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Dunkle Dämmerung

Kampf um die Götterschwerter *abgeschlossen*
von

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Rishak

Kapitel XVII - Rishak
 

Nach Titus McCains Erkenntnis über die Götter der Alten Welt flog die Zeit nur so dahin. Immer häufiger tauchten in den Zeitungen Berichte über ungeklärte Morde, mysteriöse Unfälle und anderer Dinge auf, denen man nicht mehr Herr wurde. Polizei und Sonderbehörden tappten im Dunkeln, während sich die Dämonen auf der ganzen Erde zunehmend dreister austobten, bis sogar die ersten Augenzeugen in Klatschblättern auspackten.

Noch schenkte man diesen "Irren" keinen Glauben, doch die Aussagen häuften sich jeden Tag mehr, so dass die Bevölkerung schon bald von einer unausgesprochenen dunklen Angst befallen wurde. Die Lancelor versuchten nach allen Kräften die Situation unter Kontrolle zu halten und mithilfe der eingeweihten Regierungen dafür zu sorgen, dass nichts an die Öffentlichkeit drang. Falcaniars Gänge erschienen leer, die Zimmer unbewohnt. Nur der Krankenflügel barg so viele Mitglieder des Ordens wie schon lange nicht mehr...

Ich selbst bekam oft die Möglichkeit die Feste der Lancelor zu verlassen, auch wenn man genau darauf achtete nur sichere Missionen für mich auszuwählen und mir eine schlagkräftige Truppe mitzugeben, die im Falle eines Hinterhalts nicht zu leicht fallen würde.

Die Wochen zogen unbemerkt vorbei.

Wenn ich nicht unterwegs war, verbrachte ich meine freie Zeit mit Dymeon, Kevin und Victoria. Der Elementare befand sich inzwischen rund um die Uhr an der Seite der Telepathin, so als hätte man ihn wie Dymeon zu einem Schutzritter befohlen, der seine Partnerin nicht aus den Augen lassen durfte. Ich gönnte den beiden ihre innige Freundschaft, beobachtete jedoch mit einem unerklärbaren Unbehagen, wie sich Victorias Verhalten weiter veränderte. Früher emotionslos und kalt, schien sie inzwischen ihr Leben zu genießen. Man sah sie lächeln, manchmal sogar lachen. Freude oder Angst spiegelten sich sichtbar in ihren Augen. Ich konnte nie sagen warum es mich störte, doch die plötzliche Wandlung erschien mir unnatürlich.

Dazu jedoch später mehr.

Ich könnte noch von vielen Dingen berichten, die während dieser Etappe meiner Geschichte geschahen, doch wenn ich jemals irgendwann zum Ende kommen will, muss ich mich an die wirklich bedeutenden Augenblicke halten. Kämpfe tobten täglich in den Seitengassen der Welt, Lancelor starben, Dämonen wurden getötet. Vor den Fenstern schmolz der Schnee des Winters, grünes Gras und erste Frühlingsblumen sprossen, dann folgte die sanfte Wärme des Sommers.

Es gibt nur eine Sache aus dieser Zeit von der ich noch berichten will. Unter der Erde, in der Dunkelheit der Dämonenzuflucht, hielt man ein Ritual ab. Ich kenne niemanden, der dabei gewesen war, nicht einmal Melissa, doch so muss es sich abgespielt haben:
 

Der Raum der Rituale war ein großer, kreisrunder Saal mit spiegelglatten Wänden aus unbekanntem schwarzem Stein. Einzelne grünliche Kristalle durchzogen die perfekte Oberfläche und glommen in einem kränklichen Licht, das die Dunkelheit ein Stück beiseite schob und somit den Blick auf ein merkwürdiges Symbol am Boden frei gab. Es war ein Kreis mit zwei Metern Durchmesser, darin ein siebenzackiger Stern und eine verschnörkelte Rune aus längst vergangenen Zeitaltern, alles geformt durch feine Linien aus gemahlenen Edelsteinen. Dunkles Blut war an dieser Stelle überall in die finstere Erde eingezogen.

