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Guilty

Schuldig - Kann ich es je wieder gut machen?
von

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Echo

„Sollen wir ihm nicht eine Karte schreiben?“

„Wieso?“

„Es ist immerhin 11 Jahre her…“

„Eben! Er glaubt sicherlich nicht mehr daran, also warum Salz in die Wunde schütten?“

„Und wenn doch?“

„Lass es lieber. Wir können das Risiko nicht eingehen.“

„… Und was ist mit der Kleinen?“

„Sie ist fort. Man wollte mir nicht sagen, wer sie zu sich genommen hat…“

„Wir haben einen Fehler nach dem anderen gemacht…“

„Und unsere Kinder müssen dafür bezahlen…“
 

-----
 

Kai blinzelte. Grell war das Tageslicht, in das er getaucht wurde. Wo war er? Mauern, Stacheldraht, Zäune, Hundegebell und ein großer Platz... kein Zweifel, er befand sich wieder dort.

In der Abtei.

Und das Training begann…
 

Kai stapfte durch den Schnee. Er musste weiter gehen, vorankommen. Er wusste, dass Tala bereits mit diesem Training fertig war. Er hoffte, dass sein Freund nicht verletzt worden war. Aber jetzt galt es, erstmal selbst heil anzukommen.

Am Anfang hatte er sich ja noch eingesetzt, für die Schwächeren und Jüngeren. Aber er konnte, durfte sich das jetzt nicht mehr erlauben. Wer dankte es ihm denn? Am Ende trug nur er wieder die Strafen dafür.

Und doch… Da war dieses eine Mädchen, das er gerade überholt hatte. Es war nicht so schnell. Nein, es war geradezu langsam und kam gar nicht mit. Und das bei dieser Übung!

Die Übung sah wie folgt aus: Es gab eine Start- und eine Ziellinie. Die Schüler sollten wegrennen und wenn sie schnell genug waren, das hieß, die Ziellinie erreichten, waren sie vor den Wachmännern sicher, die sie versuchten zu fangen. Das Ziel zu erreichen bedeutete aber, dass sie weiter bleiben durften, die anderen wurden aus der Abtei geworfen. Wenn sie Glück hatten… Denn die, die blieben, wurden zu noch härterem Training gezwungen, und wenn sie das nicht durchstanden, dann wurden sie völlig am Ende zurück nach Hause geschickt. Man nannte das Spießrutenlauf.

Und das kleine Mädchen war viel zu langsam. Kai, der gerade neun Jahre alt war, entschloss sich, einen letzten Versuch zu starten, fasste es an der Hand und zog es mit sich. Die Soldaten schossen scharf und einige Kinder waren bereits verletzt. Aber so war das in der Abtei. Stillgestanden, losmarschieren, kämpfen. Wie in der Armee.

Kai rannte so schnell ihn seine Beine trugen, das Mädchen flog förmlich hinter ihm her wie ein Blatt im Wind.

Aber sie mussten weg.

Da blieb es plötzlich stehen, ihre Hände flogen auseinander und sie fing unaufhörlich an zu weinen. Viel zu laut.

Kai drehte um.

Er versuchte es zu beruhigen, doch vergebens, es schrie sich die Seele aus dem Leib, schrie nach Mutter und Vater. Kai gab ihm eine Ohrfeige. Er bereute es sofort, aber das Mädchen war jetzt ruhig, es wimmerte nur noch…
 

Kerzengerade saß er im Bett. Schweißgebadet. Schon wieder ein Albtraum. Leider war es alles andere als nur ein Traum. Es war bittere Realität. Sie kamen immer wieder, raubten ihm den Schlaf, den er dringend benötigte. Dieses Kind… es hatte das Gesicht der Kleinen gehabt, das Gesicht von Lin!

Aber das war unmöglich, schalt er sich selbst, das konnte nicht sein. Er fantasierte nun schon, so weit war es also mit ihm gekommen…

Kopfschüttelnd warf er die Beine aus dem Bett, vergewisserte sich, dass Ray noch schlief. Doch dessen Bett war leer. Was hatte den Schwarzhaarigen bereits so früh am Morgen aus den Kissen getrieben? Es war doch erst halb sieben…

Kai erhob sich und schob den Vorhang zur Seite. Die Sonne schien und er trat auf den Balkon hinaus, der zum Garten zeigte. Unten, auf dem Rasen vor ihrem Beystadium, stand Ray und trainierte seinen Spin und seinen Abzug.

