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Zeit des Verrats

von

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3. Kapitel - Von Huren, Engeln und ungeplanten Pannen in der Planung

Nach langem Zögern habe ich mich doch noch entschlossen, weitere Kapitel dieser Geschichte hochzuladen.
 

3. Kapitel - Von Huren, Engeln und ungeplanten Pannen in der Planung
 


 


 

"Wo bringst du mich hin?"

Diese Frage stellte Felin jetzt bereits zum dritten Mal innerhalb der letzten fünf Minuten. Sie waren wieder auf der Straße und auf dem Weg zu einem Felin unbekannten Ziel.

"An einen Ort an dem du sicher bist und bei dem ich mir sicher sein kann, dass du nicht einfach verschwindest."

"Toll!"

Die Ironie in Felins Antwort war nicht zu überhören.

"Warum hätte ich nicht in diesem Haus da bleiben können?"

Sein Entführer blieb kurz stehen, er musste sichtlich um seine rasant schwindende Geduld kämpfen.

"Kannst du nicht einmal den Mund halten? Ich erkläre dir alles, was du wissen musst, aber ganz sicher nicht auf offener Straße!"

Felin blickte sich peinlich berührt um. Tatsächlich ruhten einige unangenehme Blicke auf ihnen, und das obwohl Felin mittlerweile in einen braunen Umhang gehüllt war, den der Fremde aus dem oberen Stockwerk des Hauses in dem sie sich bis vor kurzem noch befunden hatten geholt hatte. Er befolgte schließlich einmal die ihm gegebene Anweisung und verhielt sich still bis sie schließlich vor einem Haus Halt machten.

Felin betrachtete das Gebäude: Hinter den Fenstern schien Licht zu brennen, doch so genau konnte man das auf Grund der schweren Vorhänge mit denen die Fenster verhängt waren nicht erkennen. Lautes Lachen klang von Innen auf die Straße, einige sehr leicht bekleidete Frauen lungerten in der offen stehenden Tür und vor derselben herum und den Eingang zierte ein bemaltes Stück Stoff, das wohl einmal eine Zeltplane oder etwas ähnliches gewesen war. Das, was darauf gemalt war ließ Felin entsetzt innehalten.

Ein nicht besonders künstlerisch hochwertiger aber doch erkennbarer Kussmund bildete in grellroter Farbe das Zentrum, um das sich die Worte rankten: "Madame Priscilla und ihre Damen"

Felin blieb wie angewurzelt stehen und starrte seinen Begleiter fassungslos an.

"Das kann doch nicht dein Ernst sein!"

"Was?", kam es flach zurück.

"Das!!"

Felin wies voller Empörung auf das 'Schild'.

Sein Entführer zuckte mit den Schultern.

"Wie bereits gesagt: Ein Ort an dem du sicher bist und bei dem ich mir sicher sein kann, dass du nicht einfach verschwindest."

Er erntete ein wütendes Schnauben von Felin.

"Und was willst du machen? Eine der... Damen zur Bewachung an eine Zimmertür oder ins Zimmer stellen??"

Indem er Felins Arm ergriff antwortete sein Begleiter:

"Wenn es sein muss, ja!"

Ohne noch auf weitere Widerworte von Felins Seite aus zu warten manövrierte er seine Geisel ins Innere des Gebäudes.
 

Sofort wurden sie von Frauen umschwärmt, alten, jungen, hübschen und hässlichen und Felin fühlte sich auch direkt unwohl. Er konnte schon nicht mit den unterschwelligen Avancen von Mitgliedern der oberen Bevölkerungssichten umgehen, und nun war er den offenen Attacken von Prostituierten ausgesetzt.

Eine junge Frau lugte unter die Kapuze seines Begleiters und ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Sie drehte sich zu ihren Kolleginnen um.

"He, ratet mal wer hier ist!"

Damit hatte sie die Aufmerksamkeit ganz auf den Fremden und sich selbst gerichtet. Augenblicklich scharten sich die neugierigen Frauen um sie.

"Sag schon, wer ist es?", fragte ein noch sehr junges Mädchen von dem Felin annahm, dass sie noch kein legales Alter erreicht hatte aufgeregt und versuchte, ebenfalls einen Blick unter den Umhang zu werfen. Eine kräftige Frau baute sich hinter ihr auf.