Lautlos schritten drei Gestalten Schulter an Schulter durch den einzigen Eingang in den Raum der Rituale. Der Linke von ihnen hatte brennende purpurne Augen, der rechte nachtblaues Haar und ein ernstes Gesicht mit Augen in der Farbe eines tobenden Sturms. Ereos, Dämon mit den Purpuraugen, und Cenior, Dämon mit den Seelenbändern. Die Person in der Mitte blieb durch eine Robe mit weiter Kapuze verschleiert. Sie lief gebeugt, als trage sie eine schwere Last. In ihrer Hand lag ein längliches rotes Samtbündel.

"Seid ihr euch sicher, dass ihr das tun wollt, Vater? So etwas haben wir bisher nie versucht", gab Cenior zu bedenken. Er schien diese Frage nicht zum ersten Mal zu stellen, denn das Schweigen der verschleierten Gestalt schien ihm als Antwort zu genügen. Ereos schnaubte nur abfällig, offensichtlich ebenso wenig überzeugt von ihrem Vorhaben.

Aus den Tiefen der Kapuze des Unbekannten drang jetzt eine Stimme, müde und ebenso schwerfällig wie sein Gang: "Hättet ihr bisher nicht so inkompetent gearbeitet, wäre dieser Schritt nicht nötig... Ereos, du hattest bereits die Möglichkeit Thundenstar zu erobern, doch aufgrund deiner persönlichen Fehde gegen Dymeon nahmst du nur diese Menschenschickse... Und du Cenior... Du hast Dymeon mit weißen Sternenblumen entkommen lassen... Nicht zuletzt, weil du genau wusstest, dass Ereos außer sich sein würde, weil du ihn nicht getötet hast... Ihr beide habt eure nichtigen Interessen über die des Däezander gestellt..."

Cenior und Ereos setzten zu Erklärungen an, doch ihr offensichtlicher Führer hob nur schwach die freie Hand und holte rasselnd Luft. Die beiden vielleicht gefährlichsten Dämonen der Geschichte verstummten sofort wie zurechtgewiesene Kinder. "Genug jetzt...", zischte der Vermummte erschöpft. Er trat an den Rand des Symbols am Boden. Grünes Licht schien auf ihn, erzeugte jedoch unter seiner Kapuze einen schwarzen Schatten, der sein Gesicht weiterhin verbarg. "Ich werde nichts mehr dem Zufall überlassen..."

Er wickelte den roten Stoff von seinem langen Paket und entblößte die glänzende rote Klinge eines beeindruckenden Schwerts. "Urrurdoc, das vierte Götterschwert, gefertigt aus einem einzelnen riesigen Kristall..." Unter den argwöhnischen Augen seiner Untergebenen kniete sich der Mann in der Robe hin und legte die Waffe liebevoll in die Mitte des Beschwörungszirkels. Danach faltete er die knochigen Hände ineinander, als würde er beten.

Ereos verließ kurz den Raum, ehe er keine Minute später wieder kam und einen bewusstlosen braunhaarigen Kerl in der Kleidung eines Lancelors hinter sich her schleifte. Brutal packte er den Mann am Haaransatz, überstreckte seinen Nacken, so dass die Kehle gute Angriffsfläche bot, und zog ein einfaches Messer. Eine schnelle fließende Bewegung und Blut ergoss sich über das Schwert in dem Beschwörungszirkel.

"Geboren aus Blut, Dunkelheit und Kristall sollst du auferstehen", murmelte der Dämonenführer beschwörend. Er behielt die Hände weiter gefaltet und senkte dazu noch den Kopf. Eine einzelne, graue Haarsträhne fiel aus der Kapuze bis zum Boden herab. "Geboren aus Blut, Dunkelheit und Kristall sollst du in unsere Reihen treten... Das Aramea dieser Hallen soll durch deine Adern rauschen... Und dein Schwert soll einen blutigen Pfad durch die Menschen mähen, der uns direkt zur Dunklen Dämmerung führt..."