Kai war beeindruckt von Rays Motivation, die er lange nicht mehr so intensiv wahrgenommen hatte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

Seine noch leicht raue Stimme, die er immer am Morgen hatte, klang unzufrieden und er verschränkte die Arme, als er sich vorbeugte und Ray zurief: „Das geht aber noch besser!“

Der Schwarzhaarige erschrak, Drigger schlingerte und prallte an der Außenkante des Stadiums ab. Der Blade landete zu Rays Füßen.

„Mensch Kai! Du Motzkoffer! Nicht mal am frühen Morgen hat man seine Ruhe vor dir! Hättest du nicht noch ein wenig länger liegen bleiben können?“, meckerte Ray zurück und sah zu ihm auf.

„Und weiterhin zulassen sollen, wie du stümperhaft versuchst, dich zu verbessern?“

„Halt die Klappe!“

Ray schnappte sich seinen Blade und stemmte die Hände in die Hüften. „Was hältst du von einem kleinen Übungsmatch, oh großer Meister Hiwatari?“

„Hm, gar nicht mal so eine schlechte Idee… Aber nicht, bevor ich keinen Kaffee hatte. In der Zeit könntest du ja weiter üben!“

Selbstgefällig grinsend zog Kai sich zurück. Das schien ein viel versprechender Morgen zu werden.
 

„Und, was sagst du nun zu meiner Technik?!“, fragte Ray leicht süffisant.

Das Match war unentschieden ausgegangen.

„Anscheinend bist du es wohl, der noch viel an Übung bedarf, Kai! Denn das Einzige, was du zu trainieren scheinst, ist dein Ego!“

Feixend sprang er die Verandastufen empor und gesellte sich zu den anderen in die Küche an den Frühstückstisch.

„Schon wieder so eine Schießerei am Bahnhof…“, murmelte Max und faltete die Zeitung zusammen, in der er bis eben noch gelesen hatte.

„Die Welt wird nicht besser, Maxi!“, meinte Kai trocken und hockte sich vor den Mülleimer, um einen leicht schrumpeligen Apfel zu schälen.

„Es müsste jemand der Polizei unter die Arme greifen, eine Art Bürgerwehr… Oder… na ja, das sind jetzt zwar Attentäter, aber… so was, was diese Krowawaia Boina-Typen machen…“, überlegte der Blonde leise.

„WAS?! Ist dir klar, was du da sagst, Max?!“

Ray war entsetzt und starrte den Blondschopf mit wachsender Besorgnis an.

„Das sind und bleiben Attentäter, wie kannst du nur meinen, sie täten Gutes?!“

Zwischen den beiden entbrannte nun ein hitziges Wortgefecht, jeder beharrte auf seiner Position. Tyson schaltete sich ein, wollte beruhigen, doch seine Worte wurden von den beiden bereits im Keim erstickt. Kai hörte sich ihre Argumente eine Weile lang an und aß gelassen den Apfel, dann ging er dazwischen.

„Diese ‚Krowawaia Boina – Typen’ sind alles andere als Weltverbesserer, Max. Sie sollten kein Vorbild für irgendwas sein!“

„Genau das, was ich sage!“, pflichtete Ray ihm bei.

„War ja klar, dass ihr wieder einer Meinung seid und du zu Ray hältst!“, beschwerte sich Max.

„Doch ebenso wenig sind sie Attentäter, obwohl sie ähnliches tun. Sie verfolgen ein anderes Ziel als vielleicht angenommen. Gewöhnlich sind sie gewiss nicht. Und ihr solltet nicht darüber reden, wovon ihr keine Ahnung habt. Lasst dieses Team in Ruhe. Wir können froh sein, wenn sie nicht an die Weltherrschaft gelangen wollen…“

Sein Team musterte ihn skeptisch und Max und Ray starrten ihren Teamleader fassungslos an. Woher wusste er so viel darüber?!

Aber Kai grinste nur verhalten und war bereits auf dem Weg in sein Zimmer, als Kenny ihn aufhielt.

