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Die Rückkehr von Robin Hood

von

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Flucht ohne Wiederkehr

Ein ausgewachsener Falke flog hoch am Himmel über Old Shirefield Castle und kreischte in die Morgendämmerung hinein. Regen viel unablässig zu Boden und am schwarzen wolkenbehangenem Himmel zuckten bedrohlich Blitze und erhellten dem zur Nacht gewordenen Morgen. Dichter Nebel lag über dem Boden, so dass man kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Die Wachposten von Old Shirefield Castle gingen an der Befestigungsmauer auf und ab. Die alte und geschichtsträchtige Burg stand wie ein Fels in der Brandung nahe beim Sherwood Forest, auf der östlichen Seite. Ein kalter schneidender Wind blies ihnen um die Ohren. Schon seit einigen Tagen herrschte auf der mächtigen Burg der höchste Verteidigungsstand - man musste mit einem baldigen Angriff auf sie rechnen - deshalb konzentrierten sich die Wachmänner auf noch so kleine Geräusche die von außerhalb kamen und den Eindruck erweckten sie seien feindlicher Natur.

Eine angsterfüllte Spannung umgab die gesamte Burg und deren Bewohner, nur der Burgherr vermochte nach außen hin ruhig zu erscheinen.
 

Lord Ambrosius von Shirefield war schon im gesetzten Alter von 66 Jahren, zu dieser Zeit galt dies als ein sehr hohes Alter, denn die Lebenserwartung im 12. Jahrhundert überstieg die 40 meist nicht. Er war ein Mann von hoher Gestalt, schlank, beinahe sehnig mit langem weißem Haar und Rauschebart. Lord Ambrosius besaß gütige blaue Augen in denen man erkennen konnte, dass er voller Tugenden steckte und ein großes Herz in seiner Brust wohnte, auch wenn seine Gesichtszüge von den Jahren gezeichnet waren und er mit den vielen Falten und buschigen Augenbrauen eher grimmig und hart aussah. Er trug einen kunstvoll gestickten roten Umhang, der ihn vor der Kälte draußen schützen sollte. Darunter eine kastanienbraune Weste und hohe lederne Stiefel.

Er ging in einem der wenigen beheizten Räume auf und ab, die Hände hinter dem Rücken miteinander verschlungen und den Kopf leicht nachdenklich zu Boden gesenkt. Seine Schritte hallten in dem großen Raum wider. Dann blieb er stehen und drehte sich um, er sah zu dem Mädchen das am Esstisch saß und aß. Sein Gesichtsausdruck wirkte müde und erschöpft - die letzten Tage hatten ihre Spuren hinterlassen. Er sah das Mädchen liebevoll an, bevor sein Blick ernst und traurig wurde.
 

„Schau mich nicht so an.“ , sprach das Mädchen leise mit vollem Mund. Sie hatte sich eben einen Brotkanten hungrig in den Mund gestopft und sah zu dem Lord auf. Ihr langes braun gelocktes Haar hing ihr widerspänstig im Gesicht, ihre Haut hatte einen leicht bräunlichen Teint und die großen haselnussbraunen Augen suchten den Blick des Mannes vor ihr. Sie besaß feine Gesichtszüge und ein kurzes wehmütiges Lächeln huschte über ihre Lippen, sie blickte den alten Mann stumm an. Nicht älter als siebzehn war sie gewesen.

„Du musst gehen Josephine, ich dulde es nicht, dass du länger hier bleibst und der Gefahr ausgesetzt bist.“ , sprach der Alte ruhig und mit sanfter Stimme.

„Großvater...ich werde dich hier nicht allein lassen. Ich werde an deiner Seite bleiben, mit dir kämpfen.“

„Nein, du wirst gehen.“

„Ich habe keine Angst und ich kann kämpfen, sehr gut sogar. Du hast es mir ja beigebracht.“ , sagte sie nun schon etwas lauter und mit trotziger Stimme.

„Ich weiss. Doch ich kann nicht zulassen, dass mein einziges Enkelkind von diesen widerwärtigen Personen angegriffen oder verschleppt wird. Du bist mir heilig, Hazel.“ , er sprach sie mit ihrem Spitznamen an und kam langsam auf sie zu.

„Großvater...ich kann dich doch nicht im Stich lassen.“ , antwortete sie ihm mit erstickter Stimme.

„Du lässt mich im Stich wenn du hier bleibst und nicht tust was ich dir sage.“, er beugte sich über sie und strich ihr sanft die Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah sie an. „Wirst du nun also tun was ich dir gesagt habe?“
 

Josephine sah ihren Großvater lange Zeit an und versuchte doch noch irgendwie einen Ausweg zu finden um hier bleiben zu können. Denn wo sollte sie hin? In den Sherwood Forest hatte ihr Großvater gesagt, dort sei es sicher und sie könnte sich den Rebellen anschließen. Aber alles was sie bisher kannte und liebte war hier auf Old Shirefield Castle, hier war ihr Herz, ihre Heimat. Sie würde alles dafür geben um hier bleiben zu können, doch in den Augen ihres Großvaters erkannte sie wie ernst er es meinte und es schien aussichtslos.
 

Josephines Mutter starb bei deren Geburt, ihr Vater - der Heermeister des alten Königs - scherrte sich nicht darum, dass er ein Kind besaß. Er zog lieber in den Krieg und tötete unschuldige Menschen. So wuchs sie siebzehn Jahre lang bei ihrem Großvater auf der mächtigen Burg auf. Außer ihrem Vater war sie die einzige Erbin die Lord Ambrosius besaß. Seine zwei Söhne starben beide auf den Kreuzzügen vor sieben Jahren. Seine Frau erlag den Folgen einer schweren Krankheit vor 3 Jahren. Und seine einzige Tochter Eleonora, Josephines Mutter, starb auch.

„Iss doch erst einmal etwas. Ohne Frühstück lebt es sich nicht lange, dass sagst du doch immer.“, versuchte sie ihren Großvater abzulenken.

„Ich habe keinen Hunger. Josephine, dies hier ist kein Spaß mehr. Ich meine es ernst, wenn ich sage das du in den Sherwood Forest gehen sollst.“

„Jaaa...ich weiss.“, antwortete sie trotzig und schaute auf den silbernen Teller hinab, der mit Brotkrümmeln bedeckt war. „Aber...ich...ich will hier nicht weg, ohne dich. Kannst du nicht mitkommen?“, sie sah zu ihm auf und blickte ihn traurig an.

Der Lord begab sich an die andere Seite der hölzernen Tafel und setzte sich. Er seufzte leise und sah seine Enkelin stumm an, dann blickte er hinaus zum Fenster.

