Epilog
Autor: Jami-san (also ich...XD...)
E-Mail: jami-san@gmx.de
Thema: Eigene Serie/ Shoujo-ai
Genre: Drama, Romantik
Part: 7/ 7
Disclaimer: Ich kann es mit Berechtigung sagen. Alle auftretenden Charas sind mein *muhahaha* Trotzdem verdien ich hiermit leider kein Geld (wie wärs mit ner Bezahlung in Karotalern XD)
Kommentar: So, ich habe es also geschafft. Hiermit präsentiere ich euch den letzten Teil von ‚Wind of Destiny‘. Und bitte schlagt mich nicht. Ich musste das Ende so schreiben. Alles andere wäre einfach unrealistisch gewesen. >.< Außerdem hatte ich es von Anfang an so geplant, dass es so kommt. Überhaupt, war diese Entscheidung von Aya-chan, weshalb ich diese Geschichte überhaupt geschrieben habe. Ich wollte wissen, ob ich es auf irgendeine Weise nachvollziehbar machen kann, was einen Menschen soweit bringt. Letztendlich bin ich mir nicht so sicher, ob mir das wirklich gelungen ist. Um ehrlich zu sein, habe ich Aya-chan gerade am Ende auch immer weniger verstanden. Und trotzdem war es einfach ihr Schicksal (so blöd sich das jetzt auch anhört *drop*)
Jetzt noch ein dickes Dankeschön an meine fleißigen Kommischreiber. Danke, dass ihr es bis hierher mit mir ausgehalten habt. *alle ganz doll knuddl*
Ach ja, und ich überlege, ob ich irgendwann mal eine Geschichte mit Ray und Yuji schreibe. Die beiden sind hier ja ziemlich kurz gekommen, aber ich hab sie trotzdem voll lieb gewonnen XD
Also, genug der langen Vorrede. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen. ^^
Ach ja, und über Kritik, Lob, Anregungen, Fragen, Wünsche, Morddrohungen und alles was in die Richtung eines Kommies geht würde ich mich sehr freuen. Bitte! >.<
Epilog
Leise ziehen graue Wolken über den sich langsam verdunkelnden Nachmittagshimmel. Die tief stehende Sonne schickt letzte goldene Strahlen, die ohne Wärme sind, über die Erde, ehe sie wie jeden Tag am Horizont verschwindet. Ein eisiger Wind weht durch die Straßen, so dass jeder der es irgendwie einrichten kann sein Haus oder seine Wohnung nicht verlässt. Der Schnee auf den Straßen, der vor wenigen Tagen gefallen war, beginnt langsam wieder zu schmelzen. Überall sind braune matschige Pfützen zu finden, die es einem schwer machen sauber nach Hause zu kommen.
Eine einsame Gestalt steht inmitten einer scheinbar endlosen Weite aus kaltem grauen Stein. Die Hände zum Gebet gefaltet, die Augen andächtig geschlossen. Vom Boden vor ihr steigen wabernde Rauchschwaden vom den frisch angezündeten Räucherstäbchen auf. Um sie herum herrscht bis auf das sanfte Rauschen des Windes vollkommene Stille.
Yurie stand jeden Tag so wie heute an Ayakos Grab seit diese dort ruhte. Immer und immer wieder stellt sie sich die eine Frage, die ihr bisher keiner beantworten konnte. Warum hatte Ayako dies getan? Warum hatte sie den Tod dem Leben vorgezogen? So viel sie auch grübelte, Yurie war bisher nicht in der Lage gewesen eine zufriedenstellende oder nur im Ansatz nachvollziehbare Antwort zu finden. Obwohl Ayako nun schon über zwei Wochen tot war, hatte Yurie in dieser Zeit noch nicht ein Mal um sie geweint. Sie fühlte sich schlecht deswegen, jedoch so sehr sie es auch versuchte, sie war einfach nicht in der Lage gewesen Tränen um ihre verstorbene Freundin zu vergießen.
Dies war dem Umstand geschuldet, dass sie nicht in der Lage war ihre eigenen Gefühle zu ordnen. Ständig fühlte sie sich hin und her gerissen zwischen Wut und Trauer, Zorn und Schuld. Und im Hinterkopf tief eingebrannt immer die quälende Frage nach dem >Warum?<.
