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Amor matris

Was bedeutet Rache wirklich?
von

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Prolog

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Adrian

Hiho^^

Vielen dank wieder an meine Beta-Leserin -yumilein- (, die allerdings auch für vergessene Fehler zuständig ist)

Nja, es wäre wohl jedes Kap Adult geworden, hätte ich aus der Sicht des Mörders weitergeschrieben. Ich denke dieses Kapitel ist ziemlich harmlos^^ Die einzige Folterbeschreibung ist sehr vage gehalten.

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Kapitel 1 :Adrian

Zehn Minuten waren seit diesem erschreckend realen Traum vergangen, doch noch immer fuhr sich Adrian nervös durch die schwarzen, von grünen Strähnen durchzogenen Haare und versicherte sich somit, dass sie nicht auf Schulterlänge gewachsen waren. Er lag ausgestreckt auf der kleinen Schlafcouch in seinem Zimmer, während er versuchte seine Gedanken zu ordnen und den beständigen Brechreiz zu ignorieren. Irgendwie konnte er sich nicht einreden, dass nur ein bedeutungsloser Traum ihn so gequält hatte. Wie sollte ein normaler 16-Jähriger Junge denn schon auf derart abartige Gedanken kommen? Ein kurzer Blick auf seine Armbanduhr, ermahnte ihn, dass er nicht mehr viel Zeit zum Nachdenken hatte. Die Arbeit rief. Wieder einmal verfluchte er seinen Vater, der ihn dazu gezwungen hatte die Schule nach der zehnten Klasse abzubrechen um Geld zu verdienen. Was konnte man in dieser Zeit schon ohne Abitur machen?

Aber das war in diesem Moment nur ein geringes Problem. Seufzend machte sich der Junge bereit, um durch die sommerliche Hitze zu der Eisdiele zu gehen, die im Moment die größte Geldeinnahmequelle der Familie darstellte.

In der nächsten Woche bemühte Adrian sich, die grausamen Bilder des brutalen Mordes aus seinem Kopf zu verbannen. Obwohl die Erinnerungen ihn selbst in den Schlaf verfolgten, schien ihm dies sogar zu seiner eigenen Überraschung zu gelingen.
 

Doch die Wirklichkeit ist nur selten barmherzig. Sie macht immer das, was NICHT den Wünschen derer entspricht, die in ihr leben.
 

Summend lief er durch die dicht besetzten Tische seines Arbeitsplatzes, als ihn plötzlich einer seiner Kollegen, der gleichzeitig seinen besten Freund darstellte, anstieß. "Hey Adrian! Furchtbar, nicht?", sagte Hayden und nickte unbestimmt in die Richtung der Lautsprecher, aus denen gerade eine Sprecherin des Radios die Nachrichten verkündete: "Die Leiche des vermissten Kindes wurde heute morgen in der Nähe des Hauptbahnhofes gefunden. Dem 9-jährigen fehlt ein Arm, der, ebenso wie das Herz, anscheinend mit bloßen Händen..." Kreidebleich im Gesicht stürmte Adrian zur Toilette. Das konnte doch nicht wahr sein! Aber ein Zufall konnte es auch nicht sein, wusste er. Nachdem sein Frühstück wieder das Licht der Welt erblickt hatte, lehnte der Junge nun keuchend gegen die geflieste Wand. "Bist du da drin?", hörte er schließlich eine besorgte Stimme rufen. "Der Chef meint, wenn du nicht gleich herauskommst, bist du die längste Zeit sein Angestellter gewesen." "Schon gut!", antwortete Adrian und öffnete die Kabinentür, um zum Waschbecken zu gelangen. Als er mit Hayden schon fast wieder das eigentliche Café betreten hatte, zögerte er. "Hayden?" "Mh?" "Glaubst du an Wahrsagerei?" Der ein Jahr Ältere brach in Gelächter aus. "Wahrsagen? Wie kommst du denn auf so einen Blödsinn?" Obwohl er sich eigentlich sicher war, wie Hayden reagieren würde, versuchte Adrian zu erklären. "Dieser Junge... aus den Nachrichten... Ich habe gesehen wie er getötet wurde."

Einen Moment lang sah Hayden seinen Kollegen überrascht an. Beinahe schöpfte Adrian schon Hoffnung, doch dann lachte sein ehemaliger Schulfreund nur noch lauter. "Verarsch mich nicht!", bat er. Aber als er das niedergeschlagene Gesicht Adrians sah, verstummte er. "Es war sicher nur ein Zufall...", meinte er. "Wahrscheinlich hast du wieder einmal zu lange in deinen Horror-Schmökern `rumgeblättert." Seufzend löste sich Hayden von dem immer noch am Boden Zerstörten. Irgendwie musste er ja auch sein Geld verdienen.
 

Auch Adrian machte sich an die Arbeit und verdrängte seine grausamen Gedanken. Dass dieser Traum ein Zufall gewesen sein könnte, glaubte er keinen Moment. Es stand außer Frage, ob er das Verbrechen wirklich gesehen hatte. Aber wie hatte er durch die Augen dieses grausamen Mörders sehen können? Und wieso gerade er? Diese Frage hatte er sich schon so häufig gestellt, dass er wusste, die Antwort würde niemals kommen. Aber die erste Frage... Der Junge glaubte weder an Zauberei noch an seelische Verbindungen oder so etwas. Es ist nicht angenehm, wenn die Glaubensgrundsätze, die man sich in fast einem Jahrzehnt aufgebaut hatte , nicht mehr zu stimmen scheinen. Von diesen bedrückenden Gedanken lenkte ihn jedoch sein Arbeitsgeber ab, der ihn verärgert anbrüllte: "He, Jung beweg dich!" Erleichtert nahm sich der Zurechtgewiesene wieder seiner Aufgaben an und verschob alle unangenehmen Gedankengänge auf später.
 

Überraschenderweise funktionierte diese Taktik fast vier Wochen lang. Immer, wenn die Erinnerungen überhand nahmen, fiel Adrian ein, dass er noch etwas Dringendes zu erledigen hatte. Selbst der halbe Haushalt wurde von dem Dunkelhaarigen geschmissen, damit er keine Zeit zum nachdenken finden konnte. Doch im Schlaf wiederholten sich die Bilder der grausamen Folter jede Nacht innerhalb wirrer Träume, so dass sich der Junge kaum noch traute, zu schlafen.
 

Eines Nachts jedoch konnte er sich nicht mehr selbst täuschen.

Wie so oft in der letzten Zeit wachte der schließlich vom Schlaf Überwältigte schweißgebadet und mit rebellierendem Magen auf. Doch dieses Mal war es kein Erinnerungsfetzen gewesen, der ihn gequält hatte. Es war wieder geschehen. Das Monster hatte ein weiteres Opfer eingefordert. Adrian vermeinte noch immer den Geschmack des rohen Fleisches auf seiner Zunge zu haben, noch immer das warme Blut an seinem schlanken Körper zu spüren. So schnell er konnte lief er in das Badezimmer, damit er sich im Spiegel des Gegenteils überzeugen konnte - und um sich danach übergeben zu können. Langsam hatte er das Gefühl, dies könnte zur Gewohnheit werden...

Als sich Adrian wieder teilweise gefangen hatte, wusste er, dass er sich langsam mit den Träumen beschäftigen musste. Sonst würde er noch den Verstand verlieren. Wegen seines Vorgehens, oder besser gesagt seines nicht vorhandenen Vorgehens, war schon ein zweites Kind ermordet worden. Da der 16-jährige über diese Taten Bescheid wusste, hatte er die Pflicht weitere Morde zu verhindern, die ohne sein Eingreifen mit Sicherheit noch folgen würden. Und jedes Mal würde es grausamer werden, auch wenn sich Adrian, der gerade krampfhaft das Schluchzen unterdrückend auf seinem Bett zusammengerollt lag, nicht vorstellen konnte, auf welche Weise dies noch möglich wäre. Ohne seinen Einfluss ließ Adrians Verstand die Fakten, die auch ohne die Sinneseindrücke des Mörders abartig genug waren, Revue passieren.

