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Snakeshadow

Pairing: HarryxDraco
von

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Der Anfang vom Ende?

So, erst einmal, die Charaktere und die Grundstory gehören nicht mir, ich verdien hiermit kein Geld und mach alles nur aus Spaß! Ähnlichkeiten mit anderen ffs sind Zufall und nicht beabsichtigt.

Aber jetzt viel spaß beim lesen!
 


 

Prolog:

"Warum haben Sie meine Eltern getötet?", ein dunkle, eiskalte Stimme, die so beißend war, dass sie die Luft wie ein Messer durchschnitt.

"Warum? Warum?!" Endlich war dieses unerträgliche, permanente Funkeln aus seinen Augen verschwunden und einem Anflug von Panik und Wut gewichen. "Deine Eltern waren Monster, Werkzeuge in der Hand Voldemorts!"

Eine dunkle, scharf gezeichnete Augenbraue schob sich höhnisch nach oben. Ganz schön dreist, eine Vela als Monster zu bezeichnen. "Crucio!"

Der Alte vor ihm schrie auf, fiel wieder auf die Knie, die rechte Hand um seinen zerbrochenen Zauberstab verkrampft.

So jämmerlich...

Der Zauberstab des jungen, ganz in schwarz gekleideten Mannes sank ein Stück und die Schmerzen des alten Zauberers hörten augenblicklich auf.

Ein unerwartetes Geräusch, Stimmen und die beiden Widersacher fixierten fast gleichzeitig den Wald.

Vom Waldrand her bewegten sich die Umrisse von Menschen auf die beiden Kontrahenten zu. Waren das die Reste des Phönixordens? Ja, vermutlich.

Im schwachen Licht der Sterne und des Vollmondes war es für den alten Mann sicher schwer zu erkennen, aber auch der schien es zu begreifen, als sie noch ein Stück näher gekommen waren, denn in seinen Augen flackerte Hoffnung, fast Triumph auf.

Aber auch das würde gleich wieder verschwinden. Im Bewusstsein, dass es so sein würde sah der Jüngere mit schillernden smaragdgrünen Augen in den Himmel und da fand er, was er suchte. Ein schwarzer, immer größer werdender Schatten bewegte sich auf sie zu. Plötzlich erschütterte ein Donnern das wolkenlose Firmament und nun schaute auch der alte Zauberer auf.

Ein sadistisches Lächeln glitt über die Lippen des Jüngeren, als er den Ruf seiner Verbündeten hörte.

Jetzt tauchte der gewaltige Drache in atemberaubender Geschwindigkeit in die Tiefe und die hellen Mondstrahlen ließen die weißen Schuppen wie flüssiges Silber leuchten.

"Nein...", keuchte der Alte, doch das Grinsen des Jüngeren wurde nur breiter, als er jetzt auch die dunkle Gestallt auf dem Hals des Drachen ausmachen konnte. Niemand, selbst er nicht, konnte das Gesicht der Person erkennen, die auf dem Drach ritt und doch wusste er, dass es sein engelsgleicher Dämon war. Der einzige Drache, den er niemals wirklich beherrschen würde, der einzige, um den er, wenn es nötig wäre, jeden Tag kämpfen würde.

Wieder ein Brüllen und die aufgeregt umherlaufenden Gestallten verschwanden in einer Feuerwand. Den Rest würden seine Leute erledigen, die bis jetzt nur noch auf sein Zeichen warteten. Selbst aus dieser Entfernung spürte er bei einigen den Blutdurst. Sie waren hungrig.

"Nun, ich schätzte, Sie werden mir keine andere Antwort auf meine Frage geben und da nun auch der Phönixorden und Voldemort nicht mehr existieren, haben wir uns wohl auch sonst nichts mehr zu sagen."

Der Alte riss sich von den alles verzehrenden Flammen los und starrte angstvoll auf das im Schatten liegende Gesicht des Jüngeren. Aber selbst jetzt konnte er dieses eiskalte Lächeln erahnen, das einem das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Er würde sterben. Jetzt.

"Sie sind mir zu erbärmlich, als dass ich noch einmal einen Zauber an Sie verschwende." Der Jüngere drehte sich langsam um, warf noch einmal einen vernichtenden Blick auf den am Boden liegenden und ließ diesen einfach zurück.

Ungläubig starrte der Alte auf den Rücken des Schwarzmagiers. Er ließ ihn am Leben? Einfach so? Wie naiv war dieser Junge? Er würde alles tun, um ihn endlich zu töten!

Ein Rascheln im Gras ließ ihn nervös umherblicken. Der Jüngere rührte sich nicht.

Und dann sah er den langen, glitzernden Körper, der sich über den Boden schlängelte. Das mindestens fünf, bis sechs Meter lange Ungetüm bewegte sich fast lautlos über die Erde. Als sich der Basilisk vor dem Alten aufrichtete, blickte er fasziniert auf die geschlossenen Augen des magischen Wesens.

"Wären Sie mir mit der Achtung begegnet, die jeder Mensch verdient, hätte ich vermutlich bedingungslos an ihrer Seite gekämpft.", sagte der Jüngere eisig.

"Du bist keine Mensch mehr, warst es nie!", der alte Zauberer konnte die Verachtung in seiner Stimme nicht verbergen.

"Vielleicht nicht im eigentlichen Sinn.", der Jüngere sah auf, schaute auf die schwarzgekleidete Gestallt mit dem silberblondem Haar, die auf ihn zulief. "Aber ich werde immer mehr menschliche Gefühle besitzen, als Sie zu ihrem Todeszeitpunkt." Die Gestallt hatte ihn fast erreicht. Hinter ihr folgten, wenn auch gemächlicher, seine Verbündeten. Ein Wort auf Parsel und der Basilisk öffnete mit einem Zischen seine Augen.

Zwei Arme schlossen sich um den Jüngeren und silberblondes Haar vermischte sich mit Pechschwarzem.

"Es ist vorbei, Harry. Es ist endlich vorbei."
 


 

Also, bitte, bitte, sagt mir, ob es sich lohnt, wenn ich weiterschreiben würde! *g*

My Pain

Großes Danke für die vielen lieben Kommis! Hab fleißig weitergeschrieben und hier ist auch schon das nächste Kapitel. Viel Spaß!
 

Harry lag regungslos auf seinem Bett, spürte sich innerlich absolut leer und ausgezerrt. Und äußerlich... Sein Körper erschien ihm dreckig und beschmutzt. Er konnte duschen so viel er wollte und das Wasser so heiß aufdrehen, bis seine Haut krebsrot wurde. Er fühlte sich trotz allem noch schmutzig und auch das Blut, das in fast jedem seiner Träume an seinen Händen klebte, bekam er nicht ab. Er spürte, roch dieses Blut fast, auch wenn er es außerhalb seiner Alpträume nicht sah.

Er war Schuld, er ganz allein, war die Ursache dafür, dass seine Eltern, sein Schulkamerad und Sirius nicht mehr lebten. Er, Harry, der-Junge-der-Lebte, die Hoffnung der Zauberwelt hatte sie in den Tod getrieben und es gab nichts auf dieser Welt, was diese Tatsache ändern könnte. Und eben so wenig gab es nichts, was ihm diese Gegebenheit auch nur für ein paar Stunden vergessen ließ, den sie war wie ein Echo auf jeden seiner Gedanken.

Wieder schoss ihn das Bild des sterbenden Sirius durch den Kopf. Die quälend langen Sekunden, in denen sein Körper hinter dem wehenden Vorhang verschwand. Und das altbekannte Schuldgefühl wurde von einem alles zerfressenden Hass begeleitet. Oh, wie er diese Bellatrix Lestrang verabscheute und wie er sie leiden lassen wollte, für das, was sie Sirius angetan hatte!

Aber dieser Zorn, den er in sich verspürte, bezog sich noch auf andere Personen. Voldemort, der ihn seiner Eltern beraubt hatte und diesem Dumbledore, der ihm die Wahrheit stets nur Stückchenweise und viel zu spät präsentierte, der ihm nicht vertraute und ihn in diese Falle ins Ministerium laufen ließ und zu guter Letzt auch noch auftauchte, als das schlimmste schon längst passiert war!

Harry drehte sich zur Seite und stöhnte leise vor Schmerzen auf. Die Striemen auf seinem Rücken brannten wie Feuer und sein Unterleib schmerzte höllisch. Ganz abgesehen von den unzähligen blauen Flecken auf seiner Haut und dem permanenten Übelkeitsgefühl, das er seit Tagen - oder waren es schon Wochen? - hatte.

Der geschundene Junge lächelte gequält, während er mit glanzlosem Blick auf die vergitterten Fenster starrte um ja nicht die Augen zu schließen und die vielen schrecklichen Bilder vor seinem geistigen Auge wieder revü passieren zu lassen. Nun, zumindest für eins waren diese Schmerzen gut. Sie verdrängten und dämpften für einen kurzen Moment die Qualen seiner zerrissenen Seele.

Hedwig flog leise auf sein Nachtkästchen und ihr Besitzer drehte sich mit zusammen gebissenen Zähnen wieder auf die andere Seite. Es war egal, wie er lag oder ob er Stand, im Grunde genommen hatte er immer

Schmerzen.

"Hedwig...", flüsterte Harry heißer.

Seine treue Schneeeule knabberte an seiner Nasenspitze und Schuhute leise, so als wolle sie ihn trösten. Harry strich sanft über das weiche, schneeweiße Gefieder und Hedwig ließ es sich glücklich gefallen. Ja, dachte der Junge, Hedwig war seit Wochen hier drinnen eingesperrt, aber seine kluge Eule wusste längst, dass es ihm viel schlechter ging als ihr und versuchte ihn auch noch in ihrer eigenen unangenehmen Lage zu trösten.

Wieder glitt dieses bittere Lächeln über seine Lippen und eine weitere Flut von wütenden Gedanken drang auf ihn ein. Seine Eule war hier um ihn zu trösten, aber wo waren seine Freunde?! Er hatte zu Anfang viele Briefe geschrieben - so lange bis sein Onkel ihm verboten hatte, seine Eule hinauszulassen - aber keinen einzigen hatten sie ihm beantwortet. Es interessierte sie einen Dreck, wie es ihm ging!

Und wenn es ihnen Dumbledore hundertmal untersagt hatte, ihm zu schreiben - was Harry sehr stark und mit noch weit größerer Verärgerung annahm - kapierten sie denn nicht, dass er bei seinen Verwandten zugrunde ging?

Warum fragte eigentlich niemand IHN, ob er es riskieren wollte, das seine Briefe abgefangen wurden, ob er dieses Wagnis eingehen wollte? Er setzte sich selbst lieber der Gefahr aus, Voldemort irgendwo zu

begegnen, als die gesamten Ferien hier allein und ohne Nachricht zu verbringen!

Obwohl, wenn er es recht überlegte, mussten die Ferien in ein paar Tagen ohnehin vorbei sein.

Vielleicht hatten sie ihn aber auch absichtlich vergessen. Eine neue Welle von Gefühlen, diesmal überwiegend Selbstvorwürfe, drängten sich in sein Bewusstsein. Er hatte sie durch seine voreiligen Handlungen alle in Todesgefahr gebracht und Remus hatte seinen besten Freund bei dieser Aktion verloren.

Es war doch eigentlich klar, das niemand von ihnen noch etwas mit ihm zu tun haben wollte...

Sein Blick wanderte über das Paket, dass vor wenigen Tagen per Eulenpost eingetroffen war und ihm einen Tritt in den Magen, sowie zwei Abende ohne Essen eingebracht hatte, weil Vernon ausgeflippt war, als gleich DREI Eulen vor dessen Haustür gelandet waren und sich die Nachbarn lautstark darüber lustig gemacht hatten.

In diesem Paket befanden sich neue Umhänge, die Bücher fürs neue Jahr und einige andere Zauberutensilien, die ihm - laut Brief - seine Hauslehrerin besorgt hatte. Nicht mal diese Freude hatten sie ihm gelassen, auch den alljährlichen Besuch in der Winkelgasse hatten sie ihm jetzt verwehrt, mit dieser ewigen, immer fadenscheiniger werdenden Entschuldigung, es geschehe alles zu seinem Schutz. Verflucht! Er wollte nicht beschützt werden, wenn das hieß, dass er seine ganzen Freien in einem einzigen Zimmer verbringen musste, in dem er geschlagen und misshandelt wurde!

Harry atmete tief ein und aus, verdrängte die aufkeimende Wut, so gut es irgendwie ging. Er lenkte seine Gedanken mit einiger Mühe auf die Ergebnisse seiner ZAGs. Er hatte keine Ahnung, wie er in Zaubertränke ein O zustande gebracht hatte und somit seiner Auroren Ausbildung nichts mehr im Wege stand. Aber eigentlich war ihm das egal, so wie für ihn in letzter Zeit vieles, was ihm einmal Wichtig und Richtig erschienen war, bedeutungslos geworden war.
 

*
 

"Hey!", Onkel Vernon schlug mehrmals grob gegen die Tür, so dass das Schloss und die Türangeln schon fast nach gaben. "In 10 Minuten will ich dich unten sehen, du Missgeburt! Ich will nicht, dass du den Zug verpasst und du uns noch das ganze weitere Jahr auf der Pelle hockst!" Die laute und wie immer wütende Stimme, wenn Vernon mit Harry sprach, verstummte und mit schweren Schritten hörte man ihn die knarrende Treppe hinunter steigen.

Nachdem er kurz zusammengezuckt war, drehte der angesprochene Junge mit einer müden Bewegung den Kopf zur Tür und sah danach aus dem Fenster. Es musste früh morgens sein, die Sonne hing noch verschlafen am Horizont. Wieder eine Nacht vorbei, in der Harry nur wenige Stunden geschlafen hatte und diese wenigen auch noch gänzlich aus Alpträumen bestanden. Noch eine Nacht, in der er sich vor Schmerzen unruhig von einer Seite auf die andere geworfen hatte. Alles in allem eine ganz gewöhnliche Nacht eben.

Er hatte kaum Zeit, aber er blieb trotzdem liegen. Er verspürte nicht den geringsten Ansporn aufzustehen. Genauso gut konnte Vernon jetzt zurückkommen und ihn Todprügeln. Es war so erschreckend egal.

Ein leichtes Zwicken an seinem kleinen Finger verscheuchte den bekannten Nebel, der sein Gehirn wie in Watte packte und keinen vernünftigen Gedanken mehr zuließ. Dieser Zustand überkam ihm in letzter Zeit immer öfter.

Langsam und vorsichtig rappelte sich der Junge auf und sah seine Eule aus dumpfen Augen an, die ihm jetzt entschuldigend am Ohrläppchen knabberte.

Er lächelte leicht. "Schon gut...", meinte er leise, seine Stimmer heißer, wo er sie doch oft tagelang nicht benutzt hatte. Zumindest seiner treuen Hedwig zuliebe, musste er nach Hogwarts. Dort war wenigstens sie nicht eingesperrt. "Hast ja Recht. Jeder Ort ist besser als der hier.", redete Harry gedämpft weiter und streichelte beruhigend über das weiche Gefieder.

Schwerfällig erhob er sich von der harten, zerschlissenen Matratze und stieg umständlich in seine Sachen. Seinen Koffer hatte er gar nicht erst ausgepackt und das Pakt gestern in einem Anflug plötzlicher Vorfreude - die aber genau so schnell wieder verflogen war - schon dazu geschmissen und alles Reise fertig gemacht.

Seine abgetragenen und ausgebeulten Klamotten schlackerten nur so um seinen abgemagerten Körper, an denen man inzwischen deutlich die Knochen zählen konnte.

Er warf beim vorbeigehen einen kurzen Blick in den Spiegel, sah seine eingefallenen Wangen und die tiefen Augenringe unter seinen glanzlosen Augen, ebenso wie sein in alle Richtungen abstehendes Haar, dass trotz all seiner Wildheit leblos wirkte, wie der Rest seines Körpers. Die dunkle Narbe hob sich schon fast obszön von seiner graufahlen Haut ab. Er sah wirklich krank aus, fast abstoßend, stellte Harry fest und verwarf den Gedanken gleich wieder. Es war unwichtig.
 

Harry hatte mit viel Mühe die 10 Minuten Frist eingehalten und trotzdem eine saftige Ohrfeige kassiert. Vermutlich allein dafür, dass er atmete und kostbare Luft verbrauchte. Die Fahrt zum Bahnhof war durch die ständigen Beschimpfungen Vernons ebenso wenig erholsam und Harry nahm nur unbewusst wahr, dass sie viel zu früh dran waren. Aber das war gut. Dann konnte er sich in ein Abteil verkriechen und brauchte nicht die vielen entsetzten Blick zu ertragen, wenn er auf dem vollen Bahnsteig ankam.

Ungeschickt stapfte er mit seinem schweren Koffer und dem Eulenkäfig Richtung Bahngleis 9 ¾, darauf achtend nicht zu viele Schmerzen bei jedem Schritt zu haben.

Auch die wenigen Menschen, die um diese Zeit unterwegs waren, musterten ihn mit mitleidigen Blicken, aber Harry war es gleichgültig, solange er unauffällig durch die Absperrung kam.

Die scharlachrote Lock strand in ihrer vollen Größe vor ihm und Harry erkannte zufrieden, dass er der erste war. Kein Wunder, wo der Zug doch erst in drei Stunden losfahren würde.

Er schleppte sich mit seinem unhandlichen Gepäck durch den Zug und suchte sich ein Abteil ganz weit hinten. Mit einem kurzen Schwenk seines Zauberstabs verschloss er die Tür und ließ seine Eule aus ihrem Käfig.

Es tat gut allein zu sein und gleichzeitig hasste er die Einsamkeit, sie ließ ihm einfach zu viel Zeit zum Nachdenken.

Nach einer Stunde wurde es langsam lauter und er hörte Schüler und deren Eltern oder Bekannte auf den Bahnsteig kommen. Er machte sich nicht die Mühe, aus dem Fenster zu sehen. Er wollte gar nicht sehen, wie sie sich von den Menschen, die sie liebten und von denen sie wiedergeliebt wurden, verabschiedeten. Ihren Familien. Ihren Freunden. Ihren Paten...

Nein! Harry schüttelte unwillig den Kopf und versuchte den Gedanken zu vertreiben. Ihm würde dieses Glück nicht mehr zu Teil werden. Er hatte weder Freunde, noch Familie und keinen Paten mehr. Er würde nie

wieder zulassen, dass ein Menschen ihn liebte, oder dass er selbst für jemanden mehr empfand, als Freundschaft - schon dieses Gefühl war fast zuviel - denn sollte er noch einmal jemanden verlieren, der ihm

soviel bedeutete, würden die letzten Reste seiner Kraft gnadenlos aufgebraucht werden. Seine zerrissene Seele würde endgültige zerstört, sein Geist unwiderruflich gebrochen werden. Dann würde nichts mehr übrig sein, von dem Jungen-der-Lebte, war doch schon jetzt nicht mehr viel von dem schüchternen und doch neugierigen elfjährigen Zauberschüler vorhanden.

Mit diesem Gedanken döste Harry langsam weg.
 

*
 

Virginia Weasley wanderte murrend durch die Abteile des Zugs. Sie hatte sich von ihren Eltern nur kurz und halb herzig verabschiedet. Sie konnte es einfach nicht mehr hören!

Lern fleißig, Ginny! Mach uns keinen Ärger, Ginny! Pass auf dich auf, Ginny! Und vergesse nicht, was ich dir gesagt hab, Ginny! Wie alt war sie?! Sechs? Sie fing gerade ihr fünftes Schuljahr an, da konnten sie doch endlich mal auf hören, sie wie ein Kleinkind zu behandeln!

Und dann der Spruch: Ron wird schon auf dich acht geben. Ron! Der konnte doch nicht mal auf sich selbst aufpassen!

Aber was Virginia wirklich fast vor Wut zum platzen brachte, war die Tatsache, dass Ron und Hermine in aller Seelenruhe rumstanden, miteinander turtelten und sich absolut keine Sorgen um Harry machten.

Und so was schimpfte sich seine 'besten Freunde'!

Sie selbst konnte das Ungute Gefühl, dass sie schon vor den Ferien gehabt hatte nicht los bekommen. Harry hatte sich schon da so seltsam in sich zurück gezogen. Sicher, er war nie eine besonderes offene Person, auch wenn es für außen stehende so aussah. Aber wer ihn beobachtete stellte schnell fest, dass sein argloses Lächeln, seine offenherzige Art und seine ausdrucksvollen Augen nur von dem schüchternen und zurückhaltenden Jungen, der er eigentlich war, ablenken sollte. Harry sprach selten über seine eigenen Gefühle und wenn man ihn danach fragte, wie es ihm ging, kam immer dieselbe Antwort.

Es ist Ok. Ich komme zurecht. Macht euch keine Sorgen.

Hermine und Ron hatten ihm das anscheinend abgenommen, denn es waren dieselben Erklärungen, mir denen sie auch Ginny abspeisten, wenn sie ihnen - mal wieder - mit ihrer Sorge um Harry in den Ohren lag.

Hatten sie denn nicht gemerkt, dass Harrys Lächeln seit Sirius Tod kein einziges Mal mehr seine Augen erreicht hatte? Da konnten die anderen ihr hundertmal erzählen, dass Dumbledore schon dafür sorgte, dass es ihm gut ging.

Ginny wusste es auch nicht so genau, aber seit dem Vorfall im Ministerium hatte ihr Vertrauen ihn den altem Mann stark gelitten. Es hätte niemals dazu kommen dürfen, wenn er wirklich so allwissend war, wie immer alle behaupteten.

Virginia zog eine weiteres Abteil auf, nur um fest zustellen, dass Harry nicht drin war. Ron hatte gesagt, sie solle ihn suchen, und ihm sagen, dass sie erst später kommen würden. Er und Hermine waren ja Vertrauensschüler ! Hatten ja so viele Pflichten! Diese Vertrauensschülerversammlung war ihnen also wichtiger als Harry!

Und dann noch dieses überlegene Grinsen von Ron, als er meinte, sie könne sich ja mal wieder etwas mit Harry unterhalten. Scheinbar glaubte der Gute also immer noch, dass sie in seinen besten Freund verschossen war.

Trottel!

Zugegen, sie hatte mal eine Zeitlang für Harry geschwärmt, aber darüber war sie hinweg. Sie hatte längst begriffen, dass er nichts von ihr wollte und dass sie als Paar gar nicht zusammenpassen würden.

In diese Gedanken vertieft öffnete sie die nächste Abteiltür und ihr Koffer landete mit einem dumpfen Ton auf dem Boden, weil sein Griff ihren heftig zitternden Finger entglitten war.

Nein! Das konnte doch nicht...

Virginia legte sich eine Hand auf ihren Mund um zu verhindern, dass sie nicht doch plötzlich los schrie, wenn ihr Verstand endlich begriffen hatte, dass dieses menschliche Wrack vor ihr tatsächlich Harry Potter war. Sie ging noch einen Schritt vor, nur um die Narbe zu betrachten und sich endgültig davon zu überzeugen.

Das war doch... Das konnte doch einfach nicht wahr sein! Und das sollte der viel gerühmte Schutz Dumbledors sein?! Harry sah aus als hätte er seine Ferien in Askaban verbracht!

Mit schnellen Handgriffen hatte Ginny ihren Koffer verfrachtet und leise die Tür verschlossen. Sie hatte das Gefühl, dass niemand Harry so sehen durfte, obwohl ihr überdeutlich bewusst war, dass sich sein Zustand während der Zugfahrt wohl nicht sonderlich verbessern würde.

Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, ließ sie sich ihm gegenüber nieder. Sie unterdrückte ihren ersten Impuls, den armen Jungen aufzuwecken und ihn mit Fragen zu überhäufen, die alle auf das gleiche hinausliefen. Was war nur passiert? Er sah aus, als wurde er den Schlaf brauchen. Ihre Augen ruhten auf seinem ausgezehrtem Gesicht und seiner selbst im Schlaf verkrampften Haltung.

Ginny wandte sich zum Fenster, konnte es einfach nicht mehr ertragen, ihn weiter anzusehen. Eine Welle von Wut, Selbstvorwürfen und vor allem Mitleid überflutete ihr Bewusstsein. In das Stimmengewirr auf dem Bahnsteig hinein erklang der schrille Pfiff der Lock und mit einem leichten Ruck setzte sich der Hogwartsexpress in Bewegung.
 

*
 

"Sirius!" Harry schrie sich heißer, während er die Treppen zum Vorhang hinunter rannte. Er würde ihn nicht mehr erreich. Er kam zu spät! Er kam immer zu spät!
 

Mit einem erschrockenen Einatmen wachte Harry auf und wischte sich mit eine kraftlosen Bewegung den Schweiß von der Stirn. Nur ein Alptraum, beruhigte er seine aufgescheuchten Gedanken.

Harry sah auf und begegnete dem ruhigen Blick von Rons Schwester. Sie beobachte ihn still und ihre Augen spiegelten eine Mischung aus Mitleid und sanftem Verstehen. Der Jung musste sich erst einmal orientieren und wunderte sich dann, das ihr Blick so gelassen schien, wo er doch schon selbst vor seinem eigenen Spiegelbild erschauderte. Aber vielleicht war sie schon länger hier und hatte den ersten Schock schon überwunden.

Virginia schaut nach ein paar langen Sekunden wieder aus dem Fenster, die Hände im Schoß verschränkt und Harry war froh darüber, da es ihm noch immer unangenehm war, wenn er so gemustert wurde.

Andererseits konnte er sich gut vorstellen, das man seinen Anblick nicht lange ertrug, so abstoßend, wie er im Moment aussah.

"Was ist passiert?", fragte Ginny unvermittelt und starrte weiter auf die vorbeifliegende Landschaft.

Harry seufzte leise. Das hatte ja kommen müssen. Er hatte diese Frage gefürchtet und gleichzeitig schrie alles in ihm danach, seinen Schmerz, seine Verzweiflung endlich einmal jemandem anzuvertrauen. Aber gab es überhaupt jemanden, der ihn verstehen konnte?

"Musst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst.", fügte das Mädchen nach ein paar Minuten des Schweigens hinzu. Sie wusste aus Erfahrung, dass er sich nur weiter zurückzog, wenn man ihn bedrängte.

Harry musste an Hermine denken, die in so einer Situation sicher versuchen würde, ihn wie eine Zitrone auszupressen. Aber nein, er konnte es ihr nicht erzählen. Sie war zu Jung, zu naiv und konnte nicht verstehen, was in seinem Kopf vorging. Verstand er sich doch selbst kaum noch.

Der Stolz der Zauberwelt versuchte zu lächeln, was ihm sogar halbwegs gelang und schüttelte leicht den Kopf. "Es ist nichts. Alles Ok."

Ginny warf ihm einen kurzen Blick zu und seufze nun ihrerseits, als sie sich wieder dem Fenster zuwandte. "Du solltest nicht lächeln, wenn dir nicht danach zumute ist.", meinte sie ernst, "Damit betrügst du dich nur selbst."

Bitte was?! Einen langen Moment sah er sie nur völlig verblüfft an, schaute in das kindliche Gesicht. Hermine und Ron hatte ihm das immer abgenommen und auch wenn er jetzt so mies aussah, hatte er nicht erwartet, dass ausgerechnet Ginny ihm seine Maskerade nicht mehr glauben würde.

Nun endgültig aus seinem monotonen Zustand gerissen berührten ihn ihre Worte irgendwie. Vielleicht verstand sie doch mehr, als er gehofft hatte. Das Bedürfnis sich dem jüngeren Mädchen anzuvertrauen, ihr sein ganzes Herz auszuschütten wurde so stark, dass es schon fast wehtat.

"Dumbledore hat euch verboten mir zu schreiben?", fragte er, ohne auf ihre Worte einzugehen. Er konnte seine Wut auf den Schulleiter kaum zurückhalten.

Ein schwaches, schuldbewusstes Nicken von Virginia und wieder verkrampften sich Harrys Hände in seine Unterarme. Der daraufhin folgende körperliche Schmerz hielt den aufsteigenden Zorn gegen Albus ein wenig zurück. Wie hatte ihm dieser alte Narr das nur alles antun können?!

"Dir ist es schon vor den Ferien nicht gut gegangen, aber jetzt?", taste sich Ginny vorsichtig weiter. Auch sie war höchst ungehalten über das Verhalten des Schuldirektors, aber vorerst war Harry wichtiger.

Der-Junge-der-Lebt hob gleichgültig die Schultern. Leere, trübe Augen, in denen kein Lebenswille und schon gar keine Lebensfreude mehr vorhanden war, blickten auf die vorbeiziehende Gegend.

"Es wundert mich, das du überhaupt noch etwas mit mir zu tun haben willst.", stellte er nach kurzem zögern fest.

Ehrlich verwundert sah sie ihn an. "Wie meinst du das?"

"Na, ja... Nach dem Vorfall im Ministerium... Ich hab euch schließlich alle in Todesgefahr gebracht Ron und Hermine scheinen dies zumindest zu denken." Seine Augen schweiften durch das leere Abteil, in dem seine angeblich beste Freunde offensichtlich fehlten.

"Nein, nein.", versicherte Ginny hastig, "Die beiden müssen doch ins Vertrauensschüler Abteil, sonst wären sie längst hier!"

Harrys ungläubiger, fast enttäuschter Blick, traf sie wie ein Fausthieb. Nein, es war nicht gut, ihm jetzt etwas vorzugaukeln, von dem sie selbst nicht überzeugt war und warum sollte sie Ron und Hermine auch in Schutz nehmen... Vielleicht waren sie ihm ja tatsächlich böse wegen dieser Sache und wenn das der Fall war, dann würde Ginny den beiden Mal ordentlich den Kopf waschen müssen!

Sie strich sich verlegen die fülligen, roten Haare aus der Stirn, während ihre Hände plötzlich wahnsinnig interessant zu sein schienen. Ohne den Kopf zu heben, sah sie ihn an. "Ich zumindest bin dir nicht böse. Wir hatten alle die Wahl, du hast uns ja schließlich nicht mit gezogenem Zauberstab dazu gezwungen, mitzukommen. Außerdem hätte jeder von uns so gehandelt, wenn ein geliebter Mensch in Gefahr gewesen wäre."

Der schmerzliche Zug um seinen Mund vertiefte sich und Ginny wünschte sich inständig ihn nicht an seinen Paten erinnert zu haben.

"Trotzdem bin ich schuld, dass er tot ist.", rutschte es Harry bitter heraus.

Virginia bekam große Augen und sah ihn erschocken an. Ganz plötzlich eröffnete sich für sie zumindest ein Teil von Harrys Trostlosigkeit. Ohne groß darüber nachzudenken griff sie mit ihrer weichen Kinderhand nach seinen knochigen Fingern. Er selbst hatte letztes Jahr alles Kindliche verloren. "Du gibst dir die Schuld? Aber Harry! Du warst es nicht, der den Todesfluch gesprochen hat. Es war eine Falle von Voldemort!"

"Ich hätte es wissen müssen.", Harry hatte seine andere Hand in seinem rabenschwarzen Haar vergraben und seine ganze Verzweiflung klang aus diesen Worten. "Ich hätte begreifen müssen, dass er mich nur manipulierte! Hätte auf die Warnungen der anderen hören müssen! Aber ich..."

"Harry, verflucht, du warst damals 15!", unterbrach ihn Ginny unerwartet heftig, "Gerade mal ein Schüler, wie auch jetzt noch und du erwartest von dir, dass du die Pläne eines Wahnsinnigen, der sich selbst zum Lord ernannt hat, kennst?"

Der gebrochen Junge stutzte einen Augenblick. Ja, so wie Ginny das darstellt... aber nein, was dacht er da bloß! So drückte er sich doch nur vor der Verantwortung. "Aber Dumbledore wusste es und hätte ich mit Snape richtig geübt und ihn nicht verärgert, dann..."

"Wenn unser Schulleiter so allwissend ist, hätte er wissen müssen, das ihr beide nicht miteinander auskommt. Das wusste ja eigentlich sogar die ganze Schule. Und sag mir bitte einen einzigen Schüler in Gryffindor, der Snape nicht allein durch seine bloße Existenz verärgert!", meinte sie spitz und der Geist eines ehrlichen Lächelns erschien in Harrys Gesicht.

"Und weist du, Harry.", sie drück seine Hand noch einmal sanft und der Junge genoss die Wärme. Er fror in letzter Zeit so oft. "Sirius hätte sicher nicht gewollt, dass du dich seinetwegen so fertig machst."

"Ja, vielleicht.", erwiderte Harry und glaubte seit Ewigkeiten so etwas wie einen Hauch innerer Ruhe zu empfinden.

