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Dunkle Dämmerung

Kampf um die Götterschwerter *abgeschlossen*
von

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Lebe wohl...

Hallo meine Lieben, neues kapitel im Anschmarsch. Die Geschichte ist jetzt endlich zuende, deswegen kann ich dich folgenden Kapitel sehr viel schneller hochladen^^ Viel Spaß damit.
 

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Kapitel XXII - Lebe wohl...
 

Als ich Melissa Westphal fand, war sie bereits elf Stunden lang tot. Sie hatte sich ihr nichtsilbernes Handgelenk aufgeschnitten und in Einsamkeit darauf gewartet, dass sie an dem Blutverlust sterben würde... Neben ihr lag noch das rot verschmierte Messer und ein Abschiedsbrief, den sie auf die Klinge gespießt hatte, damit der Wind ihn nicht davontragen konnte... Ich konnte mich zuerst nicht überwinden ihn zu lesen. Ich konnte einfach nur schweigend auf meine Freundin herabsehen, während die salzige Küstenbrise durch meine Haare wehte und das weißblaue Lancelortuch aufbauschte, das Melissa an den Griff ihres Messer gebunden hatte...

Erst nachdem der Mond aufgegangen war und sein silbernes Licht auf ihr weißes Gesicht schien, konnte ich mich wieder genug fassen um Dunkan mit meinem Handy zu uns zu führen. Er blieb einen Moment lang wie angewurzelt stehen, als er zu uns stieß, ehe er mich ohne ein Wort in eine feste Umarmung schloss...

Zwei Tage später fand Melissas Beerdigung statt...

Die Zeit zwischen meinem grausigen Fund und dieser Beerdigung hat sich irgendwie völlig aus meinen Bewusstsein gelöscht. Ich weiß nicht mehr was ich in diesen zwei Tagen gemacht oder gesagt habe, alles ist nur ein unklarer Brei aus Gesichtern und Worten, den ich bis heute nicht entwirren konnte. Doch als ich dann in den Hügelgräbern vor Melissas Sarg stand und in ihr Gesicht blickte, das im Tod soviel friedlicher wirkte als im Leben, war mein Geist völlig klar. Es waren nur wenige zu der Beerdigung gekommen, nur Menschen, die Melissa aus der Zeit vor ihrem Aufenthalt beim Däezander kannten. Die meisten Lancelor sahen in ihr nur die Verräterin mit dem silbernen Arm, die sich Ereos angeschlossen hatte. Sie sahen in ihr nur das Mädchen, das den Palas Batista mit einem Schuss in die Kehle getötet hatte...

Mir fiel auch auf, dass nicht eine Träne um sie vergossen wurde. Selbst meine Augen blieben trocken, denn obwohl mich Melissas Tod sehr mitnahm, fühlte ich mich gleichzeitig auf makabere Weise von einer schweren Last befreit, als der Deckel über ihren Sarg geschoben wurde und man sie im heiligen Boden des Grabhügels zur Ruhe bettete... Kevin und Victoria standen in sicherem Abstand zueinander neben mir, ihre Gesichter angespannt, doch nicht von Trauer gezeichnet. Ich glaube sie waren nur mir zu Liebe zu der Beerdigung gekommen. Dunkan nahm mich wieder in den Arm, doch ich erwiderte die Geste nicht.

Meine Hand klammerte sich an Thundenstars Griff. Ich konnte fühlen, wie eine ungewohnte Ausstrahlung von dem Götterschwert ausging und es mir etwas mitteilen wollte. Es hatte schon mehrmals zu mir gesprochen, nicht mit Worten, sondern mit einer abstrakten Mischung aus Gefühlen und lautlosen Klängen, die direkt in meinem Hirn entstanden und sich dort zu einem Sinn formten. Auch damals spürte ich Thundenstars Lied. Es war melancholisch und von Kummer durchzogen. In meinem Kopf bildeten sich einen kurzen Augenblick lang Bilder von anderen Menschen, die die Klinge des Donners getragen und verschiedenste geliebte Menschen auf verschiedenste Weise bestattet hatten. Thundenstars Geschichte war mir genauso unbekannt wie die Geschichte seiner unzähligen Träger aus längst vergangenen Epochen, doch ich verstand die Aussage des Schwerts, als würde es flüstern:

,Tod säumt meinen Weg... Es ist das Schicksal meines Trägers allein zu sein...'

Während ich die Klänge Thundenstars in mich aufnahm und die Kälte von Stahl und trockenem Leder an meinen Fingern spürte, zerdrückte meine andere Hand Melissas Abschiedsbrief in meiner Tasche. Kein anderer Lancelor hatte ihn je gelesen oder würde es in Zukunft tun, deswegen kamen sie nicht zu ihrer Beerdigung und sahen in ihr nur den Verräter... Sie würden Melissas Schmerz niemals so verstehen, wie ich ihn verstand...
 