„Meine Tage auf dieser Welt sind gezählt.“ Josephine wollte ihm gerade widersprechen, als er ihr mit einer stummen Geste zu schweigen gebot. „Und du kannst es nicht leugnen. Viel zu lange schon bin ich nun hier...und ich merke wie meine Kräfte langsam schwinden und der Lebensgeist aus mit tritt. Doch die letzten mir gegebenen Tage möchte ich nicht damit verbringen mich mit meiner Enkelin zu streiten. Meine letzten Kräfte möchte ich dafür nutzen dich sicher hier heraus zu bringen und diesen elenden Mördern, die vortäuschen gläubige Christen zu sein Widerstand zu leisten um ihnen die Burg nicht kampflos zu übergeben. Verstehst du?“, er sah sie an und er erschrack ein wenig. Tränen liefen über das hübsche Geicht seiner Enkelin.

„Ja, ich habe verstanden.“, antwortete sie ihm leise.

„Mein liebes Kind, wo auch immer du hingehen wirst, sollen unsere Götter über dich wachen. Das Glück soll dir holde sein und du wirst eine glückliche Zukunft haben, so wie du sie dir erwünscht hast.“

Sie sah ihn nur wortlos an.

„Denke immer daran, dass wir uns wiedersehen werden, in unserem anderen Leben. Nichts ist für die Ewigkeit, aber Menschen die sich ehren und lieben werden sich immer wieder begegnen. Denn Liebe überwindet alle Grenzen und Mächte, denke immer daran. Wir sehen uns wieder, auch wenn es noch viele Jahrzehnte dauern wird. Und mein Geist wird immer an deiner Seite sein um dich zu schützen.“

Josephine versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken, ihr Großvater sollte nicht denken, dass sie schwach wäre und wischte sich die salzigen Tränen aus dem Gesicht.
 

Er stand langsam von seinem Platz auf - er musste sich mit den Händen auf dem Tisch abstützen - und ging zu Josephine hinüber. Diese stand auch auf und ging ihm entgegen. Als sie sich gegenüber standen, strich er durch ihr volles Haar und sah sie liebevoll an.

„Wirst du mir versprechen, dass du von hier fliehst und so lange nicht hierher zurückkommen wirst, so lange es nicht sicher hier ist? Und vor allem, dass du dir ein neues glückliches Leben aufbaust und stark bleibst? Dass du dich stolz und ehrenvoll von niemanden unterdrücken lässt und nie die Hoffnung aufgibst? Ich weiss du wirst es schaffen denn du bist mutig und besitzt einen starken Geist. Hörst du?“

„Ja. Ich werde nie die Hoffnung aufgeben, denn es gibt immer Hoffnung. Und aus großer Trauer entsteht auch neue Hoffnung.“

Er lachte kurz auf.

„Das hast du aber schön gesagt.“

„Du hast es mir doch selbst beigebracht. Das hab ich von dir.“

„Genau. Es ist wie mit dem Tod. Wenn jemand stirbt, entsteht zur gleichen Zeit neues Leben. Das ist der Kreislauf, dem wir alle unterliegen. Deshalb habe ich keine Angst vor dem Tod und du solltest es auch nicht haben, auch wenn es bis zu deinem Tod noch hoffentlich viele Jahre sind. Und nun hör mir zu, denn was ich dir jetzt sage, ist von großer Wichtigkeit, es...“

Doch er wurde von einem lauten Klopfen an der Tür unterbrochen. Josephine wandte sich um als der Lord einen Wachmann, der völlig durchnässt war, herein bat. Er schien ausgehetzt und angespannt, doch erklärte er seinem Herrn gefasst und mit kräftiger Stimme, dass man soeben die Feinde gesichtet hätte die auf die Burg zuritten.

„Wie viele sind es?“, fragte der Lord mit einer ebenso gefassten wie auch ruhigen Stimme.

„Durch den Nebel und den Regen ist es schwer zu erkennen, aber bis jetzt sind es schätzungsweise über 400 Soldaten des neuen Sheriffs von Nottingham und des verstorbenen Königs Bruder, Sire.“

„Und wie weit sind sie noch entfernt?“

„Etwa eine Meile, vielleicht auch weniger, Sire.“

„Was? Dann sind sie in wenigen Minuten hier!?“

„Ja, Sire. Wir konnten sie durch den Nebel nicht eher erkennen.“

„Natürlich nicht, auf solch ein Wetter haben diese Dreckshunde gewartet. Geht und setzt alle möglichen Wachmänner in Bewegung. Es ist so weit, wir können nun einem Angriff nicht mehr aus dem Wege gehen.“

Der Hauptmann verbeugte sich kurz und marschierte aus dem Raum.

Der Lord wandte sich zu Josephine und versuchte ruhig zu bleiben, er fasste sie an den Schultern.

„Nun ist die Zeit gekommen lebwohl zu sagen. Geh und versteck dich tief im Sherwood Forest und komm nicht zurück.“

„Kann ich nicht...?? Wenn ich ihn nun doch heirate, dann wird er uns nicht angreifen und...“

„Nein.“, unterbrach er sie im barschen Befehlston. „Du wirst gehen, jetzt sofort und nie wieder kehren. Old Shirefield Castle wäre so und so von ihnen angegriffen wurden, ob du ihn nun geheiratet hättest oder nicht. Los geh!“,damit wandte er sich von ihr ab und marschierte schnellen Schrittes durch die Tür ohne sich nochmals umzusehen ging er von ihr.

Josephine stand hilflos und allein gelassen im Raum bevor sie ihrem Großvater hinterher stürzte um ihn noch einmal zu sehen.

“Großvater!!“, schrie sie verzweifelt. „Du wolltest mir doch noch etwas wichtiges sagen...was wolltest du mir sagen?“

Er wandte sich zu ihr um.

„Dafür bleibt uns leider keine Zeit mehr, geh jetzt.“

Sie rannte auf ihn zu und viel ihm in die Arme, sie drückte sich fest an ihn. Draußen war schon ein erbitterter Kampf losgebrochen und man hörte Schreie in den Schlossmauern widerhallen.

Erbitterte Tränen liefen nun über Jo´s Gesicht und sie machte sich nicht die Mühe sie zu verbergen und als sie zu ihrem Großvater aufsah, bemerkte sie, dass auch er weinte.

„Großvater, ich...ich verspreche zu tun, was du mir gesagt hast. Ich werde stark sein und die Hoffnung nie aufgeben. Ich...werde dich vermissen.“

„Ich dich auch, mein Liebes. Geh nun und lass dich nicht erwischen von unseren Feinden, du sollst weiterleben.“, sprach er nun sanft zu ihr.

Josephine nickte und sie lösten sich beide aus der innigen Umarmung. Der Lord gab ihr einen letzten Kuss auf die Stirn und wandte sich ab von ihr, sein Rücken war das letzte was sie von ihm sah. Sie sollte ihn lebend nie wieder sehen...
 