In diesem Moment klopfte es an der Tür und beide zuckten zusammen. Virginia stand auf, schloss die Tür mit einem Schwenk ihres Zauberstabs auf und öffnete diese einen Spalt breit. Es war die Verkaufshexe, die jedes Jahr mit ihrem Wägelchen voller Leckerein durch den Zug vor. Ginny strahlte und kaufte für alles Geld das sie besaß - und dass war nicht viel - etwas zu Essen.

Als das Weasley-Mädchen voll gepackt ins Abteil zurückkam, spürte Harry die gewohnte Übelkeit in sich aufsteigen. Seit längerem wurde ihm schon schlecht, wenn er Essen nur roch.

"Sie haben dich hungern lassen.", stellte Virginia treffend fest und packte eine Kürbisschnitte aus.

Harry nickte nur knapp.

"Hier." Sie hielt ihm den Kürbiskuchen hin und er nahm es zögerlich entgegen, schien fast mit sich zu kämpfen. "Du kannst es ruhig nehmen, ich hab genug."

Harry schluckte hart und sah ziemlich entgeistert auf die Süßigkeit. "Das... das ist es nicht." Solle er es ihr wirklich sagen? Aber er konnte ja schlecht behaupten, dass er keinen Hunger habe und Harry wusste ja selbst, dass er mal wieder etwas zu sich nehmen musste. "Ich kann in letzter Zeit nichts mehr bei mir behalten."

"Du musst dich übergeben?"

Harry schaute betreten zu Boden.

"Nichts, wofür man sich schämen müsste. Aber du solltest auf die Krankenstation gehen, sobald wir in Hogwarts sind." Allerdings würde ihn Poppy vermutlich die nächsten zwei Monate nicht mehr raus lassen.

Harry schüttelte heftig ablehnend den Kopf und machte eine abwehrende Bewegung. Nein, niemand sollte wissen, was im passiert war! Es war einfach zu demütigend gewesen. Aber er bereute die Bewegung sofort wieder, da er dabei mit seinem Arm gegen das Fenster gestoßen war. Ein stechender Schmerz durchzog seinen Arm und der Junge keuchte leise auf.

Alarmiert sah Virginia auf. "Hast du dich verletzt?"

"Nicht so wichtig.", presste Harry hervor und legte jetzt endgültig das Kuchenstück beiseite.

Ginny seufzte schon wieder. "Ok, du willst nicht auf die Krankenstation, aber so kann es nicht bleiben..."

Ein gequälter Blick traf sie und Ginny bemerkte die blutleeren Lippen, vor schmerzen fest aufeinander gepresst.

"Ich weiß."

Ginny griff kommentarlos nach ihrem Zauberstab und öffnete ihren Koffer, aus dem sie ein kleines Köfferchen entnahm. Als sie auch das aufmachte kamen viele kleine Fläschchen und Phiolen unterschiedlicher Formen, Farben und Größen zum Vorschein, alle mit kleinen Zetteln beschriftet. "Meine kleine Hausapotheke.", erklärte sie und bemerkte, wie sich seine rechte Augenbraue nach oben schob. Die Geste erinnerte sie stark an Snape und sie lachte leise in sich hinein. Ausgerechnet Harry, der Snape imitierte.

"Ich war noch nie schlecht in Zaubertränke - für einen Gryffindor in Snapes Unterricht versteht sich - aber ich hab in diesen Ferien erst meine Leidenschaft für diese unterschiedlichen Gebräue herausgefunden. Na ja, wir hatten nur Bücher über Heiltränke, was das brauen von Tränken angeht und deshalb hab ich ein wenig herum experimentiert."

Harrys Augenbraue wanderte noch ein Stück weiter nach oben. Herumexperimentiert? Und das sollte er jetzt trinken, oder wie?

"Ich hab ein Mittel gegen Übelkeit", fuhr sie unbeeindruckt fort, "und wenn du mir deine Verletzungen zeigst, kann ich die vielleicht auch behandeln.

Harry sah sie abschätzend an.

"Keine Sorge, ich schau dir schon nichts weg.", meinte sie fröhlich, in dem Bewusstsein ihm Helfen zu können.

"Aber du bist schon sicher, dass du das Zeug richtig gebraut hast?", fragte er skeptisch.

"Dad hat's überprüft. Es ist alles in Ordnung."

Eine wieder willige und vor allem vorsichtige Bewegung und der langärmlige, aber leichte Pullover glitt über seinen Kopf.

Virginia stockte einen Moment der Atem. Sie war ja auf vieles gefasst gewesen, aber dass es so schlimm war, hätte sie nicht gedacht. Seine Arme und seine Brust sahen aus, als ob er durch eine Wanne voller Glassplitter gezogen worden wäre, dazwischen überall blaue Flecke und Blutergüsse. Verkrusttete Striemen auf seinem Rücken und eine starke Schwellung in der Magengegend. Kein Wunder, dass ihm schlecht war.

"Hast du dir auch was gebrochen?" Ginny suchte mehrere Phiolen und Fläschchen heraus.

"Glaub nicht." Man sah Harry deutlich an, dass ihm die Situation äußerst unangenehm war.

"Die Hautverletzungen sind kein Problem.", sie reichte ihm eine hellblaue Flüssigkeit, "In drei bis vier Tagen ist alles verschwunden und es werden auch keine Narben bleiben. Das hier ist gegen die Schwellung, aber da wird es länger dauern, bis alles verheilt ist. Meine Tränke sind halt doch noch nicht so gut wie die von Poppy.", meinte Ginny verlegen. Noch zwei weitere Phiolen folgten. "Das ist noch gegen die Übelkeit und das andere ein leichtes Schmerzmittel. Die beiden wirken schnell, nur ein paar Minuten geduld."

"Ist das kein Problem, wenn ich die alle auf einmal nehme?", fragte Harry und ließ das gehlartige Schmerzmittel seinen Rachen hinab rinnen.

Ginny schüttelte nur den Kopf und fragte sich inzwischen, wie er überhaupt zum Bahnhof gekommen war. Nicht verwunderlich, dass er wie der Tod Höchst persönlich aussah.

"Danke, Ginny. Ich schulde dir was!", versicherte Harry dankbar und fühlte sich tatsächlich besser. Auf jeden Fall besser als in den letzten Wochen.

"Wenn das so ist...", meinte Ginny und lächelte ihn an, "dann nenn mich bitte ab jetzt Virginia wenn wir allein sind. Weist du, ", erklärte sie weiter, als ihr Gegenüber sie fragend ansah, "ich fühl mich mit diesem Spitznamen, als wenn man mich nicht für voll nimmt. Ich hab's den anderen auch schon gesagt, aber die haben mich bloß ausgelacht."

Sie hörte sich richtig traurig an, aber Harry nickte nur verstehend. Er wusste was sie meinte, war er doch jahrelang auch von Dumbledore so behandelt worden. Der hatte ihn auch nie für voll genommen und die Wahrheit vorenthalten. "Alles klar, Virginia!"

Harry griff nach dem Kuchen, biss mit einem Anflug von Zufriedenheit hinein. Jetzt, wo er keine Magenschmerzen mehr hatte, hatte er sogar richtigen Hunger. Als er fertig war, wollte er sich wieder den Pullover anziehen, aber seine Verletzungen behindern ihn.

Ginny, die ihre Scheu vor Harry nun endgültig abgelegt hatte, ging ihm, glücklich lächelnd, dass sie ihm zumindest ein bisschen hatte helfen können, zu Hand.

In dieser Sekunde öffnete sich die Abteiltür und im Türrahmen stand Malfoy.
 


 

Hoffe es hat euch gefallen!

Freu mich riesig über jedes Kommi!

Bis dann! Chant

My Enemy

Wow, schon so viele Kommis! *aufgeregt im Zimmer umherspring* Ein riesengroßes Danke an all meine treuen Leser und Betaleser und Kommischreiber! Aber jetzt viel Spaß!
 

Draco Malfoy saß am Fenster seines Abteils und stieß entnervt Luft durch die Nase. Der blonde Slytherin hatte seine Hände hinter dem Kopf verschränkt und seine langen, ästhetischen Beine übereinander geschlagen. Seine teure, grün-schwarze Robe saß wie immer perfekt und die silberblonden Strähnen schmiegten sich in ebenso perfekter Ordnung um seinen Kopf. Jede freie Hautstelle war absolut makellos und von einer vornehmen Blässe. Alles in allem sah er aus wie der Inbegriff von Sexy, wären da nicht dieser arrogante Gesichtszug und der gelangweilte bis genervte Ausdruck in seinen sturmgrauen Augen gewesen.

Ungeduldig wippte er sacht mit seinem Fuß. Konnte diese blöde Zugfahrt nicht endlich ein Ende haben?! Das war doch keine Art für einen richtigen Zauberer - noch dazu für einen reinblütigen Magier, so wie ihn! - zu reisen. Vor allem wenn man keinen anspruchsvollen Gesprächspartner hatte, da er augenscheinlich nur von Idioten umgeben war!

Die größten waren zu zweihundert Prozent Grabe und Goyle, die wurden aber auch von Jahr zu Jahr dümmer. Das einzige, was sie aufzuweisen hatten, war erstaunliche Körperkraft, aber das genügte, wenn Draco sie in der Schule als menschliche Schutzschilde benutzte.

Der einzige, der nach Dracos Ansicht zumindest ansatzweise sein Niveau erreichte, war Blaise. Aber der hatte sich schon vor einer knappen Stunde mit einem Ravenclan-Mädchen aus der vierten in ein leeres Abteil abgesetzt. Und wenn man Blaise Vorlieben in betracht zog, saßen die beiden da drinnen definitiv nicht Händchen haltend nebeneinander und unterhielten

sich über das nächste Schuljahr.

Draco grinste dreckig. Er würde sich dieses Jahr auch wieder ein paar Kerle aussuchen, sie um den Finger wickeln, ausnutzten, vögeln und danach eiskalt fallen lassen. So wie immer. Und die hatten das nach Malfoys Meinung gefälligst als ein Privileg anzusehen, das er sich mit diesem primitiven Gewürm überhaupt abgab.

Pansys schrille Stimme riss ihn aus seiner nicht gerade unschuldigen Fiktionen. Und für Draco, der in Gedanken gerade sehr unanständige Sachen tat, war es, als würde er in kaltes Wasser springen.

Angewidert zog er mit seinen feingliedrigen Fingern, deren Fingernägel tadellos manikürt waren, ihre Hand von seiner Schulter. "Wie oft soll ich dir eigentlich noch sagen, dass du mich nicht so nennen sollst, Pans?!" Wann kapierte dieser halbe Squib endlich, dass er absolut nichts von ihr wollte? Der ungekrönte Prinz von Slytherin hatte zwar nicht an die große Glocke gehängt, dass er nicht auf das weibliche Geschlecht stand, aber inzwischen sollte es ihr doch aufgefallen sein. Doch stattdessen wurde sie immer aufdringlicher.

"Aber Draco-Schatzie, als mein Verlobter brauchst du doch nicht so schüchtern zu sein.", meinte Parkinson und zog einen Schmollmund.

Draco rollte gestresst mit den Augen. Ach ja, da war doch was. Sein Vater hatte da irgendetwas verlauten lassen, von wegen, dass ihm die Parkinsons fast dreimal jede Woche einen Besuch abstatteten und ihn davon überzeugen wollten, das ihre entzückende Tochter die absolut beste Partie für Draco wäre.

"Wir sind nicht verlobt.", gab er mit seinem typischen schnarrenden Tonfall zurück. "Weder mein Vater noch ich haben dieser Verbindung zugesagt."

"Keine Sorge, Draco-Schatzie! Es ist sicher nur noch eine Frage der Zeit, bis auch dein Vater unserer Verbindung zustimmt."

Der sollte sich hüten, dachte Draco, ansonsten würde er ihm eigenhändig den Kopf abreißen und der Malfoy-Erbe selbst würde ohnehin nicht zulassen, dass man ihn mit dieser Person verheiratete. Außerdem würde Lucius auch niemals einwilligen, da die Parkinsons weder völlig reinblütig, noch allzu starke Magier waren.

Gestresst stand er auf und schubste Pansy, die ihn begleiten wollte, recht unsanft wieder in den Sitz zurück. Er brauchte jetzt dringend Abstand und musste seinem Trommelfell wieder ein bisschen Erholung von diesem Gequietsche gönnen. Ihretwegen hatte er nun auch noch Kopfschmerzen.

Auf dem im Moment leeren Gang angekommen, trat er ans Fenster, erlaubte sich die Schwäche seine schmerzende Stirn gegen das kühle Glas zu legen und seine Gedanken ein wenig schweifen zu lassen.

Vier bis acht Wochen, hatte sein Vater ihn noch vor der Abreise erinnert. So viel Zeit blieb ihm also noch. Eine Gnadenfrist. Als wenn er das vergessen könnte.

Nun, zumindest war sein Vater durch einige wohl platzierte Gelder und Drohungen wieder aus Askaban entlassen worden.

Draco lächelte bitter in sich hinein, etwas, dass er sich in Gesellschaft anderer nie erlaubt hätte. So mächtig und reich sein Vater auch war, selbst er hatte diesen Zeitpunkt nicht länger hinausschieben können. Und im Vergleich zu dem, was ihn nach dieser Frist erwarten würde, waren der Schulstress, Dracos eigene kleine Eskapaden und sogar Parkinsons Heiratsversuche lediglich Nebensache.

Entschieden richtete sich der Slytherin wieder auf. Nein, er würde sich jetzt nicht die Blöße geben und sich schon allein von diesem Gedanken fertig machen lassen! Er hatte noch genug Zeit, eine Lösung zu finden, ihm fiel schon noch ein Ausweg ein.

Draco hatte im Augenblick keinen Nerv für tiefsinnige Gedanken. Später, wenn er allein war, vielleicht, aber bis dahin wollte er sich erst einmal ablenken. Außerdem braucht er jetzt jemanden, an dem er seine schlechte Laue auslassen konnte. Und wer wäre dazu besser geeignet, als der viel berühmte Held von Gryffindor? Zumindest für eines musste man diesen Möchtegern Samarita doch gebrauchen können.

Nur seltsam, dass er ihn den ganzen Tag noch nicht gesehen hatte. Das Wiesel und das Schlammblut waren ihm - leider - schon über den Wege gelaufen. Ohne Potter! Na ja, vielleicht war doch noch ein Wunder geschehen und er hatte endlich eingesehen, dass die beiden Abschaum unterster Schublade waren. Aber die Hoffnung war gleich Null.

Abgesehen davon, stand Potter ohne die beiden ohnehin allein da und Draco Malfoy würde ein Freundschaftsangebot dieser narbigen Plage selbst dann nicht annehmen, wenn er vor ihm auf die Knie fiel!

Draco grinst wieder fies. Die Vorstellung, dass die Hoffnung der Zauberwelt vor ihm auf dem Boden rumrutschte und um seine Freundschaft fehlte war zwar schon sehr abwegig, aber träumen durfte man ja wohl noch! Nun gut, zugegeben, ein Malfoy führte keine Tagträume, sondern setzte sie in die Tat um, doch zu seiner eigenen Schande musst er sich eingestehen, dass er sich bei Potter bisher die Zähne ausgebissen hatte.

Seine Stimmung sank noch ein paar Grad tiefer. Diesem elenden Gryffindor gelang es immer wieder sich ins Rampenlicht zu stellen und wurde von allen Schülern bewundert und verehrt - sämtliche Slytherins natürlich ausgeschlossen - und dass meistens auch noch für Dinge, bei denen er locker 50 Schulregeln auf einmal brach.

Jeder andre Schüler wäre schon längst von der Schule geflogen, aber der Liebling des Schulleiters durfte sich natürlich alles erlauben! Diesem verwöhnten Blag lag die ganze Zauberwelt zu Füßen, ihm flog alles zu, was sich andere - so wie Draco! hart verdienen mussten und wofür? Für eine Tat, an die er sich aller Wahrscheinlichkeit noch nicht einmal

erinnern konnte!

Mit Hilfe eines kleinen Zaubers hatte Draco schnell das Abteil ausfindig gemacht, nach dem er suchte. Selbstverständlich ohne vorher anzuklopfen zog er die Abteiltür auf und... wäre beinahe rückwärts wieder rausgestolpert, wenn sein enorme Selbstbeherrschung nicht gewesen wäre.

Im Türrahmen blieb er wie angewurzelt stehen und begriff erst einmal nur das Ginny Schand-für-alle-reinblütigen-Zauberer Weasley Potter sein Oberteil anzog. Und als die zweite Erkenntnis durchsickerte musste Draco aufpassen, dass ihm seine Gesichtszüge nicht entgleisten.

Er hatte die Verletzungen des anderen Jungen gesehen, aber es hätte schon der alleinige Anblick von Potters Gesicht gereicht um Draco fast seine sonst so unzerstörbare Fassung zu rauben. Seine silbergrauen Augen versanken sekundenlang in den smaragdgrünen von Potter. Nichts mehr. Kein Glitzern, kein Aufblitzen, so wie es sonst immer der Fall gewesen war. Die Augen des schwarzhaarigen Jungen waren trüb und leer, abgestumpft.

Draco fühlte, wie sich ein eiserner Reifen um seine Brust legte und ihn am atmen hinderte. Aber warum dass so war, konnte er sich nicht erklären. Nur eins war ihm klar. Es konnte kein Mitleid sein, denn ein Malfoy empfand niemals Mitleid, schon gar nicht mit einem Potter!

Der Malfoy-Spross gab sich eine geistige Ohrfeige. Er musste sich zusammenreißen! Allein die Idee war ja schon absurd und er hatte echt andere Probleme, als sich darüber Gedanken zu machen. Um nicht ganz sein Gesicht zu verlieren lehnte sich Draco in einer lässigen Bewegung an den Türrahmen und verschränkte die Arme vor seiner Brust.

Abgesehen davon war er wegen etwas ganz anderem hier her gekommen.

Eine Stimme in Dracos Kopf schrie, bat, flehte, er solle sich hüten, dieses menschliche Wrack jetzt auch noch mit Beleidigungen weiter zu vernichten. Aber diese Stimme war schon seit Jahren nur noch ein unhörbares Wimmern und der Blonde konnte sich nicht erinnern, jemals auf sie gehört zu haben. Ein Malfoy ließ sich von nichts und niemandem Befehle erteilen und schon gar nicht von seinem Gewissen!

In diesem Augenblick musste Draco an seinen Vater denken. An die Gestallt dieses sonst so stolzen Mannes, wie er unterwürfig vor Lord Voldemort im Staub kniete und kalter Zorn stieg in Draco auf. Es war doch möglich, einen Malfoy niederzuzwingen! All seine Abscheu, die er bei dieser Vorstellung empfand legt er in das folgende Wort: "Potter!"

"Malfoy.", kam es genau so kalt und verachtend zurück.

Inzwischen fiel es Malfoy dank seiner Selbstbeherrschung nicht mehr schwer, Potter mit kalten Augen anzusehen. Er glitt mit einem abschätzigen Blick über Potters abgemagerte Figur. "Hast die Ferien wohl bei den Weaslys verbracht.", er bedachte Ginny mit einem vernichtenden Blick, den diese ebenso stur erwiderte, "Ich wusste ja, dass sie arm sind, aber dass sie ihre Gäste sogar fast verhungern lassen, sprengt ja wohl alle Rekorde."

Draco merkte, wie Potter dem Weasley-Mädchen einen kurzen Seitenblick zuwarf und diese ihn nur besorgt anschaute. Dann fixierten sich die beiden Widersacher erneut und der Blonde stellte erstaunt fest, das Harry ihn nur mit einem gleichgültigen Ausdruck ansah. Draco verstand die Welt nicht mehr! Rastete der sich selbst ernannte Retter der Schwache und Hilflosen normalerweise nicht aus, wenn man die Weasleys beleidigte?!

"Müsstest du nicht bei den Vertrauensschülern sein?", fragte Harry ruhig und zeigte mit einer müden Bewegung auf Dracos Abzeichen.

"Das geht dich 'nen Dreck an, Potter!", gab Draco giftig zurück.

"Dann vergnüg dich mit deiner Parkinson und lass anständige Leute in Ruhe." Der Schwarzhaarige dreht sich um und sah demonstrativ gelangweilt aus dem Fenster.

Bitte was? Dieser Gryffindor-Abschaum wagte es und ignorierte ihn einfach?! Es gab absolut nichts, das Draco mehr hasste, als übergangen zu werden und dieser gelassene, völlig untypische Ton von Potter brachte ihn erst recht auf die Palme. Und überhaupt, was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein? Er und Pansy und... Vergnügen? Wäh, das war ja schon fast eklig!

"Anständig?" Malfoys Stimme triefte vor Spott. "Ich will ja nicht wissen, was du vorher mit der Weasley-Schlampe gemacht hast!" Draco wollte auch nicht wissen, warum ihm dieser, diesmal durchaus berechtigter Vorwurf, noch wütender machte, als er es ohnehin schon war. Also echt! Potter war absolut der einzige, der in so einfach zur Weißglut treiben konnte.

In einer einzigen fließenden Bewegung, die wohl noch von Potters Sucherreflexen herrührte, hatte sich dieser erhoben und seinen Zauberstab auf Malfoys Brust gerichtet. Draco war jedoch genau so schnell gewesen und stellte nun zufrieden fest, das der Schwarzhaarige zu ihm aufschauen musste, da dieser fast einen Kopf kleiner war als er. Der Junge konnte nicht viel größer als 1,75 sein.

Wut flackerte in den grünen Augen auf und Draco konnte für einen kurzen Moment die alte Leidenschaft erkennen, mit der Potter früher immer argumentiert hatte.

"Geh. Jetzt.", sagte er gepresst.

"Willst wohl wieder mit ihr allein sein, was?", höhnte Malfoy weiter und machte nicht die geringsten Anstalten, Harrys Wunsch nachzukommen. Ginnys Hand, die sich in Potters Unterarm verkrampft hatte, als dieser aufgesprungen war, bedachte er nur mit einem angewidertem Blick.

Malfoy wollte gerade provozierend einen Schritt auf seinen Kontrahenten zugehen, als Zabini hinter ihm auftauchte. Überrascht blieb dessen Blick kurz an Potter hängen, grinste dann jedoch nur fies und wendete sich zu seinem besten Freund. "Kommst du? Wir sind gleich da."

Draco durchbohrte die beiden noch einmal mit einem gefährlichen Blick, "Das hier ist noch nicht beendet, Potter!", bevor er mit Zabini im Schlepptau verschwand.
 

*
 

Als Malfoy endlich gegangen war, ließ sich Harry aufatmend gegen die Scheibe zurücksinken. Der Auftritt des Blonden Slytherin hatte seine mehr als spärlichen Kraftreserven gekostet und trotzdem war er froh in diesem Zustand seine erste Begegnung mit seinem Erzrivalen so glimpflich überstanden zu haben, war es doch eines der wenigen Dinge gewesen, worüber er sich noch Sorgen gemacht hatte. Sich von Malfoy unterkriegen zu lassen, wäre für Harry damit vergleichbar gewesen, seine letzte Selbstachtung zu verlieren.

Virginia hatte inzwischen seinen Unterarm losgelassen und Harry sah sie dankbar an. Sie war verantwortlich dafür, dass ihm diese Situation nicht über den Kopf gewachsen war. Denn als ihm durch die schnell Bewegung plötzlich schwarz vor Augen geworden war, hatten nur Ginnys Finger, die sich in seine verletzte Haut gebohrt hatten, ihn zurückgeholt. Der Schmerz war nicht angenehm gewesen, aber weit aus besser, als vor diesem arroganten Slytherin auch noch in die Knie zu gehen!

Doch trotz allem überkam Harry die Gewissheit, dass er sich schon lange nicht mehr so lebendig gefühlt, als während dieses Streits. Aber wahrscheinlich lag das wohl eher daran, dass Virginia ihn kurz vorher so aufgepäppelt hatte. Also kein Grund, sich darüber Gedanken zu machen.

Und trotzdem! Harry schaute noch einmal zur Tür, so als könne Malfoy es sich anders überlegen und wieder zurück kommen. Dieser seltsame, undefinierbare Ausdruck in den sonst so kalten Augen hatte sich unweigerlich in Harrys Gedächtnis gebrannt. Was konnte Malfoys sonst so undurchdringliche Maske nur durchbrochen haben?, ging es dem Jungen durch den Kopf. Oder hatte er es sich doch nur eingebildet...

"Harry, du solltest dich auch umziehen.", riss ihn Ginny aus seinen Gedanken. Sie hatte sich bereits ihre Robe übergeworfen und ihr rotes Haar unter dem Hexen Hut verborgen.

So schnell es seine Verletzungen erlaubten zog nun auch er sich um und stellte mit einiger Erleichterung fest, dass sein Untergewicht unter den Roben weit weniger auffiel. Sicher, viele würden ihn anstarren, auf ihn zeigen und mit vorgehaltener Hand über ihn reden, aber dank Virginia hatte er das sichere Gefühl, den Abend ohne größer Zwischenfälle zu überstehen. Und den ersten Angriff seines persönlichen Rivalen hatte er schließlich auch schon hinter sich.

Gerade als er sich seinen Hut aufsetzte, wurde die Abteiltür ein weiteres Mal aufgerissen und ein sehr entgeistert aussehender Ron besetzte nun den Türrahmen. Harry kam der flüchtige Gedanke, das Malfoy in diesen Türrahmen besser gepasst hatte, als er sich mit dieser unnachahmbar selbstsicheren Haltung angelehnt hatte und wollte im nächsten Moment seinen

Kopf für diese Eingebungen gegen eine Wand schlagen, oder einer Lampe, so wie Dobby damals.

Aber Harry wurde abermals aus seiner Gedankenwelt gerissen, als Ron einen Laut von sich gab, der wohl Bestürzung ausdrücken sollte. "Harry! Was... Du lieber Himmel, du siehst ja schrecklich aus!"

Harry musste sich zusammennehmen um nicht trocken aufzulachen. Dabei sah er im Vergleich zum Abfahrtsbeginn vor ein paar Stunden richtig Gut aus.

"Sensibler ging's wohl nicht mehr, oder?", ereiferte sich Ginny. Ihr war deutlich anzusehen, dass sie schon wieder vor Wut fast überkochte. Eine Wut, die auch Harry in sich spürte, aber gerade dieser Zorn ließ ihn Ron freundlich anlächeln. Er hatte schon vor den Ferien diese Maske beherrscht und so auch jetzt. Für einen Streit mit seinem angeblich besten Freund hatte

er im Moment weder Kraft noch Motivation. Irgendwann einmal würde er sich mit ihm und auch Hermine auseinandersetzen, aber die Zeit war noch nicht gekommen.

"Ich weiß.", entgegnete Harry in einem gespielt amüsierten Tonfall, "Meine Ferien waren wie immer nicht gerade die erholsamsten."

"Oh.", Ron hatte zumindest den Anstand verlegen auszusehen, "Wir konnten dich nicht abholen und durften auch keine Briefe schreiben. Es war zu gefährlich für dich und Dumbeldore hat es uns verboten, also..."

"Oh, Harry! Geht's dir nicht gut? Was ist denn passiert?!", platzte Hermine heraus, die gerade hinter Ron aufgetaucht war.

Aber der-Junge-der-Lebte winkte nur ab, als wolle er sagen, dass sie sich nicht so aufregen solle. "Mach dir nicht so viele Sorgen, Hermine. Davon bekommst du nur graue Haare." Erneut lächelte er sie freundlich an.

Virginia merkte deutlich, dass ihm diese ewigen Gefragerein gewaltig auf die Nerven ging, also erstickte sie Hermines aufkeimenden Wortschwall. "Wo wart ihr beide eigentlich die ganze Zeit?"

"Ähm...", fing Ron lahm an und schaute Hermine an, die seinen Satz weiterführte. Beide sahen verlegen aus. "Wir waren bei den Vertrauensschülern. Tut mir leid. Hat alles ein bisschen lange gedauert. Ist eine lästige Pflicht, aber das verstehst du doch, oder?"

"Ja, natürlich.", antwortete Harry nur und versuchte nicht sarkastisch zu klingen.

Inzwischen hatten sie den Zug verlassen und drängelten sich durch das am Bahnsteig herrschende Chaos, bestehend aus orientierungslosen Schülern. Harry war froh, dass er hier nicht auffiel. Sehr froh sogar.
 

*
 

Sie hatten die Kutschfahrt fast schweigend hinter sich gebracht und Harry war erleichtert aus der gedrückten Stimmung, die sich über die vier gelegt hatte, herauszukommen. Der Stolz der Zauberwelt steuerte mit Virginia an seiner Seit die Große Halle an, die wie jedes Jahr wieder festlich geschmückt war. Der Raum war erfüllt von dem Gerede der Schüler, von Lachen, Sorglosigkeit. Ein Ort, an dem sich Harry gänzlich unpassend vorkam.

Durch das Gedränge verloren sie Ron und Hermine eine Zeit lang und wurden von ihnen erst wieder gefunden, als sie schon eine Weile am Gryffindor-Tisch Platz genommen hatten.

Ron ließ sich ungalant auf die Bank plumpsen und schlug mit der Faust so fest auf den Tisch, dass die leeren Teller und Gläser in der Nähe klirrten. Ein paar erschrockene Zweitklässler rutschten ängstlich zur Seite und Rons Gesicht wurde noch eine Spur röter, so dass man seine vielen Sommersprossen nicht mehr erkennen konnte.

"Was ist los, Ron?", fragte Ginny, da Harry gerade bemüht war, die aufdringlichen Blick der anderen Schüler zu ignorieren.

Ron antwortete nicht, sondern grummelte nur irgendetwas unverständliches in seinen nichtvorhandenen Bart. Sein Kopf war jetzt so knallrot wie seine Haare und er fixierte deutlich eine Person am Slytherintisch.

"Malfoy hat das Gerücht verbreitet, dass...", Hermine zögerte kurz, "Na ja, dass ihr beiden während der Zugfahrt sehr... beschäftigt... gewesen sein sollt."

Ginny wurde leicht rötlich um die Nase, aber so dass sie Ron um einiges nachstand.

Hermine bedachte sie daraufhin mit einem abschätzenden Blick. Sie grübelte scheinbar gerade darüber nach, ob und wie viel an diesem Gerücht dran war.

"Dieses verdammte Frettchen! Sobald ich den in die Finger kriege, kann er sich einen Satz neuer Zähne besorgen!"

"Reg dich nicht so auf, Ron!", tadelte Hermine ihren Freund mit spitzer Stimme, "Das sind wir doch von Malfoy schon gewohnt."

Ihr rothaariger Freund reagierte jedoch nicht darauf und fuhr leise mit seiner Schimpftirade fort. Seine Beschimpfungen verstummten auch erst, als der alte Hut sein Eröffnungsgedicht zum Besten gab.

Inzwischen war Harry damit beschäftigt, den Schulleiter zu fixieren und ihm tödliche Blick zuzuwerfen. Die Schülerverteilung glitt nur im Hintergrund an seinen Gedanken vorbei, während er bemüht war seine Wut so weit wie möglich zu Bezwingen.

Jetzt war die Einteilung beendet und der Direktor erhob sich.

"Willkommen zurück in Hogwarts, liebe Schülerinnen und Schüler! Ich hoffe ihr hattet schöne Ferien!"

Harrys Hände verkrampften sich um sein Besteck. "Und wie!", knurrte er vor unterdrücktem Zorn. Es hatte glücklicherweise nur Ginny gehört, die ihm daraufhin einen leichten Rippenstoß verpasste und einen warnenden Blick zuwarf.

Harry nickte nur leicht und wandte sich ab. Wenn jemand sah, mit welchen Mörderblick er Dumbledore bedachte, würde es nur noch mehr Fragen geben. Das einzige, was seine aufgescheuchten Gefühle ein wenig abkühlte, war die Tatsache, dass auch Ginny hin und wieder recht giftige Blick zu seinem ehemaligen Mentor schickte. Sie war innerhalb der wenigen Stunden zu seiner Verbündeten geworden und es beruhigte ihn, dass er sich nicht mehr allein und unverstanden mit seinem Hass herumschlagen musste.

Den Rest der Rede bekam Harry gar nicht mehr richtig mit. Das einzige, was in seinen Verstand durchsickerte war die Information, dass Remus Lupin dieses Jahr wieder DADA unterrichten würde.

Harrys Blick schweifte über den Tisch, auf dem nun das reichliche Essen erschienen war. Der Junge zögerte noch, doch Ginny hatte sich längst einen Teller geschnappt und diesen mit lauter leckeren Sachen belegt. Sie achtete jedoch sorgfällig darauf, dass es nicht zu fettige Lebensmittel waren, sie wollte seinen Magen ja nicht gleich überstrapazieren.