,Liebe Zeliarina,

wenn du das hier liest, werde ich längst nicht mehr sein...

Ich habe keine großen letzten Worte zu sagen, denn das Messer wird für mich nicht mehr sein als eine feige Flucht aus den Qualen des Lebens, denen ich einfach nicht mehr entgegentreten kann. Jeden Tag wenn ich das silberne Glitzern meines Armes sehe, werde ich an die Gräuel erinnert, die ich in meiner Verzweiflung begangen habe. Jeden Tag muss ich daran denken wie ich unter den Feinden der Menschheit gelebt habe, wie ich es sogar einem erlaubte mein Bett zu teilen und wie ich den Einzigen von ihnen, der es gut mit mir meinte, beinahe getötet hätte... Und besonders kann ich mir nicht verzeihen, dass ich einem Menschen das Leben genommen habe. Die Erinnerungen quälen mich. Wahrscheinlich würden mir viele sagen, dass ich meine Taten im Leben büßen soll, doch ich bin nicht stark genug mich ihnen zu stellen. Ich bin nicht stark genug weiterzukämpfen...

Für mich gibt es nur noch das zu sagen:

Danke...

Verzeih...

Und lebe wohl...

Ich weiß, dass du stärker sein wirst als ich. Du wirst weiterkämpfen...
 

~ Melissa '
 

Ich konnte genau sehen an welchen Stellen Melissas Tränen ihren Brief benetzt hatten...
 

"Bald...", flüsterte Ereos leise in die Stille hinein. Er stand unbeweglich in einer weiten unterirdischen Höhle, so tief verborgen in den verworrenen Gängen des Däezander, dass sich selbst Dämonen nur selten an diesen Ort verirrten. Faules Wasser tropfte in gleichmäßigen Abständen von den Stalaktiten, die an der hohen, dunklen Decke hingen wie steinerne Fangzähne. Beleuchtet wurde die Halle nur von einem schwachen Glühen, das von mehreren ordentlichen nebeneinander gereihten Kästen aus transparentem grünen Aramea ausging, jeder etwa drei Meter hoch und breit. Ereos stand vor einer dieser Kammern, hatte die Hand an die leuchtende grüne Wand gedrückt und starrte mit ausdruckslosen Augen auf die regungslose Gestalt, die darin auf einer steinernen Barre lag. "Bald Assessina..."

Sein Blick glitt über das rabenschwarze Haar der Dämonin, dann zu ihren Augen, die unter den geschlossenen Lidern giftgrün und geschlitzt waren, und weiter über den glänzend geschuppten Nacken und die wohlgeformten Kurven ihres Körpers. In Ereos' Augen erschien etwas Hungriges und Sehnsüchtiges, doch der Dämon blieb weiter an seinem Platz und beobachtete Assessina mit einer für ihn untypischen Geduld.

Plötzlich zog das Gefühl einer näher kommenden Dämonenaura in Ereos' Kopf auf. Die Schattenklinge schaute nicht nach wem sie gehörte, selbst dann nicht als er leise Schritte über den felsigen Boden knirschen hören konnte und jemand unaufgefordert neben ihn trat. "Wie sieht's aus?", fragte Cenior ruhig.

"Was willst du hier, Cenior?", knurrte Ereos taktlos zurück. Die Sehnsucht in seinen Augen erlosch so schnell wie eine ausgeblasene Kerze und hinterließ nur einen berechnenden harten Ausdruck, der dem Träger von Goth und Luna unfreundlich begegnete. Cenior schnaubte kurz und schüttelte spöttisch lächelnd den Kopf. Ereos erkannte, dass er nicht nur seine zwei üblichen Götterschwerter an der Hüfte trug, sondern auch noch Azuransas in der Hand hielt. Die blaue Sonne leuchtete jedoch nicht. "Freundlich wie immer, nicht wahr, Ereos?"

"Was willst du?", wiederholte der Dämon mit den Purpuraugen stur. Einen Augenblick lang starrte er einfach nur auf Azuransas, dann wandte er sich wieder gleichgültig ab und beobachtete Assessina erneut durch die grüne Scheibe ihrer Arameakammer. "Ist sie inzwischen schon aufgewacht?", hakte Cenior unbeeindruckt nach, während er seinen Blick nicht von Ereos löste. Der Dämon mit den Purpuraugen nickte widerlich, als würde er mit sich ringen diese Information weiterzureichen. "Ja, sie ist wach. Sie ruht sich nur aus und sammelt die Kraft aus der Regenerationskammer... Bald wird sie wieder völlig einsatzbereit sein..."

