Zum Inhalt der Seite



Sie sinnloseste Erfindung der Welt

Autor:  lomelinde

Morgen fang ich an ... mir nicht mehr so viele Gedanken zu machen

Heute werde ich ... mir umso mehr Gedanken machen

 

Irgendwie ist es frustrierend. Kennt ihr das auch? Ihr versucht jemanden zu erreichen... das Handy ist aus! Ihr versucht jemanden eine SMS zu schicken ... keine Reaktion!

Daher für mich die sinnloseste Erfindung der Welt: das Handy! Wir Menschen haben uns viel zu sehr von diesem Ding abhängig gemacht. Sein Sinn ist es, immer und überall erreichbar zu sein. Sei es im Zug, auf der Autobahn, auf Arbeit, zu Hause, im Urlaub, beim Einkaufen, beim Frisör, bei der besten Freundin, im Freibad, beim Skifahren, beim Jagen, in der Disco, im Kino ... auf dem Klo! Überall wollen wir mobil sein, überall wollen wir vernetzt sein. Und was haben wir davon?

"Nichts!"

"Wie nichts?", wird sich der ein oder andere jetzt fragen.

"Naja, nichts, nichts!", erwidere ich.

Mal ehrlich wir sind zwar im Zug, auf der Autobahn, auf Arbeit, zu Hause, im Urlaub, beim Einkaufen, beim Frisör, bei der besten Freundin, im Freibad, beim Skifahren, beim Jagen, in der Disco, im Kino und auch auf dem Klo erreichbar, aber dann wenn es mal wichtig ist, mal wirklich wichtig, dann liegt das Handy irgendwo, wo wir gerade einmal nicht sind, ist leise gestellt oder aus.

Nehmen wir mal ein ganz krasses Szenario. Eine Frau, ist total verzweifelt, ängstlich und depressiv. Sie weiß nicht was sie tun soll hat Angst, braucht Zuspruch. Sie versucht ihren Freund, Verlobten, Ehemann, die Schwester, den Bruder, die Mutter, den Vater, die beste Freundin ... den Therapeuten auf dem Handy zu erreichen. Der Freund/Verlobte/Ehemann ist in einer wichtigen Besprechung und würgt sie ab, ehe sie sagen kann was los ist. Sie gerät in Panik, denkt, dass er genervt von ihr ist. Sie ruft ihre Schwester an. Diese ist jedoch gerade bei einer Freundin und anstatt ihr zuzuhören erzählt sie ihr den neuesten Tratsch, ehe die Verbindung abreißt. Sie versucht es bei ihrem Bruder, dort geht jedoch nur die Mailbox ran und verkündet mit der sarkastischen Stimme des Bruders, dass dieser besseres zu tun hätte, als sich mit Freaks wie ihr anzulegen. Sie versucht es bei der Mutter, diese ist jedoch gerade im Stress und regt sich nur darüber auf, warum der Müll nicht rausgebracht wurden ist, der Vater nimmt nicht ab. Sie versucht es verzweifelt bei ihrer besten Freundin, aber auch hier hat sie kein Glück und nur die Mailbox dran, sie arbeitet noch. In  ihrer letzten und verzweifelten Not versucht sie es in der Praxis des Therapeuten. Es meldet sich eine freundliche aber bestimmte Stimme eines Anrufbeantworters, der verkündet, dass Frau XY diese Woche auf Weiterbildung ist und somit nicht zu erreichen. Nun geschieht es, dass die Panikattacken der Frau immer stärker werden und sie zum Schluss keine andere Möglichkeit mehr sieht als dem Leben ein Ende zu setzen.

 

Mir ist keine Geschichte bekannt, in der so etwas passiert ist, aber mal ehrlich: Ist das Szenario so abwegig? Wenn wir bevor wir Handys hatten zum Telefonhörer gegriffen haben und niemand ran gegangen ist, dann dachten wir: "Okay, sie/er ist einkaufen, versuche ich es später noch einmal!" Heute projezieren wir es auf uns selbst, wenn wir jemand anderen nicht erreichen. Wir denken, dass derjenige nicht mit uns kommunizieren will.

Bei mir zumindest ist das so. Im Internet oder über Handy, egal. Ich bin zum chatten verabredet und die Person taucht nicht auf: "Was habe ich falsch gemacht?" Ich schreibe eine SMS und kriege keine Antwort: "Was hab ich falsches gesagt?" Ich rufe an, aber niemand nimmt ab: "Nerv ich ihn etwa?"

Ich komme nicht ohne Grund auf dieses Thema. Mein Leben spielt sich auch zu einem großen Teil online ab und bisher gab es da auch wenig Probleme. Ich sage nicht ohne Grund bisher. Es gibt eine spezielle Person, mit der habe ich früher ewig und viel geschrieben. Seitenweise an einem Tag und genauso war es mit den SMS. Mittlerweie ist das anders und ich sorge mich. Ich habe Angst, dass ich zu viel erwarte oder zu viel falsch mache. Aus den Seitenweise E-Mails sind einige kurze Sätze am Tag geworden oder eher am Abend: "Hallo!" und "Gute Nacht!" sozusagen und bei den SMS ist es dasselbe. Heute kann ich schon froh sein, wenn mir auf mein SMS geantwortet wird und dann meist auch nur, um mir zu sagen, dass irgendetwas wieder nicht klappt. Ja vielleicht ist das alles ganz normal und ich bewerte es über. Es würde mich bei mir nicht wundern, jedoch bin ich nun einmal so. Ich kann nichts dafür. Ich sehne mich nach menschlichen Kontakt und wenn ich den schon nicht im realen Leben bekommen kann, so hoffe ich, dass ich es irgendwie in der Welt des World Wide Web bekommen kann, aber selbst hier werde ich dann vor dem Kopf gestoßen und ein *knuddel* online kann eben doch eine feste Umarmung im wirklichen Leben nicht ersetzen, aber sie kann dazu führen, dass man diese reale Umarmung nicht so sehr vermisst.

 

Vielleicht sollte ich Handy und Laptop wegschmeißen ... Dann kann mir das alles nicht passieren, aber dann hätte ich außer zu der Stimme in mir, zu niemanden mehr eine Bindung.

Irgendwie sehr strange was ich hier schreibe, aber irgendwie macht es für mich auch sehr viel Sinn, auch wenn es mir nicht hilft mein Dilema zu lösen...



Zum Weblog