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Nur Schatten im Wind

Den Lebenden schulden wir Respekt, den Toten schulden wir nur die Wahrheit...
von

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Sehnsucht nach Befreiung...

Dunkel war der Wald. Dunkel und Kalt. Und Tief in seiner Mitte, wo die Bäume so dicht standen, dass fast kein Lichtstrahl hindurch schien, dort wo die Schatten so groß waren, dass jegliche Lebewesen es vermieden, sich hier herum zu treiben, war die Stille groß und unheimlich.
 

Sie wird euch finden, wenn ihr nach ihr sucht...

Der Wald ist ihr zu Hause, seit langer Zeit...
 

Diese Zeilen, entnommen aus einem uralten Buch, tief in den dunkelsten Archiven verborgen.

Nur die wenigsten kennen sie. Fast niemand weiß, was sie zu bedeuten haben.

Seit jeher umgibt eine mysteriöse Kraft diese Gegend, in der die Geschichte schon bald ihren Lauf nehmen wird.
 

Sucht sie...

Tötet sie...

Vergesst sie nicht!
 

Ein kalter Wind zog übers Land und verwandelte die anfängliche Herbstkühle in eine eisige Kälte, die jedem lebenden Wesen durch Mark und Bein fuhr. Glücklich waren die, die in ihren warmen Häusern saßen. Glücklich war auch ich, der ich das prasselnde Feuer meine Kamins im Rücken hatte.

Die Zeilen, die ich gerade in einem alten Buch gelesen hatte erschütterten mich nicht im geringsten doch stellte ich mir vor, dass vor einigen Jahrzehnten, wo es auf den Straßen noch düsterer zuging, viele Menschen dieses Buch sofort wieder aus der Hand gelegt hätten, ob nur aus Angst oder aber aus Aberglauben sei hier mal dahingestellt.
 

Ich jedoch fand es faszinierend! In alten Sachen herumzuschnüffeln war schon immer eine meiner Leidenschaften gewesen und auch jetzt war es nicht anders. Ich verschlang das Buch geradezu. Die eigenwürdige Geschichte dieses Wesens, das sich angeblich in einem der ältesten und dichtesten Wälder dieser Gegend befinden soll und zwar schon seit über einem Jahrhundert, zog mich magisch in seinen Bann. Ob ich es zur damaligen Zeit als positiv oder negativ deuten sollte? Ich weiß es nicht.

Das einzige, was ich damals genau wusste war, dass ich keine ruhige Minute mehr haben würde, bis ich nicht wenigstens einen Fuß in diesen mysteriösen Wald gesetzt hatte!
 

Mein Plan stand also fest und ich war guter Dinge, ihn auch ohne sonderliche Schwierigkeiten ausführen zu können. Wie bereits erwähnt, der Wald lag ganz in der Nähe, vielleicht ein zwei Tagesreisen entfernt. Er war, so wurde mir oft berichtet, sehr groß und vor allem dunkel. Lange schien jedoch niemand in seiner Mitte gewesen zu sein, denn keiner konnte mir genaueres darüber sagen.
 

Schon damals vermutete ich, dass die Angst vor dem Wald, welche ich unweigerlich in den Worten der Menschen spürte, nicht von dem alten Buch her rührte, denn so, wie ich die Menschen kannte, würden sie dieses nicht einmal anrühren.

Viel wahrscheinlicher schien es, dass der Wald selbst diese Furcht hervorrief, durch Geräusche, seltsame Begebenheiten und dergleichen, doch vor allem durch dieses unendlich zu scheinende Dunkel, das selbst am längsten Tag des Jahres nicht den Sonnenstrahlen wich.
 

Allein, das stand fest, konnte ich diese "Waldreise", wie ich sie noch heute scherzhaft nenne, nicht antreten. Zu schwer wären Gepäck und Verpflegung für mich gewesen. Außerdem war ich mir noch nicht ganz im Klaren darüber, was ich nun eigentlich bei diesem Wald wollte. Vielleicht, so sagte ich mir, würde diese Reise doch länger dauern als vorerst angenommen.

Ich bin sehr spontan, entscheide mich schnell um, was damals für mich bedeutete, dass es sehr wahrscheinlich war, doch bis in die Mitte des Waldes vordringen zu wollen, wenn ich einmal davor stand.
 