"Das wird unseren Vater freuen", stellte Cenior zufrieden fest, ehe er seinen Blick kurz über die verwundeten und frisch erschaffenen Dämonen schweifen ließ, die wie Assessina mit geschlossenen Augen auf einer Steinbarre innerhalb der Kammern lagen, um aus der Arameastrahlung der Wände neue Energie zu schöpfen. So funktionierte das im Däezander. Man benötigte keine Verbände oder Nadeln oder Mediziner, sondern nur das seltsame Gestein, das die Regenration der Dämon um ein Vielfaches beschleunigte. "Es gab in letzter Zeit viele Ausfälle...", murmelte Cenior, als er wieder Ereos und anschließend Azuransas in seinen Händen begutachtete. "Assessina wird uns stärken..."

Ereos sagte nichts.

Er wartete ungeduldig darauf, dass Cenior ihn wieder alleine lassen würde, doch der Dämon mit den Seelenbändern blieb ebenfalls an Ort und Stelle stehen, so dass beide Dämonen in völliger Stille die weibliche Schattenklinge in der Regenerationskammer betrachteten. "Du hast immer noch nicht gesagt, warum du eigentlich hier bist... Normalerweise gibt es hier keine Besucher...", sagte Ereos etwas weniger feindselig.

Cenior hielt als Antwort Azuransas vor sich ausgestreckt. "Befehl vom Dämonenvater. Ich soll das Schwert wieder mit der ehemaligen Besitzerin vereinen, wenn diese wach geworden ist..." Seine Mundwinkel zuckten leicht. "Und was machst du hier?"

"Geht dich nichts an...", fauchte Ereos unwirsch zurück. Cenior hob gleichgültig die Schultern. "Ganz wie du meinst..." Der Dämon mit den Seelenbändern machte einen Schritt auf Assessinas Arameakammer zu, hielt jedoch plötzlich wieder inne und fixierte Ereos erneut. Das Sehnsüchtige war wieder in die purpurnen Augen des Hochdämons zurückgekehrt.

Dass ein Dämon tatsächlich zu solchen Empfindungen fähig ist... Vor allem ein Dämon wie er...

Cenior zögerte einen Moment lang, ehe er Azuransas seufzend vor Ereos' Füße warf. Das dumpfe Klirren von Stahl auf Stein erfüllte die Halle, prallte mehrmals von den Wänden ab und verebbte schließlich wieder in der Stille. "Hier, nimm..."

"Was soll das?", zischte Ereos misstrauisch. Bei dem plötzlichen Geräusch, das das aufschlagende Götterschwert verursacht hatte, war seine Hand automatisch unter seinen Mantel gewandert, um Excaliburs Griff zu umklammern. Ceniors Mundwinkel zuckten wieder, so als könnte er sich nur schwer ein Lächeln verkneifen. "Ich dachte nur, dass dir mehr dran liegt ihr das Schwert zu bringen..." Damit machte er auf dem Absatz kehrt und schritt langsam davon.

"Du wirst doch wohl nicht rührselig, auf deine alten Tage!", rief Ereos ihm hinterher.

Cenior blieb nicht stehen oder schaute zurück, sondern hob nur die Hand und winkte zum Abschied kurz. "Halt's Maul... Und bring Assessina ja das Schwert, sonst bekomme ich echte Probleme..."

"Fahr zur Hölle, Cenior..." Obwohl keiner der beiden Dämonen auch nur ein freundliches Wort gesprochen hatte, fingen sie unabhängig voneinander an zu lächeln, so als hätten sie sich gelobt.

"Es gibt keine Hölle... Und wenn doch, so wird sie eine echte Erholung von dem Chaos sein, das schon sehr bald auf dieser Erde tobt..."
 

In der verborgenen Zuflucht reiften weiterhin dunkle Pläne heran...

Ich dagegen trauerte um den Verlust von Melissa. Ich trauerte lange um sie, trauerte während Lancelor um mich herum in Missionen umkamen, trauerte während der Götterschwertkrieg immer länger andauerte. Das schlimmste Weihnachten, das ich je erleben sollte, zog an mir vorbei, dann schmolz der Winterschnee und ein neuer Frühling brach heran. Wie die ersten Blumen blühte auch ich zu dieser Zeit endlich wieder auf. Der Schmerz in meinem Herz war noch da, ein nagendes Gefühl des Verlustes, doch er verlor an Stärke, so dass ich wieder langsam nach vorne sehen konnte. Thundenstar sang ein leises Klagelied, das mich seit der Beerdigung ständig begleitete und immer dann besonders deutlich zu spüren war, wenn ich an Melissas Grab stand oder versuchte mit Kevin und Victoria zu sprechen...