Diesmal hatte es ein Mädchen getroffen, dem es vielleicht 12 Jahre vergönnt gewesen war, auf dieser Welt zu weilen. Ihre erwachende Weiblichkeit hatte ihr Peiniger auf einer entsetzlichen Weise ausgenutzt. Das Kind war in den letzten Stunden vor ihrem Tod wie auch das andere Opfer grausam gefoltert worden - immer wieder. Dabei hatte der Kinderschänder es mit seinen Fingern stimuliert, so dass das arme Wesen, das Lust sowieso nur von Erzählungen kannte, den Unterschied zwischen diesem - eigentlich positiven - Gefühl und dem alles in sich einbeziehenden Schmerz nicht wahrnehmen konnte. Aber diese Andersartigkeit des Schmerzes hatte die Kleine zutiefst verstört. Zumindest Adrian war sich sicher, dass sich in diesem Fall der Tod wahrlich angenehmer gestaltet hatte als das Weiterleben geworden wäre, auch wenn der Tod des Mädchens nicht sanft und voller Gnade gekommen war...
 

Daran wollte Adrian lieber nicht denken, dennoch bestärkte auch die Art, wie dieses unschuldige Geschöpf sein Leben verloren hatte, seinen Entschluss, die Bestie aufzuhalten, die dazu fähig war. Er bemühte sich darum, sich seine Träume in Erinnerung zu rufen, ohne an die Handlungen zu denken, sich nur auf die Kulissen dieser abartigen Szenerien zu konzentrieren, um wenigstens ungefähr zu wissen, wo es das nächste Opfer treffen würde.
 

Beide bisher gemeuchelten Kinder hatten auf einem verdreckten Tisch gelegen, der mit Ketten umgebaut und mit getrocknetem Blut verklebt gewesen war. Schaudernd musste Adrian sich fragen, von wie vielen Opfern dieses uralte Blut wohl stammte. Zähneknirschend dachte er weiter. Staub - der gesamte Raum war damit bedeckt gewesen. Schwaches Mondlicht hatte durch stark verdreckte Fenster geschienen, aufgestapelte Kartons beleuchtet.

War eine alte Lagerhalle zum Ort des unheiligen Geschehens geworden? Wenn dies der Fall war, würde es Jahre dauern, so befürchtete Adrian, die richtige Lagerhalle zu finden. Als Kind hatten die unbenutzten Gebäude zu seinen Lieblingsspielplätzen gehört und er wusste, dass er noch lange nicht alle entdeckt hatte, obwohl es mehr waren, als er damals hatte Zählen können.

"Noch ein Grund verfallene Großstädte zu hassen.", dachte sich der Junge und seufzte. Schon seit dem Bürgerkrieg, der stattgefunden hatte, als er noch nicht einmal den Kindergarten besucht hatte, war die Wirtschaft am Boden - wie auch viele andere Dinge, hatte Adrian feststellen müssen. Auf die Polizei konnte er sich daher nicht verlassen. Außerdem war er sich sicher, dass diese machtlose Institution ihm nicht glauben würde. Wie sollte sie auch, wenn noch nicht einmal Hayden, den er einen Freund nannte, ihm glaubte. Am liebsten hätte sich Adrian sofort auf die Suche nach der zweckentfremdeten Lagerhalle begeben, aber er wusste, dass dies eine Unbesonnenheit fatalen Ausmaßes wäre.
 

Kaum eine halbe Stunde später war Adrian im Begriff die Haustür des heruntergekommenen Miethauses, in dem seine Familie wohnte, zu öffnen.
 

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Miu, wenn sich zufällig jemand bis hierhin verlaufen hat, wäre es doch nur ein kleiner Schritt zum Kommentar, oder?

Naoki-chan

Auswege?

Hiho^^

Wie immer vieln Dank an meine Beta-Leserin, auch wenn sie dieses Mal etwas lange gebraucht hat (und keine Ahnung von Komma-Setzung hat).
 

Ich freue mich über konstruktive Kritik, damit ich mich verbessern kann.
 


 

Kapitel 2

Er konnte nicht anders. Was hatte der Junge auch für Möglichkeiten? An Schlafen war in dieser Nacht nicht mehr zu denken. Und sonst hatte er nur noch die Perspektive, sich zu einer Therapie einweisen zu lassen und auf Schwestern zu hoffen, die ihm ein Beruhigungsmittel einspritzten. Für einen Augenblick zog Adrian diese Handlung tatsächlich in Erwägung , doch stattdessen entschied er sich lieber, unbesonnen zu sein, und die größte Dummheit seines Lebens zu begehen, indem er sich auf die Suche nach einem Mörder begab.
 

Auf Zehenspitzen schlich er durch die Wohnung, um ihr unbemerkt entfliehen zu können. Doch zu spät fiel Adrian ein, dass sein Vater noch vor dem Fernseher sitzen könnte, der im Wohnzimmer direkt an der Wohnungstüre stand, denn bevor er sich darauf einstellen konnte, hatte sein Vater ihn bemerkt. „He, Junge! Wo willst du hin?“ An seiner Stimme konnte man deutlich hören, dass Mr. Claw betrunken war. Seinem Schicksal, das nur aus Unglück zu bestehen schien, in sein hämisch lachendes Gesicht sehend, blieb der Jüngere hoch aufgerichtet vor der Tür stehend und wandte seinen gefühlskalten Blick auf seinen Erzeuger. Schwankend erhob sich dieser nun aus seinem verdreckten Sessel und torkelte auf seinen Sohn zu. Adrian indessen wurde bewusst, dass vielleicht die letzte Gelegenheit gekommen war, weiterzugehen, doch die seltsame Mischung aus Ekel und Mitleid hielt ihn zurück. „Chance verpasst!“, resignierte der von Gefühlen verschonte Teil seines Verstandes, als Mr. Claw nun so Nahe vor dem 16-Jährigen stand, dass dieser den widerwärtigen Geruch nach Alkohol in dessen Atem riechen konnte. „Na, willste wieder abhauen?“, lallte er. „Wär´ besser…“ „Du bist betrunken, Vater.“, sprach Adrian das Offensichtliche aus, ohne einen ernsten Versuch zu machen, die Verachtung aus seiner Stimme zu verbannen. „Ich weiß!“, brüllte der Mann, den Jungen mit Spucke besprühend. „Un´ ich darf´s au… wei… weil tu hasch mein Leben zerstört!“ Hysterische Schluchzer machten seine Worte noch unverständlicher und sich schüttelnd griff der Betrunkene an. Doch ohne Mühe wich der junge Kellner aus und nutzte diesmal seine erneute Fluchtmöglichkeit, indem er zur Tür rannte.
 

