Krankenbesuch
13.Kapitel
Derweilen war Harry im Ligusterweg Nummer 4 unter einer Flut von Büchern
verschwunden. Er wollte es Snape unbedingt zeigen.
Dazu hatte er Hermine einen Muggel üblichen Brief geschrieben und sie gebeten
ihm doch mit ein paar Büchern auszuhelfen. Sie war davon so begeistert
gewesen, dass sich Harry nach einer Woche im Besitz von über 20 Büchern
befand.
Diese befassten sich ausschließlich mit dem Thema Zaubertränke.
Weitere zehn Bücher hatte ihm seine Freundin noch ans Herz gelegt in Hinsicht
auf seinen Berufswunsch als Auror. Sie wären einfach unerlässlich für diesen
Beruf, hatte sie hinzugefügt.
Glücklicherweise hatte Harry jede Menge Zeit die Bücher durchzuarbeiten, da
die Dursleys ihn immer noch mit Ignoranz straften.
Sich auf das Lernen einzustellen gelang dem jungen Gryffindor inzwischen
relativ gut und natürlich gab ihm Hermine jede Menge schlaue Ratschläge wie
man am besten lernen konnte und das Gelernte auch behielt. Harry hatte diese
dankend angenommen und langsam schienen seine Anstrengungen auch Früchte zu
tragen.
So saß er den Großteil des Tages in Dudleys altem Zimmer und brütete über den
Büchern.
Kurz nach dem Gespräch mit Poppy brachte Snape die blutstillenden Tränke in
den Krankenflügel und verlies diesen dann auch wieder umgehend.
Zurück in seinem Büro, machte sich der Tränkemeister erneut an die
Fertigstellung seines Trankes, welcher dem Orden bei der Bekämpfung der
Todesser und Voldemort helfen sollte.
Nach einer Stunde stand er kurz vor Beendigung des theoretischen Teils der
Arbeit. Jetzt musste er nur noch alles für das Brauen vorbereiten.
Sorgfältig überprüfte er die benötigten Zutaten, brachte den Kessel auf
Temperatur und begann mit der Prozedur.
Er fühlte wie die Anspannung der letzten Tage von ihm Abfiel. Beim Zaubertrank
brauen vergaß der Hauslehrer der Slytherin seine Umgebung und die damit
verbundenen Probleme.
Die Problematik, welche ihn derzeitig besonders beschäftigte war Black.
Er konnte sich einfach nicht erklären, weshalb Dumbledore gerade ihn als
Aufpasser für den ehemaligen Gryffindor gewählt hatte. Diese Aufgabe würde für
Snape aufreibender und anstrengender als jede andere in seinem bisherigen
Leben werden, da war sich der Tränkemeister sicher.
Doch zur Zeit befand sich Black noch in der Krankenstation.
Das blieb er höchstwahrscheinlich auch die nächsten Tage noch.
Trotzdem beunruhigte den Hauslehrer der Slytherin eine weitere Angelegenheit.
Er hatte Potter gegenüber erwähnt, dass er Black zurückholen wollte, und sich
den Spiegel von Sirius ausgeliehen. Der springende Punkt dabei bestand darin,
dass der dunkle Lord wieder versuchen würde in dessen Gedanken einzudringen.
Falls Voldemort dies gelingen sollte, und er fand besagte Erinnerungen, dann
musste sich Snape eine verdammt gute Ausrede einfallen lassen, um diesen
Umstand zu erklären. In diese Situation wollte der Tränkemeister lieber nicht
geraten, denn in solchen Fällen war mit dem dunklen Lord nicht zu spaßen.
Das hieß wiederum, er musste dem jungen Gryffindor wieder Okklumentikstunden
geben, damit dies nicht geschah. Seit dem Beginn der Ferien lag ihm Dumbledore
damit schon in den Ohren und Snape hatte jedes Mal abgelehnt, da Dumbledore
die Übungen mit Potter genauso gut hätte durchführen können.
Der Slytherin verabscheute es kleinbeizugeben, aber es blieb ihm einfach
nichts anderes übrig.
Zumindest konnte er dabei dem ihm verhassten Jungen ein wenig quälen.