Die beiden waren mir irgendwie entrückt, jeder auf seine Weise...

Oft fühlte ich mich daher allein und nur Dymeon und Dunkan konnten dieses Gefühl verdrängen. Dymeon durfte Anfang Januar seinen Augenverband abnehmen und war im Februar wieder völlig geheilt. Während mein Schutzritter mir wieder auf Schritt und Tritt folgte, sah ich Dunkan nur selten, da dieser immer häufiger unterwegs war, um für den Orden zu arbeiten, begleitet von Kevin, der zu dieser Zeit die Lancelorprüfungen für den vierten und dritten Rang bestand. Der Elementare schien von einem unerschöpflichen inneren Drang gepackt und kämpfte soviel es nur ging. Erste Narben von dämonischen Klauen bedeckten seine Haut, doch es schien ihn nicht zu kümmern...
 

"Sag mir was du weißt!", schrie Kevin dem Tryclonn ins Gesicht, während er ihn am Kragen gepackt hielt und wild schüttelte. Um ihn herum lagen weitere tote Dämonen. Flammen fraßen Bücherregale auf, die in dem kleinen Dämonenquartier aufgestellt worden waren und zahllose dunkle Künste und Geheimnisse in sich bargen. Der Tryclonn lachte nur wahnsinnig, schwarzes Blut blubberte aus seinem Mund und zischende Rauchschwaden stiegen an der Stelle auf, an der Kevin den Oberarm des Dämons mit seiner freien Hand umklammert hielt.

"Hörst du dich reden, Mensch? Weißt du eigentlich, was du da fragst?", brüllte der Tryclonn immer noch lachend, obwohl der Schmerz seiner versengenden Haut jetzt bis zu seinem Gehirn vordrang und er sich versuchte von Kevin zu befreien. Der Elementare stieß den Dämon schreiend von sich, dass dieser in eines der brennenden Regale krachte und das Holz zersplitterte. "Ich frage dich ein letztes Mal!", fauchte Kevin schwer atmend. Er hatte sich bei dem Kampf einen schweren Schnitt an der Stirn zugezogen, der frei blutete. "Wie entferne ich einen Parasiten aus dem Körper eines lebenden Wesens? Sag es mir und ich verschone dein Leben!"

"Dämonen verhandeln nicht mit Menschen, sie haben es nie getan! Doch ich gebe dir deine Antwort..." Ächzend befreite sich der Tryclonn aus dem eingedrückten Regal und lachte wieder mit hohler Stimme. "Du musst den Parasit ihrer Leiche abnehmen! Ihr Leben ist nicht zu retten!"

"Nein!", kreischte Kevin hasserfüllt.

Er richtete beide Handflächen offen auf den Dämon und ließ einen Strahl wirbelnder Flammen daraus hervor schießen. Die Feuermagie verbrannte den Tryclonn in nur wenigen Sekunden. Kaum einen Herzschlag später kamen Dunkan und Siviusson in den Raum gestürmt. Sie erfassten das Geschehen schnell, sahen die Dämonenleichen und die tanzenden Flammen um sie herum. "Unglaublich...", stieß Siviusson hervor.

Dunkan trat an Kevins Seite. "Du hättest nicht vorrennen sollen. Es hätte dir etwas zustoßen können..." Doch Kevin hörte seinem Mentor kaum zu. Er hatte die Augen noch immer auf die Überbleibsel des letzten Dämons gerichtet und das grausame Lachen klang in seinen Ohren.

Es muss eine Möglichkeit geben und wenn ich sie alle dafür jagen muss...

Ich weigere mich alles einfach hinzunehmen...

"Lasst uns gehen...", murmelte der Elementare schließlich erschöpft, als der Gebrauch seiner Fähigkeiten anfing an seinen Kräften zu zerren. "Hier gibt es nichts mehr zu tun..."
 

Auch wenn Kevin für den Orden kämpfte und ihm in vielen Missionen half, führte er doch innerlich seine eigene Schlacht, die unmöglich zu gewinnen war. Der Marionetter, der Melissa den Arm geraubt hatte, und Dymeon hatten mir erzählt, dass man einen Parasiten nicht aus einem lebenden Körper entfernen konnte. Kevin versuchte Victoria zu retten, ihre Liebe zueinander zu retten, doch es war eine Liebe ohne Zukunft und ohne Hoffnung. Soviel er auch kämpfte, er konnte dem Däezander kein Heilmittel abpressen, das nicht existierte...