Ein hastiger Blick zurück informierte Adrian darüber, dass sein Vater, da sein Zielobjekt und Stehhilfe die Flucht ergriffen hatte, auf dem Boden zusammengebrochen war und sich nun übergab. Der Junge seufzte resignierend, aber in sein oberflächliches Mitleid für den Alkoholiker mischte sich nun eine gewaltige Portion Selbstmitleid. Sollten Väter nicht eigentlich Vorbilder sein? Sollten sie nicht mit ihren Kindern im Garten Fußball spielen? Doch es machte keinen Sinn sich wegen einer so unveränderlichen Tatsache, wie die Probleme mit seinem Vater, den Kopf zu zerbrechen. Dennoch nagte eben diese Tatsache fast so stark an seinem Geist wie seine Schuld… Er kannte den Grund, der den einst so fröhlichen und liebevollen Mr. Claw zu dem gemacht hatte, was er nun war. Mit größter Anstrengung konnte sich Adrian wieder an sein wirkliches Anliegen erinnern und daher konzentrierte er seine Bemühungen darauf, genug Mut zu sammeln, um sich in die Spätsommerliche Stadt zu begeben. Schließlich überwand sich der mit Jeans und abgetragenen Band – Shirt Bekleidete mit zusammengepressten Lippen dazu, die Haustüre zu öffnen und mit seinem Marsch in das seit langer Zeit aufgegebene Industriegebiet zu beginnen. Wie immer waren die Straßen so früh morgens leer – kein Wunder in dieser ehemals blühenden Stadt, zwischen deren verlassenen Häusern sich nun Fuchs und Hase gute Nacht sagten. Nur eine einsame, magere Katze schlich an Adrian vorbei. Das war die perfekte Kulisse für einen Horrorfilm. „Hayden hat Recht!“, schalt der 16-jährige sich. „Du liest zu viel!“
 

Normalerweise hatte Adrian keine Angst in der Dunkelheit. Sie war seine Freundin. Wenn sie da war wurden die Anderen träge und beachteten ihn kaum noch. Die Dunkelheit offenbart oft, was einem Menschen wirklich das Wichtigste ist. Und meistens ist dies der Mensch selbst. Aber war es dem Jäger des Mörders wegen der Art seiner Beute doch lieber, die Augen starr auf den Boden gerichtet zu halten, bis er die ersten Ausläufer des Gewerbegebiets erreichte, als seine Augen von den unwirklichen, grauen Schatten der Straßenlaterne narren zu lassen. Auf diese Weise sah er jedoch die zweite Person nicht, die ihm gleichtuend mit hastigen Schritten an ihm vorbei eilte.

Auch eine Lagerhalle mit einem blutverschmierten Schreibtisch hatte er nicht entdecken können, bis er sich während des Sonnenaufgangs zurück in die Wohnung seines Vaters begab.
 

Wie erwartet saß sein Erzeuger auf dem alten, zahlreiche Gebrauchsspuren zeigenden Sessel und schnarchte. Ohne genau hinschauen zu müssen wusste der Heimgekehrte, dass Mr. Claw noch nicht geduscht hatte. Und ebenso wusste er, dass sich seine Stiefmutter im Badezimmer eingesperrt hatte uns weinte. Aber Adrian war schon über den Punkt hinaus sein Leben zu verfluchen. Dieses Vorgehen wäre ihm ebenso wenig zum Nutzen, wie sich den Kopf über dieses Leben zu zerbrechen. Es ließe weder die Alkoholprobleme seines Vaters verschwinden, noch dass es ihm das Geld für einen Schulabschluss einbrächte.
 

Oh, er erinnerte sich nur zu gut an die Zeit, in der er sich sicher gewesen war, einst als Journalist durch die gesamte Welt reisen zu können, an die Zeit, in der sein Vater ihm an jedem Abend Geschichten erzählt hatte, an die Zeit, in der seine Mutter noch gelebt hatte. Fast wäre Adrian bei diesen Gedanken in Versuchung gekommen, sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank zu holen und dem Beispiel seines Vaters zu folgen, sein Leid in Alkohol zu ertränken. Doch sich eine metallisch grüne Haarsträhne aus dem Gesicht streichend, schüttelte der Junge die Hoffnungslosigkeit und die Schuldgefühle, die ihn seit beinahe acht Jahren begleiteten soweit ab, dass sie wieder zu einem latenten Schwelbrand wurden. Seine Übermüdung berücksichtigend schlief er daraufhin tief und traumlos, bis sein Wecker ihn zur Arbeit rief.
 

Während er abwesend die Menschen bediente, die die letzten Tage des Sommers bei einem Eis genossen, legte sich der Kellner seine Routen für die folgenden Nächte an jedem Arbeitstag schon zurecht, obwohl Hayden dieses Verhalten langsam auffiel.

„Das hat doch nichts mit dieser komischen Wahrsage-Geschichte zu tun, von der du letztens geredet hast, oder?“, fragte der Dunkelblonde einmal besorgt. Adrian winkte ab. „Ach Quatsch, wieder mal Stress mit meinen Eltern…“ Da Hayden die Familiensituation des Freundes kannte akzeptierte er diese Antwort.
 

Für die Halbwaise waren die folgenden Wochen einige der Schlimmsten seines Lebens. Zusätzlich zu den ständigen Meldungen über ein verschwundenes Mädchen, dessen Leiche man später grausam geschändet auffand, brachte ihn der Schlafmangel fast um den Verstand. Irgendwann glaubte (oder besser gesagt hoffte) er, dass doch nur seine kranke, durch Bücher geprägte Fantasie an den Träumen, deren Wiederholungen außerdem seltener wurden und verblassten, Schuld war. Allerdings wusste Adrian auch, dass er, wenn er furchtbar erschöpft gewesen war, noch nie besonders viel oder deutlich geträumt hatte.

Aber in keiner Nacht, in der er vergeblich durch die Stadt streifte, sah er etwas Anderes, als das, was man in einer nächtlichen Ortschaft immer sah. Aber er bemerkte die Gestalt, die manchmal einen misstrauischen Blick auf ihn warf, nicht. Wegen dieser fehlenden Ereignisse überlegte er schon diese Ausflüge wieder zu streichen und sich dann viel häufiger dem Vergnügen des Schlafens hinzugeben. Dazu machte der Herbst mit all seiner Farbenpracht gewaltige Fortschritte, denn nachts wurde es schon empfindlich kühl.

Doch wenn noch ein weiteres Kind zu Schaden kommen würde, nachdem er seine Versuche dies zu verhindern so einfach aufgegeben hätte, könnte er es nie ertragen. So setzte sich Adrian eine Frist:

Bis zu seinem 17. Geburtstag, der am 29. November stattfand, würde er noch durchhalten. Wenn bis dahin noch nichts Auffälliges geschähe, schliefe er einfach wieder die Nächte durch, was seiner Gesundheit und der Sicherheit seines durch Unachtsamkeiten gefährdeten Arbeitsplatzes gewiss zugute kommen würde.

Begegnung

Hiho^^,

Nach langer Zeit melde ich mich wieder. Nun, was lässt sich viel sagen, außer, dass es jetzt wohl wieder schneller gehen wird?

Danke an -yumilein-, die an dieser Verspätung nur einen geringen - an der Qualität und Verständlichkeit der Geschichte jedoch einen größeren - Anteil hat.
 

Kapitel 3:

Was bis zum 26. November geschah, ist nicht erwähnenswert. Er fristete sein fast schlafloses Leben weiter, aber es geschahen weder weitere Morde, noch entdeckte er während seiner Streifzüge etwas Besonderes. In Adrian breitete sich inzwischen eine gewisse Erleichterung aus, weil er es für sehr unwahrscheinlich befand, dass in den letzten drei Nächten vor seinem Geburtstag noch irgendeine Veränderung stattfinden sollte.
 

Natürlich hätte er es aufgrund der ganzen Kriminalromane und Abenteuerbücher, die er gelesen hatte, anders sehen können, doch er wollte es nicht. Er sehnte sich nach Veränderung. Doch gleichzeitig hatte er Angst vor ihr, da er wusste, diese Änderung seines Tagesablaufes würde nicht diejenige sein, die er sich ersehnte. Er wäre weiterhin abgeschieden, würde weiterhin traurig in einem kleinen Café einer ausgestorbenen Innenstadt und der schäbigen Wohnung eines Alkoholikers vor sich hin vegetieren, bis er irgendwann selbst ein jämmerliches, hoffnungsloses Individuum sein würde.
 