„Wohin willst du denn jetzt schon wieder?!“

„Wieso?“

„Na weil wir mit dir weggehen wollten. Und du kommst mit, egal was DU vorhast!“

„Aber Tala und ich…“

„Der kann ja unseretwegen mitkommen. Sowieso gibst du dich fast nur noch mit ihm in deiner Freizeit ab, wenn du uns nicht gerade beim Training schikanierst! Aber wir sind ein Team, und du gehörst dazu! Und deswegen unternehmen wir jetzt auch was zusammen!“

Tyson war aufgestanden und um den Tisch herumgegangen. Er war ein gutes Stück gewachsen und er und Kai befanden sich nun fast auf Augenhöhe. Jetzt baute sich der Jüngere vor seinem Leader auf.

„Kapiert?!“

Kai zückte ergeben seufzend sein Handy. Das würde ja was geben!
 

Kai lief nun also mit den Bladebreakers durch die Stadt. Er und Tala schlenderten am Schluss der Gruppe, beide mit den Händen in den Taschen.

„Sag, wie haben sie dich breitschlagen können?“, fragte Tala dann nach einer Weile neugierig und musterte Kai interessiert.

„Mit Teamgeist“, seufzte Kai und sein Blick galt Tyson, der sich just in diesem Augenblick umdrehte und ihn anlachte. Der Blauhaarige deutete auf einen Supermarkt. Er wollte hinein, sich etwas Kühles zu trinken besorgen.

Die Jungengruppe folgte ihm.

Ein großer LKW passierte sie und durch das laute Rauschen des Vorbeifahrens bemerkten weder der Rothaarige noch Kai die herannahende Gefahr. Es knirschte nur dumpf, so dass Tala aufsah. Er machte ein seltsames Loch in einem Straßenschild aus, das die Fußgängerzone ankündigte, und er konnte schwören, dass das vorher noch heil gewesen war.

Gerade wollte er zum Sprechen ansetzen, da erstarrte er.

Plötzlich – ein Schuss.

Kai drehte den Kopf in die Richtung, aus der der Schuss kam, spürte mehr denn dass er hörte

das Surren der Kugel. Als hätten sie sich abgesprochen schubsten beide Russen Kenny und Max in den schützenden Eingang des Supermarktes. Tala rollte sich über die Schulter ab, Kai sprang der Kugel katzengleich aus dem Weg und beide blieben synchron auf den Knien auf dem Straßenpflaster hocken.

Der Silberhaarige sah wütend und berechnend zu einem leicht erhöhten Gebäude hinauf, wo er den Schützen vermutete.

„Du kannst es also noch...“

„Wer ist da?!“

Tyson und Ray kamen wieder aus dem Laden gestürzt, sie halfen Kenny und Max auf die Beine. Dann drehten sie sich um und warfen ihre fragenden und erschrockenen Blicke auf Tala und ihren Teamleader.

Kai richtete sich nun langsam auf.

„Hab ich dich also gefunden...“, erklärte die dunkle Männerstimme lapidar. Es raschelte, und ein Mann, im langen, braunen Trenchcoat, vielleicht Mitte dreißig, trat aus dem Schatten einer Häuserfassade. Er schien nur Augen für Kai zu haben.

„Wer will das wissen?“, fragte Tala barsch. Er war sofort an Kais Seite, sein Beschützerinstinkt, den er über Jahre hinweg für seinen besten Freund entwickelt hatte, ließ ihn auch dieses Mal nicht im Stich.

Der Mann nahm den Cowboyhut mit der breiten Krempe ab und verbeugte sich belustigt.

„Grischa Domovoi!“, riefen beide Jungen aus.

„Stets zu Diensten. Aber nennt mich Grigorij, ich bin schließlich nicht mehr zwanzig.“

Die Bladebreakers verstanden das Ganze nicht. Sie hielten sich noch leicht verstört im Hintergrund auf und drängten sich aneinander. Einige Schaulustige waren schon stehen geblieben und besahen sich das Schauspiel. Es sah aus wie in einem modernen Western.

Kai und Tala fassten schon allein aus Gewohnheit auf ihren Rücken. Doch sie waren nicht ausgerüstet. Keiner von ihnen hatte eine Waffe bei sich.

Domovoi lachte.

„Nun aber mal ganz ruhig. Kommt mit, ich will euch was zeigen.“

Der Mann drehte sich um und ging. Skeptisch sahen Tala und Kai sich an. Dann ließen sie das Team stehen und folgten Domovoi.
 

„Findest du es nicht seltsam, dass er hier auftaucht?“, flüsterte Tala Kai ins Ohr.

Dieser zuckte nur mit den Schultern.