"Dummes Ding! Das erkennt man doch!"

Ein übertriebenes Kichern antwortete ihr von einer anderen Seite.

"Klar! Der besondere Freund von der Madame, unser Engelchen!"

Felins Begleiter wurde von hinten umarmt.

"Bleibst du endlich mal hier, mein Hübscher?"

"Ja, du hast es doch versprochen, böser kleiner Engel!"

"Versprochen habe ich gar nichts. Aber eine von euch könnte sich einmal nützlich machen, und eure werte Madame holen."

Felin war überrascht, dass die Stimme seines Begleiters so ruhig klang, er an seiner Stelle hätte längst Reißaus genommen. Aber er schien den Damen ja wohl bekannt zu sein, so vertraut, wie sie mit ihm umgingen, schon alleine die Spitznamen, die sie ihm gaben ließen darauf schließen. Plötzlich stockte Felin in seinen Gedanken. Warum nannten die Huren seinen Entführer 'Engel'? Es gab dafür zwar nur eine sinnvolle Erklärung, doch Felin war immer noch skeptisch: Sollte sein Begleiter tatsächlich der Schwarze Engel sein, von dem alle redeten? Felin nahm sich vor, ihn später darauf anzusprechen, um einiges später, wenn er endlich wusste, was mit ihm geschehen sollte.

Und so wie es aussah sollte er das bald erfahren, denn eines der Mädchen das sich kurz entfernt hatte kehrte mit einer älteren (Felin schätzte sie auf Ende vierzig bis Mitte Fünfzig), doch für ihr Alter noch recht gut aussehenden Dame zurück, deren aufwendig gedrehten rotgoldenen Korkenzieherlöckchen so manche Frau die Felin kannte vor Neid hätte erblassen lassen.

Sie beäugte Felin und seinen Begleiter einen Moment, dann bedeutete sie ihnen mit einer Bewegung ihres Kopfes ihr zu folgen, was sie natürlich, trotz des kleinlauten Protestes der Mädchen taten.

Felin folgte seinem Entführer und der Frau, die er als die Puffmutter identifiziert hatte, durch die mit schweren Stoffen verhängte Schankstube und versuchte, die neugierigen Blicke der nicht sehr vertrauenserweckend aussehenden 'Kunden' zu ignorieren.

Die Frau schob einen dicken, roten Vorhang zur Seite und öffnete eine dahinter liegende Tür, damit gab sie den Blick auf eine Art reich verziertes Büro frei. Sie setzte sich auf einen schweren Sessel, bezogen mit dunkelgrünem Samt und mit abgewetzten Armlehnen der hinter einem großen Eichenholzschreibtisch stand, dann gab sie ihnen das Zeichen, sich auch zu setzen. Während Felin das Angebot annahm und sich auf einem der beiden passend zum Sessel bezogenen Stühle niederließ blieb sein Begleiter stehen. Einen kurzen Moment herrschte Stille und Felin begann, die Bilder und Spiegel mit ihren teilweise bereits abgeblätterten Goldrahmen zu betrachten, die an der mit rotem Stoff bezogenen Wand hingen. Das Büro machte, so wie das gesamte Etablissement einen sehr viel gepflegteren, wenn auch nicht besonders geschmackvollen Eindruck als Felin es in der Senke erwartet hätte.

"Was ist schief gelaufen?", durchbrach eine tiefe, rauchige Stimme die Stille im Raum und Felin wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Frau zu.

Der Entführer zuckte mit den Schultern.

"Wir scheinen einen Verräter in den eigenen Reihen zu haben, der mir die Wachen auf den Hals gehetzt hat. Ich musste eine Geisel nehmen", hierbei deutete der auf Felin, "und jetzt sind alle möglichen Ausgänge der Senke verstellt."

Die ältere Dame runzelte nachdenklich die Stirn.

"Das sind keine guten Nachrichten... Ich nehme an, du willst, dass ich ihn hier einquartiere?"

Ihre Stimme hörte sich auf einmal sehr geschäftlich an.

Ein sanftes Lachen antwortete ihr.

"Nur keine Sorge, es wird sich für dich lohnen."

Sie lächelte darauf.

"Das hört man gerne. Aber sag mal, wer ist er eigentlich, dass du ihn so mit Samthandschuhen anfasst?"

