, Spencer und Leo, die dafür gesorgt haben, dass jetzt alle wieder wach und entnervt sind.“ Er nickte ihnen freundlich zu. „Ohne euch würde uns vermutlich schnell langweilig werden, Jungs.“ Leo deutete eine Verbeugung an. „Und da ihr jetzt mit eurer kleinen Vorstellung fertig seid“, fuhr Johnny fort, „können wir endlich über das sprechen, was wir gestern gefunden haben.“

„Draciel“, erklärte Tyson eindringlich.

Johnny warf ihm einen verärgerten Blick zu und sagte ebenfalls: „Draciel. Und auch Wyborg.“ Er machte eine dramatisch Pause. „Was will uns Ian damit sagen, dass er uns zwei der wertvollsten BitBeasts auf der Welt zukommen lässt?“

„Dass er keinen Bock mehr aufs Bladen hat“, schlug Ray vor und erntete ein bewunderndes Kichern von Cheng.

„Oder dass er keine Verwendung mehr für sein BitBeast hat, weil er entführt wurde, du Idiot“, giftete Bryan.

„Warum machst du das eigentlich, Bryan?“, fragte Sara.

„Was denn?“, fragte Bryan harmlos.

„Du bist unfreundlich“, meinte Michaels Ehefrau. „Egal, wer was sagt; von dir kommen immer irgendwelche unfreundlichen Antworten. Was soll das?“ Sie blickte ihn verständnislos an.

„Stimmt doch gar nicht“, verteidigte er sich.

„Das macht er nur bei Ray und mir“, mischte sich Spencer ein.

„Dabei haben wir ihm gar nichts getan“, sagte Ray, der froh war, dass Spencer automatisch auf seiner Seite stand. Es war gut, dass er nicht der Einzige war, auf dem Bryan herumhackte. Schließlich konnte Spencer eventuell einen starken Verbündeten darstellen (für den Fall, dass er sich irgendwann verbünden wollte...).

„Eigentlich schon“, fand Leo. „Also... Ich meine... Ich hab natürlich keine Ahnung, ob du ihm was getan hast, aber Spencer...“ Er schielte zögerlich zu seinem Freund, der ihn vernichtend anstarrte. Verlegen lachte Leo. „Naja... Bryan ist aber auch wirklich nachtragend“, zwitscherte er, sich wieder auf Spencers Seite stellend.

„Kannst Bryan ja gleich heiraten“, zischte Spencer trotzdem sauer.

„Und ich dachte, sie wären zumindest für's Frühstück fertig“, beschwerte sich Johnny.

„Also“, versuchte es Michael. „Was wollte uns Ian wohl damit sagen?“

„Und wie finden wir Kenny?“, fiel Tyson eine weitere wichtige Frage ein.

„Ich habe mehrere Leute damit beauftragt, nach Kenny zu fahnden“, mischte sich Kai endlich in das Gespräch ein. „Wir selbst sollten uns erst einmal auf die BitBeast-Sache konzentrieren. Wir müssen bedenken, dass Ian uns die Bitbeasts nicht nur hat zukommen lassen. Nein, er hat sie für die meisten Menschen unzugänglich gemacht. Boris hätte niemandem außer Tala – oder vielleicht auch Bryan oder Spencer – Wyborg gegeben. Und niemand hätte den verschobenen Pokal bemerkt, in dem Draciel lag. Also: Ian hat die Bitbeasts in Sicherheit gebracht.“

„Das heißt, es hat mal wieder was mit unseren BitBeasts zu tun?“, wunderte sich Tyson. „Das ist inzwischen ziemlich abgelutscht.“

Kai zuckte mit den Schultern. „Dann ist es das halt. Habt ihr eure eigenen BitBeasts noch?“

„Klar“, meinte Bryan.

Die anderen schwiegen.

Schließlich meldete sich Tyson zu Wort. „Meins müsste in Schweden sein. Ich kann Alissa anrufen und fragen, ob sie weiß, wo es ist. Ich hab schon seit Ewigkeiten nicht mehr gebladet... Aber eigentlich müsste es noch da sein.“

„Und ihr?“, fragte Kai in die Runde.

„Ich nicht mehr“, murmelte Ray verlegen.

„Wo ist es denn?“, fragte Kai versucht geduldig.

„Naja... Hab's im Pfandhaus gelassen“, nuschelte Ray beschämt. „Und als ich es wiederholen wollte, war's schon weg.“

„Im Pfandhaus?“, wiederholte Mariah fassungslos. „Du hast Drigger, den White Tiger, das Wahrzeichen unseres Dorfes, in ein Pfandhaus gebracht? Mein BitBeast ist wenigstens zu einem guten Zweck nicht mehr bei mir. Ich habe es vor ein paar Jahren versteigert und den Erlös gespendet.“

„Wundert mich gar nicht“, brummelte Ray beleidigt.

„Trygle ist geklaut worden“, meinte Michael bedrückt. „Bei der WM vor drei Jahren bin ich gefragt worden, ob ich die Eingangsrede halten und mein altes Beyblade ausstellen will. Und da wurde es geklaut.“

„Ich hab meins auch versteigert“, meinte Spencer munter. „Vor etwa acht Jahren.“

„Hast du den Erlös wenigstens gespendet, so wie Mariah?“, fragte Bryan streng.

„Nö. Ich hatte einfach die Schnauze voll vom Bladen, hab Geld gebraucht und – zack – war Seaborg bei Ebay“, berichtete Spencer unverfroren.

„Und meins hat Jennifer verkauft“, beschwerte sich Johnny. „Sie meinte, ein Mann hätte sie mehrfach darauf angesprochen. Und als sie dann rausgekriegt hat, dass ich mit ihrer Schwester im Bett war, ist sie auf sein Angebot eingegangen.“

„Das heißt...“, fasste Kai nachdenklich zusammen. „Wir haben Dranzer, Dragoon, Draciel, Falborg und Wyborg. Mehr nicht?“

„Ich weiß nicht, was mit Tala ist“, wand Tyson ein. „Vielleicht hat er Wolborg ja noch.“

„Aber das sind zu wenig BitBeasts“, fand Kai. „Falls wieder irgendein perverser Verein versucht, die Weltherrschaft an sich zu reißen, haben wir wenig Chancen.“

„Weltherrschaft?“, wiederholte Leo verwirrt. „Wir reden doch gerade immer noch von diesen Kreisel-Dingern, oder?“

„Jaaa...“, meinte Kai. „Wir reden immer noch von Beyblades.“

Leo kratzte sich am Kopf und lächelte dann schief. „Mit Kreiseln kann man die Weltherrschaft nicht an sich reißen, Kai“, meinte er dann schließlich ernst.

Stille trat ein, die von Nikolais Schlürfen durchbrochen wurde.

„Alana, kannst du das Kind bitte in die Bibliothek bringen?“, fragte Kai trocken und wandte sich, als die Sekretärin und das Kind aus dem Raum verschwunden waren an Spencer: „Redet ihr beide nie miteinander?“

„Doch“, meinte Spencer harmlos und stand auf. „Aber ich muss jetzt aufs Klo. Bis gleich...“

„Hier geblieben“, befahl Michael. „Wenn du deinen Freund schon mitbringst, sollte er wenigstens wissen, was es mit den BitBeasts auf sich hat!“

Spencer hustete und warf einen schnellen, undefinierbaren Blick auf Leo. „Sara weiß bestimmt auch nicht ganz alles“, versuchte er sich zu verteidigen.

„Ich habe mir sämtliche Finalkämpfe auf Video angeguckt“, schoss Sara zufrieden lächelnd zurück. Michael legte verliebt den Arm um sie und nickte stolz.

„Oh Gott“, murmelte Leo. „Das hast du dir angetan?“

Spencer verschränkte die Arme vor der Brust. „Er interessiert sich doch gar nicht für Beyblades“, rechtfertigte er sich. „Wenn ich ihm alles haargenau erzählt hätte, hätte ich ihn nur gelangweilt. Und ich selbst hatte eigentlich auch keine Lust dazu. Warum hätte ich uns beide also quälen sollen?“

Bryan schüttelte fassungslos den Kopf. „Weil es vielleicht wichtig ist?!“, fragte er verwirrt.

„Egal jetzt“, brummelte Spencer und setzte sich wieder. „Versucht ihr doch, es ihm zu erklären. Er glaubt euch sowieso nicht!“

Tyson zuckte mit den Schultern und fing an: „Spencer war früher mal böse.“

Leo nickte verstehend. „Ahaa“, machte er gespielt verstehend und fragte dann fröhlich: „Hat jemand was dagegen, wenn ich in die Bibliothek gehe?“

„Nein“, meinte Spencer schnell. „Bis gleich.“ Er gab Leo einen flüchtigen Kuss auf die Wange, bevor der Deutsche den Raum verließ.

Kaum hatte sich die Tür geschlossen, fragte Bryan fassungslos: „Wie kannst du eine ernsthafte Beziehung mit jemandem führen, der noch nicht einmal weiß, dass du...? Also... ich glaub's einfach nicht, Spencer!“ Er funkelte seinen ehemaligen Freund vorwurfsvoll an.

„Es hat bisher noch keine Rolle gespielt“, versuchte Spencer, sich herauszureden. „Und wie hätte ich es ihm auch sagen sollen?“

„Wie wär's mit Leo, ich bin als Kind von einem skrupellosen Team aus Wissenschaftlern ausgebeutet, misshandelt und dazu gezwungen worden, schreckliche Dinge zu tun?“, schlug Bryan vor.

„Ich bin aber kein misshandeltes, ausgebeutetes Kind“, fauchte Spencer. „Sehe ich so aus, als bräuchte ich Mitleid?“

„Nein, aber er sieht so aus, als wüsste er rein gar nichts von dir!“, fauchte Bryan zurück.

„Stellt er sich gerade wirklich auf Leos Seite?“, fragte Johnny leise.

„Er weiß, dass ich ohne Eltern aufgewachsen bin und früher gebladet habe“, sagte Spencer schnippisch. „Nur leider sind ihm Beyblades scheißegal. Wären sie das nicht, hätte er die Finalkämpfe damals bestimmt im Fernsehen gesehen und mitgekriegt, was passiert ist, statt mit seinen Puppen zu spielen. Und dann würde er mir nicht ständig damit auf die Nerven gehen, dass ich mich unbedingt wieder mit dir vertragen sollte, weil eine alte Freundschaft es nicht wert ist, für so einen Scheiß kaputt gemacht zu werden. Das würde er garantiert nicht tun, wenn er wüsste, was du gemacht hast!“

„Was ich gemacht habe?“, fragte Bryan.

Spencer atmete tief durch. „Frag mal Ray. Der weiß es bestimmt noch“, kam es dann kühl von ihm.

Ray starrte die Tischplatte an. Er hatte gewusst, dass es das war, worauf Spencer hinaus gewollt hatte. Und er hatte gewusst, dass ihn alle anstarren würden. Trotzdem war ihm unbehaglich zumute. „Lass das, Spencer“, sagte er leise.

„Warum sollte ich?“, fragte Spencer. „Jeder Blinde würde doch sehen, dass du immer noch Angst vor Bryan hast. Aber niemand traut sich, das anzusprechen! Und ich finde, bevor ihr mich kritisieren solltet, solltet ihr Bryan mal fragen, ob er jemals auch nur daran gedacht hat, sich zu entschuldigen!“

„Bryan?“, kam es plötzlich leise von der Tür. Leo stand im Türrahmen und hielt einen Zettel in der Hand.

Bryan drehte sich zu Spencers Lebensgefährten um. „Ja?“, fragte er reichlich unfreundlich.

Leo hielt den Zettel hoch. „Sie haben Nikolai.“
 

Cliffhanger!!

Sorry, Daga, aber ich kann's einfach nicht lassen ;______; Es bietet sich immer so schön an!!
 

Ich freue mich wie immer über Kommis (auch Kritik), Heiratsanträge und ... naja... die Briefbomben könnt ihr an meinen Bruder schicken. Der freut sich auch ;____;
 

Bye

Nathera

Gründe

Hallo!
 

Danke für die Kommentare!

In diesem Kapitel werden jetzt ein paar Hintergründe beleuchtet, da zwei neue (alte xD) Charaktere auftauchen und die Bande ein bisschen aufmischen ^-^

Im nächsten Kapitel werden abermals zwei neue (neue) Charaktere auftauchen. Und dann geht es richtig los...
 

Rückblick:

Im letzten Kapitel hat Tala Boris, nachdem dieser versucht hat, alte Dokumente über die vor Jahren an Kindern durchgeführten Experimente aus der Abtei zu entwenden, zusammengeschlagen und die Akten über sich und Spencer verbrannt, wohingegen Bryan seine und Ians Dokumente mitgenommen hat. Der nächste Tag beginnt sofort wieder mit Streit. Neben den Überlegungen, warum Ian ihnen Wyborg und Draciel hat zukommen lassen, wird das Gespräch auf die Vergangenheit, auf die zumindest die ehemaligen Demolition Boys nicht sehr stolz sind, gelenkt und als rauskommt, dass Spencer Leo nie erzählt hat, was es mit seiner vergangenen Karriere als Beyblader auf sich hatte, droht der Streit zu eskalieren. Schließlich merkt Spencer an, dass Ray noch immer Angst vor Bryan habe und dass er nicht verstehe, dass die Leute sich über ihn aufregen statt über Bryans Verhalten Ray gegenüber. Noch bevor irgendjemand etwas dazu sagne kommt, betritt Leo den Raum und teilt ihnen mit, dass Nikolai aus der Bücherei verschwunden und Alana, die auf ihn aufpassen sollte, zusammen geschlagen worden ist.
 

--------
 


 

Ihr mischt euch in Dinge ein, die euch nichts angehen.

Geht noch einen Schritt weiter und ihr seht das Kind niemals wieder.

Bryan faltete den Zettel abwesend, entfaltete ihn wider und zerknüllte ihn dann, bevor er ihn wieder glattstrich. Er wusste nicht, was er jetzt machen sollte. Marina anrufen? Aber was sollte er ihr sagen? Sollte er ihr einfach so erzählen, dass ihr Sohn von Menschen, die bereits gemordet hatten, entführt worden war? Das konnte er doch nicht tun! Die Sorge wollte er ihr ersparen. Er musste Nikolai zurückholen, bevor sie etwas davon merkte. Irgendwie würde er es schaffen. Bestimmt. Er war doch kein schlechter Vater, der sein Kind so vernachlässigte, dass es problemlos entführt werden konnte! Er hatte Nikolai nie allein gelassen! Zumindest hatte er immer darauf geachtet, dass irgendjemand auf ihn aufpasste. Niemand hätte damit rechnen können, dass Alana problemlos zusammengeschlagen werden könnte! Okay, eigentlich schon... Aber er hatte gedacht, sie seien hier sicher. Das war immerhin Kais Grundstück. Die Villa war riesig, genau wie der Zaun, der sie umgab. Und er hatte nicht gewusst, dass diese Typen wussten, dass sie hier waren. Er hatte nicht einmal gewusst, dass sie wussten, dass sie ihnen auf der Spur waren. Oder zumindest versuchten, ihnen auf die Spur zu kommen.

Trotzdem...

Er hatte gewusst, dass es gefährlich sein könnte.

Sein früheres Leben war immer irgendwie gefährlich und mit Schmerzen verbunden gewesen. Wie hatte er so naiv sein können, damit zu rechnen, den Leute von früher ohne Gefahren zu begegnen?

Er hätte Nikolai gar nicht mitnehmen dürfen.

Seit Wochen war sein Sohn zum ersten mal für ein paar Tage bei ihm und wurde sofort entführt! Vielleicht war Bryan doch ein schlechter Vater! Vielleicht war es doch gut, dass Marina ihn verlassen und Nikolai mitgenommen hatte. Vielleicht war es wirklich besser für Nikolai gewesen, einen neuen Vater zu bekommen, der ihm Dinge verbot, die nicht gut für ihn waren. Bryan hatte ihm so viel durchgehen lassen... Er hatte ihn Sendungen, die spätabends im Fernsehen gezeigt wurden, sehen lassen. Sascha, Marinas neuer Freund, hatte dem ein Ende gesetzt. Er ließ Nikolai früh ins Bett gehen und nur Dinge sehen, die für sein Alter bestimmt waren. Bryan mochte vielleicht der coolere Daddy für Nikolai sein... Aber vielleicht war Sascha tatsächlich der bessere!?

Was hatte Bryan denn schon für eine Ahnung von Kindern? Er selbst war als Kind misshandelt und geschlagen worden – keine guten Voraussetzungen, um selbst ein Kind großzuziehen. Es hatte ihn einfach überfordert! Sascha war mit mehreren Geschwistern und seinen Eltern aufgewachsen. Er wusste, wie man Kinder erzog. Genau wie Marina.

Marina... Eigentlich hatte sie immer alles für Nikolai getan, was nötig gewesen war. Sie hatte ihn zu den erforderlichen Schutzimpfungen gebracht, sie hatte sich um ihn gekümmert, wenn er krank war, sie hatte es gemerkt, wenn er bedrückt war. Und was hatte Bryan gemacht?

„Es war nicht deine Schuld“, kam eine zaghafte Stimme aus Richtung Tür.

Bryan sah verwundert auf. Es war Mariah.

Sie kam auf ihn zu und setzte sich neben ihn auf das Bett. „Es war wirklich nicht deine Schuld. Er war ja nicht alleine. Und wir dachten, es wäre sicher hier.“

„Marina hätte ihn trotzdem nicht mit einer wildfremden Frau allein gelassen“, meinte Bryan dumpf.

„Ich würde keine Frau als Maßstab nehmen, die ihren Mann monatelang betrügt und ihn schließlich verlässt, ohne ihm überhaupt eine Chance zu geben, sich zu verbessern“, sagte sie.

„Hast du das von Johnny?“, fragte Bryan.

Sie nickte leicht. „Wir haben überlegt, ob wir sie vielleicht informieren sollten.“

„Sie wird ausrasten“, murmelte der Russe und verbarg das Gesicht in den Händen. „Und diese Typen werden Nikolai umbringen!“

„Bist du dir da sicher?“, fragte Mariah. „In dem Brief steht nicht, dass sie ihn umbringen werden.“ Sie nahm Bryan das inzwischen arg in Mitleidenschaft gezogene Papier aus der Hand. „Da steht, dass wir ihn nicht wiedersehen werden, wenn wir weiter nach Ian suchen. Aber das werden wir auch nicht, wenn wir die Suche einfach so aufgeben.“ Sie nahm Bryans Hand in die eigene und lächelte ihn aufmunternd an. „Wir finden Nikolai. Versprochen.“

Bryan seufzte tief. „Das kannst du gar nicht versprechen.“

„Wenn du weiter hier herumsitzt und dich selbst bemitleidest, dann kann ich das wohl wirklich nicht“, sagte sie und stand auf. Sie zog Bryan vom Bett hoch. „Deshalb kommst du jetzt mit und hilfst uns, diesen beschissenen Laptop zu knacken. Ich will schließlich wegen dir nicht zur Lügnerin werden!“

Während sie zur Tür ging, blieb er bei seinem Bett stehen. „Mariah“, sagte er zögerlich. „Hatte Spencer vorhin Recht?“

Sie drehte sie fragend zu ihm um. „Womit?“

Dass sie nicht sofort wusste, was er meinte, verwirrte ihn. Er hatte gedacht, den Anderen hätte es ebenfalls Stoff zum Nachdenken gegeben. Aber scheinbar beschäftigte es nur ihn. Schließlich war er der Schuldige. „Vergiss es“, winkte er ab. „Ich komme gleich runter.“

Er verließ nach ihr das Zimmer, bog jedoch in die andere Richtung ab. Als er sich sicher war, allein im Flur zu sein, klopfte er an eine der Türen an.

„Herein“, erklang es gedämpft von innen.

Bryan öffnete die Tür und trat in den Raum. „Hi, Ray“, sagte er vorsichtig.

Wie erstarrt blickte Ray ihn an. Er saß auf dem Bett, das er sich mit Cheng teilte, in einer Hand eine halb leere Bierflasche.

„Du trinkst schon?“, fragte Bryan, bei dem sämtliche Alarmglocken läuteten. Als Lehrer hatte er gelernt, auf so etwas zu achten; leere Bierflaschen im Zimmer. Und die Tageszeit. „Wir haben noch nicht einmal Mittag.“

Ray sah ihn noch immer an, löste sich jedoch langsam aus seiner Starre. Er hob die Flasche an die Lippen und trank zwei Schlucke daraus, bevor er sie wieder absetzte. „Was willst du?“, fragte er.

„Wo ist denn dein Freund hin?“, fragte Bryan verlegen und lehnte sich gegen die geschlossene Tür.

„Im Badezimmer“, erwiderte Ray. „Setzt sich 'ne Spritze.“ Er funkelte Bryan berechnend an.

Bryan sah zu der geschlossenen Badezimmertür. Er hatte bereits vermutet, dass Cheng Drogen nahm. Jedoch hatte er nicht damit gerechnet, dass Ray es so offen zugeben würde. Die meisten Menschen leugneten es, wenn ihre Freunde Drogen nahmen. „Oh“, sagte er.

„Jetzt tu nicht überrascht“, meinte Ray. „Ihr zerreißt euch doch schon die ganze Zeit über das Maul darüber.“

„Eigentlich nicht“, sagte Bryan. „Naja... Zumindest ich nicht.“

„Klar.“ Ray verdrehte die Augen. „Ich hab fast vergessen, dass du ein perfekter Heiliger bist. Verzeih' mir bitte!“ Er setzte die Flasche wieder an die Lippen und trank in großen Schlucken.

Bryan ließ sich auf den Boden sinken. Er zog seine Beine in einen Schneidersitz und sah zu Ray auf, der noch immer auf dem Bett saß und die nun leere Flasche auf den Boden stellte. „Es tut mir Leid, Ray“, sagte er nach einer Weile leise. Er blickte seine leicht schwitzenden Hände an. Irgendwie schockierte es ihn, was aus Ray geworden war. Natürlich waren da die äußeren Veränderungen. Die stumpfen Haare, der trübe Blick, die Verwahrlosigkeit. Aber auch Rays Charakter war anders. Er war schwach geworden.

Bryan hatte Ray nie gut gekannt. Eigentlich hatte er auch nur ein einziges Mal wirklich mit ihm geredet und zwar bei dem Kampf, den sie sich vor achtzehn Jahren geliefert hatten. Und damals war er beeindruckt gewesen. Einerseits hatte Ray gewirkt wie ein Weichei; bis zu diesem Tag hatte Bryan noch nie einen Jungen gesehen, der so lange Haare hatte und so perfekt gestylt war. Aber andererseits hatte er nicht aufgegeben. Er hatte Bryans Angriffen standgehalten, die ganze Zeit über. Bryan hatte während des Kampfes fast schon gebetet, dass Ray aufgab, aber Ray hatte dagestanden und auf den richtigen Moment gewartet. Er hatte all die Angriffe ertragen und dabei auch noch eine kühlen Kopf bewahrt. Er war der erste und auch der einzige Mensch gewesen, der Bryans Attacken ertragen und ihn besiegt hatte. Später war Bryan noch weitere Male besiegt worden, weil er den Stroblitz nicht mehr eingesetzt hatte. Aber als Kind war diese Attacke die Garantie für einen Sieg gewesen. Bis er Ray kennengelernt hatte.

Als Kai ihnen mitgeteilt hatte, dass Ray zu ihnen kommen würde, hatte Bryan mit einem attraktiven Mann gerechnet, der einen Anzug oder zumindest farblich aufeinander abgestimmte Kleidung trug und perfekt frisiert war. Ray hätte in Bryans Fantasie alles sein können: Unternehmer, Anwalt, Model... Alles! Nur kein verwahrloster Penner.

„Es tut mir Leid“, wiederholte Bryan, als Ray nichts sagte.

„Hätte nicht gedacht, dass du Spencer ernst nimmst“, murmelte Ray.

Überrascht sah Bryan zu ihm auf. „Was?“, fragte er.

„Ihr streitet euch doch die ganze Zeit über. Deshalb hätte ich nicht damit gerechnet, dass du das ernst nimmst.“ Ray zuckte mit den Schultern und blickte mit gerunzelter Stirn zur Badezimmertür.

Bryan räusperte sich. „Ich mache das nicht wegen Spencer, sondern... naja... Es tut mir wirklich Leid.“ Er schaute wieder weg. „Ich wollte das damals doch gar nicht, Ray. Aber die hätten mich umgebracht, wenn ich nicht... naja.“

„Du sagst häufig naja“, fiel Ray auf. „Sprich deine Sätze doch einfach mal zu Ende.“

„Naja, das...“ Bryan unterbrach sich selbst und lächelte schief. „Das mach ich immer, wenn ich nervös bin. Hättest mich bei meiner Hochzeit erleben sollen. Katastrophal.“

„Im Zweifelsfall für die Braut“, murmelte Ray.

„Damals war ihr das noch egal“, verteidigte sich Bryan. „Aber inzwischen... naja... Ich hab wohl zu viele Fehler.“

„Stimmt“, bestätigte Ray. „Ich hätte dich auch ohne zu zögern für einen anderen Kerl verlassen. Wenn ich schwul wäre. Und wenn ich mal mit dir zusammen gewesen wäre.“ Er runzelte die Stirn. „Nimm das bitte nicht zu ernst. Selbst wenn ich schwul wäre, wärst du nicht mein Typ.“

Bryan stand wieder auf. „Ray, es tut mir wirklich Leid, was ich gemacht habe“, lenkte er das Thema wieder um. „Ich könnte es gut verstehen, wenn du mich hassen würdest. Aber ich würde dich wirklich bewundern, wenn du mit mir darüber reden willst.“

„Worüber denn?“, wollte Ray wissen und sah wieder zur Badezimmertür.

„Spencer meinte doch, dass du... naja...“ Bryan zögerte einen Moment lang. „Dass du immer noch Angst vor mir hast.“

Rays Blick hing noch immer an der Tür. „CHENG?“, rief er und stand auf. Er ging zur Tür und klopfte dagegen. „Wag' es ja nicht, dir 'ne Überdosis zu setzen!“

Die Tür wurde von innen geöffnet. „Ist ja gut“, murmelte Cheng. „Bin eh fertig.“ Er wankte zu dem Bett.

Nun blickte Ray Bryan doch noch an. Seine Augen hatten sich berechnend verengt. „Eigentlich möchte ich nicht mit dir reden“, sagte er. „Ich habe aktuellere Probleme. Kannst du jetzt bitte gehen?“
 

„Warum können wir ihn nicht einfach zurück ins Gefängnis bringen?“, fragte Spencer sauer und bedachte Boris mit einem unfreundlichen Blick. Sein ehemaliger Trainer lag auf dem Bett in einem der Gästezimmer. Tala hatte ihn in der Abtei notdürftig verarztet und bis in die frühen Morgenstunden darauf gewartet, dass er endlich wieder aufwachte. Und jetzt hatte er ihn in Kais Villa gebracht.

