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Lebenslinien

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Meister und Schüler

Lebenslinien Kapitel 145

Autor: Herzfinster

Disclaimer: Alle Charaktere und sämtliche Rechte an Naruto gehören irgendwem anders, jedenfalls nicht mir! Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeit zu Lebenden und Toten Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors.
 

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Das Kloster befand sich inmitten eines Kraters. Oder vielmehr: Der Krater war das Kloster. Alles darin gehörte zum Orden und schien ganz genau an der Stelle zu sein, an der es zu sein hatte. Auf den ersten Blick erschienen die Bäume willkürliche Plätze einzunehmen und die Pfade wanden sich wie wirres Garn durch die Graslandschaft. Doch Naruto hatte das unbestimmte Gefühl, dass alles genau so aussehen sollte und auch richtig war so.

Der innere Bereich des Klosters war von hohen Mauern umgeben, die sich zu Quadraten verbanden und immer wieder von größeren Quadraten umschlossen wurden. In der Mitte der Quadrate stand ein riesiger Baum. Unzählige Stufen führten zu einem Tempel hinauf und überall standen Pavillons mit geschnitzten Holzdächern. Die Ausführung der Gebäude war schlicht und gleichzeitig so imposant wie ein Kaiserpalast es nicht hätte sein können.

Naruto stand mehrere Minuten einfach nur da und betrachtete die Klosteranlage eingehend. "Darf ich überhaupt mit da rein?", fragte er schließlich. Yousai nickte. "Ja, darfst du. Allerdings ist es dir nicht gestattet, alle Bereiche zu betreten. Dir wird ein Quartier im Besuchertrakt zugewiesen werden und du kannst an den Lesungen der Schriften teilnehmen, dich mit den Novizen austauschen und ihren Gebeten beiwohnen."

Einige Mönche machten sich auf den Weg vom Hauptgebäude zu einem der Pavillons. Sie gingen in einer Reihe und jeder von ihnen hielt eine Schriftrolle in der Hand. Der Vorderste in der Reihe trug zu Narutos Erstaunen eine weiße Fuchsmaske. Langsam dämmerte ihm, dass man hier nicht dieselbe Religion pflegte, wie in seiner Welt.

"Was hat die Maske zu bedeuten?", wollte er wissen. "Damit wollen sie böse Geister fern halten. Sie zeigt Gin, die silberne Füchsin unserer Göttin Hinoiri." Yousai faltete die Hände wie zum Gebet. "Ihr Bildnis bewahrt uns vor allem Unheil." Naruto hatte nie von einer solchen Göttin gehört, geschweige denn von einer silbernen Fähe, die Menschen beschützt. "Ah... Ja, verstehe." "Komm nun, es wird Zeit, dass du ein wenig ruhst von deiner Reise."

Yousai führte ihn in das Kloster hinein. Von innen wirkte es sehr viel pompöser, als es von außen den Anschein hatte. Naruto bemerkte die vielen Bildnisse überall. Jede freie Fläche auf Boden, Säulen, Wänden und Türen war versehen mit Mosaiken und Bildern. Sie zeigten Labyrinthe und Bäume, Baumlabyrinthe, die silberne Füchsin – ihr Abbild erinnerte ihn sehr an den Kyuubi – oder eine wunderschöne Frau mit endlos langem Haar. Dies musste die Göttin Hinoiri sein.

Novizen in ihren grauen Kleidern kamen ihnen entgegen. Sie begrüßten Yousai stumm und mit tiefer Ehrerbietung. "Eines solltest du noch wissen", begann Yousai, "Hier im Kloster legen wir alle unsere weltlichen Namen ab. Die Novizen erhalten Ordensnamen. Wenn du also eine Weile hier bleiben möchtest, so schlage ich vor, dass auch du dir einen Namen gibst, der dich die Zeit hier begleitet."

Naruto verzog das Gesicht zu einer ernsten Miene. "Meinen Namen ändern? Wozu soll das gut sein?" "Mit dem Namen legst du auch dein weltliches Leben ab. Wie Kleidung, die du nicht mehr tragen möchtest. Es befreit den Geist von Sorgen und Kummer und macht ihn frei für das Neue. Wenn du nicht im Kloster bleiben willst, so..." Yousai überlegte kurz, wie er das formulieren sollte. Er war es offensichtlich nicht gewohnt, allzu oft mit Menschen zu sprechen, die keine Mönche oder Novizen waren.

"Es ist, als würdest du ein Gewicht ablegen für eine kurze Rast. Und wenn du dich wieder stark genug fühlst, deine Last zu tragen, so nimmst du sie wieder auf die Schulter. Mit den Namen ist es ganz ähnlich. Deshalb wählen auch viele Besucher des Klosters für ihre Zeit des Aufenthalts einen anderen Namen." "Das ist seltsam. Ich dachte immer, das gilt nur für Mönche und so..."

Naruto wurde ein schlichtes Quartier zugewiesen, wie Yousai gesagt hatte. Der Raum war gerade groß genug, dass ein Bett und ein kleiner Schrank darin Platz hatten. Auch hier war das Bildnis der Göttin an der Wand zu sehen.

Unter dem schmalen Fenster entdeckte Naruto einen kleinen Schrein mit einer Schriftrolle darin. Sie war alt und abgegriffen, als hätten sie schon viele Leute vor ihm gelesen. Naruto musste sich sehr anstrengen um die winzige Handschrift entziffern zu können. Die Rolle enthielt augenscheinlich verschiedene religiöse Texte, darunter auch die Geschichte der Göttin Hinoiri, deren Bildnis sich überall fand.

