Auf nach L.A.
Hallo!
Danke für eure Kommentare!
Und danke dafür, dass ihr Bryan Dreckblag anscheinend mögt... Ich mag
Nikolai (ja, er hat einen Namen!!) nämlich auch und immerhin gehört er zu den
Hauptcharakteren (okay, ein bisschen übertrieben...)
Ansonsten: Natürlich kommt Tala nicht mit Svenja zusammen o.o Bevor ich
ihn mit einer Frau verkuppel, lasse ich ihn lieber einsam sterben (ich durfte
in der FF nämlich nur einen einzigen Charakter schwul schreiben *sniff*)
Viel Spaß beim Lesen!!
„Ja, ich denke, ich weiß, wer es war“, sagte Kai etwas säuerlich an seine
Sekretärin Alana gewandt. Sie saßen gemeinsam in Kais Büro und tranken Kaffee,
um sich von dem Schock zu erholen.
Es war schon weit nach Mitternacht. Sie mussten mindestens drei Stunden
bewusstlos im Vorzimmer zu seinem Büro gelegen haben. Vermutlich war es
vergast worden. Noch immer hing ein unangenehmer Geruch in der Luft. Deshalb
war Alana auch jetzt hier bei ihm.
„Wirklich?“, fragte sie und trank einen Schluck aus ihrer dampfenden Tasse.
Kai schlurfte zu dem Kühlschrank und holte eine Cola-Dose heraus. Er presste
sie gegen die Macke an seinem Kopf, die er sich zugezogen hatte, als er gegen
die Wand gefallen war. Ein Glück, dass es nicht mehr war. Mit einer Beule
konnte er problemlos leben.
„Nach deiner Beschreibung...“ Er nickte. „Ich kenne nicht viele Kleinwüchsige
in zerbeulten Sachen.“ Er setzte sich ihr gegenüber in die Sitzecke, in der er
für gewöhnlich mit Geschäftspartnern saß. „Das war Ian, ein Bekannter von
mir.“ Er seufzte. „Den sehen wir vermutlich nicht so schnell wieder.“
„Warum?“, fragte sie besorgt.
„Ich nehme an...“ Kai schluckte. „Vermutlich ist er entführt worden.
Vielleicht hat ihn irgendjemand verfolgt.“
Ian hatte gesagt, dass Max ermordet worden war.
Immer und immer wieder schoss es Kai durch den Kopf, wie Ian ihn angeschaut
hatte.
„Ist dir vielleicht mal der Gedanken gekommen, dass er wirklich in der
Klemme stecken könnte? Dass er vielleicht Feinde hatte?“
Er hatte nicht nur über Max geredet.
Er hatte sie beide gemeint.
Und jetzt war er unter Kais Nase einfach so entführt worden.
Aus Kais Büro heraus!
Und er hatte hier gesessen und an ihn gedacht. Was für eine Ironie!
„Echt? Er wirkte nicht sehr auffällig“, wunderte sich Alana. „Weshalb sollte
jemand einen Kleinwüchsigen entführen?“
Kai runzelte die Stirn. „Du erinnerst dich bestimmt an meinen Freund, der vor
eineinhalb Wochen gestorben ist?“, fragte er.
Sie nickte leicht.
„Ian war enger mit ihm befreundet, nehme ich an. Ich habe nach der Beerdigung
mit ihm geredet.“ Kai lehnte sich zurück, noch immer die Cola-Dose an seinen
Kopf pressend. „Er hat behauptet, Max wäre umgebracht worden.“
„Was?“, fragte Alana entsetzt. „So eine freche Behauptung!“
Kai zuckte leicht mit den Schultern. Mittlerweile erschien ihm diese
Behauptung alles andere als frech. Allmählich begann er wirklich, daran zu
glauben.
Sonst wäre ihm doch jetzt nicht klar gewesen, dass Ian entführt worden war.
„Er ist immerhin einer meiner besten Freunde gewesen“, versuchte Tyson, zu
erklären.