Bei den Gedanken daran schlich sich ein heimtückisches Grinsen auf die Lippen
des Tränkemeisters.
Doch er musste aufpassen, der Fehler mit dem Denkarium würde ihm nicht noch
einmal unterlaufen. Da Potter über die Ferien vermutlich sowieso nicht üben
würde, war das auch nicht nötig.
Den Zaubertrank schon nahezu fertig gebraut, dieser brauchte nur noch zwei
Stunden zu ziehen, machte sich der Slytherin zum zweiten Mal an diesem Tag auf
den Weg in den Krankenflügel. Poppy gab ihm noch einen Zettel auf dem rund ein
Dutzend Tränke genannt waren, die sie bald benötigen würde und da Snape alle
vorrätig hatte, entschloss er sich sie noch am selben Tag auf die
Krankenstation zu bringen.
Es war merkwürdig, normalerweise bestand der Tränkemeister darauf, dass Madame
Pomfrey sich die Phiolen bei ihm abholte, denn schließlich wollte sie ja etwas
von ihm haben.
Doch jetzt zog es ihn aus irgend einem Grund in Richtung Krankenflügel.
Nur was konnte das sein?
Der einzigste Patient der sich derzeitig auf der Krankenstation befand war
Black...bei diesem Gedanken blieb Snape abrupt in den Gängen von Hogwarts
stehen. Er dachte über die letzten Tage nach, wenn der Slytherin sich jetzt
zurückerinnerte dann war er entsetzlich freundlich mit dem ehemaligen
Gryffindor umgegangen. Selbst im Krankenflügel hatte er sich zurückgehalten
mit Sticheleien oder sonstigen Anfeindungen.
Aber warum?
Konnte es sein ...
NEIN! Sicher war es wieder eine der vielen Nebenwirkungen des angewendeten
Zaubers gewesen beruhigte sich der Tränkemeister selbst. So musste es sein, es
konnte ... vielmehr durfte keine andere Erklärung dafür geben.
Der Slytherin verabscheute menschlichen Kontakt zu tiefst.
Dazu hatten vorwiegend seine Eltern beigetragen. Aber auch Potter, Black und
dieser rückgratlose Lupin - wie Snape dachte - hatten ihren Teil dazu getan.
Und jetzt sollte es gerade Black sein der dies ändern sollte?
Unmöglich!
Entschlossen schritt Snape dem Krankenflügel entgegen und versicherte sich
selbst, dass er dem dortigen Patienten umbringen oder ihm zumindest etwas sehr
schmerzhaftes antun würde, sollte es dieser wagen ihn auch nur zu berühren.
Unterdessen lag Sirius im Krankenflügel und versuchte sich so in dem
unbequemen Bett hinzulegen, dass sein Rücken nicht zu stark belastet wurde.
Er war vor etwa einer Stunde aufgewacht und sein Rücken hatte gebrannt wie
Feuer...was dieser noch immer tat, aber der Animagus gewöhnte sich langsam an
das Gefühl.
Die vergangene Stunde verbrachte er mit dem Unterfangen sich vom Bauch auf die
Seite zu rollen, um wenigstens noch etwas Ruhe zu bekommen. Da er so besser
schlafen konnte.
Innerlich wünschte er sich nicht aufgewacht zu sein, denn der Rücken schmerzte
unheimlich. Zwar hatte Madame Pomfrey alles versucht, um ihm die Schmerzen zu
nehmen, doch leider ohne Erfolg. Sie war sogar einigermaßen überrascht
gewesen, dass er so schnell wieder das Bewusstsein erlangt hatte und sich
seine Wunden langsam begannen zu schließen.
Was Sirius jedoch nicht wirklich wunderte, nach Poppys Erzählung musste er
mindestens fünf volle Liter blutstillende Flüssigkeit in sich haben.
Daher ging Madame Pomfrey davon aus, dass die Krallen des Quintaped irgendwie
verzaubert oder vergiftet gewesen sein mussten. Was eigentlich eher untypisch
für diese Ungeheuer war.