Harry sah ihr zu und musste dann leise Lächeln, als sie ihm den vollen Teller vor die Nase stellte. Ihm war klar, dass viele sie beobachteten und sie beide durch ihr Verhalten nur noch mehr Gerüchte verursachen würden. Aber es lästerte sowieso schon jeder zweite über sie, deshalb kümmerte er sich nicht weiter darum, konnte es sowieso nicht ändern. Die alte Dumpfheit, wenn auch nicht mehr so stark, kam wieder über ihn.

Langsam begann er zu essen und ließ seinen Blick noch einmal zu den Lehrern wandern. Er schaute auf Remus und stellte fest, dass auch dieser nicht wirklich gesund aussah. Zumindest so viel Harry aus dieser Entfernung erkennen konnte, war sein alter Lehrer in mieser Verfassung. Bestimmt hatte er sich wegen Sirius so fertig gemacht, vielleicht lag es aber auch am Vollmond.

Harrys Augen trafen mit denen von Professor Lupin zusammen und dieser betrachtete ihn mit einem besorgten Blick. Harry zwang sich zu einem Lächeln und nickte seinem alten Lehrer zu. Remus erwiderte die Geste und schien beruhig, da er sich nun wieder in ein Gespräch mit einem anderen Professor vertiefte.

Harry hatte soviel gegessen wie er im Augenblick vertrug und stocherte nun freudlos in den Resten auf seinem Teller umher. Mit trüben Augen starrte er auf verzauberte Decke. Bald würde er todmüde in seinem Bett liegen und doch nicht schlafen können. Er durfte nicht vergessen, einen Silencio-Zauber über sein Bett zu hängen. Er war manchmal ziemlich laut, wenn er träumte und noch weitere Fragen in dieser Richtung wollte er unbedingt vermeiden.

Auch nervten ihn die mitleidvollen Blicke von Ron und Hermine. Auf Freunde wie die beiden konnte er getrost verzichten. Mitleidsbekundungen bekam er von allen Seiten, wenn er es darauf anlegte, aber was er wirklich braucht, war eine Person, die etwas TAT. Die effektiv etwas unternahm, so wie Virginia.

Eigentlich tat es Harry leid, dass er so über seine Freunde denken musste. Sie hatten schließlich schon einiges zusammen durch gestanden, aber - wie ihm jetzt erst so richtig bewusst wurde - wenn es wirklich darauf ankam, waren sie nicht da. Letztendlich war immer er es, der Voldemort tatsächlich gegenüberstand!

Harry seufzte tonlos. Es brauchte ja doch nichts, über alte Zeiten nachzudenken. Ihm war bewusste, dass es zwischen ihnen nicht mehr so werden würde, wie vorher.

Der Schulleiter hob bald darauf das Abendessen auf und schickte die Schüler in ihre Schlafsäle. Ron und Hermine hatte in ihrer Funktion als Vertrauensschüler nun wirklich etwas zu tun und so fiel es nicht auf, dass sich der Junge mit der blitzförmigen Narbe und seine rothaarige Begleiterin ein wenig absetzten.

Ginny sah ihn besorgt an. Harry wirkte ziemlich ausgelaugt und bedurfte dringend einiger Stunden Schlaf. Aber es gab da noch etwas, das Virginia auf der Seele lag und von dem sie nicht wusste, ob sie es fragen durfte, ohne dass er sich wieder vor ihr zurückzog.

"Harry, darf ich dich was fragen?"

Nein, war Harrys erster Gedanke, aber dann wäre er sich undankbar vorgekommen. Doch zumindest brauchte er ihr nicht vorzuspielen, dass alles in Ordnung sei. Er nickte deshalb nur ernst.

Ginny atmete noch einmal tief durch und starrte weiter geradeaus, auf den Rücken eines weiter vorn marschierenden Schülers. "Warum war es diesmal so viel

schlimmer?"

"Was meinst du?" Harrys unterdrückte ein Gähnen. Er war ziemlich müde, der Tag war äußerst Kräfte zehrend gewesen. Aber vielleicht war auch Ginnys Medizin mit daran Schuld.

"Nun, du warst schließlich jedes Jahr in den Sommerferien bei deinen Verwandten, aber sie haben dich nie so schlimm behandelt wie dieses mal.", erklärte sie und schaute ihn an.

Ginny war davon ausgegangen, dass er ihr nicht antworten würde. Sie hatte mit einem deprimierten Kopfschüttern gerechnet. Stattdessen glitt ein zynisches Lächeln über seine Lippen und mit kalten Augen schaute er stur gerade aus.

"Na ja, Dudleys Lieblingshobby war schon immer, mich fertig zu machen. Aber bisher hatte Vernon immer noch einen gewissen Einfluss auf ihn gehabt. Nicht um mich zu schützen, wie du vielleicht meinst, aber es hatte in der Nachbarschaft einiges Gerede gegeben. Mein Cousin ist meinem Onkel inzwischen jedoch in jeder Hinsicht über den Kopf gewachsen. Und seine kleine Gang sind auch nicht gerade Unschuldsengel.", antwortete er ziemlich gelassen, aber Ginny war das leichte zittern seiner Stimme nicht entgangen.

Sie hatten beide sehr leise geredet, damit sie niemand belauschen konnte.

Außerdem hatte Dudley diesen Sommer herausgefunden, dass er Harry nicht nur durch Schläge verletzten und vor allem demütigen konnte, aber das behielt der Schwarzhaarige für sich.

"Dann hat dich also nicht dein Onkel so zugerichtet?"

"Nur, wenn ich Dudley anklagte." Harry dachte mit einem Schaudern daran, dass es sein größter Fehler gewesen war, seinem Onkel davon zu erzählen. Der hatte ihn dafür in sein Zimmer gesperrt, was Harrys Situation nur noch verschlimmert hatte, da er nun nicht einmal mehr weglaufen konnte. Gleich darauf hatte sein Onkel auch das Briefverbot erhoben, worauf Harry auch keinem seiner Freunde mehr davon hatte berichten können.

Obwohl, er war sich ziemlich sicher, dass er nicht den Mut aufgebracht hätte, jemanden von seiner Erniedrigung zu erzählen und somit wäre auch niemand gekommen, um ihn aus dieser Hölle, in die ihn Dumbledore verfrachtet hatte, herauszuholen.

Ginny nickte. Ihr war klar, dass sie nicht mehr erfahren würde, auch wenn sie glaubte, dass ihr Harry irgendetwas verschwieg. Aber für heute musste es gut sein.

Um das Thema abzuschließen, zog sie ein Fläschchen aus ihrer Robe und drückte es ihm wortlos in die Hand.

Harry betrachtete die gelbliche Flüssigkeit. Das hatte er heute schon einmal eingenommen. "Gegen die Übelkeit?", fragte er flüsternd.

Virginia nickte. "Solange die Schwellung nicht zurückgegangen ist, ist es notwendig. Jeden Abend und jeden Morgen einen kleinen Schluck. Wenn du noch was brauchst, zögere nicht, mich zu fragen."

Harry ließ das Fläschchen nun seinerseits in seine Robe verschwinden. "Nur wenn wir allein sind."

"Selbstverständlich. Ich werde niemanden davon erzählen. Aber es wird auch nicht auffallen, wenn wir hin und wieder mal miteinander verschwinden. Da halb Hogwarts davon ausgeht, dass wir zusammen sind, dürfte eigentlich niemand auf die Idee kommen, groß nachzuforschen."

Harry lächelte leicht und es war das erste Mal, seit sie in der Schule angekommen waren, dass dieser Ausdruck auch seine Augen erreichte. "Stört dich das nicht?"

"Wenn ich jemanden gefunden hab, den ich zum Freund haben will, werd ich offiziell mit dir Schluss machen." Ginny hob gleichgültig die Schultern und lachte leise. Doch dann wurde sie wieder ernst. "Oder hast du ein Problem damit?"

Harry grinste leicht und schüttelte den Kopf. Aber etwas ganz anderes beschäftigte ihn in dieser Hinsicht. "König der Tiere.", entgegnete er dem Bild der fetten Dame und sie stiegen durch das Loch. Das Passwort hatte er zuvor noch von Hermine gehört.

Der Gemeinschaftsraum war fast leer. Die meisten Schüler waren zu Bett gegangen und Ron und Hermine mussten noch einige Fragen der Erstklässler beantworten.

Ginny wünschte Harry eine gute Nach, gab ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange und verschwand in die Mädchenschlafsäle. Der Junge sah ihr selbstvergessen nach. Nein, es störte ihn nicht, das alle dachten, er sei mit ihr zusammen. Was ihn wirklich interessierte war, ob Malfoy das tatsächlich glaubte, oder sich nur einen Spaß daraus gemacht hatte.

Ohne seine ehemals besten Freunde noch zu beachten, stieg er die Treppe zu seinem eigenen Schlafsaal nach oben. Er hatte ein dreier Zimmer, das er sich mit Neville und Ron teilte. Neville hatte sich schon hingelegt und Harry hörte sein gedämpftes Schnarrchen hinter den Vorhängen. Was gut war, da sich Harry nun an seinen eigenen Silencio-Zauber erinnerte.

Aber im Grunde genommen, dachte Harry noch, als er sich in sein flauschiges Himmelbett fallen ließ und die Vorhänge zuzog, konnte es ihm auch egal sein, was Malfoy zu glauben wusste. Oder?
 

*
 

[LINE]
 

Hats euch gefallen? Hoffe natürlich wieder auf viele Kommis, damit mein Selbstvertrauen wieder steigt. *g*

Hab ich Dracos Reaktion auf Harry einigermaßen vorstellbar rübergebracht? Da die beiden so verfeindet sind, konnte ich Draco ja nicht gleich in Tränen ausbrechen lassen... Schade eigentlich *g*
 

Susui: Ja, unter Fanfiktion. de, aber da sind nur ein paar Kapitel mehr, die ich her auch bald on-line stellen werde. (Außerdem sind das hier die überarbeiteten... *g*)

My Confusion

So, da bin ich wieder. Das Kapitel ist dieses mal nicht so lang geworden aber na ja.

Wieder ein riesiges Danke an alle, die sich für meine Gesichte interessieren! Ich bin schon richtig Kommi süchtig geworden. *g* Aber jetzt viel Spaß!!!
 


 

Es war früh morgens, die Sonne war noch nicht einmal auf gegangen. Aber selbst, wenn dieses leuchtende Himmelgestirn wie ein Leuchtfeuer vor dem Schlafsaal des schwarzhaarigen Gryffindorschülers gestanden hätte, hätte dieser es hinter den schweren, roten Vorhängen nicht einmal bemerkt.

Harry schlief, unruhig, sich unkontrolliert von einer Seite zur anderen werfend, wie er es fast jedes Mal tat.

Der Junge warf den Kopf herum, wimmerte leise, dann immer lauter, keuchte. Schweißnasses Haar klebte an seiner Stirn, während er die Decke endgültig abstrampelte und panisch mit seinen Armen nach einem fiktiven Feind schlug, den nur er sehen konnte.

Noch einmal bewegte sich Harry herum und dann endlich wachte er auf, entkam dem Alp seiner Geisteswelt und kehrte in die Wirklichkeit zurück. Kraftlos blieb der Junge einige Minuten still liegen und versuchte seine hektische Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen. Schließlich wischte er sich müde, die feuchten Haare aus der Stirn und rieb sich den Schlaf aus den Augen, bevor er nach seiner Brille griff. Wieder ein Alptraum, dachte er niedergeschlagen, aber diese Träume hatten in den letzten Tagen an Intensität und Häufigkeit nachgelassen, so dass er seit Beginn des Schuljahres zumindest ein bisschen Schlaf bekam.

Mit einem kurzen Blick auf die Uhr, stellte er fest, dass es halb fünf war. Er wachte fast jeden Morgen um diese Zeit auf und Harry versuchte erst gar nicht, noch einmal einzuschlafen. Seit Anfang seines sechsten Jahres, also seit knappen zwei Wochen, hatte er sich angewöhnt, als erster aufzustehen und somit die Vorteile einer leeren Gemeinschaftsdusche zu genießen.

Leise und gemächlich erhob sich der Junge packte seine Waschutensilien, Unterwäsche und seine Schuluniform zusammen. Dann stapfte er schläfrig zu den Waschräumen, legte seine Sachen zur Seite und zog seinen abgetragenen Pyjama aus. Er stellte sich kurz vor den Spiegel und dachte mit einem lobenden Gedanken an Virginia. Sie hatte ganze Arbeit geleistet! Alle Wunden und sogar die Schwellung waren gänzlich zurück gegangen und verschwunden. Seine Haut war zwar immer noch blass, aber nicht mehr so aschfahl wie in den Ferien und er hatte sogar schon ein wenig zugenommen, auch wenn er immer noch Untergewicht hatte. Aber auch das würde mit der Zeit besser werden.

Harry dreht den Hahn auf und stellte sich aufseufzend unter das kalte Wasser. Die Temperatur war nötig, damit man morgens zumindest ein bisschen etwas mit ihm anfangen konnte.

Wieder einmal musste er daran denken, dass sich nicht nur sein Körper, sondern auch sein Seelenzustand etwas erholt hatte. Seine Schuldgefühle hatten nach dem Gespräch mit Ginny nachgelassen und alles, was er jetzt noch schaffen musste, war, auch seine Wut besser zu kontrollieren. Gut, dass er den Schulleiter nur zu den Mahlzeiten zu Gesicht bekam.

Nun, zumindest seine Mitschüler konnte er recht gut Vorspielen, dass alles in bester Ordnung war. Nur bei Virginia und leider auch bei Malfoy funktionierte es nicht so richtig. Bei Ginny war es der einfache Grund, dass er es gar nicht brauchte. Warum er allerdings Malfoy nicht täuschen konnte, wusste er nicht.

Bei den Lehrern war es auch um einiges schwerer. Seine Hauslehrerin hatte ihn mehrmals nach denn Unterrichtsstunden mit einem scharfen Blick gemustert und gemeint, wenn er nicht gesünder werden würde, könnte sie ihn nicht beim Quidditch mitspielen lassen. Eine Sache, die Harry zu verhindern gedachte.

Remus hatte ihn ebenfalls immer besorgt betrachtet, aber der Gryffindorschüler hatte das Gefühl, das Lupin momentan zu sehr mit sich selbst beschäftigt war, als dass er sich groß um den kränklichen Jungen kümmern konnte. Es gab eigentlich nur einen Lehrer, der ihn nicht besorgt beobachtete und das wie könnte es auch anders sein war Snape.

Harry hatte sogar ganz im Gegenteil das Gefühl, dass es Snape noch nie so sehr darauf angelegt hatte, ihn fertig zu machen. Harrys oft abschweifende Gedanken machten es dem Zaubertranklehrer nur leichter, einen Grund zu finden, ihn vor der Klasse zu blamieren. Überhaupt fiel es dem schwarzhaarigen Jungen schwer, sich zu konzentrieren und er war im Unterreicht abgelenkt und unaufmerksam.

Er fühlte einfach nicht mehr einen winzigen Funken Ansporn, nichts mehr, um was es sich auch nur im mindesten zu kämpfen lohnte. Mit Sirius war alles gestorben, von dem er noch geträumt hatte. Eine Familie, ein Zuhause und Geborgenheit. Er war sich sicher, dass er nie wieder die Möglichkeit haben würde, dies alles zu bekommen und das war vielleicht auch der Grund, weshalb er sich nur mühsam durch den Unterricht schleppte. Für was sollte er lernen, für was sich anstrengen, wenn er letztendlich doch immer allein sein würde...

Harry wäre sicher wieder in seine dumpfe Gleichgültigkeit zurückgefallen, wären da nicht Ginny und dieser eine, folgenschwere Satz, von ihr gewesen. Sie hatte ihm bei der Anfahrt gesagt, Sirius hätte sicher nicht gewollt, dass er sich seinetwegen seelisch so zu Grunde richten sollte. Aber was, fragte sich Harry dann immer wieder und fast schon verzweifelt, hätte Sirius gewollt?

Nun, und wenn es manchmal sogar dieser bestimmte Satz nicht schaffte, ihn aus seiner Teilnahmslosigkeit heraus zuholen, dann erledigte das spätestens Malfoy, wenn sie sich in einem der unzähligen Gänge Hogwarts über den Weg liefen und es für die beiden wieder zu einem unverzichtbaren Streit kam.

Die Wortgefechte waren das einzige, dass Harry so sehr ablenken konnte, dass er für einen kurzen Zeitraum alle anderen Gedanken um Sirius und Voldemort zur Seite schob. Malfoy holt ihn damit aus seiner eigenen, kleinen, zusammengebrochenen Welt heraus und band seinen Geist an die grausame, aber zumindest reale Wirklichkeit. Harry wusste nicht, ob er ihn dafür hassen oder lieben sollte...

Der Gryffindor tastete sich blind zum Shampoo und wusch sich die Haare, während er weiter über den Blonden nachdachte. Seit Schulbeginn hatte er merkwürdig oft an ihn denken müssen, aber Harry erklärte es sich damit, dass er sich immer wieder überlegen musste, wie er Malfoys Angriffe kontern konnte.

Harry war auch nicht ganz klar, warum ihn die Sticheleien des ungekrönten Prinzen von Slytherin nicht kalt ließen und schob den Umstand darauf, dass dieser ein Talent dafür hatte, zielsicher in offene Wunden zu treffen. Aber diese Begabung besaß auch Snape und dessen Anspielungen erreichten manchmal kaum mehr sein Bewusstsein, glitten einfach an Harry ab.

Was den Zaubertranklehrer scheinbar noch mehr ärgerte. Aber Harry interessierte es einfach nicht mehr, was dieser ihm zu sagen hatte, es war, wie vieles andere auch, unwichtig geworden.

Inzwischen war Harry mit Duschen fertig, hatte sich abgetrocknet und seine Schulsachen angezogen. Als er wieder in seinen Schlafsaal zurückkam, schliefen seine Kameraden immer noch den Schlaf der Gerechten und Harry konnte in aller Ruhe noch einen Schluck von Ginnys Trank nehmen. Zufrieden stellte der Junge fest, dass er ihn heute wohl das letzte mal zu sich nehmen musste.

Danach ging Harry nach unten, in den noch leeren Gemeinschaftsraum und dachte daran, dass Malfoy ihn wahrscheinlich nach dem Frühstück, spätestens aber nach dem Mittagessen wieder anpöbeln würde. Doch seltsamer Weise war ihm der Gedanke daran nicht mehr so unangenehm wie noch vor den Ferien. Na ja, dachte Harry, irgendwie würde ihm auch was fehlen, wenn Malfoy plötzlich nicht mehr da wäre. Die Auftritte des

blonden Slytherin gehörten schon so zu seinem Leben auf Hogwarts, dass er es sich ohne gar nicht mehr vorstellen konnte.

Vermutlich hätten Ron und Hermine über diesen Gedanken nur den Kopf geschüttelt und ihn als verrückt abgestempelt, aber Harry erzählte ihnen sowieso nichts mehr wichtiges oder hatte es besser gesagt, noch nie getan. Mit Ginny hatte er ebenfalls noch nicht darüber gesprochen, aber es war auch nicht nötig, dass es sie oder irgendjemand anderer erfuhr, schließlich war es nur ein flüchtiger Gedanke... Aber, wenn es nur ein flüchtiger Gedanke war, warum musste er dann ständig darüber nachdenken?!

"Verdammt, Malfoy! Geh endlich aus meinem Kopf raus!", knurrte Harry leise vor sich hin und ließ sich auf einen Sessel vor dem ausgebrannten Kamin fallen.

Dieser verfluchte Ausdruck in Malfoys Augen, als sie sich nach den Ferien das erste mal wieder gegenüberstand, kam ihm auch immer wieder in Sinn.

Wenn er nur wüsste, was es damit auf sich hatte! Es war alles so verwirrend...
 

*
 

Aber selbst wenn es Harry gewusst hätte, hätte er nicht einmal Ansatzweise erahnt, das es ausgerechnet Malfoy, sein erklärter Erzfeind sein würde, der sein inneres Feuer, das Ginny so fürsorglich am Leben erhalten hatte, wie eine Stichflamme entzünden würde... und Malfoy vermutlich auch nicht...
 

Diese, zumindest für Harry, denkwürdige Tat, ereignete sich nur einen Tag später. Es war Freitag und das Mittagessen war gerade aufgehoben worden. Die meisten Schüler stürmten nach draußen, um die letzten warmen Sonnenstrahlen genießen zu können und freuten sich auf das Wochenende.

Harry dachte jedoch nicht so positiv über die viele freie Zeit. Sicher, er musste Hausaufgaben machen und andere Dinge lernen, aber das Wochenende bot ihm einfach zu viele Möglichkeiten, ungestört seinen Gedanken nachzuhängen und wieder in seine dumpfe Teilnahmslosigkeit zu verfallen.

"Lass uns nach draußen gehen, Harry. Du verträgst noch ein bisschen Farbe.", neckte Ginny und lächelte ihn aufmunternd an. Sie kannte seine Sorge und würde bestimmt nicht von seiner Seite weichen, solange sie nicht sicher wusste, dass es ihm einigermaßen gut ging.

Harry nickte nur und erhob sich. Virginia hänge sich freundschaftlich in seinen Arm und zog ihn mit sich, damit der Junge nicht doch noch die Möglichkeit hatte, es sich anders zu überlegen. Sie hatte sich schließlich vorgenommen, ihn heute wieder ein bisschen aufzumuntern.

Das beide aussahen, wie ein glücklich verliebtes Paar, fiel ihnen schon gar nicht mehr auf. Sie empfanden nur eine rein platonische Freundschaft füreinander, so dass es ihnen gar nicht bewusst wurde, dass sie sich manchmal sehr vertraulich berührten. Aber Ginny hatte einfach schnell bemerkt, dass Harry eine kurze Umarmung, ein kleiner Händedruck, oder ein harmloser Gute Nacht Kuss auf die Wange, gut taten. Einige unbedachte Kommentare und flüchtige Bemerkungen von Harry hatten ihr begreiflich gemacht, dass er so etwas wie ein glückliches Familienleben nie gekannt hatte und übernahm mehr und mehr die Rolle einer Schwester.

"Fängt nicht in einer Woche das Training für die nächsten Quidditsch-Spiele an?", fragte sie in lockerem Plauderton.

"Jep. McGonagall hat sogar erlaubt, dass ich mitmachen darf." Es schien Harry zu gefallen, dass er bald wieder auf einem Besen sitzen würde und Ginny war heilfroh darüber. Harry hatte so wenig, auf das er sich freute und von seiner Vorliebe für die Streitgespräche mit Malfoy wusste sie ja schließlich nichts.

"Sie meinte allerdings, dass ich bei den wichtigen Spielen nur dabei sein dürfte, wenn ich bis dahin noch etwas zugenommen hätte.", setzte Harry leicht amüsiert hinzu. Die Sorge seiner Hauslehrerin war schon fast peinlich.

"Na, dann werd ich dich in nächster Zeit eben mästen.", entgegnete Virginia trocken. Harry sah sie gespielt entsetzt an. "Oh, bitte! Ich will am Ende nicht so aussehen, wie Grabe oder Goyle. Mein Besen ist für solche Gewichtsmassen nicht vorgesehen!" Nur ihr gegenüber konnte er sich so frei verhalten.

"Aber, aber Harry!, korrigierte ihn Ginny und konnte sich kaum noch vor lachen halten, Die beiden sehen doch wahnsinnig... attraktiv aus!" Sie hatte versucht das Wort attraktiv mit einem lasziven Unterton auszusprechen, aber durch den unterdrückten Lachanfall hörte es sich eher an, als hätte sie sich dran verschluckt.

Sie sahen sich einen Moment an und brachen dann

gleichzeitig in Gelächter aus. Harry zwar nicht so laut und ausgelassen, wie Virginia, aber auf jeden Fall war er gut gelaunt.

"Was hat euch den gestochen?", fragte jemand und klang dabei nicht sonderlich erfreut. Harry und Virginia hatten gerade die Große Halle verlassen, als sie von der Seite angesprochen wurden. Beide erkannten an der Stimme, dass es Ron war und Harrys Lachen verstummte fast augenblicklich. Auch Ginny hatte aufgehört und sah nun mit einer gewissen Faszination, wie der schwarzhaarige Junge ein leises, aber gänzlich unechtes Lächeln auf seinen Gesichtszügen erscheinen ließ und seine Augen den vorherigen Glanz wieder verloren hatten. Es war erstaunlich, wie schnell und perfekt er diese Maske inzwischen beherrschte. Zuerst hatte er sie nur aufgesetzt, um allen zu verbergen, dass es ihm schlecht ging, doch inzwischen hatte er sich angewöhnt, niemanden mehr Einblick in seine Gefühlswelt zu geben. Dass er so, wie eben mit Ginny scherzte war recht selten und er tat es meistens nur, wenn sie allein waren.

Virginia konnte sich einzig und allein auf ihr Gefühl und Harrys Augen verlassen, wenn es darum ging fest zustellen, ob er gerade eine Maske trug oder wirklich so fühlte. Sie hatte seither ein Gespür dafür entwickelt und Harry konnte seinen sprechenden Augen kaum Einhalt gebieten. Sie drückten immer noch jedes Gefühl aus, aber das sah nur jemand, der wusste, wonach er suchen musste und Harry lange genug beobachtet hatte.

Ron war viel zu oberflächlich und unsensibel dafür, er sah nur, was der Gryffindor ihm glaubend machen wollte. In diesem Fall ein freundschaftliches, wissendes Lächeln.

"Oh, Ginny hat mir nur gerade anvertraut, dass sie Grabbe und Goyle anziehender findet als mich.", erklärte Harry mit ruhiger Gelassenheit.

Virginia kicherte leise, doch Rons Mine verfinsterte jetzt noch ein Stück mehr. "Das ist doch wohl nicht dein Ernst?!"

"Natürlich nicht!", entgegnete seine Schwester, leicht genervt davon, dass Ron diesen eindeutigen Witz nicht verstand.

"Was ist dir eigentlich über die Leber gelaufen, Ron?", warf Harry ein, da der Rothaarige ziemlich miesepetrig drein sah. Es interessierte ihn zwar nicht, aber ein bisschen Smalltalk war notwendig, um glaubhaft zu machen, das zwischen ihnen noch alles beim alten war. Harry hatte nämlich keine Lust, mit lauter neugierigen Fragen belagert zu werden, was denn zwischen ihnen vorgefallen sei.

"Mine hat mich hier stehen lassen. Eigentlich wollten wir ja zum See gehen und ausspannen.", gab Ron bereitwillig zur Auskunft, scheinbar froh, seinen Frust jemanden erzählen zu können, "Aber sie meinte, sie müsse ja noch was lernen und will jetzt ihre Bücher holen und dann mitnehmen. Mensch, manchmal geht sie mir echt auf die Nerven mit dieser ewigen Lernerei. Wenn sie wenigstens mich damit in Ruhe lassen würde."

Da kriselte es scheinbar, dachte sich Ginny, aber sie ging nicht weiter darauf ein, da eben Hermine die Treppe herunter kam und sich zu ihnen gesellte. Sie waren die letzten, die noch in der Eingangshalle herumstanden. Nun, zumindest hatten sie das angenommen.

"Potter.", erklang eine schnarrende und eiskalte Stimme von hinten.

Ron wirbelte herum, während sich Harry nur provozierend langsam und darauf bedacht, seine Maske aufrecht zu erhalten, umdrehte.

"Malfoy.", entgegnete er ebenso verachtend, musste jedoch aufpassen, dass er diese Stimmlage behielt, da sein Herz gerade in paar schnellere Schläge gemacht hatte. Die Auseinandersetzungen hatten angefangen ihm Spaß zu machen, aber das musste ja nicht gleich jeder wissen. Außerdem war es eine gute Übung für seine Selbstdisziplin, da er schon jetzt wusste, dass Malfoy ihm einige rechte fiese Bemerkungen reinwürgen würde.

Allerdings bestand die Feindschaft zwischen ihnen schon so lange, dass auch Harry recht genau wusste, mit was er Malfoy zur Weisglut brachte und vor allem, an welchen Zeichen man dies erkennen konnte. Und jetzt, wo er wieder in etwas besser Verfassung war, konnte er das genügend auskosten.

Eine Möglichkeit, Malfoy zu ärgern bestand darin, ihn zu ignorieren, aber dann würde Harry ja das gewünschte Wortgefecht entgehen und außerdem war diese Taktik gefährlich und nicht wirklich ratsam, da man nie wissen konnte, ob Malfoy nicht auf die Idee kam, irgendeinen gemeinen Zauber zu sprechen. Deshalb griff Harry gern auf das andere Mittel zurück, nämlich den Blonden mit gespielter Freundlichkeit an den Rand seiner Selbstbeherrschung zu treiben. Aber das war, eben dadurch, dass der Slytherin stets recht treffsichere Gemeinheiten von sich gab, nicht gerade einfach.

Nun, Harry sah es als Herausforderung und lächelte ihn freundlich an. "Wie ich sehe, hast du auch gleich deinen Hofstaat mitgebracht.", er warf einen kurzen Blick auf Grabe und Goyle, "Ohne ständige Begleitung deiner Speichel leckenden Freunde ließe sich deine Arroganz wohl nicht auf diesem überdimensionalen Level halten, nicht war?", meinte Harry übertrieben liebenswürdig.

Hinter Malfoy knackten Grabe und Goyle bedrohlich mit den Knöcheln.

"Nun, auch wenn ich sie nicht brauche, aber im Gegensatz zu dir, habe ich so etwas wie Freunde.", antwortete Malfoy ruhig, auch er wollte sich keine Blöße geben.

In Harrys Blick flackerte kurz Wut auf. Malfoy hatte längst gemerkt, dass etwas zwischen Ron, Hermine und ihm nicht stimmte. Aber Harrys Lächeln wankte nicht.

Dem Blonden war Harrys Blick jedoch nicht entgangen und fuhr deshalb höhnisch auf dieser Schiene fort. "Abgesehen vielleicht von deiner Weasley-Schlampe, aber die würde wohl für jeden die Beine breit machen. Eine Schande für alle Reinblüter."

Hermine hatte Mühe, den jetzt wild mit Kraftausdrücken um sich werfenden Ron abzuhalten, sich auf Malfoy zu stürzen. Ein dreckiges Grinsen erschien dabei auf dem Gesicht des Slytherin, doch das verschwand sofort wieder, als er sah, dass weder Ginny noch Harry ähnlich reagierten.

Virginia biss zwar verdächtig auf ihrer Unterlippe herum, aber Harry hatte ihr längst gezeigt, wie sie es Malfoy am leichtesten heimzahlen konnte. Und als dann Harry auch noch zur Beruhigung eine Hand auf ihre Schulter legte, zwang sie sich zu einem liebevollen Lächeln, so als hätte ihr Malfoy gerade ein nettes Kompliment gemacht.

Harry entdeckte das erste Anzeichen, dass es dem Blonden überhaupt nicht passte, dass er scheinbar nicht ernst genommen wurde, denn seine schmalen Augenbrauen zogen sich ein Stück zusammen.

"Weißt du, Malfoy.", erklärte Harry nun mit eine Stimmer, als würde man einem Kleinkind gut zureden, während er den Schrei von Ron, Hermine solle ihn endlich loslassen, gekonnt ignorierte. "Du solltest nicht immer vor dir, auf andere schließen." Harry hatte schon davon gehört, das Malfoy auch dem eigenen Geschlecht nicht abgeneigt war und das konnte man ja mal ausnutzen.

Doch mit dieser Andeutung hatte es der schwarzhaarige Gryffindor endgültig geschafft. Malfoys Augen verengten sich zu Schlitzen, ein sicheres Zeichen, dass er gleich zu seinem Zauberstab greifen würde.

Aber so weit kam es gar nicht, denn Ron hatte sich endlich von Hermine befreit und stürzte auf Malfoy zu. Der Rothaarige hatte ausgeholt und scheinbar vor, seine Faust recht unsanft in Malfoys Gesicht zu platzieren. Harry hätte sich vielleicht Sorgen um Malfoys schöne Nase gemacht, aber er wusste ganz genau was kommen würde.

Der Slytherin trat einen Schritt zurück und gab somit seinen beiden Leibwächtern das Zeichen, ihn gefälligst zu beschützen. Die zögerten auch nicht lang und warfen sich auf Ron, so dass alle drei mit einem Aufschrei zu Boden gingen.