So wie sie war, nahm sie nun all ihren Mut zusammen und stürmte in die andere Richtung los um zu fliehen. Sie nutzte einen alten Geheimgang der Burg um ungesichtet ins Freie zu gelangen. Auf der anderen Seite der Burg hörte sie Kampfgeschrei, Bogenschüsse und das kalte Eisen klirren der aufeinander prallenden Schwerter.

Doch sie hörte nicht auf zu rennen. Sie rannte weiter und immer weiter in den tiefen Sherwood Forest hinein. Das Kampfgeschrei wurde immer leiser, sie hörte nur noch den Regen über ihr in den Baumwipfeln niederschlagen und ihren eigenen schweren Atem und das Herz, das ihr beinahe in der Kehle schlug schnell klopfen. Auch wenn es in ihrer Brust brannte und sich alle Eingeweide zusammenzuziehen schienen rannte sie weiter hinein in die schützenden Schatten der hohen Bäume.

Von nun an würde der Sherwood Forest ihr neues Zuhause werden...

Der Anführer

Mit Stolz geschwellter Brust stand Little John auf einer kleinen Erhöhung im Sherwood Forest. Der Boden unter seinen Füßen war aufgeweicht und matschig vom Regen der immer noch durch die hohen Baumkronen niederprasselte. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und ein beinahe überhebliches Grinsen auf den Lippen besah er sich zufrieden das Versteck der Rebellen an, zumindest nur so weit er sehen konnte, denn der Nebel schränkte seine Sichtweite drastisch ein.

Die Ereignisse der letzten Jahre hatten es notwendig werden lassen, sich tiefer in den Sherwood Forest zurückzuziehen als jemals zuvor.
 

Nach der Ermordung von Richard Löwenherz durch die Franzosen brach ein regelrechter Wettstreit um die Königskrone von England aus und stürzten das Land erneut ins Chaos. Da gab es einen französischen König, der an die Macht wollte, Verwandte die niemand kannte und andere Lords, die Richards Königreich für sich beanspruchten. Und Leute wie die Rebellen im Wald wurden erbarmungslos gejagt, die einheimischen Lords wollten, dass das Volk Stellung bezog zu einem möglichen Thronfolger und zwangen sie mit Erpressung und anderen unlauteren Mitteln dazu, sich auf ihre Seite zu stellen.

Zwar bekamen die Leute im Dorf und die Bewohner des Lagers nicht viel von den Machtspielen in der Hauptstadt mit, aber die Gefahr verhaftet oder gehängt zu werden blieb bestehen, wenn man sich den Gesetzen der Lords nicht unterwarf.

In den letzten Tagen hatte man den Unterschlupf zusätzlich gesichert und fertig gebaut. Es gab Behausungen hoch oben in den Baumwipfeln, wie auch unter aufgehäuften Erdhügeln. Um das Lager herum gab es zahlreiche Fallen und Wachtposten, die Eindringlinge abschrecken sollten.
 

Zur Zeit lebten etwa 65 Männer, Frauen und Kinder im Versteck und man konnte sich vorstellen wie stolz Little John war Anführer dieser Bande zu sein.

Bitter dachte er an die Zeit zurück, als hier ein Anderer das Sagen hatte. Aber Robin war glücklicherweise nicht mehr hier, dachte sich John und so war er der alleinige Chef der Geächteten des Waldes.

„Er soll sich ja nicht wagen hier noch einmal aufzukreuzen.“, murmelte er leise. „Immerhin hat er sich sieben ganze Jahre nicht darum gescherrt wie es seinen alten Freunden ergangen ist.“

Nichts, aber auch gar nichts hat er in dieser Zeit von sich hören lassen und ihn hatte Little John einmal als Freund bezeichnet...

„Verlogener adeliger Bastard!“, fauchte er böse. Wahrscheinlich machte er sich mit seiner angetrauten Marian und seiner Cousine Winnifred ein schönes Leben und weiss gar nicht mehr, dass es so etwas wie seine alten Bekannten im Sherwood Forest gab. Noch immer war John wütend darüber gewesen, dass Robin ihnen einfach den Rücken gekehrt hatte und mit Marian aus dem Wald verschwunden war. John, der schon seit seiner Kindheit im Sherwood Forest lebte, konnte sich nicht vorstellen, dass es irgendwo schöner und sicherer war als hier. Der Wald war seine Heimat.

Little John wurde aus seinen unschönen Gedanken gerissen, als er seinen Namen hörte und drehte sich um.

Mutch kam grinsend auf ihn zugerannt, pitschnass und mit tropfendem Haar. Er blieb vor ihm stehen und musste zu ihm aufblicken, da John gute 2 Köpfe größer war als er selbst.

„Wir haben gerade die letzte Falle fertig gestellt und ich sag´dir, die ist der Hammer! Wenn sich da jemand drin verennt...hihihi.“, kicherte er.

„Gut.“, war Johns knappe Antwort, wobei er sich dabei mit den Fingern über seinen dunklen Kinnbart strich.

Little Johns Gestalt war recht impossant und wenn man ihn nicht näher kannte, dann konnte er einem auch Angst einjagen.

Er schien so groß wie ein Riese zu sein, wie Mutch glaubte, und er besaß wohl auch die Breite wie Einer.

Ein Kreuz wie ein Schrank, der Umfang der Arme glich dem, wie von anderen der Umfang der Oberschenkel, ein markantes Gesicht inmitten die dunklen Augen, eine breite Nase, schmale Lippen und Gesichtszüge die meist grimmig und überheblich wirkten (außer er war betrunken, dann ging das Grinsen gar nicht mehr aus seinem Gesicht). Zudem besaß er einen bräunlichen Hautteint und schwarzbraunes dichtes Haar.

Und sein ausgeprägter Charakter blieb selbst seinem langjährigen Freund manchmal ein Rätsel. In einem Moment war er übel gelaunt und man durfte ihm in dieser Phase nicht zu nahe treten und im anderen Moment war er freundlich und lustig. Diese Launen erschwerten es ihn richtig einschätzen zu können.
 

Der Unterschied der Beiden hätte nicht größer sein können, Mutch – der drei Jahre jünger war - war das genaue Gegenteil von John. Für seine 21 Jahre war er etwas zu klein und schmächtig, ja beinahe drahtig.

Gütige blaue Augen erhellten sein langes schmales Gesicht und er trug immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen. Er besaß braunes langes Haar und einen ungezwungenen offenen Charakter, der manchmal beinahe hyperaktiv wirkte und John oft den letzten Nerv raubte.

So verschieden die beiden Freunde auch waren, so sehr schätzten sie auch einander. Mutch war jemand auf den sich Little John 100 prozentig verlassen konnte und Mutch würde seine Hände ins Feuer für John legen, da er nie vergesen hat, dass Little John ihm bei ihrer ersten Begegnung das Leben gerettet hatte...auch wenn es schon etliche Jahre zurück lag, war er ihm immer noch dankbar für diese zweite Chance.