„Weil ich keinen Bock habe, wegen Körperverletzung im Knast zu landen“, verteidigte sich der Rotschopf. „Und so kann er uns auch nichts abhauen.“

„Irgendwann wirst du ihn aber zurückbringen müssen“, mischte sich Kai ein. „Der Typ kann nicht ewig hier herumliegen und schlafen.“

Boris gab ein grummelndes Geräusch von sich, vermutlich versuchte er zu sprechen, was ihm aufgrund des Knebels schwer fiel. Er funkelte Kai böse an.

„Vielleicht ist er ja noch zu was zunütze“, rechtfertigte sich Tala. Er setzte sich an den kleinen, runden Tisch im Zimmer und lehnte sich zurück. Er hatte in der Nacht kein Auge zugetan. Einen Moment lang hatte er wirklich Angst gehabt, Boris würde ihm wegsterben, aber glücklicherweise war der Mann nicht ernsthaft verletzt. Er hatte nur starke Schmerzen, demolierte Knochen und eine Kopfwunde, die Tala inzwischen als ungefährlich einschätzte.

„Von wegen“, brummelte Kai und setzte sich zu ihm. „'ne andere Sache: Hast du Wolborg noch?“

„Klar.“ Tala zog eine Kette mit goldenem Anhänger unter seinem Pullover hervor. Er musste sie schon die ganze Zeit über getragen haben, aber sie war weder Kai noch Spencer bisher aufgefallen. Tala öffnete den Anhänger und zog einen BitChip heraus. „Ich hab's immer bei mir.“

Kai stieß ein stummes Stoßgebet gen Himmel, bevor er befreit lachen konnte. „Du bist der Größte, Tala!“ Er beugte sich zu Tala vor und begutachtete den BitChip. „Und ich dachte schon, du hättest es auch versteigert!“

„Versteigert?“, fragte Tala fassungslos. „Wie kommst du auf den hirnrissigen Gedanken, ich könnte Wolborg versteigern? Wir reden hier immerhin von meinem BitBeast!“

Spencer blickte verlegen zu Boden und entfernte sich langsam in Richtung Tür.

Als Kai nicht antwortete, fuhr Tala fort: „Man kann ein BitBeast doch nicht versteigern, Kai. Weißt du nicht, wie gefährlich das ist? In den falschen Händen könnte Wolborg zu einer schrecklichen Waffe werden!“

„Ich weiß“, nickte Kai. „Das solltest du also nicht mir sagen, sondern deinem ehemaligen Teamkollegen.“

Tala blickte fassungslos zu Spencer. „Sag bloß nicht, du hast...“, begann er leise und unterbrach sich selber. „BIST DU DENN WAHNSINNIG GEWORDEN?“

Spencer zuckte zusammen. „Mariah hat ihr Blade auch versteigert“, murmelte er hilflos.

„Aber zu einem guten Zweck“, wand Kai ein und erklärte Tala, dass sie das Geld gespendet hatte.

„Seaborg ist eines der ältesten BitBeasts, die auf dieser Welt existieren. Und eins der stärksten!“ Er funkelte Spencer böse an. „Galux kann schon sehr gefährlich werden, aber vielleicht darf ich dich daran erinnern, dass du ungeschlagen warst. Niemand konnte es mit der Macht deines BitBeasts aufnehmen!“

„Ich hätte ja auch nicht damit rechnen können, dass diese ganze BitBeast-Sache nochmal irgendeine Rolle spielen wird“, schoss Spencer verärgert zurück. Er hasste es, kritisiert zu werden. Und neuerdings taten die Leute hier nichts anderes mehr.

Bevor Tala fragen konnte, erklärte Kai: „Wir denken, dass Ian uns mit den beiden BitBeasts einen Hinweis darauf geben wollte, dass diese ganze Sache hier wieder was mit Beyblades zu tun hat. Liegt doch nahe, oder?“

Tala nickte leicht. „Und wer außer Spencer und Mariah hat sein BitBeast noch verscherbelt?“, fragte er bitter.

„Michaels ist geklaut worden, Ray hat seins im Pfandhaus versetzt, Johnnys wurde von seiner Frau verkauft. Wir haben also nur noch Dranzer, Dragoon, Draciel, Falborg und Wyborg – und jetzt auch noch Wolborg“, erzählte Kai.

„Prima“, fand Tala sarkastisch.

„Nicht unbedingt prima“, widersprach ihm Kai. „Direkt hier sind nur Dranzer, Draciel, Wyborg und Wolborg. Bryan und Tyson haben ihre Beyblades zu Hause. Tyson hat Alissa angerufen und ich habe zwei meiner Agenten zu ihm geschickt. Falls Dragoon wirklich noch da ist, bringen sie es auf schnellstem Wege hier hin. Und Bryan ist vor etwa einer Stunde mit Alana zusammen losgefahren. Er holt sein Blade selbst ab.“

Tala nickte leicht. „Okay. Aber ich selbst habe kein Beyblade mehr. Falls wir wieder kämpfen müssen...“ Er sah etwas unbehaglich aus.

Kai verstand ihn voll und ganz. Er wusste, wie sich Tala fühlen musste. Er selbst hatte doch auch schon lange nicht mehr gebladet. Sein altes Beyblade war zwar noch komplett, aber er selbst war ziemlich schwach geworden. „Vielleicht kommt es gar nicht so weit“, versuchte Kai dennoch, ihn zu beschwichtigen. „Vielleicht haben wir das auch einfach falsch verstanden.“

„Nein, habt ihr nicht“, meldete sich eine schüchterne Stimme aus Richtung Tür.

Überrascht wandten sie sich um.

Kenny stand im Türrahmen und putzte nervös seine Brille.

„Kenny!“, sagte Kai überrascht.

„Michael hat uns reingelassen“, meldete sich Robert zu Wort und schob Kenny beiseite, um in den Raum zu treten. „Ihr habt also tatsächlich sowohl den Schauspieler, als auch den Knacki hier“, staunte er. Sein Auftreten war beeindruckend lässig. Sein Kleidungsstil war nicht mehr imposant und elegant, so wie früher. Er trug Lederstiefel, eine enge, schwarze Hose, sowie ein dunkelgraues Shirt und darüber einen schwarzen Ledermantel. Die Sonnenbrille hatte er, obwohl er sich im Haus befand, nicht abgenommen. „Aber Kenny habt ihr nicht gefunden. Deshalb bringe ich ihn euch.“ Er zog Kenny am Arm in den Raum.

„Wo warst du?“, fragte Kai Kenny, bevor er sich an Robert wandte: „Und was ist mit dir? Warum... Was hast du damit zu tun?“

„Ich hab gar nichts damit zu tun“, meinte Robert. „War nur etwas beleidigt, dass ich nicht zu eurem netten Klassentreffen eingeladen worden bin.“ Er zog eine Packung Zigaretten aus der Innentasche seiner Jacke. „Deshalb bin ich in Begleitung eines Ehrengastes mitgekommen.“ Er tätschelte Kenny, der leicht zusammenzuckte und unwohl zu Boden schaute.
 

Es dauerte nicht lange, die anwesenden alten Beyblader wieder in den Sitzungssaal zu holen. Damit niemand die lästige Aufgabe, auf Boris aufzupassen, übernehmen musste, hatten sie ihn mit Handschesseln an die Bettpfosten gefesselt.

Robert saß zwischen Johnny und Kenny am Tisch und musterte seine alten Bekannten und deren Begleitung. Es schien ihn weder zu überraschen, dass Spencer einen Freund hatte, noch dass Ray ziemlich heruntergekommen wirkte und nach Alkohol roch.

„Wo hast du in den letzten Jahren gesteckt?“, fragte Johnny mit einer Mischung aus Faszination und Unglauben in der Stimme. Er hatte bisher noch nicht mit Robert gesprochen, weil er zu perplex gewesen war. Nicht nur Roberts Erscheinungsbild, sondern auch sein Auftreten passten nicht zu dem Jungen, den er früher einmal gekannt hatte.

„Deutschland. Unterwelt.“ Robert zwinkerte vertraulich.

„Soll heißen?“, fragte Johnny.

„Dass er ein Krimineller ist“, gab Kenny gedämpft zur Antwort. „Chef einer Bande, die Drogen vertickt, arme alte Damen überfällt und ganz Berlin in Angst und Schrecken versetzt.“

„Erstens überfallen wir keine alten Damen“, meinte Robert lässig. „Und zweitens haben wir Mitglieder in ganz Deutschland. In München, Stuttgart, Düsseldorf, Bielefeld...“

„Bielefeld gibt’s nicht“, meinte Leo automatisch und räusperte sich verlegen, als die anderen ihn verwirrt ansahen. Er kratzte sich am Kopf und nuschelte: „Sorry, Angewohnheit...“

Robert lachte. „Cooler Kerl, Spencer!“, meinte er amüsiert.

„Könnten wir bitte beim Thema bleiben?“, fragte Kai ungeduldig. „Was wisst ihr?“

„Ich weiß nichts. Nur dass Max tot, Ian verschwunden und Kenny daraufhin untergetaucht ist“, erzählte Robert. „Und dass ihr Pappnasen mich nicht zu eurem Meeting eingeladen habt!“

„Wir wussten doch nicht, wo du steckst!“, verteidigte sich Johnny.

„Und trotzdem“, fuhr Robert, nicht auf den Einwand achtend, fort, „trotzdem habe ich euch Kenny gebracht.“

„Und Kenny sieht nicht sehr glücklich aus“, fiel Tyson auf. „Alles okay, Kenny?“

Kenny verzog das Gesicht, sagte jedoch nichts.

Robert tätschelte ihm aufmunternd die Schulter. „Er hat Angst, dass ihm was zustößt. Ian hat ihm ziemlichen Schiss eingejagt, fürchte ich. War so 'ne schreckliche Angewohnheit von unserem kleinen Freund; musste immer den Teufel an die Wand malen.“ Er grinste schief. „Eigentlich hat er das in Kennys Fall nur gemacht, damit er sich nicht verplappert, aber leider ist das nach hinten losgegangen – Kenny hat beschlossen, nichts mehr mit Ian und Max zu tun haben zu wollen und ist untergetaucht. Und ich habe ihn für euch ausfindig gemacht. Jetzt können wir das Rätsel gemeinsam lüften!“

„Kannst du auch noch sprechen?“, fragte Tyson Kenny etwas enttäuscht.

Kenny nickte leicht. „Klar“, murrte er. „Kann mir mal bitte jemand den Laptop geben?“ Er beugte sich über den Tisch und nahm Dizzi entgegen. Dann schaltete er sie an und hielt sein Gesicht vor den Retina-Scanner. Und nach einigen Sekunden ertönte tatsächlich ein bestätigender Klang aus dem kleinen Computer. „Darf ich jetzt gehen?“, fragte er.

„Warum?“, wollte Michael verblüfft wissen. „Willst du nicht wissen, was los ist?“

„Nein, will ich nicht“, antwortete Kenny. „Ich bin gegen meinen Willen hierher gebracht worden und möchte jetzt wieder gehen!“

Robert legte einen Arm um seine Schulter. „Bleib doch noch ein bisschen, Kenny. Und erzähl uns, was Ian da auf deinem Computer gemacht hat.“

„Max“, verbesserte Kenny ihn düster. „Ian hatte eigentlich nichts mit dem Computer zu tun. Vielleicht hat er ab und an Tetris gespielt, aber die eigentliche Arbeit hier hat Max gemacht.“ Er klickte mehrere Dateien an.

„Und was weißt du alles?“, fragte Kai.

„Ich weiß, dass ihr euch in Dinge einmischt, die euch überhaupt nichts angehen“, erwiderte Kenny bissig. „Ian und Max hätten einfach ihre verdammten Schnauzen halten sollen, dann wäre ihnen nichts passiert.“

„Jetzt erzähl schon“, beschwerte sich Tala. „Ian wird vielleicht gerade gefoltert, während du hier rumlaberst!“

„Ich weiß nicht viel“, meinte Kenny. „Es hatte was mit den BitBeasts zu tun. Deshalb hat Max einen Virus auf Dizzi gehetzt, damit man sie nicht mehr aus dem Laptop rauskriegt.“ Er lächelte kühl. „Als hätte das jemand schaffen können. Ian und Max hatten eine blühende Fantasie. Sie meinten, all unsere BitBeasts wären in Gefahr und so. Das ist alles Blödsinn, denke ich. Ian war ja auch ein großer Illuminati-Fan.“

„Was weißt du?“, fragte Tala erneut und dieses Mal etwas genervter.

Kenny tippte etwas in den Computer ein. „Es geht um eine Firma namens CBE – Company Beyblade Evolution. Sie konkurrieren mit der BBA. Vielleicht habt ihr schon davon gehört? Ist so ein ähnlicher Machtkampf wie früher BBA und BioVolt. Nur bedient sich die CBE legaler Mittel.“ Er schielte etwas nervös zu Tala. „Zumindest wirkt es nach außen hin so. Ich glaube, sie haben irgendjemanden entführt.“

„Ian“, nickte Michael. „Und weiter?“

„Ich meine nicht Ian“, beharrte Kenny und blickte vom Laptop auf. „Ich habe mit Ian und Max gesprochen und die beiden haben mir eigentlich nichts gesagt. Sie wollten, dass ich ihnen helfe, aber ich wollte nicht. Und Max hat nicht eher Ruhe gegeben, bis ich ihm mein BitBeast überlassen habe. Die beiden haben mir fast gar nichts gesagt. Es geht um die CBE und darum, dass die beiden der CBE irgendwas anhängen. Was genau, wollten sie mir nicht sagen. Aber sie haben ständig miteinander geflüstert und ich glaube, dass eine Frau namens Lilly von der CBE entführt worden ist und Ian und Max deshalb so darauf bestanden haben, diesem Geheimnis auf die Schliche zu kommen. Um Lilly zu befreien.“

„Es geht um eine Frau?“, fragte Spencer empört. „Das ist ja wohl...“

„Nicht nur“, unterbrach ihn Kenny, der scheinbar etwas interessantes gefunden hatte. „Es geht um BitBeasts.“ Er überflog einen Text auf dem Laptop. „Sie sammeln BitBeasts, um...“ Er stockte.

„Um?“, hakte Tala nach.

Kenny sprach nicht weiter, weshalb Robert den Laptop zu sich zog. „Um sie zu materialisieren“, antwortete er an Kennys Stelle. „Sie haben schon Versuche mit schwachen BitBeasts durchgeführt. Und sie haben Blader, die extra darauf trainiert wurden, mit solchen BitBeasts zu kämpfen.“

„Sind die bescheuert?“, fragte Michael.

„Ja, und zwar gewaltig“, antwortete Johnny. „Das klappt doch nie im Leben!“

„Scheinbar schon“, flötete Robert gespielt gut gelaunt. „Es geht wohl doch nicht um eine Frau! Diese Typen haben ein Rad ab und Max und Ian wollten sie aufhalten. Oder so.“

„Aber das hätte die Öffentlichkeit doch mitgekriegt, oder?“, fragte Michael.

„Ich schätze, die Dateien, die die Jungs hier auf dem Laptop hatten, haben sie sich beim Hacken geholt. Da steht was vom Vorstand der CBE und vor allem etwas von Geimhaltungsstufe 5. Ziemlich krass.“ Robert suchte weiter. „Da sind nur keine Informationen über den Aufenthaltsort des Labors, in dem die das machen.“

„Ist ja prima“, meinte Tyson enthusiastisch. „Das heißt, wenn wir jetzt weiter nach Ian suchen, begegnen wir vermutlich euren ganzen BitBeasts, die uns dann nicht nur mit ihren Attacken, sondern auch noch mit ihrer kompletten Körperkraft angreifen können! Und wir können uns nicht einmal verteidigen, weil normale Bitbeasts gegen materialisierte BitBeasts wohl wenig Chancen haben werden!“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und sank auf dem Stuhl zurück. „Wer von euch hat noch Bock darauf, einfach das Handtuch zu werfen?“

„Ich verstehe nicht, dass sie Max umgebracht haben und Ian nicht“, meinte Kai. „Das ergibt keinen Sinn.“

„Vielleicht haben sie ihn umgebracht“, meinte Johnny.

„Dann hätten sie seine Leiche doch liegen gelassen“, widersprach Kai. „Max' Leiche haben sie doch auch nicht weggeschafft.“

„Ich kenne Ian zwar nicht“, wand Leo ein, „aber nach dem, was ihr alle über ihn erzählt, könnte ich es mir gut vorstellen, dass er auch vor Max Geheimnisse gehabt hat. Vielleicht hatte er Informationen, die diese Leute unbedingt auch haben wollten. Max war wertlos, also wurde er beseitigt, und Ian war wertvoll, also haben sie ihn nur betäubt und entführt.“

„Hey“, meinte Robert gut gelaunt. „Das wollte ich auch gerade sagen!“ Er musterte Leo gönnerhaft. „Du bist Deutscher, hast 'n kluges Köpfchen... Du würdest gut in unsere Bande passen!“

„Wir wissen also jetzt, worum es geht“, mischte sich Johnny wieder in die Unterhaltung ein. „Und wir wissen, welche BitBeasts wir haben. Und welche die eventuell haben könnten. Das heißt, wir können uns schon einmal auf die Kämpfe einstellen. Die BitBeasts, die die CBE haben könnte, sind Galux, Seaborg, Salamalyon, Drigger und Trygle. Und wir können ihnen Dranzer, Wolborg, Falborg und Dragoon entgegensetzen.“

„Und Griffolyon“, ergänzte Robert.

„Dafür könnt ihr Falborg wieder streichen.“ Bryan und Alana waren in den Raum getreten. „Es ist weg.“

„Weg?“, wiederholte Tala ungläubig.

„In meine Wohnung ist eingebrochen worden“, meinte Bryan matt. „Und Falborg ist verschwunden.“

„Das heißt, es steht sechs gegen vier. Und vermutlich haben die außer unseren BitBeasts noch andere“, schlussfolgerte Kai düster. „Ich glaube nicht, dass wir eine Chance haben.“

„Wenn du schon so anfängst...“ Tala stand auf. „Kenny und Michael, ihr kennt euch hier am besten mit der Technik von Beyblades aus. Deshalb werdet ihr jetzt eine kleine Liste schreiben und Alana in einen Beyblade-Shop schicken. Dann geht ihr hoch zu Boris und zwingt ihn dazu, euch dabei zu helfen, starke Beyblades zu bauen. Michael, du übernimmst Draciel. Und Johnny versucht, mit Wyborg klarzukommen.“

„Warum ausgerechnet Michael und Johnny?“, fragte Bryan verwirrt.

„Weil die beiden nichts dafür können, dass sie ihre BitBeasts nicht mehr haben“, erwiderte Tala kühl und warf Spencer einen kurzen, bösen Blick zu.

„Kann ich was dafür, dass Falborg geklaut wurde?“, fragte Bryan gereizt.

„Nein, aber du hast bei deiner beeindruckenden Aktion in der Abtei nur sieben von acht BitBeasts zerstört, weshalb sich folglich wohl noch eins in deinem Besitz befinden muss.“ Tala wandte sich an Michael und Kenny: „Worauf wartet ihr noch? Los!“

Michael und Kenny sprangen tatsächlich auf und verschwanden aus dem Raum.

„Ich werde einen Trainingsplan für uns erstellen. Wir alle haben schon viel zu lange nicht mehr gebladet“, beschloss Tala.

Gefunden

Hallo!
 

Danke für die Kommentare!

Jetzt folgen nur noch fünf Kapitel + Epilog. Es geht dem Ende zu *sniff*

Und ich muss erstmal mit diesem neuen Fanfiction-System hier auf Animexx klarkommen. ist ja ganz praktisch so, aber trotzdem gewöhnungsbedürftig ^^"
 

Rückblick:

Im letzten Kapitel sind Robert und Kenny aufgetaucht und haben etwas Licht ins Dunkel gebracht: Endlich wissen die Beyblader, wer ihr Gegner ist, nämlich die CBE, die es sich zum Plan gemacht hat, BitBeasts zu materialisieren. Auf Talas Beschluss hin wollen sie jetzt trainieren, um Ian und Nikolai retten zu können.
 


 

Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Tatsächlich war Boris noch zu etwas nütze; er hatte als ehemaliger Leiter der Abtei mehr Ahnung von Beyblades, als die meisten anderen. Kenny hatte sich jahrelang um die Beyblades der Bladebreakers gekümmert und auch Michael hatte, obwohl er nicht der Techniker der All Starz gewesen war, viel über den Aufbau von Beyblades gelernt; allein schon deshalb, weil die Technik die stärkste Seite seines Teams gewesen war. Zu dritt bauten sie Blades für die noch verbliebenen BitBeasts.

Tala hatte im stillschweigenden Einverständnis der anderen die Leitung des Trainings übernommen und in nur wenigen Minuten Trainingspläne für die Beyblader mit BitBeasts aufgestellt.

„Ich bin echt froh, dass ich nie in deinem Team war!“, keuchte Michael, als Tala ihn ein weiteres Mal eingeholt hatte. Sie liefen schon seit etwa einer Stunde immer und immer wieder um Kais Villa herum – Tala Ansicht nach ein nettes Training. Michael sah es jedoch ganz anders – im Gegensatz zu Tala hatte er ab einem gewissen Alter aufgehört, sich sportlich zu betätigen. Während Tala jeden Abend ein paar Runden im Park joggte, bewegte sich Michael kaum noch. Er hatte zwar nicht zugenommen, aber leider ziemlich an Muskelmasse verloren.

Tala blickte Michael von der Seite her an und hob eine Augenbraue, so als überlegte er, ob er etwas dazu sagen sollte oder nicht.

„Wie lange noch?“, fragte Michael.

„Bis Draciel repariert ist“, entgegnete Tala und passte sein Tempo dem von Michael an. Nach ihrem letzten Kampf gegeneinander war das Beyblade, in dem Max' BitChip steckte, leicht lädiert gewesen.

„Was regst du dich eigentlich über zwei kleine Kratzer auf?“, fragte Michael und blickte auf die Uhr. Allmählich bekam er Hunger, schließlich war schon Zeit für's Mittagessen. „Immerhin trainieren wir momentan nur.“

„Egal“, war Talas Antwort darauf. Er schaute ebenfalls auf seine Uhr und wurde etwas langsamer. Vor der Haustür hielt er schließlich an und blickte zu Michael, der sich dankbar ins Gras sinken ließ und schwer atmete.

Tala setzte sich neben ihn ins Gras. „Außerdem war ich früher viel schlimmer“, meinte er nüchtern.

„Achja?“ Michael schielte ihn misstrauisch an.

„Klar. Meine Teamkollegen mussten so schnell laufen wie ich. Und wenn ich die so oft hätte überholen können wie dich heute...“ Tala seufzte. „Glücklicherweise konnte ich sie nie überholen.“

Michael nickte leicht. „Du warst wohl mehr Drill-Instructor als Teamleader, hm?“

Sein Gegenüber musste lachen. „So hab ich mich eigentlich noch nie gesehen. Aber vielleicht hast du tatsächlich Recht!“

Michael grinste leicht und blickte sich in dem Garten um. Kais Anwesen war riesig und Alana hatte heute morgen eine knappe Stunde gebraucht, um ihm alles hier zu zeigen.

„Erwarten wir noch jemanden?“, fragte Tala plötzlich und stand auf. Er klopfte sich den Dreck von seiner Trainingshose und beobachtete dabei den Weg.

Michael richtete sich ebenfalls auf und kniff die Augen zusammen. Erst dann sah er zwei Gestalten langsam auf sich zukommen. Eine der beiden Gestalten war groß und kräftig, die andere eher zierlich. „Wir sollten den Anderen Bescheid sagen“, meinte er leise und wollte schon zur Tür gehen, als Tala ihn am Arm packte.

„Warte“, sagte er und kniff ebenfalls die Augen zusammen. „Das könnte Bryans Ex sein.“

„Was?“ Michael starrte konzentriert die näher kommenden Gestalten an. Erst jetzt erkannte er in der schlankeren Person eine dunkelhäutige Frau, die sich unsicher umsah.

„Hey!“, rief Tala und ging auf die beiden zu. Michael folgte ihm eilig.

„Entschuldigen Sie, dass wir hier unerlaubt eingedrungen sind“, sagte der Mann, sobald die vier aufeinander trafen, in korrektem Englisch. „Die Klingel hat nicht funktioniert.“

„Kai hat sie ja auch abgestellt“, meinte Tala abwesend, während er die Frau musterte. Es war tatsächlich Marina; Tala kannte sie von dem Hochzeitsfoto, das Bryan ihm vor Jahren einmal zugeschickt hatte.

„Sie sind also nicht Kai Hiwatari?“, fragte der Mann vorsichtig. „Ich dachte, Sie wären vielleicht...“

„Das ist Tala Ivanov“, unterbrach ihn die Frau und erwiderte Talas Blicke kühl. „Ein alter... Freund von Bryan.“

„Verstehe nicht, dass Bryan wegen der Schlampe so 'nen Aufstand macht“, raunte Michael Tala ins Ohr. Tala grinste ihn leicht an. „Ich auch nicht“, erwiderte er so laut, dass Marina und ihr Freund ihn hören konnten.

„Ist Bryan hier?“, fragte sie in unfreundlichem Tonfall.

„Kommt drauf an, was du von ihm willst“, entgegnete Tala, der bemüht war, noch eine Spur unfreundlicher zu klingen.

„Nur meinen Sohn.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

„Oh oh“, sagte Michael.
 

„DU VERFLUCHTER MISTKERL!“ Mit zwei Schritten war sie bei Bryan und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Dann noch eine. Kai fing ihre Hand ab, bevor sie ihren Exmann ein weiteres Mal schlagen konnte. Er zog sie von Bryan weg, sodass dieser die Chance hatte, über seine schmerzenden Wangen zu fühlen.

„Lass los!“ Sie stieß mit dem Ellbogen nach Kai, woraufhin er sie losließ und einen Schritt nach hinten ging, wo er sich in Sicherheit wähnte, aber auch bereit stand, um sie aufzuhalten, falls sie ein weiteres Mal auf Bryan losgehen würde. Sie schien Kais Absicht verstanden zu haben, weshalb sie es gar nicht erst versuchte. „Wie kannst du Idiot unseren Sohn entführen lassen?“, rief sie wütend.

Bryan blickte sie hilflos an, weshalb Alana ihm zur Hilfe eilte: „Es war bestimmt keine Absicht.“

„Und was ist das für eine Schlampe?“, fragte Marina aggressiv. „Sag' bloß nicht, du hast mit irgendeinen Flittchen rumgemacht, statt auf Nikolai aufzupassen!“

„Flittchen?“, protestierte Alana.

„Verschwinde“, sagte Kai und winkte sie zur Tür. „Wir sollten das alleine regeln.“ Er setzte sich auf den Tisch, der hinter ihm stand.

„Was ist passiert?“, fragte Marina wütend, während sich die Tür schloss.