Harry legte seine frei Hand auf seine Schläfe, massierte kurz darüber, während er einen Moment die Augen schloss. Das war so berechenbar gewesen! Konnte sich Ron nicht einmal zurückhalten?!

Einen Augenblick sah Harry der Rauferei noch zu, bei der sein rothaariger Begleiter hoffnungslos unterlegen war. Er hatte absolut keine Lust, ihm zu helfen. Es war schließlich seine eigene Schuld! Seit Schulbeginn war es noch nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen, aber das lag wohl daran, dass Ron bei den meisten

Auseinandersetzungen nicht anwesend war.

Ron keuchte, Goyle hatte ihm gerade einen sehr schmerzhaften Schlag in den Bauch verpasst und Harry beschloss, dass es Zeit war einzugreifen. Es würde sonst eine Menge Gerede und noch viel mehr Fragen geben, wenn der große Potter zuschaute, wie sein angeblich bester Freund verprügelt wurde, dachte der Goldjunge selbstironisch. Wenn die Ferien zu eines gut waren, dann das Harry gelernt hatte, was Selbstironie und Zynismus bedeuteten.

Harry wollt seinen Zauberstab ziehen, um einen ganz kleinen und harmlosen Zauber zu sprechen, aber dazu kam er schon gar nicht mehr. Malfoy hatte seine Bewegung bemerkt und auch sein Zögern. Doch er hatte nicht gewartet und drückte Harry jetzt die Spitze seines Zauberstabs an die Brust.

Harry schob Ginny sanft aber bestimmt zur Seite, das war allein eine Sache zwischen ihm und seinem Erzrivalen.

"Wenn du im nächsten Quidditch-Spiel auch so langsam bist, steck ich dich locker in die Tasche, Potter.", meinte Malfoy schneidend und bohrte seinen Zauberstab noch ein wenig weiter in Harrys Robe.

Harrys Augen blitzen wieder auf. Warum hatte er nur immer das Gefühl, das Malfoy ganz genau wusste, welche Dinge ihm noch etwas bedeuteten? "Du konntest mich noch nie schlagen, Malfoy.", entgegnete er kühl, seine Freundlichkeit aufgebend. Und in etwas gelangweiltem Ton fügte er hinzu, "Du solltest deine Hunde zurück pfeifen. So wie Ron jetzt schon aussieht, kriegen sie ne Menge Ärger."

Weder Harry noch Malfoy ließen sich bei diesem Gespräch aus den Augen, sie durchbohrten sich regelrecht mit Blicken.

"Nicht mein Problem, oder?" Malfoy war noch einen Schritt näher gekommen, so dass sie nur noch gute 20 cm auseinander standen und Harry den Kopf heben musste um in die kalten, sturmgrauen Augen des Blonden sehen zu können. Die Spannung zwischen ihnen war schon fast greifbar.

Doch jetzt grinste der Schwarzhaarige leicht und erwiderte zuckersüß. "Aber Malfoy, dann hast du doch niemanden mehr der auf dich aufpasst."

"Ich kann dir gern beweisen, dass ich ganz gut allein zurecht komme.", erwiderte Malfoy und ein selbstischeres Grinsen zierte sein Gesicht, schließlich war er es jetzt, der die Situation kontrollierte. "Aber selbst wenn? Willst du mir auflauern und dich rächen?", fragte der Slytherin sarkastisch, da der Junge doch wesentlich schmächtiger

war als er.

Harry hörte die Worte, hörte, wie Hermine mit Professor McGonagall im Schlepptau auftauchte, hörte, wie seine Hauslehrerin die drei zu einem Knäuel verwickelten Jungen auseinander trieb.

Und dann, legte sich plötzlich ein Schalter in seinem Kopf um. Ja, genau das wollte er! Das war die Antwort auf seine Frage, was Sirius gewollt hätte. Rache! Diese Erkenntnis flutete sein ganzes Denken und er wunderte sich, warum er nicht schon viel eher darauf gekommen war. Er hatte vor lauter Hass und Enttäuschung auf Dumbledore, seine alten Freunde und all die anderen die ihn je verletzt hatten, den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen! Rache.

Welch unbedeutendes Wort, für alles, was jetzt seine Gedanken erfüllte, ihm ein neues Ziel zeigte und endlich wieder einen Grund, worum es sich zu kämpfen lohnte!

Ohne noch auf die anderen zu achten, oder sich weiter um Malfoy zu kümmern, drehte er sich wortlos um und ging mit schnellen, weit ausladenden Schritten Richtung Bibliothek, mehrere sehr überraschte Personen hinter sich lassend.

Aber Harry achtete nicht darauf. Es dachte an Sirius, als dieser damals Wurmschwanz in der Heulenden Hütte gegenüber gestanden hatte. Sein Pate hatte sich damals kaum zurückhalten können, diesem Widerling einen Unverzeihlichen auf den Hals zu hetzen. Sirius wollte es ihm heimzahlen, ihn leiden lassen, töten. Dafür, dass er ihn selbst und Harrys Eltern verraten hatte. Harry wusste nicht, was seine Eltern von ihm in dieser Situation erwarten würden, aber jetzt wusste er zumindest, was Sirius tun würde. Vergeltung hatte er gesucht und nicht bekommen. Aber Harry würde das ändern, er würde Sirius und seine Eltern rächen! Wurmschwanz, Bellatrix Lestrange, Voldemort.

Ein unheimliches Lächeln lag über den Zügen des Jungen. Und wenn er seine Familie gerächt hatte, würde er sich um sich selbst kümmern. Um die Dursleys, um Dudley und nicht zuletzt um Dumbeldore.

Harry marschierte mit festen Schritten durch die Gänge Hogwarts. Er hatte seinen Entschluss gefasst, endlich war er sich sicher, was zu tun war. Welches Ende es nehmen würde, wusste er noch nicht, aber er musste endlich selbst handeln, durfte sich nicht wie eine belangloses Ding benutzen und wieder zur Seite legen lassen. Nur eins war ihm klar. Er würde er seine Rache bekommen!
 

[LINE]
 

Ich will ja die euphorische Stimmung die jetzt vermutlich aufgekommen ist nicht trüben, aber es wird sich Harry noch ziemlich viel in den Weg stellen, bis er seine Rachepläne verwirklichen kann.

Außerdem verratet mir bitte, ob irgendjemand die Gefühle von Harry verstanden hat. Ich wussten nämlich nicht wie ich die verwirrten Gefühle eines jungen Potters gegenüber eines eiskalten Malfoys rüberbringen soll, ohne den Leser selbst zu verwirren. *g*

My Weakness

Hy! Wiedermal vielden Dank für die Kommis. Ich freu mich immer wieder!

Aber jetzt will ich nicht länger aufhalten!
 

"Verflixt, Harry wo bist du nur?", murrte Ginny, während sie suchend durch Hogwarts wanderte. Virginia hatte nicht gehört, was zwischen Harry und diesem Malfoy abgelaufen war, da die drei raufenden Jungs und McGonagalls Gekeife viel zu laut gewesen waren. Sie hatte nur mitbekommen, wie sich Harry auf einmal umgedreht und völlig grundlos das Weite gesucht hatte.

Was zum Teufel war zwischen den beiden abgelaufen, dass Harry Malfoy mit einem gezogenen Zauberstab den Rücken zukehrte?!

Ihre Hauslehrerin war so mit den anderen beschäftigt gewesen, dass Malfoy locker einen Fluch auf Harry hätte sprechen können. Und Harry war für gewöhnlich nicht so unvorsichtig, dem blonden Slytherin so eine Chance zu bieten!

Virginia wäre ihrem schwarzhaarigen Freund gerne nachgeeilt, aber sie hatte sich mit Hermine um Ron kümmern müssen, der von Malfoys Leibwächtern ziemlich zugerichtet worden war. Na ja, McGonagall hatte dann zumindest allen drein jeweils 50 Punkte abgezogen - was im Schnitt bedeutete, dass Gryffindor besser weg gekommen war - und Ron danach auf die Krankenstation verfrachtet.

Ginny hatte ihren Bruder noch bis dorthin begleitet und nur noch so nebenbei erfahren, dass er außer ein paar Prellungen und Quetschungen nichts abbekommen hatte. Das ganze hatte schlimmer ausgesehen, als es am Ende gewesen war. Virginia musste sich auch eingestehen, dass sie ihren Bruder nicht wirklich bemitleidete. Das er mit reiner Körperkraft keine Chance gegen Malfoy und seine Bodyguards hatte, hätte sogar Ron mit seinem Spatzenhirn begreifen müssen!

Ginny ging noch einen Gang weiter und kam dann endlich zur Bibliothek. Es war so ziemlich der einzige Ort, an dem sie noch nicht nach ihm gesucht hatte und seit dem Vorfall in der Eingangshalle war schon über eine Stunde vergangen.

Die Bücherei war leer. Kein Wunder, an einem Freitag nachmittag war natürlich kein Schüler bereit, etwas zu lernen. Von Hermine vielleicht mal abgesehen, aber die hatte Ginny ziemlich aufgelöst bei ihrem rothaarigen Freund zurückgelassen.

Virginia marschierte trotzdem alle Reihen ab, man konnte ja nie wissen und ganz hinten, in einer dunklen Ecke fand sie ihn dann tatsächlich auch. Er war an der Wand zusammengesunken, hatte die Beine angezogen und sein Arme darum geschlungen, auf denen wiederum sein Kopf ruhte. Er wirkte irgendwie verloren, wie er da so Einsam dasaß, ebenso wie das offene Buch, dass vor ihm auf dem Boden lag.

Ginny horchte alarmiert auf. Hatte sie es sich eingebildet, oder hatte der Junge gerade trocken geschluchzt?

Eine ziemliche Wut stieg in ihr auf. Wenn dieses Aas von Malfoy dafür verantwortlich war, würde sie sich demnächst sehr intensiv um dessen Verweisung von der Schule kümmern!

"Harry?", Sie trat näher und ließ sich neben ihm auf dem Fußboden nieder.

Der Gryffindor schüttelte allerdings nur den Kopf ohne aufzusehen. Nein! Nein, er wollte jetzt nicht gestört werden. Nicht jetzt, wo er gerade in Selbstmitleid zerfloss und vor Wut am liebsten alles kurz und klein schlagen würde. Vor allem sich selbst!

"Hat Malfoy was damit zu tun?", Fragte das Mädchen behutsam.

"Malfoy?", Harry lachte trocken und sah auf. Seine trüben Augen waren nicht einmal gerötet, aber er hatte Virginia vor einiger Zeit selbst gesagt, dass er keine Tränen mehr übrig hatte.

"Nein, Malfoy hat nichts damit zu tun.", Erklärte der Junge weiter. Malfoy war ganz im Gegenteil derjenige gewesen, der ihm endlich, wenn auch unabsichtlich, die Augen geöffnet hatte! "Ich kann nur einfach nichts richtig machen!", Klagte er aufgebracht und stieß mit seinem Fuß die offene Lektüre einige Meter durch den Raum. Er war zu nichts zu gebrauchen. Sein Onkel hatte schon recht gehabt, er war eine Missgeburt, verursachte nichts als Ärger!

Ginny sah verwundert dem Buch nach. Solche Wutausbrüche war sie von dem Jungen gar nicht mehr gewöhnt, denn in letzter Zeit hatte er eine recht gute Selbstbeherrschung entwickelt. Da sich Harrys Kopf wieder in seinen Armen vergraben hatte, stand das Mädchen auf und holte den Wälzer zurück. Ein schneller Blick auf den Einband, sowie das Inhaltsverzeichnis und sie wusste, dass es sich um eine Aufzeichnung von schwarzmagischen Flüchen handelte. Allerdings waren diese Flüche so ungefährlich und einfach, dass sie noch nicht in der verbotenen Abteilung standen.

"Schwarze Magie?", Fragte Virginia leicht verwundert. So weit ihr bekannt war, hatte Harry noch nie viel Zuneigung für diese Magieart gehabt.

Harrys Kopf hob sich wieder und er schaute über seine Knie hinweg auf den Boden. "Ich weiß jetzt, was Sirius gewollt hätte." Der Junge sah auf und fixierte Ginnys Augen. "Rache!"

Ein gefährliches Glitzern in den smaragdgrünen Augen ließ das noch immer ausgezehrte Gesicht unheimlich wirken und Virginia begriff, wie sehr er sich auf diesen Gedanken versteift hatte, wie tief dieses Gefühl verwurzelt war. Und so wie sie Sirius einschätzte, war diese Idee nicht einmal abwegig.

"Du hast also ein neues Ziel gefunden und willst scheinbar schwarze Magie lernen, um dich zu rächen, da es nun einmal Fakt ist, das Schwarze Magie stärker ist als Weiße. Und was ist jetzt so schlimm daran?", fasste Ginny zusammen.

Harry ließ seinen Kopf zurück sinken und stöhnte leise auf. Diese Gedanken an Rache, sein innerer Hass, er hatte das Gefühl, das sie ihn langsam von innen her auffraßen und das einzige, was er als Lösung gesehen hatte, war stärker zu werden. Deshalb war er in die Bibliothek gekommen, deshalb hatte er sich vorgenommen schwarze Magie zu erlernen. Er musste einfach Mächtiger werden, um seine Rache zu bekommen, um diese Bellatrix und Wurmschwanz leiden zu lassen und sie anschließend in die Hölle zu schicken! Und er wollte auch Mächtig werden! Nicht um die haltlosen Erwartungen dieser wankelmütigen Zauberwelt zu erfüllen, die ihn erst als wahnsinnig bezeichnete und ihm dann kameradschaftlich auf die Schulter klopfte und ihn ermutigte, sich Voldemort in den Weg zu stellen. Und am alle wenigsten wollte er für Dumbledore mächtig werden, sondern einzig und allein für sich, um sich endgültig aus diesem Nebel aus Selbstmitleid und Schuld hinauszukämpfen. Er wollte schwarze Magie erlernen, allein schon deshalb, weil Albus damit sicher nicht einverstanden gewesen wäre!

Aber seine ganze Euphorie war über ihm zusammen gebrochen, hatte all seine begeisterten Gefühle ins Gegenteil gekehrt, als er eine Tatsache erkannt hatte, die seine kompletten Rachepläne vereitelten. "Ich kann keine schwarze Magie. Das sind total einfache Zaubersprüche und ich bekomme keinen einzigen hin!"

Virginia setzte sich ein weiteres Mal und blätterte durch das Buch. Es standen wirklich nur sehr schwache schwarzmagische Flüche darin und für Harry, der eigentlich ein talentierter und ziemlich starker Magier war, hätten sie kein Problem darstellen dürfen. Virginia glaubte sogar, dass sie selbst keine großen Schwierigkeiten damit haben würde, obwohl sie aus einer größtenteils weißmagisch veranlagten Familie kam.

Um ihre Theorie zu unterlegen suchte sie sich einen Fluch aus, einer mit dem man ein Buch so verhexte, dass es nach seinem Leser schnappte. Auch diese Verwünschung war so schwach, dass man sich dabei kaum mehr tat, als sich leicht die Finger einzuklemmen.

Virginia griff nach einem weiteren Foliant, um diesen Zauber auszuprobieren.

Harry hatte sie derweilen stillschweigend beobachtet und wunderte sich, warum sie ihm nichts zu sagen hatte. "Was tust du da?"

"Nur etwas ausprobierten.", Entgegnete Virginia abwesend und betrachtete aufmerksam den Spruch, sowie die dazugehörige Bewegung. Sie nahm ihren Zauberstab und führte den Fluch aus. Beim ersten Mal, sah man nur ein leichtes Glimmen um ihren Stab, beim zweiten Mal klappte das Buch schon einmal schnell zu und beim letzten Versuch hatte sie den Zauber vollständig richtig ausgeführt. Der Spruch war also tatsächlich so einfach, wie sie vermutet hatte.

"Danke, Virginia! Genau das brauchte ich jetzt.", Meinte Harry sarkastisch. "Du hast mir meine eigene Unzulänglichkeit wunderbar vorgeführt! Jetzt fühle ich mich wirklich besser."

Ginny überging seinen Sarkasmus allerdings und reichte ihm mit einem ernsten Blick das geöffnete Buch. "Probier es bitte mal mit diesem Fluch.", Bat sie und zeigte auf die entsprechende Stelle.

Harry schnaufte genervt. "Glaub mir, ich kann es nicht."

Aber Virginia ließ nicht locker, da sie felsenfest davon überzeugt war, dass er diesen Spruch können musste. Also tat ihr Harry den Gefallen und konzentrierte sich. Er sagte den Spruch klar und deutlich und führte die korrekte Bewegung dabei aus und es geschah... nichts. Rein gar nichts! Kein Glimmen, nicht die geringste Reaktion seines Zauberstabs. Es sah aus, als würde Harry mit einem Taktstöckchen durch die Luft wedeln.

Der Junge seufzte resigniert und stellte das unverzauberte Buch wieder ins Regal zurück.

Ginny hatte ihn die ganze Zeit über sehr genau gemustert und jetzt zeigte sich deutlich Verwirrung in ihrem Gesicht. "Da stimmt was nicht. Dieser Fluch könnte höchstens von einem absolut reinem Weißmagier nicht gesprochen werden. Also,..."

"Lass gut sein, Virginia.", Unterbrach Harry sie müde, "Ich bin einfach nicht stark genug, das ist alles." Ergeben klappte er auch das Fluchbuch zu, lehnte seinen Kopf in den Nacken und ließ sich gegen die Wand sinken.

"Nein, Harry, du verstehst nicht.", widersprach Ginny fest, "Es ist einfach nicht möglich, dass du überhaupt keine Reaktion deines Zauberstabs hervorbringen

kannst."

"Wieso?", war die simple Frage von Harry der immer noch mit geschlossenen Augen an der Wand lehnte und somit nicht sehen konnte, wie sich Ginny vor ihm aufbaute, fest entschlossen, dem Schwarzhaarigen zu beweisen, dass an dieser Sache irgendetwas faul war.

"Hey, du hast schließlich schon fünf Jahre Magieunterricht hinter dir. Verrate mir auch nur einen Spruch, den du je erlernt hast, bei dem du nicht schon beim ersten Versuch zumindest eine minimale Reaktion deines Zauberstabs zusammengebracht hast.", wollte Virginia herausfordern wissen.

Einen Moment noch zögerte Harry, dann schienen seine Augen klarer zu werden. Die winzige Hoffnung, dass er seine Rache doch noch bekommen konnte, keimte in ihm auf. Er führte den inzwischen auswendig gelernten Fluch noch einmal aus und erkannte mit Ginnys Hilfe, was er in seinem eigenen Frust übersehen hatte. In all den Jahren als Zauberschüler hatte er bisher noch bei jedem Zauberspruch eine Reaktion hervorgerufen und wenn es nur das leichte kribbeln in seiner Zauberhand war. Aber selbst dieses kaum spürbare Gefühl, das ihm jedes mal - wenn auch unterbewusst - vermittelte, dass er gerade etwas magisches tat, fehlte ihm jetzt und das war nun wirklich höchst ungewöhnlich. Außerdem waren das absolut schwache Flüche und auch, wenn er nicht von sich behauptete, dass er im Moment ein mächtiger Magier war, diese Zauber hätte er zustande bringen müssen, wo es doch sogar die jüngere Virginia schaffte.

"Wie kann das sein? Ich mein... du hast Recht, irgendetwas stimmt hier nicht. Aber was?", wunderte sich der Junge und drehte seinen Zauberstab, um ihn von allen Seiten betrachten zu können. Nun, am Zauberstab konnte es nicht liegen, der war wie immer.

"Ich finde, na ja, es wirkt für mich ein bisschen so, als hättest du so etwas wie einen Bannzauber oder einen Banntrank bekommen.", sprach Virginia ihren ersten Gedanken aus, "Eine art Blockade gegen deine schwarzmagischen Fähigkeiten."

Harrys scharf gezeichnete Augenbraue wanderte ein Stück nach oben und zeigte deutlich seinen Unglauben. "Ach komm, wer sollte den bitte mir eine Blockade verpassen wollen?", fragte er skeptisch, "Ich mein... es gibt doch gar keinen Grund!"

"Du kennst die vielen Vorurteile, die gegen die Schwarze Magie vorherrschen.", versuchte ihn Ginny zu überzeugen. "Vielleicht hatte jemand Angst, du könntest auf die andere Seite wechseln, wenn du erst Mal schwarzmagische Flüche beherrscht. Oder du würdest dann zu mächtig werden."

Harry lachte bei diesen Worten hohl auf, ein Lachen bei dem Virginia jedes Mal ein eiskalter Schauer über Rücken lief. "Wer sollte den bitte glauben, dass ICH zu mächtig werden würde. Voldemort vielleicht?"

Ginny zuckte bei diesem Namen kurz zusammen, doch der Junge ignorierte es.

"Du hast damals schließlich den dunklen Lord erheblich Geschwächt, und dass, obwohl du nur ein Baby warst, da kann man doch annehmen, dass du ein mächtiger Magier wirst."

Aber Harry tat auch diese Begründung mit einer weg werfende Handbewegung ab. "Das war der Blutschutz meiner Mutter, das hatte im Grunde genommen nichts mit mir zu tun. Und selbst, wenn das jemand angenommen hätte, so hätte doch sicher nur ein Anhänger Voldemorts versucht mich zu blockieren, da alle anderen ja froh wären, wenn ich ihnen Voldemort vom Hals schaffe.", Ginny wollte etwas einwerfen, doch Harry ließ sie gar nicht zu Wort kommen, "Und wenn tatsächlich ein Todesser oder irgendein anderer Diener von Voldemort mich erwischt hätte, hätte er mich wohl eher umgebracht, anstatt mich zu verzaubern."

Der Junge stieß sich nachdenklich von der Wand ab und legte das Fluchbuch auf den Tisch, während Virginia Harrys Gegenargumente erst einmal verdauen musste.

"Außerdem müsste ich doch wissen, wenn mir jemand einen Trank einflößt, oder mich verzaubert.", setzte Harry nach einer Weile noch hinzu.

"Wozu gibt es ein Oblivate und ein Trank kann dir auch so jederzeit von irgendjemanden untergemischt werden. Vielleicht warst du auch noch so klein, dass du dich nicht mehr daran erinnern kannst.", gab Virginia zu bedenken. "Wer weis das schon. Es gibt x Möglichkeiten."

Ginny nährte sich ihm von hinten und legte mit einer beruhigenden Geste ihre Hand auf seine Schulter. Sie kannte ihn gut genug, um seine innere Aufruhr zu bemerken. "Aber es ist zumindest offensichtlich, dass deine schwarzmagischen Fähigkeit, unerheblich, wie Stark sie in Wirklichkeit sind, blockiert werden. Und in diesem Fall muss es ganz sicher ein Gegenmittel oder einen Gegenfluch geben."

Harry glaubte ihr immer noch nicht so ganz, aber auch ihm war klar, dass etwas an dieser Sache nicht stimmen konnte. Aber sollte wirklich jemand seine Fähigkeiten blockiert haben, dann musste dieser Feind doch in den eigenen Reihen sein!

"Uns wird sicher etwas einfallen.", versuchte ihn Ginny aufzuheitern.

Harry legte seine Hand auf die von Virginia, drückte sie kurz, bevor er sie aber entschieden von seiner Schulter schob. "Danke für deine Hilfe, Virginia, aber ich muss das jetzt alles erst mal verarbeiten. Mir ist es heute ein bisschen viel geworden. Lass mich jetzt bitte allein. Morgen... oder in ein paar Tagen, sehen wir weiter."

Ginny nickte, wusste sie doch, dass sich Harry nur noch weiter in sich zurückzog, sollte sie versuchen jetzt zu ihm vorzudringen. Besorgt sah sieh ihm nach, als er in gedrückter Stimmung den Raum verließ und machte sich dann entschlossen sofort an den Büchern zu schaffen. Sie würde ein Gegenmittel finden und wenn es das letzte war, was sie tat!
 

*
 

Draco Malfoy marschierte wütend Richtung Eingangshalle, während seine rechte Hand den

Zauberstab in der Tasche seiner Schulrobe umklammert hielt. Er brauchte jetzt dringend Ablenkung und wehe demjenigen, der sich ihm in dieser aggressiven Stimmung in den Weg stellte!

Draco hatte sich entschlossen nach draußen zu gehen, wollte sich irgendwo draußen auf an den See setzten und ein bisschen ausspannen, um sich wieder ein wenig einzukriegen. Wie konnte es dieser Abschaum von Potter auch wagen, ihm unter die Nase zu halten, ER würde für andere die Beine breit machen! Der solle ihm noch mal über den Weg laufen, mit diesem elenden freundlichem Gehabe, dann würde Draco ihm mal zeigen, wer hier für wen die Beine spreizte!

Oh, es nervte ihn, dieser blöde Kommentar verfolgte ihn schon seit fast zwei Stunden! Es war schon fast zum Haare raufen und dann dieses Weasley-Mädchen, wie sie sich an Potter ranschmiss, als gäbe es kein Morgen mehr. Als wenn an dem irgendetwas dran wäre, außer seiner pothässlichen Narbe!

So hineingesteigert in seinen Zorn hörte Draco hastige Schritte und sah auf. Da lief ihn doch tatsächlich die Person über den Weg, von der er sich eigentlich ablenken wollte!

Aber im nächsten Moment war Dracos Wut plötzlich verpufft. Potter lief mit hängendem Kopf und auf den Boden gerichteten Augen durch die Gänge, die Arme um seinen zierlichen Körper geschlungen, als würde er frieren.

Der wortgewandte Slytherin war sich im ersten Augenblick nicht einmal sicher, was er sagen wollte, aber das erübrigte sich ohnehin, denn Potter rauschte schweigend an ihm vorbei, ohne Draco auch nur eines Blickes zu würdigen.

Dadurch stachelte der Gryffindor Draco natürlich sofort wieder an, aber das schien Potter derzeit gänzlich egal zu sein.

Draco war schon versucht seinen Zauberstab zu ziehen, doch Potter war bereits nach draußen verschwunden, noch bevor der Slytherin auch nur irgendeinen Fluch sprechen konnte. Kurz entschlossen - er hatte jetzt eindeutig keine Lust mehr nach draußen zu gehen - drehte sich der Blonde um und ging mit wiegenden Schritten und hoch erhobenem Haupt wieder in die Kerker zurück. Innerlich kochte er aber. Er hasste es ignoriert zu werden und dann lief Potter schon wieder mit diesen schrecklich leeren Augen rum, die Draco noch mehr aufregten!

Es machte einfach keinen Spaß Potter zu ärgern, wenn er ihn mit diesen verflixten dumpfen Augen ansah und außerdem erinnerte ihn das dann immer an die Anfahrt und daran, wie Potter ausgesehen hatte und an dieses seltsame Gefühl, das er dabei gehabt hatte. Draco wusste auch jetzt noch nicht, was da mit ihm los gewesen war, aber es wurmte ihn, dass er in seinem Kopf seither die Vorstellung von dem ewig gutgelaunten Zauberweltliebling, dem doch immer alles zuflog, nicht mehr aufrechterhalten konnte. Überhaupt war es schwer sich vorzustellen, dass dieser gebrochene Junge, den er da im Abteil gefunden hatte, das verzogene Balg war, dass er seit der Einschulung versucht hatte, fertig zu machen.

Draco fragte sich immer wieder, was nur mit dem Schwarzhaarigen passiert war. Wieso vertrug er sich plötzlich nicht mehr mit seinen alten Freunden und vor allem, wie hatte er sich so verändern können? Denn das er sich geändert hatte, dessen war sich Draco sehr bewusst. Sonst war es so einfach gewesen, diesen Möchtegernhelden an den Rand des Wahnsinns zu treiben, aber jetzt hatte ausgerechnet der Goldjunge von Gryffindor angefangen, eine ähnliche Maske zu tragen, wie Draco sie selbst schon seit Jahren benutzte. Und warum in Salzar Slytherins Namen merkte das niemand? Waren die alle so beschränkt und wollte es nur keiner wahr haben?

Bis auf diese kleine rothaarige Schlampe, die jetzt auch noch anfing genau so aufmüpfig zu werden, wie diese Plage von Potter! Was sich die beiden heute Mittag geleistet hatten, würde Draco ihnen noch doppelt und dreifach zurückzahlen!

Außerdem hatten Grabe und Goyle jede Menge Punkte abgezogen bekommen, aber dafür hatte dieses Wiesel in die Krankenstation müssen. Draco grinste bei dieser Erinnerung fies in sich hinein. Was regte sich das Wiesel auch immer gleich so auf, feixte der Blonde in Gedanken und wurde gleich wieder böse. Und warum regte sich Potter überhaupt nicht mehr auf! Da beleidigte man seine Freundin und der sah ihn an, als würden sie gerade ein lustiges Geplänkel haben.

Wieso konnte er nicht wie sonst, auf ihn losgehen, oder sonst irgendetwas Potter typisches tun. Warum hatten diese Augen ihre frühere Leidenschaft verloren?

Wieder diese Frage. Draco wollte sie zur Seite schieben, doch spätestens, wenn er Potter über den Weg lief, drängte sie sich ihm erneut auf.

Die Augen von Potter hatten ihn schon seit ihrem ersten Treffen fasziniert, aber das war Draco erst aufgefallen, als dieses Glitzern - das so ganz anders, intensiver und rätselhafter war, als das von Dumbledore - aus ihnen verschwunden war. Dieses ewige, vermaledeite, smaragdgrüne Leuchten, das Draco immer so gereizt und ihm doch gleichzeitig gefallen hatte. Das Sprichwort stimmte schon, man bemerkte manch mal erst, dass man etwas gemocht hatte, wenn es weg war.

Draco musste sich eingestehen, dass ihm dieser unüberlegte Potter mit den leidenschaftlichen Augen und dem entschlossnen Ausdruck wirklich fehlte. Das war vielleicht auch der Grund, warum er sich in letzter Zeit so oft mit ihm anlegte, ihn bis aufs Blut provozierte, nur um dann schließlich doch noch ein leichtes Flackern in den seelenvollen Augen seines Gegenübers zuerkenne. Aber es war nie mehr, als ein Schatten dessen, was einst gewesen war.

Draco hatte inzwischen den Gemeinschaftsraum der Slytherins erreicht und war mit dem richtigen Passwort am steinernen Wächter vorbeigekommen. Er durchquerte in seiner, ihm scheinbar angeborenen, erhabenen Haltung den großen, ganz in grün, silbern und schwarz gehaltenen Raum und war heilfroh, dass ihm diese nervige Parkinson nicht unvermittelt von der Seite ansprang. Die hätte ihm zu seinem Glück noch gefehlt! Draco erreichte unangesprochen - was bei der Eiseskälte, die er ausstrahlte, auch kein wunder war - den Eingang zu seinem Einzelzimmer und ließ aufatmend die Tür hinter sich ins Schloss fallen.

Draco ließ sich elegant auf einen flauschigen Sessel vor dem Kamin gleiten. Da es in den Kerkern auch im Sommer ziemlich kühl war, brannte schon jetzt ein angenehmes Feuer im Kamin, das lustig vor sich hin knisterte.

Erneut dachte Draco an den Vorfall von heute Mittag, aber seine Wut darüber war gänzlich verschwunden. Als Draco seinen Rivalen gefragt hatte, ob er sich Rächen wolle, hatte ihn Potter nur stumm angesehen. Draco hatte sich schon entschlossen noch eine spitze Bemerkung zu machen, als er plötzlich begriff, dass Potter durch ihn durch sah. Der Junge schien völlig weggetreten und dann...

Draco konnte es nicht in Worte fassen, was er da in den Augen des Schwarzhaarigen gesehen hatte. Dieser Anblick war einfach unbezahlbar gewesen. Es war nicht dieses flüchtige Aufblitzen, das er seit Schulbeginn manchmal heraufbeschworen hatte und es war auch nicht sein altes Temperament. Es war... dunkler, schien viel tiefer zu gehen, als hätte er in Potters Augen gerade das Fegefeuer selbst gesehen.

Dieses Feuer hatte Draco einen warmen Schauer über den Rücken laufen lassen und er war sekundenlang so vertieft in diesen Anblick gewesen, dass er hatte aufpassen müssen, dass er nicht vollständig in diesen Augen versunken war.

Das konnte doch einfach nicht wahr sein! Warum faszinierten ihn diese Augen so sehr? Es war doch nur dieser elende, aufsässige Potter, nichts weiter!

Ein Klopfen an den kleinen ovalen Fenstern riss ihn aus seinen Gedanken. Malfoy öffnete mit einem Schwenk seines Zauberstabs den Riegel - ohne Leiter würde man gar nicht ran kommen, da sie direkt unter der Zimmerdecke lagen - und ließ den schwarzen Raben herein.