Und im Grunde war Mutch der Einzige dem John so sehr vertraute, weil er von anderen einfach viel zu oft enttäuscht wurde.
 

„Meinst du der Regen hört heute noch irgendwann mal auf?“, fragte Mutch und sah seinen Anführer an.

„Keine Ahnung. Ist Bo schon von der Erkundungstour im Dorf zurück?“

„Nein. Sicher ist er noch einmal in die Schenke eingekehrt und hebt nochmal richtig einen. Das kann dann dauern, wie du weißt.“

John grummelte etwas Unverständliches vor sich hin und wandte sich dann wortlos von Mutch ab, der ihm verwundert hinterher sah.

„Was´n los? Wo willst du hin?“

„Gedanken ordnen.“, gab er kurz angebunden zurück. Aber Mutch brauchte gar nicht mehr zu wissen, er kannte die Launen seines Anführers nur zu gut und wenn er sagte er will seine Gedanken ordnen, dann wusste er, dass man John dabei nicht stören sollte.

Little John marschierte stumm an den einzelnen Behausungen vorbei und verschwand dann zwischen den Bäumen. Er lief Richtung Süden durch den Sherwood Forest, dies war seine Lieblingsstrecke um ungestört nachdenken zu können und um seinem Ärger Luft zu machen.
 

An einer anderen Stelle des Waldes machte Josephine atemlos Rast. Sie wusste weder wie weit sie von der Burg entfernt war, noch wo genau sie nun war. Keuchend und an einem Baumstamm lehnend sah sie sich um, doch der Nebel verperrte ihr die Sicht.

Im Moment kam sie sich wie der einsamste Mensch auf der Welt vor und schutzlos vor den Gefahren des Waldes ausgesetzt. Sie erinnerte sich an die alten Spukgeschichen, die man sich vom Sherwood Forest erzählte. Ihr Großvater hielt diese Geschichten immer für erfundene Hirngespinnste und lachte darüber. Doch durch den grauen Nebel und den unheimlichen Geräuschen des Waldes, glaubte Josephine im Moment mehr den Spukgeschichten, als der Erfahrung ihres Großvaters.

Sie wusste nicht ob es Regentropfen oder Tränen waren, die ihr das Gesicht herunterliefen. Sie wischte sich das kühle Nass mit den Ärmeln ab. Ihr braunes Haar war klamm, verfilzt und hing ihr schlaff – durch die Last des Niederschlages – herunter. Sie sah schon ein wenig bemitleidenswert aus in ihrer zarten und zerbrechlichen Erscheinung.

Josephine sah sich nochmals um und als sich ihr Atem wieder beruhigt hatte, ging sie langsamen Schrittes weiter in Richtung... ja wohin eigentlich?

Sie blieb stehen und drehte sich einmal um ihre eigene Achse, mutlos ließ sie ihre Schultern hängen.

Überall schienen die Bäume gleich auszusehen. Im Grunde war es egal in welche Richtung sie lief, sie konnte nur hoffen, dass sie irgendwann einem friedlich gesinntem Rebellen begegnete und keinem hungrigen Fleischfresser...Wölfe gab es hier genug.

Langsam bewegte sie sich vorwärts und ging ziellos in eine Richtung, falsch machen konnte sie ja nichts.
 

Josephine bemühte sich ihre Gedanken nicht abschweifen zu lassen, sondern hier und jetzt zu überlegen was sie tun könnte um nicht in eine Art Resignation zu verfallen. Sie wusste, dass dieser Zustand der Schicksalsergebenheit gefährlich für sie werden könnte. So marschierte sie aufmerksam und mit Bedacht weiter, das Geäst unter ihren Füßen knackte und sie musste aufpassen, dass sie den Dornen der Beerensträucher nicht zu nahe kam. Sie verbannte jeden flüchtigen Gedanken an die Personen von Shirefield Castle. Dennoch rief sie sich die Worte ihres Großvaters in Erinnerung:

Niemals die Hoffnung aufgeben und stark bleiben. Und tatsächlich gab ihr diese Erinnerung neuen Mut und sie war sich sicher, dass sie bald ihr Ziel – das Versteck der Rebellen – erreichen würde und die Rebellen sie aufnehmen würden und ihr Schutz gewährten.
 

Wirklich?

dunkle Erinnerungen

Tut mir wahnsinnig leid, dass es so lange mit der Fortsetzung gedauert hat. Doch ich hoffe, sie gefällt euch! Viel Spaß dann also damit! ^^

P.S.: Am Ende befinden sich dann noch einige wichtige Fußnoten, bitte mitlesen! Danke.

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Der Regen hatte bereits nachgelassen während Little John immer noch gedankenverloren im Wald saß, auf einem einzelnen gewaltigen Stein inmitten der grünen Riesen um ihn herum. Wie dieser mächtige Findling hierher gelangen konnte oder wie lange er schon hier lag, das wusste John nicht. Er konnte nur sagen, dass er an diesem Ort hier am besten nachdenken konnte, ungestört von den Anderen im Lager und inmitten der Natur.

Als der Niederschlag ganz aufhörte, setzte er seine Kapuze ab und dunkles struppiges Haar kam zum Vorschein. Er ließ die letzten Regentropfen, die von den Blättern der Bäume heruntertropften, auf sein Gesicht niederfallen.

Seine Augen hielt er geschlossen und lauschte aufmerksam den Geräuschen des Waldes, das Zwitschern der Vögel, die Lockrufe der balzenden Tiere und dem Rascheln der Blätter im Wind.

Nicht im Geringsten konnte er sich vorstellen, dass man irgendwo besser leben konnte als hier im Sherwood Forest. Viele Jahre ist es nun schon her, seit dem er Obdacht im Schutze des Waldes gefunden hatte.

Er begann sich daran zurück zu erinnern, als er noch ein kleiner Junge von etwa 7 Jahren war und mit seinen 5 Geschwistern und Eltern in einem unbedeutenden aber schönem Dorf nahe Londons lebte:
 

Sein Vater war Schmied und arbeitete Tag und Nacht um die 8-köpfige Familie durchzubringen. John besaß nur noch wenige Erinnerungen an seinen Vater, den er selten zu Gesicht bekam, besonders in Zeiten des Krieges wenn er viele Kriegswaffen für die Soldaten schmieden musste...und Krieg gab es oft in Britannien.

Seine Mutter und Geschwister hingegen bekam er jeden Tag zu sehen. Little Johns Mutter arbeitete zu Hause als Näherin, damit sie sich auch um Johns jüngere Geschwister kümmern konnte, die damals noch im Kleinkindalter waren. Er war der älteste der sechs Little- Geschwister - ja, sein Nachname lautete Little - dann kamen seine drei Schwestern Mary, Alicia und Margret und zum Schluss die beiden Zwillinge Bo und Tom.