Bryan zuckte mit den Schultern, noch immer unfähig, etwas zu sagen.

Kai seufzte lautlos und ging auf Bryan zu. Er stellte sich neben den Mann und blickte Marina abschätzend an. „Ich kann gut verstehen, dass du sauer bist“, sprang er Bryan zur Hilfe. „Aber Bryan kann nichts dafür, dass Nikolai verschwunden ist. Er hat immer gut auf den Kleinen aufgepasst und ihn nie allein gelassen.“ Bryan blickte verwirrt zu Kai auf. Warum half ihm der Leiter der BioVolt plötzlich? „Als Nikolai entführt worden ist, war Bryan in der Besprechung einer wichtigen Angelegenheit. Alana, die junge Frau von gerade eben, war mit Nikolai zusammen. Sie hat versucht, ihm zu helfen und ist dabei bewusstlos geschlagen worden. Niemand hätte damit rechnen können.“

„Oh doch.“ Marina sah ihn berechnend an. „Tala Ivanov ist hier. Das heißt doch schon alles!“

„Ich habe zwar keine Ahnung, was das mit Tala zu tun haben soll“, meinte Kai, „aber ich bin mir sicher, dass du es mir gerne erklären willst.“

„Sehr gerne“, fauchte sie. „Bryan hat mir vor Jahren versprochen, dass er sich nie wieder mit einem aus seinem alten Team treffen wird! Besonders nicht mit Tala!“

„Da auch du ihm gegenüber Versprechen gebrochen und ihn betrogen hast“, beschloss Kai, „solltest du ihm dafür keinen Vorwurf machen. Ihr beide seid kein Paar mehr, also kannst du ihm nicht vorschreiben, mit wem er sich trifft. Das tut er bei dir schließlich auch nicht.“ Er blickte zu Bryan, der den Kopf gesenkt hielt. Kai war dafür geboren, Situationen und Gespräche unter seine Kontrolle zu bringen. Nicht umsonst war er ein so guter Geschäftsmann. Und Bryan tat ihm irgendwie Leid. So wie der Lehrer über seine Frau geredet hatte, war Kai davon ausgegangen, dass sie eine freundliche, junge Frau war, die einfach irgendwann ihren Mann verlassen hatte. Aber jetzt ahnte er, dass nicht Bryan während der Beziehung die Hosen angehabt hatte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet Bryan sich in einer Beziehung dominieren lassen würde, doch Bryans passives Verhalten gegenüber Marina kam ihm ein wenig routiniert vor. Und Kai konnte es überhaupt nicht ausstehen, wenn Frauen ihre Männer herumkommandierten. Vielleicht war er leicht sexistisch, aber seiner Meinung nach gehörten die Männer in die aktive Rolle. Vermutlich war das der Grund dafür, dass er Byan half.

„Ich habe zwar keine Ahnung, wer oder was du bist“, meinte Marina, „aber du hast überhaupt nichts mit der Sache zu tun. Ich will mit Bryan sprechen und nicht mit dir!“

„Da Bryan sich scheinbar nicht mehr traut, etwas zu sagen, wirst du wohl mit mir vorlieb nehmen müssen“, lächelte Kai gekünstelt und ging einen Schritt vor. Er stand nun halb vor Bryan, sodass Marina ihren Exmann nicht mehr direkt ansehen konnte.

„Als Nikolais Mutter habe ich aber das Recht, ihm den Umgang mit Leuten zu verbieten, die mir nicht passen“, meinte Marina. „Und ich weiß ganz eindeutig, dass Tala Ivanov zu diesen Menschen gehört.“

„Warum?“, fragte Kai.

„Ich weiß, was früher mit Bryan los war“, meinte Marina. „Und ich glaube nicht, dass die Typen, mit denen er früher Kontakt hatte, gut für meinen Sohn sind.“

„Darling, das ist wirklich Spencer Petrov!“, verkündete plötzlich eine Stimme aus Richtung Tür. Sascha war in den Raum gekommen und zog Spencer hinter sich her. „Ist das nicht irre? Ich hab mich schon mit ihm fotographieren lassen!“

Bryan warf Spencer einen bitterbösen Blick zu, der grinsend erwiderte wurde.

„Sascha!“, fuhr Marina ihren Freund an. „Lass das gefälligst!“

„Du bist also die Mutter?“, meinte Spencer gespielt überrascht und kam auf sie zu. „Jetzt weiß ich endlich, von wem der Junge seine natürliche Schönheit hat – von Bryan kann die ja nicht kommen.“ Er lachte charmant, was auch Sascha zum Lachen brachte. Marina blickte ihn düster an. „Aber um mal ernst zu bleiben“, meinte Spencer beschwichtigend, „das Kind finden wir, keine Sorge. Ich habe schon genug solcher Fälle gelöst.“

„Siehst du?“, meinte Sascha. „Du musst dich nicht so aufregend, Marina!“

„Sascha“, sagte Marina mit gepresster Stimme. „Er ist Schauspieler. Er hat noch nie ohne Drehbuch irgendwelche Kinder gerettet.“

Spencer kratzte sich verlegen am Kopf. „Ganz richtig ist das nicht“, meinte er vorsichtig und erinnerte sich an den Sohn eines Regisseurs, den er einmal von einem Autodach heruntergeholt hatte.

„Wenn wir alle zusammenhalten“, beschloss Sascha, „dann finden wir Nikolai! Wir haben immerhin Spencer Petrov im Team!“

Kai wusste nicht, ob er Spencer töten oder lieben sollte. Natürlich war es riskant gewesen, aber scheinbar funktionierte es... Zumindest Sascha schien fest davon überzeugt zu sein, dass sie zusammenhalten sollten.

„Wo fangen wir an?“, fragte Sascha interessiert.

Spencer blickte ihn perplex an. „Gute Frage“, meinte er nachdenklich.

Bryan seufzte lautlos. Das einzige, was Spencers Auftritt geschafft hatte, war dass Marina jetzt nicht nur auf ihn, sondern auch noch auf den armen Sascha sauer war.

„Spencer?“ Leo steckte den Kopf in den Raum. „Hier bist du!“ Er schaute verwirrt Marina und Sascha an, ging dann jedoch zu seinem Freund. „Ich hab mal 'ne Fra-“ Bevor er hätte weiterreden können, hatte ihm Spencer schon die Hand auf die Schulter gelegt und ihn zu Marina und Sascha gedreht.

„Das hier sind Marina, Bryans Ex, und ihr neuer Freund Sascha“, stellte Spencer die beiden vor. „Und das hier ist mein Assistent Leo, mit dem ich mich jetzt beraten werde, was wir tun können, um Nikolai zu finden.“

Leo blickte verblüfft zu ihm auf. „Was?“, fragte er.

„Du hast wirklich einen Assistenten?“, fragte Sascha begeistert.

„Wir sind hergekommen, um Nikolai zu holen“, meinte Marina böse. „Nicht um uns von irgendwelchen Schauspielern verarschen zu lassen.“

Leo verschränkte nachdenklich die Arme vor der Brust. „Woher wusstet ihr, dass wir hier sind?“, fragte er dann.

„Gute Frage“, meinte Bryan.

„Sehr gute Frage“, fand Spencer und nickte ernst. Eine solche Situation hatte er schon oft gespielt – nur war Leo noch nie der Assistent gewesen. Aber er machte sich in dieser Rolle sehr gut.

Marina blickte Sascha kühl an, so als wolle sie ihm klar machen, dass er für diese Erklärung verantwortlich war. Er räusperte sich. „Naja, Nikolai ist uns schon einmal abgehauen, also hab ich... hab ich...“ Er kratzte sich verlegen am Kopf. „Ich habe in sein Handy und in seine Uhr GPS einbauen lassen.“

„Was?“, fragte Bryan verblüfft. „GPS? Ihr überwacht meinen Sohn?“

„GPS“, wiederholte Leo. „Ihr habt also die beiden Signale empfangen und seid hergekommen?“

„Wir haben ein Signal empfangen“, meinte Marina etwas ruhiger. „Nur das vom Handy. Nur leider hat er sein Handy abgeschaltet, genau wie Bryan. Deshalb sind wir hergekommen. Das GPS greift über halb Russland, aber eins der Signale ist nicht mehr hier gewesen. Vorher waren wenigstens beide Signale außer Landes und er hat hin und wieder noch angerufen, aber jetzt...“

„Er hat seine Uhr vermutlich bei sich getragen“, meinte Leo. „Das heißt, wenn wir auf einen größeren Bereich zugreifen können, könnten wir sie eventuell orten. Und dann finden wir, wenn wir Glück haben, Nikolai.“
 

„Ich verstehe immer noch nicht, weshalb die beiden da jetzt auch mitkommen“, meinte Cheng laut zu Ray und blickte Marina und Sascha verwirrt an.

„Das sind die Eltern von Nikolai“, zischte ihm Ray ein wenig beschämt zu. Dass Cheng nicht mit dem Finger auf die beiden deutete, war schon alles. Manchmal hasste er seinen Freund dafür, dass er es ständig schaffte, sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Im negativen Sinne.

„Nein“, herrschte ihn Bryan kühl an. „Das sind die Mutter von Nikolai und ihr Geliebter, du Id-... Ray.“

Ray blickte ihn verwirrt an. Vielleicht war Bryan Versuch, vor ein paar Tagen mit ihm zu reden, doch kein Scherz gewesen. Zumindest war ihm seitdem öfter aufgefallen, dass Bryan sich ihm gegenüber Schimpfwörter verkniff.

„Was ich viel weniger verstehe“, mischte sich Michael ein, „ist, dass der da mitkommen muss.“ Er deutete auf Boris, der so tat, als habe er ihn nicht gehört. „Hätten wir den nicht lieber wieder im Knast abliefern sollen?“

„Vielleicht ist er noch zu was zunütze“, meinte Kai. „Schließlich hat er von uns die beste Kenntnis von Beyblades.“

„Beyblades?“, wiederholte Marina streng. „Habe ich das richtig mitbekommen, Bryan?“

„Ja, hast du“, meinte Bryan entnervt.

„Du bladest also wieder?“, fragte sie.

„Hm“, machte Bryan.

„Und läufst du wieder mit deinem BitBeast Amok?“, wollte sie spitz wissen.

„Nein“, meinte Bryan schnippisch. „Das BitBeast, mit dem ich Amok gelaufen bin, ich leider von denselben Typen geklaut worden, die Nikolai entführt haben.“

„Also hat diese ganze Sache hier wieder was mit diesem Beyblade-Scheiß zu tun“, schlussfolgerte sie. „Warum habe ich mich damals eigentlich in dich verliebt? Du bist nichts als ein verantwortungsloser Spinner.“

„Vielen Dank“, murmelte Bryan.

„Wo genau ist dieses St Andrews nochmal?“, unterbrach Cheng das Gespräch laut.

„Ostküste“, antwortete Johnny, der dankbar für die Unterbrechung des Streits war. Ihm tat Bryan Leid. Er wusste selbst, wie grässlich es war, wenn sich die Frau von einem trennte. Und Marina machte Bryan ja auch im Nachhinein noch fertig.

„Ostküste?“ Cheng drehte den Kopf zu Ray.

„Schottland“, erklärte Ray, der wusste, wie schlecht es um Chengs Erdkundekenntnisse stand. Schließlich hatte sein Freund nie eine Schule besucht. „Liegt in Europa.“

„Oh“, machte Cheng.

Sie flogen nun schon beinahe zwei Stunden in dem privaten Flugzeug auf dem Weg nach Schottland, wo Kais Techniker das Signal aus Nikolais Armbanduhr empfangen hatten.

Tala und Tyson hatte sich ganz nach vorne in die erste Reihe gesetzt und von den anderen abgeschottet. Sie waren zu müde, um über irgendwas anstrengendes zu reden, weshalb sie sich leise über diverse Kollegen im Theater ausließen. Und als sie damit fertig waren, fragte Tala Tyson im Flüsterton seinen Text ab. Sie beiden hatten momentan keine Lust, mit den anderen zu sprechen; schließlich wussten sie, dass das irgendwann wieder im Streit enden und ihnen Kopfschmerzen bereiten würde.

Kenny saß in der Reihe hinter ihnen und starrte aus dem kleinen, runden Fensterchen auf die Erde, die sich unter ihnen erstreckte. Er Er hatte während des gesamten Fluges noch nicht einen einzigen Ton gesagt. Genau wie Robert, der mit Boris zusammen in derselben Reihe saß und den Gefangenen aufmerksam beobachtete.

Sara war längst wieder in Michaels Armen eingeschlafen. Sie hasste es, zu reisen und schlief eigentlich immer ab 20 Minuten Transportzeit. Und Spencer und Leo waren zusammen auf dem Klo verschwunden und wollten partout nicht mehr zurück kommen.

„Ich hab allmählich die Schnauze voll“, murmelte Michael schließlich. „Wo müssen wir noch überall hinfliegen?“

Kai zuckte mit den Schultern. „Mal schauen“, meinte er und schob Alana, die sich im Halbschlaf an ihn kuscheln wollte, von sich, sodass sie gegen die Flugzeugwand lehnte und nicht gegen ihn. Sie blinzelte ihn verärgert an und schien es aufgeben zu wollen, zu schlafen.

„Sieh's doch einfach als kleinen Urlaub“, schlug ihm Robert vor. „Ein Trip durch Europa mit deinen alten Freunden.“

Michael seufzte tief. „Keiner meiner alten Teamkollegen ist hier“, beschwerte er sich. „Ich fühle mich ein wenig übergangen und extrem einsam.“

„Du tust mir aber schrecklich Leid!“, zog ihn Johnny auf, obwohl er selbst eigentlich noch nicht viel von Robert gehabt hatte. Robert hatte sich sofort zu Boris gesetzt und nicht zu ihm. Und auch sonst hatte sein ehemaliger Teamleader noch nicht viel mit ihm geredet.

„Ich muss aufs Klo“, beschwerte sich Alana.

„Dann geh“, stöhnte Kai genervt.

„Aber dann erwische ich die beiden womöglich noch bei... ihr-wisst-schon-was“, befürchtete sie.

„Dann fragst du sie einfach freundlich, ob du mitmachen darfst“, murmelte Kai und ließ ihr Platz, damit sie zu der leider einzigen Toilettenkabine im Flugzeug gehen konnte. Bloß wenige Augenblicke später kamen Spencer und Leo zurück und setzten sich auf ihre Plätze.

„Na, auch wieder da?“, grinste Michael schief.

„Deine Sekretärin ist ganz schön nervös, Kai“, fand Spencer. „Ist alles in Ordnung mit ihr?“

Kai lachte. „Nehmt sie einfach nicht ernst. Sie ist halt blond.“

„Und blauäugig“, ergänzte Johnny.

„Genau“, nickte Kai gespielt ernst. „Blond und blauäugig.“
 

„Die ist nicht nur blond und blauäugig“, murmelte Johnny, „die ist blond, blauäugig und extrem heiß.“ Er beobachtete die junge Frau, die drei Tische von ihnen entfernt saß und in einem Terminkalender blätterte.

Sie saß alleine an einem Tisch in dem gemütlichen Eiscafé, in dem sich auch Johnny, Kai und Bryan niedergelassen hatten. Sie war vermutlich noch keine 30 Jahre alt und hatte eine weibliche Figur, die durch ihren Kleidungsstil noch hervorgehoben wurde: Ihre schlanken Beine wurden unter dem etwa knielangen Rock sichtbar und ihre Taille durch ein enges Top betont. Sie hatte sich eine silberne Spange in die Haare gesteckt, die ihr lang über den Rücken fielen. Ihre eine Hand spielte mit dem Anhänger an ihrer Kette, während sie mit der anderen den Kalender umblätterte und sutdierte. Dann machte sie sich eine kleine Notiz und klappte ihn zu. Sie griff mit der Hand elegant nach ihrem Strohhalm und trank einen Schluck aus dem Milchshake, der vor ihr stand.

„Gesamteindruck?“, fragte Kai.

„Eins plus“, erwiderte Johnny vielsagend. „An der ist gar nichts falsch!“

„Bis auf die Tatsache, dass sie die Uhr meines Sohnes trägt“, meinte Bryan bissig.

„Sobald sie das Cafe verlässt, sprechen wir sie an“, versprach ihm Kai. „Aber hier drin will ich keinen Aufstand provozieren.“

„Mann muss keinen Aufstand provozieren, wenn man eine hübsche Frau anspricht“, beschloss Johnny und stand auf. Er ging auf den Tisch der jungen Frau zu und setzte sich ihr gegenüber. Sie blickte überrascht auf und zog ihren Terminkalender vom Tisch herunter, um ihn in ihre Handtasche zu stecken.

„Was macht der Idiot?“, ärgerte sich Bryan.

Johnny lächelte sein Gegenüber galant an. „Johnny“, stellte er sich dann vor.

Sie hob eine Augenbraue. „Was?“, fragte sie.

„Das ist mein Name“, erklärte er. „Johnny. Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem du mir deinen Namen nennst, Schönheit.“

Sie verdrehte die Augen. „Ich habe keinen Bock auf schlechte Anmachen“, meinte sie. „Also verpiss' dich, Johnny.“

„Hey, das war keine schlechte Anmache“, protestierte Johnny. „Eine schlechte Anmache wäre gewesen... Deine Beine müssen aus Wasser sein, denn meine Wünschelrute schlägt aus. Oder Dein Vater muss ein Dieb sein; er hat zwei Sterne vom Himmel geklaut und sie dir als Augen eingesetzt.“ Er lächelte sie gewinnend an. „Aber so etwas habe ich nicht gesagt. Nein, ich habe dir bloß freundlich meinen Namen genannt, damit du weißt, wie dein zukünftiger Ehemann heißt.“

Sie blickte ihn einen Moment lang ungläubig an, bevor sie lachen musste. „Du bist echt schräg“, stellte sie fest. „Hat dir das mal jemand gesagt?“

Du hast es mir gesagt“, lächelte er treuherzig.

„Celine“, nannte sie nach einem kurzen Moment, in dem sie überlegt hatte, ob Johnny es wert war oder nicht, ihren Namen. „Zufrieden?“

Er nickte. „Ein wunderschöner Name für eine wunderschöne Frau.“

Sie lächelte verhalten. „Ich habe dich hier noch nie gesehen“, meinte sie dann. „Wohnst du hier irgendwo?“

„Ich wohne in Aberdeen“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Bin geschäftlich hier. Und du?“

„Komme aus England. Wohne aber momentan hier“, antwortete sie. „Ich arbeite hier.“

Er nickte verstehend. „Und was machst du hier?“

„Milchshake trinken.“ Sie verriet ihm durch ein breites Lächeln, dass sie ihn absichtlich falsch verstand.

Er lachte. „Wenn du Staatsanwältin bist, kann ich nicht mehr mit dir reden“, prophezeite er dann. „Denn Staatsanwälte hasse ich.“

„Dann bist du vermutlich entweder Rechtsanwalt oder warst selbst schon öfter im Knast“, riet sie.

„Rechtsanwalt“, erwiderte er. „Und du?“

„Ich forsche“, erwiderte sie. „Ich bin eine der glücklichen Wissenschaftlerinnen, die direkt nach dem Studium abgeworben worden sind und nun ausgebeutet werden.“ Sie ergriff wieder den Anhänger ihrer Kette und spielte damit herum.

„Und an was forschst du?“, fragte er interessiert.
 

Schon zwei Tage später hatten sie ihren Plan: Durch Celine kannten sie die Adresse des CBE-Komplexes. Und als Johnny sie abends nach Hause begleitet und sie ihn in ihre Wohnung gelassen hatte, hatte er den Moment, in dem sie geduscht hatte, genutzt, um einen Plan des Komplexes zu suchen und zu kopieren. Sie alle hatten diesen Plan genau studiert. Und nun standen sie, geschützt von der Nacht, am Ende der Straße und beobachteten die Anlage, die nicht besonders gut geschützt war. Das war vermutlich ein Teil der Geheimhaltung: Die Anlage musste unauffällig aussehen. Die wirklichen Forschungszentren befanden sich sowieso wie in der alten Abtei unter der Erde. Genau wie die Gefängnistrakte.
 

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Ich freue mich wie immer über Kommentare *knuffl*

Übrigens: Ich lege jetzt auch für Marina und Sascha Charakterbeschreibungen an ^^

Die CBE

Hallo!

Danke für die Kommentare *knuddel*

Gibt es denn niemanden, der Marina mag?? *such* Nein? *lol* Nun ja, dann halt nicht – kann ich verstehen. ich als ihre 'Erschafferin' mag sie natürlich. Ich mag alle meine Charaktere. Und Sascha finde ich auch toll ^^“ Obwohl ich ihn als Leser vermutlich auch nicht ausstehen könnte...
 

Ich habe die Planungen etwas verkürzt und ein bisschen was zusammengefasst, damit sich das Ende nicht so lang streckt. Jetzt folgen also noch drei Kapitel und ein Epilog, wobei zumindest die Kapitel noch recht lang sein werden ^^

Aber es gibt ja noch eine Fortsetzung... Die ich schon angefangen habe *hust*
 

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen ^-^
 

Rückblick:

In den letzten Kapiteln haben die ehemaligen Beyblader herausgefunden, was auch Ian und Max gewusst haben: Die CBE sammelt BitBeasts, die sie durch eine neue Technik materialisieren und zum Kampf einsetzen kann. Nun mischen auch Bryans Exfrau und Nikolais Mutter Marina und deren neuer Freund Sascha mit, mit deren Hilfe der Ort, an dem Nikolai gefangen gehalten wird, gefunden wird – das Hauptquartier der CBE.
 


 

Schon seit ein paar Minuten saß die Gruppe schweigend auf einer niedrigen Mauer, die den Schulhof eines Gymnasiums abgrenzte. Trotz genauester Planung wussten sie nicht, was auf sie zukommen würde.

„Beten wir dafür, dass wir von üblen Überraschungen verschont werden“, sagte Sara leise und blickte das unauffällige Gebäude an. Sie wusste selbst nicht, wieso sie sich in diese Sache hineinziehen ließ. Eigentlich mied sie gefährliche Situationen. Andererseits wollte sie ihren Mann nicht alleine lassen und der hatte nicht einen Moment lang gezögert, sich selbst in den Plan mit einzubeziehen. Was hätte sie denn tun sollen? Jeder kam mit, selbst Kenny, der sich eigentlich gegen alles sträubte.

„Wollen wir losgehen?“, fragte Kai und stand von der Mauer auf. Er blickte auf seine Uhr.

Auch Spencer schaute auf seine Uhr, bevor er antwortete: „Noch etwa zwei Minuten, Kai.“ Dennoch erhob er sich schon und warf einen flüchtigen Blick zu dem Gebäude. Er ging zwei Schritte in Richtung Straße und kam dann wieder zurück, um sich neben Leo, der den Boden anstarrte, zu setzen.

„Du machst mich ganz nervös, Spencer“, schimpfte Tala.

„Tut mir Leid“, meinte Spencer schnippisch. „Musst mich ja nicht angucken!“

„Nicht streiten“, bat Tyson sie und stand auf. „Lasst uns doch jetzt schon gehen. Dann sind wir halt ein paar Sekunden zu früh da.“

„Auf deine Verantwortung“, murrte Spencer, stand jedoch tatsächlich auf.

Nun kam auch in die Anderen etwas Leben. Sie alle erhoben sich von ihren Plätzen und gingen nun langsam auf das Gebäude zu. Während sie hingingen, sagte keiner von ihnen ein Wort. Ihn allen war klar, dass sie etwas Ungesetzlichen taten, wenn sie in dieses Gebäude einbrechen würden, doch sie hatten keine andere Möglichkeit. Ihre Beweise reichten nicht aus, um die Polizei zu alamieren. Außerdem würde ihnen die Geschichte mit den materialisierten BitBeasts sowieso niemand glauben.

Vor der Tür blieben sie stehen und warteten einen Moment. Dann blickte Spencer erneut auf die Uhr und ging einen Schritt vor. Er drückte die Klinke der Tür hinunter. „Zu“, bestätigte er, bevor er zwei Drähte aus seiner Hosentasche zog und sich an dem Schloss zu schaffen machte.

„Musst praktisch sein, wenn du mal deinen Schlüssel vergessen hast“, witzelte Michael über die Tatsache, dass Spencer nicht zum ersten Mal vor seinen Augen ein Schloss knackte.

Spencer grinste leicht und machte weiter. Plötzlich knackte es leise und er zog die Drähte aus dem Schloss heraus. „Los geht's“, sagte er leise und öffnete die Tür vorsichtig.

Vor ihnen lag ein dunkler, leerer Korridor, den sie nacheinander betraten.

„Hier gibt es ja gar keine Wachen“, stellte Ray verdutzt fest und blickte sich um. Er hatte mit ein wenig Widerstand gerechnet.

„Enttäuscht?“, grinste Bryan.

„Keine Albernheiten jetzt“, sagte Kai. „Wir trennen uns wie vereinbart. Habt ihr alle eure Pläne?“

„Natürlich haben wir alle unsere Pläne“, stöhnte Tala genervt. „Oder glaubst du, wir dringen mit hoch wichtiger Mission in ein fremdes Gebäude ein, ohne unsere Pläne dabei zu haben?“
 

„Was ist los mit dir, Johnny?“, fragt Celine, als sie aus dem Badezimmer zurück kam und Johnny dabei erwischte, nervös auf die Uhr zu blicken.

Er lächelte bloß und winkte ab.

„Du schaust ständig auf die Uhr“, bemerkte sie. „Ist alles okay?“

„Klar“, log er. Abgesehen davon, dass seine Freunde sich mittlerweile in dem Gebäude befinden mussten, war alles okay. Achja, und abgesehen davon, dass er sie eigentlich längst hätte niederschlagen müssen. Er befand sich weit hinter dem Zeitplan. Wenn irgendetwas schief ging, wäre es seine Schuld.

„Sag' bloß nicht, du willst das Spiel sehen“, wunderte sie sich. Sie klang ein wenig enttäuscht und gekränkt.

„Spiel?“, wiederholte er.

„Hibernian Edinburgh gegen Heart of Midlothian“, meinte sie.

Er grinste leicht. Klar, die beiden rivalisierenden Fußballvereine aus der Hauptstadt Schottlands, Edinburgh, spielten heute gegeneinander. In ein paar Minuten würden sie anfangen. „Tut mir Leid“, grinste er schief. „Bin nun mal riesiger Fußballfan.“

„Oh“, sagte sie und verzog das Gesicht.

„Was natürlich nicht heißt, dass du mir nicht wichtiger bist“, beeilte er sich zu sagen. „Sonst wäre ich zu Hause auf meiner Couch und nicht hier.“ Er hasste es, sie anlügen zu müssen. Aber es besser, zu lügen, als ihr wehzutun.

Plötzlich klingelte es an ihrer Wohnungstür.

„Wer klingelt denn um diese Uhrzeit?“, wunderte sich Celine und ging zu ihrer Tür.