„Aber es kommt so plötzlich“, beschwerte sich Alissa. „Der Typ hat angerufen
und du packst sofort deine Sachen!“
„Alissa, Liebes“, seufzte Tyson und hörte auf, seine Sachen zusammen zu
packen. Er ging auf sie zu und umarmte sie. „Kai hat vollkommen Recht. Wir
sollten der Sache wirklich nachgehen. Immerhin ist der Einzige, der etwas
wusste, spurlos aus Kais Büro verschwunden!“
„Deshalb musst du nach L.A.?“, ärgerte sie sich. „Was willst du da?“
Tyson ließ sie wieder los und faltete seine T-Shirts doppelt, um sie alle in
den Koffer zu kriegen. „Ich will wissen, warum Max gestorben ist.“ Nachdem er
auch sein Textbuch und ein Foto von Alissa eingepackt hatte, schloss er den
Reißverschluss seines Gepäckstücks. „Und ich will die Chance nutzen, dass Kai
uns extra ein Flugzeug stellt.“
„Tala kommt also auch mit?“, fragte sie ernst und runzelte die Stirn.
Tyson nickte. „Aber eher wegen Ian. Er ist unheimlich besorgt.“ Er stellte den
Koffer auf und trug ihn dann die Treppe hinunter.
„Glaubst du, ich bin nicht besorgt?“, fragte sie, während sie hinter ihm
hereilte.
Tyson lächelte sanft.
„Was ist mit der Arbeit?“, fragte sie. „Müsst ihr nicht proben? Für die
Premiere?“
„Das geht jetzt vor.“ Tyson öffnete die Haustür. „Alissa, wir sind doch bald
wieder da. Ist doch kein Drama.“
Bryan trommelte ungeduldig einen Rhythmus auf seinen Oberschenkeln. Er blickte
abwechselnd zur angrenzenden, verschlossenen Bürotür und dem Eingang zur
Toilette, wo sein Sohn Nikolai vor etwa einer Minute verschwunden war. Hin und
wieder ließ Bryan seinen Blick auch kurz zu der jungen, blonden Frau, die
hinter ihrem Schreibtisch saß und ihn ziemlich eindringlich musterte, wandern.
Im Gegensatz zu ihr besaß er jedoch Schamgefühl, weshalb er jedes Mal schnell
wieder wegsah.
Er fühlte sich mehr als nur fehl am Platze in seiner einfachen, verwaschenen
Jeans und dem gewöhnlichen Pullover. Er hätte sich ja ordentlich angezogen,
wenn Kai ihm mitgeteilt hätte, dass die Adresse, an die Bryan hatte kommen
sollen, ein hochmodernes Bürogebäude mit sterilen, blau gekachelten Gängen und
strengen Sekretärinnen war, die ihn allesamt angestarrt hatten, als wäre er
ein Fremdkörper – der er ja auch eigentlich wirklich war! Hätte Kai ihm nicht
einfach seine Privatadresse geben können?
Die Frau starrte ihn noch immer an, bis sie schließlich zum Telefonhörer griff
und zwei Tasten drückte.
Bryan sah betont desinteressiert weg, weshalb sie sich traute, mit leiser
Stimme zu sprechen: „Mr Hiwatari, jetzt kommen Sie doch endlich. Nicht dass
der Penner uns auch noch vergast und geklaut wird.“ Als Lehrer war Bryan geübt
darin, zu hören, was nicht für seine Ohren bestimmt war. Er sah Kais
Sekretärin kurz irritiert an, bevor er sich etwas versteifte und wieder in die
andere Richtung blickte. Er konnte dieses... dieses Weib nicht ausstehen! Wenn
sein Anblick auf sie so schockierend wirkte, dass sie es nötig hatte, ihn vor
ihrem Chef als Penner zu deklarieren, dann sollte sie ihn gefälligst
nicht so lüsternd anstarren! „Jaja“, murmelte sie mit einem niedlichen
Lächeln. „Der Kerl war ein Mensch und wurde nicht geklaut, sondern
entführt...“ Ihrem resignierenden Tonfall konnte Bryan entnehmen, dass sie
wohl häufiger für das Wort geklaut in diesem Zusammenhang
zurechtgefahren worden war. „Aber er war doch so klein“, kicherte sie. „Fast
wie ein Kind. Also wurde er doch eigentlich gekidnappt, nicht wahr?“
Das reichte Bryan. Er stand auf, durchquerte den Raum mit drei Schritten und
riss ihr den Telefonhörer aus der Hand. Er drückte einfach auf den Hörer und
ließ das Gerät zurück auf den Tisch fallen.
„Red' nicht so über Ian“, fauchte er sie an.
Sie zuckte erschrocken zurück und blickte ihn aus großen, blauen Augen an.