Die Zeit zog weiter vorbei. Kevin war fast nur noch in Falcaniar anzutreffen, wenn er sich im Krankenflügel von den Strapazen einiger Verletzungen erholen musste... Einmal lag er wochenlang mit lebensgefährlichen Verletzungen nieder und musste von Doc Fossil vor dem Tod bewahrt werden... Dennoch hielt ihn nichts davon ab weiterzumachen... Er hatte eine Besessenheit erreicht, die der von Dämonen in nichts nachstand...

Nachdem sich Kevin von seinem bedrohlichen Zustand erholt hatte, nahmen die Aktivitäten des Däezanders schlagartig ab. Der Elementare war gezwungen ohne Aufgabe in Falcaniar warten zu müssen, während einige Lancelor die Hoffnung hegten, dass die Dämonen zu viele Streitkräfte verloren hatten und sich erholen mussten. Doch die Lancelor mit der meisten Erfahrung, Leute wie Dunkan, Pendrian oder das Oberhaupt, schienen angespannter denn je. Sie glaubten nicht daran, dass der Däezander den Kampf ohne Grund einstellte...

Wie recht sie hatten...
 

Es gab eine Höhle in der Zuflucht des Däezander, größer als die Regenrationshalle mit den unzähligen Arameakammern, größer als die Beschwörungssäle, in denen die neuen Dämonen erschaffen wurden, sogar größer als die verschiedenen Orte, an denen sich die Heime der Ordensmitglieder befanden. Man nannte diese Halle Shigay di Alea'rania, "Platz des Ursprungs". Ein dichtes Netz aus grün leuchtenden Arameagesteinslinien und blutrot flackernden Kristallen zog sich über die unebenen Felswände der Halle und tauchte alles in ein helles zweifarbiges Licht. Trotzdem blieb die Decke in Schatten getaucht, so dass man nur erahnen konnte in welch gewaltiger Höhe sie sich befinden musste.

Auch die Ränder der Shigay di Alea'rania lagen im Dunkeln, denn das meiste Licht war in gebündelten Strahlen auf die Mitte der Halle gerichtet. Ein hohes Podest aus seltsam glattem Gestein stand dort wie eine einsame Insel. Perfekt gearbeitete Treppen waren auf allen vier Seiten in das Podest gehauen, so dass man es mühelos betreten konnte, und aus dem Podest wiederum stieg eine mehrere Meter hohe, spitze Säule in die Höhe wie ein Dorn aus grauem Stein. Normalerweise betrat kein Dämon die Shigay di Alea'rania, denn sie galt unter ihnen als heiliger Ort, der nur dem Dämonenvater persönlich zugänglich war. Doch heute hallte das Gewisper und Gemurmel hunderter Dämonen von den Wänden wieder, wie das unentwegte Summen innerhalb eines Bienenstocks...

Ein schöner Vergleich...

Ereos lächelte grimmig, als sein Blick über das Meer von Dämonen schweifte, das sich zu seinen Füßen vor ihm ausbreitete und die gesamte Halle einnahm. Er erkannte Tryclonns, Oggrons, Marionetter, Golems aus den verschiedensten Materialien und ernst aussehende Hochdämonen, die überall verstreut zu ihm aufschauten und darauf warteten, das etwas geschah. Es erfüllte Ereos mit Stolz, dass er einer von den fünf Auserwählten war, die in diesem glorreichen Moment auf dem Podium standen und vom strahlenden rotgrünen Licht überflutet wurden.

Neben ihm warf Assessina unter den Blicken Tausender ihr schwarzes Haar in einer eleganten Bewegung zurück in den Nacken. Sie genoss es ebenso wie er auf dieser Plattform zu stehen, gemeinsam mit den anderen Schattenklingen und dem Dämonenvater kreisförmig um die Dornensäule angeordnet zu sein, so dass jeder Dämon in der Halle etwas von ihnen sehen konnte.

Noch nie hat es solch eine Versammlung gegeben... Die Welt wird erzittern vor der gebündelten Macht des Däezander...

Ereos purpurne Augen loderten. Er warf Assessina einen schnellen Blick zu, den sie mit einem zufriedenen Lächeln beantwortete. Dann ertönte ein einzelnes, trockenes Räuspern. Sofort wurde es in der Halle so unnatürlich still, dass es tatsächlich so wirkte, als befände sich niemand in dem heiligen Platz des Ursprungs. "Meine Kinder...", begann der Dämonenvater müde. Seine Stimme war rau und gezeichnet vom Alter, doch sie schwebte auf seltsame Weise durch die gesamte Shigay di Alea'rania und erreichte jeden noch so weit entfernten Dämon. Der Anführer des Däezander hatte sein Gesicht wie immer im Schatten seiner weiten Kapuze verborgen, die knochigen Hände unter den Ärmeln der dazugehörigen Kutte. Nur ein paar graue Haarsträhnen kamen unter dem schwarzen Stoff zum Vorschein und fielen dem Dämonenvater bis zur Hüfte herab. "Meine Kinder...", wiederholte er leise.