„Ich will hören, was er zu sagen hat“, gab er ebenso leise von sich.

Sie hielten an, als Domovoi sie ein paar Straßen weiter geführt hatte.

Es war ein kleiner Hinterhof, mit einer Tür zu einem alten Gebäude. Solche Orte waren beide schon gewohnt.

Domovoi schloss die Tür auf und alle drei Männer betraten nacheinander das Haus.

„здесь.“ Hier.

Domovoi reichte Kai einen Umschlag, Größe DinA5, und wartete.

Kai öffnete den Umschlag, sah fragend auf, und sah dann hinein. Er holte ein Foto hervor.

Als hätte er sich verbrannt, ließ er es fallen, wurde kreidebleich.

„Was ist?“

Tala bückte sich, hob das Bild auf, das auf die bedruckte Seite gefallen war und schluckte.

„Woher hast du das, Grischa!?“

„Haben mir deine Eltern selbst gegeben.“

Zu sehen waren Kais Mutter und sein Vater, der wiederum aber etwas verwackelt, da er wohl die Kamera neu justieren hatte wollen oder ähnliches und in dem Augenblick hatte wohl der Selbstauslöser abgedrückt.

„Wann?!“, fragte Tala barsch und stellte sich hinter seinen Freund, dessen Knie zitterten, und legte eine Hand auf Kais Schultern.

„Ist doch egal. Jedenfalls, ich stehe bzw. stand bis vor kurzem noch in Kontakt mit ihnen. Den kann ich aber jederzeit wieder herstellen. Nicht, ohne eine kleine Gegenleistung zu verlangen. Also, wenn du interessiert bist, Kai…“

„Grischa, ich warne dich, wenn du auch nur ein bisschen Anstand hättest--!!“

Doch Kai unterbrach Tala, tätschelte kurz dessen Arm und nickte ihm dankend zu. An Domovoi gewandt, meinte er: „Was wäre das für eine Gegenleistung?!“

„Geht nach Kroatien. Dort besorgt ihr mir….“

Beiden Jungen wurde der Auftrag nun sorgfältig erklärt und sie wurden in jedes Detail eingewiesen. Was sie zu erwarten hatten, wen sie dort antreffen würden und vor allem, was sie zu besorgen hatten.

„Gut. Wann treffen wir uns dann wieder?“

„Ruft mich an. Ich geb euch eine Nummer…“

Tala speicherte sie in seinem, wie er es nannte, „Diensthandy“, das er eigens für solche Fälle angeschafft hatte.

Er und Kai wollten nun gehen.

„Ach, und Kai?“

Kai drehte sich noch einmal um.

„Etot razgowor nikogda ne sushestwowal.“

Der Silberhaarige grinste. Natürlich, es gab nie Gespräche zwischen irgendwem – nicht in ihrer „Branche“.

„Kakoi razgowor?“

Von ihm würde niemand etwas von diesem Gespräch erfahren. In seinem eigenen Interesse.
 

„So, und wie wollen wir jetzt nach Kroatien kommen?

„Ganz legal.“

Tala verstand den Jüngeren nicht. Daher sah Kai sich gezwungen, sich zu erklären.

„Ich werde einfach Mr. Dickenson fragen.“

Der Rothaarige zeigte ihm einen Vogel.

„Das glaubst du doch wohl selber nicht.“

Sie waren wieder an der WG angekommen und Kai schloss die Haustür auf.

„Du wirst sehen…“, grinste er, doch sein Lächeln erschlaffte, als er die Polizei in ihrem Wohnzimmer vorfand, alle Jungen ebenfalls dort versammelt. Die Aufschrift auf den Rücken der Beamten war unverkennbar.

„Was geht denn hier vor?!“

Einige Beamte drehten sich um und wandten sich den Neuankömmlingen zu.

„Kommen Sie bitte mit auf die Wache… Es besteht der Verdacht, dass Sie sich mit einem international gesuchten Verdächtigen getroffen haben. Bitte folgen Sie uns, ohne weiteres Aufsehen zu erregen.“
 

„Ich glaub das nicht. Ich glaub das einfach nicht.“

Ray lief aufgebracht im Wohnzimmer auf und ab, so etwas nahm ihn immer sehr mit. Die Polizisten waren mitsamt Tala und Kai abgezogen. „Jetzt werden die schon wie Verbrecher behandelt!!“

„Dazu kommt: Wenn die Öffentlichkeit davon erfährt, geraten wir, das heißt ihr als Team und die BBA unter enormen Druck“, erklärte Stanley Dickenson, der ebenfalls informiert und hinzugezogen worden war.

