Zum Inhalt der Seite

Vergiss mein nicht

Willkommen im düstersten Kapitel des 19. Jahrhunderts /Otayuri /Victuuri
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kein Entkommen

Entschuldigt bitte, dass es so lange gedauert hat!

Leider hatte ich viel zu viel Arbeit um die Ohren.

Ich hoffe, ihr hasst mich nicht für dieses Kapitel, aber ein wenig könnte ich es verstehen.

Aber keine Sorge, die Geschichte wird nicht traurig enden!

 

Viel Spaß! <3

 
 

Kein Entkommen

 

Yura seufzte leise in das weiche Kissen und rollte sich wohlig ein. Er war erst tief in der Nacht wieder durch das Fenster in die Kammer geklettert. Georgi hielt auch zu diesem Zeitpunkt noch einen traumlosen Schlaf und der Junge hatte damit nichts zu befürchten.

Die Wintersonne schien immer wärmer auf sein Gesicht und zeichnete die feinen Wangenknochen nach. Wieder entwich ihm ein zufriedenes Seufzen, während er mit seinen Fingern über die noch immer vom vielen Küssen glühenden Lippen strich. Nichts würde ihm diesen Moment nehmen können, nichts und niemand.

Mit einem lauten Knall schlug die alte Tür auf und Yura erschrak sich so sehr, dass er fast bäuchlings auf dem Boden gelandet wäre. Verwirrt kletterte er aus dem Bett und besah sich das Schauspiel vor seinen Augen. Jean schmiss seine Reisetasche in eine Ecke und lockerte seinen Kragen genervt. In seinem Schlepptau warteten Mila und Sara, beide mit gesenktem Blick. „Stehst du wohl endlich auf? Ich will nicht, dass du heute Abend herumläufst wie ein Gossengör. Mila, Sara, ich überlasse euch das!“ Jean sah seinen Besitz nur abschätzig an und verließ den Raum eilig. Yura verstand überhaupt nicht, was er jetzt schon wieder an ihm auszusetzen hatte. Doch der traurige Blick der beiden Damen versetzte ihn in einen nicht geahnten Schrecken.

 