Darauf aber konnte der Junge gut und gerne verzichten. Also hoffte er halb, halb bangte er vor der letzten Nacht, in der er sechzehn Jahre zählte. Und in dieser Nacht, die drei Tage vor jener letzten Nacht lag, machte er sich lustlos auf, einer der letzten Enttäuschungen dieser vergeblichen Suche zu begegnen. Kaum eine Stunde war er unterwegs, als sein Blick von einer Lagerhaustür wie magisch angezogen wurde. Er hatte das – laut Aufschrift – einsturzgefährdete Gebäude schon sehr häufig von außen begutachtet, aber dessen Inneres war ihm dank eines Sicherheitsschlosses immer wieder verwehrt worden. Und gerade diese verhasste, verschlossene Tür, die das Lagerhaus vor Adrian monatelang beschützt hatte, stand nun offen. Und nicht nur dies: Lässig an den Türrahmen gelehnt war dort eine dunkel gekleidete, fast völlig von der Dunkelheit verschluckte Gestalt. Sobald sie jedoch ihren jugendlichen Beobachter bemerkt hatte, sprang sie los und war schon an Adrian vorbei gerannt, bevor dieser auf irgendeine Weise reagieren konnte. Endlich, als sein überraschter Verstand sich wieder dazu bereiterklärt hatte, für und nicht gegen ihn, oder überhaupt, zu arbeiten, drehte sich der Junge um. Noch einige Augenblicke brauchte es,bis er sich so gefasst hatte, dass er dem Fremden hinterher laufen konnte. Nun trennten ihn und den Fremden schon fast 20m, dennoch musste er es versuchen.
 

Der Verfolger und der Verfolgte jagten durch den halben Friedhof der Industrie, bis Adrian das Gefühl hatte, seine Lunge müsse jeden Moment platzen, was ihn aber nicht davon abhielt, weiter zu rennen. Er war zwar größer als der Fremde, doch dieser schien an diesen Hindernissparkur über Schutt und durch unsichtbare Schleichwege gewöhnt zu sein und dazu sehr ausdauernd.

Plötzlich jedoch wurde die Jagd gewaltsam unterbrochen, indem der Junge gegen ein Hindernis lief, dass diese Stelle früher noch nicht verziert hatte. Als sich der ehemalige Jäger dann auf dem Boden wieder fand, war sein erstes Gefühl schändlicherweise Dankbarkeit für die Möglichkeit, wieder zu Atem zu kommen. Erst nach einigen Sekunden registrierte er, dass ihn wohl ein bewegliches, ein lebendiges Hindernis gebremst haben musste. Langsam bewegte sich der Blick des auf dem Boden sitzenden Adrian von den verdreckten Turnschuhen, die diesem lebendigen Etwas gehörten, über die verwaschenen Jeans und einer dunklen Jacke zu einem wutentbrannten Gesicht hinauf. Adrian hatte das Gefühl, dass die Augen des Hindernisses in diesem Augenblick vor purer Mordlust funkelten, doch er schob dies auf das fahle Licht des Mondes. Aber auch in ihm breitete sich langsam brodelnde Wut aus: Immerhin war ihm soeben ein grausamer Kindermörder entwicht.
 

Entschlossen, dem Anderen seine Meinung zu sagen, sprang er auf und selbst die Erkenntnis, dass dieser fast einen Kopf größer war als der Sechzehnjährige, konnte seinen Zorn nur kurz dämpfen. „Verdammt!“, brüllte er ihn an. „Weißt du, was du gerade angestellt hast?“ In einer solchen Situation brachte man nach Adrians Meinung keine Höflichkeit. Zu seiner Überraschung, lachte sein Gegenüber nur, dass ihm die hellen Haarsträhnen in das Gesicht flogen. Das Gelächter klang zu hysterisch, um ein Auslachen oder ein Lachen aus wirklicher Heiterkeit darstellen zu können. Schließlich beruhigte er sich wieder und sah dem Kleineren mit braunen Augen in sein Gesicht. Wie hatten diese warmherzigen Augen jemals Hass ausdrücken können? „Dann haben wir und wohl gegenseitig behindert!“, stellte er mit einer rauen Stimme fest. Adrian, erleichtert, dass er – zumindest dem Anschein nach – keinem weiteren perversen Mörder in die Arme gelaufen war, nickte bloß. “ Ich bin Alexius, meist Alex genannt.“, ergriff der Brünette wieder das Wort. „Wie heißt du?“ Nach dem flammenden Vorwurf, den der Kellner ihm eben an den Kopf geworfen hatte, ignorierte auch er jegliche Höflichkeitsformeln. „Adrian….“ Alexius lächelte den anderen an.

Er schien es zu brauchen. Aber gleichzeitig sah er sich unbehaglich um. „Vielleicht bin ich nur paranoid, aber es gefällt mir hier nicht. Kommst du mit?“ Adrian wusste später nicht mehr, welches Pferd ihn geritten hatte einfach mit einem Fremden zu gehen, doch er folgte seiner neuen Bekanntschaft zu dessen Haus. Dieser Alexius war ihm sympathisch, denn er spürte, dass dieser von ebenso düsteren Gedanken heimgesucht wurde, wie er. Auf dem Weg zu Alex´ Haus lernte Adrian eine weitere Eigenschaft seines Begleiters kennen: Alex konnte stundenlang sprechen und das ohne Punkt und Komma, was dem stillen und zurückgezogenen Jungen jedoch sehr recht war. So höre er nur gespannt dem Größeren zu.
 

„Ich mache gerade eine Lehre als Schreiner. Eigentlich hatte ich ja schon eine eigene Wohnung, mein Elternhaus ist so eng, dass es nicht auch noch einen neunzehnjährigen, erwachsenen Sohn beherbergen sollte, aber weil mein Vater anfangs diesen Jahres gestorben ist, kommt meine Mutter mit dem Geld und auch mit meinen Geschwistern kaum noch zurecht. Daher bin ich wieder bei ihr eingezogen. Sie braucht mich. Vor allem, seit meine kleine Schwester ermordet wurde…“

Alex´ Stimme war voller Hass und Abscheu und Adrian verstand. Den Mord an dieser Schwester hatte er beobachtet. Sie war das zweite Opfer des Meuchlers gewesen, den er seit Monaten suchte.

Daher war ihm Alex heute Nacht begegnet. Er hatte ebenso wie Adrian neben seiner Ausbildung zum Steinmetz die Nächte durchgewacht, um sie zu rächen oder wenigstens zu verhindern, dass weitere Kinder Opfer wurden. Für dieses Unterfangen war ihm das verlassene Gewerbegebiet als perfekt erschienen. Welcher Mörder konnte schon leeren Straßen widerstehen, in denen sich nachts keiner aufhielt und die selbst Polizisten zu langweilig erschien, um dort auf Streife zu gehen?
 

Dennoch zögerte Adrian, dem Anderen von seinen Träumen zu erzählen, denn er fühlte sich mitschuldig an dem Mord des Mädchens. Wenn er früher reagiert hätte, wäre es vielleicht noch möglich gewesen ihn zu verhindern, dachte er, und er hatte Angst, dass Alex es auf die selbe Weise sah oder ihn, was eine noch schlimmere Vorstellung für den 16-Jährigen war, für einen Aufschneider und Lügner hielte.

„Und du?“, riss der Ältere ihn aus seinen Gedanken. „Wie kamst du auf die Idee, ihn zu jagen?“ Inzwischen hatten sie jedoch das kleine, etwas baufällige Haus erreicht, das Alex´ Mutter gehörte. Statt Adrian zu einer Antwort zu drängen, schloss der dort Wohnende leise auf und forderte den Begleiter auf, ihm auf Zehenspitzen durch den Flur zu folgen.