„Sie reden beinahe so, als wären beide in Ihren Augen Verbrecher!“

Zornig blieb Ray stehen. In letzter Zeit war seine buddhistische Ruhe erschreckender Nervosität und aufbrausendem Temperament gewichen. Nicht, dass er nicht vorher auch temperamentvoll gewesen war. Aber er stellte es immer häufiger zur Schau.

„Ray, es tut dir nicht gut, dass du in einem Zimmer mit Kai lebst. Langsam scheint er auf dich abzufärben“, bemerke Max trocken und musterte den Schwarzhaarigen kritisch.

„Es ist nur, weil…“

„Leute, wir machen uns doch alle Sorgen. Kein Grund, uns gegenseitig zu zerfleischen.“

Die Lässigkeit, mit der Tyson das sagte, verblüffte die anderen. Doch der Blauhaarige fühlte sich sicher und seltsamerweise mit Kai verbunden, seitdem dieser ihm Einblicke in sein Privatleben gewährt hatte.

Da drehte sich ein Schlüssel im Schloss herum und die beiden Subjekte des allgemeinen Interesses betraten den Raum, nachdem sie den Flur durchschritten hatten.

„Mr. Dickenson, ich muss Sie da mal um etwas bitten, Sie und Tala, folgen mir bitte hinauf auf mein Zimmer.“

Der ernste Ton wirkte leicht arrogant, doch war Kais Stimme auch angespannt. Sie hatten sich bis eben einem Verhör unterziehen müssen. Das war gar nicht so einfach gewesen, wie er gedacht hatte. Sogar einen Lügendetektortest hatten sie über sich ergehen lassen. Und wieder einmal hatten sie es ihrer Ausbildung zu verdanken, dass sie sich nicht verrieten. Denn sie existierten nirgendwo offiziell in der Organisation, für die sie arbeiteten. Es war ihnen freigestellt, welche Aufträge sie von wem annahmen. Nur ab und an bestand Kontakt. Ansonsten bewegten sie sich relativ frei. Und nur in ganz extremen Fällen erhielten sie Rückendeckung der Organisation. Und das war hier noch nicht so.

„Also…“, begann Kai, als sie sich in seinem Zimmer befanden, den neugierigen Blicken ausgewichen und er die Tür schloss.

„Ich habe eine große Bitte an Sie. Genehmigen Sie mir einen Urlaub, eine ein-, nein besser zweiwöchigen Aufenthalt, um den Zusammenhalt im Team zu stärken und die Bladefähigkeiten zu verbessern. Es würde uns sehr gut tun. Das Problem ist nur die Schule, aber das werden Sie doch sicher hinkriegen, oder?“

Mr. Dickenson sah von Kai zu Tala.

„Ich bin mir nicht sicher, aber du hast schon so große Rückstände in der Schule, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist…“

„Wann habe ich Sie das letzte Mal um etwas gebeten? Noch nie. Immer hab ich getan, was Sie von mir wollten!“

Kai war aufgeregt, nervös, denn Domovoi hatte ihm versprochen, dass er ihm Informationen über seine Eltern zukommen ließe, vielleicht säße auch ein Telefonat drin, hatte er gemeint. Eigentlich war es Erpressung, aber auf dieser Welt bekam man ganz einfach nichts geschenkt.

„Ich habe mich sogar in ärztliche Obhut begeben, nur weil Sie das wollten! Schlagen Sie… Schlagen Sie mir also meine einzige Bitte in fast drei Jahren Zusammenarbeit nicht ab!“

Der junge Russe sah Dickenson fest an, er sprach ruhig und gefasst, vernünftig. Der Sponsor gab sich geschlagen.

„In Ordnung. Du sollst deine Genehmigung bekommen. Breiten wir den Vorschlag gleich vor den anderen aus. Vielleicht ist es auch für dich ganz gut, aus allem heraus zu kommen, du scheinst einen Urlaub vertragen zu können, Kai.“

„Danke.“

Erleichtert atmete der Silberhaarige aus, was Mr. Dickenson stutzig machte. Seit wann war der Junge so umgänglich und dankte aufrichtig?