"Ich habe euch hier her beordert und ihr seid meinem Ruf gefolgt..."

Zustimmendes Geraune ging durch die Menge, doch es erstarb schnell, um dem Dämonenvater die Möglichkeit zu geben weiter zu sprechen. "Hier hat alles begonnen... Hier beginnt auch der Anfang vom Ende...", murmelte er so leise, dass selbst Ereos ihn kaum verstand. Dann reckte er den Kopf weit in die Höhe, Licht durchbrach den Schatten der Kapuze und die Versammelten erzitterten vor dem Anblick ihres Anführers. "Ein jeder von euch ist für diesen Moment geschaffen worden...", sprach er weiter, diesmal lauter. "Ein jeder von euch kennt seine Aufgabe auf dieser Erde. Wir sind hier, um die Existenz der Menschheit zu beenden... Wir sind hier, um uns unseren rechtmäßigen Platz auf dieser Welt zu holen..."

Ein kurzer, jubelnder Schrei aus tausenden Kehlen, dann wieder Stille.

"Es war eine harte Zeit für uns. Wir wurden gejagt und getötet, doch wir haben niemals aufgegeben und in dieser unterirdischen Finsternis geduldig auf den Zeitpunkt gewartet, an dem wir uns erheben würden... Wir haben eintausendfünfhundert Jahre auf den heutigen Tag gewartet..." Der Dämonenvater machte eine kurze Geste zu den vier Schattenklingen an seiner Seite. "Bis heute waren diese hier meine Boten des Krieges... Ereos mit den Purpuraugen, Cenior mit den Seelenbändern, Rishak von Urrurdoc und Assessina mit den Toxinklauen. Sie waren meine Boten des Krieges, meine Hände und Füße, meine Träger der Götterschwerter... Doch es ist nun die Zeit gekommen, an dem jeder von euch zu einem Boten wird... Wir sind nun stark genug uns offen zu zeigen...", wisperte der Dämonenvater.

Wieder ging Geraune durch die Menge, doch diesmal flaute es nicht so schnell ab, sondern verbreitete sich eher in der Halle wie ein Fieber. Der Dämonenvater ließ seine Worte eine Weile lang einwirken, ehe er seine Stimme gegen das Summen erhob. "Der Plan, den wir nun schon so lange verfolgen, findet seine Entscheidung. Wir sind stark genug uns zu zeigen. Wir werden Chaos in der Welt der Menschen schaffen... Dann holen wir uns das siebte Götterschwert und vollziehen das Ritual der Dunklen Dämmerung..."

Mit den letzten Worten hob der Dämonenvater das Götterschwert Schwarz in die Höhe. Dunkler Nebel waberte um die Nachtstahlschneiden herum, nahm hin und wieder eine seltsame Gestalt an und zerfiel schließlich wieder zu formlosem Rauch. Cenior tat es seinem Herrn gleich und riss Luna und Goth sirrend über den Kopf. Silber und Gold blitzten einen Augenblick auf, dann hatte auch Rishak seinen Arm zu dem roten Kristallschwert verwandelt und erhoben. Die Dämonen in der Halle jubelten inzwischen wieder, diesmal so laut es nur ging, so dass ein berauschendes und ohrenbetäubendes Kreischen gegen die Schattenklingen prallte. Ereos' und Assessinas Blicke trafen sich, ehe sie, mit einem Lächeln, gemeinsam ihre Schwerter reckten.

Excaliburs Lied klirrte gegen die Felswände.

Dann ging die blaue Sonne auf und tauchte alles in blendendes blaues Licht.

"Niemand wird uns aufhalten!", brüllte Ereos lachend über die Schreie seiner Mitdämonen hinweg...
 

Es dauerte nur zwei Wochen bis sich die Dämonen, die für die Versammlung in der Zuflucht von überall herbeigeströmt waren, wieder über die ganze Welt verteilt hatten. Die Lancelor bemerkten zwar die alarmierenden Bewegungen des Däezanders, da dämonische Aura immer häufiger in der Öffentlichkeit zu spüren war, doch ihre Handlungsmöglichkeiten waren begrenzt. Solange die Dämonen von Zivilisten umgeben unerkannt durch Städte wanderten, konnten die Lancelor es nicht wagen sie anzugreifen...