Naruto setzte sich auf das Bett und breitete die Schriftrolle auf seinem Schoß aus.
 

Am Anfang, als die Erde nur Sand war, über dem sich der Himmel spannte, gab es kein Leben. Die Götter bewohnten die Sterne und ihr König, Feuergott Hinode, wachte vom Mond aus über sie.

Eines Tages forderte Yuugure, einer der Söhne des Königs, diesen zum Kampf um die Herrschaft heraus. Doch sein Vater hieb ihn mit einem einzigen Schlag seines Schwertes in zwei. Sein Blut fiel auf die Erde und wohin es fiel, da wuchsen feuerrote Blumen. An der Stelle, an der sein Körper zu Boden stürzte, spross ein Baum.

Königin Hinoiri, seine Mutter, stieg daraufhin vom Himmel herab um ihren Sohn zu betrauern. Sie weinte so bitterlich, dass ihre Tränen zu einem breiten Strom wurden und sich in einem Meer sammelten. Nun, da es Wasser auf der Erde gab, wuchsen Gräser und Kräuter entlang des Flusses und bedeckten bald das gesamte Land.

Die Göttin blieb auf der Erde und kümmerte sich um den Baum, der aus dem Leib ihres Kindes gewachsen war. Der Baum war bald so gewaltig und stark war, dass er sogar die Berge überragte.

Hinode missbilligte es, dass sein Weib sich so in ihrer Trauer verlor. So schickte er seine Boten aus um seine Gemahlin zurückzuholen. Doch Göttin Hinoiri weigerte sich. Sie nahm einen Strauß der roten Blumen und warf sie in die Luft. Wo die Blüten die Erde berührten, erhoben sich riesige Füchse. Schützend stellten sie sich vor ihre Göttin und den Baum.

Die Boten des Götterkönigs griffen zu ihren Waffen, doch die Füchse aus göttlichem Blut rissen sie allesamt in Stücke. Aus ihren Knochen schichteten sie die Berge auf und errichteten so eine schützende Mauer um das Tal.

Schließlich war die Zeit gekommen, da der Baum Früchte trug. Sie waren groß und schwer und als sie zu Boden fielen, da kamen die ersten Menschen aus ihnen hervor. In den Nachkommen ihres Sohnes fand Hinoiri nun endlich Trost. Aus einer weißen Blume erschuf sie eine schneeweiße Füchsin, der sie die Hälfte ihrer göttlichen Macht gab. Die Göttin befahl ihr, von nun an auf die Kinder ihres Sohnes Acht zu geben und kehrte in den Himmel zurück zu ihrem Gemahl.
 

Naruto überflog den Rest der Schriftrolle. Es reihten sich hunderte Geschichten an einander von verirrten Menschen und reuigen Sündern, denen entweder die göttliche Fähe oder die Göttin Hinoiri selbst erschienen waren. In den Geschichten kamen immer wieder Wunder vor, die Menschen im letzten Moment das Leben retteten oder ihr Schicksal veränderten.

Sorgsam rollte Naruto die Schriftrolle wieder auf und legte sie zurück in den Schrein. Er fragte sich, ob diese Menschen tatsächlich an diese Geschichten glaubten oder ob sie nur als Bilder verstanden wurden. Bisher hatte er sich nicht allzu viele Gedanken um Religion gemacht. Religion ging nicht konform mit dem Leben eines Shinobi. Es fiel schwer zu glauben, dass es wirklich eine Göttin geben sollte, die ihre Menschenkinder beschützte und über sie wachte, wenn man jeden Tag Menschen gegen einander kämpfen und sterben sah. Wenn man all die Waisenkinder sah...

Naruto ließ sich auf das Bett sinken. Für Shinobi gab es keinen Gott, er sie beschützte. Nicht in diesem Leben. Wenn es solch einen Gott gäbe, dann wären Shinobi überhaupt nicht notwendig. Ob die Welt ein besserer Ort wäre, wenn alle Menschen glauben würden?

Wenn alle dasselbe glauben würden und jeder sein Leben lebte im Vertrauen auf die Götter und in Furcht vor ihrer Strafe... dann wären alle Menschen gut. Denn das lehrte auch die Geschichte der Göttin und ihres Sohnes: gegen die Götter lehnt man sich nicht auf. Und da die Menschen aus dem Blut des gefallenen Gotteskindes entstanden waren, konnten sie nur einen Bruchteil seiner Kraft haben und hatten somit erst Recht keine Chance gegen ihren göttlichen Vorvater.

Aber das würde nicht funktionieren. Diese Gedanken waren utopisch und hatten weniger Substanz als Wasserdampf. Narutos Blick wanderte zu der Göttin an der Wand. Der Künstler hatte sie als wunderschöne Frau dargestellt. Aber wenn man sie lange genug betrachtete, so löste sich ihre Schönheit auf und das Bild wurde unscharf in der Erinnerung.

Naruto fiel auch schnell auf, weshalb dies so war. Ihr Bildnis war zu perfekt. Ihre Schönheit war derartig makellos, dass ihr Gesicht vollkommen unspektakulär wurde. Ihrem Bild fehlte Persönlichkeit. Es zeigte immer nur diese junge, wunderschöne Frau, aber nicht die trauernde Mutter aus der Geschichte. Wieso zeigten die Künstler sie nicht so? Sie wollten nur die Königin sehen und zeigen, nicht die Frau und Mutter.