Rote und graue Nebelschwaden stiegen aus dem Nichts auf, türmten sich im Beschwörungszirkel höher und höher, bis sie zu einer dichten Säule verschmolzen waren, die alles verschluckte. Ereos sah ganz schwach die dunkle Silhouette des Götterschwertes Urrurdoc, das sich in dem Nebel schwerelos erhob. Dann veränderten sich sehr langsam die Konturen. Aus dem leblosen, heiligen Schwert wurde nach und nach die Figur eines Mannes. Als die erschaffene Person deutlich zu erkennen war, fiel der Turm aus Nebeln schlagartig in sich zusammen.

Ereos, Cenior und der Vermummte blickten auf einen jung aussehenden Mann mit blonden kurzen Haaren und dunklen Augen. Sein rechter Arm war von kristallinen roten Flecken durchzogen. Er war nackt. "Willkommen", säuselte der kniende Beschwörer mit einem hörbaren Lächeln. Der frisch Beschworene sah sich verwirrt um, betrachtete den Raum der Rituale und die Leute darin und starrte dann fasziniert auf seine eigene Hand, als er sie bewegte. "Wer...?"

"Dein Name sei Rishak... Du bist der Kriegerdämon des Götterschwerts... Mein Meisterwerk..." Der Beschworene runzelte nachdenklich die Stirn, hörte jedoch weiterhin zu. "Ich weiß, du spürst Dinge und hast Erinnerungen, die dir fremd sind. Vieles ist dir noch unbekannt und die meisten deiner Körperfunktionen müssen sich erst nach und nach einstellen, doch das ist völlig normal... Cenior, suche für ihn Kleidung und mache ihn mit allem vertraut. Ereos, stelle für ihn ein Heim in der Zuflucht bereit..." Die beiden Hochdämonen nickten wortlos.

Ereos verschwand hastig und offensichtlich empört über die niedere Arbeit, die man ihm aufgetragen hatte, während Cenior den perplexen Rishak langsam aus dem Raum der Rituale führte. Nur der Erschaffer blieb alleine zurück. Ein dunkles Lächeln lag verborgen im Schatten seiner Kapuze, als er flüsterte: "Bald wirst du vollkommen sein... Und dann werden die Lancelor nicht wissen wie ihnen geschieht..."
 

Während in der dämonischen Zuflucht unbemerkt der wohl gefährlichste Gegner der Lancelor heranreifte, ging in Falcaniar das Leben wie gehabt weiter. Leute kamen und gingen im Krankenflügel, neue Begabte wurden zur Ausbildung aus allen Teilen der Welt zusammengezogen und die älteren Veteranen des Ordens hatten alle Hände voll zu tun die Geschicke der Menschen zu leiten. Inzwischen hatten die Zeitungen doppelt so viele Seiten wie früher, weil so viel Ungeheuerliches geschah. Man sprach flüsternd von einem heraufziehenden Übel und die Propheten, die schon im Jahre 2000 das Ende aller Dinge gesehen hatte, verkündeten nun erneut mit aller Kraft und größerer Zuschauerschar den Weltuntergang...

Und diesmal hatten sie gar nicht mal so Unrecht, denn das Überleben der Menschheit lag jeden Tag wieder auf Messers Schneide. Ihre beschriebenen Nachrichtenbanner erschienen überall vor den überfüllten Kirchen, die zu ihren Sonntagsmessen inzwischen mehr Besucher zählten als sie eigentlich fassen konnten, oder auf dem weiten vatikanischen Petersplatz, auf dem die Gläubigen um eine Besserung der Weltsituation beteten und denen gedachten, die bei den unzähligen merkwürdigen Ereignissen ihr Leben lassen mussten...

Inzwischen stand der Herbst vor der Tür. Ich hatte im Mai meinen sechzehnten Geburtstag erlebt. Seit der Zeit in der Illusag war gut ein halbes Jahr vergangen...
 