Doch man spürte, dass etwas im Gange war.

Und tatsächlich steuerte der Götterschwertkrieg nur wenig später auf eine letzte unumgängliche und alles entscheidende Konfrontation zu...
 

Der Sommer brach in Europa an. Ein wolkenloser blauer Himmel spannte sich über den Trafalgar Square in London und Sonnenlicht ließ die Dächer schwach glitzern. Ereos ließ die warmen Strahlen auf sein Gesicht scheinen, während er mitten auf dem weiten Platz stand und die geschäftigen Menschen unbeachtet an sich vorbeilaufen ließ, selbst wenn sie ihm skeptische Blicke zuwarfen. Er trug unauffällige Kleidung, bestehend aus einer einfachen Jeans und einem kurzärmligen weißen T-Shirt, und seine langen schwarzen Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Nur seine purpurfarbenen Augen verrieten noch, dass er ein Dämon war, doch die Leute um ihn herum musterten ihn nicht aufmerksam genug um das zu bemerken.

Ereos schaute hinauf zu dem Big Ben, der über die Häuser hinausragte, und lächelte bei der angekündigten Uhrzeit still in sich hinein.

Bald ist es soweit...

Der Dämon mit den Purpuraugen schloss genüsslich die Augen, holte einmal tief Luft und breitete die Arme aus. Mehrere Passanten warfen ihm nun zunehmend misstrauische Blicke zu, doch der Dämon ignorierte sie, so wie sie versuchten ihn zu ignorieren.

"Du solltest wirklich nicht so melodramatisch sein...", meinte eine weibliche Stimme nicht weit von seinem Ohr entfernt. Ereos lächelte kurz, öffnete die Augen wieder und erhaschte einen Blick auf Assessina. Die Dämonin mit den Toxinklauen war genau wie er in einfache Hosen gekleidet und trug dazu ein ärmelloses dunkelgrünes Top. Ihre rotgrünen Schuppenflechten an Armen und Nacken hatte sie nicht verdeckt, so dass sie aussahen wie Tätowierungen, doch über ihren reptilienartigen Augen lagen blaue Kontaktlinsen mit runden Pupillenlöchern.

"Lass mir doch mein Vergnügen", murmelte Ereos zurück. "Ich genieße es diese nichts ahnenden Blinden zu beobachten, bevor sie unsanft gezwungen werden zu sehen..."

"Du machst auf dich aufmerksam..."

"Wen kümmert das noch?", erwiderte Ereos immer noch lächelnd. Er deutete mit einer unauffälligen Kopfbewegung auf ein paar kleine Tische, die auf der Terrasse eines Cafes standen. "Da sind zwei Lancelor, die mich schon die ganze Zeit beobachten, doch auch sie wissen nicht was auf sie zu kommt... Keiner von denen ist auf das Folgende vorbereitet..."

Assessina schnaubte, während sie einen kurzen Blick zu den zwei zivilgekleideten Lancelor herüberwarf. "Noch ist es nicht so weit, Ereos..."

"Ein paar Minuten..."

"Halte dich ja genau an den Plan! Ich habe gehört du hast ziemlich viel Mist gebaut, während ich tot war und ich habe keine Lust es auszubaden, wenn du wieder in der Klemme steckst..."

"Mit dir an meiner Seite kann mir gar nichts passieren", erwiderte Ereos leichthin. Assessina schnaubte wieder abfällig und murmelte irgendetwas Unverständliches, doch Ereos schien sich nicht daran zu stören. Er wandte sich der Dämonin zu, betrachtete ihr schwarzes Haar, das in der Sonne glänzte, und schaute schließlich wieder hoch zum Big Ben.

"Ich bin froh, dass du wieder da bist..." Ein dröhnender Glockenschlag drang plötzlich vom berühmten Uhrenturm zu ihnen herüber und zauberte ein weiteres, viel düsteres Lächeln auf Ereos' Gesicht. "Es geht los!"

"Benutze Excalibur nicht, du kannst seine Kraft nicht beherrschen! Es würde dich nur aufhalten!", befahl Assessina, während sie selber Azuransas aus dem Gürtel zog. Gleichzeitig brach je ein langer dünner Stachel aus ihren Handgelenken. Die beiden Lancelor sprangen alarmiert von ihrem Tisch auf und bahnten sich einen Weg durch die Menge, doch Ereos scherte sich nicht darum. In wenigen Sekunden verformten sich seine Hände zu messerscharfen Klauen. Er stürmte nach vorne und riss sie dem erstbesten Menschen quer über die Brust.

Alles verwandelte sich augenblicklich in Chaos.