So sollte man Frauen nicht darstellen, fand Naruto. Als platte Bilder, nur ein hübsches Gesicht, sonst nichts. Das war keine Darstellung einer Göttin, das war ein Götzenbild, das dem Auge gefallen sollte, gefertigt von einem weltlichen Mann, der sich wer weiß was vorgestellt hatte, als er dieses Gesicht gemalt hatte, die Linie ihres Körpers, nun verdeckt von vielen Schichten bunter Gewänder.

Wahrscheinlich hatte er von jeder Frau, die er jemals begehrt hatte, einen Teil genommen und dieses Bild daraus geschaffen. Ein Spiegelbild seiner eigenen Gedanken. Wie eine Frau wohl die Göttin malen würde? Vielleicht würde jede Frau ein wenig von sich selbst in dem Bild verstecken. Vielleicht ergäben all diese Bilder zusammen genommen ja ihr tatsächliches Portrait. Er versuchte sich das vorzustellen, als er die Bettdecke über sich zog.
 

"Ich fall hier noch vom Glauben ab..." Naruto durchwühlte die zahlreichen Unterlagen auf seinem Schreibtisch. "Wo ist denn das Heftgerät?"

"Tacker", korrigierte Sasuke und zog Selbigen aus einem geschlossenen Aktenordner hervor. Resignierend nahm Naruto diesen entgegen und schob einige Blätter Papier hinein. Er schaffte es einfach nicht, den Überblick über diesen Kleinkram zu behalten.

"Hast du dir die Unterlagen für die Besprechen später angeschaut?", fragte Sasuke und sein Blick wanderte zu dem Ablagefach, in welchem diese eigentlich liegen sollten. Taten sie aber nicht mehr. Naruto hatte sie heute Morgen noch einmal angesehen... und dann? Ach, egal. Er winkte ab. "Ne... Akteninhalt verwirrt nur." Sasuke schüttelte resignierend den Kopf.

Naruto schob einen Stapel Unterlagen bei Seite und reichte Sasuke ein ganzes Bündel zerknitterter Blätter. Er musste dringend Platz schaffen auf diesem Schreibtisch... Wie gut, dass man als Hokage Arbeiten disponieren konnte. Das war definitiv der größte Vorteil an diesem Job: lästigen Kram an andere abdrücken.

"Das hier kannst du mal mitnehmen. Das da ist okay, nur das Datum stimmt nicht, da hab ich mich vertan - hier habe ich noch was geändert, kannst du dann im Auftrag unterschreiben - und dann hab ich noch den Vertrag hier gefunden, den müsste man mal aktualisieren..."

Sasuke zog einen Kugelschreiber von irgendwo hervor. Irgendwie schaffte er es immer einen zu haben. "Sonst noch etwas?", fragte er. Naruto warf eine Akte neben sich auf den Boden und nickte. "Notier mir mal für den 30. eine außerordentliche Ratsversammlung um 17:00 Uhr, ja?" "So spät noch?" Naruto grinste. "Dafür komme ich morgens ja auch erst um 10:00 Uhr."

Sasuke schwieg dazu und notierte sich den Termin. Naruto beobachtete ihn ganz genau, doch es war ihm unmöglich, in den dunklen Augen etwas zu erkennen. Kein Licht, nur ein tiefes Schwarz. Naruto überkam ein Gefühl, so als würde er sich an etwas sehr trauriges erinnern, wie eine verschwommene Erinnerung. Es hatte etwas mit roten Blumen zu tun.
 

Der Morgen dämmerte gerade einmal ganz entfernt, als ein lautes, dröhnendes Geräusch Naruto weckte. Die Mönche schlugen eine extrem große Glocke und ihr Ton ließ den Morgennebel zittern. Er ahnte, dass es wenig Sinn hatte, dies ignorieren zu wollen.

Müde quälte sich der Junge aus dem Bett und zog die Kleider an, die Yousai ihm hatte bringen lassen. Eine Hose und eine Jacke, beides in Grau, dazu ein schwarzer Gürtel und Sandalen. Die Kleidung der Novizen.

Naruto lief einfach den anderen Jungen nach. Doch widererwarten fanden sich nicht alle zum Frühstück zusammen, sondern zu einem Morgengebet. Naruto beobachtete, wie sich alle Mönche, Novizen und auch viele Gäste des Klosters im Innenhof einfanden. Alle knieten auf kleinen Matten, das Gesicht der Sonne zugewandt, während der Abt allen voranstand und Verse in einer dem Shinobi fremden Sprache aufsagte.

Die Betenden verneigten sich vor der Sonne und der Abt und seine Mönche opferten ihren Göttern mehr Räucherwerk, als man gutheißen konnte. Der Qualm brannte Naruto in den Augen obwohl er mehr als drei Meter entfernt stand. Die ganze Prozedur dauerte fast eine halbe Stunde, erst dann begaben sich die Novizen und Klostergäste zum Frühstück. Die meisten Mönche begaben sich hingegen direkt an ihre Studien.

Nach dem Frühstück überließ Naruto die Novizen und Mönche sich selbst und machte sich auf den Weg, das Klostergelände zu erkunden. Es gab genug Pfade um stundenlang durch die Gegend zu wandern und seinen Gedanken nachzuhängen.

In regelmäßigen Abständen kam er an kleinen Gruppen von Mönchen vorbei, die gemeinsam irgendwelche sakralen Dinge taten oder einfach nur gemeinsam meditierten. Naruto ging ungeachtet ihrer an ihnen vorbei. Bis er zu einem Platz an der Nordseite des Klosters kam.