Als Zeliarina an diesem Morgen erwachte, war das Tageslicht noch grau und der Wecker neben ihrem Bett verkündete mit leuchtendroten Ziffern die Uhrzeit 07:30. Gähnend schälte sie sich aus ihrer Decke, kramte in einem Schrank nach ihrer gewaschenen Lancelorkleidung und zog sie mit steifen Gliedern an, während ihr Blick auf Dymeon fiel. Der Dämon schlief inzwischen häufiger in ihrer Gegenwart, ein Beweis von tiefem Vertrauen für diesen verschlossenen Dämon, und seine Träume waren nicht mehr so aufgewühlt wie zu Beginn ihrer Partnerschaft. Zeliarina konnte nicht umhin zu lächeln, als sie ihn in Melissas altem Bett beobachtete.

Vorsichtig trat sie an ihn heran, um ihn nicht zu wecken. Mit einem einzelnen Finger strich er ihm das wirre Haar aus dem Gesicht, wanderte weiter seine Wange hinab und hielt schließlich bei der scharfen Kieferlinie inne. Es war komisch wie normal es geworden war ihn um sich zu haben.

"Morgen Dymeon", hauchte sie lächelnd.

Der Dämon rührte sich sofort und schlug die Augen auf. "Morgen Zel", erwiderte er aufgeweckt, ehe er sich ruhig aus dem Bett schwang und auf den gleichen Wecker schaute, den Zeliarina benutzte. Die Donnerhexe dagegen betrachtete ihren Schutzritter freudestrahlend. Sie liebte es, wie er sie seit einiger Zeit "Zel" nannte. Auch wenn er es nur tat, weil es seiner Meinung nach leichter war die Verwirrungen mit den beiden verschiedenen Zeliarinas zu beseitigen, war der Spitzname für die Donnerhexe ein Beweis ihrer engen Bindung, den niemand sonst gebrauchen durfte. Sie lächelte noch immer darüber, als sie sich die blonden Haare mit dem blauweißen Lancelortuch zu einem Zopf zusammenband.

Danach suchte sie nach ihren Waffen: Thundenstar lag griffbereit an einen Stuhl gelehnt, auf dem auch die schwarze Pistole mit den unterschiedlichen Munitionsmagazinen und die Fänger lagen. Sie steckte alles in ihren Gürtel oder in die Taschen ihrer weißen Weste, ehe sie fragend zu Dymeon blickte. Der Dämon nickte nur, alles was er brauchte trug er am Körper. Seine Kleidung bestand inzwischen aus einer normalen Jeans und verschiedenen, meist dunkelfarbigen Shirts, die deutlich freundlicher aussahen als der schwarze Mantel von früher, der von Cenior ruiniert worden war. Als er sich der Tür zuwandte und sie öffnete, steckte Zeliarina auch noch unbemerkt eine Spritze und mehrere Glasphiolen mit teils grüner, teils roter Flüssigkeit ein. Aramea und Dunkans Serum, das er immer für schnellere Heilung verteilte, beides nur für den Notfall.

"Kommst du?"

"Ja."

Sie folgte dem Dämon durch die verschiedenen, inzwischen längst vertrauten Gänge Falcaniars zum Speisesaal und hielt dort nach ein paar bekannten Gesichtern Ausschau. Tatsächlich saßen außer einigen müden Anwärtern und Auszubildenden, die in dieser Herrgottsfrühe zum Training bestellt wurden, auch Victoria und Kevin an einem Tisch direkt neben der Eingangstür. Die Telepathin betrachtete den Teller vor ihr ausdruckslos, Kevin schmierte sich träge ein Marmeladenbrötchen, während er versuchte die Augen aufzubehalten. Sein weißes Haar war völlig zerzaust und stand in alle Richtungen ab.

"Guten Morgen. Seid ihr fit?", begrüßte Zeliarina fröhlich, als sie sich auf einen freien Stuhl neben die beiden setzte. Victoria nickte, während Kevin nur ein undefinierbares Brummen ausstieß und sich sein Brötchen in den Mund schob. Nach der ersten Nahrungsaufnahme schien allmählich etwas Wachsamkeit in seine Züge zu kommen. "Warum nur immer so früh?", klagte der Elementare.