"Großartig!", dachte der Animagus. Es gab zigtausende Tiere in Großbritannien
und er Sirius musste unbedingt auf eines mit vergifteten Klauen treffen. Und
zu allem Überfluss hatten ihm die blutstillenden Tränke von Snape den Hals
gerettet. Nun stand er noch tiefer in dessen Schuld und der ehemalige
Gryffindor wollte sich lieber nicht ausmalen, was der Tränkemeister im
Gegenzug dazu von ihm verlangen würde.
Obwohl es durchaus seinen Reiz hatte diesen in seiner Nähe zu haben, dachte
Sirius. Für einige kleine Scherze und Sticheleien war der Slytherin einfach
das perfekte Opfer, welches besonders gut auf diese ansprang.
Doch in seinem derzeitigen Zustand war an Späße überhaupt nicht zu denken.
Sirius stöhnte auf vor Schmerz als er mit seinem Rücken kurz auf dem Bett
aufkam und probierte sich wieder auf den Bauch zu drehen. Er musste etwas
gegen die Schmerzen tun und nur vom rumliegen wurden diese auch nicht besser.
Da Poppy gerade nicht im Raum war unternahm der Animagus den Versuch sich im
Bett aufzurichten. Dieses Unternehmen endete damit, dass er in ziemlich
umständlicher Pose im Bett kniete und nun irgendwie rückwärts aus diesem
kriechen musste. Erstaunlicherweise hatten sich die Schmerzen bei den
Bewegungen kaum intensiviert und waren nahezu gleichbleibend stark bzw.
schwach geblieben. Wie man die Tatsache eben betrachtete das Stechen von
hundert kleinen Nadeln jede Sekunde zu verspüren.
Als Sirius beinahe den Rand seines Bettes erreicht hatte, rang er nach Luft.
Die Sache gestaltete sich doch schwieriger als er zunächst vermutete.
Glücklicherweise war Poppy immer noch nicht aufgetaucht, da sie auf der Suche
nach neuem Verbandsmaterial unterwegs war.
"Wenn sie das hier sehen würde, würde sie mich bestimmt mit einem Fluch wieder
zurück ins Bett scheuchen.", dachte der Animagus leicht amüsiert.
Doch er musste jetzt einfach aufstehen.
Er war viel zu lange ein Gefangener in Askaban und dem Grimmauldplace gewesen,
deshalb konnte er nie wirklich lange ruhig halten. Einfach so dazuliegen und
zu warten machte ihn nervös.
Er saß immer noch auf dem Bett, stellte die nackten Füße auf den kalten Boden
und stützte sich nicht länger am Bett ab. In dem Moment als Sirius sein volles
Gewicht auf seine Füße legte, durchfuhr ihn ein derartig stechender Schmerz,
dass er zu Boden sackte und die Zähne zusammenbiss, um nicht laut
aufzuschreien.
Nach einigen wenigen Minuten zog sich der Schmerz auf den Rücken zurück und
reduzierte sich auf ein stechendes Brennen. Im Vergleich zu dem eben erlebten
Schmerz, war dieses Brennen noch auf Dauer auszuhalten.
Der Animagus versuchte sich wieder zurück in sein Bett zu begeben, da er es
nicht noch einmal riskieren wollte sein gesamtes Gewicht auf seine Füße zu
legen. Nur leider gestaltete sich dieses Unterfangen sehr schwierig, da die
Decke und der Bezug des Bettes wenig strapazierfähig waren und teilweise
nachgaben.
In diesem Augenblick schwang die Tür zur Krankenstation auf und Severus Snape
stand in der Tür.
"Im passensten Moment.", dachte Sirius resigniert und rollte mit den Augen.
Warum hatte Madame Pomfrey nur nicht die Vorhänge zugezogen als sie gegangen
war, so hatte Snape einen fantastischen Blick auf seine miserable Situation.
Der Tränkemeister hatte soeben die Krankenstation betreten. Eine dunkle
Holzkiste in Händen, in welcher die mitgebrachten Phiolen fein säuberlich
verstaut waren. Als sich ihm ein unerwartetes Bild bot.
Black lehnte mit dem Rücken zur Tür und saß auf dem Boden.
Vermutlich hatte er versucht sich mit seinen Armen zurück ins Bett zuziehen,
was ihm offensichtlich nicht gelungen war.