Es war eine glückliche Zeit, wenn auch unter ärmlichen Verhältnissen...

Doch dann brach für den jungen John eine Welt zusammen, als im Spätherbst die Soldaten des Königs von einer langen Schlacht zurückkehrten und triumphierend durch die Gegend zogen, Richtung Hauptstadt. In ihrem Siegestaumel hielten sie sich für unbesiegbar und dachten sie könnten tun, was ihnen gefiel. Sie benahmen sich wie Babaren, vorallem ihre Anfüherer, die adeligen "Ritter".
 

"Elende Hurensöhne!", John spieh diese Worte regelrecht heraus. Oh ja, damals begann sein Hass gegenüber dem Adel.

Wie sie sich vollkommen betrunken an seine Mutter und Schwestern vergriffen hatten, ihn brutal zusammenschlugen, als er seiner Familie helfen wollte und zu allem Überfluss das ganze Haus in Brand steckten. Little John konnte aus der brennenden Hölle entkommen, aber er wusste er war noch zu klein um seine Familie daraus befreien zu können, deshalb rannte er so schnell er konnte zu der Schmiede seines Vaters.

Als er dort ankam, wüteten bereits andere Soldaten und Ritter, sie legten sich in ihrem Rausch mit Johns Vater an, der - aufbrausend wie John selbst - zurückschlug und sie hinaus jagen wollte.

Dann zog einer der Männer - ein Adeliger, wie John an der Kleidung erkannte - blitzschnell sein Schwert aus der Scheide und erstach seinen Vater aus dem Hinterhalt. Dieser sackte leblos zusammen und der adelige Ritter lachte von oben herab kalt und verächtlich.

"Na, wie war das Little, von deiner eigenhändig geschmiedeten Waffe erstochen zu werden?", fragte er den Toten und lachte erneut kalt, ehe sie weiter zogen und die Leiche liegen ließen. Sie hatten John nicht bemerkt, der die ganze Szenerie mitverfolgt hatte und nun wie im Schockzustand stumm dastand und seinen Vater in der eigenen Blutlache ansah.
 

Immer noch geschockt bemerkte er nicht die Hufschläge von Pferden, die immer näher an ihn herantraten und lauter wurden. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich auf die Seite schmeißen um den tödlichen Hufen auszuweichen. Die Pferde, mit den Soldaten auf ihren Rücken preschten an ihm vorüber und bedeckten den kleinen John mit aufgewirbelten Staub und Dreck.

Hustend erhob er sich, als die Armee vorübergezogen ist und sah sich um.

Er sah Menschen aus brennenden Häusern fliehen, Tote auf der Straße, nackte Frauen die sich verstört mit den Händen bedecken und am ganzen Leibe zitterten, weinende Kinder mutterseelen allein auf dem Weg stehen, mit schlimmen Wunden am kleinen Körper.

Ein Krieg könnte nicht mehr Unheil anrichten, dachte sich Little John.

Dann erst verstand er langsam und kam wieder aus der Trance heraus, plötzlich führten ihn seine Beine an all dem Elend vorbei und stoppten erst vor seinem eigenem Zuhause, das nun beinahe bis auf die Grundmauern abgebrannt war. Er sah sich um, doch keine Spur von Mitgliedern seiner Familie, er wollte hinein rennen, doch da packten ihn von hinten Arme und hielten ihn fest. John schrie laut auf und wollte sich aus der Umklammerung lösen, er biss der Person in den Arm, doch dieser ließ ihn nicht los. Er schrie weiter, immer lauter, doch er wurde weiter festgehalten.

"Sei nicht töricht Junge, da drin findest du nichts weiter als den Tod, oder willst du auch sterben?", sprach die Person die ihn festhielt zu ihm. Es war eine beruhigende Stimme, die da auf ihn einredete. John hörte auf sich zu wehren und verstummte, er drehte sich um und erkannte das blutige Gesicht des Pfarrers. Er trug eine offene Wunde über seinem Auge, doch sah er tröstend und lächelnd den kleinen Jungen in seinen Armen an, der soeben seine gesamte Familie verloren hatte...
 

Noch heute verfolgten Little John diese Erinnerungen in seinen Träumen und er wünschte sich beinahe, dass es nur Träume gewesen wären und er immer noch zusammen mit seiner Familie im Dorf leben könnte.

Doch er wusste - ja er wusste es- und diese Erkenntnis schmerzte, dass er seine Familie nie wieder sehen würde und dass sie Teil seiner Vergangenheit waren und bleiben würden.

Aber behielt er immer den Anblick jenes Mannes in Erinnerung, der seinen Vater ermordet hatte, dass Gesicht würde er niemals vergessen und wenn er ihm eines Tages einmal begegnen sollte, so müsste einer von Beiden sterben. Eine Welle von Hass überkam ihn und er ballte wütend seine Faust zusammen.

"Ich werde ihn finden, irgendwann und dann gnade ihm Gott, denn er wird es nicht überleben.", flüsterte er leise und hasserfüllt.

Oft überlegte er, warum der Adelige den Namen seines Vaters gekannt hatte, doch vielleicht war es auch unwichtig. Denn John selbst würde auch den Namen des Kriegers herausfinden und ihn dann - nicht hinterhältig wie jener - zum Kampf auffordern mit der Absicht ihn zu töten.
 

...der kleine John blieb noch einige Tage bei dem Pfarrer und half beim Wiederaufbau des Dorfes, doch ertrug er diese Gegend nicht mehr länger. So viel Elend, Schmerz und Tod lagen in den Gebäuden und Gesichtern der Menschen, dass er es dort nicht mehr aushielt. Hals über Kopf flüchtete er des Abends, als der Pfarrer schon schlief, sicher hätte er dem Pfarrer eine Nachricht über sein Weggehen hinterlassen, hätte er jemals Schreiben und Lesen gelernt.

Einen Monat wanderte er umher ohne zu wissen wohin, vollkommen abgemagert und verwahrlost stieß er dann auf eine Truppe fahrender Schauspieler (Zigeuner wie er später erfuhr), die ihn eine zeitlang bei sich aufnahmen und ihn reichlich bewirteten.

John beobachtete sie oft bei ihrem bunten Treiben, mehr konnte er auch nicht tun, denn seit dem schrecklichen Ereignis im Spätherbst hatte er kein einziges Wort mehr gesprochen. Selbst wenn er gewollt hätte, er konnte es nicht mehr.

Doch ein halbes Jahr später, fand er seine Sprache wieder, als er auf einen kleinen schmächtigen Jungen namens Mutch traf...
 