Zeliarina und Dymeon antworten ihn mit einem belustigten Gesichtsausdruck. Nur Victoria legte ihm zusätzlich noch kurz die Hand auf die Schulter, eine einfache Geste, die ihn immer wieder aufs Neue aufmunterte. Mit einem Schlag war er wieder quicklebendig. "Okay, wir können losziehen!"

"Jetzt lass mich doch auch erstmal etwas essen!", erwiderte Zeliarina mit einem Lachen, das noch heftiger wurde als Kevin verlegen rot wurde. Schnell nahm die Donnerhexe ein Brötchen und etwas Frühstücksmüsli zu sich, packte noch etwas als Proviant in eine Tasche an ihrem Gürtel und machte sich mit ihren Freunden auf zur Eingangshalle.

Dunkan, Storm und Pendrian warteten schon auf sie, genau wie zwei andere Lancelor, die Zeliarina nicht mit Namen kannte. Der eine war ein Mann mit kurzen braunen Locken, der betont lässig an einer Säule lehnte. Seine rechte Gesichtshälfte war vollständig von schwarz tätowierten Mustern bedeckt. Der zweite Lancelor, eine Frau mit Haaren, die von Nachtblau zu Veilchenblau in allen nur erdenklichen Blautönen gefärbt waren, saß in Storms Nähe auf dem glatten Boden, die Beine gemütlich übereinander geschlagen. Als Zeliarina sie neugierig musterte, warf die Lancelorin ihr sofort einen schnellen Blick zu und zeigte ihre makellos weißen Zähnen in einem Lächeln.

//Als hätte sie gewusst, dass du sie ansiehst...\\

Victorias Stimme erklang häufig in Zeliarinas Kopf, doch die Donnerhexe erschrak trotzdem jedes Mal aufs Neue und tadelte die Telepathin mit einem kurzen Seitenblick, der ihr erklären sollte, dass sie auch ganz normal mit ihr reden konnte. Victoria nickte daraufhin kurz, ehe sie wieder die blauhaarige Lancelorin betrachtete.

Als jedoch Dunkan zu ihnen herüberkam, galt ihm die Aufmerksamkeit aller Anwesenden.

"Gut, wir sind jetzt vollzählig. Der Helikopter draußen wartet schon. Wir besprechen den Ausflug in aller Ausführlichkeit wenn wir in der Luft sind." Er winkte den Rest der Truppe aufmunternd aus der Eingangshalle hinaus in den strömenden Regen, der bereits seit der letzten Nacht ohne Unterbrechung tobte. Obwohl ihr Hubschrauber nur zwanzig Meter von Falcaniar entfernt stand, waren sie alle durchnässt bis auf die Haut, als sie angeschnallt, mit den üblichen Kopfhörern bewaffnet und startbereit auf den Bänken im Bauch der Maschine saßen.

"Verfluchtes Wetter", grummelte Storm leise, während Kevin seine Haare schüttelte wie ein Hund und sie alle mit einer Extraportion Wasser beglückte. Die Lancelor warfen ihm strenge Blicke zu, so dass er sich schnell ein paar Sonnenblumenkerne in den Mund warf um nichts sagen zu müssen. Victoria drückte ihm wieder aufmunternd die Schulter.

"Nun zu unserem Job", unterbrach Dunkan ruhig, "Ich hoffe ihr wurdet bereits alle informiert, doch ich will alles noch einmal wiederholen, nur zur Sicherheit. Der Pilot bringt uns jetzt nach London. Es gibt Hinweise auf eine Gruppe von Sammlern, die im Auftrag des Däezander nahe des westlichen Stadtrandes Menschen entführt hat. In den letzten vier Tagen sind zwölf Londoner in dieser Gegend als vermisst gemeldet worden und die Behörden werden langsam unruhig. Wir sollen dem Problem Einhalt gebieten ehe es zu offenen Ausschweifungen mit Zivilsten kommt, die das Interesse der Medien auf sich zieht. Es gibt bereits genug Ärger, da brauchen wir nicht auch noch ein paar Fotos von dämonischen Kidnappern in der Zeitung..."