Alex´ Schlafzimmer war kaum als solches zu bezeichnen. In dieser Kammer fanden nur ein uraltes Etagenbett und ein Schrank, der stark bemalt war, Platz. Außerdem sah man nur wenige persönliche Gegenstände, da der Auszubildende zu wenig Zeit hatte, um sie in seinem Zimmer mit einer anderen Tätigkeit zu verbringen als Schlafen.
 

Erschöpft warfen sich die Beiden, nachdem Adrian seinen neuen Aufenthaltsbereich mit den Augen geprüft hatte, auf das untere Bett und eine Weile lang herrschte einvernehmliches Schweigen in dem kleinen Raum, bis Adrian begann zu sprechen. Er erzählte vor allem von seinem betrunkenen Vater und der verzweifelten Situation, in der er lebte und die ihm keine Zukunft bot.

Kurz war er in die Versuchung geraten, doch von seinen Visionen zu erzählen, aber dann überzeugte er sich mit einem Blick auf die Uhr, dass er eigentlich dringend nach Hause zurückkehren musste, um sich noch einige Stunden Schlaf zu stehlen. Stumm vor Heiserkeit, die durch die ungewohnt lange Rede erschaffen worden war, zeigte er auf den Wecker mit Leuchtziffern, der in Alex´ Zimmer neben dem Licht aus dem Flur in diesem Moment die einzige Lichtquelle ausmachte. „Hab ich gar nicht bemerkt…“, seufzte Alex, während Adrian seine Jacke suchte, die er irgendwann einfach auf den Boden geworfen hatte. Selbst, wenn ihm die Vorstellung, von den Träumen zu erzählen wahnsinnige Angst bereitete, fühlte er sich in dieser gemütlichen, familiären Atmosphäre viel wohler als in dem Geruch der Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Schuldigkeit, die der ungepflegten Wohnung der Claws anhaftete. „Bis…“, begann er, doch der auf dem Bett liegende 19-Jährige schüttelte heftig den Kopf, so dass braun, blond und kastanienrot schimmernde Strähnen in sein Gesicht fielen. Er ergriff Adrians Handgelenk. „Bleib hier!“, schlug er vor. „Bei dir ist sicher gerade dicke Luft.“ Erleichtert nickte der Kleinere, streckte sich wieder neben seinem Gastgeber aus und schlief augenblicklich ein.

Er träumte.
 

Freue mich über jeden Vorschlag, wie ich mich verbessern könnte.

Idylle?

Endlich ein neues Kapitel! Diesmal möchte ich mich bei maron-chan bedanken, die sich das ganze noch einmal durchgelesen hat.

Ich würde mich über einen ausführlichen Kommentar sehr freuen.

Naoki-chan
 

Kapitel 4: Idylle?
 

„NEIN; STIRB NICHT!“

Mit diesem verzweifelten Schrei schreckte Adrian am nächsten Morgen, einem Sonntag, auf. Unzählbare Tränen rannen über seine Wangen und vermengten sich mit kaltem Schweiß. Er brauchte einige Sekunden, um zu wissen, wo und wer er war. Dann sank er in sich zusammen und versteckte das nasse Gesicht an seine an den Körper gepressten Knie. Alex war sofort aufgewacht und hatte sich so rasch aufgesetzt, dass er, der irgendwann in der Nacht auf das obere Bett geklettert war, mit dem Kopf gegen die Decke stieß. Aber er erholte sich überraschend schnell und beeilte sich zu Adrian zu kommen, wobei er fast die Treppe hinunterfiel. Nur kurz zögerte er, bevor er verlegen seine Arme um den krampfhaft schluchzenden Jungen legte. Er wusste nicht, wie er sonst helfen konnte. Was war mit dem Jüngeren geschehen? Er hatte auf Alex nicht wie jemand gewirkt, dem bei jeder Kleinigkeit die Tränen in die Augen stiegen, aber was hatte es vermocht, ihn dazu zu bringen dermaßen ungeniert zu weinen? Ein einfacher Albtraum, wie ihn jeder schon einmal hatte, kam dem angehenden Steinmetz unwahrscheinlich vor. Bevor er den Kellner soweit beruhigen konnte, dass es ihm möglich gewesen wäre nachzufragen, erklang das Geräusch nackter Füße auf den abgetretenen Dielenbrettern.
 

Die Tür wurde aufgerissen. „Alex? Alex, hast du so geschrieen? Was is´ denn los?“, verlangte ein mit einem Nachthemd bekleidetes Mädchen, das nur um Weniges jünger zu sein schien als Adrian, verschlafen zu wissen. Sich die Augen reibend erstarrte sie plötzlich auf der Schwelle stehend. „Oh!“ Sie wusste nicht, was sie von dem Anblick halten sollte, der sich ihr bot. Ein jüngeres Kind quetschte sich an ihr vorbei. „Wer ist das?“, fragte es. Bevor Alex antworten konnte, erschienen auch die letzten Familienmitglieder in der viel zu kleinen Kammer: Eine Frau in den mittleren Jahren, die ein etwa 8-jähriges Mädchen an der Hand und ein Kleinkind in den Armen hielt. Direkt hinter ihr schielte ein schneeweißer Schäferhund zwischen die Beine hindurch. Neben Alex und dem Kater, der es sich schon am Tag zuvor auf der Fensterbank bequem gemacht hatte, war er das einzige männliche Wesen im Haus. Verlegen löste sich Adrian vom „Herrn des Hauses“ und rieb sich mit dem Ärmel seines Oberteils über das durch Tränen verklebte Gesicht. Dann stand er unbeholfen auf und streckte der Hausherrin über den Köpfen der Kinderschar die rechte Hand zur Begrüßung hin. „Guten Morgen, Frau… ähm…“ Das kleine Maß an Selbstbeherrschung, das er inzwischen wieder errungen hatte, ging nun abermals verloren bei der Erkenntnis, dass er die Nacht in dem Haus eines Jungen verbracht hatte, dessen Nachnamen er noch nicht einmal kannte.

Im Grunde genommen war ihm das egal, doch wie sollte er das dieser Witwe erklären? Die Frau jedoch zeigte weder Missstimmung noch Überraschung, obwohl zumindest Zeichen des zweiten Gefühls noch vor wenigen Sekunden so deutlich auf ihrem Gesicht gewesen waren. Im Gegenteil zierte nun ein strahlendes Lächeln das müde Haupt der Mutter Alex´. „Berger.“, stellte sie sich vor und ergriff energisch die ihr dargebotene Hand ohne den Griff um den wenige Monate alten Säugling zu lockern. Die Falten in ihrem Gesicht zeugten zwar von Leid, jedoch waren viele wohl auch auf Lachen zurückzuführen. „Wo hat er dich denn aufgegabelt? Jetzt komme erst einmal mit, du siehst halb verhungert aus…“ Alex grinste über Adrians Miene, die eindeutig von Überraschung sprachen. „Übrigens, Mama.“, sagte er leise kichernd. „Das ist Adrian.“ Natürlich hatte die gute Frau, die längst in Richtung Küche verschwunden war, nichts davon vernommen, doch Alex´ jüngere Geschwister stimmten in dessen Lachen ein.
 