Eine riesige Fläche war hier mit viel Aufwand und Sorgfalt in etwas umgestaltet worden, was von oben gesehen wie eine gigantische Muffinform aussehen musste. Akkurat aufgereihte Vertiefungen im Boden, allesamt kreisrund mit einer freien Fläche in der Mitte. Als er näher kam, konnte Naruto erkennen, dass mit kleinen Steinen ein Spiralmuster von den äußeren Kreisen zu den inneren Kreisen führte. Die Steine waren wie niedrige Mauern in den Boden getrieben worden. In etwa der Hälfte der Kreise saß jeweils ein Mönch, die Hände vor der Brust zusammengedrückt in äußerster Konzentration. Naruto sah ihnen eine Weile dabei zu, wie sie so dasaßen und scheinbar meditierten.

"Ah, Naruto-kun, wie gefällt dir das Kloster bisher?" Yousai hatte sich ihm unbemerkt genähert. Er trug ein ganzes Bündel abgenutzter Schriftrollen unter dem Arm. Sie erinnerten Naruto an die gebrauchten Schulbücher in der Akademie. Seit Generationen im Schulbesitz und von tausenden Schülern schon benutzt, vollgekritzelt und zerstört.

Naruto zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Es ist alles irgendwie... anders." Er wollte nicht sagen 'scheinheilig'. "Das soll es ja auch sein", erwiderte der Mönch, "Du gewöhnst dich sicher schnell daran." So sicher war sich Naruto da nicht. Sein bisheriges Leben hatte mit der Ruhe und Abgeschiedenheit eines Klosters recht wenig gemein.

"Ich habe noch einmal über diese Namenssache nachgedacht", sagte Naruto dann und wandte den Blick wieder zu den Mönchen hinüber. "Ja? Und zu welchem Schluss bist du gekommen?" "Dass es eine ganz gute Idee ist. Seltsam vielleicht, aber gut." Yousai nickte. "Wichtig ist viel mehr, was es für dich selbst bedeutet. So ist es auch mit den heiligen Schriften. Es nützt dir nichts, wenn dir jemand sein Verständnis der Worte vorgibt. Du musst sie selbst verstehen, auf deine Art, und so herausfinden, was sie dir zu sagen hat."

Erneut ging das Thema in eine Richtung, die Naruto vermeiden wollte. So stellte er lieber eine weltliche Frage. "Wieso sitzen die in diesen Spiralen?" Er deutete auf die meditierenden Mönche. "Sie trainieren ihre Fähigkeiten, vereinen sich mit der Natur", erwiderte Yousai und seine Hand beschrieb einen Kreis in der Luft.

"Hä?" Dazu fiel ihm nur der Witz mit neun weißen und einer schwarzen Ziege ein. Aber das war ganz bestimmt nicht gemeint. Außerdem gab es hier keine Ziegen. Der Mönch blickte Naruto nachsichtig an. "Man könnte sagen, sie mischen ihr Chakra mit der Energie der Natur um sich herum." Yousai breitete die Arme aus um dies zu verdeutlichen.

Das sagte ihm schon eher etwas. "Wieso tun sie das?", fragte Naruto weiter. "Zur Stärkung von Geist und Körper." Stärkung? Das hörte sich schon interessanter an als die Predigt über Botschaften zwischen den verstaubten Zeilen einer Schriftrolle. "Aha?" Yousai sollte ihm mehr darüber erzählen. "Es ist sehr schwierig, das Chakra in seinem Körper bewusst fließen zu lassen. Führt man nun von außen noch eine weitere Energiekomponente zu, so wird es noch schwieriger, sie im Gleichgewicht zu halten", fuhr der Mönch fort.

Was Yousai da sagte, hörte sich für Naruto ein wenig nach Kochrezept an. "Aaah so...?" Yousai hob die Hände auf Schulterhöhe. "Stell dir vor, du balancierst auf deinen Händen je einen Teller. Sie müssen beide auf gleicher Höhe sein. Und nun gibt dir jemand noch einen Eisenkessel, den du tragen sollst." Das sah Naruto ein. Gleichzeitig kam ihm auch eine Idee.

"Wenn sie die Energie der Natur in ihr Chakra mischen... haben sie doch dann viel mehr Energie in ihrem Körper, oder?" Der Mönch nickte "Ja." "Macht sie das nicht viel stärker?", hakte Naruto nach. "Du sprichst davon, die Energie aus dem Körper freizusetzen als eine Art Angriff, nicht wahr?" Der Shinobi nickte. "In diesem Falle wäre die gesamte Energie deutlich stärker, als es lediglich das Chakra allein wäre."

Naruto dachte kurz darüber nach. Konnte er das schaffen? Wenn er schon hier blieb und darauf wartete, dass Sasuke zur Vernunft kam, konnte er die Zeit auch sinnvoll nutzen. "Kannst du mir das beibringen?" Yousai machte eine abwehrende Geste, lächelte aber dabei. "Oh, ich gewiss nicht. Du könntest Meister Garuda fragen. Er unterweist die Novizen in den ersten Grundschritten dieser Technik. Aber bedenke dabei, es ist kein leichter Weg. Viele brauchen Jahre, um diese Technik zu erlernen. Manche brauchen ein Leben lang, um ein Meister zu werden."

Als würde das Naruto aufhalten. Er hatte schon ganz andere Sachen gemeistert. Außerdem... er hatte ja Zeit. "Wenn ich mir einen leichten Weg gewünscht hätte, wäre ich nicht Shinobi geworden", erwiderte er selbstbewusst. Der Mönch lächelte. "Du folgst dem Pfad, den du gewählt hast, wie steinig er auch wird. Das ist lobenswert. Ich werde den Meister bitten, dich an seinem Unterricht teilhaben zu lassen."
 