John fuhr erschrocken von seinen Gedanken hoch und drehte sich um. Hatte er doch eben ein Knacken von Zweigen auf dem Erdboden gehört, doch durch den immer noch grauen Nebelschleier konnte er nicht viel erkennen, so spitzte er seine Ohren.

Er stand leise auf und nahm vorsichtshalber seinen Schlagstock zur Hand, den er ständig bei sich trug, immerhin könnte es ein wildes Tier sein, dass auf Nahrungssuche umherstreifte.

Das Knirrschen des Geästes kam näher und er meinte im Nebel einen menschlichen Schatten erkennen zu können und er behielt Recht. Wenige Meter vor ihm blieb eine fremde Gestalt erschrocken stehen, ein Mädchen.

Skeptisch und verwundert zugleich musterte er sie stumm, sie war hübsch, das hatte er gleich festgestellt. Aber was machte ein einzelnes Mädchen im Sherwood Forest? Dann betrachtete er ihre Kleidung und erkannte die feinen Stoffe, sie gehörte wohl zum Adel. Auch wenn er sie anfänglich für hübsch befunden hatte, so hatte er jetzt nicht mehr für sie übrig als Misstrauen und Verachtung.

"Was willst du und wer bist du?", fragte John scharfzüngig und sah sie abwartend an.

Das Mädchen musterte ihn ebenfalls mit ihren haselnuss-braunen Augen, sie hoffte inständig er ist einer der Rebellen und friedlich gesinnt. Doch sein Tonfall gefiel ihr nicht.

"Mein Name ist Josephine, bist du einer der Rebellen?", ihren Nachnamen behielt sie klugerweise für sich, man konnte ja nicht wissen ob es einer von den Feinden ihres Großvaters war, obwohl sie daran nicht glaubte.

"Das geht dich nichts an, Weib.", antwortete er verächtlich.

Mit so einer unfreundlichen Antwort hatte sie nicht gerechnet und sie sah ihn nun empört an.
 

"Och, tha e snog!... Tha e amadan!"*, sprach sie verächtlich, mit der Gewissheit, dass er diese Sprache nicht verstand.

Und seine Reaktion war wie sie es erwartet hatte. Er schien verwirrt und erbost zugleich.

"Was soll das? Willst du mich für dumm verkaufen?", sprach er aufgebracht mit lauter Stimme.

"Gu cinnteach!"**, antwortete sie ihm grinsend, was Little John nur noch mehr aus dem Konzept brachte.

"Was willst du verdammt nochmal?", schrie er.

"Eine Antwort auf meine Frage. Bist du einer der Rebellen oder nicht?", sie versuchte ruhig und gelassen zu wirken, doch behielt sie ihm scharf im Auge.

"Ja, reicht dir das? Und nun verschwinde dahin wo du hergekommen bist."

Sie nickte.

"Gut, dann bitte ich um Aufnahme bei euch."

"Was?!! Ha! Das ich nicht lache, nie im Leben!!"

"Was hast du schon zu entscheiden? Ich verlange mit deinem Anführer zu reden!"

Sein breites überhebliches Grinsen verunsicherte sie nun doch entschieden.

"Mädchen, mach dir da keine Hoffnungen, ICH bin der Anführer!", sagte er und sah sie triumphierend an.

Jo schritt ein Stück erschrocken zurück und sah ihn schockiert an.

"Was? Das kann nicht...das...nie im Leben! Woher soll ich wissen, dass du die Wahrheit sprichst?"

John hob belustigt eine Augenbraue und genoss seinen Triumph über die freche Göre.

"Tja, Mädchen. Das musst du mir wohl oder übel glauben, denn hier ist niemand, der dir das bestätigen kann."

"Mistkerl!", dachte sie sich. Doch dann kam ihr ein Einfall, wenn er wirklich einer der Rebellen war, dann war sein Lager sicher nicht weit von hier. Wenn sie schnell genug war, dann könnte sie ihn überlisten und vielleicht sogar das Lager ausfindig machen und herausfinden ob er wirklich der Anführer war. Und wenn es tatsächlich so war, dann hatte sie wohl Pech gehabt, doch sie musste es auf alle Fälle riskieren.

Sie musterte ihn nochmal und war sich sicher, dass sie schneller war als er mit seiner wuchtigen Gestalt. Und als hätte Little John geahnt, dass sie etwas ausheckte, sah er sie misstrauisch mit braunen Adleraugen an.
 

Josephine schritt ein Stück zurück, ehe sie mit einem Mal und wie vom Blitz getroffen los rannte, um den Felsen herum und an John vorbei. Flink und geschickt rannte sie geradeaus, Richtung Versteck (auch wenn sie dies nur erahnen konnte), sie schaute nicht zurück, denn sie war sich sicher, dass er sie nicht einholen könnte.

Doch mit einem Mal packten sie zwei große Hände von hinten an den Armen und zwangen sie stehen zu bleiben, John war mit seinem schweren Körper doch schneller gewesen als sie gedacht hatte...jetzt saß sie in der Falle...

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*Übersetzung: "Ach, wie nett!...Er ist ein idiot!"

** Ü: "Sicher!"
 

Info: Es ist schottisches Gälisch. Vielleicht komme ich noch einmal dazu zu erklären, warum Josephine diese alte Sprache spricht...mal schauen. ^^

einsames Herz

Hier nun endlich das 4.Kapitel, liebe Leser und Leserinnen *g*. Irgendwie nimmt die Story einen immer mehr melancholisch-traurigen Verlauf an, was nicht beabsichtigt war (mal am Rande bemerkt: ich habe beim Schreiben Runrig-Faileas gehört, falls das irgendwem was sagt)...aber es wird sicher bald wieder rasanter und fröhlicher, aber das muss nun erst einmal sein, um die Story zum Laufen zu bringen. Außerdem war das Mittelalter zu großen Teilen nun mal wirklich eine trostlose Zeit.

Nichts desto trotz, viel Spaß beim Lesen! ^^

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Einige hundert Meilen entfernt regnete es noch in Strömen. Ein junger hochgewachsener Mann stand wie versteinert vor einem mit Blumen bedecktem Doppelgrab, er gab keinerlei Regung von sich. Das schmale Gesicht war blass und ausgezerrt von den letzten Tagen, die blauen Augen schienen leer...sie starrten unablässig auf die beiden Holzkreuze vor ihm hinab.

Die weißen Lilien und Astern* waren noch frisch, ein Zeichen dafür, dass die Beerdigung erst vor kurzer Zeit stattgefunden hatte.

Das braune Haar des Mannes hing vom Regen genauso schlaff und kraftlos herunter wie seine Arme.

In einiger Nähe stand eine kleine Kapelle, unter dem hölzernen Vordach hielt der Pfarrer eine junge Frau in den Armen und sprach ihr tröstende Worte zu. Die rot-braunen Locken hingen ihr im Gesicht, sodass die Augen verdeckt blieben. Über ihr zartes Anlitz liefen bittere Tränen.