Johnny schloss qualvoll die Augen. Warum bloß konnte er sich nicht dazu überwinden, es endlich zu tun? Er musste sich an den Plan halten – die anderen taten es schließlich auch.

„Wer sind Sie?“, hörte er Celines Stimme aus dem Flur hören. Dann hörte er einen dumpfen Aufprall.

„JOHNNY!“, rief Alana sauer und stieg über die niedergeschlagene Celine hinweg. Sie ging auf Johnny zu und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. „Weißt du eigentlich, wie lange wir schon darauf warten, dass du endlich kommst?“
 

Der Korridor, durch den sie gehen mussten, war nicht sehr lang und nach etwa zwei Minuten kamen sie schon an seinem Ende an. Es war eine elektrisch gesicherte Tür. An der Wand des Korridors war ein kleiner Raum mit einer Glasscheibe, durch die sie einen Mann sehen konnten, der ein Fußballspiel in seinem kleinen Fernseher sah und Cheng erst bemerkte, als dieser ihm die Arme auf den Rücken drehte und ihn mit Handschellen an seinen Schreibtisch kettete. Während er den Wachmann nach der Karte, die die Tür öffnete, durchsuchte, riss Ray das Kabel des Telefons ab, damit der Mann nicht um Hilfe rufen konnte, falls jemand vorbei kam.

Die beiden verließen mit der Karte das kleine Büro und öffneten die Tür. Hinter dieser erstreckte sich ein weiterer Korridor vor ihnen, an dessen Seite jedoch weitere elektrisch gesicherte Türen eingelassen waren. Der Gang war hell erleuchtet und erinnerte grausam an die Sterilität der unteren Etage in der Abtei.

„Hier trennen wir uns wohl“, sagte Kai, als sie vor den Aufzügen angekommen waren.

„Gut“, sagte Marina und musterte kurz ihren Plan. „Nach rechts“, befahl sie und ging einfach los.

„Viel Glück“, raunte Bryan Tala zu, bevor er im Eilschritt hinter ihr hertrabte. Er lief auf etwa derselben Höhe wie Sascha, der sich etwa einen halben Meter hinter seiner Freundin hielt. Bryan hatte keine besondere Lust dazu, neben Marina zu gehen, da diese ihm noch immer Vorwürfe machte. Zurecht. Sascha war wenigstens zu dumm, um zu merken, dass es Bryans Schuld war, dass sie soeben in ein fremdes Gebäude eingedrungen waren. Und dass Nikolai verschwunden war.

„Nervös?“, fragte Sascha ihn plötzlich.

„Warum?“, stellte Bryan eine Gegenfrage und blickte zu dem Mann neben ihm auf. Es war schwer, es sich einzugestehen, aber er hasste Sascha nicht. Anfangs hatte er ihn gehasst, schließlich hatte Marina ihn wegen Sascha betrogen. Aber mittlerweile gab Bryan dafür seiner Exfrau die Schuld und nicht Sascha. Schließlich war Marina fremd gegangen. Sie hatte Bryan bei ihrer Hochzeit versprochen, ihm treu zu bleiben.

Sascha war bloß ihr nächstes Opfer.

„Weil es hier immerhin um deinen Sohn geht“, sagte Sascha vorsichtig.

Bryan nickte leicht. „Jaah“, murmelte er. „Was ist mit dir?“

Sascha lächelte schief. „Du weißt doch, dass man Nikolai einfach lieben muss“, entgegnete er. „Natürlich habe ich Angst um ihn.“

„Danke“, murmelte Bryan. Es beruhigte ihn, dass Sascha ebenfalls an dem Kind hing. Und er wusste, dass auch Nikolai ihn eigentlich mochte (auch wen er bevorzugt über den neuen Freund seiner Mutter jammerte).

Eine Zeit lang gingen sie schweigend hinter Marina her, die ihren Plan las und hin und wieder abbog. Der Gebäudekomplex war größer als er von außen wirkte und ohne den genauen Plan wären sie vermutlich aufgeschmissen gewesen.

„Kommt dir das nicht merkwürdig vor?“, fragte Sascha an einer Weile leise.

„Was denn?“, fragte Bryan, obwohl er wusste, was der Mann neben ihm meinte.

„Hier ist niemand“, erwiderte Sascha. „Überhaupt niemand.“

Es war zu einfach. Sie waren ohne Probleme hier reingekommen. Doch Bryan war sich sicher, dass sie so leicht nicht wieder herauskommen würden. Aber darüber wollte er sich später Gedanken machen. Erst würde er seinen Sohn suchen.

„Wir sind jetzt gleich bei den Zellen“, sagte Marina plötzlich und wurde etwas langsamer.
 

Eine Etage weiter unten überwachte Kai Ray und Cheng. Eigentlich hatten die beiden alleine eine Kleingruppe bilden wollen, aber er traute es ihnen nicht unbedingt zu, sich hier zurecht zu finden und dabei ihren Auftrag nicht aus den Augen zu verlieren. Besonders Cheng machte ihm Sorgen.

Doch erstaunlicherweise verhielten sich die beiden Chinesen ziemlich ruhig und vernünftig.

Cheng führte sie durch die Etage und Kai ließ sich mit Ray ein wenig zurückfallen. Er hatte schon seit Tagen darauf gewartet, Ray endlich ohne Cheng sprechen zu können und jetzt, da Cheng eine verantwortungsvolle Aufgabe hatte, die seine komplette Aufmerksamkeit benötigte, sah er die Gelegenheit.

„Woher kennt ihr euch eigentlich?“, fragte er.

Ray blickte überrascht zu ihm auf. „Von der Arbeit“, antwortete er.

„Und wo genau arbeitet ihr?“, wollte Kai weiter wissen. Er befürchtete, dass sein Tonfall wie der einer geduldigen Kindergärtnerin klang. Er wollte Ray nicht so von oben herab behandeln, aber irgendwie schaffte er es nicht, vernünftig mit ihm zu reden.

Doch Ray schien sich an Kais Ton nicht weiter zu stören. „Wir haben uns in der Poststelle einer Firma kennengelernt“, erklärte er. „Aber wir arbeiten da jetzt beide nicht mehr. Die haben Plätze gestrichen.“ Er überlegte kurz und nickte sich dann selber zu. „Wir haben uns da öfter unterhalten und miteinander angefreundet.“

Kai nickte verstehend. „Und jetzt wohnt ihr zusammen?“, fragte er weiter. Er interessierte ihn brennend, wie Ray so tief hatte sinken können. Und von wem konnte er es besser erfahren, als von dem Chinesen selbst?

„Japp. Keine besonders schöne Wohnung, aber dafür sehr billig“, erwiderte Ray, dem es ein wenig peinlich war, wie beharrlich Kai ihn ausfragte. „Warum fragst du?“

„Naja...“ Kai biss sich verlegen auf die Unterlippe. Sollte er es einfach so aussprechen? „Versprich' mir, dass du keinen Aufstand machst“, bat er.

Ray zuckte mit den Schultern. „Klar“, sagte er.

„Ich finde nicht, dass ähm... Cheng ein guter Umgang für dich ist“, formulierte Kai vorsichtig und leise. „Ich will damit nicht sagen“, wand er hastig ein, „dass er nicht nett ist und so, aber...“

„Ich weiß, was du meinst“, sagte Ray. „Aber er ist nun mal mein bester Freund.“ Er sah zu Cheng, der ein paar Meter vor ihnen lief und noch immer den Lageplan des Gebäudes vor sich hielt. „Ich sage doch auch nichts dagegen, dass deine Sekretärin ein bisschen zu blond ist. Wenn du verstehst, was ich meine...“

Kai lachte leise. „Schon klar. Tut mir Leid, ich will dir nicht zu nahe treten, aber...“ Er holte tief Luft. „Ich finde es erschreckend, was aus dir geworden ist, Ray.“

Ray blieb stehen. „Ach so“, sagte er kühl und verschränkte die Arme vor der Brust.

Kai hielt ebenfalls an und verfluchte sich selber für seine Worte. „Das ist doch nicht böse gemeint“, sagte er.

„Klang aber so“, fand der Chinese. Er wirkte nicht sauer, sondern erschreckend nüchtern.

„Ich mache mir nur Sorgen um dich“, versuchte Kai, es zu erklären.

„Das musst du nicht“, sagte Ray leise. „Trotzdem danke für deine Ehrlichkeit!“ Er setzte sich wieder in Bewegung und joggte zu Cheng, der sich überrascht zu ihm drehte.

Kai blickte verdattert zu den beiden Chinesen, die nun in ihrer Muttersprache miteinander redeten. „Scheiße“, murmelte er und ging hinter ihnen her. Er hätte sich anders ausdrücken sollen. Er hätte in Ruhe mit Ray darüber reden sollen und nicht hier. Und er hätte ihm mehr Verständnis entgegenbringen sollen.

„Wir müssten jetzt da sein“, sagte Cheng stolz, als Kai die beiden eingeholt hatte. „Hier ist das Lager des Labors, in dem vermutlich die Beyblades und auch die BitBeasts aufbewahrt werden.“ Er drückte auf den Knopf an der Seite, der die Metalltür aufschwingen ließ.

Doch vor ihnen lag weder ein Labor, noch ein Lager mit Beyblades, wie sie es erwartet hatten, und Kai bezweifelte, dass hier irgendjemand BitBeasts versteckte.

Es war ein Badezimmer.

„Nebenan“, sagte Cheng ein bisschen weniger enthusiastisch und öffnete die nächste Tür. Vor ihnen lag ein Raum mit zwei Betten, in welchen zwei reglose gestalten lagen, und zwei großen Schränken. Schnell drückte er den Türknopf, um das Zimmer wieder zu schließen. „Daneben?“ Vorsichtig öffnete er die nächste Tür. Ein weiteres Zimmer.

„Gib' her“, sagte Kai schlecht gelaunt und entriss ihm den Plan. Er hatte zwar eine eigene Karte, aber er fand, dass es jemandem wie Cheng nicht zustand, auch eine zu besitzen. Wie hatte er nur so dumm sein können, einem drogenabhängigen Idioten die Karte zu überlassen? Er blickte darauf und sah schon bald, wie weit entfernt sie von ihrem ursprünglichen Ziel entfernt waren. „Wenn wir die BitBeats nicht finden, bist du Schuld!“, fluchte er und schlug eine andere Richtung ein.

„Nimm' ihn bloß nicht ernst, Cheng“, hörte er Ray laut sagen. „Kai wirft gerne mit Vorwürfen um sich und kritisiert andere Leute. Das liegt daran, dass er selbst kein richtiges Leben führt und eifersüchtig auf alle ist, die Freunde haben.“

Kai presste die Lippen aufeinander und ging weiter.
 

„So, jetzt haben wir unsere Tür“, sagte Michael gespielt gut gelaunt, „und kommen nicht rein. Und warum ist das so?“ Er hielt kurz inne und tat so, als würde er scharf nachdenken. „Achja, weil ein gewisser jemand... ich will ja keine Namen nennen, Jonathan McGregor, sich nicht an den Zeitplan gehalten hat. Wenigstens wissen wir, wer Schuld ist, falls irgendwer vorbei kommt und uns hier herumstehen sieht.“

„Es ist später Abend“, meinte Sara beschwichtigend. „Und wer jetzt noch wach ist, guckt sich dieses Fußballspiel an. Hier wird also bestimmt niemand vorbei kommen.“

„Trotzdem sitzen wir hier vor der Tür fest“, beharrte Michael. „Weil Johnny es vermasselt hat!“

Robert verdrehte die Augen. „Haltet doch die Fressen“, meinte er lässig. „Ihr benehmt euch echt unprofessionell.“

„Wir sind wenigstens am vereinbarten Treffpunkt“, meinte Michael ein wenig gekränkt.

Kenny seufzte leise und ließ sich zu Boden sinken. Er lehnte sich gegen die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. Warum war er bloß mitgekommen?

Boris setzte sich ebenfalls auf den Boden und blickte ungeduldig auf seine Uhr. „Wenn die mich hier finden und anzeigen...“, murmelte er und schielte zu Robert, Michael und Sara hoch. „Ihr wisst hoffentlich, dass die mich vor Gericht in der Luft zerreißen? Immerhin sollte ich jetzt eigentlich im Gefängnis sitzen...“

„Halt die Klappe“, maulten ihn Robert und Michael gemeinsam an.

„Du tust mir Leid“, meinte Kenny als Einziger treuherzig. „Aber weißt du, was noch schlimmer wäre?“

„Hm?“, fragte Boris desinteressiert.

„Wenn meine Frau rauskriegen würde, dass ich hier bin und... so etwas mache“, murmelte Kenny beschämt. „Was soll sie nur von mir denken?“

„Deshalb habe ich keine Frau“, mischte sich Robert wieder etwas besser gelaunt ein. „Reicht ja schon, dass mir meine Tochter ständig vorhält, ich wäre ein Verbrecher.“

„Tochter?“, wiederholte Michael. „Du hast bisher noch gar nichts von einer Tochter erzählt!“

Robert verdrehte die Augen. „Ach, lange und öde Geschichte“, murrte er.

Michael schaute auf die Uhr. „Wir haben Zeit“, meinte er gedehnt. „Zumindest bis Johnny sich mal hierher bequemt...“
 

„Ich wette, wir sind die einzige Gruppe, in der nicht gestritten wird“, sagte Tyson laut und drehte sich zu Spencer und Leo um, die ein paar Schritte hinter Tala und ihm selbst den Gang entlang liefen. Spencer hatte den Arm um die Schulter seines Freundes gelegt und die beiden tuschelten schon die ganze Zeit über, während Tala die Karte verwaltete und Tyson Texte abfragte, wofür er eigens das Textbuch mitgenommen hatte.

Leo grinste schief. „Ich möchte nicht dagegen wetten“, ging er auf Tysons Äußerung ein.

Und damit erstarb das Gespräch auch schon und beide Kleingruppen kamen wieder zu ihrer ursprünglichen Unterhaltung zurück.

Sie bogen nach rechts ab, um den Zellentrakt im ersten Untergeschoss zu überprüfen. „Ich denke nicht, dass Ian hier ist“, sagte Tala. „Den werden sie weiter unten verstecken.“ Er ging auf die erste Tür zu und schob den Riegel beiseite. Dann öffnete er sie. Leer. „Tyson und ich übernehmen die linke Seite, ihr die rechte“, dirigierte er seine Gruppe, die sich sofort an die Arbeit machte, sämtliche Zellen zu überprüfen.

„Warum haben die so viele Zellen, wenn sie keine Gefangenen haben?“, ärgerte sich Leo, als er die letzte Tür wieder schloss. „Das ergibt doch gar keinen Sinn!“

„Und das hier ist nicht der einzige Zellentrakt“, warf Tyson ein. „Einer ist oben, aber nur für Leute, die von der CBE nicht besonders ernst genommen werden...“

„Wie Nikolai“, unterbrach ihn Tala.

„Dann gibt es in dieser Etage einen, im zweiten Untergeschoss zwei und einen Hochsicherheitstrakt im untersten Stockwerk“, fuhr Tyson fort.

„Warum fahren wir nicht gleich ganz nach unten?“, fragte Spencer ein wenig genervt. „Ich wette mit euch, dass Ian im Hochsicherheitstrakt ist. Wenn man bedenkt, wie viel er wusste...“

„Wir gehen systematisch vor“, erklärte Tala geduldig, obwohl er sich selbst fragte, ob es nicht klüger wäre... Nein, sie würden sich nach unten durcharbeiten.
 

Ihr wisst ja: Ich freue mich immer über Kommentare und bin auch offen für konstruktive Kritik^^ (obwohl ihr mir nicht mitzuteilen braucht, dass das alles unglaublich unrealistisch ist; das weiß ich nämlich xD Sorry dafür ^^)

Bis bald!

Nathera

Erwischt

Hallo!
 

Danke für eure Kommentare! ich habe mich wie immer sehr darüber gefreut!

So, jetzt kommen noch zwei Kapitel und ein Epilog. Den Epilog habe ich schon fertig geschrieben, genau wie ein paar Teile aus dem letzten Kapitel. Das nächste Kapitel muss ich noch komplett schreiben, aber ich denke, das werde ich im Laufe der nächsten paar Tage schaffen. Das heißt so viel wie: Ende Januar wird die FF hier wohl abgeschlossen sein. Ich lasse euch nämlich jetzt nicht mehr lange warten, weil ich endlich an der Fortsetzung schreiben will.

@Robino: Die Fortsetzung wird sehr bald folgen. Sie heißt Spisek und greift die Fragen auf, die nach dieser FF noch offen bleiben. Es tauchen ein paar neue Charaktere auf und... Naja, ich will jetzt nicht zu viel verraten...

@Melou: Du wolltest ja wissen, warum ich ausgerechnet aus Ray so einen Versager gemacht habe. Das ist ganz einfach: Man erwartet, dass aus Ray etwas besonderes wird, einfach weil er in der Serie so toll ist. Allerdings war er dem Leistungsdruck, unter den er gestellt wurde, nicht gewachsen und hat irgendwann alles abgebrochen. Da kommen noch ein paar andere Faktoren hinzu, aber das wird in Spisek alles etwas genauer erklärt.

@Moorhenne: Klinisches Interesse? *lach* Du bist ja wieder nett. Kannst du dir nicht vorstellen, dass Kai sich wirklich Sorgen macht? Und wieso glaubst du, dass nur einer der beiden gefunden wird? ^^
 

Viel Spaß beim Lesen des Kapitels!
 

Rückblick:

In den letzten Kapiteln haben die ehemaligen Beyblader herausgefunden, was auch Ian und Max gewusst haben: Die CBE sammelt BitBeasts, die sie durch eine neue Technik materialisieren und zum Kampf einsetzen kann. Nun mischen auch Bryans Exfrau und Nikolais Mutter Marina und deren neuer Freund Sascha mit, mit deren Hilfe der Ort, an dem Nikolai gefangen gehalten wird, gefunden wird – das Hauptquartier der CBE.

Nachdem Johnny eine der Forscherinnen dort kennengelernt und ihr Lagepläne des Hauptquartiers entwendet hat, ist die Gruppe dort eingebrochen und hat sich in mehrere Untergruppen geteilt, um Ian, Nikolai und die alten Bitbeasts zu finden...
 


 

„Hier ist Ian auch nicht“, sagte Tala resignierend und schloss die letzte Zellentür. „Das heißt wohl, er muss ganz unten im Hochsicherheitstrakt sein.“

„Wie überraschend“, sagte Spencer trocken, verkniff sich jedoch ein überhebliches Grinsen. Er hatte schon von ihrem Einbruch in das Hauptquartier der CBE davon geredet, dass Ian im Hochsicherheitstrakt sein musste, aber Tala hatte darauf bestanden, systematisch von oben nach unten zu suchen.

„Halt die Fresse“, murmelte Tala und wollte gerade dazu ansetzen, noch etwas zu sagen, als plötzlich ein lautes Klacken ertönte. Entsetzt blickte Tala in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.

„Da kommt jemand“, flüsterte Leo fassungslos. „Die werden uns hier finden!“

„Wenn es nur ein oder zwei Leute sind, könnten wir“, begann Spencer ebenfalls im Flüsterton, wurde jedoch von Tyson unterbrochen: „In die Zelle, los!“

Tyson zwängte sich durch die halboffene Zellentür, die er vor einer halben Minute noch hatte schließen wollen. Und tatsächlich erklangen Schritte, die den Gang entlang liefen, direkt auf sie zu. Es mussten mehrere Leute sein, mindestens drei. Tyson zog Tala zu sich in die Zelle und schließlich folgten auch Spencer und Leo. „Mach' zu“, flüsterte Tala Spencer zu, doch der Blondschopf reagierte nicht darauf. „Mach' die verdammte Tür zu! Die sehen uns noch“, flüsterte Tala hektisch.

„Wenn ich sie zumache, hören sie uns aber“, flüsterte Spencer zurück. „Und jetzt halt' endlich dein verdammtes Maul!“

„Das ist doch totaler Schwachsinn“, sagte eine laute Männerstimme aus dem Flur. „Die müssen irgendetwas falsch gemacht haben. Die Formel ist korrekt.“

„Ist sie nicht“, stöhnte eine Frau entnervt. „Ich habe es doch selbst gesehen. Es zerfällt nach einer Weile. Einfach so. Da ist nichts zu machen.“

„Aber uns wurde garantiert...“, entgegnete der Mann gereizt, atmete dann jedoch tief ein und schwieg einen Moment lang, bevor er sagte: „Der Zwerg behauptet also, es würde stimmen, oder?“

„Ja, das behauptet er“, antwortete eine andere, dunklere Männerstimme.

Tala blickte fassungslos Spencer an. Meinten die etwa Ian? Redeten die gerade wirklich von Ian? Spencer blickte etwas unschlüssig, nickte dann jedoch leicht. Offensichtlich sprachen diese Leute tatsächlich von ihrem Freund.

„Und ihr seid euch sicher, dass er nicht lügt?“, meinte der erste Mann lachend. „An seiner Stelle würde ich auch lügen!“

„Er behauptet, zu wissen, wie man diesen Zerfall aufhalten kann“, sagte die Frau. „Aber er sagt es uns nicht.“

„Dann presst es eben aus ihm heraus!“, verlangte der Mann. „Ich werde hier noch wahnsinnig unter diesen ganzen Dilettanten!“

„Meinst du, das wäre so einfach?“, fragte der andere Mann. „Wir haben echt alles versucht. Wir hätten seinen süßen, blonden Freund nicht umbringen sollen, dann hätten wir jetzt wenigstens ein Druckmittel.“

Tala hörte nur, wie Tyson laut einatmete, dann plötzlich stürzte er zur Tür. Im letzten Moment konnten Spencer und Tala ihn erfassen und daran hindern, zu den drei Angestellten der CBE zu laufen und ihnen etwas anzutun. „Sie haben Max getötet“, zischte Tyson wütend und versuchte, sich loszureißen. „Diese dreckigen Mistkerle haben...“ Weiter kam er nicht, da Tala ihm die Hand vor den Mund geschoben hatte, um ihn zum Schweigen zu bringen. Das nächste, was er spürte, waren Tysons Zähne, die sich in seiner Hand festbissen.

Tala atmete tief ein, um einen lauten Schmerzensruf auszustoßen und begnügte sich schließlich mit einem geflüsterten: „Verdammte Scheiße, was soll das?“ Ihm waren vor Schreck Tränen in die Augen geschossen, weshalb er nur verschwommen wahrnehmen konnte, dass seine Hand wenigstens nicht blutete.

„Die sind zu dritt“, flüsterte Tyson eindrinlgich, „während wir zu viert sind. Wir könnten sie überraschen und zusammen schlagen und...“ - „Vorher von ihnen erschossen werden?“, ergänzte Spencer verächtlich. „Wenn die Typen bewaffnet sind, sind wir tot, bevor wir bei ihnen angekommen sind.“

„Das heißt also, wir bleiben hier und hören zu, wie sie über Max reden?“, fragte Tyson mit Tränen in den Augen.

„Und über Ian“, fügte Tala leise hinzu.
 

„Nikolai!“ Marina schossen Tränen in die Augen, als sie ihren Sohn aus dem kleinen Raum zog und ihn in ihre Arme schloss. Sie drückte ihn an sich, als habe sie Angst, er könne ihr wieder weggenommen werden.

Bryan spürte, wie ihm ein erleichtertes Lachen entwich. Sein Sohn war hier! Er lebte und es schien ihm zumindest körperlich gut zu gehen!

„Du zerdrückst mich“, meinte Nikolai irgendwann gedämpft, weshalb Marina ihn losließ.

„Paps!“, sagte Nikolai erfreut und sprang auf. Er war mit zwei Schritten bei Bryan, der in die Knie ging, um sein Kind ebenfalls in die Arme zu schließen.

„Wie geht es dir?“, fragte Marina, die noch immer auf dem Boden hockte, mit zittriger Stimme. Sie nahm das Taschentuch, das Sascha ihr reichte, entgegen und tupfte sich damit die Tränen aus dem Gesicht. „Haben sie dir weh getan?“

„Nein“, sagte Nikolai und löste sich von Bryan. „Es war nicht so schlimm wie in den Filmen, die ich gesehen habe.“ Nun lief er noch zu Sascha, um diesen ebenfalls zu umarmen. Doch von seinem Stiefvater löste er sich schneller, wie Bryan mit Genugtuung feststellte. „Die haben mich nicht festgekettet und mir auch nicht weh getan. Ich durfte den ganzen Tag über Fernsehen gucken und habe Pommes gekriegt!“ Er schien kein besonderes Trauma von der Entführung bekommen zu haben, sonst hätte er nicht so munter reden können. „Aber die wollten, dass ich ihnen zeige, wie ich beyblade. Ich glaube, die waren voll sauer, weil ich das nicht kann.“

Marina warf Bryan einen strengen Blick zu, den dieser mit einem leichten Seufzen erwiderte. „Nikolai“, sagte er sanft und zog seinen Sohn wieder in seine Arme. „Wir bringen dich nach Hause.“

„Bringst du mir bei, wie man richtig bladet?“, fragte Nikolai plötzlich.

„Ich kann das doch auch nicht richtig“, murmelte Bryan und schaute Marina hilflos an. Sie hatten eigentlich bei Nikolais Geburt vereinbart, dass Bryan sein altes Hobby nicht an seinen Sohn weitergeben würde.

„Natürlich kannst du das“, protestierte Nikolai. „Warum lügst du denn?“

Bryan schluckte leicht. Was sollte er denn jetzt machen? „Ich habe das schon ewig nicht mehr gemacht“, murmelte er.

„Du hast für die Weltmeisterschaft gebladet“, empörte sich Nikolai. „Das haben mir die Leute hier gesagt! Du kannst doch nicht alles verlernt haben!“

„Wir reden später darüber“, meinte Marina streng und stand wieder auf. Sie nahm ihren Sohn an die Hand. „Jetzt bringen wir dich erst einmal hier raus, Spatz.“

„Nenn' mich nicht so“, murrte Nikolai, ließ sich aber von ihr den Flur entlang ziehen.

Bryan und Sascha folgten in knappem Abstand. „Wusste gar nicht, dass du mal in etwas so gut warst“, meinte Sascha anerkennend und blickte Bryan von der Seite her abschätzend an. „Weltmeister?“

„Zweiter Platz“, murrte Bryan.

„Keinen Schritt weiter“, sagte eine fremde Stimme.

Am Ende des Korridors standen drei Männer in Uniformen, die wie Sicherheitspersonal wirkten. Einer von ihnen hielt ein Funkgerät in der Hand, in welches er leise sprach, während die anderen beiden Elektroschocker gezückt hatten.

Bryan wollte sich Nikolai schnappen, doch Sascha war schneller. Er packte das Kind und hob es auf seinen Arm. „LAUFT!“, brüllte er und lief, flankiert von Nikolais Eltern, los.
 