Kurz nach seinem Eintreten hatte der Gryffindor Snape bemerkt und funkelte ihm
feindselig entgegen sich seiner Situation offensichtlich voll und ganz
bewusst.
Bei einem weiteren Blick auf Black, stellte der Slytherin fest, dass dessen
Verbände bereits wieder durchgeblutet waren. Obwohl das die Unmenge an
blutstillenden Tränken, die Poppy ihrem Patienten eingeflößt hatte, hätte
verhindern sollen.
Dieser Umstand lies sich nur mit der Unvernunft des Gryffindors erklären,
welcher anscheinend versucht hatte aufzustehen. Offensichtlich war er dabei
kläglich gescheitert und somit in die derzeitige Lage geraten.
"Black hat es mal wieder verstanden sich selbst in den Schlamassel zu
reiten.", dachte sich der Tränkemeister.
Ohne ein Wort ging dieser an dem einzigen Patienten von Poppy vorbei, welcher
ihm finster hinterher blickte, stellte die Kiste auf den Tisch neben dem Regal
in welchem alle benötigten Tränke der Krankenstation aufbewahrt wurden und
griff zielsicher nach einer Phiole in diesem.
Die Tränke im Regal waren alle alphabetisch geordnet und ordentlich
beschriftet, zumeist in Snapes kleiner Handschrift, da er einen Großteil der
Tränke selbst hergestellt hatte.
Der Slytherin hätte die Beschriftung nicht benötigt, ihm genügte die Farbe des
Trankes und die Form der Phiole in welcher dieser sich befand, um ohne Zweifel
zu wissen um welchen Trank es sich handelte.
Eine zweite Phiole, entnahm er aus der eben mitgebrachten Kiste, diese trug
die Aufschrift "Erholungstrank". Die Phiole aus dem Regal war mit
"Blutstillend" beschriftet. Der Tränkemeister nahm beide Phiolen und stellte
sie auf den Nachttisch neben Black, ging um dessen Bett herum und hob einen
völlig verdutzten Sirius zurück in dieses.
Mit den Worten "Trinken!", die keine Widerrede zuließen reichte Snape dem
Animagus beide Phiolen, welche dieser wie ihm geheißen austrank.
Der Erholungstrank vereinte Genesungs- und Schlaftrank in einem und so fiel
Black innerhalb weniger Minuten in einen tiefen Schlaf. Dabei achtete der
Tränkemeister darauf, dass sich der Gryffindor auf den Bauch legt, um seinen
Rücken zu schonen.
Der Slytherin schaut auf den Schlafenden und dachte entnervt: "Das ist ja
schlimmer als Babysitting!".
Tatsächlich hatte der Tränkemeister einmal in seiner Jugend auf ein Baby
aufgepasst. Dieses verstand es ihn gezielt in den Wahnsinn zu treiben und das
innerhalb von nur fünf Minuten. Mit der Erkenntnis er wäre für so etwas nicht
geschaffen, hatten die Eltern seine Dienste beendet und er genervt deren Haus
verlassen.
Snape nahm die leeren Phiolen mit zurück zum Tisch, räumte diese in die Kiste
und die vollen Phiolen ins Regal.
Er war noch nicht ganz fertig als Poppy die Krankenstation betrat. Zuerst
beäugte sie ihren schlafenden Patienten misstrauisch, ehe sie den
Tränkemeister sah.
"Severus! Was machst du denn noch so spät hier?", fragte dies erfreut über den
unerwarteten Besuch.
"Die Tränke auffüllen.", antwortete dieser in seinem kalten monotonen Tonfall.
Davon gänzlich unbeeindruckt dankte ihm Poppy und begann das Verbandmaterial,
welches sie besorgt hatte, zu ordnen.
Mit einem schlichten "Guten Abend." verabschiedete sich der Slytherin und
verlies schnell die Krankenstation.
Wenn Poppy es nicht besser gewusst hätte, hätte sie schwören können, dass der
Tränkemeister etwas vor ihr zu verheimlichen versuchte.
Doch diesen Gedanken verwarf sie sofort wieder und machte sich daran die
Verbände von Sirius zu wechseln.