Zufrieden lächelnd entzündete Otabek die Kerzen auf dem riesigen Kranz, der den Altar für die Weihnachtsmesse schmückte. Der vorherige Abend dämmerte noch wie ein glühender Traum in seinen Gedanken. Yura war so schön gewesen, so anmutig und so zart. Ein leises Seufzen entwich den schmalen Lippen des Arbeiters. Was hätte er darum gegeben, auch die Nacht mit ihm teilen zu können. In der Nähe des schönen Jungen musste er sich fast schmerzhaft zusammenreißen, doch er wusste, dass der richtige Zeitpunkt kommen würde. Gedankenverloren zupfte er am Altartuch, als er plötzlich Stimmen vernahm. „Ihr müsst es ihm sagen!“ „Du kannst doch nicht mit der Tür ins Haus fallen, Kind! Dazu gehört Einfühlungsv…“ Chris und Michele blieben wie angewurzelt stehen als sie Otabek neben dem Altar bemerkten. „Oh, mein Sohn, ich habe nicht gewusst, dass du hier bist!“ Der Revernd verzog angestrengt das Gesicht zu einem Lächeln. Mit finsterer Miene stand der Goldschmied neben ihm und verschränkte die Arme. „Jetzt!“, keifte er genervt. Otabek zog eine Augenbraue hoch. „Ihr wollt mir etwas sagen, Father?“, hakte er mit fester Stimme nach. Der Angesprochene räusperte sich und rieb sich den Nacken. „Nun, Kind… Ich bin erfreut, dass dir der gestrige Abend so gut in Erinnerung zu sein scheint… Deine Genesung ist übrigens erstaunlich, wirklich!“ Michele schnaubte laut. „Father! Die Sache mit dem Ring!“, warnte er ein letztes Mal. Otabek wurde hellhörig. „Ring?“ Sorgenvoll ballte er die Fäuste und ging einen Schritt auf den Blonden zu. Dieser wich ihm etwas aus und zupfte scheu an seinem Gewand. „Nun… da wäre noch ein kleines Detail…Du weißt, nicht alles liegt in unserer Hand. Gott sieht manchmal andere Wege vor…“, begann er wieder stockend. Michele riss endgültig der Geduldsfaden. „Verdammt nochmal! Jean hat bei Vater einen Ring anfertigen lassen, schon vor einiger Zeit. Einen feinen Goldring mit Rubin.“ Er fuchtelte mit den Händen als würde er hoffen, dass Otabek von alleine auf den Rest der Misere kam. Dieser verengte ungläubig die Augen. „Du denkst…?“, begann er und die beiden Männer ihm gegenüber nickten eifrig. Für einen Moment schien alles um Otabek still zu stehen. Seine Gedanken zerrissen in tausend schmerzhafte Fetzen. Yura würde doch niemals zustimmen! Oder… etwa doch? Der Altar, an den sich Otabek die ganze Zeit gestützt hatte, wirkte nun nicht mehr so sicher und fest. Seine Hand glitt an dem glatten Material entlang, verlor den Halt und entnahm ihm jegliche Stütze. Unsanft sank er zu Boden, doch der Schmerz war nichts im Vergleich zu dem, was in seinem Herzen wütete. Michele und Chris eilten zu ihm und halfen ihm auf. „Otabek… du musst akzeptieren, was du nicht ändern kannst.“ Die Stimme des Reverends hallte in seinen Gedanken wieder. Wütend riss er sich von beiden los. „Ich muss überhaupt nichts akzeptieren!“, schrie er den Priester an. „Jean hat nicht das Recht dazu! Niemand hat es! Yura gehört nicht ihm!“ Verzweifelt hielt er sich an einer der Bänke fest, um nicht wieder das Gleichgewicht zu verlieren. Michele seufzte. „Doch und genau dagegen können wir alle nichts tun. Wenn ich könnte, dann würde ich ihn als erstes umbringen und das weißt du! Er hat mir meine Sara weggenommen!“ Micheles Augen füllten sich mit Tränen. Chris Hand auf seiner Schulter beruhigte ihn für einen kurzen Moment. „Wir alle müssen im Leben Dinge ertragen, die uns verzweifeln lassen. Aber Gott bürgt uns nur so viel auf, wie wir auch tragen können!“, beschwichtigte der Geistliche die beiden jungen Männer. Doch Otabek schlug mit der Faust auf das harte Holz. „Wenn Gott uns so quält, dann kann es kein guter Gott sein!“, protestierte er und wollte nicht noch weitere Belehrungen von dem Geistlichen hören, der doch immer nur die gleichen Phrasen sprach. „Für mich gibt es keinen Gott mehr!“, setzte er nach und wandte sich ab. Er wollte nur noch alleine sein. Chris blieb erschrocken zurück und sah ihm voller Trauer nach. „Lasst ihn. Er wird es irgendwann akzeptieren!“, schnaubte der Goldschmied neben ihm und seine Stimme war so voll Bitterkeit, dass der Geistliche erschauderte.

 

Yura starrte in den Spiegel vor sich. Zurück starrte ein fein herausgeputztes Püppchen, schön, aber innerlich leer. Die Augen waren so seelenlos, dass Mila beim Kämmen des Haares angst und bange wurde. So hatte sie den Jungen noch nie gesehen. Sein Wille war gebrochen und nichts würde diese Smaragde wieder zum Leuchten bringen. „Los, kämm weiter oder bist du schwachsinnig, dass du so starrst!?“ Eine tiefe, rauchige Stimme durchbrach die Stille. „Nein, Madame Lilia! Entschuldigt bitte!“ Mila erschrak und widmete sich wieder ihrer Aufgabe. Lilia stand mit strengem Blick neben ihr. Sie war die Zuchtdame des Hauses und hatte bisher jedes der Mädchen akkurat erzogen. Yura hatte sich schon den halben Tag zur Wehr gesetzt, doch am Ende kläglich verloren. Nun saß er dort nur, die Hände im Schoß gefaltet und sah in den Spiegel. Kein einziges Wort hatte in der letzten Stunde seine Lippen verlassen. „Das genügt! Geh, hol etwas von dem Öl!“, befahl die dürre Schwarzhaarige. Sie griff nach Yuras Kinn und drehte das zarte Gesicht von einer Seite zur anderen. „Hm… Bring auch gleich das Puder mit! Und du, Kind, steh auf!“ Yura erhob sich ergeben. Wie bei einer Tierschau umkreiste die Zuchtdame den zierlichen Jungen. „Wann sagst du etwas?“, hakte sie nach und bekam prompt ein „Nur, wenn ich gefragt werde.“ als Antwort. „Wie sprichst du mit dem Herrn des Hauses?“ „Respektvoll und ergeben.“ Mila kam gerade zurück und musste bei dem Kreuzverhör die Tränen unterdrücken. Es tat ihr im Herzen so weh, den Jungen endgültig gebrochen zu sehen. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als ihm helfen zu können. Lilia erhob wieder die Stimme. „Was sagst du, wenn er dich fragt?“ Yura verzog kaum merklich die Lippen und ballte die Fäuste. „Hör zu! Was sagst du, wenn er dich fragt!? Antworte gefälligst!“, wiederholte die Schwarzhaarige ihre Worte. Traurig senkte der Junge den Kopf. „Ja.“ Lilia schnaubte wütend und Yura seufzte. „Steh gerade dabei. Schau nach oben und lächle! Du kannst dankbar für ein solches Angebot sein!“, tadelte sie ihn abermals.