Zustimmendes Gemurmel und grimmiges Kopfnicken kam als Antwort.

"Das Ganze sollte eine Routinemission werden, doch bleibt dennoch wachsam. Man weiß nicht was der Däezander in letzter Zeit alles ausheckt, vor allem wenn Zeliarina bei uns ist..." Dunkan blickte die Donnerhexe kurz an und gab ihr stumm zu verstehen, dass er sie mit seinen Worten keineswegs verletzen wollte. Trotzdem verspürte sie einen Moment lang heftige Scham in sich aufsteigen.

Ich bin nichts als ein Sicherheitsrisiko...

"Tz... Ich hoffe sie schicken uns eine Schattenklinge vorbei", murmelte der Lancelor mit dem tätowierten Gesicht leise, während er seine Finger knacken ließ und ein unheimliches Lächeln auf sein Gesicht zauberte, "Ich wollte schon immer einen von ihnen bekämpfen, besonders jetzt wo wir wissen, dass wir ihre Götterschwerter ebenso dringend brauchen wie sie unseres..."

"Batista!", zischte die blauhaarige Kämpferin entsetzt. Der Tätowierte hob nur gleichgültig die Schultern, als wolle er sie fragen was an seiner Aussage so schockierend sei. Doch Zeliarina konnte sehen, wie er dabei beinahe hoffnungsvoll über ein langes Messer an seinem Gürtel strich.

//Er ist ein ehemaliger Söldner...\\

Zeliarina stimmte Victorias mentalem Beitrag zu. Die Kampfeslust in den Augen dieses Mannes, der Wunsch nach einem starken Gegner um des Gegners Willen konnte von keinem anderen kommen als einem Mann, der in den Krieg zog um zu kämpfen und nicht um zu schützen. Es war das erste Mal, dass sie jemanden wie ihn bei den Lancelor sah, jemanden ohne dunkle Vergangenheit oder einem grausamen Schicksal.

Victoria erzählte ihr noch mehr von dem was sie in den Köpfen der anderen sah, so dass der Flug schneller vorbei war als sonst und nicht mit der üblichen Voranspannung verbunden war. Die hohen Gebäude der Stadt zogen unter ihnen vorbei, dann der Big Ben, London Eye und einige andere Sehenswürdigkeiten, ehe sich der Häuserteppich wieder unter ihnen ausbreitete, diesmal jedoch spärlicher und mit mehr Lücken, je weiter sie nach Westen flogen. Menschen blieben auf der Straße stehen und schauten neugierig zu ihnen hoch, die Hände über den Augen, um das Sonnenlicht abzuschirmen.

"Wie kann es sein, dass sie immer noch nicht erkennen was wir Tag für Tag für sie tun?", flüsterte Storm. Er hatte etwa ab der Hälfte ihres Fluges eine Seitentür des Helikopters aufgeschoben und saß knapp am Rand, so dass er ein Bein über die Kante baumeln lassen konnte. Seine linke Hand lag lässig auf seinem angezogenen linken Knie, die andere hielt eine halb heruntergebrannte Zigarette. Er zog tief daran, blies den blauen Dunst aus seinen Lungen aus der offenen Tür und folgte den Rauchschwaden mit seinem Blick, bis sie sich aufgelöst hatten.

"Sie sind blind", antwortete Pendrian mürrisch.

"Sie sind nur sorglos...", widersprach die blauhaarige Lancelorin, die Zeliarina inzwischen als Selen kannte. Sie strich ihre Haare, die vom Fahrtwind aufgepeitscht wurden, mit einer eleganten Bewegung hinter ihr Ohr und ließ ein Lächeln aufblitzen. Pendrian knurrte mürrisch, sagte aber nichts mehr. Dunkan grinste. Bald darauf knirschte die Stimme des Piloten in ihren Kopfhörern und verkündete, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Mit dröhnenden Motoren sank der Hubschrauber langsam zu Boden und setzte sein Gestänge geschmeidig auf dem Boden nahe einer großen Fabrik mit metallenen Lagerhäusern.

"Da wären wir..."