„Ich wachse hier noch fest“, grummelte Michael. „Wann kommen die Idioten endlich?“

„Die Idioten will ich mal überhört haben“, erklang Johnnys Stimme vom anderen Ende des Ganges. Endlich stieß er wie vereinbart zu ihnen, die Chipkarte und einen Schlüsselbund in der Hand haltend. „Wir haben den Kram.“

„Und ihr seid zwanzig Minuten zu spät“, schimpfte Michael. „Was soll das?“

„Johnny hat vergessen, die Sachen zu besorgen“, schwärzte Alana, die ihm mit Mariah folgte, den Rothaarigen an. „Wir mussten das Weib überwältigen, weil er damit beschäftigt war, Süßholz zu raspeln!“ Sie entriss Johnny die Chipkarte und steckte sie kurzerhand in den Schlitz am Türrahmen. Die Tür glitt auf. „Und jetzt kommt endlich.“

Kommt endlich?“, wiederholte Michael spitz. „Wer zwanzig Minuten zu spät kommt, sollte solche Kommandos lieber nicht aussprechen.“ Dennoch folgte er ihr in den großen Saal, in welchem etliche Computer standen.

„Hm“, machte Robert. „Sieht ja nett aus.“ Er blickte sich um. „Das sind bestimmt um die fünfzig Computer. Müssen wir jeden einzelnen hacken?“

„Wird nicht nötig sein“, erwiderte Kenny und zog eine Diskette heraus. „Ich wette, die sind alle miteinander verbunden. Ich werde einen Virus einschleusen, der den Server zersetzt.“ Er ging zu dem nächstbesten Computer und schaltete ihn ein.

„Komm'.“ Michael zog Sara zu einem anderen Computer und schaltete diesen ebenfalls ein. „Schauen wir mal, was wir hier haben...“ Er setzte sich auf einen Stuhl und wartete geduldig. Sara setzte sich ebenfalls und blickte etwas nervös auf die Uhr.

„Tetris haben die da bestimmt nicht drauf“, bemerkte Robert scherzhaft.

„Doch, haben sie“, stellte Michael überrascht fest. „Guck'.“ Er klickte das Spiel an. „Ist ja witzig.“

„Wolltest du nicht nachsehen, ob da irgendwelche Daten gespeichert sind, die uns nützlich sein könnten?“, fragte Mariah und knabberte etwas nervös an ihrem Daumennagel herum. Es wollte ihr gar nicht gefallen, dass sie hier eingebrochen war. Natürlich hatte sie ja kaum eine andere Wahl, wenn sie verhindern wollte, dass die CBE BitBeasts materialisierte, aber... Sie mochte es nicht, illegale Dinge zu tun.

„Ist fast alles passwortgeschützt“, sagte Michael, der sich durch die Dateien klickte. „Hier sind irgendwelche chemischen Formelsammlungen, aber das kapiere ich alles nicht. Versteht ihr das?“

„Vermutlich brauchen die bestimmte Chemikalien, um die BitBeasts zu materialisieren“, argwöhnte Mariah. „Aber das nützt uns wenig. Steht da irgendwo, wie man dagegen kämpfen kann?“

Michael schüttelte den Kopf. „Lauter Zahlen... Und jetzt ist alles schwarz.“

Tatsächlich hatte der Bildschirm geflackert und war das abgestürzt.

„Klar“, sagte Kenny. „Der Virus. Die PCs hier sind nicht mehr zu gebrauchen.“ Er stand von seinem Stuhl auf. „Können wir jetzt abhauen?“ Er steckte seine Diskette wieder ein.

„Das heißt, die Forschungsergebnisse der CBE sind jetzt gelöscht?“, fragte Michael vorsichtig nach.

„Ja, sind sie“, sagte Kenny ungeduldig. „Gehen wir jetzt?“

„Ist ja gut“, murmelte Johnny abwesend und drehte sich wieder zur Tür. „Wo ist eigentlich Boris hin?“

„Boris?“ Verwirrt schaute sich Michael um. „Steht er noch im Flur?“, fragte er mit einem Anflug von Panik. Sie konnten doch nicht... Hatten sie Boris wirklich aus den Augen gelassen? So ein verdammter Mist!

„Nein“, sagte Alana und lächelte ein wenig hilflos. „Er ist weg.“
 

„Kommt ihr jetzt endlich?“, fragte Kai entnervt. Er drehte sich um und blickte in den Flur, wo Cheng und Ray langsam in seine Richtung schlenderten. Die beiden redeten seit dem Streit vor etwa zwanzig Minuten nicht mehr mit Kai und reagierten auch nicht darauf, wenn er etwas zu ihnen sagte. Sie ließen sich beim Gehen unglaublich viel Zeit und Kai war versucht, einfach weiterzugehen und die beiden hier zu lassen. Dann wiederum fiel ihm Max ein, der ermordet worden war. Tot wollte er Ray auch nicht sehen... Also musste er sich damit abfinden, auf die beiden zu warten. Und zu warten. Und nicht auszurasten. Und zu warten.

Ray und Cheng gingen einfach an ihm vorbei in den Gang hinein, in den Kai zeigte. Kai seufzte schwer und ging ihnen hinterher. „Halt“, sagte er schließlich. „Jetzt rechts.“

Die beiden antworteten nicht, sondern bogen schweigend nach rechts ab.

Kai schüttelte resignierend den Kopf und folgte ihnen. „Ray, jetzt warte doch mal“, sagte er. „Würdest du mir bitte mal einen kleinen Moment lang zuhören?“ Es fiel ihm nicht schwer, die beiden einzuholen, doch Ray blickte stur geradeaus, ohne auf Kais Anliegen zu antworten. „Okay, ich gebe zu: Ich hätte das nicht sagen sollen“, räumte Kai ein, doch sein ehemaliger Teamkollege schien ihm gar nicht zuzuhören.

„Sind wir jetzt da?“, fragte Cheng, als sie vor einer großen Tür stehen geblieben waren.

„Ja.“ Kai ging zu der Tür und erstarrte. Ein Schlitz für eine Chipkarte, natürlich. Er hatte schon öfter daran gedacht, dass die Lagerhalle des Labors vermutlich geschützt war, aber bisher hatte versucht, optimistisch zu sein. Nur leider half erzwungener Optimismus ihm jetzt nicht weiter.

Cheng drückte gegen die Tür. „Klappt nicht“, sagte er und ging zu dem Schlitz für die Karte. „Vielleicht kann man da ja irgendwas anderes reinstecken“, sagte er.

„Das klappt nicht“, seufzte Kai.

„Eine Telefonkarte“, sagte Cheng und zückte eine Karte.

„Lass' das lieber“, meinte Ray ein wenig nervös, doch es war zu spät: Cheng hatte die Karte in den Türschlitz gesteckt.

Sofort leuchtete ein rotes Licht auf und ein dumpfer Alarm ertönte.

„Verdammte Scheiße!“, fluchte Kai. „Lauft!“

Sie kamen nicht weit; bloß zwei Korridore weiter begegneten sie den ersten Wachleuten, die sofort das Feuer eröffneten.
 

Boris blieb einen Moment lang stehen und lauschte in die Stille hinein. Die Gruppe, die ihn mitgenommen hatte, war nicht mehr in Hörweite. Er hatte es endlich geschafft, abzuhauen. Jetzt musste er nur noch einen Weg hier heraus finden. Und dann wäre er endlich wieder ein freier Mann.

Kein Gefängnis, keine Handschellen und keine Demütigungen mehr.

Er würde endlich wieder richtig leben.

Während er durch den leeren Gang schritt, malte er sich aus, was er mit seiner neugewonnenen Freiheit anfangen würde. Er glaubte nicht, dass er nach Russland zurückkehren würde. Weshalb sollte er auch? Er hatte sich in dem Moment mit seinen Gedanken von seiner Heimat getrennt, als er unter Talas eiskalten Blicken in der Krankenstation der alten Abtei aufgewacht war.

Es gab dort nichts mehr, was ihn noch hielt.

Sein komplettes Lebenswerk war zerstört: Seine Forschungsergebnisse vernichtet und die Kinder, in die er so viel Arbeit und Hoffnung gesteckt hatte, erwachsen. Und sie hatten ihn ausnahmslos enttäuscht.

Bryan hatte seinen introvertierten Charakter abgelegt und war von einem ruhigen, berechnenden Jungen zu einem langweiligen, verweichlichten Versager geworden. Er ließ sich einfach so die Frau ausspannen und den Sohn wegnehmen. Und statt seinem Rivalen die Fresse zu polieren, wie er es als Kind mit Sicherheit getan hätte, jammerte er bloß und bemitleidete sich selbst. Wie tief konnte man sinken?

Und Spencer war beinahe noch schlimmer. Bryan hatte seinen Charakter wenigstens komplett geändert, während sich Spencer immer noch einbildete, cool und unverwundbar zu sein. Aber Spencers Einstellung war bei weitem nicht das schlimmste: Am meisten störte Boris dieser bescheuerte Typ, mit dem Spencer scheinbar jetzt zusammen war. Oder vielleicht allein schon die Vorstellung daran, dass der große, starke Spencer schwul sein sollte. Es war unerträglich für Boris, daran zu denken.

Aber die für ihn größte Enttäuschung war Tala. Boris hatte immer geglaubt, dass aus Tala etwas ganz besonderes werden würde. Tala hatte schon als Kind über eine außergewöhnliche Intelligenz verfügt. Er war charmant, attraktiv, sportlich, klug... Wie viele Menschen gab es, die sämtliche dieser wichtigen Bereiche abdeckten? Alleine mit den Fähigkeiten, die man Tala in die Wiege gelegt hatte, hätte er doch etwas großartiges werden müssen. Er hätte Medizin studieren können! Er hätte Boris' Forschungen weiterführen können! Wer hätte sich dafür mehr geeignet als Tala?

Boris ging langsam weiter. Er war längst nicht mehr für die Gruppe, der er entkommen war, erreichbar. Er sah sich im Gang um. Dieser Teil der Etage war längst nicht so modern wie der Labortrakt. Die Türen lagen dicht beieinander, was die Räume unglaublich schmal machen musste. Und sie waren aus schwerem Eisen. Boris zögerte kurz und zog dann seine Kopie des Lageplans heraus. Er war mit den anderen bei dem Labor gewesen... In derselben Etage lag auch der Hochsicherheitstrakt. Er warf einen Blick hinter sich. Es gab mehrere Orte, wo sich Zellen befanden. Und er war alleine hier, was wohl bedeuten musste, dass die Gruppe, die Ian suchte, nicht hier war. Vielleicht hatte er Glück. Vielleicht war Ian so wichtig, dass er hier unten gefangen gehalten wurde.

Plötzlich lächelte Boris.

Er hatte Ian ganz vergessen. Vielleicht war wenigstens das letzte Mitglied des alten Teams noch er selbst. Was, wenn er doch nicht versagt hatte?

Die Türen waren allesamt mit schweren Riegeln versehen. Sie gingen nach außen auf. Hastig legte Boris die Riegel der ersten Tür hinunter und öffnete die schwere Tür. Doch der Raum war leer. Er ging zu der Tür auf der anderen Seite und öffnete auch die. Auch hier war niemand in der Zelle.

Nach und nach öffnete er sämtliche Türen. Doch nirgendwo waren Gefangene.

Noch drei Türen, dann würde er von hier verschwinden müssen.

Als die nächste Tür leise knarrend aufging, erstarrte Boris.

Vielleicht lag es daran, dass Ian seit seiner Kindheit nicht mehr gewachsen war, vielleicht daran, dass er in sich zusammengesunken auf dem Boden kauerte und zitterte. Doch als Boris auf ihn herab sah, hatte er nicht das Gefühl, einen erwachsenen Mann vor sich liegen zu sehen, sondern das Kind, das er damals großgezogen hatte.

Endkampf

Hi!
 

Danke für eure Geduld mit mir... Aber jetzt habe ich es endlich geschafft: Tajemnica ist abgeschlossen!

Das hier ist das vorletzte Kapitel und gleichzeitig das Finale.
 

Danke für eure lieben Kommentare! Bitte verzeiht mir, dass ich in der FF in meinem Wunsch, alles so authentisch wie möglich zu schreiben, etliche Logikfehler eingebaut habe... Es freut mich, dass sie euch trotzdem gefällt ^^ (Vermutlich auch nur, weil ich immer so lange zum Hochladen brauche und ihr daher immer nur häppchenweise lest – an einem Stück ist die FF vermutlich ein grausamer Horrortrip *gg*)
 

Ich würde jetzt eigentlich gerne noch einen Rückblick auf das letzte Kapitel schreiben, aber ich glaube, es ist besser, wenn ich euch das nochmal durchlest, um wirklich den Anschluss finden zu können. Das jetzige Kapitel knüpft nämlich in sämtlichen Punkten an das letzte an <.< Ich bin irgendwie ungeschickt, oder? Tut mir Leid.
 

Viel Spaß beim Lesen!!
 


 

Es dauerte mehrere Minuten, bis Spencer, Tala, Tyson und Leo die Zelle wieder verlassen konnten, weil die Angestellten der CBE offensichtlich ein kleines Schwätzchen auf dem Flur abgehalten hatten. Schließlich war ein Alarm ausgelöst worden, der dafür gesorgt hatte, dass die kleine Gruppe verschwunden war.

Die ehemaligen Beyblader hatten sich kurz abgesprochen was sie tun sollten. Es war ihnen allen klar, weshalb der Alarm ausgelöst worden war: irgendwer von ihnen war erwischt worden. Nur wussten sie nicht ,wer. War es Bryan gewesen, der doch nur seinen Sohn suchen wollte? Oder war es die Gruppe um Michael und Robert, die die Daten aus den Computern der CBE löschen wollte, um zu verhindern, dass die Technik, den BitBeasts Gestalt zu geben, überlebte? Es konnte auch Kai passiert sein, der mit Ray und Cheng nach ihren BitBeasts suchte.

Tatsache war: Irgendwer hatte es nicht geschafft.

„Was, wenn sie jetzt Wachen aufgestellt haben?“, fragte Leo, während die vier in einem der Aufzüge nach unten fuhren. Sie hatten eigentlich vorgehabt, wie schon zuvor das Notfall-Treppenhaus zu benutzen, welches eng und kaum beleuchtet war, weil dort keine Leute waren. Aber jetzt lief ihnen die Zeit davon und bis zu dem Treppenhaus hätten sie es vielleicht nicht mehr geschafft, ohne CBE-Leuten zu begegnen.

„Haben sie nicht“, sagte Tyson ernst.

„Sicher?“, fragte Leo.

„Nein“, sagte Tyson. „Aber ich versuche, es mir einzureden, um nicht schreiend wegzulaufen.“

Tala lächelte schief, sagte jedoch nichts dazu. Leos Befürchtung war begründet. Wenn die Leute herausgefunden hatten, wen sie da gefangen genommen hatten, dann würden sie auch wissen, dass Ian befreit werden sollte.

Sie verließen den Aufzug und liefen durch die Gänge, bis sie im Hochsicherheitstrakt angelangt waren.

„Die Türen stehen ja alle offen“, stellte Spencer überrascht fest und blickte sich um. „Hier ist aber niemand.“

„Sehen wir nach“, sagte Tala und deutete Spencer und Leo, dass sie die rechte Seite übernehmen sollten. Er ging mit Tyson an der linken Seite entlang. Je weiter sie in den Gang hineingingen und leere Zellen überprüften, desto stärker wurde der Geruch in dem Gang. „Riechst du das?“, fragte Tala nach einer Weile und blieb stehen. Er blickte Tyson an, der leicht nickte. „Kommt von dahinten.“ Tala ließ die offenen Türen links liegen und joggte stattdessen zum Ende des Traktes. Zu der letzten offenen Tür. Dort war der Geruch am extremsten.

Ein Blick in den schmalen, abgedunkelten Raum verriet Tala den Grund dafür.

Hier war jemand gefangen gehalten worden, eindeutig. Mehrere Wochen lang, wenn man die Luft in dem Raum bedachte. Da sie hier unter der Erde waren, gab es keine Fenster und Licht hatte man dem Gefangenen auch nicht gegönnt. Durch den Schein der Lampen hinter sich konnte Tala dennoch erkennen, dass Ian gelitten haben musste wie ein Tier. Auf dem Boden lagen offene Handschellen, die mit einer Kette an der Wand verbunden waren. Und zwischen Urin und Rost waren eindeutige Blutreste zu sehen.

„Oh Gott“, flüsterte Tyson hinter ihm und Tala hörte, nachdem sich sein Freund ein paar Schritte von ihm entfernt hatte, wie dieser sich übergab.

„Die haben ihn noch nicht einmal auf ein Klo gelassen“, stellte Leo angeekelt fest.

Erst jetzt wurde Tala klar, dass die anderen zu ihm gestoßen waren und ebenso entsetzt in die Zelle blickten.

Spencer ging plötzlich an ihm vorbei und in die Zelle hinein.

„Ihh“, sagte Leo. „Komm' da wieder raus!“

„Was, wenn er tot ist?“, fragte Spencer und hockte sich hin. „Hier ist so viel Blut. Tala...“ Er blickte zu seinem ehemaligen Teamleader auf, der noch immer wie erstarrt dastand.

„Er ist nicht hier“, erklang Tysons Stimme.

Tala zwang sich, sich zu ihm umzudrehen. Sein bester Freund war kreidebleich und wirkte ein wenig beschämt. „Lasst uns hier verschwinden“, sagte Tyson und ihm stiegen Tränen in die Augen. „Sie werden uns auch noch kriegen, wenn wir hier bleiben.“
 

Auch die Gruppe, die die Forschungsergebnisse der CBE gelöscht hatte, hatte den Alarm gehört. Kenny, Robert, Michael, Sara, Johnny, Alana und Mariah wussten nicht, worüber sie sich mehr Sorgen machen sollten: Darüber, dass offenbar welche ihrer Freunde erwischt worden waren, oder darüber, dass sie Boris nicht wiedergefunden hatten.

„Vielleicht hat Boris den Alarm ausgelöst“, erzählte Alana hoffnungsvoll, während die Gruppe den Korridor entlang hastete. „Und die Leute haben nur ihn erwischt. Das wäre kein so großer Verlust.“

„Aber vielleicht haben sie Bryan gefunden“, sagte Mariah und ihr stiegen Tränen in die Augen. „Dabei wollte er doch nur sein Kind retten!“

Plötzlich hörten sie Schritte und ehe sie sich versahen, tauchten aus den beiden angerenzenden Korridoren Wachleute auf.

„Da lang!“, rief Robert und lief zurück in den Korridor, aus dem sie gekommen waren.

Die Anderen folgten ihm, ebenso die Wachleute. Es dauerte nicht lange, bis diese das Feuer eröffneten.

„Die schießen auf uns!“, jappste Mariah fassungslos.

„Wir sollten uns ergeben“, fand Alana, lief aber dennoch weiter.

Es war wie verhext: Keiner von ihnen wurde von den Männern hinter ihnen getroffen. Und jedes Mal, wenn sie an einer Abzweigung der Gänge ankamen, tauchten aus einem der beiden möglichen Wege neue Männer auf, die auf sie schossen und nicht trafen. Schon nach kurzer Zeit wurde ihnen klar, dass diese Leute sie systematisch in eine Richtung trieben.

Robert drehte sich im Laufen um und blieb plötzlich stehen. „Griffolyon!“ Er feuerte seinen Beyblade ab und rief sofort sein BitBeast heraus. „Halt' sie auf! Wing Dagger!“ Der weiße Greif baute sich vor ihren Verfolgern auf und schlug wild mit den Flügeln. Der Widerstand, den er dadurch erzeugte, ließ die Männer ein wenig zurückfallen, doch Griffolyon war ein durchsichtiges BitBeast. Bis auf Falborg hatte es bisher kein BitBeast geschafft, auch reale Personen anzugreifen.

„Wyborg!“ Johnny schoss das Beyblade ab, das ihm Tala anvertraut hatte. Er kam noch nicht wirklich gut mit Ians altem BitBeast zurecht, aber einen Versuch war es wert. „Dive Bomb!“ Das Beyblade kreiselte einigermaßen aggressiv um Roberts Beyblade herum, jedoch erschien das BitBeast nicht. „Verdammte Scheiße!“, fluchte Johnny.

Michael zog Draciel aus seiner Tasche, setzte es aber nicht ein. Sie standen mittlerweile in einem Korridor und nur der große, weiße Greif stand zwischen ihnen und ihren Verfolgern.

„Wyborg, ich stehe auf Ians Seite!“, beschwor Johnny das BitBeast. „Bitte komm' doch raus!“ Das Beyblade kreiselte immer noch fröhlich um Griffolyon herum, statt zu reagieren. „Dann komm' wenigstens zurück?“, bat Johnny.

Mittlerweile waren die Wachleute stehen geblieben und beobachteten ebenfalls den rebellischen Kreisel. In ihren Gesichtern spiegelte sich jedoch keine Hilflosigkeit, sondern Schadenfreude.

„Griffolyon, schub's ihn zurück“, befahl Robert und Wyborg wurde zurück in Johnnys Hand gestoßen. Der Greif war jedoch verschwunden. Nun kreiselte zwischen den beiden Fronten nur ein einzelnes Beyblade.

„Es reicht“, sagte einer der Männer und trat vor. Er steckte seine Pistole weg. „Lass uns das draußen klären.“ Er zog ebenfalls einen Starter und ein Beyblade hervor. Doch er startete es nicht, sondern deutete auf die Tür am Ende des Ganges, in dem sie standen. „Wir werden nicht mehr schießen, wenn ihr kooperiert.“

„Was wollt ihr von uns?“, knurrte Johnny aggressiv.

„Eure Bitbeasts natürlich“, antwortete der Mann.

„Naja, auf sein Bitbeast können wir verzichten“, kicherte ein jüngerer Mann und grinste Johnny hämisch an. Auch er hielt einen Starter in der Hand.

„Das war nicht sein BitBeast“, fuhr ihn der Andere an. „Jonathan McGregors BitBeast ist Salamalyon und befindet sich in unserem Besitz. Er hat gerade eben versucht mit Wyborg zu kämpfen, dem BitBeast von Ian Stragadi.“

„Der Zwerg?“, fragte der Andere verblüfft. „Der hat ein BitBeast?“

„Wie dumm bist du eigentlich?“, meckerte ihn sein Kollege an. „Weißt du überhaupt, wer diese Leute da sind? Das sind ehemalige Beyblade-Champions! Die haben allesamt BitBeasts und zwar verdammt starke!“

„Ich dachte, der da wäre ein Moderator“, meinte der Jüngere etwas verlegen und fixierte Michael. „Ist er doch, oder?“

„Japp“, meinte Michael gut gelaunt. „Lasst uns gehen, dann kriegst du ein Autogramm.“

Sara verpasste ihm einen unsanften Schlag auf den Hinterkopf. „Provozier' sie nicht auch noch“, zischte sie.

„Können wir dieses Theater nicht sein lassen und einfach dahin gehen, wo Mr Wir-wollen-eure-Bitbeasts uns haben will?“, fragte Kenny entnervt und drehte sich einfach um, um in die besagte Richtung zu gehen.

Mariah und Alana warfen sich kurz fragende Blicke zu und beschlossen dann, ihm zu folgen.
 

Nach wenigen Minuten erreichten sie einen großen Hof hinter dem Gebäude der CBE-Zentrale.

„Hi, Leute“, sagte Cheng und winkte ihnen fröhlich zu. Ray griff nach dem Arm seines besten Freundes und zog ihn verärgert herunter. Kai stand bloß schweigend und mit nicht zu deutendem Gesichtsausdruck daneben.

„Nikolai!“, rief Mariah und beschleunigte ihre Schritte, um zu der kleinen, wider vereinten Familie zu eilen. „Wie geht es dir?“

„Was will diese Frau von meinem Sohn?“, richtete sich Marina bissig an Bryan, der bloß mit den Schultern zuckte zu zur Seite sah. Dort stand Sascha und verdrehte leicht die Augen.

„Habt ihr die BitBeasts gefunden?“, fragte Robert an Kai gewandt.

„Nein. Habt ihr die Daten gelöscht?“, stellte Kai eine Gegenfrage.

„Alle. Sobald wir die Typen hier besiegt haben, ist die Technologie für immer futsch“, meinte Robert zufrieden. „Und offensichtlich hat auch die Aktion Rettet-das-nervige-Kind Erfolg gehabt.“

„Talas Gruppe fehlt noch“, fiel Bryan auf. „Vielleicht haben sie Ian gefunden!“

„Nein, haben sie nicht“, mischte sich der Mann, der zuvor schon seinen jüngeren Kollegen belehrt hatte, ein. Er schien eine wichtige Rolle innerhalb der CBE zu spielen, denn er stand einen knappen Meter vor seinen Mitstreitern. „Und falls ihr es wissen wollt: Sie werden auch nicht kommen, um euch zu retten. Die vier sind schon auf dem Weg hierher.“

„Und was habt ihr jetzt vor?“, fragte Kai und trat ebenfalls einen Schritt vor. Irgendjemand musste diese Gruppe führen und ihm fiel niemand ein, der das besser könnte als er selbst. Er stellte sich schützend vor seine Mitstreiter, die sich dankbar hinter ihm zusammen scharrten.

„Wir werden gegen euch kämpfen“, erwiderte der Mann. „Und euch danach eure BitBeasts abnehmen.“

„Aber auch nur, wenn ihr gewinnt“, sagte Kai abfällig und zückte seinen Starter. „Und davon würde ich an eurer Stelle nicht ausgehen!“

Sein Gegenüber lachte. „Nicht so ungeduldig“, meinte er amüsiert. „Ihr seid doch noch nicht vollzählig.“ Er drehte sich um und fixierte die schäbige Hintertür, aus welcher sie gekommen waren. „Oder wollt ihr schon ohne eure Freunde anfangen?“ Er hob die Hand, was für einige der Gestalten hinter ihm offensichtlich das Signal war, ihre Beyblades in die Starter einrasten zu lassen.

Kai brauchte kein Signal, um den Leuten hinter sich zu Verstehen zu geben, dass sie sich bewaffnen sollten. Bryan, Robert, Michael und Johnny machten sich zum Kämpfen bereit.

Doch niemand startete sein Beyblade.

Es verging nicht viel Zeit, bis die Tür aufgestoßen wurde und weitere Leute auf den Hof hinaustraten.

„Ihr seid zu spät!“, rief Michael Tala, Tyson Spencer und Leo zu, in dem Versuch, ein bisschen positive Stimmung zu erzeugen. Die vier wurden in ihre Richtung gestoßen und noch während ihres Weges über den Hof präparierten Tyson und Tala ihre Starter, um sich in Kampfstellung zu ihnen zu gesellen.

„Dann wollen wir mal sehen, was ihr drauf habt“, bestimmte der Rädelsführer ihrer Gegner und die sieben Personen, die ebenfalls Beyblades in den Händen hielten, traten hervor.