„Ah, noch was: Es sollte so aussehen, als würde die Idee von Ihnen kommen. Und Tala kommt auch mit.“

„Natürlich Kai“, seufzte der BBA-Vorsitzende, er hätte es sich denken können. Irgendwo war immer ein Haken. Aber gut, wenn sich durch den zweiwöchigen Aufenthalt in einem anderen Land das Team näher käme, hätte das einen positiven Effekt auf die Presse und auf das Zusammenleben der Jungen.

„Was wollte die Polizei eigentlich von euch?“, fragte er dann noch, als sie wieder ins Wohnzimmer gingen, um den anderen Bescheid zu sagen.

Tala zuckte mit den Schultern.

„Das wissen wir auch nicht. Scheinen uns aber wohl verwechselt zu haben.“

Der Rothaarige ließ sich in einen Sessel fallen. Kai sah zu ihm und brummte kurz. Es ging ihm einfach zu langsam. Sein Verlangen, noch mehr über seine Eltern zu erfahren, um ihnen endlich wieder nahe zu sein, nagte an seinem Wesen. Tala musterte Kai prüfend, dann ergriff aber auch schon Mr. Dickenson das Wort: „Meine Lieben! Ihr denkt sicher, dass etwas passiert ist, nicht wahr? Es ist alles in Ordnung, das war ein Missverständnis, eine Verwechslung. Kein Grund, besorgt zu sein.“

Der alte Mann hielt inne und lächelte seine Schützlinge an. Er setzte erneut zum Sprechen an, um eine Überraschung anzukündigen.

„Ein Urlaub?!“

Ungläubig starrten vier Augenpaare Mr. Dickenson an, damit hatten sie nicht gerechnet.

„Genau. Zwar habt ihr keine Ferien, ich werde aber bei eurer Schule eine Beurlaubung für diese Zeit beantragen. Bedenkt, dass ihr den Stoff aber nachholen müsst! Es ist eure Entscheidung.“

Als Dickenson Kais giftigem Blick begegnete wegen dieser eigenmächtigen Aussage, fügte er schnell hinzu: „Ich lege euch diese Art von Ferien aber sehr ans Herz. Es wird eure Teamfähigkeit stärken. Und außerdem könnt ihr euch selbst aussuchen, wohin es gehen soll.“

Ein Raunen ging durch den Raum und eine lautstarke Diskussion darüber begann, wohin denn die Reise führen sollte. Orts- und Ländernamen wurden durcheinander ausgerufen.

„Moment, ich versteh ja gar nichts!“, lachte Mr. Dickenson. Er freute sich, dass die Idee auf Zustimmung stieß, freute sich für Kai, dass er sich doch schon recht kameradschaftlich entwickelt hatte.

Der Graublauhaarige dagegen klatschte in die Hände, damit die anderen verstummten.

„Kroatien.“

Sein schlichter Vorschlag stieß auf Unverständnis. Ray runzelte die Stirn und Max fragte: „Wieso denn ausgerechnet dahin?“

Der Sponsor schritt schnell ein, damit die Situation nicht eskalierte. Er erklärte, Kroatien sei eine gute Wahl, sie würden dann mit einem Bus über eine Fähre dorthin gebracht.

„Warum nicht wie immer mit einem Flugzeug?“, maulte Tyson, da „Bus“ auch weniger Komfort bedeutete.

„Weil die BBA vielleicht auch mal etwas sparen muss“, ergänzte der Teamleader der Bladebreakers nüchtern und fügte dann an: „Ach so, hat jemand was dagegen, wenn Tala mitkommt?“
 


 


 

~*~*~+~*~*~

Vokabeln:

Etot razgowor nikogda ne sushestwowal - Dieses Gespräch hat nie stattgefunden

„Kakoi razgowor?“ - Welches Gespräch?