"Sei unbesorgt mein Kind, der Herr wird sich um die beiden kümmern, sie sind nun an einem besseren Ort.", sprach der Pfarrer leise zu ihr, doch seine Worte konnten ihr Leid nicht lindern...konnten ihr nicht helfen. Marian war tot...Marian und ihr Neugeborenes waren beide tot.

Dann sah sie auf zu dem jungen Mann der da so verlassen im Regen stand.

Robin hat noch keine einzige Träne geweint... Dachte sie sich. Aber sicherlich war ihm elender zumute als ihr selbst.

Robin, er hat Frau und Kind verloren.

Diese Gedanken brachte Winnifred endlich wieder zu Sinnen und sie schöpfte neue Kraft. Sie wischte sich die Tränen mit dem Ärmel ihres Kleides ab und löste sich vom Pfarrer.

"Lady Winnifred bleibt hier, es regnet unablässig, ihr werdet euch noch den Tod holen.", Winnifred warf ihm einen giftigen Blick zu und der Gottesfürchtige spürte, dass er etwas falsches gesagt hatte und lief rot an. Winnifred legte sich die Kapuze ihres Mantels über den Kopf und lief hinüber zu Robin, behutsam legte sie eine Hand auf seine Schulter und sah besorgt zu ihm auf.

"Robin?", fragte sie zögerlich. Doch er gab keine Reaktion von sich.

"Robin? Komm wir sollten gehen, du bist vollkommen durchnässt und...und...", sie blickte kurz hinüber zu dem Grab, dann wieder zu Robin, der immer noch auf Marians Kreuz starrte, er hatte nicht auf Winnifreds Bitte reagiert.

Und sie sprach nochmals fragend seinen Namen aus, rüttelte ihn dabei etwas an seinem Arm.

"Was denn?", antwortete er barsch und gereizt. Winnifred erschrack ob der plötzlichen Reaktion ihres Cousins und schien nun verunsichert. Robin blickte sie an und bemerkte ihr Unbehagen.

"Verzeih...aber ich...", dann ersarb seine ohnehin schwache Stimme und er blickte zu Boden. Doch Winnifred schüttelte nur mit dem Kopf.

"Schon gut, ich verstehe schon, aber wir sollten nun wirklich gehen."

"Nach Hause? Nein, das geht nicht, ich kann nicht in dieses Haus zurück, es wäre...nein...ich kann nicht."

In Robins Blick lag eine entschlossene Ernsthaftigkeit und Winnifred runzelte die Stirn, zudem war ihr fürchterlich kalt, ihr Mantel war durchnässt und sie wollte nur noch ins Trockene.

"Dann lass uns eben ein Zimmer mieten, Robin. Hier in der Nähe ist ein kleines Gasthaus da könnten wir..."

"..ein Zimmer mieten?", unterbrach er sie im Satz und sah sie fragend an.

"Ja.", sie legte den Kopf ein wenig schief. "Oder eben zwei Zimmer. Aber ich meinte eben, wenn du nicht nach Hause willst, dann sollten wir uns anderswo etwas zum Übernachten suchen. Auf der Straße können wir ja kaum nächtigen."

Robin nickte nur schwach.

"Das sehe ich als Zustimmung. Wollen wir also?"

Wieder nickte er.

"Gut. Aber wir brauchen noch Kleidung und Geld...vielleicht solltest du schon im Gasthaus zwei Zimmer mieten und ich fahre noch einmal mit der Kutsche ins Haus zurück und packe alles Wichtige zusammen."

"Und wie ich dich kenne ist das nicht wenig...nein, ich komme mit und werde dir helfen."

"Sicher?"

"Ja, sicher. Es wird ja keine Ewigkeit dauern."

Nun war es Winnifred die nickte.

"Ich werde mich beeilen, also dann, lass uns bitte gehen. Ich friere."

Sie sah ihn auffordernd an. Robin sah nochmals zum Grab hinab und gab sich dann einen innerlichen Ruck, ehe er wieder aufblickte und voranschritt, Winnifred folgte ihm mit bedrücktem und beileidsvollem Blick. Sie wusste, Mitleid war das Letzte, was er brauchte, aber was konnte sie ihm sonst viel geben?

Robin ging wortlos an dem Pfarrer vorüber, der immer noch unter dem Vordach stand und beide ansah. Doch Winnifred verabschiedete sich des Anstandes halber von ihm und ging dann wieder Robin hinterher. Ehe beide an der Kutsche ankamen, die draußen vor dem Eingangstor des Friedhofes stand. Sie stiegen ein und Winnifred gab dem Kutscher die Anweisung zum Locksley Anwesen zu fahren.

Es wurde eine holbrige und stumme Kutschfahrt. Der Kutscher musste die Zügel anziehen, damit die Pferde ihre Geschwindigkeit drosselten. Denn das Strassenpflaster war nass und rutschig und die Räder knirrschten unter der Last des Wagens.

Im Wagen selbst war es still, beide sprachen bis zur Ankunft am Anwesen kein Wort miteinander. Jeder in seinen eigenen traurigen Gedanken gefangen. das trübe Wetter tat sein übriges und verschlechterte die Stimmung im Allgemeinen. Aber für diese Jahreszeit und Gegend, war es nun ganz und gar nichts ungewöhnliches das es regnete und ein kalter Ostwind wehte.
 

Am Anwesen angekommen lag es an Winifred die Sachen zu packen, Robin stand nur stumm da und sah sich im Gemäuer und den Räumen um. Hier und da blieb sein Blick etwas länger hängen, bei anderen Dingen schien sein Blick ausweichend zu sein. So als ob er gewisse Dinge nicht mehr sehen möchte, sie einfach nur vergessen will. Dann suchten seine Augen etwas an dem er sich festhalten konnte, was ihm neue Kraft gab, neuen Mut und Hoffnung...sein Blick fiel durchs offene Fenster hinaus auf die graue Stadt, mit ihrer hoch aufragenden Burg am Horizont, dem Meer aus Häuserdächern, die Schornsteine aus denen dunkler dichter Rauch quoll, die mit Regen verhangenen Wolken, die wenigen alten Eichen am Flussufer...so mächtig, kraftstrotzend und ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit austrahlend...nun wusste Robin wohin er gehen müsste, um all das hier hinter sich lassen zu können und um ein neues Leben anfangen zu können...der Sherwood Forrest...