Meister Garuda war in jeder Hinsicht eine beeindruckende Persönlichkeit. Er war groß, von kräftiger Statur und strahlte eine innere Ruhe aus, die Naruto unweigerlich an einen Baum denken ließ. Dieser Mann ruhte in sich selbst als wäre er das Zentrum seines eigenen, ausgeglichenen Universums. So stellte er sich einen Mönch vor. Meister Garuda passte augenscheinlich so überhaupt nicht in dieses Kloster. Diesen Mann stellte man sich vielmehr einsam meditierend auf irgendeiner Bergspitze vor.

Er unterrichtete eine kleine Gruppe von jungen Männern, alle mindestens vier Jahre älter als Naruto. Der Unterricht fand auf einer Wiese, welche von allen Trainingsplätzen am Weitesten vom Kloster entfernt war, statt. Jemand hatte dort mit viel Aufwand mit kleinen Stöcken ein Linienmuster auf dem Boden abgesteckt und hunderte Füße, so schien es, hatten im Lauf der Zeit den Weg sehr deutlich in den Untergrund geprägt.

Naruto beobachtete, wie die Schüler von Garuda im Morgengrauen und bei Sonnenuntergang ganz langsam dieses Linienmuster abschritten, jeder mit einer Öllampe in der Hand. Von den Hügeln aus gesehen wirkte die Lichterkette wie eine rot glühende Schlange. Naruto fragte sich, was dieses Ritual mit dem zu tun hatte, was Garuda sie lehrte.

Den übrigen Tag saßen sie alle verteilt auf der Wiese und meditierten. Allerdings nicht in ordentlichen Reihen und alle in der gleichen Position wie die übrigen Mönche, sondern jeder dort, wo es ihm gerade gefiel und in der Körperhaltung, die ihm gerade zusagte. Meister Garuda selbst saß in ihrer Mitte und beobachtete sie wie ein Schäfer seine Herde.

Naruto beobachtete Garuda und seine Schüler einige Tage lang um sich ein Bild von allem zu machen. Training sah in seinen Augen anders aus, aber das dort hatte auch überhaupt nichts mit dem zu tun, was er bisher trainiert hatte. In solchen Momenten wünschte er sich manchmal das Sharingan. Dann hätte er vielleicht etwas mehr von dem sehen können, was die Schüler von Garuda dort taten als nur die augenscheinliche Meditation.

Nach drei Tagen kam Meister Garuda auf Naruto zu. Seine Schüler liefen an diesem Morgen wieder einmal die Linien mit ihren Öllampen ab. Sie hatten den Weg sicher schon so verinnerlicht, dass sie ihn schlafend hätten gehen können. Oder vielleicht tat das ja sogar der ein oder andere.

"Bist du inzwischen zu einer Entscheidung gelangt?", fragte Garuda den Jungen gerade heraus. Narutos Blick ruhte auf der sich windenden Feuerschlange. "Mir ist noch nicht ganz klar, wie das alles funktioniert." Garuda fasste die Hände hinter dem Rücken. "Wenn es dir klar wäre, wärst du dann jeden Tag hier?" "Hn..." Eine gute Frage. "Ich weiß nicht, ob ich es alleine schaffen würde." Garuda nickte. "Eine gute Antwort. Nur weil man den Weg kennt, bedeutet dies nicht, dass man ihn auch alleine gehen kann."

Naruto beschloss das Gespräch von der Philosophie wegzuführen zu einem etwas weltlicheren Thema. Von Philosophie und dergleichen hatte er die letzten Tage genug in seinem Kopf gehabt. "Was soll das eigentlich, was die da machen?", fragte er und deutete auf Garudas Schüler. Der Meister betrachtete sie mit einem zufriedenen Blick. "Sie gehen den Weg durch das Labyrinth. Es ist eine Geistesübung, hilft bei der Konzentration und gibt den Gedanken Anstöße." "Ach ja...?" "Ich werde es dir gleich zeigen."

Nachdem die Schüler ihren Weg beendet und das Labyrinth wieder verlassen hatten, ließ Garuda sie ihre üblichen Meditationsübungen beginnen und führte anschließend Naruto zu dem Labyrinth. Auf den ersten Weg war es ein Haufen von Kreisen, die alle um einander gelegt waren. "Betrete den Pfad, Junge."

Nach kurzer Suche fand Naruto den Beginn des Weges. Er war gerade so breit, dass eine Person darauf stehen konnte. Naruto betrat das Labyrinth und fragte sich, was das alles bringen sollte. Zuerst führte der Weg genau auf die Mitte zu, kurz vor dem Zentrum aber bog er scharf ab und führte darum herum, bog dann wieder ab und führte in die entgegengesetzte Richtung.

Naruto blieb stehen und betrachtete den Weg vor und hinter sich. "Du hast es also gemerkt?", fragte Garuda, der im Schneidersitz am Rande des Labyrinthes im Gras saß und ihm zuschaute. "Ich dachte, ich käme sofort zur Mitte", erwiderte Naruto. Garuda nickte. "Das ist die erste Lektion, die das Labyrinth lehrt: im Leben geht es nicht immer geradeaus und man kann auch nicht immer den kürzesten und leichtesten Weg nehmen."