 

Die kalte Luft des anbrechendes Abends erfüllte die Straßen als die ersten Gäste eintrafen. Jean stand fein herausgeputzt im Saal und begrüßte alle ausschweifend mit Namen und Titel. Lautes Geschwätz  und Gelächter füllte den Raum nach und nach. Victor polierte mit gesenktem Kopf die teuren, geschliffenen Kristallgläser, die extra für diesen Abend aus dem Schrank geholt wurden. Direkt bei ihm an der Bar saß Yuri, die Geige bereits in den Händen. „Glaubst du, er sagt ja?“, fragte er vorsichtig und suchte den Blick des Barkeepers. Dieser verzog die zarten Lippen und wich dem Blick aus. „Victor! Du glaubst es doch nicht oder?“, wollte der Jüngere noch einmal wissen, erhielt jedoch wieder keine Antwort. Traurig senkte er den Blick und spürte, wie ihm langsam die Tränen kamen. Ihn nahm das alles so sehr mit, dass er am liebsten gar nicht aufgetreten wäre. Ihm war kein bisschen nach Weihnachtsliedern und Feiern zumute. „Yuri?“ Victors Stimme holte ihn aus den Gedanken. „Manchmal ist das Leben nicht fair. Es ist grausam. Es ist bitterkalt.“ Die Stimme des Barkeepers klang auf einmal gar nicht mehr so fröhlich wie sonst. „Warum habt ihr es ihnen nicht gesagt?“, hakte der Schwarzhaarige nach und seine Stimme war schwer vor Enttäuschung über das Handeln seines Liebsten. „Ihr habt es gewusst und ihnen nichts gesagt! Ihr habt ihnen keine Wahl gelassen!“, setzte er nach und musste wieder die Tränen unterdrücken. Victor lachte. Ein bitteres, ernstes, kaltes Lachen. „Wenn wir etwas hätten ändern können, dann hätten wir es getan. Verurteile mich ruhig! Ich ertrage dieses Verderben genauso wenig. Auch, wenn du mich nun hasst, aber uns sind die Hände gebunden. Siehst du all diese Männer hier? Richter, Polizisten, Geschäftsmänner und Politiker. Jean hat mehr Macht als es uns allen lieb ist.“ Yuri folgte den Worten und blickte sich um. Noch ehe er antworten konnte, setzte Jean zu einer Rede an. Er erhob sich von der riesigen Festtafel, hielt sein Glas in die Höhe und tat das, was er am besten konnte: „Meine Herren, meine Gäste, werte Freunde! Auch in diesem Jahr darf ich Sie hier begrüßen! Was wäre denn der Weihnachtstag ohne ein wahres Festmahl in bester Gesellschaft. Ein Mann ist doch nur so schön wie sein Geld, nicht wahr, werte Damen?“ Die Mädchen zwangen sich zu einem aparten Lächeln und die Gesellschaft grölte. „Aber, aber… Auch ein Lebemensch wie ich möchte doch einmal sesshaft werden.“ Die Männerschar johlte ein „Hört, hört!“ und applaudierte. Yuri überkam der Drang, sich zu übergeben. Dass er das gerade mit anhören musste, war einfach zu viel für ihn. Doch Victor griff nach seiner Hand und drückte sie fest. „Man sagte mir, Wildkatzen seien nicht zu zähmen, aber auch aus dem wildesten Biest kann eine brave Hauskatze werden. Wenn es jemandem gelänge, so wohl mir. Das Resultat…“ Seine Hand wanderte in Richtung Treppe. Lilia stand am oberen Geländer und mit ihr Yura. Das Haar in langen Strähnen auf eine Seite gelegt, die goldene Spange kunstvoll darin verwoben, umschmeichelte der Fluss aus Gold das blasse Gesicht. Stille legte sich auf die staunende Meute. Die rote Samtjacke mit den teuren Goldknöpfen schimmerte erhaben zu den sonst dunklen Kleidungsstücken und den feinen, roten Schnürstiefeln. Jean gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er zu ihm kommen sollte. Yuras Herz brannte und jeder seiner Schritte war wackelig, nahezu unsicher. Mit einem undurchdringbaren Blick stellte er sich brav neben den Geschäftsmann, während in der Gästeschar immer mehr Getuschel ausbrach. Sätze, wie „Welch ein gut erzogenes Spielzeug!“, „Ein braver Bursche!“ oder „Ich sollte den Preis erfragen!“ drangen an Yuras Ohr und er wollte in dem Moment nichts mehr als sterben. Niemand würde ihm jetzt helfen. Er war alleine. Jean legte grob den Arm um die zarte Hüfte. „Meine Herren, meine Herren. Keine Gratisproben hier!“, amüsierte er sich scheinbar köstlich über das rege Interesse. Dann griff er in die Tasche seiner bestickten Jacke und holte ein kleines Kästchen hervor. Schwungvoll öffnete er es und ließ zuerst seine Gäste einen staunenden Blick darauf werfen. Yura überlegte noch, ob er nicht irgendwie an eines der Messer auf dem Tisch herankam, um diesem Schicksal ein Ende zu setzen, aber er stand zu weit abseits.