Währenddessen kam sich der Besucher vor wie ein Eindringling in einer wunderbaren, jedoch unerreichbaren Welt. Es schien so zu sein, wie in seinen Träumen von damals, nur dass er nie die Anwesenheit von Geschwistern hatte genießen können. Rasch brachten ihn diese Gedanken wieder zurück zu dem Traum, den er nie mit „wunderbar“ bezeichnen würde. Fest formte er seine Hände zu Fäusten, presste seine Fingernägel in seine Handflächen bei den sinnlosen Bemühungen nach Fassung. Seine Umgebung - die scherzenden Kinder und der neugierige Hund, der an seinen Beinen schnüffelte- war zu einem drückenden Gemurmel geworden, die Gesichter um ihn herum waren plötzlich die von Toten, sie konnten nicht lebendig sein. Trotz des starken Drangs, einfach die Flucht zu ergreifen, Gelächter, Traum und Leichen zu entfliehen, konnte er sich nicht bewegen. Schließlich war er fast so weit, dass er nach dem achtjährigen Kind geschlagen hätte, dass ihn besorgt an dem Arm berührte. Im letzten Moment erlangte er seinen Verstand wieder. Erst dann registrierte er seinen keuchenden Atem, das warme Blut, das aus seiner Handfläche lief und das Schweigen der Anderen. Nur noch das leise, beruhigende Summen Frau Bergers, die in der Küche das Frühstück vorbereitete, war noch zu hören. „Alles in Ordnung.“, krächzte Adrian mit schwacher Stimme, trat dann jedoch zurück in Alex´ Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
 

Als Alex sich eine halbe Stunde später frisch geduscht und mit einem gut belegten Frühstückstablett zu ihm gesellte, saß er auf dem Bett, das Gesicht in den Händen verborgen. Hätte sich nicht seine Brust gleichmäßig gehoben und gesenkt, hätte man ihn für ein kunstvolles Standbild halten können. Sich ratlos auf die Lippen beißend stellte der Gastgeber das Essen auf seinem aufgeräumten Schreibtisch ab und setzte sich, unsicher, was er nun tun sollte, zu Adrian. Er überlegte, wie seine Mutter von seiner ältesten Schwester, Anna, nach dem Tod seines Vaters beruhigt worden war und was ihm in der ersten Zeit nach dem Mord an seine 11-jährige Schwester Lina geholfen hatte.
 

Entschlossen nahm er den sich behaglich räkelnden Kater von seiner Fensterbank und schob ihn zu Adrian. Das empörte, Tier das – leider nicht häufig – auf den Namen Liam hörte, machte es sich sofort wieder auf die Suche nach einem behaglichen Platz und suchte dafür den warmen Ort direkt neben Adrians Beine aus. Abwesend hob der Junge ihn auf seinen Schoß, als er das Gewicht dort spürte und starrte mit leeren Augen an die gegenüberliegende Wand. Sofort begann Liam zu schnurren in der Hoffnung, dass die beiden weichen Hände, die ihn ergriffen hatten, nun beginnen würden, ihn zu streicheln. Adrian zerschlug seine Hoffnungen nicht, sondern liebkoste das weiche, rötliche Fellknäuel auf seinen Beinen zärtlich. Von diesen gleichmäßigen Bewegungen und der Wärme eines glücklichen Lebewesens beruhigt, begann er sich endlich zu entspannen. Nun bemerkte er auch, dass er nicht mit dem Kater alleine war. Neben sich roch er Rasierwasser und Feuchtigkeit. Er sah sich jedoch nicht um. Jahre war es her, dass er vor jemanden geweint hatte. Immer wieder hatte er sich gesagt, er sei kein kleines Kind mehr und müsse sich zusammenreißen. Und jetzt sah dieser wildfremde Alexius seine Tränen.

„Kannst du mich nicht kurz alleine lassen? In einer viertel Stunde bin ich wieder OK.“ Adrians Stimme war leise und heiser. Selbst für ihn hörte sie sich fremd an. Vor allem, da er sich eigentlich genau das Gegenteil von dem wünschte, was er sagte. Glücklicherweise- oder leider, dabei war sich Adrian noch nicht ganz sicher- schien auch Alex seine Aufforderung nicht ernst zu nehmen. „Du kannst sprechen.“, erklärte er schlicht und wartete. Er stand kurz auf und brachte Adrian frische Croissants mit Marmelade. Ohne Liam zu ignorieren aß der Junge bedächtig die ihm zugestandene Portion und bereicherte sie auch noch um derjenigen von Alex, was diesen jedoch offenbar nicht störte. Schließlich fragte er: „Wirst du mich auch nicht unterbrechen, egal wie gelogen dir das vorkommt?“ Alex versprach es. Und so begann Adrian mit seiner Erzählung von dem, das ihn in dieser Nacht so verstört hatte.

Zu spät

So, nach langer, langer Zeit das fünfte Kapitel. Ich kann mich einfach zu selten überwinden, abgeschlossene Geschichten tatsächlich abzutippen und umzuschreiben.
 


 

„I…ich bin in einem dunklen Raum. Es riecht modrig und ich ekele mich vor dem Dreck, auf dem ich liege. Meine Blase drückt, da ich schon seit Stunden in diesem Kerker gefangen bin. Ich dränge mich in eine Ecke, aber das hilft nicht. Jemand hebt mich hoch. Ich sehe ihn nicht, als hoffe ich, es wäre mein Vater oder meine Mutter – obwohl ich es besser weiß. Die Person legt mich auf einen Tisch, legt Ketten an. Meine Handgelenke sind bereits wund von ihnen. Ich spüre ein Messer direkt an meiner Schläfe. Erst ist es so… es ist einfach nur kalt. Das Messer ist zu scharf, als dass ich es spüren könnte. Dann brennt es. Ich höre meine Stimme – nein, die eines kleinen Jungen, wahrscheinlich noch nicht einmal in der Schule. Er spürt das Brennen. ICH spüre es. Das Monster… so nennt der Junge es. Es skalpiert ihn. „Ich will nicht mehr! Ich will nicht mehr! Ich will Tod sein! Das brüllt er. Dann eine raue Stimme: Adrian, willst du ihn nicht retten? Dann ist es vorbei.“ Adrian schauderte. Er hatte alles mit einer fürchterlich tonlosen Stimme erzählt, nur um nicht wieder in Hysterie zu verfallen. Er hatte nicht alles erzählt. Nicht den Schmerz, den er im Unterleib gespürt hatte, nicht die brennenden Finger, die einst von Nägeln beschützt worden waren. Der Junge war kastriert und gefoltert worden. Oder wurde er es noch? Der Kellner wusste nicht, was schlimmer gewesen war. Der Schmerz, den er dieses Mal empfunden hatte oder die furchtbare Mordlust, die er sonst verspürte.
 

Alex schwieg nun, ebenso wie er. Minutenlang saßen sie auf dem Bett, lauschten dem gleichmäßigen Schnurren des Katers, der nichts von der Geschichte verstanden hatte, die sein gegenwärtiges Kissen erzählt hatte. Plötzlich wurde es ihm zu viel. Seine Kammer schien ihn zu begrenzen, schien viel zu klein zu sein, um solche Gräuel aufzunehmen. Er sprang auf. „Lasst uns `rausgehen!“, rief er, schnappte sich seine Jacke und warf Adrian die seine zu, die er am vorigen Abend nachlässig auf einen Stuhl geworfen hatte. Der Jüngere sah ihn verständnislos an, den plötzlich von weichen Daunen bedeckten Kater vorsichtig auf dem Boden absetzend. „Willst du etwa ewig hier sitzen bleiben?“, fragte Alex daher. Adrian stand auf, zog die Jacke jedoch nicht an. „Worauf wartest du?“ Der Gast spürte eine leichte Röte auf seinem Gesicht. „Wo ist das Klo?“, fragte er. Der Schreinerlehrling lachte. Zumindest war der von ihm aufgegabelte Junge wieder einigermaßen bei sich.
 