„Warum...Aya-chan?“ Ein schwaches Flüstern, welches sofort von dem Wind in den dämmernden Abend hinaus getragen wurde, fand seinen Weg über ihre Lippen während sie die Arme fröstelnd um sich schlingt. Wie oft hatte sie diese Frage schon an diesem Ort gestellt und doch nie eine Antwort erhalten? Sie wusste es selbst nicht mehr. In ihren nun geöffneten Augen stand ein tiefer Schmerz geschrieben. Trüb, ohne den sonst so fröhlichen Glanz starrten sie auf den grauen, schmucklosen Marmorstein vor ihr, als hoffte sie von ihm die ersehnte Antwort zu erhalten.
Ihre Gedanken hatten viele Möglichkeiten und Geschichten durch gespielt. Und mehr als ein Mal war ihr der grausame Gedanke gekommen, dass sie Schuld an Ayakos Entscheidung hatte. War sie es nicht gewesen, der Aya ihre Liebe schenkte? War sie nicht auf die abscheuchlichste Weise auf Ayas Gefühlen herumgetrampelt? Aber war dies wirklich gleich ein Grund sein Leben hinzuschmeißen? Ein Leben, das eben genau das war? Ein Leben, das einem von niemandem zurückgegeben werden kann; das so einzigartig ist wie die Erde selbst und alles was auf ihr existiert.
‚Es geht einfach nicht! So sehr ich es auch versuche...ich kann einfach nicht verstehen, was in ihr vorging.‘ Verzweifelt wanderte ihr Blick in den Himmel von dem nichts zu sehen war. Die Wolkenmasse am Firmament wurde immer dichter, während der Wind allmählich immer stärker wurde. Yurie war sich sicher, dass Ayako ihr Gespräch mit Kazuya gehört hatte. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie überrascht sie war, als sie plötzlich Ayako sah, die fluchtartig das Café verließ. Schon in diesem Moment hatte sie sich große Sorgen gemacht Ayakos Gefühle mehr verletzt zu haben, als sie sich je vorstellen könnte. Allerdings hätte sie sich nie träumen lassen, was passieren würde. Sie seufzte einmal schwer.
Warum war ihr nie aufgefallen, dass Ayako so verletzbar war? Sie war doch ihre beste Freundin gewesen. Hätte ihr nicht klar sein müssen, dass Ayako nicht in Ordnung war? Warum hatte sie sich von Kazuya aufhalten lassen und war Ayako nicht gefolgt? Warum hatte sie es nicht verhindern können?
...Fragen, Reue, Verfluchen des Geschehenen; immer und immer wieder wünscht sich der Mensch nichts sehnlicher als die Vergangenheit ungeschehen zu machen und seine Taten zu ändern. Doch jedes Mal erneut wird er erkennen, dass dies zu dem letztendlich völlig Unmöglichen gehört...
Doch nicht nur die Frage nach dem Grund spukte unablässig in Yuries Kopf. Ebenso beschäftigte sie sich beinah ohne Unterbrechung mit ihrer Beziehung zu Ayako. Mit der Freundin Ayako genauso wie mit dem Menschen Ayako, von dem sie doch geglaubt hatte ihn so gut zu kennen. Zu dem Schluss, dass dies ein Irrtum war, war sie schon lange gekommen, auch wenn es ihr schwer fiel sich das einzugestehen.
Doch ihre Grübelein hatten noch andere Ergebnisse zur Folge. Sie brachte viel Zeit damit zu darüber nachzudenken, was Ayako für sie gewesen war. War sie ‚nur‘ eine Freundin oder hatte sie zu irgendeinem anderen Zeitpunkt doch andere Gefühle für sie gehabt, die Ayako irgendeinen Anlass zur Hoffnung gegeben hätten? Bis auf jenen verhängnisvollen Abend fiel ihr nichts ein, so sehr sie auch in ihren Erinnerungen wühlte. Es gab nur eine Tatsache derer sie sicher war. So sehr es vielleicht für das Wohl Ayakos notwendig gewesen wäre, Yurie hätte deren Gefühle niemals erwidern können. Nie in ihrem ganzen Leben. ‚Gomen ne, Aya-chan...‘
Yurie war schon bei ihrem ersten Treffen mit Ayako klar gewesen, dass dieses Mädchen es nicht leicht gehabt hatte. Der einsame und traurige Ausdruck in den Augen des kleinen Mädchens hatte sie schon damals tief bestürzt. Es war ihr Wunsch gewesen in diesen Augen ein Lächeln zu sehen. Und tatsächlich hatte sie es auch geschafft sie zum Strahlen zu bringen. Sie beide hatten in den vielen gemeinsamen Jahren wirklich viel erlebt und gemeinsam durchgestanden. Yuries Lippen verzogen sich zu einem traurigen Lächeln. Gemeinsam hatten sie sich Bilder von einer Zukunft gemalt, in der sie immer als Freundinnen vereint waren. Doch nun blieben von diesen Träumen nicht einmal mehr Scherben zurück, denn sie musste nun allein einen Weg in die Zukunft gehen.