Das Brausen der Rotoren verstummte, doch die Lancelor wurden augenblicklich von einer anderen Welle lauter Geräusche erfasst. Menschen schrieen durcheinander, Fotoblitze schossen durch die Luft und ein Mann mit einem Megafon versuchte erfolglos über den schrecklichen Lärm zu rufen. Zwei andere Helikopter standen bereits auf dem freien Platz vor den vielen Lagerhallen, auf ihren Seiten die Logos der größten britischen Nachrichtensender. Ihre Besatzung versuchte sich mit schweren Videokameras an einer Meute Journalisten und Schaulustiger vorbeizudrängeln, während sie alle schrieen und brüllten und versicherten, dass sie das größte Recht auf einen guten Platz hätten. Vier Polizeiwagen standen in einiger Entfernung.

"Tja... Wir sind wohl ein bisschen zu spät, denke ich...", gestand Dunkan überrascht. Man schenkte den angekommenen Lancelor keine Aufmerksamkeit, denn die Menschenansammlung tummelte sich an der gelben Plane einer Polizeiabsperrung, die den Zugang zu einer halb offenen Lagerhalle versperrte. Alle versuchten einen Blick in das Innere des Gebäudes zu werfen, während Polizisten in Dienstkleidung den Weg versperrten und die Masse zurückzudrängen versuchten.

"Scheinbar ist hier inzwischen mehr passiert..."

"Ich spüre Gier, Wut und Rivalität von den Menschen hier, doch darunter liegt ein deutlich extremerer Hass mit Todesangst vermischt. Heute früh hat hier ein Kampf stattgefunden, oder zumindest das, was die Dämonen darunter verstehen, wenn sie wehrlose Menschen töten. Es ist nicht bei Entführungen geblieben...", raunte Selen.

"Das ist schlecht... Ich hatte gehofft ungestört arbeiten zu können..." Dunkan verzog ärgerlich das Gesicht und schien einen Augenblick nachzudenken. Dann zog er ohne ein weiteres Wort ein Handy aus der Tasche, wählte eine Nummer und sprach schnell und eindringlich auf jemanden ein. Das Gespräch war schnell beendet. "Was hast du...?"

"Ich habe mit dem Oberhaupt geredet und dafür gesorgt, dass man diesen Leuten von uns berichten wird. Wir haben gute Beziehungen zu hohen Tieren in jeglichen Ländern und die Queen ist eine unserer besten Kunden. Sie wird uns da schon irgendwie reinboxen..."

"Die Queen?", lachte Kevin ungehalten. Victoria gab ihm einen Klaps, der ihn schlagartig damit aufhören ließ. Auch Pendrian, Storm und Batista grinsten belustigt, allerdings nicht über die Queen sondern über das junge Duo, und gaben vereinzelte derbe Kommentare über den ,Knirps unterm Pantoffel' ab, während Dunkan nur schweigend auf seine Uhr starrte. Als Selen die scherzenden Männer endlich zur Ruhe gebracht hatte und Kevin bereits knallrot im Gesicht war, tippte Dymeon Zeliarina sacht auf die Schulter und deutete stumm auf einen der Polizisten, der den Eingang bewachte. Er klappte gerade sein Handy zusammen und wirkte verwirrt und nicht besonders erfreut von dem was er gehört hatte.

"Wir können gehen", murmelte der Dämon ihr zu.

Dunkan nickte zustimmend. Mit einem letzten kameradschaftlichen Klopfen auf Kevins Schulter setzten sich die sieben Lancelor und der Dämon in Bewegung, um sich einen Weg durch die sensationsbegierige Menge zu bahnen. An der Spitze stieß der hünenhafte Batista die Leute mit einer Leichtigkeit unwirsch zur Seite, die nichts Normales mehr an sich hatte. Menschen schrieen empört und warfen ihm Beleidigungen an den Kopf, doch selbst der wildeste unter ihnen zog bei einem Blick von Batistas stechenden grauen Augen den Schwanz ein.