Mit einem lauten Krächzen des Tiers segelte ein grüner Briefumschlag in Dracos Schoß und schon hatte sich der Rabe auch wieder davon gemacht. Durch einen flüchtigen Blick auf die Handschrift und die silberne Tinte, wusste der Junge, dass die Nachricht von seinem Vater kam. Eine üble Vorahnung stieg in ihn auf und mit geschickten Fingern hatte er das Pergament schnell entfaltet. Er überflog den Brieftext, der für jemanden, der nicht eingeweiht war nur Nichtigkeiten enthalten würde. Doch Draco konnte die indirekte Warnung herauslesen, ebenso wie das Datum, das seine Gnadenfrist beenden sollte. Jetzt stand der endgültige Termin also fest. In genau vier Wochen war es soweit. Und es war durchaus vorstellbar, dass er vielleicht nach dieser Nacht nicht mehr zurückkommen würde.

In Dracos Gedanken drängten sich smaragdgrüne Augen, die ihn voller Hass anblitzten. Warum musste er schon wieder an Potter denken, was hatte dieser Mistkerl ständig in seinem Kopf zu suchen?!

Ein erneute Klopfen ließ Draco aufschrecken, doch dieses Mal kam es von der Tür. "Wer stört?", rief der Bonde unfreundlich und räumte den Brief schell weg, ohne dabei jedoch hastig zu wirken.

Blaise Zabini trat unbeeindruckt ein und schloss die Tür hinter sich. Seine hoch aufgeschossene Gestallt, die sogar Draco noch um ein paar Zentimeter überragte, wirkte im Gegensatz zu dem fast gleich großen Ron weder schlaksig noch linkisch. Sein halblanges, pechschwarzes Haar, das er zu einen kurzen Rattenschwanz zusammengebunden hatte, verlieh ihm einen gewissen rebellischen, fast verwegener Touch und lenkte damit fabelhaft von Blaise durch und durch hinterhältigem Charakter ab.

Das war einer der Gründe, warum ihn Draco als einigermaßen ebenbürtig ansah, doch dass er den Jungen zu seinem besten Freund gemacht hatte, lag dran, dass Blaise einen leichten, ganz Slytherin untypischen Hang zu bedingungsloser Freundschaft hatte. Er hatte Draco voll und ganz akzeptiert und konnte mit seinen Eigenarten umgehen, ebenso war es ihm möglich, durch Dracos Maske hindurch zusehen. Draco wunderte sich nicht einmal, dass Zabini sich ausgerechnet ihm angeschlossen hatte, denn diese Frage hatte ihm Blaise ziemlich ehrlich mit der Begründung beantwortet, dass Draco nun mal der Angesehenste in ihrem Haus war und es sich immer lohnte einen mächtigen Freund zu haben.

"Was gibt es?", fragte Draco kalt, nachdem er Blaise gemustert hatte.

Blaise bedachte seinen Freund mit einem ernsten Blick. "Das wollte ich dich fragen."

"Nichts.", erwiderte Draco schon fast zu schnell und schaute ins Feuer.

Der andere Junge seufzte hörbar auf. "Ich weiß was los ist."

"Ach, tust du das?", meinte Draco abfällig, doch seine Gedanken rasten. Hatte er sich irgendwie verraten, hatte irgendwer mitbekommen, dass er sich ständig Gedanken um Potter macht? Hoffentlich war es nicht noch anderen aufgefallen!

So in Horrorvorstellungen vertieft bekam Draco nur am Rande mit, das Zabini das Zimmer mit einem schwarzen Fluch versiegelt, so das unliebsame Mithörer ausgeschlossen waren. Blaise wartete noch einen Augenblick, schien seinen ganzen Mut zusammenzunehmen und dann: "Ich weiß, dass dich der dunkle Lord sehen will."

Draco atmete innerlich auf. Bei Merlin, er wusste nichts von Potter. Aber diese Sache mit seiner Gnadenfrist, ja das musste es sein. Warum sonst sollten seine Gedanken so verrückt spielen. Es war nur die Nervosität, ganz sicher!

Draco, der für Blaise Geschmack schon viel zu lange mit seiner Antwort gewartet hatte, zeigte auf einen der Sessel und sagte, einen Hauch freundlicher. "Setz dich."

Blaise kam der Aufforderung nach und auch Draco ließ sich nach kurzem Überlegen wieder nieder.

"Woher weißt du es?", fragte der Blonde mit einer Ruhe, die seinen Freund jedes Mal wieder erstaunte.

"Hab meinen Vater belauscht.", antwortete er gleichgültig und hob dich Schultern, was Draco aber nur aus den Augenwinkeln mitbekam, da er die ganze Zeit ins Feuer stierte.

"Die Angewohnheit wird dich noch mal ins Grab bringen. Oder in sehr große Schwierigkeiten."

"Vielleicht. Oder sie wird mir irgendwann den Hals retten. Wer weiß.", erwiderte der Größere mit einer Spur Belustigung, während seine Augen auf Dracos Gesichtszügen ruhten, um jede noch so geringe Regung zu erkennen. "Also, wann?"

"Vier Wochen.", war die tonlose Antwort Dracos.

Blaise fröstelte unwillkürlich. Gott, wie konnte sein Freund mit so solch einem Wissen nur so ruhig bleiben? War er wirklich schon so abgebrüht?

Sie schwiegen einige Minuten, bis sich Blaise zur nächsten Frage aufraffen konnte. "Und du willst das wirklich durchziehen? Ich meine, damals sind wir schließlich davon ausgegangen, dass es erst nach deinem Schulabschluss so weit kommt."

Draco nickte knapp. "Ich kann nicht anderes. Eine andere Entscheidung wieder spräche allem, an das ich glaube."

"Dir ist schon klar, welche Folgen das haben könnte?", fragte Blaise und biss sich noch im selben Moment auf die Zunge. "Sorry, blöde Frage. Du bist wohl der letzte, dem ich in dieser Sache Naivität unterstellen könnte. Es ist nur, ständig reden die andere mit vorgehaltener Hand über den dunklen Lord, obwohl sie alle keine Ahnung haben! Das kotzt mich echt an."

"Mir ist klar, was mir durch meine Entscheidung wahrscheinlich blühen wird.", war Draco einziger Kommentar dazu.

Plötzlich schlug Blaise mit seiner Faust auf die Lehne des Sessels. "Scheiße!"

Draco sah ihn an und lächelte leicht. Es war ein ehrliches und dadurch vor allem seltenes Lächeln, denn das Blaise seine Fassung verlor, weil er sich Sorgen um ihn machte war schon fast niedlich. Jeden anderen hätte Draco dafür zusammengestaucht, dass es sich für einen Slytherin nicht gehörte, solche Gefühle zu zeigen, aber wenigstens einmal echte Anteilnahme bekundet zu bekommen, tat selbst dem Eisprinzen Slytherins wohl.

"Vielleicht fällt mir noch was ein.", meinte Draco beinahe aufmuntern und wusste doch im gleichen Atemzug, dass es keinen Ausweg mehr gab.

Zabini überlegte kurz und meinte dann leise: "Draco, wenn du Hilfe brauchst."

"Blaise!", ermahnte Draco streng.

"Ja, ja, ich weiß.", gab sein Freund sichtlich genervt von sich, "Ein Malfoy braucht niemals Hilfe. Ein Malfoy geht lieber an seinem Stolz zugrunde."

Dracos Mörder-Blick ignorierend fügte er bedauernd hinzu. "Ich werde trotzdem da sein, wenn du mich brauchst. Auch wenn ich befürchte, dass ich in dieser Sache absolut nichts für dich tun kann."

"Mach dir nichts daraus.", entgegnete Malfoy ungerührt und stand auf, um das Gespräch zu beenden, "Das kann niemand." Nicht mal Potter, fügte er im Stillen hinzu und gab sich für diesen Gedanken eine mentale Ohrfeige.
 

[LINE]
 

So das wars mal wieder. Kann mir jemand sagen, ob Harry wirklich noch nie schwarze Magie gewirkt hat? *mir nicht sicher bin* Wenn doch, sagt mir wann und wo, ich werd schon eine Erklärung dafür finden. Dracos Gefühle sind noch komplizierter als die von Harry, ganz abgesehen, dass der Junge momentan Todesängste aussteht. Da sind seine Gefühle noch verquerer. Aber na ja.

Fragt sich schon jemand, was ihn nach den vier Wochen erwartet? *g* Ich verrate nichts! :)

My Live

So und jetzt das nächste Kapitel! Hat leider ein bisschen gedauert.

Wieder ein großes Danke an alle kommischreiber und Betalerinnen! Bei jedem Kommi kommen mir wieder mehr Ideen! *g*

Aber jetzt viel Spaß!
 

Harry Potter hatte einige Zeit mit seiner Enttäuschung kämpfen müssen, doch nachdem er stundenlang auf den Länderein Hogwarts umhergestreift war, war er endlich zu der Überzeugung gekommen, dass er sich bei seinem Rachefeldzug auch auf Rückschläge einstellen musste und sich davon nicht unterkriegen lassen durfte. Jetzt, wo er endlich ein neues Ziel gefunden hatte, musste er es unerbittlich verfolgen, unerheblich wie lang und beschwerlich dieser Weg werden würde.

Harry hatte sich schließlich aufgerafft und noch am selben Abend Virginia aufgesucht. Gemeinsam versuchten sie nun schon seit drei Tagen eine Lösung für Harrys Problem mit schwarzer Magie zu finden.

Heute war Montag und der Goldjunge aus Gryffindor hatte gerade die letzte Stunde seines Nachmittagsunterrichts hinter sich gebracht. Hastig schulterte er seine Schultasche und verdrückte sich schnell, bevor Ron und Hermine auch nur auf die Idee kamen, ihn aufzuhalten.

Seine oberste Priorität war jedoch noch immer, mächtiger zu werden und so lange die schwarzmagische Blockade nicht durchbrochen war, spezialisierte er sich vorerst auf weiße Magie. In diesem Sinne hatte sich Harry vorgenommen, den Unterrichtsstoff der nächsten Schuljahre aufzuarbeiten, damit er - sobald die Sperre gesprengt war - sich gänzlich auf sein Schwarzmagisches Studium konzentrieren konnte und nicht zu stark vom eigentlichen Schulstoff abgelenkt war.

Ginny war sofort begeistert darauf eingestiegen und widmete sich nun ihrerseits den weißen, wie auch Schwarzen Künsten des Zaubertrankbrauens und gab Harry dabei noch gleichzeitig Übungsstunden, da dies ja sein schlechtestes Fach war.

Harry stoppte kurz und sah noch einmal flüchtig auf die Karte des Rumtreibers. Er hatte durchaus keine Lust verfolgt zu werden, womöglich noch von jemandem, der alles was sie planten auffliegen lies und bog dann um die nächste Ecke, als er sich abgesichert hatte.

Dieser Gang lag zwar etwas abseits und war somit ohne hin die meiste Zeit leer, aber Harry kannte die Risiken und vor allem die Konsequenzen, wenn raus kam, dass sie mit schwarzer Magie experimentierten.

Harry schaute noch einmal auf die Karte, bevor er sie mit den Worten: "Unheil angerichtet!", wieder wegpackte. Ein Lächeln hatte sich auf sein Gesicht geschlichen, als er den kleinen, schwarzen Punkt namens Ginny im Raum der Wünsche entdeckt hatte. Virginia war also auch schon anwesend, wie er vermutet hatte.

Die beiden verbrachten ihre ganze Freizeit fast nur noch in der Bibliothek oder im Raum der Wünsche. Harry wusste, dass Ginny viel Zeit, die sie eigentlich für ihr Eigenstudium verwenden wollte, für die Suche nach einem Gegenmittel opferte und auch, wenn er sie immer wieder ermahnte, sie solle diese Suche nicht über ihre eigenen Belange stellen, war er doch heilfroh, dass sie sich so in die Sache reinhängte. Denn es hatte sich als ausgesprochen schwierig heraus gestellt, ein Mittel gegen etwas zu finden, von dem sie noch nicht einmal wussten, gegen was genau es wirken sollte.

Im Laufe der letzten Tage hatten sie schon mehr als 10 Sprüche und Tränke gefunden, die etwas mit Schwarzmagischen Blockaden zu tun hatten und womöglich auf die von Harry zutrafen. Deshalb achteten sie beim durchsuchen der Bücher auch auf Zauber, die ihnen zumindest einen Hinweis geben konnten, welche Art von Blockade es war, doch bisher waren sie leider noch nicht fündig geworden.

Harry drückte rasch die Klinke nach unten und verschwand ungesehen im Raum der Wünsche. Aufatmend ließ er die Tür hinter sich ins Schloss fallen und schaute sich suchend nach Ginny um.

Das erste, was sich einem präsentierte, wenn man das Zimmer betrat war ein schwerer, massiver Tisch aus dunklem Holz und mehreren Stühlen herum. Zur linken und rechten Seite erhoben sich etliche Bücherregale die bis unter die Decke reichten und unzählige Bücher, teilweise sogar welche, die besser in die Verbotene Abteilung gehört hätten, beherbergten. Durch die Anordnung der Regale wurde dieser Teil des Raumes vom Rest des Zimmers ein wenig abgetrennt, so dass man ungestört lernen konnte.

Harry hatte seine Tasche auf dem Tisch liegen lassen und schlenderte durch den schmalen Gang, den die Regale bildeten in den hinteren Teil des Zimmers. War der Bibliotheksbereich noch mit weichen Teppichen ausgelegt, breitete sich vor dem Jungen jetzt glatter, harter Holzboden aus. Die Fläche war groß genug, um locker eine ganze Klasse unterzubringen, doch das war Harry gerade recht. Hier konnte er ohne viel kaputt zu machen an seiner Zauberkunst üben.

Harry ließ seinen Blick auch hier suchend umherschweifen, bevor er sein Augenmerk auf die schweren Vorhänge, die gegenüber dieser Fläche lagen, richtete. Dahinter befand sich der Teil des Raums, den Harry für die Zaubertrankzubereitung vorgesehen hatte.

Der Abschnitt war nicht ganz so weitläufig wie der Büchereiteil oder die Übungsfläche, aber das brauchte es auch gar nicht, wie ihm Ginny mit leuchtenden Augen versichert hatte, als sie die aufwendige Einrichtung hinter dem Vorhang gesehen hatte.

Auf der ganz rechten Seite, in der Nähe der Vorhänge stand noch eine Diwan, ein kleiner Tisch und mehrere Schränkchen mit vielen schmalen Fächern, alles vorgesehen für die Tränke, die Virginia und er noch brauen würden. Das ganze wurde durch einige geschmackvolle chinesische Wände verdeckt, die Harry mal irgendwann zufällig im Fernsehen gesehen und gleich in seinen Wunsch mit eingebaut hatte. Ja, man konnte sagen, dass er sich im Raum der Wünsche ausgesprochen wohl und sicher fühlte.

In diesem Moment wurde der schwere, schwarze Vorhang zur Seite gezogen und der schmale Körper von Ginny schob sich hervor. Als sie ihn bemerkte, stürmte sie ihm aufgeregt entgegen und bremste gerade noch rechtzeitig, bevor sie in Harry hinein rannte.

"Na, na, Virginia", lachte der Junge, der sicherheitshalber einen Schritt zurückgetreten war. "Was ist denn passiert? Irgendwas in die Luft gesprengt."

Ginny schüttelte lächelnd den Kopf und öffnete das dicke, abgegriffene Buch, dass sie bis zu ihm mitgeschleppt hatte, an einer Eingemerkten Stelle. "Bis jetzt noch nicht. Aber schau mal."

Harry nahm ihr den Wälzer ab und überflog die entsprechende Seite.

"Dieser Trank wäre doch etwas.", meinte Virginia eifrig und sah ihn erwartungsvoll an.

Die dunkelgezeichnete Augenbraue des Gryffindors wanderte skeptisch ein Stück nach oben. "Dieser Trank ist in der Lage alle Obliviate Zauber, die je auf Sie angewandt worden sind, dauerhaft aufzulösen.", las Harry halblaut vor und ließ das Buch dann wieder sinken. "Und du glaubst, dass könnte etwas bringen?"

"Ja, warum nicht.", entgegnete Ginny, die nicht bereit war ihren Optimismus aufzugeben, "Wir wissen zwar nicht, ob dein Gedächtnis verändert wurde, als du die Blockade bekommen hast, aber wir könnten es zumindest einmal ausprobieren. Und wenn du noch nie ein Obliviate

abbekommen hast, wirst du nach Einnahme des Tranks nur ein paar Stunden schlafen. Es ist also völlig ungefährlich."

Harry überlegte eine Weile. Das war zumindest ein Anfang und Virginias begeisterte Stimmung war regelrecht ansteckend. "Ja, gut. Einverstanden."

"Aber ich benötige eine Pflanze, die wir nicht bei den normalen Schulutensilien dabei haben.", gab Ginny noch zu bedenken.

"Die kann ich über deine Zwillingsbrüder besorgen, kein Problem.", antwortete Harry leichthin und wollte sich schon seinen Übungen widmen, als ihn Ginny noch einmal aufhielt.

"Diese Pflanze gibt es aber nur in Samenform, weil die Blüte nur ungefähr fünf Minuten lang blüht und danach verwelkt und unbrauchbar wird. Wir müssten die Pflanze also selbst anbauen."

"Ok, das könnte jetzt doch ein Problem werden." Harry klang besorgt, jetzt hatten sie schon mal eine kleine Möglichkeit gefunden und schon wieder stellte sich irgendetwas in den Weg!

"Ich hab gehört, dass Neville zur Steigerung seines Selbstvertrauens in der Nähe von Hagrids Hütte einen Platz bekommen hat, wo er anpflanzen darf, was er will.", grübelte Virginia vor sich hin, "Muss von Prof. Sprout ausgegangen sein, weil Neville doch so gut in Kräuterkunde ist."

"Ob er das für uns machen würde?", fragte Harry zweifelnd.

Virginia hob gleichgültig die Schultern. "Wozu ist Neville sonst gut?"

Bitte?! Überrascht starrte Harry das Mädchen einen Moment sprachlos an. Sie hatte wirklich angefangen sich zu ändern, denn das klang absolut nicht nach Gryffindor, viel eher wie Slytherin!

Virginia verdrehte bei Harrys Blick genervt die Augen. "Jetzt schau nicht so! Ist doch wahr! Außerdem weist du doch selbst, wie leicht Neville sich beeinflussen lässt und er vergöttert dich. Du verkörperst alles, was er je sein wollte."

"Er kann froh sein, dass er es nicht ist.", entgegnete Harry bitter und schlug das Buch in seinen Händen zu. Leute wie Neville hatten doch überhaupt keine Ahnung was es wirklich bedeutete Harry Potter zu sein!

"Ich weiß." Virginia nahm dem Jungen den Wälzer ab und schenkte ihm einen teilnahmsvollen Blick. "Aber er kennt, wie die meisten auch, eben nur eine Seite der Medaille." kennen
 

*
 

Es war Abend geworden und Harry hatte sich seinen Schlafsaal zurückgezogen, um die Sache mit Neville noch einmal zu überdenken. Er war sich noch nicht sicher, ob er diesen oberflächlichen Jungen, der doch nicht die geringste Vermutung hatte, wie dreckig es ihm ergangen war, um Hilfe bitten sollte. Aber Harry sollte noch an diesem Tagesende herausfinden, dass nicht nur stille Wasser tief sind...
 

"Hey Harry, das ist jetzt schon langsam nicht mehr normal." Ron saß im Schneidersitz auf seinem Bett und kaute beleidigt auf seiner Unterlippe. "Ich versteh ja, wenn du dich hin und wieder mit Ginny zurückziehst. Aber seit ein paar Tagen seit ihr ja gar nicht mehr auffindbar. Die anderen reden schon die ganze Zeit darüber, was ihr so allein wohl die ganze Zeit treibt. Ihr könntet euch also langsam mal wieder einkriegen!"

Harry seufzte tonlos und blätterte auf nie nächste Seite seiner Lektüre, ohne die vorherige überhaupt richtig verstanden zu haben, da er ständig von seinem Mitbewohner abgelenkt wurde. "Ron, es interessiert mich keine Pfifferling, was die anderen über Ginny und mich denken. Aber nur, um dich zu beruhigen. Ginny und ich lernen zusammen und nichts sonstiges."

"Ja, klar! Und was ihr nicht alles lernt.", gab Ron ironisch zurück. "Und dazu müsst ihr immer allein sein..."

Wie lange führten sie diese Diskussion eigentlich schon? Harrys Blick wanderte flüchtig zur Uhr. Na toll, er hatte schon eine halbe Stunde damit verplempert, Ron von der Tatsache zu überzeugen, dass zwischen ihm und Ginny nichts lief! Dabei hatte sich Harry einige Bücher zum lernen mitgenommen, denen aber durch Rons plötzlich erwachtem Beschützerinstinkt nicht die gewünscht Aufmerksamkeit zu Teil wurde.

"Sag mal, kann es sein, dass du so lästig bist, weil es in deiner eigenen Beziehung nicht klappt?", entgegnete Harry ruhig. Er wollte eigentlich gar nicht mit diesem Thema anfangen, aber Rons Verhalten hatte seinen Geduldsfaden schon erheblich beansprucht.

Rons Kopf wurde schlagartig ein paar Nuancen röter. "Das geht dich gar nichts an!", blaffte er seinen angeblich besten Freund an.

"So, aber in meine Beziehung darfst du dich einmischen, ja?", erwiderte Harry gelassen und versuchte erneut einen bestimmten Absatz seines Buches durchzulesen, den er jetzt bestimmt schon zum dritten Mal angefangen hatte.

"Sie ist schließlich meine Schwester! Ich will nicht, dass sie in Verruf kommt!", meinte Ron, eine Spur zu laut, als das man das Ganze noch als eine Diskussion bezeichnen konnte, "Und jetzt leg endlich dieses verdammte Buch weg, wenn ich mit dir rede!"

Das erinnerte ihn wohl an Hermine, die auch ihre Nase ständig in Büchern vergrub, dachte Harry mit einem leichten Grinsen und sah, angestachelt von Rons aggressiver Haltung, nun nicht einmal mehr auf, als er ihm antwortete. "Ginny ist Selbstbewusst genug, um sich gegen derartiges Gerede durchzusetzen und außerdem ist sie kein kleines Mädchen mehr. Sie kann hervorragend auf sich selbst aufpassen."

Harry war überzeugt von seinen Worten. Er hatte diesen Sachverhalt auch schon mit Ginny besprochen und sie waren beide zur Überzeugung gekommen, dass sie über diesen Gerüchten standen.

"Harry, verflucht, du hast uns letztes Jahr in 'nen Haufen Schwierigkeiten gebracht!", rief Ron aufgebracht und war sich offensichtlich nicht bewusst, welche Schatten er da gerade heraufbeschwor, "Du ziehst Ärger einfach wie magisch an, denk doch nur mal an Sirius! Da ist es doch nicht verwunderlich, wenn ich mir um Ginny Sorgen mache!"

Harrys Gesicht wurde blass und seine Züge schienen wie eingefroren, während sich sein ganzer Körper bei Rons Worten wie unter einem Peitschenhieb zusammen krümmte und verspannte. In seinem Hals hatte sich ein Klos gebildet und sein Bauch fühlte sich an, als hätten sich seine Gedärme zu einem Knoten zusammengezogen. Es tat so verdammt weh, das vorgeworfen zu bekommen! Wusste Ron denn nicht, dass er sich wegen dieser Sache schon genug Selbstvorwürfe gemacht hatte? Nein, sicher nicht! Dieser Junge war unbestritten die Ignoranz in Person und von so jemandem hatte er wirklich einmal angenommen, er sei sein bester Freund!

Trotz allem war Harrys Gesichtsaudruck neutral, er ließ sich einfach nicht mehr in die Karten schauen.

Das Harry nichts antwortete und scheinbar gar nicht auf sein Argument eingehen wollte, brachte Ron nur noch mehr in Rage. Er hatte schon den Mund geöffnet, um zu dem Vorfall im Ministerium noch etwas hinzuzufügen, als ihn plötzlich Neville unterbrach, der bis jetzt, leicht verängstigt, wie es nun einmal seine Art war, das Gespräch stillschweigend verfolgt hatte.

"Ron! Jetzt... Jetzt ist aber genug. Du... du kannst Harry doch so was nicht vorwerfen!", ereiferte sich Neville mit zittriger Stimme und stand von seinem Bett auf.

"Und warum nicht?", fragte Ron gereizt und sprang ebenfalls auf, "Ist doch war, der soll sich nicht so aufführen!"

"Nein, es ist überhaupt nicht wahr! Wir wussten alle, wie gefährlich es werden würde! Schieb die Schuld nicht ständig auf Harry!", gab Neville genau so geräuschvoll und ärgerlich zurück und wirkte jetzt überhaupt nicht mehr schüchtern und tollpatschig.

Ron schien von Neville überrascht zu sein, so verwirrt sogar, dass er nicht mehr wusste was er sagen sollte. Nach ein paar Sekunden warf er jedoch die Arme in die Luft und war mit den Worten: "Ach, ihr könnt mich alle Mal. Ich geh jetzt zu Mine!", auch schon aus dem Schlafsaal gestürmt.

Neville atmete ein paar Mal tief ein und aus, um sich zu beruhigen und wirkte, nun, da seine Wutausbruch vorüber war, als wäre er über sich selbst erstaunt. Betreten dreht er sich zu Harry, der bisher noch nichts gesagt, sich nicht einmal gerührt hatte. "Hey, Harry. Ehm... ist alles klar...? Ich meine, hör nicht auf ihn, das ist nur, weil er Stress mit Hermine hat."

Harry war zum Glück nicht mehr so instabil, dass ihn eine solche Bemerkung am Boden zerstörten konnte, aber er hatte eine Zeit lang gebraucht, um das aufsteigende Übelkeitsgefühl wieder hinunter zuschlucken. Doch trotz seiner inneren Aufruhr war ihm nicht entgangen, wie sich Neville für ihn eingesetzt hatte. "Ich brauche deine Hilfe.", kam es auf einmal völlig unvermittelt von Harry, "Kannst du mir einen Gefallen tun?"

Der Schwarzhaarige sah Neville durchdringen an, der erst ein Moment braucht um die Frage zu verarbeiten. Etwas überrumpelt fing der wieder an zu stottern. "Äh, klar... aber was könnte ich schon... ich meine..."

"Ich hab mir eine Pflanze besorgt, bzw. den Samen. Kannst du sie großziehen?", und nach kurzem zögern fügte Harry noch ermunternd hinzu, "Ist ein etwas schwierigeres Exemplar, aber bei deinem Talent."

Neville wurde rot um die Nasenspitze. "Klar, mach ich! Wenn du's mir zutraust.", sagte er verlegen. Als ihm Harry jedoch mitteilte, um welches Exemplar es sich genau handelte, bekam er große Augen.

"Die ist doch so teuer.", stammelte Neville unsicher, "Was, wenn ich sie kaputt mache, oder was schief geht, oder..."

Harry lächelte leicht aufgrund der Bedenken des anderen Jungen. "Dann kauf ich eine Neue.", erwiderte er freundlich. "Ich brauch die Blüte nun einmal. Aber das bleibt unter uns und Ginny."

Neville nickte nur und strahlte Harry an. Er schien richtig glücklich darüber, dem Schwarzhaarigen helfen zu können.

"Wie lange dauert es eigentlich, bis die Pflanze blüht?", fragte Harry nach und begann im Kopf zu Rechnen, wie lange es in Etwa dauern würde, bis der Trank fertig war. Er hatte den Samen bereits bestellt, er würde spätestens Donnerstag ankommen und Virginia meinte, der Trank selbst müsse mindestens 48 Stunden lang nachziehen.

"Na, so... knappe drei Wochen, je nach Wetterlage.", gab Neville wissend zur Auskunft. Harry nickte nur knapp und konnte sich jetzt endlich wieder seinem Buch widmen. In drei bis vier Wochen würde es also soweit sein.
 

Hätte Harry viel später einmal den Tag nennen sollen, dann dem er seine Freundschaft zu Ron endgültig begraben und ihm nicht mehr nur neutral gegenüber stand, sondern sich wirklich gegen ihn gewandt hatte, hätte er wohl diesen Tag genannt...
 

*
 

"Oh, Harry, das ist ja wundervoll!", jubelte Ginny und fiel Harry undamenhaft um den Hals.

"Ja, Harry, mit dir als Kapitän kann Griffindor gar nicht mehr verlieren.", stimmte Neville aufgeregt zu und sah ein letztes mal prüfend auf das kleine Beet, vor dem er gerade hockte und in das er vor ein paar Minuten den wertvollen Samen, der heute Morgen mit der Eulen- Post für Harry angekommen war, eingepflanzt hatte.

Der Schwarzhaarige Griffindor kratzte sich verlegen am Kopf und zerzauste sein ohnehin in alle Richtungen abstehendes Haar noch mehr. "Ich bin nur froh, dass mein Spielverbot aufgehoben worden ist. Aber dass mich McGonagall zum Team-Kapitän macht, hätte ich echt nicht geglaubt."

Ginny lehnte sich grinsend zu ihm hinüber. "Kommt vermutlich daher, weil du so brav zugenommen hast.", flüsterte sie ihm neckisch ins Ohr, leise genug, damit es Neville nicht hören konnte. Sie hatten ihn noch nicht in alles eingeweiht, da sie seine Tollpatschigkeit kannten und nicht aufs Spiel setzten wollten, dass er sie aus versehen verriet. Harry und Ginny hatten sich daher ausgemacht, dass sie erst einmal schauen wollten, ob er sich als zuverlässig erwies, bevor sie ihm von der Sache mit der Blockade und ihrer neuen Vorliebe für schwarze Magie erzählten.

"In meinen Augen war es aber auch schon längst überfällig, dass du Kapitän wirst. Es hat mich schon letztes Jahr gewundert, dass Ron und nicht du Vertrauensschüler geworden ist.", meinte Neville und betonte den Namen Ron ein bisschen abfällig.

Diese Tatsache war etwas, was ihm Harry zu Gute hielt. Aber es wunderte ihn doch, dass der sonst so scheue Junge, sich so vehement auf seine Seite stellte. Auch hatte Neville aufgehört ständig zu stottern, wenn er mit ihnen allein war. Scheinbar fühlte er sich in Harrys und Ginnys Gesellschaft recht wohl, dabei waren seit jenem Abend erst drei Tage vergangen.

Inzwischen war Neville aufgestanden und sie hatten sich gemeinsam wieder zurück ins Schloss aufgemacht, während Harry der Gedanke kam, dass er mal wieder Hagrid besuchen sollte. Mit diesem verstand er sich immer noch ausgezeichnet, doch während den Stunden, in denen sie Pflege Magischer Geschöpfe hatten, kam sie nicht dazu sich groß zu Unterhalten. Noch dazu, da sie dieses Fach gemeinsam mit den Slytherins hatten, bei denen Hagrid besonders aufpassen musste, dass sie nichts anstellten.

"Ich bin ganz glücklich darüber, dass ich kein Vertrauensschüler bin.", erklärte Harry nüchtern, "Das würde nur Zeit beanspruchen, die ich nicht habe."

"Oh nicht doch!", stöhnte Virginia genervt auf und deutete unauffällig zum See. "Dabei hatte der Tag so gut angefangen."

Harrys Blick folgte ihrer Hand und er sah die vier Gestallten, die geradewegs auf sie zukamen.

"Lass uns schnell in die andere Richtung gehen. Vielleicht... Vielleicht haben sie uns noch nicht bemerkt.", schlug Neville unsicher vor, doch Harry warf ihm darauf hin nur einen undeutbaren Blick zu.

"Ich werde nicht vor Malfoy und seinem Gefolge davonlaufen, Neville. Außerdem haben wir es dann für heute hinter uns.", erwiderte der Junge-der-Lebt bestimmt und freute sich innerlich schon wieder ein wenig auf ein anregendes Wortgefecht. Malfoy war zwar nicht mehr notwendig, um ihn aus seiner Teilnahmslosigkeit zu reißen - diesen Zustand hatte er zum Glück hinter sich - aber es war doch wieder interessant, welche neuen Gemeinheiten dem Blondschopf einfielen. Und vor allem, wie man es ihm zurückgeben konnte.

Keine Minute später stand Malfoy, flankiert von Grabe und Goule, vor ihnen. Begleitet war der Blondschopf dieses mal von einem großen Schwarzhaarigen, den Harry als Blais Zabini erkannte und der die Szene ein wenig abseits, gespannt beobachtete.