Das stimmte allerdings. Naruto ging weiter und immer wieder führte ihn der Weg auf die Mitte zu und dann wieder von ihr fort. Während er ging merkte er, dass sein Kopf völlig leer wurde. Er folgte einfach dem Pfad, den Blick auf seine Füße gerichtet. Als er schließlich endete, blieb Naruto verwundert stehen. Er hatte das Zentrum des Labyrinths erreicht ohne es wirklich zu merken. Zugleich hatte er das Gefühl, dass nicht das Zentrum das Ziel des Ganzen war.

Meister Garuda erhob sich. "Ich nehme an, du verstehst es jetzt?" "Ja, ich denke schon", erwiderte Naruto und zögerte einen Moment bevor er über die Linien hinweg trat und so das Labyrinth auf dem kürzesten Wege wieder verließ. "Und mit dieser Meditation jeden Tag kann man lernen, Chakra mit der Energie der Natur zu mischen, ja?"

Garuda wandte sich wieder seinen übrigen Schülern zu. "Ganz so einfach, wie sich das anhören mag, ist das nicht. Deswegen nehme ich nicht jeden als Schüler auf, wie du dir vorstellen kannst." "Nur die Disziplinierten, wie?" Garuda schüttelte den Kopf. "Nein, nur die jungen Männer eignen sich für diese Techniken, die in sich selbst schon eine große Menge an Chakra tragen, die den entsprechenden Charakter haben und bereit sind, die Anstrengungen der Ausbildung zu ertragen."

Chakra hatte Naruto, ohne Zweifel, ebenso war er bereit, hart zu trainieren. Bei dem dritten Punkt war er sich nicht sicher. "Welchen Charakter muss denn ein Schüler haben?" Meister Garuda sah Naruto direkt in die Augen. "Yousai hat mir erzählt, weshalb du hier bist; und was mit deinem Freund passiert ist. Das ist sehr tragisch."

Wie das Gespräch so unvermittelt auf Sasuke kam, hielt Naruto inne. "Erhoffst du dir durch das Training die nötige geistige Stärke, um dieses Problem angehen zu können oder willst du nur körperliche Stärke um deinem Freund deinen Willen aufzwingen zu können." Naruto antwortete nicht. Eigentlich hatte er sich beides erhofft, aber so wie Garuda es jetzt sagte, klang es wenig positiv.

Schließlich lächelte Garuda und nickte ihm zu. "Ich denke, du bist vollkommen richtig hier." "Aber..." Naruto war verwirrt. "Ich weiß doch gar nicht, was ich hier will." "Deshalb ja. Du bist auf der Suche nach deinem Pfad. Es ist wie mit dem Labyrinth."
 

Meister Garuda nahm sich die Zeit mit Naruto einen 'Anfängerkurs' zu bestreiten. Seine übrigen Schüler waren inzwischen so weit, dass den größten Teil ihres Trainings alleine absolvieren konnten. Naruto war das nur recht. Einen Lehrer zu haben, der sich ganz auf ihn konzentrieren konnte, brauchte viele Vorteile. Insbesondere bei einer solch schwierigen Kunst.

"Das Wichtigste bei dieser Kunst ist das Gleichgewicht der Kräfte", hatte Garuda ihm erklärt, "Deine eigene Energie und die Energie der Natur müssen in einem perfekten Gleichgewicht sein. Das ist viel schwieriger als bloß körperliche und geistige Energie zu Chakra zu mischen, denn immerhin lässt du etwas von außen in deinen Körper eindringen. Ist es zu wenig Energie, so kannst du sie nicht nutzen und sie verflüchtigt sich ungenutzt. Lässt du aber zu viel Energie von außen eindringen, so kannst du sie nicht mehr kontrollieren. Im schlimmsten Fall verlierst du dein selbst."

Auf die Frage hin, was das denn bedeuten solle, deutete Garuda auf einen großen Baum in der Ferne. "Einer der ersten Meister dieser Künste soll angeblich so lange meditiert haben, bis er vollkommen eins mit der Natur um sich herum wurde. Er vergaß die Grenze zwischen seinem eigenen Ich und der Natur und wurde zu diesem Baum." Naruto hatte es geschaudert.

"Naturenergie ist sehr viel stärker als dein Chakra. Wenn du nicht aufpasst, überwältigt sie dich und nicht du absorbierst die Natur, sondern sie absorbiert dich. Doch zuerst musst du lernen, diese Energie überhaupt wahrnehmen zu können. Du musst lernen, den Puls der Erde zu spüren."

In den darauf folgenden Wochen lehrte Garuda Naruto die Meditationstechnik, mit der die Novizen und Mönche den Kontakt zu der Natur um sich herum aufnahmen. Doch zuvor fand Garuda es für wichtig, dass Naruto seine eigenen Energien 'reinigte'. Es folgte eine Prozedur mit viel Wasser, Räucherwerk und seltsamen Kristallen, die Naruto äußerst esoterisch vorkam. Doch er musste zugeben, dass er sich danach wirklich gut fühlte.

Das Training erwies sich als sehr viel schwerer, als ursprünglich angenommen. Immer wieder störte irgendetwas Narutos Konzentration. Mal war es einfach nur ein Vogel, der Wind oder manchmal sogar sein eigener Herzschlag. Je länger es allerdings dauerte, desto mehr fühlte er sich auf seinem Meditationsplatz richtig heimisch.

Wenn er am Ende des Trainings aufstand und wieder in das Kloster zurückging, so sehnte er sich nach seinem Platz auf der Wiese. Beinah so wie ein Grashalm, dachte er sich. Er erzählte dies Meister Garuda, doch dieser schien sogar sehr zufrieden, kein bisschen besorgt deswegen, und ließ ihn weitermachen wie zuvor.