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*Astern: Blumensorte, mittelalterliches Symbol für den Tod

*Lilien: standen damals für Reinheit und Jungfräulichkeit, bzw. die Jungfrau Maria (mal so am Rande, wobei Marian sicher keine Jungfrau mehr war *räusper*)

Ein neues Mitglied

Und schon wieder muss ich mich entschuldigen, dass ihr solange auf die neuen Kapis warten müsst. Verzeihung! Aber wenn man viel um die Ohren hat, dann bleibt einiges auf der Strecke. Umso mehr hoffe ich, dass jetzt noch jemand die Story weiterliest und dass das lange Warten sich gelohnt hat. Viel Spass dann also beim Lesen! Eure Aya

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Josephine konnte sich wehren wie sie wollte, Little John hatte sie fest im Klammergriff, nun schien sie ihm ausgeliefert zu sein, wenn ihr nicht bald etwas einfiel, diesem Widerling zu entkommen.

"Lass los!", schrie sie. Doch damit erreichte sie nur das Gegenteil, er packte fester zu und sie spürte einen stechenden Schmerz in ihrer linken Schulter.

"Vergiss es, damit du mir entwischst? Ganz sicher nicht, du wirst schon sehen, was mit kleinen Gören geschieht, die mich provozieren."

"Was hast du denn vor?", sie versuchte sich zu ihm umzuwenden.

Er lachte triumphierend.

"Tja, das willst du wissen nicht wahr? Ich habe gehört, dass in der Stadt schon länger keiner mehr am Pranger stand..."

"Wie bitte? Das ist vollkommen übertrieben und außerdem habe ich nichts verbrochen und zweitens, wenn du mich auslieferst wird man dich auch schnappen, immerhin bist du einer der Rebellen...da ist es wahrscheinlicher, dass du dann am Pranger stehst und ich dich mit verdorbenem Gemüse bewerfe.", antwortete sie ihm und schenkte ihm einen giftigen Blick.

"Halt den Mund!", fuhr er sie an.

"Komm schon...es wird doch sicher eine Möglichkeit geben, wie ich eine von euch werden kann, oder?", fragte sie nun doch schon wieder etwas versöhnlicher. Immerhin, wo sollte sie sonst hin? Ihr blieb keine Wahl, als ihn milde zu stimmen.

"Keine Chance, Kleine, wer es sich einmal mit mir verscherzt, der hat es sich auf ewig mit mir verscherzt." Little John bemerkte glücklicherweise nicht wie sie genervt die Augen verdrehte. Dann fiel ihr Blick auf den langen Schlagstock, der noch immer am Steinbrocken lehnte und ihr kam ein Einfall.

"Was ist wenn ich in einer Disziplin schlage? Könnte ich dann ein Mitglied der Rebellen werden?"

"Und was für eine Disziplin soll das bitte sein?", fragte er argwöhnisch und musterte sie.

"Nun....vielleicht...ach nein....aber wie wäre es mit...mit...", sie tat so als würde sie überlegen, linste dann unauffällig hinüber zu dem Stock. "...wie wäre es mit einem kleinen Kampf mit Schlagstöcken?"

John lachte hell auf und sah sie sichtlich amüsiert auf, sein Griff lockerte sich, als er sie dann gänzlich los ließ.

"Du will mit einem Schlagstock gegen MICH kämpfen?", fragte er überheblich.

"Ja.", antwortete sie kurz und ließ sich nicht anmerken, was sie dachte.

Er legte kurz überlegend die Hand ans Kinn und strich sich darüber, sein Blick lag auf ihr...was mochte sie wohl damit bezwecken? Es stand außer Frage, dass John wohl der Sieger eines solchen Wettkampfes werden würde. Immerhin war er schon lange trainiert in dieser Disziplin, selbst Robin hatte ihn damals nur ganz knapp geschlagen mit einer List.

"In Ordnung...meinetwegen. Aber denk bloß nicht, nur weil du eine Frau bist, dass ich zaghaft mit dir umgehen werde."

"Keine Sorge, das habe ich sicherlich nicht gedacht. Immerhin scheinst du keinerlei Benehmen zu besitzen.", sie sah zu ihm auf.

"Und du solltest deine Worte besser überdenken...", er blickte sich um, lief dann hinüber zu einer engstehenden Baumgruppe und griff sich einen herabhängenden Ast. Zog daran und versuchte ihn mit aller Kraft vom Baum abzubrechen. Die Dicke und Länge des Astes kam seinem Schlagstock gleich...als er ihn dann endlich abgebrochen hatte begutachtete er ihn wenige Momente stillschweigend. Josephine beobachtete ihn dabei, machte aber keine Anstalten zu flüchten. Ihr Ehrgeiz war erweckt wurden und es würde sicher kein Zuckerschlecken werden. Sie müsste all ihre Geschicklichkeit einsetzen, wenn sie es mit diesem Kolloss aufnehmen wollte. Sie versuchte sich an die Lehrstunden mit dem Wachmann zu erinnern, der ihr auf Befehl ihres Großvaters den Kampf mit den Schlagstöcken beigebracht hatte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Von:  -Zoria-
2007-02-08T20:25:36+00:00 08.02.2007 21:25
hab bis jetzt nur in ein paar absätze reingelesen, wegen dem wettbewerb, aber ich find deinen schreibstil gut! das mit der burg am anfang zum beispiel! wenn ich mal sturmfreie bude hab zieh ich mir alles am stück rein =)

das einzige was mich stört (aber dafür kannst du nix) ist, dass NIEMAND kapiert, dass robin hood BLOND ist und das is auchnoch wichtig!!!
Von: abgemeldet
2006-11-11T12:06:53+00:00 11.11.2006 13:06
Sehr traurig, aber die Geschichte gefällt mir! Schreib schnell weiter, du hats einen guten Schreibstil, der arme Robin!
Lg
*gg*
Von:  Dahlie
2006-10-11T15:43:52+00:00 11.10.2006 17:43
Jetzt ist Robin auch schon ein Verräter T.T
WEEEIIIITER!!!
Von:  Dahlie
2006-10-11T15:42:18+00:00 11.10.2006 17:42
Was bist du fies zu Robin!!!!!!
*empört sei*
Aber du scheinst ne Menge Ahnung von Robin Hood zu haben^^ *endlcih mal einer der sein handwerk versteht!*
Von:  Dahlie
2006-07-24T22:04:11+00:00 25.07.2006 00:04
schade das so wenig leute an Robi Hood interessiert sind^^ ich finde deine ff gut und würde sie gerne weiter lesen^^
Von: abgemeldet
2006-05-28T22:16:10+00:00 29.05.2006 00:16
ah....*schonganzgespanntbin* - du machst es ja ganz schön spannend......find deinen schreibstil einfach genial!!!

mach weiter so ^^
lg Missundaztood84
Von: abgemeldet
2006-05-23T22:05:14+00:00 24.05.2006 00:05
also, wenn deine geschichte so weiter geht wie sie angefangen hat, dann kann ich es kaum erwarten bis das nächste kapi online ist....echt super....bin schon ganz gespannt auf den nächsten teil!!

eine 'stammleserin' hast du mit mir schon mal sicher ;-)

lg Missundaztood84


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