"Ach, das neue Griffindor Trio.", kam sofort die erste Gehässigkeit von Malfoy und bedachte Harry mit einem boshaften Grinsen, "Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber du hast es tatsächlich geschafft in der Wahl deiner Freunde noch tiefer zu sinken." Seine Augen ruhten geringschätzig auf Neville. "Den größten Tölpel der Schule, anstatt dem Wiesel."

Der angesprochen Junge zuckte unter dem einkalten Blick zusammen, was den Blonden noch fieser Grinsen ließ, bevor er sich Ginny zuwandte, die er mit absoluter Verachtung ansah. "Und das Schlammblut hast du mit einer Schlampe ersetzt."

Als ihm das Weasley-Mädchen einen bösen Blick zugeworfen hatte, wendete er sich wieder Potter zu, doch dieser sah in trotz dieser faustdicken Beleidigung nur ruhig an. "Schlimmer geht es wohl nicht mehr, oder Potter?", schnarrte Malfoy, im Augenblick noch völlig gefasst und selbstbeherrscht.

"Oh, doch, doch.", konterte Harry freundlich lächelnd, "Du beweist es mir jedes Mal, wenn du mit deinen zwei Freunden auftauchst."

Währendessen hatten - von den wenigen Schülern, die an diesem wolkenverhangenen Tag draußen waren - die meisten ihre Aufmerksamkeit schon auf der Auseinandersetzung zwischen der beiden Rivalen gelenkt. Einig lauschten unauffällig, andere glotzen sie unverhohlen an, doch das fiel weder Malfoy noch Potter besonders auf, da sie immer alles um sich herum zu vergessen schienen, wenn sie sich mal wieder in der Wolle hatten.

Malfoy bewegte sich ein paar Schritte nach vor, verringerte so den Abstand zwischen sich und seinem Widersacher auf zwei Meter und verschränkte die Arme vor der Brust. "Was ist mit deinen alten Freunden passiert? Haben sie den Armen Goldjungen einfach fallen lassen?, fragte er mitleidvoll und doch voll beißender Ironie. Hinter Malfoy konnte man Grabbe und Goule dümmlich lachen hören.

Harrys Augen blitzten auf und Draco bestätigte sich in Gedanken, dass Potters Augen sein ein paar Tagen wieder wesentlich öfter strahlten.

"Nein, Malfoy. Ich kann dich beruhigen.", antwortete Harry gleichmütig, da er das Thema mit seinen Freunden für sich nun schon einigermaßen abgeschlossen hatte, "Sie haben mich von ihrer störenden Gesellschaft befreit. Diesen Gefallen könntest du mir allerdings auch tun."

Malfoy horchte neugierig auf. Bisher war es noch nicht vorgekommen, dass Potter zugab, dass das Wiesel und das Schlammblut nicht mehr zu ihm gehörten. Scheinbar war etwas vorgefallen, das nun endgültig alle Bande gelöst hatte. "Aber, Potter.", tadelte Malfoy gespielt beleidigt. "Alle anderen würden dich um meine Gesellschaft beneiden."

Harry verdrehte nur die Augen und musste sich selbst eingestehen, dass auch er die Anwesenheit von Malfoy genoss. Der Griffindor fragte sich mal wieder, was nur mit ihm los war, aber er hatte keine Antwort darauf.

Als Harry sich nicht bequemte, noch etwas dazu zu sagen, fügte Malfoy noch hinzu: "Hat man dir nicht beigebracht, sich nicht mit jemanden anzulegen, dem du nicht das Wasser reichen kannst?"

"So eine Person ist mir nicht bekannt und außerdem würde ich dich wohl eher im Wasser ertränken, als es dir zu reichen.", antwortete ihm Harry immer noch mit einem reizenden Lächeln und Malfoy beschloss daraufhin, dass es Zeit war schwerer Geschütze aufzufahren, wenn dieser Potter absolut nicht bereit war, sich ärgern zu lassen.

"Ach, ich vergas. Du hast ja gar keine Eltern mehr, die dir diese lebenswichtige Regel hätten beibringen können.", spottete der Slytherin und stellte erfreut fest, dass ihn die grünen Smaragde nun voller Zorn anfunkelten, "Obwohl, wer weiß, ob sie es dir überhaupt beigebracht hätten. Sie waren selbst schließlich genau so beschränkt, als sie sich dem dunklen Lord in den Weg stellten."

"Ansichtssache.", antworte Harry mit sehr schwer erhaltener Gelassenheit, während sich seine Fingernägel in seine Handflächen gruben, "Fragt sich bloß, ob es besser ist, einen lebenden, speichelleckenden Vater zu haben, der einem selbst ernannten Lord die Füße küsst."

Malfoys Augen verengten sich. "Wage es, dich über meine Eltern lustig zu machen, Potter! Dann...", zischte er wütend und zog gleichzeitig mit seinem Erzrivalen seinen Zauberstab.

Doch Harry unterbrach ihn schroff. "Dann halt auch meine aus dem Spiel."

Plötzlich trat Virginia von der Seite auf Harry zu und legte beruhigend ihre Hand auf seinen Arm, bevor sie den Blonden zornig anfuhr. "Du bist echt das Letzte, Malfoy."

Der Slytherin würdigte sie jedoch keines Blickes. "Halt mir bloß deine Schlampe vom Leib, Potter!", sagte er zu Harry und ließ nicht zu, dass der Blickkontakt zwischen innen Abbrach, während sie sich immer noch gegenseitig mit ihren Zauberstäben bedrohten.

Harry war im momentan jedoch damit beschäftigt seine eigene Selbstbeherrschung aufrecht zu erhalten und den aufkeimenden Gedanken, dass Malfoy erstaunlich sturmgraue Augen hatte, der sich aufmüpfig in seine wütenden Gefühle einnistete, zu ignorieren.

Da Virginia merkte, dass Harry um Haltung rang, versuchte sie Malfoys Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. "Keine Sorge, Malfoy. Angenommen, ich würde tatsächlich mit jedem ins Bett steigen, wärst du mir selbst dann zuwider.", höhnte sie mit kalter Stimme, obgleich sie innerlich zitterte, da sie sich noch nie so direkt mit dem Eisprinzen von Slytherin angelegt hatte. "Du bist ja sogar noch im Vergleich zu Grabbe und Goule eine Zumutung."

Fast augenblicklich richtete sich sämtliche Aufmerksamkeit auf sie. Blaise und Harry sahen sie leicht überrascht an, während Draco sie mit einem mörderischen Blick bedachte und Grabbe und Goule schienen tatsächlich nicht zu wissen, ob sie sich geschmeichelt fühlen sollten.

"Wer hat eigentlich mit dir geredet.", fragte Malfoy scheidend, "Kommst du dir so wichtig vor, weil du auf einmal die Freundin des berühmten Potters bist?"

Von dem blonden Angestachelt, erwiderte sie zuckersüß. "Eifersüchtig, Malfoy?"

Harry gab ein kaum verständliches "Wow!", von sich und überlegte sich gerade, ob er einschreiten sollte, da er merkte, dass der Blonde gleich innerlich explodieren würde.

"Auf dich?!", brachte Malfoy gepresst, vor unter Kontrolle gehaltenem Zorn, hervor, "Du bist doch die größte Schlampe, die auf der ganzen Schule rumläuft!"

"Nun, Malfoy, wenn das so wäre, hätten wir ja was gemeinsam.", lächelte sie siegessicher und hätte sich gleichzeitig am liebsten in ein Mauseloch verkrochen, als sie Malfoys diabolischen Blick bemerkte. Ein Glück, dass Harry noch da war, denn gegen einen wutentbrannten Malfoy hätte sie sich wahrscheinlich nicht zu wehren gewusst.

Während Malfoy gerade überlegte, welcher Fluch, den er kannte, schrecklich genug war, um ihn gegen diese rothaarige Schlampe zu verwenden, die es wagte, ihm so etwas zu sagen und Blaise sich gerade verblüfft fragte, seit wann das Weasley-Nesthäkchen solche Sprüche drauf hatte, hatte niemand bemerkt, dass ein gewisses Wiesel die letzten Worte von Malfoy mitbekommen hatte.

"Malfoy!", brüllte Ron und kam wie eine Furie auf die Gruppe zugeschossen. "Wie kannst du mieses, kleines, verabscheuungswürdiges Frettchen es wagen, meine Schwester so zu beleidigen!"

Aufgebracht stürze Ron auf Malfoy zu. Doch dieser war noch immer in Gedanken vertief und brauchte einen Moment um zu realisieren, von wem diese Kampfansage gekommen war. Leicht verwirrt gab er nicht einmal seinen Leibwächter das Zeichen, sich für ihn zu prügeln, und die waren ohne Malfoys Führung ohnehin zu langsam, um zu kapieren, was Ron vor hatte.

Der Rothaarige hatte ausgeholt, zielte auf das Gesicht des Blonden, bereit ihm alle Demütigungen der letzen Jahre heimzuzahlen, und...

"Strumblrotus!"

Ron stolperte über eine plötzlich aus dem Boden gewachsene Wurzel und fiel der Länge nach vor Malfoys Füße.

Jetzt war es Harry, der alle Aufmerksamkeit für sich hatte und nun in aller Seelenruhe seinen Zauberstab wegpackte.

Malfoy traute seinen Augen nicht. Hatte ihn gerade ausgerechnet sein Erzrivale vor einem sicher sehr schmerzhaften Schlag bewahrt? Gut, der Goldjunge verstand sich nicht mehr mit seinen alten Freunden, aber das war doch noch lange kein Grund, der einen Griffindor dazu veranlasste, einem Slytherin zu helfen, oder?!

"Harry, bist du wahnsinnig geworden?!", brüllte Ron, nachdem er sich von seinem Sturz erhol und wieder aufgerappelt hatte. Er sah ziemlich angeschlagen aus und sein Kleidung war durch das nassfeuchte Wetter total verdreckt. "Was soll der Mist?! Bist du..."

"Das reicht, Ron.", unterbrach ihn Harry barsch und sah seinen ehemals besten Freund mit einem zwingenden Blick an. "Ich habe nur verhindert, dass wir wegen dir wieder Punkte abgezogen bekommen. Außerdem bist du Hüter und morgen fängt das Training an. Ich will nicht, dass wir wegen dir gleich das erste Spiel verlieren, weil der Hüter von Griffindor im Krankenflügel liegt."

"Ja, aber...", Ron sah hilfesuchend zu seiner Schwester, schließlich wollte er gerade ihre Ehre verteidigen, die Harry gänzlich egal zu sein schien. Doch Ginny ignorierte ihn völlig, denn seit sie von Neville erfahren hatte, was Ron Harry an jenem Abend vorgeworfen hatte, weigerte sie sich überhaupt noch Notiz von ihm zu nehmen.

"Nichts aber, Ron.", unterbrach Harry ihn ein weiteres mal und wusste ganz genau, dass er Ron damit nur noch wütender machte. "Solltest du dich heute noch mit Malfoy und seinen Leibwächtern prügeln und morgen nicht beim Training auftauchen, werde ich ein Auswahlspiel für einen neuen Hüter veranstalten. Haben wir uns verstanden?"

Ron sah ihn einen Augenblick fassungslos an. Das konnte doch nicht wahr sein, dass Harry ihn so zur Schnecke machte und das auch noch vor Malfoy! Aber nachdem er seine Verwirrung hinter sich gelassen hatte, war seine Wut um so größer! "Ein Auswahlspiel kann nur der Kapitän veranlassen!", fuhr Ron ihn zornig an.

"Richtig.", war Harrys einziger Kommentar dazu und bis sich Ron überlegt hatte, was das zu bedeuten hatte, machte sich Harry, gefolgt von Ginny und Neville auf zurück ins Schloss. Er wusste schon jetzt, dass diese Aktion noch Folgen haben würde. Vor allem ganz viele lästige Fragen!
 

[LINE]
 

So, ich denke langsam geht es bergauf mit Harry, dafür geht's mit Draco demnächst ein bisschen bergab. Na ja... *g*

Wie hat euch das Kapitel gefallen? Irgendwie fand ich es ein bisschen lustiger als die anderen. (Aber nur ein ganz kleines bisschen, würd ja auch gar nicht zu einem Drama passen! ;) *g* )

My Parting

So, wieder mal ein Kapitel, aber ich bin irgendwie nicht so zufrieden damit. Na ja, lest selbst! Wieder mal ein großes Danke an alle meine lieben Kommischreiber. Ihr seid mein Antieb weiter zu schreiben! *g*

Aber jetzt viel spaß beim lesen!
 


 

Draco Malfoy stand in der Eingangshalle und blickte mit einem wehmütigen Gefühl durch das offene Tor auf der ausgedehnten Länderein von Hogwarts. Mit ein paar Schritten war er draußen und genoss einen Augenblick die wärmenden Sonnenstrahlen, des tief am Horizont ruhenden Feuerballs. Nur noch zwei Stunden, dann lief seine Frist aus und er musste mit Hilfe seines Patenonkels Severus die Schule verlassen. Und er würde vielleicht nicht mehr wieder kommen können. Er hätte nie Gedacht, dass ihm der Gedanke, Hogwarts für immer zu verlassen, so zusetzten würde. War das, was er gerade fühlte wirklich Abschiedsschmerz, oder hatte er einfach nur Angst vor dem kommenden?

Meine Güte, dachte Draco und versuchte erfolglos die schwermütigen Gedanken zu verscheuchen, jetzt wurde er schon melancholisch, nur weil er Hogwarts wahrscheinlich nie wieder betreten würde. Wie tief konnte man eigentlich noch sinken? Aber auch, wenn er sich selbst dafür verdammen wollte, er kam einfach nicht mehr von diesem verflixten Gefühl los.

Draco sah auf und erkannte in der Ferne fliegende Shiloetten über dem Quidditschfeld. Ach ja, die Versager von Gryffindor hatten heute noch Training. Zeitverschwendung aus Dracos Sicht. Wenn sie ihre, - leider noch immer - lebende Legende namens Potter nicht hätten, wären sie sowieso komplett aufgeschmissen.

Unbewusst steuerte Draco auf das Spielfeld zu und so in Gedanken versunken, bemerkte er nicht einmal, dass eine andere Person ihm in respektvollem Abstand folgte.

Nach einiger Zeit war Draco angekommen und zu eine der höher gelegenen Tribünen hinaufgestiegen. Immer noch Gedankenverloren, setzte er sich und ließ seinen Blick über das Feld schweifen. Aber er nahm weder die ausgeklügelten Angriffsflüge der Jägerinnen wahr, noch die gedämpft zu ihm dringenden Rufe des Gryffindor Hüters.

Seine ganze Wahrnehmung galt im Augenblick dem leuchtend roten Punkt hoch über ihm. Dem Sucher der Gryffindors, Potter, der dort oben beständig seine Runden drehte und Ausschau nach dem Schnatz hielt.

Potter hatte sich in den letzten vier Wochen - bei Merlin, war seine Frist schnell abgelaufen - wieder verändert, oder besser gesagt, er hatte sich erholt. Er war nicht mehr untergewichtig, seine Wangen nicht mehr eingefallen und seine Haut hatte den zarten goldbraunen Ton wiederbekommen. Sogar sein erstes Spiel gegen Hufflepuff und das darauf folgende gegen Ravenclaw hatte er schon gewonnen. Erstaunlich, wenn man bedachte, dass er sich vor einigen Wochen vermutlich nicht einmal auf einem Besen hätte halten können. Und fast noch merkwürdiger, dass Draco vor sich selbst zugeben konnte, dass er Potter dafür ein ganz kleines bisschen bewunderte. Musste alles an diesem vermaledeiten Abschiedsgefühl liegen!

Aber Draco konnte, trotzdem es jetzt so schien, als sei mit Potter wieder alles in bester Ordnung, mit Gewissheit sagen, dass der berühmte Gryffindor nicht mehr der selbe Junge war wie noch vor den Ferien. Kein Wunder, wenn man bedachte, wie er ihn damals im Zug vorgefunden hatte, doch was in den Ferien genau geschehen war, konnte auch Draco nur vermuten. Der Malfoy-Erbe hatte sich sogar schon unauffällig umgehört, aber niemand wusste etwas Genaueres und außer den üblichen Gerüchten hatte Draco nichts in Erfahrung bringen können. Nun ja, zu gegeben, in letzter Zeit hatte er sich auch um andere Dinge kümmern müssen, als um Potter. Und diese Dinge würden heute Nacht ihren traurigen Höhepunkt erreichen, dessen war sich der Blonde sicher.

Doch Draco schob diesen Gedanken entschieden Beiseite und wendete sich wieder Potter und dessen Veränderung zu. Dieser trug immer noch diese ewig freundliche Maske und war abgeklärter, kälter geworden.

Aber das merkte fast niemand. Alle waren so verbohrt in den Gedanken, dass Harry Potter genau so sein musste, wie er es ihnen im Moment vorspielte, dass keiner die deutliche Veränderung im Hintergrund bemerkte. Deren Pech, dachte Draco, und musste sich gleichzeitig eingestehen, dass Potter in kurzer Zeit ein ausgezeichneter Illusionist geworden war, der sich nur noch mit seinen seelenvollen Augen verriet.

Plötzlich wurde Draco klar, warum er hier war und die gewonnene Gewissheit erschreckte ihn, verursachte ein seltsames Ziehen in seinem Bauch. Der Blonde wollte ihn noch einmal sehen, ein letztes mal mit Potter streiten, ihn zur Weißglut treiben und ein allerletztes mal in diesen faszinierenden, leuchtend grünen Augen versinken, die wie geschliffene Smaragde strahlten. Draco lachte bitter in sich hinein. Wie krank war er eigentlich, dass er die Augen seines Erzfeindes noch einmal sehen wollte...

Versonnen spielte der Eisprinz von Slytherin mit seinem Zauberstab, während er die geschmeidigen Bewegungen von Potter beobachtet, der seinen Besen wie kein anderer unter Kontrolle hatte und völlig vertieft in die Suche nach dem Schnatz war. Draco seufzte leise, als ihm klar wurde, dass er keine Gelegenheit mehr haben würde, mit Potter zu streiten, denn dieser würde bestimmt nicht mehr zu ihm herunterkommen, so fixiert, wie er auf seine jetzige Aufgabe war.

Draco war schon versucht aufzustehen, er wollte sich nicht weiter selbst mit diesen Gedanken quälen, die doch so gar nicht zu seiner sonstigen Gefühlskälte passten und nur durch diesen bizarren Abschiedsschmerz ausgelöst worden waren, als er plötzlich dieses Weasley-Mädchen, das in diesem Jahr Jägerin geworden war, rufen hörte. Sie hatte die anderen Spieler auf ihn aufmerksam gemacht und flog nun, in Begleitung von diesem Wiesel, auf ihn zu.

"Was willst du hier, Malfoy!", giftete sie ihn auch gleich an.

Doch Draco kam gar nicht so weit, eine gehässige Antwort zu geben, da das Wiesel ihn sofort mit wüsten Beschimpfungen und Anschuldigungen überhäufte. Was er hier zu suchen hätte, und dass er sie ausspionieren wolle und Potter verhexen - Ron gestikulierte bei diesen Worten wild zu Dracos Zauberstab. Das Wiesel flippte völlig aus und hatte vor lauter Aufregung einen dunkelroten Kopf bekommen.

Draco ließ es über sich ergehen und bedachte den Hüter der Gryffindors nur mit einem angewiderten Blick. Er hatte noch die Hoffung, dass das Wiesel jeden Moment an einem Herzinfarkt sterben würde, als plötzlich Potter hinter dem Rotschopf auftauchte.

"Was ist hier los?", fragte er ziemlich barsch in die Runde. "Ron, ich hab McGonagall nicht umsonst die zusätzlichen Trainingsstunden abgeschwatzt, damit du sie her verplempern kannst."

Ah, da spricht der Kapitän, dachte sich Draco und sah interessiert zu, wie sich Potter mit seinem ehemals besten Freund stritt. Na ja, ehemals nur für diejenigen, die nicht behaupteten, dass sich die Sache zwischen Potter und Weasley schon wieder einrenken würde. Und es waren ziemlich viele, die fest daran glaubten, dass das alte, goldene Gryffindor Trio bald wieder zusammen Schulregeln brechen würde.

Ein Glaube, den Draco definitiv nicht teilte, vor allem da er gerade den lebenden Beweis vor sich hatte, denn das Wiesel wirkte im Moment, als wolle es jetzt am liebst auf seinen Kapitän losgehen. Der Rothaarige wollte sich scheinbar rechtfertigen, aber Potter wehrte nur mit einer müden Handbewegung ab.

"Später.", meinte er bloß, "Ich regele das hier. Macht ihr inzwischen weiter."

Potter und das Weasley-Mädchen sahen sich kurz an. Dann nickte die Rothaarige und führte ihren vor sich hingrummelnden Bruder mit den Worten "Komm Ron, wir müssen noch üben.", davon.

"Allerdings, das ist nötig.", rief ihnen Draco boshaft hinterher und grinste das böse zurückblickende Wiesel überheblich an.

Harry sah ihnen mit einem undeutbaren Blick nach. Er wusste, dass ihm Ron jetzt vermutlich eine Szene gemacht hätte, wenn nicht seine Schwester dabei gewesen wäre. Seit dem Abend, an dem Ron Sirius erwähnt hatte, hatten die Geschwister fast nicht mehr miteinander geredet und Ron war ein wenig vorsichtiger geworden, was Ginny betraf, anscheinend wollte er es sich mit ihr nicht noch einmal verscherzen. Doch dafür war er jetzt bei andern Personen noch unbeherrschter, sinnierte Harry vor sich hin, so wie bei Malfoy und mir.

Aber dann zwang der Goldjunge seine Gedanken entschieden wieder in die Gegenwart und somit zu seinem Erzrivalen. "Also, was willst du? Spionieren? Habt ihr wirklich schon so viel Panik, dass ihr gegen uns verliert?", fragte der Kapitän von Gryffindor mit leisem Spott.

Draco schlenderte lässig nach vorn zum Geländer und steckte dabei seinen Zauberstab ein. Dann legte der Blonde seine Hände auf die kalte Stange, die als Absperrung diente und fixierte seinen Widersacher, der ihn von seinem Besen aus argwöhnisch beobachtete.

Allein die Tatsache, auf welche Art sich Malfoy bewegt, den Kopf drehte, oder ihn einfach nur anschaute, zeigte Harry, wie nervös sein Gegenüber war. Nicht, das seine Hände zitterten, oder er hektisch und fahrig wirkte, es waren viel kleinere, unbedeutendere Details, die Harry nicht einmal genau bestimmen konnte, sie mehr unterbewusst wahrnahm. Aber Harry vertraute auf seine Instinkte, wenn es um seinen Rivalen ging und so war sich der Schwarzhaarige sicher, das Malfoy irgendetwas beunruhigte und das schon seit einer geraumen Weile.

Aber was um Himmels Willen konnte einen Malfoy nervös machen?!

Draco hatte fieberhaft überlegt was er antworten sollte, da er Potter ja schlecht die Wahrheit erzählen konnte. Ganz abgesehen davon, dass Potter ihm das sowieso nicht abnehmen würde. Ich wollte noch mal deine Augen sehen, wie würde denn das kommen? Absolut peinlich! Draco fragte sich inzwischen ernsthaft, ob das alles von diesem Abschiedsschmerz kommen konnte...

In Ermangelung einer brauchbaren Antwort wechselte Malfoy einfach das Thema. "Wolltest du dich nicht rächen, wenn ich mal allein bin. Wie du siehst sind meine privaten Leibwächter nicht anwesend, wäre das nicht eine tolle Gelegenheit?", schnarrte der blonde Slytherin in gelangweiltem Ton, als ihm gerade noch ihr letztes Streitgespräch einfiel, in dem er Potter ganz schön zugesetzt hatte. Abgesehen davon hätte Potter ja selbst im Zweikampf keine Chance gegen ihn, denn der Malfoy-Spross kannte einige sehr effiziente schwarze Flüche, die er gern mal an dem Goldjungen getestet hätte.

"Ja, die Gelegenheit wäre nicht schlecht!", erwiderte Harry gemütsruhig und sah ihn absichtlich liebenswürdig an, "Aber wie heißt es so schön, du weist nicht wann und nicht wo... Ich will dir doch nicht die Überraschung verderben."

"Gib es zu, du weißt nur einfach nicht, wie du dich rächen sollst.", gab Malfoy unbeeindruckt zurück und grinste den schwarzhaarigen selbstherrlich an, "Dafür bist du zu sehr Gryffindor. Die haben für so was keine Fantasie!"

"Na, wie du meinst, Malfoy.", auf Harrys Gesicht erschein kurz ein wissendes, beinahe hinterhältiges Grinsen. Malfoy hatte ja keine Ahnung, wie viel Fantasie er in dieser Richtung hatte, zumindest wenn er an Wurmschwanz, Bellatrix und die Dursleys dachte. "Aber gut, dass du mich noch mal daran erinnerst! Was würde ich nur ohne dich machen?", fragte Harry ironisch und bemerkte erstaunt, das Malfoys Augen flüchtig aufflackerten und er den Blickkontakt abbrach. Auf einmal schien der Blonde seine Hände sehr interessant zu finden.

"Ja, was eigentlich?", kam es schon fast kleinlaut von Malfoy.

"Ähm... Was ist den das für ne Frage?", Harry hätte irgendetwas gemeines darauf geantwortete, wenn ihn die Ernsthaftigkeit dieser Worte nicht stutzig gemacht hätte. Und vor allem, Malfoy wirkte irgendwie... Harry war sich nicht sicher, war verwirrt und gleichzeitig misstrauisch darüber, dass der Blonde ein solches Gefühl zeigte. Aber der Slytherin wirkte auf eine seltsame, kalte Art tatsächlich... traurig. "War das etwa ernst gemeint?"

Draco hatte keine Ahnung, er wusste nicht was er sich von dieser Frage erwartete, warum er sie überhaupt gestellt hatte und noch viel weniger konnte er verstehen, warum er jetzt nicht mit einem lockern Spruch darüber hinweg gehen konnte. Draco konnte ja schlecht erwarten, dass Potter ihn vermissen würde. Überhaupt war Blaise vermutlich der einzige, der etwas in dieser Richtung empfinden würde und der Goldjunge würde höchst wahrscheinlich einen Freudentanz aufführen, wenn sein Erzrivale erst mal aus dem Weg geräumt war. Und hatten sich nach ein paar Tagen erst einmal alle damit abgefunden, dass er weg war, würde es letztlich doch nichts ändern. Ein paar Erinnerungen würden bleiben, aber in kürzester Zeit würden auch die vergessen sein und er mit ihnen. Den Platz des Eisprinzen würde jemand anderes übernehmen, Potter würde mit jemand anderen Streiten und die Welt würde sich genau so weiterdrehen, wenn er Hogwarts erst einmal verlassen hatte.

Er war ersetzbar!

Die Nichtig- und Vergänglichkeit seiner eigenen Existenz war Draco noch nie so bewusst gewesen wie jetzt und die Erkenntnis drückte ihn nieder, schien ihm einen Moment lang die Luft abzuschnüren. Draco starrte auf seine Hände, ohne etwas zu sehen. Eine für ihn unerklärliche Angst überkam ihn, Potter jetzt anzuschauen, in diese strahlenden Smaragde, während sich ein ungewohnte Leere und Trostlosigkeit in ihm ausbreitete. Er war sich plötzlich sicher, dass er nicht mehr die Kraft aufbringen würde, sich umzudrehen und auf nimmer wiedersehen zu gehen, wenn er jetzt noch einmal in diese Augen sah! Waren es tatsächlich diese Augen, die ihm den Abschied am schwersten machten? Wie konnte das sein, er hasste ihn doch. Verdammt, er war sein Feind!

Währenddessen hatte Harry mit seinen eigenen Empfindungen zu kämpfen. Die Tatsache, dass sich der Goldjunge darüber klar war, das ihm etwas fehlen würde, wenn der Blonde nicht mehr da sein würde, macht die Antwort auf dessen Frage nicht einfacher. Harry wusste intuitiv, dass es das Beste wäre, Malfoy jetzt einfach stehen zu lassen und die Unterhaltung abzubrechen. Dieses Gespräch nahm unvorhergesehne Ausmaße an, die dem Schwarzhaarigen nicht geheuer waren. Aber Harry war noch zu sehr Gryffindor, als dass er jemanden, der auf eine so seltsame Art und Weise verloren wirkte, nicht half.

Harry lachte leise, fast nervös, da er sich nicht wirklich sicher war, was genau er jetzt eigentlich sagen sollte und meinte vorsichtig: "Also, nicht, dass du mir irgendwie abgehen würdest, oder so, aber Hogwarts würde schon irgendetwas fehlen, wenn wir die Schüler nicht mehr mit unseren Auftritten schocken würden."

Allein der Fakt, dass Potter ihm auf diese absurde Frage überhaupt geantwortet hatte, überraschte Draco genug, um seine Angst zu verdrängen und in Potters grüne Augen zu sehen. "Wie meinst du das?"

"Ach, komm!" Harry erkannte die Verwirrung in den sturmgrauen Seelenspiegeln seines Rivalen und verdrehte die Augen, während ein unsicheres Lächeln auf seinen Lippen lag, "Für unsere Auseinandersetzungen interessiert sich doch die ganze Schule, wir sind die reinsten Alleinunterhalter. Die warten doch schon immer alle darauf, dass wir uns wieder angiften. Und außer dir traut sich doch sowieso keiner von euch, sich mit mir anzulegen."

"Glaub mir, jeder Slytherin wäre bereit meine Aufgabe zu übernehmen und die Gryffindors im Allgemeinen und dich im besonderen fertig zu machen.", gab Draco sachlich zurück, konnte jedoch den bitteren Beigeschmack dieser Worte nicht völlig aus seiner Stimme verbannen. Der Ausdruck, 'Ersetzbar' hallte in Dracos Kopf wieder und seine Hände verkrampfen sich noch ein Stück mehr um die starre Stange.

Die Augenbraue des Schwarzhaarigen wanderte erstaunt ein Stück nach oben. "Denkst du?", fragte Harry überrascht und machte sich langsam aber sicher Sorgen um den Seelenzustand seines Gegenübers. Aus den Bemerkungen des Blonden glaubte Harry eine gewisse Angst herausgehört zu haben, dass sein Platz von jemand anderem übernommen werden könnte. Gab es da irgendeinen Konkurrenzkampf um den Posten des Eisprinzen, den er nicht mitbekommen hatte, oder was? Was war in letzter Zeit nur mit ihm los? "Nun, nicht das sie es nicht möchten, aber am Können scheitert deine Theorie.", erklärte Harry nüchtern.

Draco lachte trocken und düster. "Ach, ist das so?", fragte er ungläubig und ließ nicht zu, sich von diesen Worten in trügerische Hoffnung einlullen zu lassen, die sich letztendlich doch nicht erfüllte.

"Wer denn bitte?", entgegnete der Goldjunge und wurde sich nun endgültig klar darüber, dass er tatsächlich gerade dabei war seinen Erzfeind aufzumuntern, nun, es zumindest zu versuchen. Die Frage um das Warum tat der Junge jedoch mit einem geistigen Schulterzucken ab. Er konnte sich später - viel später - einmal überlegen, warum er das hier gemacht hatte und Harry war schon jetzt sicher, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde, doch im Moment war erst mal Malfoy wichtiger. "Etwa deine Leibwächter? Himmel, bis die eine geistreiche Gemeinheit von sich geben, bin ich an Alterschwäche gestorben. Oder Zabini?", Harry verdrehte die Augen, "Der ist zu sehr mit seinen Bettgeschichten beschäftigt. Sieh es ein, dein Haus ist die reinste Ansammlung von geistiger Inkompetenz oder übersteigertem Potenzbedürfnis. Außer dir kann mir von denen niemand Paroli bieten."

Draco funkelte den Schwarzhaarigen böse an. Wie konnte dieser eingebildete Potter es wagen sein hochgeschätztes Haus dermaßen dreist zu beleidigen. Draco wollte heftig auffahren und... Stop! Moment mal! War das gerade ein indirektes Kompliment?! Draco blinzelte ein paar Mal verdutzt. Hatte der berühmte Potter, der Goldjunge von Gryffindor und sein größter Rivale überhaupt gerade wirklich zugegeben, dass er ihn für ebenbürtig hielt? Nicht das Draco jemals daran gezweifelt hätte, aber das Potter das zugab war schon ein starkes Stück. Und es hatte sich noch nicht einmal ironisch angehört.

"Dann...", Draco war leicht verwirrt und gab sich eine geistige Ohrfeige dafür, dass er jetzt auch noch zu stottern anfing. " Dann kannst du ja froh sein, wenn ich weg bin."