Felin war etwas beleidigt, dass sie über ihn redeten, als säße er nicht im selben Raum, doch er zog es vor, die Aufmerksamkeit mehr als es ohnehin schon der Fall war auf sich zu ziehen.

Und unter dem prüfenden Blick der 'Madame' fühlte er sich etwas unwohl.

"Das ist einer von den Adligen, aber eigentlich weiß ich es nicht, es hat mich nicht besonders interessiert."

"So?" Die Frau war aufgestanden (^_^°)und um den Tisch herumgegangen, bis sie vor Felin stand. Mit einem kurzen Ruck hatte sie Felin die Kapuze zurückgeschoben und betrachtete ihn. Nach einem kurzen Moment zog sie die Augenbrauen hoch.

"Netten Burschen, den du dir da geangelt hast, wirklich, sehr nett.", sagte sie an Felins Entführer gewandt, dann sprach sie Felin auch direkt an.

"Hast da oben bestimmt ne Menge Verehrer, mit dem Gesicht, was?"

Felin wusste nicht genau, ob er sich durch dieses Kompliment geschmeichelt fühlen sollte oder doch lieber wieder in Selbstmitleid verfallen wollte, weil in dieser Satz wieder so sehr an Giacomo erinnert hatte.

"Wie heißt du denn, Junge?"

Er verzog das Gesicht. Eigentlich war er wirklich nicht mehr so jung, dass man ihn mit 'Junge' ansprechen musste... trotzdem entschloss er sich, die Frage zu beantworten, zumindest oberflächlich.

"...Felin."

"Oh? Doch nicht etwa der Rothenburg-Sprössling?!"

Nun war Felin etwas verwirrt. Seit wann kannten sich die Menschen der Senke mit den Adelsfamilien aus? Seine Verwirrung musste man ihm wohl angesehen haben, denn Madame setzte zu einer Erklärung an.

"Wunder dich nicht, fast jeder hier kennt deinen Vater, Junge, jedenfalls vom Namen her. Ihm haben wir es hier unten zu verdanken, dass uns die Wachen größtenteils in Ruhe lassen, er hat nämlich im Senat vor einigen Jahren die Idee durchgesetzt, dass man unglaublich viel Geld sparen könnte, wenn man die ganzen Wachen um die Senke herum reduziert."

"Oh..." Felin überlegte nun ernsthaft, ob er nicht damit anfangen sollte, sich dafür zu interessieren, was sein Vater im Senat alles machte, doch dann beschloss er, dass es ein denkbar ungünstiger Augenblick war um damit anzufangen. Stattdessen wartete er ab, was Madame beschließen würde.

"Gut, du kannst ihn im Zimmer oben am Ende des Ganges links einquartieren, aber wenn er die Mädchen behelligt bekommt er ne Menge Ärger. Und auch nur unter der Bedingung, dass er spätestens in fünf Tagen wieder weg ist, sonst werden die Leute misstrauisch und setzen solche Gerüchte in die Welt wie das letzte Mal als hier längere Zeit ein Kerl gewohnt hat, du weißt schon, dass es hier auch Männer im Angebot gibt, und solches Gerede kann ich hier nicht brauchen."

Der Entführer nickte und winkte Felin zu sich. Dann, mit einem Handkuss und einem gemurmelten: "Ihr seid zu gütig, Madame." verließ er mit Felin im Schlepptau den Raum.

Sie stiegen die Treppe die sich ein paar Meter hinter dem Büro befand hinauf und oben angekommen gingen sie durch einen spärlich beleuchteten Gang. An dessen Ende befanden sich zwei Türen, von denen Felins Entführer die linke öffnete.

Als Felin den Raum betrat fiel ihm sofort der enorme Unterschied zum Büro der Madame auf: Das Zimmer war ausschließlich zweckmäßig eingerichtet. In der Mitte des Raumes stand ein großes Bett, auf einem kleinen Tisch an der linken Wand standen eine Waschschüssel und ein Wasserkrug. Ein kleiner schwarzer Ofen stand in der rechten, unteren Ecke des Raumes. Das Fenster wurde von einem Vorhang eingerahmt, der jedoch nicht zugezogen war sondern den Blick auf die Senke freigab.

Felin schaute leicht nervös hinaus. Seine ganze Umgebung war ihm mehr als suspekt und außerdem wollte er die Nacht ungern in einem Etablissement wie diesem verbringen.