Irgendwo stieß jemand einen schrecklichen Schrei der Angst aus, Menschen liefen sofort in Panik durcheinander, Assessina und Ereos griffen wahllos weitere Passanten an, während der erste noch zu Boden fiel, und die Lancelor machten sich nun mit Rufen bemerkbar. "Keine Bewegung!" Sie zogen ihre Waffen und machten den erschrockenen Menschen, die jetzt in alle Richtungen davon stoben, nur noch mehr Angst. Assessina sprang mit einem einzigen gewaltigen Satz auf die beiden Lancelor zu und stieß ihnen ihre Giftstachel triumphierend in die Körper.

"Haltet uns nicht auf!", fauchte die Dämonin sie an, obwohl sie schon tot waren, als die organischen Waffen ihre Herzen durchbohrten. Ereos lachte.

"Für den Däezander! Für die Gemeinschaft der Dämonen! Seht unsere Stärke und weint vor Verzweiflung! Wir werden uns jetzt nehmen was uns zusteht!"
 

Der 12. Juni würde in die Geschichtsbücher eingehen. Nicht nur in London, sondern überall auf der Welt fingen Dämonen um Punkt zwei Uhr an aktiv zu werden. Sie krochen aus den Tiefen der Erde, griffen Unschuldige an und begaben sich in offenen Krieg gegen die Lancelor. Man nannte diesen Tag später "Tag des Grauens"...

Er läutete ein neues Zeitalter ein...

Ein Zeitalter, indem nichts mehr je wieder so sein würde wie es einmal gewesen war...
 

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Nächstes Kapitel:
 

Der Tag des Grauens wird die Reifeprüfung der Lancelor...

Und besonders Zeliarina muss sich entscheiden, wofür sie kämpft und wie weit sie dafür gehen würde...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2006-03-12T12:13:00+00:00 12.03.2006 13:13
Halloo
Schön, dass die kapitelk jetzt schneller hochgeladen werden. dann muss ich nicht mehr soo lange warten ^^
Mhmm..bin ja mal gespannt wie die Lancelor handeln werden, jetzt da die Dämonen so offen kämpfen.
Dymeon stirbt, wenn die Menschen gewinnen würden oder?? da er ja auch ein Dämon ist, würde er auch sterben...
hoffentlich nicht, mag ihn..^^
Und ich bin gespannt ob Kevin so weiter macht, und wann er endlich einsieht, dass es für victoira kein heilmittel mehr gibt..
Naja freu mich auf das nächste Kapitel
Lg
Kleines
Von:  Hrafna
2006-03-11T08:50:14+00:00 11.03.2006 09:50
Morgen! ^.^
Ist das jetzt der berühmt-berüchtigte Anfang vom Ende?
Die Dämonen setzen jetzt eigentlich alles auf eine Karte - nämlich, dass sie mit ihrer gemeinsamen Angriffsstaktik Erfolg haben werden. Was daraus wohl werden wird?
Ich bin gespannt, wer letztendlich die Oberhand gewinnt - und ob es zu einem eindeutigen Schluss kommt. ^.^

Aber ich hoffe, es werden noch einige Kapitel folgen, will nicht, dass die Geschichte so bald schon aus ist... -.- Nya, abwarten, Tee trinken, heißt die Devise.

Und was ist das eigentlich für eine Sache zwischen Ereos und Assessina? Ist das Verlangen da einseitig auf Ereos zu beschränken, oder findet sie auch irgendwas an ihm?
Irgendwie hab ich das Gefühl, dass das mit ihm auch noch in einer Tragödie endet, oder dass er vll zum Überläufer wird?! O.o
Ich weiß, meine Fantasie gehört weggesperrt!!

Nachtstahl?
Hört sich für mich nach 'Magic - The Gathering' an. Oder hast du dir das selbst ausgedacht und es ist nur ein Zufall, dass ich das Kartenspiel als Anstoß dahinter vermute?

Melissa fehlt mir auch nicht wirklich, weiß nicht... macht das es nicht nur noch tragischer?
Ihre gequälte Seele hat andererseits aber auch ihren Frieden verdient. Ich denke, sie wäre nicht mehr glücklich geworden, das kaonnte man eigentlich schon anfangs erahnen...
Tja, und die Sache mit Kevin und Vicky (^.^) hat sich dann wohl auch erledigt. So, wie er sich gibt, verheißt das nicht unbedingt ein langes Leben für ihn. Warum ist das Leben so unfair?
Die zwei tun mir echt leid, zu ändern ist es jedoch nicht... oder?

Nya, freu mich auf das nächste Kapitel,
bless,
Hrafna


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