„Was zum Teufel habt ihr vor?“, fragte Leo verwirrt, doch Spencer antwortete nicht, sondern zog ihn und Sara nach hinten. Während sich Ray, Kenny und Mariah freiwillig zurückzogen, musste er Marina, Nikolai, Sascha, Cheng und Alana aus der Schusslinie holen.

Niemand gab ein Startzeichen, doch die fünfzehn Beyblades wurden etwa zeitgleich abgefeuert.

„Los, Dranzer!“, rief Kai und augenblicklich erschien der riesige Phönix und attackierte ausgerechnet das Beyblade des Mannes, der für ihre Gegner gesprochen hatte.

„Du hast dir genau den richtigen Gegner gesucht, Hiwatari!“, rief ihm der Mann zu. „Denn ich besitze das einzige BitBeast, gegen das du niemals eine Chance hattest. SEABORG!“ Der Umriss eines Wales erhob sich aus seinem Beyblade und flackerte kurz, bevor er eine feste Gestalt annahm.

„Oh Gott“, sagte Spencer fassungslos, während Kai laut fluchte, als sein Beyblade mit einem einzigen Schlag weggefegt wurde und haarscharf an Alana vorbei in eine der Mauern, die den Hof umgab, flog, wo es steckblieb.

Der schwebende Wal stieß Wasser aus seinem Blasloch hervor, welcher wie sanfter Regen das Feld berieselte. Wenige Augenblicke später krachte ein weiteres Beyblade gegen es, sodass es für den Bruchteil einer Sekunde ins Schwanken kam. Doch auch Bryans Beyblade wurde, noch bevor er sein altes BitBeast Lisica hervorrufen konnte, geschlagen. Der jetzige Herrscher Seaborgs lachte arrogant. „Bryan Kuznetsov, ein Versager, wie er im Buche steht... Eigentlich könnte ich allein gegen euch kämpfen!“, meinte er. „Wer von euch möchte es noch mit mir aufnehmen?“

„Wir sollten zusammen angrei...“ - „ICH KÄMPFE GEGEN DICH!“, rief eine junge Stimme und Nikolai stapfte an seine entsetzten Mutter vorbei. „NIEMAND NENNT MEINEN VATER EINEN VERSAGER!“ Er riss ein Beyblade mit Starter aus der Seitentasche seiner Hose. Offenbar hatte er es die ganze Zeit über bei sich getragen.

„Nikolai!“, rief Bryan entsetzt, doch noch bevor er seinen Sohn erreicht hatte, hatte dieser das Beyblade abgefeuert.

„FALBORG!“, rief Nikolai und der Falke, der einst unter Bryans Kommando gekämpft hatte, breitete majestätisch seine Schwingen aus.

„Nikolai!“, hauchte Marina entsetzt und klammerte sich an Sascha fest.

Bryan wurde blass, als sein altes, gestohlen geglaubtes BitBeast ohne weitere Befehle auf ihren Gegner losging und diesen mit einem Stroblitz von den Füßen riss.

„Nikolai, hör auf!“, sagte Marina.

Doch der Junge war unfähig etwas zu tun. Er starrte entsetzt das BitBeast seines Vaters an, dessen alte Wut entfesselt war. Es war das erste BitBeast gewesen, das jemals physische Attacken gestartet hatte, und nun bewies es ein weiteres Mal, dass es zu brutalen Übergriffen fähig war. Schon regte sich der auf dem Boden liegende Mann nicht mehr.

Bryan legte die Hand auf Nikolais Schulter und hielt ihm Lisica hin. „Kämpf' hiermit, wenn du kämpfen willst“, sagte er. „Falborg ist 'ne Nummer zu groß für dich.“

Es war unerheblich, dass zu diesem Zeitpunkt noch zwölf andere Beyblades kreiselten – sämtliche Augen waren auf den blutenden Mann, Spencers allmählich verblassendes BitBeast und Falborg gerichtet.

„Falborg, hör' auf damit“, sagte Bryan ernst. „Greif' Seaborg an.“ Es war kaum noch nötig, das Beyblade zu attackieren, da der befehlende Blader stöhnend auf dem Boden lag. Ein Beyblade ist stets bloß so stark wie sein Beyblader.

Seaborg wurde in ihre Richtung geschleudert und blieb schließlich auf dem Boden liegen.

Einen Moment lang herrschte Schweigen, bis sich ihr Gegner plötzlich aufzurichten versuchte. Er sank wieder in sich zusammen, bevor er schrie: „WORAUF WARTET IHR IDIOTEN NOCH? MACHT IHN FERTIG!“

„Galux!“

„Salamalyon!“

„Drigger!“

„Trygle!“

„Galeon!“

„Trypio!“

„Unicolyon!“

Nach und nach erschienen die gestohlenen BitBeasts und nahmen Gestalt an.

Der wirkliche Kampf begann erst jetzt.

Kai hatte das geschwächte Dranzer erneut losgeschickt und auch Nikolai feuerte Lisica ab. Doch obwohl sie nun zahlenmäßig überlegen waren, schienen sie chancenlos. Ihre BitBeasts schimmerten und konnten sich gegen die harten Attacken der Gegner kaum zu Wehr setzen.

Doch das Besiegen der Beyblader schien für den Anfang nicht wichtig für ihre Gegner zu sein. Sie hatten beschlossen, den einzigen Feind, der ihnen gefährlich werden konnte, gemeinsam zu vernichten: Falborg. Gemeinsam schlugen sie auf das Beyblade ein, bis schließlich die erste Attacke Bryan selbst traf. Galux war auf ihn losgesprungen und zog ihm die krallenbesetzte Pfote einmal quer durch sein Gesicht, Bryan schrie auf und ging auf die Knie.

„Dragoon, Galaxy Turbo Twister!“, rief Tyson und ein Wirbelsturm schob sich schützend vor Bryan. Doch auch dieser Sturm war keine große Herausforderung für Galux, welches nun Tysons Beyblade ansprang und mit einem Pfotenschlag vom Feld fegte.

„Metal Ball Defence!“, rief Michael und brachte Max' altes Bitbeast dazu, seine eigentliche Stärke einzusetzen: Die Verteidigung. Ein starker Luftwall legte sich zwischen das Spielfeld und die Beyblader. Einen Moment lang schienen sie von den gefährlichen BitBeasts geschützt zu sein.

„Ist alles in Ordnung, Bryan?“, fragte Mariah besorgt und zugleich beschämt. Es war schließlich ihr BitBeast gewesen, welches Bryan angegriffen hatte.

Bryan wischte das Blut von seine Augenbraue und lächelte schwach. Er sah an Mariah vorbei und blickte stattdessen Ray an. „Jetzt weiß ich, wie es sich anfühlt.“

„Wir sollten hier verschwinden“, gab Ray zurück. „Ich habe keine Lust, noch einmal von einem amoklaufenden BitBeast fertig gemacht zu werden.“

„Wir können nicht abhauen!“, sagte Robert verständnislos. „Stell' dir mal vor, die lassen diese Biester auf die Welt los! Die Typen sind noch krasser drauf, als Boris es damals war!“

„Aber wir können sie nicht besiegen!“, zischte Johnny, dessen Beyblade noch immer nicht auf ihn hörte. „Willst du, dass wir alle draufgehen?“

„Du musst kämpfen, Spencer“, mischte sich Tala in das Gespräch ein und deutete auf das Beyblade das bloß wenige Meter von Spencer entfernt lag. Doch der Blondschopf machte keine Anstalten, es zu nehmen. Er drückte den entsetzten Leo an sich und wich Talas Blicken aus. „Spencer!“

„Ich kann die Barriere nicht mehr lange halten“, sagte Michael angestrengt und Schweißtropfen rannen seine Stirn hinunter. Sara eilte zu ihm und wischte mit ihrem Ärmel über sein Gesicht. „Halt' durch“, beschwor sie ihn.

„Spencer, nimm' das verdammte Beyblade und kämpf'!“, sagte Tala heftig. „Das ist ein Befehl!“

„Du kannst mich mal!“, entgegnete Spencer kühl. „Ich blade nicht mehr.“

„Du warst einer der stärksten Blader der Welt“, sagte Kai. „Du warst der einzige, gegen den ich nie eine Chance hatte! Und mit etwas Glück ist Seaborg immer noch in der Lage, Gestalt anzunehmen!“

„Sei kein Feigling!“, fuhr ihn Bryan aggressiv an. „Wir alle kämpfen!“

„Tu's nicht“, sagte Leo leise. „Du kannst doch nicht... Das ist...“ Er wirkte völlig verstört.

Tala bückte sich und hob Seaborg auf. Er setzte es in seinen Starter und ging auf Spencer zu. „Hier“, sagte er, warf Leo einen langen, kühlen Blick zu und wartete darauf, dass Spencer ihm das Beyblade abnahm.

Spencer schüttelte leicht den Kopf. „Ich kann nicht“, sagte er.

„Du bist nur zu feige“, zischte Bryan. „Mein achtjähriger Sohn hat mehr Mumm in den Knochen als du! Du verdammte schwule Sau!“

Mit einem Mal schob Spencer Leo beiseite und griff nach dem Starter. „Okay, ich kämpfe“, sagte er mit kalter Stimme und starrte Bryan hasserfüllt an. „Und wenn wir hier fertig sind, schlage ich dir deine Fresse ein.“

„Also hauen wir nicht ab?“, fragte Kenny etwas resignierend, genau in dem Moment, in dem Michael und damit auch die Schutzbarriere zusammenbrachen.

Der Kampf begann auf's Neue und dieses Mal stürzten sich ihre Gegner allein auf Spencer, dessen BitBeast Gestalt annahm, noch bevor Spencer es hervorgerufen hatte.

„Stroblitz!“, rief Bryan und ließ sein Bitbeast auf die Frau, die Galux befehligte, losgehen.

„Tyson!“, rief Tala und deutete auf Drigger. „Lass' uns das BitBeast deines Freundes zurückholen. NOVAE ROG!“

„PHANTOM HURRICANE!“, rief Tyson etwa zeitgleich und die beiden Attacken der Freunde vereinten sich zu einem Eissturm, der Drigger in sich einschloss, bis es aufhörte zu kreiseln.

„Salamalyon“, mischte sich die Frau, die Johnnys BitBeast verwendete, ein. „Fire Rod!“ Sie deutete auf Wolborg, welches sofort in einer Feuersbrunst gegen Talas geschleudert wurde. Durch die Wucht, mit der ihn sein Beyblade und die Wand aus Hitze trafen, fiel Tala zu Boden und blieb dort liegen.

„Tala!“, rief Tyson entsetzt und stürzte zu ihm, wobei er es zuließ, dass Dragoon ebenfalls aus dem Kampfgeschehen entfernt wurde.

Bryan griff weiterhin die Beyblader der Gegner an. Die ganze Vernunft, die er sich in den letzten Jahren antrainiert hatte, war von ihm abgefallen, sodass der Stroblitz neue Ausmaße annahm.
 

„Wieso können die BitBeast eigentlich Gestalt annehmen?“, fragte Kenny, der im Hintergrund saß und dem Geschehen stirnrunzelnd zusah. „Die Leute müssen irgendetwas in die Beyblades eingebaut haben, aber... was?“

„Ist das nicht völlig egal?“, fragte Mariah mit einem besorgten Blick zu Spencer, der noch immer gegen Galeon, Trypio und Galux auf einmal kämpfte. „Wir müssen irgendetwas tun!“

„Und was?“, fragte Marina, die offensichtlich beschlossen hatte, zum ersten Mal konstruktiv zu werden.

„Die Leute wollten uns unbedingt hier oben haben“, überlegte Kenny. „Vielleicht hängt es mit diesem Platz zusammen.“ Er blickte sich um. Der Hof war an drei Seiten von Mauern umgeben, während die letzte Seite mit der Rückwand des Gebäudes abschloss. „Hier muss es etwas geben, dass im Gebäude nicht funktioniert.“ Er stand auf und spähte umher.

„Vielleicht ein Signal, das diese Wesen aktiviert“, mutmaßte Sascha. „Das könnte eine Antenne oder einfach nur ein Sender sein.“

„Antenne?“, wiederholte Cheng. „So eine wie die da?“ Er deutete auf einen kleinen silbrigen Stab, der vom Dach des Gebäudes emporragte.
 

„Scratch Attack“, befahl die Meisterin von Galux, doch Seaborg konnte die Attacke von seinem Herren abwenden. Nicht umsonst war der Wal eines der ältesten und gefürchtetsten BitBeasts überhaupt.

„Es reicht“, knurrte der Mann, der Trypio, das BitBeast des alten All Starz Eddy, befehligte. „Sting Shoot!“ - „Scratch Attack!“ - „Spiral Lightning!“ Abermals warf sich Seaborg schützend vor seinen Meister, sodass die Attacken von Galux und Galeon an Spencer vorbeigingen. Doch Trypios Angriff wurde nicht gestoppt, da er gar nicht auf Spencer gerichtet worden war.

Leo fiel keuchend zu Boden und starrte fassungslos den Skorpion an, dessen Scheren ihn direkt getroffen hatten.

„Leo!“, rief Spencer panisch und schied, genau wie Tyson zuvor, aus dem Kampf aus, indem er auf die Knie sank und fassungslos seinen Freund anstarrte.

Johnny warf einen knappen Blick zur Seite, um festzustellen, dass Spencer offensichtlich nicht gewillt war, wieder aufzustehen. „Okay, Wyborg, du widerliches Scheißvieh!“, fluchte er. „Ich hasse dich, ich hasse den beschissenen Ian und ich hasse es, mit dir kämpfen zu müssen, aber es MUSS sein!“ Er ging auf das Beyblade zu, das außerhalb des Kampfes kreiselt und holte mit dem Fuß aus, um danach zu treten. Der Kreisel wich geschickt aus. „Bitte“, setzte Johnny entnervt hinzu.

„Irgendwie traurig“, lachte eine höhnische Stimme. „Willst du dein altes BitBeast zurück?“ Die Frau, die bereits Tala außer Gefecht gesetzt hatte, deutete auf Johnny, bevor sie donnerte: „SALAMALYON! FIRE ROD!“

„WING DAGGER!“, brüllte eine Stimme und bevor das Feuer Johnny erreichte, schob sich ein riesiger Greif vor ihn und schützte ihn. Roberts BitBeast versuchte, gegen das Feuer anzukämpfen, doch die Attacke war zu stark, um noch abgewendet zu werden, sodass Griffolyon wieder in seinem Beyblade verschwand und Roberts Kreisel aufhörte, sich zu drehen. Besorgt kam Robert auf ihn zu. „Ist alles okay?“, fragte er.

Johnny nickte leicht. „Klar“, sagte er leise und blickte zu Wyborg, das nun bewegungslos vor ihm auf dem Boden lag.
 

„Wir müssen einen von ihnen dazu bringen, das Ding zu zerschießen“, sagte Marina und blickte sich um. Und ihre Augen fanden den Mann, den sie schon seit Jahren befehligte: „BRYAN!“

Doch ihr Exmann reagierte nicht, sondern griff verbissen weiter an.

„Nikolai!“, rief Sascha stattdessen den Jungen, der versuchte, sich in den Kampf einzubringen, was sich als schwieriger erwies als erwartet. Sowohl seine Gegner, als auch die Mitstreiter waren Profis, wohingegen er selber nur ein unerfahrenes Kind war.

Nikolai fing Lisica wieder auf und drehte sich zu ihm um. „Was ist denn los?“, fragte er.

„Komm' her!“, sagte Sascha und stand auf.

„Ich will kämpfen!“, verneinte Nikolai.

„Du kannst den Kampf beenden!“, lockte ihn Mariah und erhob sich ebenfalls. „Komm' schon, bitte!“

Nikolai runzelte die Stirn, stapfte dann aber auf die Erwachsenen, die am Randsaßen, zu. „Was ist denn?“, fragte er.

„Du bist verletzt“, stellte Marina entsetzt fest, als sie den Kratzer auf Nikolais Stirn bemerkte.

„Nikolai, siehst du die Antenne da oben?“, fragte Mariah und deutete auf den silbrig glänzenden Gegenstand auf dem Dach.

Nikolai nickte leicht.

„Nimm' dein Beyblade und schieß' darauf“, sagte sie.

„Du musst genau zielen“, sagte Sascha.

Nikolai ließ Lisica in seinen Starter einrasten und zielte. „Das ist doch fast unmöglich“, sagte er und warf Marina einen hilflosen Blick zu.

Sie lächelte ihn aufmunternd an. „Du schaffst das, Nikki“, sagte sie mit schwacher Stimme. „Wir glauben an dich.“

Er presste die Lippen aufeinander und peilte erneut die Antenne an. Dann schoss er sein Beyblade ab.
 

„Unicolyon!“, rief eine Stimme.

Johnny und Robert sahen entsetzt, wie das Einhorn ihres alten Teamkollegen auf sie zulief. Zwischen ihnen war nichts – Wyborg reagierte nicht und Griffolyon war weitgehend zerstört.

Johnny schloss die Augen, die Schmerzen, die das spitze Horn im zufügen würde, erwartend. Doch nichts geschah.

Langsam blinzelte er und sah, wie er inmitten eines flackernden Lichts stand. Er trat einen Schritt zurück und stellte fest, dass Unicolyon ihn direkt angepeilt hatte – doch es war durch ihn hindurch gelaufen! Es war durchsichtig! Es hatte keine feste Gestalt mehr!

„Wir haben es geschafft!“, jubelte Mariah.

„DU hast es geschafft, Nikki!“, lachte Marina und drückte ihren Sohn an sich.

„Den Rest erledigt ihr doch wohl hoffentlich etwas schneller“, grummelte Ray. „Ohne ihre Monster sind die Typen doch leicht gefundenes Fressen.“ In diesem Moment flog ein Beyblade auf ihn zu. Reflexartig hob er die Hand und fing es auf.

Kai grinste ihn an. „Dann zeig' doch mal, was du so drauf hast!“ Dranzer hatte offensichtlich das Eis um Drigger herum geschmolzen, sodass das alte BitBeast wieder zu seinem Meister geschubst werden konnte.

Ray lächelte schief, bevor er den Starter, der neben Spencer auf dem Boden lag, aufhob und sich in den Kampf einmischte.
 

Der weitere Kampf wäre kein Problem gewesen. Es hätte vielleicht ein paar Minuten gedauert, bis die ehemaligen Beyblader ihre Gegner besiegt hätten.

Doch dazu sollte es nicht kommen.

„Sie gewinnen!“, rief der Mann, den Falborg zu Beginn angegriffen hatte. Er hatte sich mittlerweile wieder aufgerichtet und sprach in ein Walkie-Talkie. Dann wandte er sich seinen Mitstreitern zu. „FLIEHT!“ Mit einem Mal war der Kampf beendet. Die Beyblades kreiselten langsam auf und die schwarzen Gestalten verschwanden durch eine Eisentür in der Mauer.

Verdutzt blickten die Beyblader ihnen hinterher.

„Die hauen ab?“, fragte Michael verwirrt. „Die können doch nicht einfach so abhauen?!“

„Was ist denn jetzt los?“, wunderte sich Tyson und blickte von dem noch immer bewusstlosen Tala auf. „Haben wir gewonnen?“

„Ja, haben wir“, sagte Kai langsam und fassungslos. „Wir haben gewonnen...“

„WIR HABEN GEWONNEN!“, brüllte Cheng enthusiastisch und fiel Ray um den Hals. „Und du warst großartig, Ray! Hättest du dein Beyblade-Dinges früher gehabt, hätten wir viel eher gewonnen!!“

„Irgendwas stimmt hier nicht“, sagt Robert und bückte sich, um Unicolyon aufzuheben. „Sie haben die ganzen BitBeasts hier gelassen.“

„Ihr Plan ist gescheitert“, sagte Alana. „Jetzt brauchen sie die BitBeasts nicht mehr.“

„An der Sache ist etwas faul.“ Robert ging über den Hof und sammelte weitere Beyblades ein, die er in seinem Rucksack verstaute. „Ich weiß nur noch nicht, was.“

In diesem Moment explodierte im Inneren des Gebäudes etwas.

„Die sprengen das Gebäude!“, meinte Mariah fassungslos.

„Wir müssen hier weg!“, rief Kai. „Rennt!“ Er packte Alana am Handgelenk und zog sie zu der Eisentür in der Mauer.

Sascha hob Nikolai auf den Arm, bevor er mit Marina, Mariah und Kenny floh. Spencer hatte kaum Probleme damit, Leo zu tragen,wohingegen es Tyson schwer fiel, Tala zu transportieren. „Ich helfe dir“, sagte Michael plötzlich und ging Tyson zur Hand, sodass sie schneller durch die Mauer fliehen konnten.

Weitere kleine Explosionen folgen und als sie schließlich die Straße erreicht hatten, flog das gesamte Gebäude hinter ihnen in die Luft.
 


 

Das war das große Finale. Hm... Ich kann keine Kämpfe beschreiben, tut mir Leid.
 

Und eine wichtige Sache: Ich habe Spencer nicht so stark gemacht, weil ich ihn so gerne mag (^^“), sondern vielmehr, weil sein BitBeast in der Serie als nahezu unbesiegbar dargestellt wird (ich beziehe mich bei meinem Geschichten in der Regel nur auf die ersten beiden Staffeln). ich habe mich generell bemüht, jedes BitBeast ungefähr so stark darzustellen, wie es in der Serie ist. Die Majestics-BitBeasts und eben Seaborg sind ja in der ersten Staffel die mächtigsten BitBeasts. Und dass Falborg sich wehren kann, liegt eben daran, dass es als einziges Bitbeast auch ohne feste Gestalt nie Probleme damit hatte, physische Kräfte einzusetzen (falls das im Kapitel nicht richtig herauskam).
 

So... Jetzt folgen nur noch ein Kapitel und der Epilog. Ich werde mich beeilen, die online zu stellen. Vermutlich kommt das nächste Kapitel irgendwann nächste Woche.
 

Ich hoffe, die FF gefällt euch immer noch?!
 

*knuff*

Joey

Ausklang

„Und im Studio sind Michael Parker und seine bezaubernde Ehefrau Sara“, kündigte die blonde Moderatorin mit einem breiten Lächeln an. Sie drehte sich zu dem Ehepaar, das ihr gegenüber auf einem Sofa saß. „Guten Tag, ihr beiden“, begrüßte sie sie freundlich.

Michael nickte in die Kamera und erwiderte den Gruß geschäftsmäßig.

„Sie beide waren Zeugen der geheimnisvollen Explosion vor zwei Tagen“, leitete die Moderatorin das geplante Gespräch ein. „Was vermuten sie dahinter? Einen fehlgeschlagenen Terroranschlag oder einen Unfall?“

„Soll ich ganz ehrlich sein?“, fragte Michael in dem typischen lockeren Ton, den er im Fernsehen immer anschlug.

„Tun Sie sich keinen Zwang an“, bat die Moderatorin.

Michael lachte fröhlich. „Ich weiß es nicht“, erwiderte er offenherzig.

„Wie kam es denn dazu, dass sie zu Augenzeugen wurden?“, fragte die Frau interessiert und wandte sich nun an Sara, damit auch diese zu Wort kommen konnte. „Was haben sie hier in der kleinen schottischen Stadt St Andrews gemacht?“

„Wir waren mit ein paar Freunden unterwegs“, berichtete Sara. „Wir haben in den letzten Wochen zusammen Urlaub gemacht und verschiedene Städte besucht.“

„Zu diesen Freunden zählte offensichtlich auch der Oscar-Preisträger Spencer Petrov“, ergänzte die Moderatorin und wandte sich an die Kamera, um zu erklären: „Auch der russische Schauspieler war während der Explosion zugegen.“

Sara nickte. „Michael und Spencer kennen sich von früher. Wir wollten gerne einmal etwas zusammen unternehmen, daher hat sich Michael frei genommen und wir haben uns mit Spencer getroffen.“

„Unter den anderen Zeugen waren weitere Personen, die Sie während ihrer Jugend kannten, Mr Parker“, wandte sich die Moderatorin wieder an Michael. „Hat es einen besonderen Grund, dass Sie sich ausgerechnet jetzt mit ihren alten Freunden treffen, die damals, genau wie Sie, bei Meisterschaften im Beybladen angetreten sind?“

Michael nickte heftig. „Ja, es hat einen Grund“, sagte er nachdrücklich. „Wie Sie vermutlich wissen, ist vor einigen Wochen ein alter Freund von uns, Max Mizuhara, von uns gegangen. Dieses traurige Ereignis hat uns allen die Augen geöffnet. Ich will ganz ehrlich sein: In den letzten Jahren hatte ich bloß wenig Kontakt zu meinen alten Freunden. Das möchte ich in der Zukunft ändern.“

Die Moderatorin schien dieses Thema so interessant zu finden, dass sie die Explosion vorerst hinten anschob. „Können Sie uns denn sagen, was Mizuhara dazu bewogen hat, seinem Leben ein Ende zu setzen?“

Michael wusste inzwischen, dass es Mord gewesen war, daher fiel es ihm schwer, eine Antwort zu geben. „Nein, kann ich nicht“, antwortete er schließlich. „Ich habe das letzte Mal vor mehreren Jahren mit ihm geredet. Sein Tod war ein Schock für mich, wie für uns alle.“

„Es gab Gerüchte, dass Sie und Ihre Freunde ein Turnier planen, in dem Sie noch einmal zu ihren Beyblades greifen“, berichtete die Frau. „Ist da etwas Wahres dran?“

Michael lachte. „Nein, ist es nicht“, antwortete er. „Das Beybladen überlassen wir lieber den Jugendlichen. Außerdem“, er zwinkerte schelmisch, „würden wir vermutlich keine gute Figur mehr abgeben.“

„Du gibst doch immer eine gute Figur ab“, neckte ihn seine Ehefrau.

„Sogar dieser kleine Kratzer an der Stirn sieht bei Ihnen gut aus“, lobte die Moderatorin. „Haben Sie ihn sich bei der Explosion zugezogen?“

„Ja“, antwortete Sara für ihn. „Und er hat sie tapfer desinfizieren lassen, fast ohne zu jammern. Fast.“

Die Moderatorin lachte freundlich. „Was genau ist vor zwei Tagen passiert?“, fragte sie dann, dankbar wieder auf das eigentliche Thema zurückkommen zu können.

„Hm“, sagte Michael und tat so, als müsse er angestrengt nachdenken. „Wir sind da langgegangen... und plötzlich machte es bumm!“ Das letzte Wort sprach er mit einer plötzlichen Heftigkeit aus, sodass die beiden Frauen kurz zusammen zuckten.

„Sie haben vorher nichts gehört?“, hakte die Moderatorin nach. „Gar nichts?“

„Nein, haben wir nicht“, antwortete Michael und wirkte dabei sehr aufrichtig. „Wir waren sehr erschrocken, schließlich hatten wir auch ein Kind bei uns. Aber glücklicherweise ist keiner von uns tödlich verwundet worden.“

Sara nickte langsam. „Obwohl es leider einige Verletzte gab“, ergänzte sie. „Das war kein schöner Abschluss für ein Wiedersehen nach so langer Zeit.“

„Aber wir sehen es positiv“, meinte Michael fröhlich. „Wenigstens hatten wir ein bisschen Action UND sind wieder in den Schlagzeilen.“ Er knuffte seine Frau, die gespielt die Augen verdrehte und „Typisch Mann“ murmelte.
 