Er seufzte und drehte sich zu seinem Entführer um.

"Muss das wirklich sein?", fragte er gequält.

"Ja."

"Nein!", kam die entsetzte Antwort.

"Willst du lieber auf der Straße sitzen und von nächst Besten aufgegriffen werden, der es nicht so gut mit dir meint wie ich?"

"Aber wie soll ich denn wissen, dass du es gut mit mir meinst?", brach es schließlich aus Felin heraus, der seiner Frustration nun Ausdruck verleihen musste.

"Woher soll ich denn wissen, was mit mir geschehen wird? Versetz dich doch bitte mal in meine Lage! Ich habe keine Ahnung wo ich hier genau bin, die Leute schauen mich an, als würden sie mir am liebsten gleich die Kehle durchschneiden und jetzt werde ich von der Person, die mich entführt hat in einem Bordell untergebracht! Woran bitte soll ich erkennen, dass du es gut mit mir meinst??"

"Daran, dass du noch nicht tot bist.", kam die trockene Antwort.

Felin stand mit offenem Mund da, jedes weiteren Arguments beraubt. Sein Begleiter hingegen schien noch einiges an Argumenten aus dem Ärmel schütteln zu können.

"Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was deine Familie mir auf den Hals hetzen würde, wenn du durch einen dummen Zufall ums Leben kämst? Ich kann es mir nicht leisten, dass dir was passiert, und etwas anderes als mein Wort kann ich dir nicht als Sicherheit nicht geben! Und was willst du jetzt tun? Auf die Straße laufen und deinen Weg aus der Senke heraussuchen?"

Sein Entführer machte eine abwehrende Handbewegung.

"Vergiss' es. Du würdest keine zehn Meter kommen bis dich jemand niederstechen und ausrauben würde."

Es dauerte ein paar Sekunden, ehe Felin seine Gedanken wieder gesammelt hatte.

"Dann sag mir wenigstens, was mich erwartet!"

Einen Moment lang schien es als würde Felin keine Antwort bekommen. Dann drehte sich der Entführer zu Tür.

"Ich schätze, du wirst spätestens in drei Tagen von einem Bekannten von mir aus der Senke herausgebracht werden können, ohne dass die Wachen etwas bemerken. Du wirst dann ganz einfach nach Hause gehen können, aber du solltest dich darauf einstellen, dass dir die Wachen einige Fragen stellen wollen. Verrate ihnen nichts, sag von mir aus, du wurdest niedergeschlagen und kannst dich an Nichts erinnern, aber wenn du auch nur das kleinste Bisschen von dem was du hier gesehen hast preisgibst, kann ich für deine Sicherheit nicht mehr garantieren. Hast du das verstanden?"

Felin nickte, als er aber merkte, dass sein Begleiter ihm den Rücken zugewandt hatte antwortete er.

"Ja..."

"Gut."

Und damit machte sich sein Entführer auf den Weg aus dem Zimmer.

"Warte!"

Felin war eingefallen, dass er noch eine Frage stellen wollte. Also räusperte er sich kurz, als er merkte, dass sein Entführer innegehalten hatte, um ihm zuzuhören.

"Sag mir doch bitte... bist du wirklich der, den sie alle den 'Schwarzen Engel' nennen?"

Einen kurzen Moment herrschte Stille. Dann:

"Ich dachte, dass hättest du mittlerweile mitbekommen..."

Ohne weiteren Kommentar wollte er den Raum verlassen, doch Felin gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden. Um ihn zurückzuhalten, machte er ein paar schnelle Schritte nach vorne und wollte seinen Entführer an der Schule herumziehen. Doch er erwischte nur ein Stück Stoff seines Umhangs. Es ging zu schnell und zu unerwartet, als dass sich sein Begleiter dagegen wehren konnte. Felin hatte mit seiner unbedachten Handlung so stark am Umhang gezogen, dass er seinem Entführer die Kapuze vom Kopf riss, als dieser sich wütend umdrehte, um Felins Arm beiseite zu schlagen.

Und somit blickte Felin zum ersten Mal in das Gesicht seines Entführers, oder besser gesagt des Meisterdiebes, der in der Oberschicht als 'Schwarzer Engel' bekannt war.



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