Innerhalb weniger Augenblicke standen sie an der Absperrung, eine ungewöhnlich anzuschauende Truppe von gleich gekleideten Gestalten, die in all dem Gewirr völlig ruhig blieb. Als die Polizisten sie entdeckten, hoben sie fragend die Augenbrauen, besonders als Dunkan völlig ruhig über die Absperrung stieg. Inzwischen lag die Aufmerksamkeit der Medien auch auf ihnen.

"Wir sind die Spezialisten von denen ihnen sicher vor einigen Minuten erzählt wurde. Wir werden uns der Sache annehmen...", erklärte er geschäftsmäßig.

Von Verwirrung und Misstrauen getrieben stellten sich die Wachen schützend vor den Eingang, die Hände griffbereit an ihren Pistolenhalftern, einer von ihnen schon wieder mit dem Handy in der Hand. "Das ist nicht nötig", versicherte Dunkan gelassen.

"Aber unter euch sind noch Kinder. Lächerlich zu glauben sie könnten irgendetwas tun..." Der Polizist wählte jetzt deutlich verunsichert eine Nummer auf seinem Mobiltelefon, doch Dunkan griff nach seiner Hand und ließ ihn damit innehalten. "Ich wiederhole: das ist nicht nötig. Ich übernehme für alles die volle Verantwortung... Und außerdem sind das keine normalen Kinder..." Der Mann mit dem Blut der Macht sah sich kurz um, versicherte sich dass niemand sie direkt sehen konnte und deutete auf die Zigarette eines anderen Polizisten, die ihm im Mundwinkel hing. "Kevin, die Zigarette dieses Mannes ist aus... Er brauch Feuer..."

"Verstehe", grinste Kevin erfreut. Mit einer schnellen Bewegung schlug er Daumen und Zeigefinger aneinander und ließ somit eine kleine Flamme erblühen, die den Zigarettenstummel sofort entzündete. Der Polizist sprang vor Schreck einen ganzen Meter zurück und stieß mit dem Rücken hart gegen die Lagerhauswand, sein Gesicht kalkweiß vor Entsetzen.

"Und jetzt lasst uns rein, damit wir uns ansehen können was der Däezander getan hat..."

Keiner widersprach.

Unter den Protestschreien der Zivilsten, die Kevins Feuerkräfte nicht bemerkt hatten, traten die Lancelor in die Lagerhalle...
 

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Es sollte eine Routinemission werden...

Sie entpuppte sich schnell als Albtraum...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  DerkhanBlue
2005-11-21T14:11:20+00:00 21.11.2005 15:11
Hallo!^^

Jaja, Kinder... Aber immerhin tun die Polizisten ihre Pflicht. Ich bin gespannt, was da passiert ist...
Und Selen und Batista sind mir irgendwie auf Anhieb sympathisch. Sorry, wenn ich hier immer meine Meinung kuntun muss, was die Charakteren angeht, aber so ist das halt ^^'
Und die Queen... *g*
Bin wie gesagt gespannt, was du dir da wieder ausgedacht hast. Dieses Kapitel ist jedenfalls gut gelungen, du bringst gut die vielen Charaktere unter, und zwar so, dass man sie sich auch merken kann. Die Gespräche sind sehr lebendig und manchmal musste ich echt schmunzeln (die Queen, genau...).
Nur eine kleine Frage hab ich: Relativ am Beginn der Szene im Ritualsaal steht, dass der Bahnkreis aus "gemahlten Edelsteinen" geformt ist. Heißt das aus "gemahlenen Edelsteinen"? Die Formulierung kommt mir etwas... schräg vor, bin mir da aber nicht sicher, also nicht böse sein, wenn ich da falsch liege...
Naja, bis zum nächsten Kapitel!^^

Schatten
Von: abgemeldet
2005-11-21T13:56:35+00:00 21.11.2005 14:56
*argh*
Das Kapitel is irgendwie, wie immer, cool^^
Und ich will jetzt unbedingt wissen wie es weiter geht!
*auf knien rumrutscht*
Bitte, mach weiter, ich flehe dich an! *hundeblick*
*hin und weg* Deine Story is echt ne Droge^^
das Laynchen^^


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