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The other side of Life

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von

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Ein nächtlicher Besuch

Ein letztes Mal lasse ich meinen Blick durchs Zimmer schweifen. Mir tut das Herz weh bei dem Gedanken, dass alles zu verlassen und was ich Emmely und Richard damit antue.

Doch meine Seele verlangt nach Freiheit.

Ich kann diese Enge nicht mehr ertragen. Ich glaube wenn ich länger bleibe werde ich wahnsinnig. Ich lege meinen Abschiedsbrief auf mein Bett und sehe mich noch einmal um.

Ich habe mein Zimmer aufgeräumt und alles in seinen Originalzustand versetzt.

Nur der Brief auf dem Bett, indem ich mich bei Emmely und Richard bedanke und entschuldige, erinnert daran, dass hier ungefähr drei Monate ein Mensch gelebt hat.

Ich trage ein Kleid aus einfachem grauen Wollstoff, dass ich mir extra gekauft habe, außerdem habe ich ein Bündel mit einem warmen Mantel und Lebensmitteln dabei.

Mit einem wehmütigen Seufzen öffnet ich das Fenster und hangele mich geschickt an den Palisaden herunter.

Unten angekommen harre ich kurz aus und lausche auf die Geräusche meiner Umgebung.

Nichts rührt sich. Alles ist ruhig und friedlich. Ich husche durch den Garten, die Allee runter.

Erst als ich das Haus nicht mehr sehen kann, wage ich es aufrecht zu gehen.

Die Dunkelheit der Nacht hüllt mich ein wie ein warmer Mantel und ich fühle mich unglaublich befreit. Ein leises Lied pfeifend wandere ich los.

Beim morgen grauen krieche ich in die Böschung und schlafe sofort ein. Es ist für mich sicherer Nachts zu wandern, denn so werde ich nicht gesehen und man wird Emmely und Richard keine Hinweise geben können.

Pünktlich zur Dunkelheit wache ich auf und strecke meine schmerzenden Glieder.

Wie schön weich war doch mein Bett, obwohl ich seit langem nicht mehr so gut geschlafen habe wie diese Nacht unter freiem Himmel in den Büschen.

Da es Frühling ist gibt es noch keine Beeren und so grabe ich nach Wurzeln, um meine Vorräte zu schonen. In London werde ich sie brauchen, den ich habe nicht vor mich der Öffentlichkeit zu zeigen nachdem was alles passiert ist.

Umso weniger Menschen wissen, dass ich aus Newgate entkommen bin umso besser.

Je weniger Spuren Richard und Emmely finden umso höher ist die Chance, dass sie schnell aufgeben.

Wegen meiner beschwerlichen Nahrungssuche, komme ich nur langsam voran, doch nach vier Tagen nächtlichen Wanderns, bin ich endlich am Ziel. London!

Mir steigt der geliebte Gestank der Abwasserkanäle und der Themse entgegen und ich muss sagen ich war selten so froh wieder irgendwo angekommen zu sein.

Ich beeile mich damit ich vor Anbruch der Dämmerung in meinem Versteck ankomme.

Dort rolle ich mich zusammen und hole den Schlaf der letzten vier Tage nach.

Im Schutz der Dämmerung gehe ich ein wenig in den Mülltonnen kramen, doch die Ausbeute ist mehr als bescheiden. Und so muss ich meinen Vorrat anbrechen.

Nach drei Tagen muss ich dringen geschäftliches erledigen, doch wie? Ich muss die Gefahr, dass ich erkannt werde möglichst gering halten. Jetzt habe ich die Idee!

Das ist es! Auch wenn es meine Brüder in der Seele schmerzen würde. Sie sind ja nicht da um mich aufzuhalten. Entschlosse ziehe ich meine Dolch aus dem Stiefel setzte ihn an und schneide mit einem kräftigen Ruck das Bündel durch.

Fünfzig Zentimeter lange, schwarze Haarsträhnen fallen auf den Boden. Auf einmal ist mir ganz elend zu Mute. Ich habe wirklich an meine Haaren gehangen, doch an meinem Leben hänge ich noch mehr. Ich sammele meine langen Haarstränen auf und stopfe sie in einen kleine Leinensack.

Vorsichtig verlasse ich mein Versteck und blinzele in das helle, ungewohnte Sonnenlicht.

Als erstes gehe ich mit dem Beutel zu einem Haarhändler, der mir einen guten Preis bietet, da mein Haar lang ist und seidig glänzt.

Als ich mich nun auf den Weg zum Hafen mache, streiche ich mir durch die ungewohnt kurzen Haare. Ich bin nur meine hüftlangen schweren Haare gewöhnt, darum fühle ich mich mit meinen knapp schulterlangen Haaren ein wenig nackt, doch mich scheint wirklich niemand zu erkennen.

Mit dem Geld, dass ich noch von Emmely und Richard habe, kaufe ich mir eine Fahrkarte für ein Schiff nach Island. Nach dem Trubel, den ich hier veranstaltet habe, sollte ich besser untertauchen, bis Richard und Emmely aufgeben. Mein Restgeld bringe ich nun zur Bank.

Ich habe von meinem Vater gelernt, dass es wichtig ist Reserven zu haben, denn er hat all sein Geld in die Fracht gesetzt mit der er unterging.

Nun da ich das erledigt habe, kaufe ich noch einige Vorräte, die sich gut halten.