Etwa eine halbe Stunde später saßen die beiden jungen Männer auf einer Parkbank, die sie nur notdürftig vom Schnee befreit hatten. Die dicken Winterjacken halfen kaum, sie warm zu halten, aber das ignorierten sie meisterhaft. Adrian kramte wie wild in seinen Taschen herum. Mit seinen blaugefärbten Fingern dauerte es eine Weile, bis er das Objekt seiner Begierde gefunden hatte. „Schlechte Angewohnheit“, merkte Alex an, als sich der Jüngere die Zigarette ansteckte. Bitter grinste dieser. „Wenigstens saufe ich nicht“, verteidigte er nicht. „Obwohl ich in den letzten beinahe in Versuchung war.“ Sein Begleiter schluckte. „Du hast diese… Visionen häufiger?“ Keinen Augenblick hatte er daran gezweifelt, dass kein normaler Traum den Anderen so erschüttert haben könnte. Er glaubte zwar im Grunde genommen nicht an Visionen, aber langsam fragte er sich doch, ob das ganze Esoterik – Zeugs doch einen echten Ursprung hatte. Aus den Augenwinkeln sah er Adrian nicken. „Schon…“ Der inzwischen wieder einfarbig Schwarzhaarige wusste, dass seine Stimme unsicher klang, trotz des Nikotin, das er wohltuend in seinen kopf steigen fühlte. Wenn Alex jetzt seine Schwester mit den Visionen verband… Sicherlich würde er ihn schlagen. Oder einfach nur weggehen. Irgendwie hatte er Angst davor. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie sein Obdachgeber für die Nacht erbleichte. „Meine Schwester“, fragte Alex zögernd. „d-du hast auch sie gesehen.“ Erneut nickte der Schulabbrecher. Seinen Blick richtete er nun direkt auf die in seinem Schoß verkrampften Hände. Die Zigarette ließ unbeachtet ihre Asche in den Schnee fallen. Was nun? Adrians Angst wurde zur Panik. Er wollte nicht wieder alleine sein! Alex glaubte ihm, er glaubte ihm! Hayden hatte er es auch – indirekt – erzählt, aber Alex glaubte ihm! Er hörte schon die Worte. Du hast meine Schwester nicht gerettet. Du bist Schuld, du bist ein Monster! Aber statt Zorn hörte an nur Betroffenheit in der Stimme des Älteren. „Meinst du, wir können den Jungen retten?“ Überrascht hob Adrian wieder den Kopf. „Er lebt noch“, antwortete er beherrscht. „Wir können es versuchen…“ Alex nickte und stand auf. „Lass uns gehen.“
 

Die beiden stapften durch den Schnee – wieso gab es gerade in diesem Jahr so viel davon? – zum Industrieviertel. „Ich glaube, der Mörder hat es auf mich abgesehen“, unterbrach Adrian plötzlich das sinnlose Gelaber, das sein neuer Freund in wahren Strömen aus seinem Mund fließen ließ. Vermutlich hielt er ihn für verrückt. Zahlreiche Kinder waren gestorben, darunter auch Lina, Alex’ Schwester, und er bezog es nur auf sich. Obwohl Adrian die Option des Wahnsinns, vielleicht sogar der Schizophrenie, selber noch nicht ganz verworfen hatte, würde es ihn schmerzen, die Worte von diesem noch fast Fremden zu hören. Seltsam, wie schnell man in einer solchen Situation eine Verbindung aufbauen konnte. Doch nichts dergleichen warf Alex ihm an den Kopf. Im Gegenteil rührten seine Worte den jungen Kellner eher, als dass sie ihn schmerzten. „Keine Angst, ich beschütze dich“, versprach er lächelnd. „Und im Notfall werden wir in jedes Haus einbrechen, das sich in dieser Stadt befindet!“ Er zeigte Adrian einen Bund Dietriche. Der Teenager versuchte, sich nicht zu fragen, wozu er sie sonst benötigte.
 

Sie fanden, wie Adrian es erwartet hatte, das Lager, aus dem er die Gestalt hat laufen sehen, erst nach langem, langem Suchen. Falls es Spuren gegeben hatte, waren sie vom frühen Schnee bedeckt worden. Das Herz des scheinbaren Mediums klopfte, dass er es mit einem Presslufthammer verglich. Alex kniete sich vor das Schloss, holte seinen Dietrichbund und Draht heraus. Dann gab er ein überraschtes „Ah!“ von sich. Es war offen. Stumm stand er wieder aus und drückte die Klinke herab, ließ seinem Begleiter den Vorrang und wirkte dabei fast wie ein Butler. Adrians ohnehin angespannte Nerven hätten ihn fast zu hysterischem Gelächter getrieben, das er aber noch knapp unterdrücken konnte. Er trat ein, wartete, bis sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten, und stürmte wieder hinaus. Er übergab sich in den hohen Schnee. „Vermutlich“, dachte er. „habe ich schon zehn Kilo abgenommen.“
 

Vorsichtig wagte sich Alex hinein, während sich der Kleinere noch erholte. Auch er legte sich die Hand über den Mund, konnte den Würgreiz jedoch unterdrücken. Schließlich war sein Frühstück auch an diesem Tag ausgefallen. Ein Arm… blutige Häuflein, die er sich nicht näher ansehen wollte. Seiner Schwester war der Darm entfernt worden. Der Gestank war bestialisch. Aber offensichtlich wurde der Raum nicht mehr benutzt. Alex verließ das Lagerhaus, schloss sorgfältig die Tür und lehnte sich gegen die Wand. „Wir müssen die Polizei rufen“, sagte er. Adrian, der sich noch immer mit der Hand an der Wand des benachbarten Lagerhauses abstützte, sagte nichts. Wozu auch? Sie waren der falschen Spur gefolgt. Oder der Richtigen zu spät. Wie man’s nahm.
 

Niedergedrückt von der Entdeckung liefen die Hobby-Detektive durch das Viertel der verlassenen Lagerhäuser mit dem Ziel des Eiscafés, indem Adrian arbeitete. Von dort wollten sie die Polizei anrufen, da selbstverständlich keiner von ihnen ein Handy besaß. Fast waren sie wieder am kleinen Park angekommen, als sie die Blaulichter erblickten. Bestatter schoben eine kleine Gestalt in ihren Wagen. Adrian war sich sicher, dass sie ihn zur Obduktion in ein Krankenhaus bringen würden. Schließlich war es ein Mordopfer. Das Opfer des Mörders, der Mütter ihre Kinder einschließen ließ, der als der grausamste Mörder seit Vlad, dem Pfähler galt. Sie waren zu spät. ‚Anscheinend war der Tag von fatalen Verspätungen bestimmt’, dachte der Sechszehnjährige mit einem Anflug von Galgenhumor. Das aus seinen aufgebissenen Lippen das Blut sickerte, nahm er nicht war, bis ihm Alex betroffen ein Taschentuch reichte.
 

Sie waren viel zu spät.
 

-------------
 

Falls es jemand lesen sollte, würde ich mich über Kritik freuen. Es soll kein "Kommis, sonst schreib ich nicht weiter!" Abschlusssatz sein, aber es würde mir das Schreiben wirklich erleichtern, wenn ich wüsste, dass die Geschichte jemand liest.



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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Von:  cleo--
2008-05-31T08:56:59+00:00 31.05.2008 10:56
Also als erstes find ich Schade, dass der Prolog Adult ist *noch keine 18 bin* T.T, aber du hast den Übergang zum ersten Kapitel ziemlich gut hingekriegt, dass ich auf den Prolog verzichten kann.

Dein Schreibstil ist sehr mitreisend und fesselnd.
Deine Umschreibungen für Namen sind auch sehr schön, du versuchst Wortwiederholungen zu vermeiden und das gelingt dir auch^^ Dennoch stören mich nach einer Weile diese Umschreibungen wie z.B."der ein Jahr Ältere" usw.