Schließlich ging Naruto dazu über, manche Nacht dort zu verbringen und zu meditieren. Am Morgen fühlte er sich dann immer ein wenig losgelöst von seinem Körper. Und nicht lange danach bekam er dieses Gefühl auch, wenn er tagsüber meditierte. Naruto begann zu fühlen, wie die Energie aus der Erde emporstieg, sich mit derjenigen mischte, die sich schon lange in der Luft befand und schließlich eins wurde mit der Energie des Himmels.
 

Naruto stand am Fenster seines Büros und ließ den Blick über das Dorf schweifen. Der Morgen graute und noch war alles ruhig. Irgendwo wurde Brot gebacken und der Duft wehte durch die Straßen. Die Luft war kühl und ein wenig feucht.

"Ist es nicht noch ein wenig früh um zu arbeiten?", hörte er Sasukes Stimme hinter sich. Immer tauchte er wie ein Geist aus dem Nichts auf. Aber Naruto gewöhnte sich langsam daran. "Und was machst du dann hier?", gab er zurück. Sasuke trat neben ihn ans Fenster. "Es ist mein Job da zu sein, wo du bist."

Naruto grinste. "Dann muss ich mir ja keine Gedanken machen, ob du zur Hochzeit kommst oder nicht." "Das ist wahr", erwiderte Sasuke und sah Naruto von der Seite her an. Einen Moment schwieg er. "Ist es so, wie du es dir vorgestellt hast?" Naruto erwiderte den Blick. "Was meinst du?" "Hokage zu sein."

Er schüttelte den Kopf. "Nicht wirklich. Es hätte es mir nicht so anstrengend vorgestellt. Aber ich habe ja dich als Assistenten." Naruto schlug Sasuke kameradschaftlich auf die Schulter. "Assistenten? So nennst du das also?" Naruto lachte. "Sicher das. Also... lass uns anfangen, dann haben wir später Zeit genug für eine ausgiebige Mittagspause."

"Wir?", hakte Sasuke nach, "Deinen Papierkram machst du mal schön selbst. Dazu bin ich nicht da." Naruto nahm auf dem Stuhl des Hokage Platz und öffnete eine Schreibtischschublade. "Und wenn ich dich besteche?" Er hielt Sasuke ein Bento hin.

Doch Sasuke schüttelte nur den Kopf. "Du... bist hoffnungslos." Naruto schwenkte die Box leicht hin und her. "Komm schon. Das ist mit Liebe gemacht von meiner wunderschönen Braut. Na? Na?"

Sasuke setzte sich auf das Fensterbrett. "Ich bin dein Leibwächter, Bürobote, Briefträger, Technikassistent, Getränkelieferant, Kalender..." Er zählte die einzelnen Punkte an seinen Fingern ab. "Aber deine Sekretärin bin ich nicht." Naruto sah ihn einen Moment lang nachdenklich an. "Du könntest mir eine besorgen..." "Bitte?"

Naruto grinste und malte mit den Händen die Silhouette einer Frau in die Luft. "Ja, so eine richtig sexy Sekretärin im kurzen Rock und so..." "Ich glaube, da muss ich erst deine Braut fragen..." "Ha! Ne, lass mal... Dann besorg mir lieber Kaffee." Sasuke stand auf. "Vielleicht besorge ich dir doch eine Sekretärin. Dann wird die Getränkelieferant."

Als die Tür hinter ihm zufiel fühlte sich Naruto irgendwie merkwürdig. Er hoffte sehr, dass Sasuke es nicht herausfand. Der wahre Grund, weshalb er ihn immer um sich haben wollte, ihm ständig Aufgaben gab und beschäftigt hielt war nicht der, dass es kein Personal für all diese Dinge gegeben hätte. Das gab es ohne Zweifel.

Er wollte lediglich Sasuke davon abhalten, zu viel nachzudenken. Insbesondere sollte er nicht an Itachi denken oder irgendeine andere Person, die in diese Geschichte verwickelt war. Solange Sasuke nicht über diese Sache nachdachte, kam er auch nicht auf Ideen. Und wenn er nicht auf Ideen kam, dann würde er auch morgen noch da sein. Das war beruhigend zu wissen.
 

Naruto starrte die Decke seines Zimmers an und das schon eine ganze Weile. Schon wieder so ein merkwürdiger Traum. In letzter Zeit träumte er immer öfter diese Träume. Sie waren wie Erinnerungen aus einem anderen Leben. Ein Leben, wie er es sicher nie führen würde. Er fragte sich, ob irgendein Naruto in irgendeiner Welt dieses Leben tatsächlich hatte oder haben würde, wenn er denn erwachsen war.

Er stand auf und zog sich an, machte sich auf den Weg zum Morgengebet. Seit einiger Zeit nahm er auch wirklich daran teil, schaute nicht nur zu. Zwar hatte er sich nicht dem Glauben der Mönche angeschlossen, doch irgendwie empfand er es als richtig. Es war eben eine Art Morgenritual und stimmte geistig und körperlich auf das kommende Training ein.

Inzwischen trainierte Naruto auch ganz normal mit den anderen Schülern. Meister Garuda hatte es nicht gesagt, doch er war sehr zufrieden damit, wie sein Schüler sich entwickelt hatte und welche Fortschritte er machte. Auch Naruto selbst war erstaunt, wie leicht es ihm inzwischen fiel, die Naturenergie zu sammeln und zu halten.