Wie von selbst führen meine Schritte mich auf den Armen Friedhof. Ein einfaches Holzkreuz und eine längst erloschene Kerze stehen da. Namenlos und ohne Schmuck, doch ich weiß wessen Grab das ist.

Ich gehe in die Knie und starre auf das Kreuz. Ich weiß, dass kein Körper darunter liegt, doch

Ich spüre die Nähe der Toten. "Hallo." Sage ich tonlos. "Wie geht es dir?" ich zögere.

"Geht es einem überhaupt noch wenn man tot ist? Ist ja auch egal. Ich wollte nur sagen, dass ich gehe... Aber das weißt du bestimmt, oder? Warum ich dann hier bin? Obwohl ich nie hier war? Ich weiß auch das ich Dad´s und Mum´s Grab nie besucht habe. Warum dann deines und so plötzlich? Vielleicht weil ich Angst habe."

Ich schweige. "Ich weiß das du mir nicht helfen kannst, aber ich wollte sehen, ob Cassie recht hat, dass man dich hier lachen hören kann. Ich höre dein Lachen und deine Stimme. Pass gut auf Cassie und Frederick auf...wenn du kannst..." auf einmal komme ich mir sehr dämlich vor. Ich hocke hier vor einem leeren Grab und rede mit jemandem der schon lange tot ist und an den ich noch nicht mal denken will.

Ich springe auf und renne in mein Versteck.

Jetzt bleibt mir nichts mehr übrig als zu warten bis es dunkel ist und ich mein letztes Vorhaben vor meiner Flucht, na nennen wir es besser ... Abreise, ausführen kann.

Pünktlich um halb zwei in der Nacht stehe ich vor dem großen Haus am Marktplatz.

Ganz langsam und stets darauf bedacht kein Geräusch zu verursachen klettere ich die Hauswand, die mit Monumenten verziert ist, hinauf. Oben öffne ich lautlos ein Fenster und steige hinein. Es ist das selbe Fenster bei dem ich vor so langer Zeit die Bewegung des Vorhanges gesehen habe. Als ich an das Bett herantrete sehe ich, dass es das richtige Zimmer war.

Denn da liegt er. Jack sieht aus wie ein Kind wenn er schläft gar nicht eitel und hochnäsig.

Eigentlich wollte ich ihn wecken, doch wo ich ihn so schlafen sehe, bringe ich es nicht übers Herz diesen Anblick zu zerstören. Ich sehe ihn noch eine Weile so an, dann drehe ich mich um und suche nach einem Blatt und einer Feder.

Beides finde ich auf dem Schreibtisch. Mit meiner ungeübten Kinderschrift schreibe ich ihm einen kurzen Brief und lege ihn ihm auf die Bett decke.

Mit einem Seufzen dreht er sich um. "Marry-Lou..." murmelt er nur und ein leichtes Lächeln stiehlt sich auf sein Gesicht.

Erstaunt starre ich ihn an. Was redet er da meine Namen vor sich her. Und noch dazu im Schlaf. Träumt er etwa wie er sie durch die Straßen von London hetzt? Bei dem Gedanken muss ich grinsen. Ich streiche ihm vorsichtig zum Abschied über die Wange und verschwinde dann so leise durchs Fenster wie ich gekommen bin.

Als ich im Hafen ankomme wartet das Beiboot schon.
 

~********~
 

Liebes Tagebuch, ich habe von meinem Cousin ein Brief bekommen, dass Marry-Lou verschwunden ist. Das ist mal wieder so typisch für sie! Ich hätte wissen müssen, dass sie es nicht lange aushält.

Doch das ist nebensächlich. Sie wurde nirgends gesehen und auch ich konnte sie nicht entdecken.

Doch sei war hier! Bei mir ! In meinem Zimmer! Ich habe sie nicht gehört, doch sie hat mir einen Brief hier gelassen.

Sie hat eine sehr kindliche Handschrift, was der wenigen Übung zu zuschreiben ist.

Es hat mich ja schon überrascht, dass sie überhaupt lesen und schreiben kann. Die meisten Straßenkinder können wenn es hoch kommt sehr stockend lesen.

Doch nun der Brief:

Lieber Jack,

Ich bin dir sehr dankbar für alles was du für mich getan hast. Es gibt Dinge vor denen du mich bewahrt hast, von denen ahnst du noch nicht einmal etwas.

Doch so dankbar ich dir und deinem Cousin bin, ich kann die Enge und die Scheinwelt der Reichen nicht ertragen. Ich sehne mich nach meiner Freiheit.

Doch genug dazu. Eigentlich wollte ich dich wecken, doch du hast geschlafen wie ein Stein.

Wie ich in dein Zimmer gekommen bin ist Berufsgeheimnis.

Doch was ich dir eigentlich mitteilen wollte ist, dass ich fortgehe.

Noch heute Nacht. Du brauchst mich nicht suchen. Ich gehe dort hin, wo mich niemand findet.

Doch ich werde wieder kommen. Du wirst merken wenn ich wieder im Lande bin.

In Dankbarkeit

Marry-Lou Synder
 

Wenn sie sagt es wäre sinnlos sie zu suchen, dann ist es das wohl auch.

Nicht dass ich es nicht versucht hätte, doch ohne Erfolg.

Bei Neuigkeiten melde ich mich
 

Jack Lodegrave
 

~********~



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