„Jetzt nimm' es schon“, sagte Ray ungeduldig und schob den BitChip von Galeon über den Tisch.

„Du sollst es nehmen“, meinte Mariah. „Du warst schließlich mal Lees bester Freund.“

„Und du warst seine beste Freundin“, beharrte Ray. „Außerdem stelle ich damit sowieso nur Unfug an. Ich habe noch nicht einmal meinem eigenen BitBeast genug Respekt entgegengebracht.“

„Dann hast du jetzt die Chance, dich zu bessern.“ Mariah strich eine ihrer Haarsträhnen hinter ihr Ohr. „Ray, ich werde in zwei Stunden wieder nach Sambia fliegen. Ich glaube nicht, dass ich Afrika in den nächsten fünf Jahren wieder verlassen werde. Wie soll ich denn Lee ausfindig machen?“

„Jetzt soll ich auch noch nach ihm suchen?“, fragte Ray entsetzt. „Ich bin den ganzen Tag über am Arbeiten und dankbar dafür, dass ich damit so gerade eben über die Runden komme. Ich habe weder Zeit, noch Geld, um nach Lee zu suchen!“

Mariah seufzte. „Dann verwahr' es wenigstens für ihn“, sagte sie und schob Galeon über den Tisch zurück zu Ray.

Der Chinese presste die Lippen einen Moment lang aufeinander, bevor er ernst sagte: „Und wer garantiert dir, dass ich es nicht bei der nächsten Gelegenheit in irgendeinem Pfandhaus lasse?“

Mariah lächelte schwach. „Das wirst du nicht tun“, sagte sie mit fester Stimme. „Ich vertraue dir.“ Sie erhob sich von dem Stuhl, der in Rays Hotelzimmer stand. „Bitte enttäusch' mich nicht.“

Ray stand ebenfalls auf und seufzte schwer. „Du musst wirklich schon gehen?“

Sie nickte leicht. „Ich war viel zu lange weg. Mein Mann wartet auf mich.“

„Soll ich noch mit zum Flughafen kommen?“, bot Ray ihr an.

Mariahs Lächeln wurde ein wenig wehmütig. „Ich mag keine langen Abschiede. Eigentlich möchte ich dich nur umarmen und Mach's gut sagen.“

Verstehend nickte ihr Gegenüber und ging einen Schritt auf sie zu. Er schloss die Arme einen Moment lang um sie und lächelte wehmütig. Es hatte Zeiten gegeben, in denen er sich sicher gewesen war, dass er einmal der Mann sein würde, zu dem sie gehörte. Doch jetzt war er einfach nur dankbar dafür, dass sie ihn überhaupt wie einen Freund behandelte.

Sie löste sich nach ein paar Sekunden von ihm. „Mach's gut“, sagte sie dann und lächelte ihn herzlich an.

„Du auch“, sagte Ray leise und sah ihr hinterher, als sie, ohne sich noch einmal umzudrehen, das Hotelzimmer verließ.
 

Kai blinzelte leicht, als Tyson sich neben ihn setzte. Er richtete sich auf und gähnte hinter vorgehaltener Hand. Hatte er geschlafen? Er warf einen Blick auf die Uhr, die im Warteraum hing. Es war früher Abend. Beinahe zwei Tage waren seit der Explosion des Gebäudes der CBE vergangen und mittlerweile fühlte er sich in diesem stickigen Raum vor dem Empfang fast schon heimisch.

„Möchtest du den Rest?“, fragte Tyson und hielt Kai einen halbvollen Becher mit Kaffee hin.

Kai nickte leicht. „Danke“, sagte er und nahm das noch warme Getränk an sich. Er trank einen Schluck davon und spürte, wie die Wärme seinen Hals hinunterfloss. Wunderbar... Er drehte sich zu Tyson, der müde vor sich hin starrte, und fragte vorsichtig: „Wie geht es ihm?“

„Gut. Oder so.“ Tyson seufzte leicht. „Er will jetzt schlafen.“ Er hob leicht den Kopf und lächelte Kai schwach an. „Er hat Gott sei Dank die Arme hochgerissen, um sein Gesicht zu schützen. Da wird er also keine großen Narben haben.“

„Was ist mit seinen Armen?“, fragte Kai vorsichtig.

Tysons Lächeln verblasste ein wenig. „Da schon“, sagte er. „Aber das ist ihm egal. Er meinte, solange er seine Arme bewegen kann, macht es ihm nichts aus, dass sie scheiße aussehen.“

Kai grinste leicht. „Vermutlich war das sogar sein genauer Wortlaut“, vermutete er.

Tyson lachte etwas gequält. „Es geht ihm darum, dass er noch seine Instrumente spielen kann. Tala wird doch halb wahnsinnig, wenn er nicht mindestens drei Stunden am Tag seine Nachbarn zur Weißglut treiben kann. Er hat vorhin die Verbände abgenommen und eine Wasserflasche stellvertretend als Geige eingesetzt, um zu testen, ob er sie noch halten kann. Die Krankenschwester ist fast ausgerastet, als sie ihn erwischt hat.“

Kais Grinsen wurde etwas breiter. „Solange er noch zu solchen Aktionen fähig ist, muss man sich keine Sorgen um ihn machen.“ Er trank mit zwei Schlucken den Rest des Kaffees und erhob sich dann. „Und seine Rippen?“ Als Salamalyon Tala eine Hitzewelle entgegen gespien hatte, hatte dieser sich nicht nur schwere Verbrennungen, sondern auch zwei Rippenbrüche zugezogen, da sein eigenes Beyblade mit voller Wucht gegen seinen Brustkorb geschleudert worden war.

Tyson zuckte leicht mit den Schultern. „Ich glaube, er hat noch gar nicht mitgekriegt, dass Wolborg ihm zwei Rippen gebrochen hat“, meinte er etwas argwöhnisch. „Er nörgelt nur die ganze Zeit über, dass seine Augenbrauen und sein Haaransatz versengt sind.“

Der hat vielleicht Probleme“, meckerte Cheng, der soeben um die Ecke kam. Er war beim Kampf selber unverletzt geblieben, jedoch bei der Explosion von einem Splitter im Arm getroffen worden. Es war kein großer und gefährlicher Splitter gewesen, aber Cheng war fest davon überzeugt, dem Tod nur knapp entronnen zu sein. „Guckt mich mal an – ich wäre fast gestorben! Und jetzt haben diese verfluchten Scheißschwestern mir auch noch Blut abgezapft! Wofür brauchen die Blut, wenn ich doch nur ein bisschen Metall in meinem Arm habe?“ Er fluchte leise vor sich hin und ging dann schimpfenderweise einfach an ihnen vorbei. „Und wo ist Ray jetzt wieder hin? Ist er wieder im Hotel?“

Tyson warf Kai einen fragenden Blick zu.

„Ich habe die Schwestern gebeten, einen Drogentest zu machen“, erklärte Kai. „Wird Zeit, dass er mal medizinische Hilfe bekommt.“

„Ray wird dich töten“, prophezeite Tyson.

„Wenn er herausfindet, dass das meine Idee war“, gab Kai eine Bedingung an. „Was außer mir nur du weißt. Wenn es also irgendwie zu Ray durchsickert, weiß ich, wer Schuld ist.“

Tyson hob abwehrend die Hände. „Schon gut, schon gut. Meine Lippen sind versiegelt.“
 

Als Spencer das Krankenzimmer betrat, lag Leo nicht mehr im Bett, sondern stand am Fenster. Er schien nicht bemerkt zu haben, dass jemand in den Raum gekommen war, denn er regte sich nicht. Spencer zögerte einen Moment lang, bevor er die Tür schloss.

Leo drehte sich überrascht zu ihm um. „Hey“, sagte er.

„Wie geht es dir?“, wollte Spencer vorsichtig wissen und ging auf seinen Freund zu.

„Hm“, machte Leo. „Wie soll's mir schon gehen?“ Er war während des Kampfes gegen die CBE frontal von Trypio, dem alten BitBeast von Eddy, angegriffen worden, wobei sein Arm gebrochen worden war. Dieser hing nun in seinem Gips in einer Schlinge. Bei dem Aufprall des BitBeasts hatte Leo sich mehrere Prellungen zugezogen, doch von diesen war durch die Kleidung nichts weiter sichtbar. Bloß sein Gesicht war von mehreren Schrammen gezeichnet.

Spencer seufzte schwer und blieb etwa einen Meter von Leo entfernt im Raum stehen. „Ich habe mich um den Flug nach Toronto gekümmert. Wir können übermorgen hier weg. Ist das okay?“

„Klar“, sagte Leo bloß und blickte wieder aus dem Fenster.

Spencer wartete darauf, dass sein Freund noch etwas sagte, doch der schwieg sich aus. Es kam nur selten vor, dass es still war, wenn Leo anwesend war, daher fragte Spencer nach einer Weile besorgt: „Alles in Ordnung?“

Leo sah ihn nicht an, doch durch die Spiegelung im Fenster konnte Spencer sehen, dass er ein etwas gequältes Lächeln aufgesetzt hatte. „Natürlich“, sagte er ungewohnt kühl. „Ich bin ja nur von einem riesigen Skorpion, den irgendein Komiker aus einem Kreisel gezaubert hat, beinahe umgebracht worden. Was sollte daran nicht in Ordnung sein? Gehört für dich ja offensichtlich zum Alltag.“

Spencer seufzte schwer. „Ich wusste nicht, dass so etwas passieren würde“, sagte er. „Sonst hätte ich...“

„Lüg' mich nicht an“, unterbrach ihn Leo bitter. „Du wusstest genau, was passieren könnte. Ihr habt doch die ganze Zeit über davon geredet. Du wusstest genau, was passieren könnte, oder?“

„Wenn du mitgekriegt hast, dass wir davon geredet haben, hättest du es auch wissen müssen“, gab Spencer etwas giftig zurück. Er hatte sich noch nie wirklich mit Leo gestritten, doch nun legte der Jüngere es ja geradezu darauf an.

„Aber ich wusste nicht, wie krass ihr alle drauf seid“, meinte Leo und blickte ihn direkt an. „Bryan hat diesen Typen fast umgebracht! Und... und ihr habt auch solche BitBeasts gehabt und dagegen gekämpft, als wäre es völlig normal! Was ist eigentlich mit euch los?“

„Wir waren früher alle mal Beyblader“, antwortete Spencer. „Natürlich können wir gegen Beyblades antreten.“

„Aber...“ Leo unterbrach sich selbst. „Ich dachte, du hättest das als Kind als eine Art Hobby gesehen, so wie andere Leute Fußball oder Tennis spielen.“

Spencer lachte kurz auf. „Hobby? Das Beybladen war mehr als ein Hobby für mich“, erwiderte er heftig.

„Und was war es dann?“, wollte Leo wissen.

Spencer antwortete nicht,. Jetzt war er es, der aus dem Fenster blickte.

„Warum willst du eigentlich nie über deine Kindheit reden?“, fragte Leo. „Wieso blockst du immer ab?“

Der Blondschopf zuckte leicht mit den Schultern. „Es gibt nicht viel zu erzählen“, sagte er bloß. „Ich bin in 'nem Heim aufgewachsen, irgendwann aus Russland verschwunden und habe dich getroffen. Mein Leben hat eigentlich erst in Amerika angefangen und davon hast du ja beinahe alles mitgekriegt.“

Leo drehte sich um und ging zu seinem Bett zurück. „Spencer, ich bin beinahe umgebracht worden“, sagte er nun eine Spur gereizter. „Ich habe ein Recht darauf, zu erfahren, warum. Und wenn du mir nicht sagst, warum, dann frage ich jemand anderes. Bryan zum Beispiel.“

Spencer drehte sich verärgert zu ihm um. „Bryan?“

„Ihr seid doch zusammen aufgewachsen“, erwiderte Leo schnippisch. „Vielleicht kann er mir sagen, was damals eigentlich vorgefallen ist.“

„ Das geht dich alles einen Scheißdreck an! Kannst du nicht einfach deine verdammte Fresse halten und mich in Ruhe lassen?“, zischte Spencer wütend. „Du machst mich echt wahnsinnig!“

„Ich hätte nie gedacht, dass ich dich jemals so verabscheuen könnte, wie ich es gerade tue“, sagte Leo leise. „Vielleicht solltest du gehen, bevor ich noch anfange, dich zu hassen.“
 

Bryans Blick hing in dem Schaufenster fest. Doch er starrte nicht die beiden exklusiv bekleideten Puppen an, sondern sein eigenes Gesicht, das sich matt spiegelte. Er sah grausam aus. Bei dem Kampf hatte ihm Mariahs BitBeast Galux die Krallen einmal quer durch sein Gesicht gezogen. Vier lange Wunden entstellten sein Gesicht, jede von ihnen war mit mehreren Stichen genäht worden. Wenigstens ging es ihm ansonsten gut. Er hatte ein paar Schrammen, aber die hatte ja jeder von ihnen.

„Paps!“, rief eine fröhliche Stimme hinter ihm.

Bryan riss seinen Blick von dem Schaufenster ab und sah seinen Sohn, der auf ihn zu lief. Er ging in die Knie, um Nikolai mit einer Umarmung abfangen zu können. „Hey, mein Großer“, sagte er lächelnd.

Das Kind löste sich von ihm. „Bringst du mir jetzt bei, wie man bladet?“, fragte er aufgeregt und zog das Beyblade hervor, mit dem Bryan als Kind gekämpft hatte. Er hatte es nach dem Kampf gegen die CBE behalten, in der Hoffnung, zu lernen, wie man damit richtig umging.

Bryan seufzte lautlos. „Willst du das wirklich noch?“, fragte er. „Du hast doch gesehen, wie gefährlich es ist.“

Nikolai lachte ihn fröhlich an. „Deshalb muss ich es doch lernen. Damit ich dich beim nächsten Mal verteidigen kann!“

Nun lachte sein Vater gegen seinen Willen, wurde jedoch schnell wieder ernst. „Es wird kein nächstes Mal geben“, versprach er. „Ich werde dich nie wieder einer solchen Gefahr aussetzen.“

„Dann will ich es eben ohne Gefahr lernen“, beharrte Nikolai. „Paps, in meiner Schule bladen total viele Leute! In der Pause wimmelt es nur so von Beyblades! Wenn du mir beibringst, wie man es richtig macht, dann kann ich Alexei, diesem Arschloch, endlich geben, was er verdient!“ Er lachte fies. „Du hast früher bei der Weltmeisterschaft mitgebladet – irgendetwas musst du mir doch beibringen können!“

Bryan verzog leicht das Gesicht. „Hm“, machte er bloß.

„Willst du es mir nicht zeigen, weil ich Falborg geklaut habe?“, fragte Nikolai nach einer Weile etwas bedrückt. „Ich wollte doch nur mal versuchen, ob ich bladen kann und Mama hat mir verboten, mir ein Beyblade zu kaufen.“

„Hast du Falborg gegen jemand anderes eingesetzt?“, fragte Bryan.

„Es hat mir nicht gehorcht“, erklärte Nikolai. „Es hat überhaupt nicht reagiert, als ich herausrufen wollte. Erst als wir gegen diese Leute gekämpft haben...“ Er erschauerte leicht. „Ich wollte niemanden verletzen.“

Bryan lächelte schief. „Weißt du was?“, sagte er schließlich. „Ich werde es dir beibringen.“ Er holte Falborg hervor und entfernte den BitChip, um ihn in seiner Brieftasche zu verstauen. „Aber wir fangen mit der Technik an, klar? Für BitBeasts bist du noch ein bisschen zu jung.“ Er blickte ernst auf Nikolais Beyblade herab.

„Kriege ich es denn wieder?“, fragte Nikolai vorsichtig.

„Wenn du alt genug bist und mit deinen Gefühlen besser umgehen kannst“, versprach Bryan. „Bis dahin ist es bei mir vollkommen sicher.“ Er hielt Nikolai seine offene Hand hin. Sein Sohn seufzte ergeben, löste Lisicas BitChips aus seinem Beyblade und legte ihn in Bryans Hand. Auch dieses BitBeast verschwand in Bryans Brieftasche.

„Und jetzt?“, fragte Nikolai.

Bryan lächelte breit. „Jetzt gehen wir in den Park und suchen nach einem Tableau“, bestimmte er.
 

„Hey, Robert“, sagte Johnny, als sein ehemaliger Teamleader die Tür zu seinem Hotelzimmer einen Spalt breit geöffnet hatte. „Hast du ein bisschen Zeit?“

„Wofür?“, fragte Robert mit einer Mischung aus Misstrauen und Missbilligung in der Stimme.

Johnny war schon des Öfteren aufgefallen, dass sein alter... hm... Freund ihn nicht unbedingt so behandelte, wie man Freunde behandelte, doch im entscheidenden Moment hatte ihm Robert geholfen. Daher ließ er sich von Roberts distanziertem Blick nicht abweisen, sondern blieb beharrlich. „Wir könnten vielleicht zusammen was Trinken gehen. Ein bisschen quatschen und so. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen und viel zu bereden.“

Robert verdrehte leicht die Augen. „Ist gerade schlecht“, sagte er.

„Wieso?“, fragte Johnny. „Hast du irgendetwas vor?“

„Ich fliege nach Deutschland zurück“, erklärte Robert. Er überlegte einen Moment, dann öffnete er die Tür ganz. Er ging zu seinem Bett, auf welchem ein geöffneter und halb gepackter Koffer lag.

Johnny betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich. „Wann?“, wollte er wissen.

„In vier Stunden kommt mein Flugzeug“, erwiderte Robert.

„Und warum hast du niemandem etwas gesagt?“, fragte Johnny ein wenig verärgert. „Wolltest du dich nicht verabschieden?“

Robert schüttelte den Kopf. „Ich wüsste nicht, wieso.“

„Früher hat dir an solchen Dingen wie Höflichkeit und Anstand viel gelegen“, sagte Johnny ein wenig zynisch und setzte sich auf einen der Stühle, die um den runden Tisch herum standen. „Aber das scheint ja jetzt nicht mehr zu sein.“

Robert blickte ihn einen Moment lang verblüfft an, sagte aber nichts dazu. Er faltete seine hauptsächlich schwarzen Kleidungsstücke zusammen und packte sie in den Koffer. Der Rotschopf beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, sagte aber nichts mehr. Was hätte er schon sagen sollen? Er und Robert waren nie wirklich gute Freunde gewesen. Sie hatten sie gegenseitig respektiert und später auch als Team zusammengehalten. Aber selbst das schien jetzt keine Rolle mehr zu spielen.

„Meine Tochter will, dass ich nach Hause komme“, sagte Robert plötzlich.

„Du hast eine Tochter?“, fragte Johnny überrascht und musste plötzlich wieder an seine hochschwangere Frau denken, die im Begriff war, sich von ihm scheiden zu lassen.

„Klar“, meinte Robert locker. „Pubertäre Mistpocke. Sobald Kinder sprechen können, ist Schluss mit lustig.“

Johnny lächelte schwach. „Wie heißt sie?“, fragte er.

„Ich habe keine Lust, über sie zu reden“, stellte Robert klar. „Aber wenn du unbedingt meine Zeit verschwenden willst, hätte ich eine andere Idee.“ Er warf Johnny einen viereckigen Gegenstand entgegen, bevor er seinen Koffer schloss und sich zu ihm setzte.

Johnny baute etwas verdutzt das Schachbrett auseinander. „Du willst Schach gegen mich spielen?“, fragte er.

„Früher hast du das gerne gemacht“, rechtfertigte sich Robert. „Außerdem will ich dich mal wieder besiegen. Ist jedes Mal auf's Neue eine Genugtuung.“

Johnny lachte auf. „Du glaubst doch wohl nicht wirklich, dass du mich besiegen kannst?“, fragte er überheblich und zog die weißen Figuren zu sich. „Ich bin kein Kind mehr, Robert.“

„Ich doch auch nicht.“ Robert grinste ihn schief an.
 

„Warum redest du nicht einfach mit ihm?“, fragte Tala ein wenig entnervt und schielte Spencer über das Buch, das er zu lesen versuchte, hinweg an. „Du musst dich nicht dafür schämen, dass du als Kind von Boris ausgenutzt wurdest. Bryan hat Marina doch auch erzählt, was mit ihm damals passiert ist.“

„Und was ist daraus geworden?“, brummte Spencer verdrießlich. „Sie hat ihn betrogen, verlassen und schubst ihn auch jetzt noch herum. Du solltest dir ein anderes Beispiel aussuchen als ausgerechnet diesen Vollversager.“

„Was ist mit mir?“, fragte Tala. „Ich rede auch ganz offen darüber. Tyson weiß alles, was mir damals passiert ist.“

„Du bist auch jahrelang zu einem Psychiater gelaufen“, meinte Spencer abfällig. „Und Tyson wusste schon fast alles, noch bevor du es ihm erzählt hast. Du musstest nur ein paar Sachen ergänzen, mehr nicht.“

Tala seufzte schwer. „Warum wehrst du dich so dagegen, dem Mann, mit dem du seit acht Jahren zusammen bist, einfach die Wahrheit zu sagen?“

„Warum wollt ihr mich alle dazu drängen?“, fragte Spencer. „Ich will keine blöde Beziehungstipps kriegen – besonders nicht von jemandem, der noch nie eine ernste Beziehung hatte!“

„Lieber gar keine Beziehung als eine, die auf Schweigen aufgebaut ist“, fand Tala. „Außerdem musst du damit rechnen, dass ich dir antworte, wenn du mich mit deinem Müll zulaberst. Die Kummerkastentante antwortet doch auch, wenn ihr kleine, pickelige Mädchen Fragen über ihr Jungfernhäutchen stellen.“

Spencer verdrehte die Augen. „Ich bin nicht hier, um mich beraten zu lassen“, meinte er verärgert, „sondern um mich über Leo aufzuregen und meine Aggressionen in seiner Abwesenheit abzureagieren.“

„Du regst dich aber schon seit über drei Stunden auf“, sagte Tala. „Warum haben dich die Schwestern eigentlich noch nicht rausgeschmissen? Ich bin verletzt und brauche meinen Schönheitsschlaf jetzt nötiger als sonst irgendwann.“

„Ich habe ihnen Autogramme gegeben“, beantwortete Spencer das Mysterium, dass ihn nach Mitternacht noch niemand aus dem Krankenhaus entfernt hatte. „Das wirkt Wunder.“

Tala verdrehte die Augen.

Doch noch bevor er sich hätte beschweren können, klopfte es an der Tür und ein strahlender Bryan betrat den Raum. Sein breites Lächeln erstarb jedoch, als er Spencer sah. „Was machst du denn hier?“, fragte er.

„Wir unterhalten uns gerade“, meinte Spencer.

„Wie bist du hier reingekommen?“, wollte Tala fassungslos wissen. „Hast du den Schwestern auch Autogramme gegeben?“

„Nö, ich hab mich durch die offene Tür in der Notaufnahme hochgeschmuggelt“, meinte Bryan. „Es ist niveaulos, ständig mit Autogrammen um sich zu werfen.“ Er warf Spencer einen kurzen, kühlen Blick zu, bevor er seine gute Laune wieder offen zeigte. „Nikolai ist ein Naturtalent! Du musst ihn unbedingt mal bladen sehen, Tala!“

Tala verdrehte dich Augen. „Aber nicht mitten in der Nacht“, sagte er verdrießlich.

„Er schläft ja jetzt auch“, winkte Bryan ab. „Eigentlich wollte ich es dir morgen früh erzählen, aber ich konnte nicht schlafen. Nikolai ist so klasse! Kannst du dir vorstellen, wie stolz ich bin?“

„Ich habe keinen Sohn, also kann ich es mir nicht vorstellen“, sagte Tala knapp und klappte sein Buch zu. Er hatte in den letzten drei Stunden sowieso keine Seite lesen können. Er legte es beiseite und zog die Decke ein Stückchen höher.

„Bist du nur hier, um über das Blag zu schwärmen?“, fragte Spencer verständnislos.

„Wenigstens mal ein neues Thema, nachdem ich mir stundenlang dein Geschimpfe über das Scheitern deiner Beziehung anhören musste“, warf Tala depressiv ein.

„Scheitern?“, fragte Bryan interessiert.

„Nichts ist hier gescheitert“, sagte Spencer verdrießlich. „Wir haben uns nur gestritten. Das tun viele Paare!“

Bryan verdrehte die Augen. „Zurück zu... Alles okay, Tala?“

Der Rotschopf hatte sich auf die Seite gelegt und den beiden somit den Rücken zugekehrt. „Ich will schlafen“, sagte er mit dumpfer Stimme.

Bryan warf Spencer einen fragenden Blick zu, der etwas verwirrt erwidert wurde. Er ging um das Bett herum, um Talas Gesicht sehen zu können. Verdutzt fragte er: „Weinst du etwa?“

„Denkt ihr eigentlich immer nur an euch?“, entgegnete Tala und blinzelte ihn an. Tatsächlich hatten sich in seinen blauen Augen Tränen gebildet. „Könnt ihr nicht auch mal daran denken, was für andere Leute wichtig ist?“

„Was denn?“, fragte Spencer und stellte sich zu Bryan.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Bryan.

„Nichts ist in Ordnung!“, fauchte ihn Tala an. „Und dass du das nicht merkst, ist einfach nur traurig!“

„Ist es wegen der Verbrennungen?“, fragte Spencer besorgt. „Der Arzt hat doch gesagt, das zumindest dein Gesicht wieder normal sein wird.“

„Es ist mir scheißegal, wie ich aussehe!“, meinte Tala und setzte sich auf, wobei er schmerzhaft das Gesicht verzog. „Ich bin nicht mehr so arrogant wie früher. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass ich der einzige bin, der verstanden hat, was vor zwei Tagen passiert ist!“ Die Tränen flossen nun seine Wangen hinunter und seine Schultern bebten. Er weinte nicht laut, doch Bryan und Spencer genügte der Anblick ihres gebrochenen alten Teamleaders, um beschämt die Blicke abzuwenden. „Das Gebäude ist explodiert“, sagte Tala mit leiser Stimme und nun konnte er sich das Schluchzen nicht verkneifen. „Wie haben Ian nicht retten können.“ Er blickte unter Tränen zu Spencer und Bryan auf, die jedoch beide zu Boden sahen. „Er war noch da drin! Er ist tot! Ian ist tot!“
 

„Ich kann immer noch nicht glauben, dass jetzt alles vorbei ist“, sagte Kai und blickte von seinem Frühstück zu Ray und Kenny auf, die gemeinsam mit ihm an dem Tisch saßen. „Es wird immer stiller und wir werden immer weniger...“

Kenny runzelte die Stirn. „Du klingst wehmütig“, stellte er abwertend fest. „Hast du etwa... Spaß gehabt?“

Kai winkte ab. „Nein.“ Er rührte nachdenklich den Löffel in seiner Kaffeetasse um. „Aber es war schön, euch mal wieder zu sehen.“

Der brünette Mann verdrehte leicht die Augen und biss von seinem Brötchen ab. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er an diesem kleinen Abenteuer gar nicht erst teilgenommen, aber er war ja förmlich gezwungen worden. Glücklicherweise zählte er zu den Leuten, die mit ein paar Schrammen davongekommen waren. Er freute sich schon auf das Flugzeug, das er in ein paar Stunden betreten würde. Erst wenn er aus Kais Reichweite verschwunden war, würde er sich wirklich sicher fühlen.