Einen Haken hatte dies alles jedoch: Wenn er die Energie in sich aufnahm, durfte er sich nicht bewegen. Er war nicht in der Lage, ihren Fluss zu spüren, wenn er sich bewegte. Im Kampf war es jedoch notwendig, in Bewegung zu bleiben, jederzeit die Position wechseln zu können. Also war der nächste logische Schritt des Trainings, die Zeit, die Naruto dafür benötigte, auf ein Minimum zu reduzieren.

Garuda behielt ihn dabei ganz genau im Auge, denn ein höheres Aufnahmetempo bedeutete auch ein erhöhtes Risiko, die Kontrolle zu verlieren. Immer wenn Naruto das Gefühl hatte, die Kraft nicht halten zu können, berührte Meister Garuda ihn an einem bestimmten Punkt an seinem Rücken und sofort wich alle fremde Energie aus Narutos Körper. Er hatte keine Ahnung, wie der Meister das anstellte, doch es war sehr beruhigend zu wissen, dass er dies konnte.

Nebenher unterwies ihn Garuda separat noch in einigen anderen Künsten, die zwar ähnlich den Taijutsu-Techniken waren, die Naruto schon bei Rock Lee gesehen hatte, jedoch in vielen entscheidenden Dingen völlig anders waren.

Diese Trainingsstunden waren eine angenehme Abwechslung zu den Meditationsstunden und dem Chakra-Training. Außerdem nutzte Naruto jede freie Minute um seine übrigen Künste zu üben und zu perfektionieren. Hier gab es keine Shinobi, die ihm neue Jutsu beibringen konnten. So musste er sich irgendwie selbst helfen und sich eben eigene Trainingsmethoden oder neue Varianten ausdenken.

Bei all dem Training merkte er kaum, wie eigentlich die Zeit verstrich. Zwar fiel ihm immer wieder auf, dass bekannte Gesichter aus dem Kloster verschwanden und neue auftauchten, doch hatte er mit den Besuchern und den meisten der Mönche und Novizen so wenig zu tun, dass es ihm egal sein konnte. Bis ihn Yousai eines Tages ansprach.

"Du bist nun schon eine geraume Zeit hier bei uns, Naruto-kun", begann er, "Darf ich fragen, ob du inzwischen gefunden hast, wonach du suchtest?" Naruto wusste, wovon er sprach. In Gedanken war er alles immer wieder durchgegangen und hatte sich tausend Dinge zu Recht gelegt, die er Sasuke sagen könnte, tausend Szenarien durchgespielt, die eintreten konnten. Aber er hatte keines gefunden, welches ihn wirklich zufrieden stellte. Beinah drei Jahre hatte er versucht, eine Möglichkeit zu finden, wie er Sasuke überzeugen konnte, einen Grund. Ergebnislos.

"Ich habe viel gefunden", erwiderte Naruto schließlich, "Aber ich bin nicht sicher, ob das Richtige dabei ist." "Vielleicht wirst du das nie wissen." Naruto senkte den Blick. Diese Befürchtung hatte er auch. Wenn er Sasuke gegenüber stand, so hätte er nur eine Chance, nur eine Entscheidung, was er sagen und tun würde.

"Ach... Übrigens...", ergriff Yousai wieder das Wort, "Die Pilger aus dem Norden haben mir erzählt, in den Dörfern mache ein Gerücht die Runde von einem geheimnisvollen Schattenkrieger. Er soll stärker sein als jeder gestandene Soldat und so schnell wie der Wind." Naruto hörte aufmerksam zu. Das klang beinah nach einem Shinobi. Aber in diesem Land gab es keine Shinobi, das hatte Yousai selbst gesagt. "Angeblich beherrscht er die Elemente und bewegt sich wie ein Schatten. Könnte dies vielleicht dein Freund sein, den du verloren hast?"

Verloren... Eigentlich hatte er ihn vielmehr zurückgelassen. Inzwischen bereute Naruto, dass er nicht rechtzeitig umgekehrt war um Sasuke wiederzufinden. Aber es ließ sich nicht ändern. "Norden sagst du?" Yousai nickte. "Seit einigen Wochen schon soll er sich dort aufhalten und von Ort zu Ort ziehen. Aber wie gesagt, es ist ein Gerücht. Vielleicht ist es auch nur ein gewöhnlicher Bandit, der einfach nur besonders begabt ist."

Das glaubte Naruto nicht. Banditen gaben sich normalerweise keine große Mühe 'wie ein Schatten' zu sein. Die Beschreibung passte viel mehr auf einen Shinobi, sogar sehr auf Sasuke, wenn er es genau überdachte. "Vielleicht ist es Zeit, das herauszufinden."
 

TBC



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Just_Dreaming
2010-12-15T00:05:45+00:00 15.12.2010 01:05
Hallo, sehr schönes Kapitel, aber 3 Jahre o.O
Ich mag die Art wie du Dinge beschreibst, das ist dann in etwa so wie Kino im Kopf :D
Ich wollte ja mal einen Dojinshi zu einem Teil dieser Geschichte zeichnen,hatte dann aber nicht die Zeit gefunden...leider.
Bin jetzt aber ENDLICH mit den ersten Seiten durch und wenn ich es auch noch schaffe ein ordentliches Titelbild zu malen, fang ich an sie on zu stellen. Ich denke noch in diesem Jahr XD

Bald ist die Geschichte zu Ende T.T Ich muss mich echt ranhalten.

Grüße, Just


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