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sternenalphabet
2008-04-11T14:11:22+00:00 11.04.2008 16:11
juhu endlich gehts weiter^^ hab mich voll gefreut^^ war wie immer klasse geschrieben und endlich bekommt kai infos über seine eltern, bin gespannt wie der auftrag in kroatien laufen wirt und wie die beiden das vor dem team verheimlichen .mach ganz schnell weiter!!!
xxx
Balcky

Von:  Minchi
2008-04-10T17:43:52+00:00 10.04.2008 19:43
War wieder echt ein supi Kapitel
hab mich ur gefreut das es endlich weiter geht
Mal sehen wie lange es noch dauert bis die anderen aus dem Team was merken
Is ja schon recht auffällig so eine Schießerei auf offener Straße
Von: abgemeldet
2008-04-09T17:33:22+00:00 09.04.2008 19:33
Super Kappi! Bin ja mal sehr gespannt, wie der Auftrag ausgeht und ob alles glatt läuft^^ Freu mich schon aufs nächste Kappi und wünsch dir viel Glück beim Abi :3
Bye
Julchän
Von:  Minerva_Noctua
2008-04-08T19:56:48+00:00 08.04.2008 21:56
Die Geschichte gefällt mir, wie immer^^!
Aber sag mal, was hat denn die Organisation davon, wenn ihre Leute frei arbeiten und selbst Fälle aussuchen? Bekommt die Geld oder was treibt die dazu an?
Ich hoffe, du schaffst es trotzdem (in was für Fächern schreibst du Abi?) bald weiterzuschreiben!
Gerade jetzt, wo es wieder so interessant wird!
I love this story!

Bye

Minerva
Von:  kuro_Yuri
2008-04-08T17:09:59+00:00 08.04.2008 19:09
es geht weiter *freu* und das kapi ist echt wieder super,mega geil^^immer weiter so xD ich liebe deine ff einfach und kann nie genug bekommen <3
bin jetzt auch echt gespannt ob kai seine eltern wieder findet,ich hoffe es ja für ihn.immer hin hat er jetzt etwas gewissheit das sie doch noch leben!ich wünsch es mir ja wirklich für ihn^^ naja auch wenn ich ein totaler tala fan bin^^ und auf denn auftrag bin ich gespannt und ich denke mal der wird echt nicht leicht für die beiden sein >.< also schnell weiter schreiben xD
liebe grüße chhaya
Von:  Sofo
2008-04-08T15:18:55+00:00 08.04.2008 17:18
so, jetzt kommt eines der berühmtberüchtigten (ich übertreib so gern) sofokommentare xD ich kommentiere gerne während des lesens, damit ich mich über alles äußern kann, was mir grade so einfällt xD
also erstmal... gleich zu anfang bei dem traum bei dem mädchen... ich musste sofort an Lin denken oo und dacht mir dann "wa, geht doch gar nicht, die is doch viel jünger" oO

"Was hatte den Schwarzhaarigen bereits so früh am Morgen aus den Kissen getrieben? Es war doch erst halb sieben… "
Das gefällt mir xD kannst du aber schön reimen XD nein wirklich, ich musste von diesem simplen satz echt schmunzeln, fand das niedlich xD wenn ich das lese, klingt das in meinem kopf wie ein gedicht... XD
was auch ein meiner meinung nach sehr schönes wört ist...: Motzkoffer XD Das gab grad nen schönen Lachanfall bei mir XD Das hab ich noch nie gehört XDDD Das klingt so toll XD erinnert mich an Siebenstein, mit dem sprechenden Koffer... sowas in etwa, mit blauen streifen, blaugrauen haaren und kais stimme... XDDDD Nee echt, wunderhübsch XD
"Wir können froh sein, wenn sie nicht an die Weltherrschaft gelangen wollen..." <- da sind sie aber auch die einzigen, der rest der welt ist doch immer darauf aus...
"...die beiden Subjekte des allgemeinen Interesses..." ist auch eine sehr schöne Formulierung XD Merkst dus, ich geb nur Kommentare zu dem, wie du die Dinge formulierst XD na ja gut, zum Inhalt kann ich auch erst was sagen, wenn ich das Kapitel durch hab...

schönes Ende XD sehr sehr schönes Ende. Ein mieser, fieser Cliffhanger *hau* aber schön xD
Mhhhm... auf DEN Auftrag bin ich wirklich gespannt. Kroatien - was sollen die denn in Kroatien? Das wird ja sicher kein Zuckerschlecken, bei der "Belohnung" für den Auftrag... ohje ohje >.< ich bin extrem gespannt wie's weitergeht oO klebte ab der 2. seite eigentlich nur noch am Bildschirm oO spannend <3 hihi
Sofo
Von:  LindenRathan
2008-04-08T14:32:42+00:00 08.04.2008 16:32
Wie immer klasse geschrieben.
Bin gespannt ob Kai seine Eltern treffen kann und wie dieser Auftrag ausgeht.


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