Der sagt das, als würde er die Schule wirklich verlassen, schoss es Harry durch den Kopf und verdrängte das unangenehme Gefühl, dass sich bei dieser Vorstellung in seinem Bauch breit machte. "Dann wär's aber auch ziemlich langweilig, oder?", meinte er gelassen und lächelte den Blonden das erste Mal seit sie sich kannten ehrlich an.

Malfoy nagelte ihn daraufhin regelrecht mit seinem Blick fest. "Du solltest aufpassen, Potter.", spottete er, "Man könnte ja schon fast meinen, dass du mich nicht hasst."

"Warum auch?", erwiderte Harry ungerührt und fragte es sich nun zum ersten Mal auch selbst. Bisher hatte er es immer als selbstverständlich angenommen, aber wenn er so darüber nachdachte... Hasste er Malfoy denn eigentlich? Harry schüttelte in Gedanken den Kopf. Nein, man hatte ihm schon wesentlich schlimmeres angetan, er hatte schon tausendmal mehr gelitten und genoss doch manchmal sogar diese Auseinandersetzungen mit diesem Jungen. Im Vergleich, wie sehr in andere Leute schon verletzt hatten, war Malfoy ja richtig gutmütig. Er war sein Rivale und brachte ihn oft zur Weißglut, sicher, aber deswegen hasste er ihn nicht. "Was hast du mir schon groß getan? Weißt du, ich hab inzwischen eingesehen, dass es weitaus schrecklichere Dinge gibt, was wir hier machen ist doch recht harmlos."

Malfoy sah ihn ziemlich verständnislos an und Harry versuchte seinem Gegenüber zu erklären, was er doch selbst gerade erst erkannt hatte. "Ich mein, na ja, ein paar Beleidigungen, Okay, ein paar sehr heftige Beleidigungen, einige Rauferein und Duelle, Strafarbeiten, aber mehr ist doch nie gewesen." Harry machte eine unsichere Handbewegung und hoffte inständig, dass dieses Gespräch bald beendet war. Er redete sich hier noch um Kopf und Kragen, wenn er so weitermachte. Harry wartete bereits auf eine weitere Gemeinheit von Malfoy, doch dieser bedachte ihn nur mit einem sehr ernsten Blick.

Draco brauchte einige Sekunden um diese neuen Informationen zu verdauen. Potter hielt ihre Konfrontationen für harmlos ? Er hasste ihn nicht ? War er hier im falschen Film, oder was? Er musste sich bei Madam Pomfrey unbedingt seinen Gehörsinn untersuchen lassen...

Draco fuhr sich mit seiner schmalen Hand durch sein platinblondes Haar, ohne auch nur eine Strähne in Unordnung zu bringen und musterte sein Gegenüber unverhohlen. "Du hast dich verändert.", stellte Draco auf einmal völlig neutral und ohne den geringsten Sarkasmus in der Stimme fest, was nun Harry seinerseits überrascht aufhorchen ließ. "Ich meine, sonst hast du dich für deine Freunde immer bedingungslos eingesetzt ohne vorher groß zu überlegen, oder dir über die Konsequenzen sorgen zu machen." Draco musste daran denken, dass Potter sonst immer mehr für andere gekämpft hatte, doch inzwischen kämpfte er nur noch allein für sich. "Merlin noch mal, vor ein paar Monaten hättest du dieses wertlose Pack, das du deine Freunde nennst bis aufs Blut verteidigt. Und jetzt?"

Das würde ich auch jetzt noch machen, wenn ich jemand kennen würde, für den es sich lohnt, dachte Harry bedrückt. "Hast du nicht selbst gesagt, dass ich keine Freunde mehr habe?", fragte der Schwarzhaarige gedämpft.

Malfoy schüttelte nur schwach den Kopf. "Du verteidigst ja noch nicht einmal deine Freundin richtig."

Harry musste ihm Recht geben, doch es hatte einen Grund, warum er Virginia und Neville bei ihren Auseinandersetzungen nur noch half, wenn es absolut nötig war. Er wollte, dass sie lernten auf sich selbst aufzupassen, damit er nicht wie bei Hermine und Ron den Babysitter spielen musste und er hielt die beiden für stark genug, um ihnen diese Fähigkeit auch zuzutrauen. Doch bei seinem nächsten Gedanken musste Harry plötzlich Schmunzeln. "Wie kommst du nur darauf, dass sie meine Freundin ist?"

Draco hob anwehrend die Hände und ein anzügliches Grinsen schlich sie auf sein Gesicht. "Glaub mir, dass will ich jetzt nicht weiter ausführen. Das im Zug war doch echt eindeutig." Der Blonde verzog leicht den Mund, da ihm die Vorstellung an das, was die beiden da drinnen wohl getrieben hatten, gar nicht passte. "Widerlich.", fügte er hinzu und hatte zum Schluss wieder seine gewohnte Arroganz in der Stimme.

Harry grinste leicht und freute sich heimlich, denn das war endlich wieder der alte Malfoy gewesen, was den Schwarzhaarigen unheimlich beruhigte. "Und das sagt jemand der mit Parkinson verlobt ist?", meinte Harry und sein Grinsen wurde noch breiter, als er merkte, dass Draco dieser Gedanke scheinbar absolut nicht gefiel.

"Ach komm, sei nicht so naiv, Potter!", gab Draco herrisch und schon fast beleidigt zurück. Als wenn er sich jemals dazu herablassen und diese nervtötende Blondine mit ihrer unerträglichen Quitschstimme ehelichen würde. Und dann die unweigerliche Hochzeitsnacht, die nach folgen würde. Pfui Teufel! Da würde er eher noch diese eklige Kröte von diesem Trottel Longbottom küssen, als sich mit Pans einzulassen!

Harry lachte laut bei dem angeekelten Gesichtsaudruck Dracos. "Ich dachte es mir fast, dass sie Schwachsinn erzählt. So einen schlechten Geschmack hätte ich nicht einmal dir zugetraut." Na ja, wenn es sich Harry recht überlegte, hatte Malfoy sogar einen sehr guten Geschmack, zumindest wenn man von dessen Kleidern ausging.

Der Blonde schien immer haargenau zu wissen, was seine Figur betonte und ihm stand. Eine Fähigkeit die Harry niemals hatte entwickeln können, da ihm ja immer nur die abgetragenen Sachen von Dudley hingeworfen worden waren. Außerdem hatte es den Schwarzhaarigen im Gegensatz zu den meisten seiner Altersgenossen auch nie wirklich interessiert, wie er aussah. Wofür hätte er sich auch schick machen sollen? Damit er gut aussah, wenn er von Todessern angegriffen, oder von Voldemort getötet wurde?

Harry schob die unangenehme Erinnerung, die auf diese Gedanken folgte zur Seite und wendete sich wieder seinem Widersacher zu. Auf jeden Fall hatte Malfoy einen guten Blick, wenn es um sein Äußeres ging, abgesehen mal von dem etwas zu viel verwendetem Haargel.

Harry lachte leise in sich hinein und war mit sich zufrieden, denn Malfoy war ja scheinbar wieder in Ordnung und da konnte er ihn auch gleich wieder ein bisschen ärgern. Er griff unbemerkt von Malfoy in seine Tasche und spürte den winzigen Ball, den er kurz vor Rons hysterischem Anfall noch gefangen hatte. "Aber jetzt mal ganz abgesehen von deinen Heiratsplänen...", Harry umschloss den sich sträubenden Schnatz mit seiner Hand und hielt seine geschlossene Faust zwischen Malfoy und sich selbst. " Wer soll denn bei unserem nächsten Spiel versuchen und natürlich daran scheitern, mir den Schnatz wegzuschnappen, wenn du nicht mehr da wärst.", meinte Harry siegessicher und ließ den goldenen Ball los, der aufgescheucht zwischen den beiden Konkurrenten auf und ab flog. "So viel ich weis haben die Slytherins keinen Ersatzsucher."

"Von wegen scheitern!", entgegnete Draco entschlossen und schnappte sich den unkontrolliert umherfliegenden Schnatz. "In unserem nächsten Spiel krieg ich dich, Potter." In diesem Augenblick waren all seine Zweifel verschwunden, so als hätten sie nie existiert und er war fest davon überzeugt, dass er einfach zurückkommen und es diesem Angeber zeigen musste. So durfte es einfach nicht enden! Es war nur ein sehr flüchtiges Gefühl, dass er nicht halten konnte, doch es hinterließ in Draco ein kleines Fünkchen Hoffnung, das sich nicht mehr so leicht auslöschen lassen würde.

"Und von was Träumst du Nachts, Malfoy?", grinste ihn Potter furchtlos an, war doch sein Suchertalent unbestritten und Malfoy hatte er schon oft genug in die Tasche gesteckt, auch wenn es manchmal recht knapp war.

Draco warf den Schnatz zu Potter zurück, doch der Ball hatte es sich anders überlegt und versuchte ein Stück weiter links an dem Schwarzhaarigen vorbei zu fliegen. Aber Potter schnellte blitzschnell zur Seite und in der nächsten Sekunde war der Schnatz wieder in dessen Faust verschwunden.

In dem Moment, als Potter seinen Kopf zur Seite drehte, kam Malfoy eine Idee. Wenn dies schon seine letzte Begegnung mit den Schwarzhaarigen sein sollte, konnte er auch mal was ausprobieren. Malfoy lehnte sich ein Stück vor und raunte dem anderen Jungen mit lüsterner Stimme ist Ohr. "Nachts bin ich meist mit etwas produktiveren beschäftigt, als mit Träumen."

Harry erschauderte unwillkürlich, als er den heißen Atem an seinem Ohr spürte und sein ganzer Körper verkrampfte sich einen Augenblick lang. Harry konnte das anzügliche Grinsen des anderen regelrecht hören und eine Welle von grausamen Bildern, die aus den dunkelsten Tiefen seiner verletzten Seele kamen, drängte sich in sein Bewusstsein. Noch einen Moment wie erstarrt wurde Harry plötzlich klar, dass er ja jederzeit fliehen konnte und mit dieser Sicherheit im Hinterkopf konnte er die aufsteigenden Erinnerungen wieder zurückdrängen und fest in sich verschließen. Solange er Kontrolle über die Situation hatte, konnte Harry auch in solch einer Lage, seine Selbstdisziplin aufrechterhalten.

Harry drehte sein Gesicht zu Malfoy und bereute es in der nächsten Sekunde auch schon wieder, als sich ihre Nasen daraufhin fast berührten. Völlig überrumpelt von der neuen Situation versankt der Schwarzhaarige einen Moment in den Unendlichkeiten der sturmgrauen Augen und wurde erst abgelenkt, als er ein sanftes Kribbeln in seinem Bauch spürte. Als er endlich erkannte, was da eigentlich passierte, bekamen seine Wangen einen rötlichen Ton, doch er konnte sich nicht aufraffen, den Blickkontakt abzubrechen.

Draco ging es ähnlich, denn so aus der Nähe waren die Seelenspiegel des anderen noch faszinierender. Du liebe Zeit, der wird ja rot, ging es Draco amüsiert durch den Kopf. Potter schien also doch noch nicht so kalt zu sein, wie er gedacht hatte. Draco konnte sich nicht erinnern seinem Rivalen jemals so nah gewesen zu sein, jedenfalls nicht ohne den dringenden Wunsch zu verspüren, diesem einen gemeinen Fluch aufzuhalsen. Warum das jetzt nicht so war, war Draco gelinde gesagt egal, er hatte aufgehört sich an diesem verfluchten Tag noch über irgendetwas zu wundern. Heute war ohnehin schon alles egal. Dracos kam der flüchtige Gedanke, dass er, wenn er sich jetzt vorbeugen würde...

"Draco-Schatzie!!!"

Wie vom Blitz getroffen zuckten die beiden Junge auseinander und sahen sich verwirrt an. Sie hatten wieder einmal alles um sich herum vergessen.

Parkinson! dachte Draco angewidert und konnte gerade noch ein genervtes Aufstöhnen unterdrücken. Aber vielleicht war es ganz gut, dass sie da war. Was ihm da zuletzt in den Sinn gekommen war... Nein! Darüber wollte er gewiss nicht nachdenken.

"Hat Potter die was getan, Draco-Schatzie?!", fragte sie aufgebracht und stürmte auf sie zu. Bei Draco angekommen hängte sie sich sofort besitzergreifend an dessen Arm. "Verzieh dich Narbenfase!", schnauzte sie Harry auch gleich an "Ich will mit meinem Draco-Schatzie allein sein!"

Ein leises, aber umso schneidenderes, "Du sollst mich nicht so nennen!", kam von Malfoys Seite.

"Dann lass ich das glückliche Paar mal allein.", grinste Harry ironisch und flog nach einem kurzen Blick über das Quidditschfeld auf Ginny zu, die mit den anderen gerade das Training beendete. Harry wusste auch nicht genau, warum er sich gerade so geladen fühlte, aber diese Parkinson nervte ihn einfach nur!

Bei Virginia angekommen bremste er seinen Besen scharf ab. "Diese elende Parkinson ist schon fast eine größre Plage als Malfoy!", behauptete der Gryffindor und blies genervt eine unzähmbare Strähne aus seiner Stirn. Außerdem passte die Blonde überhaupt nicht zu Malfoy!

"Ansichtssache.", entgegnete Virginia trocken und beobachtete belustigt, wie Malfoy das aufdringliche Mädchen von seinem Arm abschüttelte und davon stürmte, Parkinson dicht auf den Fresen. Ginny kicherte leise, es sah schon fast so aus, als floh Malfoy vor der Blonden.

Harry beobachtete die Szene ebenfalls mit gemischten Gefühlen. "Sag mal, hat Parkinson jemals mitgekriegt, dass ihr Draco-Schatzie auf Jungs steht?"

"Angeblich stört sie das nicht wahnsinnig.", gab Virginia wissend zur Auskunft, "Hermine hat mir mal erzählt, dass sie zufällig ein paar Slytherin Mädchen, mitunter Parkinson, belauscht hat und die Mädchen hatten Pans das ebenfalls zu verklickert versucht."

"Und?", fragte Harry interessiert.

Ginny zuckte mit den Schultern. "Angeblich hätte Pans gemeint, es sei ihr nicht wichtig. Sobald er mit ihr verheiratet sei, würde sie ihm das schon abgewöhnen."

"Entzückend.", murmelte Harry mit unüberhörbarem Sarkasmus in der Stimme. So eine Braut wünschte Harry nicht mal seinem schlimmsten Feind, in diesem Fall Malfoy. Obwohl, bei Voldemort würde er vielleicht eine Ausnahme machen.

"Harry, was ich dich fragen wollte.", riss Virginia ihren Kapitän aus seinen Gedanken, "Der Trank wird heute fertig. Sollen wir's gleich heute Abend durchziehen?"

Harry nickte. "Ja, ich will endlich wissen, was es mit dieser Blockade auf sich hat."

"Es kann aber auch sein, dass uns der Trank nichts nützt.", gab Virginia vorsichtig zu bedenken, "Sei also bitte nicht zu enttäuscht, wenn nichts dabei raus kommt."

Der Gryffindor lächelte sie aufmunternd an. "Dann finden wir eine andere Möglichkeit. Nur keine Sorge, Virginia, so schnell lass ich mich jetzt nicht mehr unterkriegen."
 

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So, wie hats euch gefallen? War es verwirrend? Ist ein bisschen schwierig die konvusen Gedanken der beiden richtig darzustellen...

Egal! Kann Pans nicht nervig sein? *g*

Dann bis zum nächsten Kapitel!

My Fair

Hy!

Sorry, dass es so lange gedauert hat, aber jetzt geht es endlich weiter. Danke für die vielen lieben Kommis!!! *euch alle ganz lieb knuddl*

Der Inhalt des nächsten Kapitels steht schon fest. (Nur schreiben muss ichs halt noch... ^^)

Aber jetzt viel Spaß!
 


 

"Was ist denn los? Warum regst du dich so auf?", rief Parkinson ihrem Freund zu und hetzte ihm hinterher, doch der reagierte nicht einmal. Draco schritt, gerade so schnell, dass man es noch nicht als laufen bezeichnen konnte, aufs Schloss zu und ignorierte die Blonde so gut es möglich war. Er wusste selbst nicht, warum er so wütend war. Sicher, Pans Nähe ging ihm auf die Nerven, aber ihre Anwesenheit, ja ihre bloße Existenz hatte ihn noch nie so gestört wie in eben diesem Moment.

Dabei hatte er sich gerade noch wirklich wohl gefühlt und keinen einzigen Gedanken mehr auf das Kommende verschwendet. Draco konnte es kaum glauben, dass es ausgerechnet Potter geschafft hatte ihn von seiner düsteren Stimmung abzulenken und vor allem wollte Draco nicht wissen, was da gerade zwischen ihnen abgelaufen war.

Malfoy blieb abrupt vor der Statue zum Slytherin-Gemeinschaftsraum stehen und versuchte erst mal seine Gedanken wieder einigermaßen zu ordnen. Aber das entstandene Chaos aus Fragen und Gefühlen, die dieser furchtbare Potter innerhalb einer Stunde verursacht hatte, ließ sich nicht einfach so entschlüsseln. Deshalb schob Draco das alles so gut es ging in die hinterste Ecke seines Bewusstseins und sagte der Statue das Passwort, als er von fern schon die ungelenken Schritte von Parkinson wahrnahm, die er im Gewirr der Kerkergänge abgehängt hatte.

Der Gemeinschaftsraum war vollgedrängt mit Schülern, die ihm aber sofort respektvoll Platz machten, als Draco, nun wieder ganz in seinem Element, einen eiskalten Blick durch den Raum gleiten ließ. An der großen Wanduhr bleib er kurz hängen, vergewisserte sich, dass er sich langsam zu seinem Patenonkel begeben musste und machte sich dann auf in sein Zimmer, um die Todesser uniform zu holen, die er auch schon bei den letzten paar Mal getragen hatte, obwohl er noch kein vollwertiges Mitglied in Voldemorts Reihen war.

Draco wollte gerade den Türknauf berühren, als ihm auffiel, dass sein Schutzzauber - zugegeben, kein mächtiger Schutzzauber, der war bei den ganzen Versagern um ihn herum ja auch nicht nötig - durchbrochen war. Er stockte kurz, warf einen schnellen Blick durch den schmalen Gang, der jedoch leer war und zog dann seinen Zauberstab. Wer konnte es wagen in sein Zimmer einzubrechen?! Seine Mitschüler waren für gewöhnlich nicht so lebensmüde...

Vorsichtig und auf ziemlich alles vorbereitet, stieß er die Tür an, die langsam und lautlos nach innen schwang. Sein erster Blick fiel auf seine Kommode. Die unterste Schublade des Schrank gleich links von Draco war geöffnet und... leer! Verflucht noch mal! Da war seine Todesseruniform drin gewesen! Ebenfalls mit einem Zauber geschützt... Wer bei Salzar Slytherin konnte so...

Draco unterbrach seine geistige Schimpftriade auf den möglichen Täter, als er Blais bemerkte, der auf seinem Bett saß und auf dessen Schoß Dracos zusammengelegte Uniform lag, über die der Schwarzhaarige gedankenverloren darüber strich.

"Blais, was...?" Dracos Wut war einer heillosen Verwirrung gewichen, die seine ohnehin schon überstrapazierte Gefühlswelt noch weiter verdrehte. "Wieso hast du meine Zauber aufgebrochen?"

Zabini erschrak nicht im mindesten und sah langsam auf. Er wirkte müde und abgespannt, wie schon in den letzten Wochen, doch heute sah man es ihm auch an. Blais versuchte ihn anzulächeln, doch sein sonst so freches Grinsen, passte nicht zu den müden Augen und ließen das Gesicht mehr wie eine Fratze aussehen, verzerrten die Züge noch mehr. "Ich dachte du seiest gegangen, ohne dich von mir zu verabschieden.", antwortete er leise und schaute wieder auf das Stoffbündel vor ihm, "Ich hab dich gesucht und nirgends gefunden und dann wollte ich sehen, ob deine Uniform noch da ist. Denn die hättest du ja sicher mitgenommen..."

Aber das war doch noch lange kein Grund, in sein Zimmer einzubrechen! Waren heute den alle verrückt geworden! "Was soll der Aufstandf?", fragte Draco, jetzt schon wieder mit einem deutlichen Anflug seiner gewöhnlichen Arroganz in der Stimme. Es ging schließlich auch nicht an, dass Blais einfach seine Sache öffnete!

Zabini sah mit traurigen Augen zu ihm auf und sein verlorenes Lächeln verstärkte den Ausdruck nur noch. "Ich will nicht dass du..."

"Draco-Schatzie!"

Schitt! Draco hatte ja vergessen die Tür zu schließen. In einer einzigen Bewegung schwenkte der Blonde seinen Zauberstab nach hinten und ließ mit Wucht die Tür zuknallen, in der Pans schon halbwegs stand. Man hörte zwei Aufschläge. Erst den der Tür, die in den Rahmen krachte und dann den von Pans, die, von der Tür voll erwischt, in den Gang und an die gegenüberliegende Mauer knallte. Hoffentlich hatte sie sich das Kiefer gebrochen!

Mit einer zweiten, diesmal sachten Handbewegung und leisen Worten hatte Draco die Tür verriegelt und das Zimmer abhörsicher gemacht, um dann seine volle Aufmerksamkeit dem Schwarzhaarigen zuzuwenden.

"Also, was willst du nicht?", nahm Draco das Gespräch mit kalter Stimme wieder auf.

Zabini schüttelte kurz den Kopf und schien darum bemüht seine Fassung zu wahren, was ihm aber offensichtlich nicht gelang. Dennoch schaffte er es den Blick des blonden Slytherin stand zu halten und nach dem er noch einen Moment mit sich gerungen hatte, brachte er es endlich fertig seinem Gegenüber zu antworten. "Draco... Nimm den Vorschlag des dunklen Lords an. Bitte!"

"Das kann und werde ich nicht, Blais!", fuhr Draco wütend auf und schenkte dem flehenden Ton seines Freundes keine Beachtung, "Wir hatten das Thema doch oft genug. Ich werde mich diesem Wahnsinnigen nicht beugen!"

"Dafür wird er dich töten.", erwiderte Zabini tonlos.

Draco lächelte leicht, als ihm auffiel, dass Blais diese Tatsache nach vier Wochen endlich geschafft hatte auszusprechen, denn bisher hatte sein einziger Mitwisser diese unausweichliche Folge immer nur offen im Raum stehen lassen und ihr nie Worte verliehen, so als könne der damit verhindern, dass es Realität wurde. Und das beinahe sanfte Lächeln blieb auch, als Draco mit emotionsloser Stimme ein leises "Ich weis." von sich gab. Er hatte die letzten Wochen schließlich damit verbracht, sich damit abzufinden, dass er heute sterben würde, doch irgendwie hatte Potter ihm die Gleichgültigkeit gegenüber dieser Angelegenheit genommen. Draco war nicht in der Lage zu erklären, wie dieser nervenaufreibende Junge das geschafft hatte, noch hätte er beschreiben können, was genau eigentlich passiert war. Er wusste nur, dass etwas anderes war. Unwiderruflich anders.

Aber der Malfoy-Erbe wurde aus seinen Gedanken gerissen als Blais nach seinen gleichgültigen Worten aufsprang und ihm mit vor Wut zitternden Händen die Todesserrobe vor die Füße warf. "Das bist doch nicht du!", schrie der Schwarzhaarige aufgebracht und musste danach ein paar mal tief durchatmen, um sich wieder einigermaßen zur Ordnung zu rufen. "Du wirfst dich vielleicht nicht gerade vor die Füße des dunklen Lords, aber du lässt einfach zu, dass er dich tötet. Das ist es doch nicht wert...", Zabinis Stimme war immer leiser und schwächer geworden, bis sie in der gedrückten Atmosphäre des Zimmers unterzugehen drohte.

Draco stand unbewegt immer noch an der selben Stelle und schloss einen Moment die Augen. Er war sich klar, dass er Blais für dieses Verhalten zurecht weisen sollte, dieser Auftritt war einem Slytherin durch und durch unwürdig, doch ein leises und völlig unangebrachtes Glücksgefühl schlich sich in seine Gedanken, als er erkannte, das es tatsächlich jemanden gab, dem er etwas bedeutete.

Dennoch musste Draco ihn enttäuschen und fast bedauernd schüttelte der Blonde den Kopf. "Es geht nicht anderes Blais, ich kann mich nicht selbst verraten, indem ich alles an das ich glaube in den Wind schieße."

"Dann...", Zabini schien verzweifelt nach Worten zu suchen, die einen Malfoy überzeugen konnten, "dann spiel ihm doch nur vor, als würdest du ihm folgen, oder bitte ihn um eine weitere Gnadenfrist, weil du dich noch nicht fähig fühlst, ein Todesser zu sein, oder... oder was weis ich! Denk dir was aus, du bist doch sonst so gerissen und nicht umsonst in Slytherin! Aber gib nicht einfach auf."

Draco sah ihn nach diesem Argument lange an und schließlich stieg er ohne den Blickkontakt abzubrechen über seine Uniform. Blais bereitete sich innerlich auf einen Fluch oder ähnliches vor, den ihm der Blonde sicherlich ohne Erbarmen zu zeigen, entgegenschleudern würde, denn Zabini wusste selbst, dass sein Verhalten in den Augen von Draco bestimmt kaum nachzuvollziehen war. Allein schon dafür, dass er sein Zimmer aufgebrochen hatte, hatte der Schwarzhaarige schon viel eher einen schmerzhaften Fluch erwartet, doch seine Verwunderung, dass ihm Draco so lange, ja schon fast geduldig zugehört hatte, war in seiner Sorge um ihn untergegangen. Doch jetzt erwartete die Konsequenzen für sein Handeln in voller Härte und kniff die Augen zusammen, als Draco seine Hand hob.

Mit dieser Einstellung war es auch kein Wunder, dass Blais zusammenzuckte, als er einen festen Griff an seinen Oberarmen spürte, doch erst ein gehauchtes und kaum verständliches "Danke.", ließen ihn die Augen wieder überrascht öffnen.

Draco hatte sich nach vorn gebeugt und lehnte seine Stirn in einer müden Haltung gegen Blais Schulter. Zabini war von dieser Reaktion so überrumpelt, dass er sich in der ersten Sekunde gar nicht mehr rühren konnte. Doch auch als er sich wieder gefangen hatte, wusste Blais nicht, was er tun, oder seinem Freund sagen sollte. Einerseits wollte er ihn tröstend umarmen, doch mit diesem Schraubstockgriff, mit dem der Blonde seine Oberarme festhielt, war er anscheinend nicht gewillt eine Umarmung oder ähnliche Berührungen zuzulassen. Dennoch war allein die Tatsache, dass sich der Eisprinz von Slytherin bedankte, schon fast ein Weltwunder.

Ein paar Sekunden später hatte sich Draco jedoch wieder von Blais gelöst und abgewandt, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen.

Blais kannte seinen Freund jedoch gut genug um zu merken, dass ihm dieses Situation einfach nur furchtbar peinlich war, ging er an ihm vorbei und hob die Todesserrobe auf, die er mit ein paar Handgriffen wieder glatt strich. Mit einem aufmunternden Lächeln drückt er Draco die Sachen in die Hand. "Sorry wegen dem Aufbrechen von deinen Sachen und so."

Draco, der froh war, dass Blais nicht mehr weiter auf seine Reaktion einging, setzte einen gespielt bösen Blick auf und entgegnete mit schneidender Stimme. "Dafür wirst du gerade stehen, wenn ich wieder da bin!"

Es hörte sich wie eine Drohung an, aber beide wussten, dass es ein Versprechen war. Keine Garantie auf Erfolg, aber die Versicherung, es wenigstens zu versuchen.

"Ich muss jetzt...", meinte Draco, ließ die zusammengelegte Uniform mit einem Spruch unsichtbar werden und löste den Fluch, den er auf das Zimmer gesprochen hatte.

Blais nickte nur verstehend, er hatte getan was er konnte. "Ich pass auf, dass dir niemand folgt.", erklärte der Schwarzhaarige ernst und öffnete die Tür. Die bewusstlose Mitschülerin auf dem Gang ignorierend schritten die beiden Freunde mit undurchdringlichen Masken durch den Gemeinschaftsraum, wo sich Blais mit einem kurzen Nicken von seinem Freund trennte und die Tür zum Gemeinschaftsraum im Auge behielt. Die nächsten 10 Minuten würde dank ihm niemand mehr den Raum verlassen...

Draco hastete durch die Gänge, sobald er den Wächter zu den Slytherinräumen hinter sich gelassen hatte. Die Sache mit Blais hatte ihm mehr Zeit gekostet, als geplant und Draco wollte auf keinen Fall zu spät zu seinem Patenonkel kommen. Snape hasste Unpünktlichkeit! Doch Draco war sich sicher, dass die letzten paar Minuten für ihn wichtiger gewesen waren, als die letzten vier Wochen.

Vor dem Eingang zu den Privatgemächern des Zaubertranklehrers atmete Draco noch einmal tief durch und nach dem er sich überzeugt hatte, dass er auch wirklich Menschenseelen allein war, nannte er das Passwort und trat ein.

Snape hatte eine große Wohnung, wie alle Professoren und ganz in Manier als Hauslehrer Slytherins war alles in schwarz, grün und silbern gehalten. Severus hatte sich bereits die Todesserrobe übergeworfen und stand wartend am Kamin, in einer Hand das Flohpulver, in der anderen, natürlich jederzeit kampfbereit, seinen Zauberstab. Er warf einen prüfenden Blick auf seinen blonden Schützling, bevor er wortlos auf das prasselnde Feuer im Kamin deutete. Draco kam der stillen Aufforderung sofort nach, nahm sich etwas Flohpulver und warf es ins Feuer um nach Malfoy Manor zu reisen, von wo aus sie zum Todessertreffen gelangen würden.

Draco und Severus hatten das jetzt schon ein paar mal so gemacht und es lief alles mit Routine, zügig und leise, schließlich konnten sie immer noch von jemanden gestört werden, auch wenn das Passwort sonst eigentlich keiner mehr wissen dürfte. Aber was konnte man in Hogwarts schon lang geheim halten, vor allem mit einem Schulleiter wie Albus Dumbledore...

Der blonde Slytherin merkte jedoch, dass die Situation angespannter war als sonst und sie sprachen auch wie auf eine stumme Abmachung kein Wort miteinander. Seinem Patenonkel war sicher bekannt, dass er sich heute unwiderruflich in Voldemorts Fänge begeben sollte, aber Draco konnte sich nicht im mindesten Vorstellen, wie dieser auf seine Entscheidung reagieren würde. Dass sein Vater - zumindest innerlich - völlig ausrasten würde, war dem Malfoy-Erbe dagegen vollkommen klar.

Mit einem Auflodern der grünen Flammen kam Draco im Vestibül seines Zuhauses an, nur um sofort von seinem Vater in Todesseruniform empfangen zu werden. Obwohl empfangen nicht der richtige Begriff war, denn ein kalter Blick zwischen Sohn zu Vater war alles, was man als eine Begrüßung hätte interpretieren können.

Dracos Gesicht verfinsterten sich sofort, als er seinen stolzen Vater mit dieser - in seinen Augen - demütigenden Robe vor fand, doch noch während er seine Uniform über den Kopf zog, setzte er wieder seine undurchdringliche Maske, mit dem leicht herablassenden Blick, auf.

Gleich darauf kaum auch Severus im Kamin zum Vorschein und sie machten sich zusammen auf den Weg nach draußen, um die Apparier- Grenze von Malfoy Manor hinter sich zu bringen. Severus ging wohlweislich ein Stück voraus, so dass sich Vater und Sohn noch ungestört hätten unterhalten können... hätte sie das gewollt. Aber sie hatten sich schon seit Ewigkeiten nichts mehr zu sagen und selbst jetzt, wo eine Aussprache mehr als nötig gewesen wäre, herrschte eisernes Schweigen zwischen den beiden.

Es war Lucius, der im letzten Moment vor dem Apparieren, die Stille mit emotionsloser Stimme durchbrach. "Du hast deine Entscheidung also getroffen."

"Ja.", antwortete Draco fest, ohne jedoch seinem Vater einen Blick zu schenken und im nächsten Moment waren die drei Personen auch schon mit einem leisen Knall verschwunden.
 