‚Aya-chan...ich habe dich immer bewundert. Du hast, egal was passierte, immer Stärke gezeigt. Warum konntest du mir denn nicht zeigen, dass du die Einsamkeit in deiner Seele nie ganz überwunden hast? Hast du mir jemals die wahre Ayako Kitagawa gezeigt?‘
Eine heftige Windböe begann an ihr zu zerren, so dass sie eine Hand heben musste, um ihre Mütze am wegfliegen zu hindern. Ein erster einsamer Regentropfen fiel neben ihr zu Boden. Er hinterließ ein kleines Loch in der matschigen Schneelache zu ihren Füßen. Die schwarzen Wolken am Himmel türmten sich immer weiter zu hohen Bergen auf.
„Obwohl ich viele Jahre mit ihr verbracht habe und quasi mit ihr aufgewachsen bin, habe ich das Gefühl, dass ich Aya-chan letztendlich nicht richtig kannte.“ Yurie fuhr überrascht herum. Sie hatte nicht gemerkt, dass jemand gekommen war. „Geht es dir nicht ähnlich?“, fragte Ray und überwand mit wenigen Schritten den restlichen Abstand zwischen ihm und dem Mädchen, um direkt neben ihr zum Stehen zu kommen. Er richtete seinen Blick auf den Grabstein vor ihm.
„Warum?“, flüsterte Yurie. „Warum nur konnte sie nicht einfach mit uns reden? Gemeinsam hätten wir doch sicher eine Lösung gefunden, was immer auch ihr Problem war, oder, Ray-kun?“ Flehend sah sie zu ihm auf, inständig darauf hoffend, dass er ihr eine Antwort geben konnte und so vielleicht auch ein wenig ihren Schmerz, ihre Schuldgefühle zu zerstreuen.
Doch er schüttelte sacht den Kopf. „Anscheinend nicht. Die Antwort werden wir wohl nie erfahren.“ Er schwieg einen Moment. „Aber Ayakos Entscheidung war definitiv falsch.“ Yurie bemerkte, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten. ‚Er kann es genau so wenig verstehen wie ich. Er sucht auch einen Grund.‘
Wieder schwiegen sie sich einige Minuten lang an, in denen jeder seinen Gedanken nachhing auf der beständigen Suche nach der Antwort, die möglicherweise doch die Wahrheit enthielt. Doch die tatsächliche Wahrheit wird ihnen, so lange sie auch danach suchen, immer verhüllt bleiben.
Ray war derjenige, der die Stille zwischen ihnen durchbrach. „So sehr ich auch darüber nachdenke. Mir fällt einfach kein Problem ein, dass sie tatsächlich gehabt hätte, was solch einen Schritt gerechtfertigt hätte.“
Yurie sah ihn fragend an. „Was meinst du damit? Ein Problem, dass sie tatsächlich gehabt hätte?“
Er seufzte kurz. „Ayako glaubte nur, dass sie bestimmte Probleme hatte.“ Während er sprach, sah er Yurie nicht an. Sein Blick war stur auf den Grabstein gerichtet in den für immer Ayakos Name eingemeißelt war. „Du weißt sicher, dass Aya-chan sich oft allein gefühlt hat, seit der Sache mit ihrem Vater. Danach wurde sie auch noch von ihrer Mutter verlassen. Sicher, für ein kleines Mädchen, wie sie es damals war, musste das ein Schock sein. Und doch, waren nicht immer Menschen für sie da? Meine Großeltern haben sich um sie gekümmert, als ob sie ihre eigene Enkeltochter wäre. Du warst immer für sie da, und, wie ich hoffe, ich auch. Hat sie das nicht gesehen?“ Er musste einmal schlucken, um den Kloß, der sich langsam in seinem Hals bildete loszuwerden. „Warum hat sie nie gesehen, dass ihre Einsamkeit nichts weiter als Einbildung war? Warum musste sie nur in ihrem kranken Selbstmitleid ertrinken?“ Eine kurze Pause. „Und warum ist mir nie aufgefallen, dass sie so verzweifelt war?“, fügte er flüsternd hinzu.