Traurig suchte Yuri den Blick des Jungen, der scheinbar auf den Tisch starrte. „Victor, bitte! Wir müssen etwas tun!“, flehte er noch einmal, erntete jedoch nur ein ermüdetes Kopfschütteln. Yuri erschrak als er eine ihm bekannte Stimme hörte.

„Yura, nicht!“ Otabek, schwach und blass, stand im Eingang zur Halle und stützte sich am Pfeiler. Schneller, als er reagieren konnte, hatte Georgi ihn schon gepackt und hielt ihn unausweichlich fest. Jeans Grinsen wurde breiter. „Schau an! Mit dir hatte ich ja fast gerechnet! Schön, dann kannst du gleich mitansehen, was dir verwehrt bleibt.“ Ein Lachen ging durch die Reihen, viele tuschelten amüsiert. Verzweifelt versuchte der Arbeiter sich zu befreien, doch Georgi hatte ihn fest im Griff. Jean wandte sich Yura zu, der mit gesenktem Blick noch immer regungslos neben ihm stand. „Meine Blüte…“ Er nahm den Ring aus dem Kästchen. „Wirst du mein sein bis an das Ende deiner Tage?“ Schmerzhaft griff er nach dem Handgelenk des Blonden und hob seine zierlichen Finger an. Schluchzend wandte Yuri sich ab und verbarg sein Gesicht mit den Händen, während Victor den Blick gänzlich zu Boden senkte. Otabek konnte nicht glauben, was gerade vor seinen Augen passierte. Yura ließ sich den Ring überstreifen und seine leeren Augen blickten in Jeans hämisches Grinsen. „Ja.“

Unter tosendem Applaus zog Jean den Jungen in einen nicht erwiderten Kuss. Otabek wusste, er hatte verloren. „Lass mich los, Georgi. Ich biete dir keine Gegenwehr. Lass mich nur gehen.“ Mit den leisen Worten verließ er das Geschehen und ließ sich draußen in der Dunkelheit in den Schnee sinken. Für ihn gab es keinen Sinn mehr in seinem Leben.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ookami-no-Tenshi
2017-10-23T15:27:04+00:00 23.10.2017 17:27
Oh neeeeeiiiin!
Ein wirklich sehr gelungenes Kapitel. Ich liebe die Dramatik und deinen Schreibstil, wenn du so etwas schreibst *.*
Es ist unglaublich geworden und so schön traurig und enttäuschend ^.^ *Dramafan sei*
Jetzt freue ich mich noch viel mehr auf das nächste Kapi!!!
Mach schnell weiter. ^_^

Lg. Ookami-chan
Antwort von:  reuab_art
23.10.2017 21:00
Vielen Dank für deine lieben Worte! <3 Irgendwie schweife ich immer so leicht dramatisch ab...*hust*
Es freut mich riesig, dass es dir gefällt! Dieses Mal habe ich endlich genug Freiraum um das neue Kapitel Ende dieser Woche hochzuladen. Der Tag müsste mehr Stunden haben! xD

Herzlichst


Zurück