Die Story ist auch sehr interessant und auf jeden Fall lesenswert. Du hast mit deinen "Horrorgeschichten" total meinen Geschmack getroffen.

lg
~cleo--

CfC-Zirkel
Von: abgemeldet
2008-05-03T12:15:16+00:00 03.05.2008 14:15
[CfC-Zirkel]

Erstmal: Ist der jetzt 16 oder 17?

Beim 1. Kapitel sagte ich ja noch was von Saw... aber hier ist es schon eher se7en. Nicht nur körperliche, sondern auch noch seelisch zerstörerische Grausamkeit. Der Mörder ist mir sympathisch (als Figur, versteht sich), schade dass es nicht aus seiner Sicht erzählt wurde.

Zur Figur Adrian kann ich noch wenig sagen. Erscheint mir irgendwie noch wie ein Wolfgang-und-Heike-Hohlbein-Protagonist.
Mal sehen, wie er sich entwickelt- Hobbies, Vorlieben, Macken,... ^^

ich werds (irgendwann... Zeitmangel) weiterlesen :)
Von: abgemeldet
2008-05-03T12:07:00+00:00 03.05.2008 14:07
MUAHAHAHAHA! Nach den ersten Worten habe ich gleich mal die fröhliche Musik abgestellt und mir gewünscht den Saw-OST zur Hand zu haben^^

Nicht dass du jetzt denkst ich steh auf sowas, snuff und so kann mir gestohlen bleiben, aber die Beschreibung von Grausamkeit ist schon eine Kunst für sich- du beherrscht sie offenbar. Gäbs ne Benotung bei Fics, das wär ne Eins xD
Von: abgemeldet
2008-04-22T15:25:46+00:00 22.04.2008 17:25
[CfC-Zirkel Rückkommie]: Ja, jemand liest (auch wenn ich von allein nie darauf gekommen wäre, aber dafür ist so ein Zirkel ja gut). Zum Thema kann ich nur sagen, dass ich schon "Schlimmeres" gelesen habe und dass ich der Meinung bin, jeder sollte hin und wieder sowas lesen oder schreiben. Es ist viel zu einfach, alles, was nicht schön ist einfach wegzuschieben und zu vergessen.

Aber zur Geschichte selbst: Ich mag deine Charaktere, sie sind für mich sehr lebendig. Ich kann Adrians Gefühle und Gedanken gut nachvollziehen und auch seine Handlungen, selbst die etwas unlogischeren. Bei Alex bin ich mir noch nicht so sicher, aber ich finde man spürt, dass da hinter der Fassade noch mehr steckt.

Ich finde besonders das Bild, was du von Alex' Familie zeichnest, sehr interessant. Man merkt, worauf es dir ankam, auf die Warmherzigkeit und Liebe untereinander und die Akzeptanz Fremden gegenüber, der generelle Respekt für Menschen. Du etablierst dieses Familienmodell im Gegensatz zu Adrians Familie (oder was davon noch übrig ist), und das gelingt dir. Was ich allerdings vermisse ist "der Schatten der Tragödie", um es mal geschwollen zu sagen. Denn es ist eine Tragödie, wenn die Tochter oder Schwester auf solche Art umgebracht wird. Das wirft Schatten auf jede Familie, wie gut sie sonst auch immer sein mag. Ich finde, das hättest du deutlicher machen können, auch wenn es natürlich Fremden gegenüber immer unterdrückt wird.

Was ich noch sehr gerne mag an deiner Geschichte ist das Tempo. Die Handlung geht nicht zu schnell und nicht zu langsam voran, Aktionsszenen wechseln mit Szenen, in denen sich Adrian über seine Gefühle und Gedanken äußert und im Großen und Ganzen ist diese Mischung wirklich gut gelungen, mein Kompliment (das gelingt nicht vielen "Hobbyschreibern")

Womit ich dagegen ziemliche Probleme hatte ist deine Vorliebe für Synonyme: Der Dunkelhaarige, der Junge, der Schreinerlehrling (der zwischendrin auch mal "angehender Steinmetz" ist) und immer wieder Der (junge) Kellner. Das reißt mich als Leser immer wieder aus dem Lesefluss, weil ich immer erstmal kurz darüber nachdenken muss, wen du jetzt meinst und ehrlich gesagt nervt das nach ner Zeit.

Es wäre viel einfacher, wenn du bei den Namen und "er" bleiben würdest. Dann passiert es nämlich irgendwann, dass die Namen "unsichtbar" werden, d.h. der Leser hat alle Attribute, die du dem Charakter gegeben hast, unter dem Namen "Adrian" abgespeichert. Jedesmal, wenn er dann "Adrian" liest, weiß er nicht nur ganz genau, wer gerade redet, sein Unterbewusstsein sagt ihm auch, wie derjenige aussieht, was er bis jetzt über seinen Charakter weiß usw. Deswegen sind Namen das einzige, was man immer wiederholen kann, ohne langweilig oder eintönig zu werden.

Das mag dir beim Schreiben erstmal komisch vorkommen, aber es ist tatsächlich so, du kannst es ja an dir selber ausprobieren.

Weißt du, dass du manchmal einen Sachverhalt ziemlich umständlich ausdrückst (Worte aber auch Satzstrukturen), wenn es auch einfacher gegangen wäre? Mich stört das jetzt nicht so (zumal es bei dir noch nicht unverhältnismäßig ist). Das muss nicht schlecht sein, aber ich dachte ich sags dir lieber, weil es mir aufgefallen ist. Mir passiert das nämlich auch häufiger und mir ist das nie aufgefallen, bis meine Beta mal was gesagt hat. Jetzt passe ich dann immer schon ein wenig auf, ich will ja von möglichst vielen verstanden werden.

So, das wars erstmal von mir, ich hoffe es macht dir nichts aus, dass ich ein bisschen länger mit meinem Rückkommie gebraucht habe, als ich das eigentlich wollte.
lg
emar [Kommentar-Sensei]
Von:  Egnirys
2006-08-30T06:16:38+00:00 30.08.2006 08:16
find ich äußerst interessant deine geschichte! ^~
schreib bitte ganz schnell weiter, ja?
Von:  yamimaru
2006-03-17T17:30:14+00:00 17.03.2006 18:30
Oh du meine Güte !
Ich bin verstört ... heftiges Thema !
... *fällt dir was auf?* Ich bin sprachlos.
Aber jetzt mal sachlich.
Dein Schreibstil gefält mir sehr gut und ich werde auch die nächsten Kapitel lesen.
Denk ich zumindest *ZwiegesprächmitMagenhalt*
Aber ich bin schon mal gespannt auf die Fortsetzung.
Liebe Grüße
yamimaru
Von:  elbin-luna-chan
2006-01-18T01:45:19+00:00 18.01.2006 02:45
Ich frage mich noch immer, ob es richtig von mir war, das grad freizuschalten.... ^^*

Ehrliche Kritik kannst Du hoffentlich vertragen.
Pädagogisch gesehen erst mal das Positive:

Der Schreibstil an für sich ist klasse. Du beschreibst diese Szenen aus der Sicht des Mörders recht gut, man kann sich schon irgendwie in den Typen hineinversetzen.
Es ist auch ein Stück weit spannend.

ABER: Ich fand es echt widerlich. Das ist meine ganz eigene Meinung dazu. Da ich es lesen MUSSTE, weil ich es freigeschaltet habe, habe ich auch das ganze Kappi gelesen und war gelinde gesagt entsetzt, das jemand fähig ist, eine so fiese Szene zu schreiben, in der jemand auf eine so brutale Weise ermordert wird und der Mörder daran echt Gefallen findet.
Wie gesagt, Spannend war es schon irgendwie, aber ich denke mal, Du verstehst, warum ich das auf adult setzen musste, ne? ^^*


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