Eine einsame Träne rann seine Wange hinab. Diese Gefühle, die er bisher nicht in Worte hatte fassen können, trug er nun schon seit dem Tag mit sich herum, an dem er von Ayakos Tod erfahren hatte. Einerseits befreite es ihn ungemein sie endlich laut ausgesprochen zu haben. Er spürte regelrecht, wie die Umklammerung seines Herzens etwas nachließ. Zugleich erschreckte es ihn auch, dass er sie so hart verurteilte. Vielleicht war dies sein Weg, den er für sich gefunden hatte, um den Schmerz irgendwie zu überwinden. Ob es der Richtige war, falls es überhaupt einen richtigen oder falschen Weg gab, wusste er nicht.
Yurie erschrak über diese harten Worte, auch wenn sie tief in ihrem Innern realisierte, dass durchaus ein Funken Wahrheit in ihnen steckte. Trotzdem fand sie es nicht richtig so über eine Freundin zu sprechen. „Denkst du wirklich so?“ Auch ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
Ray schüttelte den Kopf. „Nein, auch wenn ich glaube, dass es nicht ganz falsch ist, was ich gesagt habe.“ Yurie nickte.
„Hast du von dem Brief gehört? In Ayakos Wohnung hat die Polizei einen ungeöffneten Brief von ihrer Mutter gefunden. Nach dem Poststempel zu urteilen muss er einen Tag angekommen sein, bevor sie...“ Er verstummte; konnte die Worte einfach nicht über die Lippen bringen.
„Was stand drin?“, fragte Yurie als Ray nicht von sich aus weiter sprach.
„Dass sie zurückkommt. Glaubst du, wenn Aya-chan das gewusst hätte; hätte sie es dann vielleicht nicht getan?“
Über diese Frage musste sie nicht lange nachdenken. „Ich glaube nicht. Für Aya-chan existierte ihre Mutter schon lange nicht mehr.“
Dieses Gespräch löste etwas in Yurie. Rays Worte von vor wenigen Augenblicken ließen sie nicht mehr los. Sie war sich vollkommen bewusst, dass es eine sehr harte Kritik an Ayakos ganzem Denken war. Ihr Verstand, von der Gesellschaft dazu erzogen, lehnte diese Worte komplett ab. Doch ihr Herz verstand auf eine seltsame Art und Weise. Diese Erkenntnis half ihr. Sie glaubte jetzt zumindest ein wenig besser zu verstehen, was in Ayako vorgegangen war und etwas von diesem drückenden Schuldgefühl in ihrer Brust wich zurück.
„Es gibt noch etwas, was ich dir erzählen möchte.“
„Was?“
„Weißt du, was Aya-chan für dich empfunden hat?“
Ein leichter Rotschimmer bildete sich auf Yuries Wangen. „H-hai...“ Ihre Gedanken wanderten zu jenem Abend zurück, an dem sie Ayako alles gegeben hatte. Es war nicht so, dass sie es bereute. Doch sie wusste, dass es falsch gewesen war. Ihr war heute vollkommen klar, wie sehr sie Ayako damit verletzt hatte.
„Und du weißt auch, dass sie dich und diesen Jungen in dem Café gehört hat? Du hattest mir ja damals schon gesagt, worüber ihr geredet hattet.“
Ein zögerliches Nicken war die Antwort. Yurie verstand nicht, was diese Fragen sollten. Worauf wollte Ray hinaus?
Er seufzte einmal kurz. „Ich habe viel darüber nachgedacht und mir ist ein Gedanke gekommen. Es ist zwar nur eine Vermutung, aber ich kann mir vorstellen, warum Aya-chan sich gerade an diesem Abend umgebracht hat.“
Yurie fuhr zu ihm herum. Mit vor Überraschung weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. Sie war sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob sie wirklich eine Antwort auf ihre lang gestellte Frage haben wollte. Was, wenn diese Antwort erneut ein Feuer der Schuld in ihrer Brust entzünden würde.