„Paps?“, fragte plötzlich eine Stimme aus Richtung der Toilettentür. „Die
haben da drin keine Handtücher.“
Bryan warf der Frau einen kurzen, warnenden Blick zu, dann wandte er sich an
seinen Sohn: „Dann wisch' dir die Hände an der Hose ab.“
„Okeee“, lächelte Nikolai selig und tat das, was ihm seine Mutter immer
verboten hatte.
„Komm', lass uns jetzt reingehen“, forderte Bryan Nikolai auf.
„Sie können doch nicht einfach...!“, empörte sich die Frau, doch Bryan nahm
seinen Sohn bei der Hand, öffnete einfach die Tür und betrat Kai ziemlich
geräumiges, edel eingerichtetes Büro.
„Wow“, staunte Nikolai und blickte sich im Büro um. „Das ist ja cool!“
Mit seinem Ausruf machte er Kai auf sich aufmerksam, der gerade ein Telefonat
auf Englisch führte, welches er nun auflegte. Er blickte Bryan hitzig an.
„Kannst du nicht eine Minute lang warten?“, fragte er ziemlich unfreundlich.
„Ich habe mehr als nur eine Minute gewartet.“ Bryan schmiss die Tür hinter
sich zu und schob seinen Sohn in die Mitte des Raums. „Und ich habe es nicht
nötig, mich von einer strohdummen Sekretärin anstarren zu lassen.“
Kai verschränkte die Arme vor der Brust.
„Aber vermutlich hat sie andere Qualitäten als Diskretion...“, vermutete Bryan
unverschämterweise.
„Was will das Kind hier?“, ärgerte sich Kai.
„Das ist mein Sohn Nikolai“, stellte Bryan den Jungen, der artig hinter ihm
stand und Kai, der ja fies zu seinem Vater gewesen war, böse anguckte.
„Sicher, dass das Kind von dir ist?“, fragte Kai etwas abfällig.
Bryan funkelte ihn nun ebenfalls wütend an.
„Ich mein' ja nur“, murmelte Kai. „Immerhin bist du sehr blass und er...“
„Halt ja die Klappe“, fauchte Bryan ihn an, bevor er den Satz beenden konnte,
vermutlich damit sein Sohn nicht hörte, was Kai zu sagen hatte. „Meine...
Exfrau ist afroamerikanischer Herkunft“, erklärte er den Umstand, dass sein
Sohn ihm nicht sehr ähnlich sah, sondern mokkabraune Haut und schwarze, kurze
Haare hatte.
Kai unterdrückte ein belustigtes Grinsen. „Und deine afroamerikanische Exfrau
musste wohl ihrem Job als Reinigungsfachkraft nachgehen und konnte deshalb
nicht auf das Blag aufpassen?!“
Bryan drehte sich zu Nikolai um und nickte in Richtung der Couchgarnitur.
„Wartest du da mal auf uns?“ Das Gespräch wurde ihm zu rassistisch. So etwas
musste sein Sohn nicht unbedingt hören. Als Nikolai sich auf das Sofa
gelümmelt hatte und eine der Zimmerpflanzen begutachtete, antwortete Bryan
leise: „Sie ist Lehrerin, klar?“ Er machte eine kurze Pause. „Und selbst wenn
sie nur putzen würde – ehrlicher und besser als dein Beruf wäre es
allemal!“
„Da sonntags keine Schule ist, hättest du sie aufpassen lassen können“, fand
Kai. „Das Kind hat hier nichts verloren!“
Bryan presste die Lippen aufeinander und schüttelte dann den Kopf. Es war ihm
unangenehm, mit Kai darüber zu sprechen, aber er hatte Nikolai zum ersten Mal
seit mehreren Wochen für eine Ferienwoche bei sich. Und diese Gelegenheit
wollte er voll und ganz ausnutzen. Da war es ihm egal, ob Kai ihn nach L.A.
schleppte oder sonstwas tat. Außerdem war Nikolai von der Idee, nach L.A. zu
fliegen, hellauf begeistert gewesen. Und schließlich hatte er seinen Vater
auch vermisst. Er hatte die etwa einstündige Autofahrt nach Moskau damit
verbracht, über Marinas neuen Freund, Sascha, zu jammern und ständig zu
betonen, wie blöd der doch sei.
„Wollen wir nicht allmählich los?“, fragte Bryan schließlich.
„Klar.“ Kai stand auf.
Das sah Nikolai als Zeichen zum Aufbruch, weshalb er aufsprang und zurückkam.