Sehr viel hatte ich nicht mit den Leuten meines Dorfes zu tun.

Ich nenne es Dorf, obwohl es eigentlich als Stadtteil betitelt wird, doch einen Teil einer Stadt konnte man es nun wirklich nicht nennen! Vor allem nicht vor seinen Bewohnern, denn die wehrten sich noch immer tapfer gegen die schon seit mehreren Jahren vollzogene Eingemeindung.
 

Einer meiner engsten Vertrauten und dadurch auch einer meiner besten Freunde, falls ich so etwas überhaupt mein Eigen nennen kann, war ein schneidiger Mann namens Henry McDoyl. Wie sein Name vielleicht schon vermuten lässt war er Schotte und zwar mit Leib und Seele! (So sehr Schotte, wie man hier eben sein konnte...)

Er war nun auch die erste Person, die ich in meinen Plan einweihte, was ihn unweigerlich zu meinem ersten Begleiter machte, denn wie ich selbst, so ist auch er ein Freund des Geheimnisvollen und des Abenteuerlichen. Und obwohl er nicht viel zu meinem Plan sagte wusste ich doch, dass er mir folgen würde, wohin ich auch ging.
 

Eine weitere Person, der ich von meiner baldigen Abreise in Kenntnis setzte, war Lionel Bond, ein Bürokrat von hoher Achtung. Wie zu erwarten war er nicht begeistert von meinem Vorhaben. Denn noch überraschte er mich mit der Ankündigung seiner Teilnahme an meiner Reise, mit der Begründung, man könne einen sturen Kopf wie mich doch nicht ohne Aufsicht auf die umliegenden Ländereine los lassen. (Insgeheim bin ich mir sicher, dass auch Henry ihm da zustimmt.)
 

Geht euren Weg, doch habt keine Hoffnung sie zu finden.

Sie wird euch finden, wenn sie es wünscht.

Doch seit auf der Hut, denn sie ist nicht das einzige Kind des Waldes...
 

Mit außerordentlicher Sorgfalt diesen Rat des Buches berücksichtigend gewann ich schließlich auch noch Oliver Morgen für meine kleine Truppe, welcher sich selbst rühmt, einer der besten Kopfgeldjäger der Gegend zu sein. (Wie genau ich ihn für die Teilnahme überzeugte wird vorerst mein Geheimnis bleiben. Ich bitte dies zu entschuldigen.)
 

Zu Viert, was ich persönlich schon damals und auch heute noch als ein Unglück ansehe, frei nach dem japanischen Wort 'shi' für 'Vier', was gleichbedeutend mit dem japanischen Wort für 'Tod' ist; zu viert also nun brachen wir auf um unseren zweitägigen Marsch zum Saum des Waldes anzutreten. Immer an meinem Körper trug ich das alte Buch, was nicht nur als Wegweiser, sondern auch als Bestärkung meines Willens fungierte.
 

Weiterhin zu unserer kargen Ausrüstung zählten wir genug Verpflegung für uns selbst und Leo, einen prächtigen schwarzbraunen Labrador, den Henry schon seit einiger Zeit seinen Treuen Begleiter nennen durfte. Ferner hatten wir zwei robuste Zelte in unserem Gepäck, die als notdürftige Unterkunft dienen sollten. Jeder von uns hatte zusätzlich noch einige persönlich Sachen mitgenommen, die, neben anderen praktischen und nützlichen Dingen in unseren Rucksäcken verstaut waren.
 

So bepackt und ohne große Furcht in unseren Herzen brachen wir auf. Die Nähe zu unserem Heimatort und die vertraute Gegend gaben uns Sicherheit und versetzten uns in das Gefühl eines etwas länger andauernden Spazierganges, was ich nun im Nachhinein als große Nachlässigkeit ansehen muss.

Doch damals waren wir jung und mutig, in Lionels Fall vielleicht auch etwas skeptisch, doch nicht in solchem Ausmaß, dass wir auf Vorsicht bedacht gewesen wären.

Die Unbekümmertheit sprach aus unseren Gesichtern, unseren Bewegungen, ja aus unserem ganzen Wesen und nur eine Zeile des Buches schwirrte noch durch meinen Kopf:
 

Sie lebt ihr Leben im Schatten und sehnt sich nach Befreiung...



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