Doch Ray sprach unbarmherzig, wie es ihr schien, weiter. Es war ihm wichtig, dass gerade Yurie das wusste. Gerade sie musste unbedingt verstehen, was in Ayako vorgegangen war, auch wenn er sich selbst nicht ganz sicher war, ob er mit seinen Vermutungen richtig lag. Vielleicht war diese Idee nur eine fixe Ausgeburt seiner Fantasie. Immerhin hatte er die letzten Tag selbst oft genug bezweifelt Ayako wirklich gekannt zu haben. Doch ein merkwürdiges Gefühl der Überzeugung ergriff von seinen Gedanken Besitz, dass er zumindest diesen Teil ihrer Persönlichkeit gut genug kannte. Dies stellte einen letzten Lichtstrahl der Hoffnung in seinem Herzen dar, der ihn vor der endgültigen Verzweiflung bewahrte.
„Stell dir vor, du bist in jemanden verliebt. Niemand auf dieser Welt ist dir wichtiger als diese Person. Schon allein, wenn du sie lächeln siehst, verfliegen alle dunklen Gedanken und Gefühle, die du jemals hattest, aus deinem Herzen. Du legst ihr dein Herz zu Füßen und schenkst ihr deine Seele. Und dann erfährst du, dass sie dich verraten hat, dass sie dich wegwirft, wie ein kaputtes Spielzeug. In deiner Welt wird es dunkel. Es ist die Dunkelheit, die schon so lange in dir wohnt und die du solange vor dir selbst verleugnet hast. Du fühlst wieder diese Einsamkeit, die du erfolgreich für Jahre verdrängt hattest. Scheinbar gibt es nichts mehr in dieser Welt für dich, für das es sich lohnen würde zu leben, denn dort ist niemand mehr, der dich zu brauchen scheint.“
Er machte eine kurze Pause und warf einen kurzen Blick auf Yurie. Stumme Tränen rannen aus ihren geweiteten Augen. Er wusste, dass seine Worte hart gewesen waren und das Mädchen schwer getroffen hatten. Doch es war dringend notwendig, dass sie es verstand. Es lag ihm fern, ihr in irgendeiner Form die Schuld an Ayakos Tod zu zuweisen. Schuld waren sie in irgendeiner Form alle. Ohne Frage.
In Yurie zerbrach etwas während Rays Rede. Ihr Herz schmerzte. Sie konnte es fühlen. Sie fühlte diesen Schmerz der Einsamkeit, dieses Zerbrechen der Welt. Sie kannte dieses Gefühl nur zu gut. Bittere Tränen rannen plötzlich über ihre Wangen. Tränen, die so lange nicht fließen wollten. Es war befreiend. Mit ihnen schienen all diese ungeklärten Gefühle in ihrem Innern eine Form zu bekommen. Sie weinte, weil sie sich schuldig fühlte und sie weinte um Ayako. Um Ayako, deren grausames Los sie immer unterschätzt oder vielleicht auch unbewusst verdrängt hatte.
Der Wind verstärkte sich allmählich. Sie spürte, wie sich ein Arm um ihre Schultern legte und sie gegen einen warmen Körper gedrückt wurde. „Glaub mir, sie gibt dir keine Schuld. Es war ihre Entscheidung...“, flüsterte Ray ihr beruhigend zu. ‚Und es war die falsche Entscheidung, denn vor dem Leben zu fliehen, kann einfach nicht richtig sein.‘, fügte er in Gedanken hinzu.
Ihren Tod zu akzeptieren fiel ihm schwer und er war sich nicht sicher, ob er es jemals vollends können würde. Doch lehrte ihn diese ganze Sache etwas über den Menschen und das Leben, worüber er sich vorher noch nie Gedanken gemacht hatte. Erst jetzt wurde ihm der Wert eines Lebens in seinem vollen Ausmaß bewusst. Er hoffte, dass auch in Yurie ein solches Bewusstsein erwacht war.
Diese krallte sich in seine Jacke. Ihr Körper erzitterte unter heftigen Schluchzern. Das Gesicht vergrub sie an seiner Brust. ‚Endlich lässt sie es zu!‘ Mit diesem Gedanken schloss er sie noch fester in seine Arme, um ihr Trost und Kraft zu spenden. Die Tränen, die über Yuries Wangen strömten vermischten sich mit dem allmählich einsetzenden Regen.