„Was hast du jetzt eigentlich vor, Ray?“, fragte Kai und wandte sich an den Chinesen, der sich bisher dezent aus dem Gespräch herausgehalten und bloß finster vor sich hingestarrt hatte.

„Habe ich es dir zu verdanken, dass Cheng in eine Klinik eingewiesen wurde?“, stellte dieser düster eine Gegenfrage.

Kai seufzte leicht. „Solltest du mir nicht dankbar sein?“, fragte er.

„Lass' mich doch einfach in Ruhe“, meinte Ray schlecht gelaunt. „Wenn dir mein Leben nicht passt, dann denk' einfach nicht darüber nach. Ich pfusche dir doch auch nicht andauernd ins Handwerk. Stell' dir mal vor, ich würde plötzlich bei irgendeiner hochgeheimen Konferenz erscheinen und sagen Hey, ich mag die Leute da nicht, Kai. Du darfst keine Geschäfte mit ihnen abschließen! Du benimmst dich, als wärst du meine Mutter!“

Kai antwortete nicht, sondern hob seine Tasse, um genüsslich einen Schluck zu trinken. Er beobachtete Ray, der weiter von sich hin schimpfte. Aber wirkliche Beachtung schenkte er den Worten des Jüngeren nicht. Es stimmte ihn zwar traurig, was aus Ray geworden war, aber seine Anwesenheit brachte ihm trotzdem gute Laune. Nein, es war nicht seine Anwesenheit. Vielmehr die Tatsache, dass Ray ihn ankeifte. War der Chinese etwa gerade dabei, sein altes Selbstbewusstsein wieder hervor zu kramen? Kai stellte die Tasse ab und lächelte Ray an, der mit einem „Habe ich mich klar ausgedrückt?“ seinen Monolog beendete.

Plötzlich wusste Kai, was er zu tun hatte. Er musterte sein Gegenüber. Rays schwarzen Haare waren in den letzten Wochen häufiger gewaschen worden und sahen dementsprechend beinahe genauso schön aus wie früher. Er trug vernünftige Kleidung, die Kai ihm geliehen hatte, und wirkte beinahe genauso stark wie früher.

„Was ist?“, fragte Ray verwirrt, als er Kais prüfenden Blick bemerkte.

„Weißt du was, Ray?“ Kais Lächeln wurde breiter. „Ich denke, ich habe 'nen Job für dich!“

Erwachen

Ein leises, stetiges Piepen weckte ihn aus seinem langen Schlaf. Er wusste nicht, wie lange er schon hier lag, aber er hatte das Gefühl, eine Ewigkeit geschlafen zu haben.

Er wagte es nicht, die Augen zu öffnen, denn aus einer unbestimmten Ahnung heraus wusste er, dass das weiße Licht ihn blenden und seine Augen brennen lassen würde.

Es war hell, zu hell...

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nicht gewusst, dass Licht auch wehtun konnte.

Sein Arm schmerzte, doch er traute sich nicht, ihn zu bewegen.

Als er die Hand schützend vor seine tränenden Augen legen wollte, zog ein quälender Schmerz durch seinen Arm. Entsetzt sah er an sich herab. In seinem Arm steckten Nadeln, die Flüssigkeiten in seinen erschöpften Körper fließen ließen.

Er drehte den Kopf zur Seite. Seine Augen taten ihm weh, obwohl er sie geschlossen hielt. Er fühlte sich müde und krank. Und er wusste nicht, wo er war. Was war passiert?

„Mama?“, fragte er leise und blinzelte wieder gegen das Licht. Die Tränen, die über seine Wangen flossen, zeugten nicht von dem Brennen des Lichts, sondern von Angst. Er sah sich in dem Raum um. Alles war weiß...

Schließlich öffnete er die Augen vorsichtig und sah die weiße Wand an. Wieso war ihm seine Situation so vertraut? Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er Schmerzen hatte, dass er schlafen wollte...

Er schrie nicht. Er wiederholte das leise geflüsterte Wort auch nicht. Seine Mama war nicht hier und er spürte, dass sie ihn nicht hören konnte.

„Mama“, murmelte er unterbewusst das einzige Wort, das ihm einfiel. Er erinnerte sich plötzlich an den Unfall. An das ganze Blut. Und an den Mann, der ihm aus dem Auto geholfen hatte. Aber das war doch schon so lange her... Danach kam doch noch so viel Zeit...

Wo war er? Und warum war er hier?

Er hatte vergessen, wie es passiert war. Sie hatten im Auto gesessen, geredet. Und dann war alles schwarz geworden. Er hatte Zeit verloren. Ob es mehrere Minuten oder nur Sekunden waren, konnte er nicht sagen.

Er versuchte, sich zu erinnern, aber er musste wieder vergessen haben. Und dieses Mal handelte es sich nicht um wenige Augenblicke, sondern um Jahre. Sein Körper kam ihm fremd vor und obwohl er den Ort abstoßend und beängstigend fand, kannte er ihn aus seinen Träumen. Oder waren das keine Träume, sondern Erinnerungen? Auch das wusste er nicht mehr.

Sie hatte da gelegen, in ihrem eigenen Blut. Alles war voller Blut gewesen. Auch seine Hände.

Er hob vorsichtig einen seiner Arme und hielt sich die Hand vor das Gesicht. Als er sie betrachtete, konnte er kein Blut sehen. Aber Narben. Alte Narben. Und frische.

Er schluckte weitere Tränen hinunter. Er wollte nicht weinen, auch wenn er wusste, dass sie tot war. Denn er spürte, dass er seine Tränen für etwas anderes bewahren sollte. Für etwas schlimmeres als den Tod.

Er hatte sich das Weinen als Kind abgewöhnt, fiel ihm ein, doch nun spürte er, wie ein leises Schluchzen über seine Lippen wich. Erschrocken starrte er seine Hand an. Warum weinte er? Er hatte Angst. Doch die Angst kam ihm nicht fremd vor. Nein, sie wirkte wie ein alter Vertrauter.

Er hörte Schritte, bevor die Tür aufging und ein Mann den Raum betrat.

Er setzte sich auf, die Nadeln in seinem Arm ignorierend. Plötzlich fiel ihm wieder alles ein. Die ganzen Jahre, die er an diesem Ort gelebt hatte. Die Schmerzen, die er in den letzten Wochen hatte erdulden müssen. Den Verlust seines einzigen Freundes. Und die Angst vor dem Mann, der ihm gegenüberstand.

„Guten Morgen, Ian“, lächelte Boris sanft. „Jetzt habe ich dich schon zum zweiten Mal gerettet. Ich hoffe, du erweist dich als dankbar.“
 


 

~
 

Ich will ganz ehrlich sein: Der Epilog war einer der ersten Teile, die ich von Tajemnica geschrieben habe. Ich schreibe ja gerne mal quer, zum Beispiel habe ich jetzt schon Teile aus dem ursprünglich geplanten dritten Teil, wobei ich nicht mal weiß, ob ich den jemals schreiben werde...

Jedenfalls wisst ihr jetzt, was aus Ian geworden ist *drop*
 

An dem Ende merkt man ja, dass von vornherein ein zweiter Teil der FF geplant war. Ich habe diese Fortsetzung, die den Namen Spisek tragen sollte, auch schon angefangen, allerdings bin ich mir momentan nicht ganz sicher, ob ich sie wirklich zu Ende schreiben werde, weil ich in den letzten Monaten unheimlich viel Stress hatte und das wohl im nächsten Schuljahr noch schlimmer werden wird.

Wenn ich die FF online stelle, müsstet ihr euch vermutlich oft ziemlich lange gedulden (okay, das musstet ihr auch hier... <.<). Also, soll ich die Fortsetzung noch reinstellen?
 

Danke, dass ihr die ganze Zeit über dabei geblieben seid *knuddel* Die FF war lang und verwirrend.. Und ihr habt trotzdem durchgehalten!

*euch dafür Blumensträuße überreicht* <-- die habt ihr verdient *lach*
 

*knuddel*

Joey



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Von:  Traiko
2013-06-29T21:57:06+00:00 29.06.2013 23:57
Wow, fantastisch, wirklich!
Vielen Dank für diese wunderbare Fanfiction!

Du hast meiner Meinung nach die Character wirklich gut getroffen. Auch die eigenen Character haben mir gut gefallen, sie waren alle ganz individuell, wurden gut eingeführt und kamen glaubwürdig rüber.
Dass du Max hast umbringen lassen, hat mir persönlich zwar nicht gefallen, aber es wunderbar in die Geschichte gepasst. Ein wunderbarer Aufhänger (auch wenn ich mir wünsche, dass er seinen Tod insgeheim nur vorgetäuscht hat. Das würde vielleicht ganz gut für den angekündigten 2. Teil kommen).
Und auch bei Ray kann ich es mir am ehesten vorstellen, dass er abrutscht und am Ende ist.
Kai als die Person, die alles beisammen führt und am Laufen hält.
Ja, das kann ich mir alles sehr gut vorstellen.

Du hast es immer wieder geschafft, der Geschichte neuen Wind zu geben, die Cliffhänger haben mich dazu animiert, das ganze beinahe an einem Stück durchzulesen. Auch dein Schreibstil mochte ich sehr.
Ich hätte mir nur gewünscht, noch mehr über die übrigen Beyblader zu erfahren. Aber es ist schon okay so. Schließlich waren es ja schon echt viele, die sich wieder gefunden haben.


Ich hoffe, dass du doch noch einen 2. Teil zu dieser Geschichte schreibst, einen Ausgangspunkt hast du ja.
Bis dahin kann ich diese FF getrost weiter empfehlen und in meine Favoriten packen ;)
Danke!
Von: abgemeldet
2009-10-02T12:54:07+00:00 02.10.2009 14:54
Sooo und weiter gehts x3.

Irgendwie ist das ja rührend, wie Ray so unauffällig versucht, wieder Kontakt zu den anderen zu bekommen - ist gar nicht so leicht nach so vielen Jahren.
Er tut mir irgendwie leid, das muss eine sehr unangenehme Situation sein, ich kenn das ansatzweise uu.
Aber zur Not hat er ja noch Cheng x//3.

Also, Dizzy verbirgt sich in dem Schließfach - jetzt bin ich aber wirklich platt, damit hätte ich nun am wenigsten gerechnet...

>„Könntet ihr diese Feinseligkeiten bitte unterlassen?“, fragte Mariah entnervt
Da fehlt ein d :3.

'Du redest mit mir' XDDDDD Naaaaaain, wie süß is das denn xDD. Gott, ich hab den Kerl so lieb, das passiert mir selten bei Eigencharas, aber du hast es geschafft x3.
Und, es ist irgendwie immer dicke Luft zwischen irgendwem. Meine Güte, ich glaube, ich als Kai hätte mich schon längst vom nächsten Hochaus gestürzt xD.

>der eingesehen, dass er in seiner Jugend einen kleinen Fehler gemacht hat.
Nach eingesehen fehlt das hat.

Also, das ist ja mal ein klassischer Fall von Autsch, 'einen kleinen Fehler'.
Aber gleich in einer geschlossenen Abstalt, findest du das nicht ein wenig ZU übertrieben? Eine offene hätte es doch auch getan, immerhin hatte Ray ja keine Störung in DEM Sinne und nur aufgrund eines Traumas wird man ja nicht gleich in die geschlossene eingeliefert óo.

>„Wäre ich neutral, würde ich auch keiner Seite stehen, Johnny“
Auf, nicht auch

Süß, wie sie da in Erinnerungen schwelgen... mir gefällt, dieser Rückblick auf die Kabbeleien von Spencer und Ian xD.
Uh, Kai kriegt ja irgendwie gerade eine sehr lustige Ader - ob das der Stress ist, der ihn so sein lässt? Keine Ahnung, es gefällt mir auch so - beneide mich um meinen Reichtum, klasse XD.
'Dizzi, du verdammte Schlampe' xD Omann, mit Kai gehts echt durch, wie xD?

Oha, jetzt bin ich aber gespannt, wer da in der Zelle hockt.
Mal überlegen, wer würde sich wohl freuen, Tala zu sehen...
Boahr... Kenny wohl iwie nicht, ich mein, was will der mit Tala... Max is tot, es sei denn er hat seinen Tod nur vorgetäuscht und Ian...?
Hm, kann nich sein, der wurde ja vorher vom Wächter schon erwähnt, also wer zum Teufel is das @@.
Naja, werden wir ja dann sehen.
Eine tolle FF bis jetzt übrigens x3.

LG, Katze
Von: abgemeldet
2009-10-02T12:07:52+00:00 02.10.2009 14:07
So, und wieder frisch ans Werk ^^.

Oho, jetzt gehts ja mal mit Ray weiter, da bin ich ja mal gespannt ^^.
'In der Hoffnung, nicht von der restlichen Welt vergessen worden zu sein', ach Gottchen, wie mitleiderregend QxQ.
Armes Rayray, ich mags an mich drücken und kuscheln und liebhaben xD.
Aber herrlich diese Selbstironie, das könnte ich sein... ich bade auch ziemlich häufig in Selbstmitleid xDD
*lol* Ein Spitzel der Regierung - klar, deshalb lebt er auch derart trostlos und heruntergekommen xDD.
Hm, sucht Ray jetzt ein öffentliches Telefon, weil er selbst keines hat oder weil er Angst hat, abgehört zu werden? Ich vermute mal eher ersteres...
Also, Kai und Euphorie, das passt irgendwie zusammen, wie ein Schneemann und Sommer @@. Ich kann mir Kai gar nicht so überschwänglich vorstellen...
Irgendwie find ich Ray und Cheng putzig zusammen, das Kabbeln, aber auch finde ich wird deutlich, dass sie sich gegenseitig irgendwie wichtig sind... das merkt man irgendwie, kann es gar nicht richtig beschreiben...
Ooch 'er war auch prominent' xDD Wie süüüß Michael da rum-mimi~t x33
Warum kriegt er aber ich nicht LOL, ich kannes nur wieder betonen typisch Mann.
O Gott ich hab grad sonen Lachflash, diese Konversation, wo Ray versucht herauszufinden, wer jetzt nun Jimmy ist, alter, ich kann grad nich mehr XDDDDDDDDDDDDDDDDDD. DAMN ist das LUSTIG.
Oho, Mariah ergreift Partei, yay, so gehört sich das x3.
Ohmann, das ist ja wie im Kindergarten, ich will dass der nich mitkommn - dann darf die aber auch nicht mitkommen XD. Mensch ich hab mich selten so amüsiert XD.

Boahr, ist das fies an so einer Stelle aufzuhören, pfui >.<
ber, ich kann ja gleich weiterlesen.
Btw. hab ich schon erwähnt, dass ich Cheng mag xD. ich find den derbst niedlich x333.
Von: abgemeldet
2009-10-02T11:47:02+00:00 02.10.2009 13:47
Soo, jetzt taucht Ray mal indirekt auf der Bildfläche auf, da bin ich aber mal gespannt, was der so zu sagen hat =3.
Wie gut, dass ich gleich weiterlesen kann und nicht erst auf das nächste Kapitel warten muss xD.

Irgendwie find ich die Vorstellung lustig von Michael und Spencer so in Trenchcoats und mit schwarzen Hüten und alles XD.
Also, wenn sie SO niemandem aufgefallen sind, dann glaub ich echt an gar nichts mehr XD.
*kicher*
Oho, sie knacken einen Wohnwagen - irgendwie find ich die Vorstellung lustig, dass da Männer über 30 zu was weiß ich wievielen vor einem Wohnwagen stehen und versuchen ihn aufzubrechen xD.
Wenn da auch nur einer vorbeigekommen wäre... immerhin sind die meisten von denen ja Personen der Öffentlichkeit.
Alter, Spencer und Bryan, da glaubste doch an gar nix mehr - das eirnnert mich irgendwie so an meine alte Schulklasse... wobei... es sind Kerle, da wundert einen ja gar nichts mehr *eg*
So, mit einem unkreativen Kommi verabschiede ich mich mal bis zum nächsten Kapitel, vielleicht krieg ich meine fünf heute noch zusammen, dann schieb ich das nich wieder den Rest des Monats vor mir her :]
Von: abgemeldet
2009-10-02T11:11:16+00:00 02.10.2009 13:11
Hier steht noch dein alter Nickname am Ende vom Kapitel ;)
- Wenn wir schon beim Thema sind ich persönlich finde es eigentich überflüssig so einen Autorenschlussatz noch hinzuschreiben - das wirkt nicht nur störend im Lesefluss, wenn man die FF am Stück lesen möchte, sondern... naja, ich kann nicht für alle sprechen, aber mich persönlich stört sowas irgendwie, da es wirklich keinen Unterschied macht ob da steht, 'Hats euch gefallen' etc. oder nicht ^^.

So, nun aber zum Kapitel (Du solltest wirklich mal die Textaufteilung überarbeiten, das ist nicht schön, so zu lesen, wenn das alles in eine Ecke gequetscht wurde >.<)
Mir hat die Anfangsszene sehr gut gefallen, mit Tyson und Tala auf dem Friedhof. Ich fand es sehr überraschend und irgendwie auch erschütternd, dass jemand wie Tala so Gefühle zeigt...
Auch das Gespräch der beiden hat mich irgendwie bewegt und vor allem Tysons innerer Monlog, dass er sich nicht einmal mehr an die Lieblingsblumen seines ehemaligen Freundes erinnern könne und das alles...
Das macht diese Distanz nur nochmal deutlicher.

Ohmann, Spencer ist echt ein Mann, wie er im Buche steht - bloooß nicht zugeben, dass man im Unrecht ist, obwohl er in diesem Fall WIRKLICH im Unrecht ist, immerhin ist das schon n starkes Stück, so über ein kleines Kind zu reden... wobei ich bezweifele, dass Nikolai das wirklich schon so in seiner Tragweite registriert hat...
Godlike Bryans Sticheleien von wegen, der erste Schwarze, der zu Max Grab kommt, klasse - das könnte ich sein xDDD, hab mich echt köstlich amüsiert.

Und Max Verschwinden und Ians Verbleib stellt die Leute ja wirklich vor ein Rätsel, das wird ja immer mysteriöser @@
Von: abgemeldet
2009-10-02T10:49:18+00:00 02.10.2009 12:49
Ich find das erste Treffen sehr gelungen, nach anfänglichem Misstrauen und Antipathie gewinnen sie sich doch recht gerne und merken, dass man sich eigentlich gar nicht hassen muss ^^.
Und da kommt auch schon der Rest der Bagage - betrunken, na das wird ein Spaß.
Wenn ich ehrlich sein soll, hatte ich so gar kein Mitleid mit Bryan und Kai, ich find es unglaublich lustig, wenn die Charas betrunken sind XD.
Der Niggerjunge sieht aus wie Jim Knopf", omann, damit hast du echt den Vogel abgeschossen, ich hab mich so weggeschmissen, das glaubste net XD.
Und Tala hat irgendwie auch für einen Lacher gesorgt 'legt sich auf den Boden udn schläft ein xD... das erinnert mich so dunkel an ein Besäufnis, dass ich vor Jaahren mal mit meinem damaligen Ausbildungsjahregang hatte - ich bin neben der Toilette eingepenjnt XDD.
Naja, aber zumindest haben sie sich jetzt alle irgendwie lieb .- Alkohol lockert schließlich die Stimmung und ich hab so gar keine Ahnung, wa sich noch schreiben soll...
Außer, dass ich finde, dass du den Text irgendwie komisch aufgeteilt hast, der ist so linksbündig, das wirkt irgendwie irritierend @@.
Und, dass Bryan und Kai jetzt Verbündete sind, gefällt mir auch... mal so nebenbei, darf man in dieser FF eigentlich auf irgendein Pairing hoffen oder ist das eher im Genre Gen zu beherbergen :3?
Von: abgemeldet
2009-09-26T17:41:55+00:00 26.09.2009 19:41
Na das ist ja mal ein herzliches Wiedersehen, meine Fresse, Kai is ja wirklich unglaublich nett - gleich so fast anstelle eines Hallos 'Sicher, dass das Kind von dir ist?' man ich hätte ihm sowas von eins auf die Rübe gegeben, Alter~
Und die Sekretärin ist ja mal mehr als dreist, sich so abfällig über jemanden auslassen, wenn dessen Freund oder Bekannter gleich in der NÄhe hockt.
Und Ian ist entführt worden, was? Direkt unter Kais Nase weg, das nenn ich mal brisant.
Manno, cih weiß gar nicht, wa ich schreiben soll, das Kappi war ja leider so kurz, da fallen meine Kommis auch nciht sonderlich lang aus ;__;
Verzeih mir, ich bin kümmerlich u.u

Hdl, Katze
Von: abgemeldet
2009-09-26T17:25:22+00:00 26.09.2009 19:25
Soso, Kai setzt ja wohl wirklich alle Hebel in Bewegung...
Ausgerechnet Kai, das überrascht mich doch, auch wenn es auf der anderen Seite mal wieder beweist, dass in ihm eigentlich ein guter Kern steckt.
Daran habe ich natürlich keine Sekunde gezweifelt :P.
Wa sich umso erschütternder finde ist, dass es die anderen gar nicht soo sehr zu interessieren scheint... besonders bei Tyson hätte ich auf ein wenig meh Mitgefühl gehofft... immerhin waren die beiden die besten Freunde, ganz zu schwiegen, was sie alles miteinander erlebt haben *seufz*

Achmann, es liegt mir immer noch schwer im Magen, dass ausgerechnet Max... auch wenns nich mein Lieblingscharakter war... aber bei den Sonnenscheinchen trifft es einen wohl am meisten...

Mal was anderes. Ich will nur zu gerne wissen, was jetzt mit Kai passiert ist, du machst es aber auch spannend, ich muss gerade meine ganze Selbstdisziplin aufbringen um den Kommi nicht Kommi sein zu lassen und nicht einfach weiterzulesen.
Naja, eigentlich bleibt mir auch gar nichts mehr zu sagen, dein Schreibstil ist wunderbar und ich entdecke eigentlich nichts Verbesserungswürdiges, also freu ich mich mal guten Gewissens auf das nächste Kapitel.
Achmann xD. Ich komm mir irgendwie so drittklassig vor, wenn ich deine FFs lese xD"
(Das ist irgendwie deprimierend u.u)
Von: abgemeldet
2009-09-22T13:32:53+00:00 22.09.2009 15:32
So, ich muss mich langsam mal um meine Monatskommis kümmern, also *Tschakka*, auf in den Kampf x3.

Oha, das Kapitel geht ja schon übel los - Max ist tot, der Arme - aber wie meine beste Freundin einmal in einer Geschichte schrieb
'Die Menschen, deren Leben perfekt scheint, die mit jedem gut klarkommen, das sind die, die dann am Ende Selbstmord begehen und sich dann jeder fragt: Warum???'
Das hat mich irgendwie getroffen und mir wird ein wenig klamm, ich frage mich gerade auch: Warum?
Und das muss wirklich hart sein für Tyson, in seinem Glücksmoment so eine erschütternde Nachricht zu erfahren...

Es ist wirklich erstaunlich, dass Tala und Tyson befreundet sind - nun gut, ich kenne das, ich bin heute auch mit Menschen befreundet, bei denen ich das nie für möglich gehalten hätte xD, es ist trotzdem ganz interessant sowas zu lesen...
Tyson als Schauspieler? Na, ob der da die richtige Selbstdisziplin dafür hat halte ich für fraglich, aber andererseits entwickelt man sich ja weiter, wenn man älter wird ^^...

Mensch ey, Kai ist so herzlos... das bisschen schlechte Gewissen macht es auch nicht wieder wett, man ey <<. *Kai hau*, man könnte wneigstens den Anstand haben, zu der Beerdigung eines alten Kindheitsfreundes zu kommen, das ist ja wohl wichtiger, als so ein paar scheißmeetings *sich derbst darüber aufreg*
Aber gut getroffen hast du Kai dennoch, auch wenn ich ihn dafür hasse, wie er sich benimmt >.<

Ohmann, ich nehm alle szurück, Die Szene auf dem Friedhof, wo er auf Ian trifft - nicht nur, dass das eine Menge Fragen aufwirft, es ist auch irgendwie ergreifend, dass ihm die Tränen kommen und ihn diese Erkenntnis so trifft, wie ein Vorschlaghammer... Man ey, ich bin so neugierig - und zum ersten mal froh, dass eine FF schon abgeschlossen ist, wenn ich sie zu lesen anfange XD.
Werd mich dann heut Abend mal auf die nächsten Kapitel stürzen x3.

Hab dich lüp <3
Von: abgemeldet
2009-09-17T12:55:08+00:00 17.09.2009 14:55
Sooo... *händereib* Da bei mr noch ein paar Monatskommis ausstehen, dachte ich ich nehme mir endlich mal diese FF vor - sie spucte mir ständig vor Augen rum xD.

Also zugleich gefällt mir der Einstieg sehr gut. Die Szene im Restaurant mit Tyson und seiner Frau in spe - das ist richtig gewählt um dem Leser den Eindruck zu vermitteln, dass wirklich ein zeitlicher Abstand zwischen der FF und dem Beybladen liegt. Ich finds auch toll, dass er nicht klischeemäßig mit Hiromi zusammenkommt - ich meine, es ist ja nicht so, als gäbe es keine anderen Frauen mehr auf der Welt XD.
Und Ray tut mir irgendwie leid... so ein Schicksal hätte ich eher Tyson
zugetraut, aber du beweist mal wieder bravourös, dass es auch ohne Klischees geht ^^.
Ich meine, Spencer als Schauspieler... das hätte ich dem am wenigsten zugetraut, immer diese harte Miene, da kann man sich gar nicht vorstellen, dass er sowas kann...
Und das von Mariah hat mir beosnders gut gefallen... Sie hat ein gutes Herz und das kann ich mir sehr gut bei ihr vorstellen, dass sie sich sozial engagiert.

Wie ich bereits erwähnt habe, ich finds gut, dass du die Blader nicht alle unter sich zusammenkommen und heiraten lässt, das wirkt gleich viel realistischer, auch wenn ich mich erst an die ganzen Eigencharas gewöhnen muss.

Ich wundere mich zwar über die bunte Mischung im Prolog, aber naja, du verfolgst da sicher ein System XD.

Naja, dann bis zum nächsten Kapitel x3.
LG, Katze


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