*
 

Harry Potter zog mit seinem Besen noch ein paar Kreise über dem Spielfeld, solange bis er sich sicher sein konnte, dass seine Mannschaft mit dem Duschen fertig war. Er hatte es noch nie sonderlich gemocht, wenn er mit den andern in einer Gemeinschaftsdusche war, aber nach dem letzten Sommer hasste er es regelrecht. Als die Sonne schon untergegangen war, setzte der Griffindor endlich zur Landung an und schlenderte in aller Ruhe zu den Umkleideräumen. Er wusste, dass er nicht mehr viel Zeit bis zur Ausgangssperre hatte, aber er würde schon noch rechtzeitig kommen. Ginny war ohnehin schon vorgegangen und würde im Raum der Wünsche auf ihn warten.

Gerade als Harry bei den Umkleideräumen ankam, trat Ron aus der Tür, als hätte er auf ihn gewartet.

"Was wollte das Frettchen?", fragte er patzig und baute sich bedrohlich vor dem schwarzhaarigen Griffindor auf.

Wieder beschlich Harry ein unangenehmes Gefühl, als er erkannte, dass sie beide allein waren, obwohl es völlig absurd war, dass ihm sein - wenn auch ehemals - bester Freund das antun würde, wovor sich der Kleinere der beiden am meisten auf der Welt fürchtete.

Harry schüttelte die Empfindung jedoch ab und verstärkte unbewusste den Griff um seinen Besen, als würde er ihm Halt geben. "Nichts wichtiges. Du kennst Malfoy doch. Der wollte uns doch nur wieder blöd anmachen."

Ron musterte ihn einen Augenblick, als glaube er ihm nicht, doch dann wandte er sich abrupt ab und marschierte Richtung Schloss.

Harry schüttelte nur den Kopf über dieses seltsame Verhalten und ging schließlich Duschen. Er brauchte eine weile, bis er fertig war und als er dann auch seinen Besen weggeräumt hatte, war es draußen wirklich schon stock dunkel.

Auf einmal hörte der Griffindor das Kreischen eines Vogels. Er wandte seinen Blick nach oben, konnte jedoch nur einen großen schwarzen Schatten ausmachen, der über ihm hinwegsegelte. Umso erschrockener war er, als er plötzlich wahrnahm, dass nahe seinem Gesicht etwas zu Boden gefallen war. Harry beugte sich nach unten und leuchtete mit seinem Zauberstab auf die Wiese, von wo er ein leises Fiepen hörte. Ein kleines, lederartiges Etwas lag vor seinen Füßen, dass sich schließlich als eine sehr jung Fledermaus herausstellte. Sie war verletzten, wahrscheinlich war sie von dem fliegendem Raubtier angegriffen worden und kurz entschlossen bückte sich der Griffindor, um das Tierchen mitzunehmen.

Geräuschlos schlich der schwarzhaarige Jung durch die Gänge des Schlosses, während er das zitternde Bündel in seinen Händen barg. Nur vereinzelte, sehr schwache Töne, kamen von dem verletzten Tier, doch das spornte Harry nur an, schneller in den Raum der Wünsche zu gelangen, nicht dass ihm die Fledermaus noch in den Händen wegstarb.

Hastig, aber sicher nicht unvorsichtig, kam er endlich an seinem Ziel an und rannte zu Virginia.

Diese sah verwundert zu ihm auf, als sie seine Unruhe bemerkte. Doch Harry öffnete auf die stumme Frage nur seine Hände zu zeigte seiner Freundin das verletzte Tier.

"Oh, wie süß!", flüsterte Ginny, als sie die wirklich noch sehr kleine Fledermaus entdeckte.

"Ich glaub, sie hat sich den Flügel gebrochen.", erklärte Harry, worauf Virginia eilig hinter der chinesischen Wand verschwand und Harry anwies, ihr zu folgen. Der Aufforderung nachkommen setzte sich der Griffindor auf die Diwan und beobachtete Ginny, die zielsicher nach einem der Fläschchen in den inzwischen recht vollen Regalen griff.

"Hier. Damit sollte es ihr bald wieder besser gehen."

Dankbar lächelnd nahm Harry seiner Freundin die Phiole aus der Hand und tröpfelte einen Teil des Inhalts auf den angebrochenen Flügel. Mit einem zischenden Geräusch verdampfte die Flüssigkeit auf der lederartigen Haut und man konnte sehen, wie sich die Wund innerhalb weniger Minuten schloss und verheilte.

Vorsichtig stich der Junge über das spitze Köpfchen der Fledermaus und bettete das erschöpfte Tier schließlich auf einem der weichen Kissen. Er seufzte leise, bevor er sich zu Virginia umdrehte. "Jetzt sollten wir uns allerdings dem Trank widmen."

Das Mädchen nickte zustimmend, verschwand für kurze Zeit hinter dem Vorhang und kam schließlich mit einer schmalen Phiole wieder. Sie sprach einen schnellen Zauber um die Wirksamkeit der violleten Flüssigkeit noch einmal zu überprüfen, bevor sie das Fläschchen - zufrieden mit sich selbst - an Harry weiterreichte.

Die Hände des Schwarzhaarigen schlossen sich um das Gefäß. Der Inhalt war noch warm.

"Trink es auf einen Zug aus.", riet ihm das Mädchen, "Danach erklär ich dir die Wirkungsweise. Wir haben genug Zeit, bis der Prozess anfängt."

Harry nickte nur und schütte sich das übel riechende Zeug nach kurzem zögern ohne abzusetzen in den Rachen.

"In ein paar Minuten wirst du müde werden und schließlich in einen tiefen Schlaf, einem tranceähnlichen Zustand gleich, verfallen.", erklärte die rothaarige Griffindor, während sich der Junge zurücksinken lies und seinen Kopf auf das Kissen neben der Fledermaus legte. "Die erste Erinnerung die du zurückbekommen wirst, ist die, die dir zuletzt gelöscht wurde. In dieser Reihenfolge geht es weiter. Du wirst auch nicht aufwachen, bevor die Zeitspanne, die dir gelöscht wurde, abgelaufen ist. Hat man dir also eine Stunde gelöscht, wirst du auch eine Stunde schlafen."

Nach diesen Worten sah sie der schwarzhaarige seltsam an. "Und wenn man mir die Erinnerung eines ganzen Monats gelöscht hat? Dann schlaf ich also einen ganzen Monat?!"

Ginny wurde eine Spur blasser. "Das ist doch eher unwahrscheinlich, oder?" Zumindest hoffte es das Mädchen inständig, denn daran hatte sie nun wirklich nicht gedacht.

"Na ja, jetzt ist es eh schon zu spät.", grinste Harry und unterdrückte ein Gähnen. "Weist du was mir aufgefallen ist, Virginia? Damals im Ministerium hab ich auch einen schwarzmagischen Fluch angewandt. An diese Lestrang, erinnerst du dich noch? Und so viel ich weis, hat er zumindest teilweise funktioniert."

"Dann spricht umso mehr dafür, dass die Blockade erst seit kurzem besteht.", entgegnete die Rothaarige, "Allerdings war es auch eine extreme Ausnahmesituation. Es könnte also auch der Schock gewesen sein, der die Blockade kurzzeitig schwächte."

Harry schloss müde die Augen und machte sich nicht einmal mehr die Mühe etwas zu erwidern. Jeder Muskel seines Körpers schien plötzlich unglaublich schwer zu sein. Gleichzeitig wurde das denken immer anstrengender.

Ginnys Hand stahl sich in die seine und drückte sie ermutigend. Ganz war der Junge noch nicht eingeschlafen. "Was meinst du, sollen wir Neville bald in alles einweihen? Ich meine, bisher hat er sich ganz gut gemacht und uns auch nicht in keinster Weise verraten. Außerdem stellt er nicht viele Fragen."

Doch sie erhielt keine Antwort mehr und die gleichmäßigen und tiefen Atemzüge verrieten ihr, dass das Mittel zu Wirken begonnen hatte.
 

***Erinnerung***
 

Harry sah sich unsicher um. Wo war er hier bloß? Doch langsam kam die Erinnerung bruchstückhaft zurück und legte sich wie Puzzelteile aneinander. Hatte McGonagall ihm nicht gesagt, er müsse zum Schulleiter? Es war nichts wichtiges, nur eine Kleinigkeit, die er mit im zu bereden hatte. Leise schlich Harry die schmale Wendeltreppe zum Büro Dumbeldores hinauf. Jetzt fiel ihm auch wieder das Datum ein. Es war sein zweites Schuljahr und heute der zwölfte Januar. So in Gedanken versunken stieg der Junge weiter nach oben, stockte jedoch plötzlich, als er Stimmen hörte. Das Büro des Schulleiters war nicht ganz verschlossen und durch einen Zentimeter großen Spalt drang Licht auf den wesentlich dunkleren Gang und die beiden Stimmen, von denen eine Dumbledore gehörte, waren auch auf der Treppe deutlich zu vernehmen.

Harry wollte gerade anklopfen, als sein Name fiel.

"...sind und Harry Voldemort besiegt hat."

"Remus, jetzt beruhige dich doch erst mal und erzähl mir in aller Ruhe, was du entdeckt hast."

Das war eindeutig wieder die freundliche Stimme des Schulleiters.

Der andere Mann atmete schwer aus und setzte schließlich noch einmal an. "Du erinnerst dich doch Albus, dass ich hier in England einige Probleme hatte, und wollte mir deshalb eine Auszeit nehmen. Ich bin nach Russland zurück... Du fragst dich wahrscheinlich, warum gerade dahin...", die Stimme des anderen Mannes wurde leiser und hörte sich bedrückt an. "Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Erinnerungen dieses Land... an Sirius... wachruft...", der Mann atmete zitternd ein und es dauerte eine geraume Zeit, bis er weiter erzählen konnte. "Ich hab auf jeden Fall bestimmte Orte wieder aufgesucht und bin schließlich in ein sehr abgeschiedenes Gebiet nahe einem Waldstück gekommen. Ich hatte plötzlich einen seltsamen Geruch in der Nase und bin ihm fast zwei Kilometer ins verschüttete Gelände gefolgt.

Der Anblick der sich mir bot war... war grausam! Ein riesiges Feld, ein Leichenfeld voller Drachen! Jede nur erdenkliche Art lag dort. Tot. Verwest. Und doch schien kein einziger von ihnen an irgendwelchen Verletzungen gestorben zu sein. Die Körper waren noch so gut erhalten... als währen sie bloß dort zusammengekommen, um einfach das Atmen aufzuhören.

Allerdings, als ich es näher untersuchte, fand ich zwischen den Körpern auch die Überreste von Menschen. Vielleicht von den Drachen getötet. Weis nicht genau... Doch was mich stutzig machte, war die Tatsache, dass die meisten von ihnen Todesseruniformen trugen!

Ich hab schließlich einige der Überreste mitgenommen und sie untersuchen lasse. Wie gesagt, der Todeszeitpunkt all dieser Wesen fällt in das Jahr, indem Voldemort vernichtete worden ist. Scheinbar hatte er damals eine größere Aktion am laufen, die entweder schief gegangen ist, oder nie zu ende gebracht wurde."

Es entstand eine länger Paus, in denen sich die beiden Männer anschwiegen.

Schließlich ergriff Dumbeldore wieder das Wort. "Hast du die Überreste dabei?"

"Ja, hab ich." Harry hörte wie etwas raschelte. Scheinbar übergab der Mann dem Schulleiter etwas. Die Überreste vermutlich.

"Remus. Glaubst du ein anderer außer dir, könnte den Ort wiederfinden?"

Wieder herrschte eine zeit lang Stille. Bis schließlich: "Nein, ich denke nicht. Ich hab das Drachenfeld nur durch Zufall gefunden, und das auch nur, weil ich meine Werwolfsinne einsetzte."

"Wer weis alles von diesem Ort?"

"Außer uns beiden? Niemand. Und der, der die Überreste untersucht hat, wusste nicht, worum es wirklich ging."

Harry hörte wie ein Stuhl verrutscht wurde und Schritte auf die Tür zukamen. Ängstlich kauerte sich der Junge hinter die Tür. Sicher würde er bestraft werden, wenn man ihn entdeckte, wo er doch die ganze Zeit unerlaubt mitgehört hatte.

"Es tut mir leid Remus, aber leider darfst du dieses Wissen nicht behalten." Das Wohlwollen in der Stimme des Schulleiters schien aufgesetzt, als müsse er sich überwinden.

"Wa... Was? Aber Ablus, was soll -"

"Oblivate!"

Die verunsicherte Stimme Remus verstummte und Harry überlegte gerade, ob er nicht lieber flüchten sollte, als:

"Findest du es vor der Tür nicht ungemütlich, Harry?"

Der Junge schrak zusammen, wollte aber nicht noch mehr Ärger und trat vorsichtig und ängstlich in das Büro. Der Schulleiter stand am Fenster, mit einem ungewohnt ernsten Ausdruck im Gesicht.

"Also, Harry. Du weist doch sicher, dass man nicht lauschen darf."

Der Griffindor wich dem enttäuschten Blick das Schulleiters aus, und sah kurz auf die zusammengesunkene Gestallt vor Dumbeldors Schreibtisch.

"Tut mir... mir leid.", stotterte der verschüchterte Junge.

Dumbledore schüttelte mit einem gutmütigen Lächeln den Kopf. "Du wirst es schon noch lernen. Irgendwann. Ansonsten wirst du deinen Eltern wohl bald in der Hölle Gesellschaft leisten..."

Harry verstand nicht ganz. Begriff nicht, wie dieser freundliche Ton zu den grausamen Wörtern passen konnte. Und am wenigsten verstand er, warum der stets gutherzige Schulleiter ihm so etwas sagte. In diesem Moment machte ihm alte Mann wirklich Angst. "... bitte...?"

"Oblivate!"

Im nächsten Augenblick verschwammen die Bilder um ihn herum und Harrys Gedanken trieben wieder in der Dunkelheit seiner eigenen Erinnerungen. Wartend, auf die nächste.
 

Hoffe es hat euch gefallen! Im nächsten Kapitel geht es um Dracos Todessertreffen und die andere(n) Erinnerung(en).

Wenn ihr Zeit habt, schreibt mir bitte ein Kommi!
 

Bis dann!

Chant

My Nightmare

Hy!

Erst einmal wieder danke für die vielen lieben kommis. DANKE! Ohne euch wär ich echt aufgeschmissen! Das Lob fördert wirklich!

WARNUNG: Diese Kapitel wird ziemlich düster, aber kein Adult-Inhalt. Das kommt später... *fg*

Aber jetzt, viel Spaß!
 

Severus Snape war beunruhigt, sehr sogar. Seit er erfahren hatte, dass sein Patensohn an diesem Abend seine Weihe erhalten sollte, wollte sich dieses unbestimmte Gefühl einer bösen Vorahnung einfach nicht mehr verflüchtigen. Dabei war Severus Snape, seines Zeichens Tränkemeister erster Klasse und gefürchtetster Lehrer Hogwarts nun wirklich niemand, den man so einfach ängstigen konnte.

Er war asozial bis zum Kern, aus Grundsätzlichkeit pessimistisch, ziemlich paranoid und abgesehen davon, unfair, fies und hinterhältig, aber ganz gewiss war er nicht leicht aus der Ruhe zu bringen!

Doch in dem Moment, als Draco zu spät in seine Wohnräume gekommen war, war ihm klar gewesen, dass heute irgendetwas verdammt verkehrt laufen würde.

Und jetzt, im Kreise von Voldemorts Anhängern, in diesem gräulichen, feuchtkalten Kellergewölbe einer uralten Schlossruine, schien jedoch alles so zu sein wie immer. Berichte wurden überreicht, neue Befehle erteilt, Drohungen ausgesprochen, Stiefel geleckt, ein paar äußerst schmerzhafte Flüche auf erfolglose Todesser abgefeuert. Eine verabscheuungswürdige Normalität, ganz ohne Zweifel. Aber nichts, auf das Severus seine Unruhe schieben konnte.

Gerade eben hatten zwei Gefolgsleute des dunklen Lords einen kürzlich gefangenen Auror hereingezerrt um ihn von dem Unnennbaren selbst verhören zu lassen. Der ausgezerrt wirkende Mann wurde grob vor Voldemorts Füße gestoßen, seine Kleidung war zerfetzt. Trotzdem wehrte sich der Auror mit allen Mitteln. Chancenlos.

Snape schüttelte innerlich den Kopf, über so viel Unverstand. Gegen das unausgesprochene Todesurteil war jeder Wiederstand zwecklos und würde seinen Tod nur hinauszögern, seine Qualen erhöhen und verlängern.

Severus hörte kaum die schmerzverzerrten Schreie des gepeinigten Gefangenen, die durch den düsteren Raum hallten und Voldemort mit einer geradezu morbiden Freude erfüllten. Je lauter die Schreie, desto besser die Laune des Lords. Das hier war schon längst kein Verhör mehr. Ein Verhör war es noch, als man den jungen Auror hungern, verprügeln und vergewaltigen hatte lassen. Jetzt diente er nur noch zur Erheiterung des Unnennbaren.

Und dennoch war all das hier Routine. Grausame Routine, sicher, doch in seiner Grausamkeit war der Lord berechenbar. Solange er sich an seinen Gefangenen weidete, waren seine eigenen Leute relativ sicher.

Snape konnte sich nicht erinnern, das es jemals anders war. Die Zeit, als er hier angefangen hatte, schien gänzlich aus seinen Erinnerungen verschwunden zu sein und die unmittelbare Zeitspanne danach war nichts als ein Gemisch aus Blut, Schreie und Kälte. Monotonie war das Prinzip, Abstumpfung die Folge. Und etwas in seinem Inneren sagte Severus, dass es ganz gut war, dass er sich nicht mehr wirklich an diese Jahre erinnern konnte.

Snape schüttelte diese Gedanken ab. Sie könnten sein Todesurteil bedeuten, würde Voldemort wieder einmal versuchen in seinen Geist einzudringen. Angestrengt konzentrierte sich der Tränkemeister auf den dunklen Lord und baute mit Hilfe seiner exzellenten Okkultfähigkeiten ein Schutzschild um seine Gedanken auf, das selbst sein Meister nur mit Mühe durchbrechen würde.

Severus warf einen flüchtigen Blick auf Dracos schlanke Gestallt vor ihm und eine gewisse Erleichterung überkam ihn, als er daran dachte, dass er seinen Patensohn schon seit Jahren darauf trainierte seine Gedanken zu verschließen.

Trotzdem blieb das Gefühl einer bösen Vorahnung. Der dunkle Lord war zwar heute schon fast gut gelaunt, aber Snape traute dem Frieden einfach nicht.

Als zwei andere Todesser die verstümmelte Leiche hinausbrachten, warf der Unnennbare einen Blick in den Kreis seiner Anhänger, glitt mit seinen roten Augen über die hochaufgerichtete Gestallt Lucius und blieb schließlich an dessen Sohn hängen. In diesem Moment legte sich Lucius Hand auf die Schulter seines Sohnes und drückte sie leicht, fast als wolle er sein Kind beruhigen. Doch in den Augen Snapes - und wie er später erfahren sollte, auch in den Augen Dracos - hatte diese Geste nur den gegenteileigen Effekt, denn wenn Lucius Malfoy schon besorgt war, konnte das nur das Schlimmste bedeuten.

"Heute Nacht wird sich eine weitere Seele der dunklen Magie zu eigen geben und sich bedingungslos in meine Dienste stellen."

Nach diesen Worten Voldemorts trat Lucius nach vorn und Draco folgte ihm unaufgefordert. Die beiden blonden Männer sanken unterwürfig vor dem Lord auf die Knie, während sich der Kreis der Todesser noch enger um sie schloss.

Der Blick des Lords ruhte wohlgefällig auf den fein gezeichneten Zügen Dracos, die nichts desto trotz eine eisige Kälte ausstrahlten. "Diese hübsche Larve ist also dein Sohn.", Voldemort grinste, während seine langen, spinnengleichen Finger Dracos Kinn umfassten, um ihn noch besser betrachten zu können. "Nun, er war es, denn sobald er mein Zeichen trägt, gehört er allein mir."

Snape lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, dabei war Draco noch nicht einmal sein eigener Sohn, doch Lucius nickte nur gehorsam. "Wie ihr befehlt, Mylord."

Auf eine weitere Order Voldemorts zog sich Malfoy-Senior in den Kreis der Todesser zurück und überließ sein Kind dem Lord.

Severus suchte den Blick Lucius, doch der schaute nur stur zu Boden und langsam dämmerte es dem Tränkemeister, dass dieser Befehl dem gefühlskalten Malfoy mehr zusetzte, als alles andere, was er je zuvor auf Anweisung des dunklen Lords schon an Verbrechen begangen hatte. Und Snape konnte nur hoffen, dass der gesenkte Blick alles war, mit dem sich sein bester Freund verriet, denn sonst würde Dracos erster Befehl bald lauten, seinen Vater auszuschalten.

Voldemort hatte den blonden Jungen inzwischen einmal umrundet und ihn von allen Seiten gemustert. Scheinbar gefiel ihm, was er sah. "Du bist also auf Wunsch deines Vaters hier?"

"Jawohl, Mylord.", erwiderte Draco mit monotoner Stimme, die keine Emotionen widerspiegelte. Eine Tatsache, die Snape durchaus Respekt einflösste, denn die meisten von Voldemorts Anhängern brachten nur noch sinnloses Gestotter hervor, wenn er sie einmal direkt ansprach. Andererseits gehörte es sich für einen Malfoy auch nicht anders.

"Ich gehe davon aus, dass du dir der Ehre, die dir hiermit zuteil wird, bewusst bist.", Volemort hatte sich wieder auf seinem Thron niedergelassen und spielte beinahe sanft mit seinem Zauberstab. Ein Spiel, dass jeden eingefleischten Todesser Schaudern ließ, denn alle wussten, wie schnell der unscheinbare Stab in den Händen des dunklen Lords zur tödlichen Waffe werden konnte. "Nur wenige werden in so jungen Jahren aufgenommen."

"Gewiss Mylord.", stimmte der blonde Junge abermals zu. Kaum jemand bemerkte jedoch das kurze Zögern, das gleich drauf folgte und für Snape war seine dunkle Ahnung in diesem Augenblick fast greifbar. "Jedem, dem die Ehre der Schwarzmagier etwas bedeutet, sollte nichts als Stolz empfinden, in euren Reihen dienen zu dürfen."

"So ist es.", antwortete der dunkle Lord selbstgefällig und Snape atmete innerlich auf.

"Doch ich befürchte, dass man mir mit diesem Angebot zu viel der Ehre erweist."

Im selben Moment ging ein Raunen durch die Todesser und Severus merkte nur am Rande, wie er angespannt die Luft anhielt. Verdammt, Junge, schimpfte der Giftmischer in Gedanken, das war kein Angebot, sondern ein direkter Befehlt! Snape wusste ja, dass Draoc gelegentlich ein größerer Sturkopf sein konnte als diese Plage von Potter und manchmal sogar noch ein bisschen Hochmütiger war, als Lucius selbst. Aber dass der blonde Slytherin derart dreist sein würde, eine Order Voldemorts in Frage zu stellen, war selbst für Severus eine Überraschung.

"Tatsächlich?"

Nun, ganz offensichtlich war sogar Voldemort über die Unverfrorenheit erstaunt, stellte der Tränkemeister trocken fest, sonst hätte sich Draco längst in Schmerzen auf dem Boden gewunden. Dennoch bereitete Snape der sarkastische Unterton des dunklen Lords Kopfzerbrechen.

"Mylord, gewährt mir die Gunst zu sprechen.", bat Draco, jetzt wieder mit einem eindeutig unterwürfigen Ton.

Als der Lord nichts entgegnete sah Severus Patensohn dies wohl als Aufforderung, sich zu erklären. "Euer Befehl erfüllt mich mit stolz,", begann Draco mit fester, jedoch nicht mehr ganz so selbstischeren Stimme, "doch die Ansprüche und Forderungen an einen Todesser sind groß und ich fühle mich noch nicht in der Lage Euren Anforderungen gerecht zu werden. Mylord, bitte versteht. Es gibt nichts besseres als in Euerm Namen zu kämpfen und zu sterben und nichts liegt mir ferner als Euch zu verärgern, schließlich liegt mein Leben uneingeschränkt in Euren Händen. Doch das wird sicherlich passieren, denn ich bin noch zu unerfahren und meine Fähigkeiten sind noch zu gering, um denen eines Todessers zu genügen. Darum Bitte ich euch demütigst. Gewährt mir bitte noch ein Jahr und macht mich erst dann zu einem der Euren, wenn ich den Rang eines Todessers würdig bin."

Als die Stimme des Slytherin verstummte, herrschte plötzlich ein Grabesstille in diesen Hallen, die ihres gleichen suchte. Snape spürte, wie sich selbst bei ihm alles zusammenzog und konnte nur vermuten, was in diesem Augenblick in Dracos Kopf vorgehen mochte.

Der Lord ließ sich viel Zeit, als er sich auf seinem Thron zurücklehnte und den blonden Jungen wie ein Beute fixierte. Eine Beute, die längst in seine Falle getappt war, kurz vorm erlegen.

Der Tränkemeister war sich sicher, dass Voldemort gerade versuchte, in Dracos Kopf einzudringen und Severus schickte ein kurzes Gebet zu allen Göttern der Zauberwelt, dass sein Patensohn nicht ausgerechnet jetzt die Nerven verlieren würde und seine Gedanken beisammen halten konnte. Denn er war sich klar, dass er nicht eingreifen konnte. Ganz gleich, welches Urteil der Unnennbare fällte.

Flüchtig huschte Severus Blick zu Lucius. Dessen Kopf war gesenkt und seine Fingernägel hatten sich so tief in seine Handflächen gegraben, dass Snape sogar ein dünnes Rinnsal Blut erkennen konnte, das zu Boden tropfte. Severus konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was jetzt in seinem Freund vorging.

"Die Bitte sei dir gewährt."

Snape spürte, wie sich ein Teil seiner Anspannung löste und es in diesem Kellergewölbe endlich nicht mehr so still war, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Dafür traf der nächste Satz den Tränkemeister umso härter.

"Aber niemand, absolut niemand, Junge, wiedersetzt sich meinen Anweisungen ungestraft!"
 

*
 

Harry Potter kam es wie eine Ewigkeit vor, die er in der schwerelosen Dunkelheit verbracht hatte. Er versuchte zu verarbeiten, was er gesehen hatte, doch solange er sich hier befand, schien sein Gehirn beständig den Dienst zu verweigern. Zum Schluss gab Harry jeden Widerstand auf und ließ sich weiterdrängen.

Es dauerte eine Weile, bis dem Jungen klar wurde, dass bereits eine weitere Erinnerung begonnen hatte, denn um ihn herum herrschte beständige Finsternis. Doch er trieb nicht mehr im Nichts, sondern saß auf einem harten Untergrund. Harry tastete sich blind vorwärts, am Boden entlang und die Wände hoch und erkannte schnell, dass der Raum eng war, auch nicht besonders hoch. Und noch im selben Moment überschwappte ihn eine altbekannte Angst.

Harry hasste kleine Räume! Er hatte sie immer gehasst und würde es auch in Zukunft tun. Langsam erinnerte er sich, wo er war. Es war dieser schreckliche Schrank unter der Treppe, dessen Enge und Dunkelheit ihn als Kind stets geängstigt hatten. Das unangenehme ziehen seines Magens, wenn er sehr wenig Freiraum hatte, war Harry für immer geblieben, die Angst vor der Dunkelheit hatte er jedoch verloren. Und wieder setzt sich ein Puzzleteil zusammen, als Harry bewusst wurde, dass er diese Angst heute verlieren würde. Nur wie, das hatte man aus seinen Erinnerungen gelöscht.

Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Lichtverhältnisse und er konnte Umrisse wahrnehmen. Doch die verschwammen plötzlich wieder wie in einem schlechten Film und Harry nahm die Brille ab, um sich mit dem viel zu weiten Hemd über die Augen zu reiben. Als der Junge seine Brille jedoch wieder aufsetzten wollte stutzte er, denn seine Umgebung war wieder messerscharf und zwar ohne seine Sehhilfe. Und es war hell... Harry stellte verwundert fest, dass er weit mehr sehen konnte, als es das spärliche Mondlicht, dass durch die drei Ritzen in der Schranktür fiel, erlauben dürfte.

Plötzlich war es, als lege sich ein Schalter in Harrys Kopf um und er verstand. Er konnte im dunklen sehen, beinahe wie eine Katze, denn etwas war in dieser Nacht anders. Ganz entschieden anders!

Harry zuckte zusammen, als das Hundegeheul anfing, es hörte sich fast an, als hätten sich sämtliche Köter dieser Straße entschieden, auf Kommando loszujaulen. Aber im nächsten Moment wusste er, was die Tiere so aufgeschreckt hatte. Es war ein Schrei, laut und fast einem Fauchen gleich und dabei so hoch dass es menschliche Ohren wohl kaum mehr hören konnten. Aber der Schwarzhaarige hörte es, deutlicher und intensiver als er jemals irgendetwas vernommen hatte.

Erst war es eine Stimme, dann andauernd mehr. Zu Anfang noch weit entfernt, jetzt immer näher kommend. Und sie riefen ihn... Harry wusste es, obwohl das Geschrei keine wirklichen Wörter bildete, es war mehr Instinkt.

Harrys Hand wanderte nach vorn und rüttelte an der Schranktür, die wie jede Nacht ein Vorhängeschloss versperrte. Sonst war Harry immer froh darüber gewesen, denn so konnten die Geschöpft der Finsternis, die in seiner kindlichen Fantasie wie Spuckgestallten vor seinem Schrank umherwanderten nicht zu ihm hinein. Heute jedoch verfluchte der Junge diesen Umstand.

Aufgebracht rüttelte der Schwarzhaarige an der Tür. Er musste hier aus! Und zwar sofort! Schließlich riefen sie nach ihm und das in einem immer drängendem Ton. Harry zog noch einmal fest an der Schranktür und konzentrierte sich mit aller Macht auf dieses kleine, vorwitzigen Vorhängeschloss, dass zwischen ihm und... was auch immer stand. Aber dort musst er hin, jetzt! Geh auf! Geh auf! Geh auf, sag ich!, tobte Harry in Gedanken und im nächsten Moment erklang ein schwaches Klacken, als das Schloss aufsprang und letztendlich zu Boden fiel.

Der Junge öffnete die Tür und schlüpfte schnell, aber leise in den Gang. Er hatte keine Schwierigkeiten sich zu bewegen, schließlich sah er alles in den besten Lichtverhältnissen und warf einen kurzen Blick auf den Abreißkalender an der Wand. Heute war die Nacht vom 12. auf den 13. August und Harry selbst war gerade mal sieben Jahre alt.

Vorsichtig schlich der Junge zur Haustür, um ja nicht einen seiner Verwandten aufzuwecken, die ihn womöglich von seinem Vorhaben abbringen würden, von der Strafe fürs Ausbrechen ganz zu schweigen und sperrte diese geräuschlos auf. Von diesem Augenblick an hatte Harry keine Angst mehr vor der Nacht, ganz im Gegenteil begrüßte er sie, wie einen alten Freund, ebenso wie die lockenden Stimmen in seinem Kopf. Er schloss die Tür hinter sich und bewegte sich katzengleich in den hinteren Teil des Gartens.

Und dort sah er sie...

Es waren zwölf, wie Harry schnell erfasste, und alle hatten sich in einem Kreis aufgestellt, eine Lücke offen lassend. Die Gestallten trugen enge, schwarze Kleidung und lang Umhänge, deren Kapuzen den Großteil der Gesichter verdeckten. Die Farben der Umhänge gingen von dunkelrot bis nachtschwarz, aber sie waren stets düster. Harry beeilte sich und überbrückte den Anstand zu ihnen. Als er den Kreis betrat, fühlte er sofort die Verbundenheit mit ihnen, glaubte sie atmen zu hören, war sich sicher, den Herzschlag jedes einzelnen bis unter seine Haut zu spüren. Hier gab es nichts, vor dem er sich fürchten brauchte.

Die Rufe und Schrei in seinem Kopf wurden zu Wörtern und Harry begriff langsam, dass die Stimmen in seinen Gedanken waren. Ein mentale Unterhaltung, die Konzentration forderte.

>Das ist er.<

Es hörte sich an, als wären es immer mehrer Stimmen gleichzeitig, obwohl sich eine dunkle, kräftige von ihnen abhob. Doch auch nachdem Harry die Wörter verstehen konnte, ebbte das stets leise Zischen und Fauchen im Hintergrund nicht ab.

>Der Junge, SEIN Junge!<

Diesmal schob sich eine andere Stimme in den Vordergrund, obwohl alle immer noch das selbe übermittelten. Scheinbar war die lauteste Stimme auch die, von der der Gedanke gerade kam.

>Sein Blut.<

>Seine Energie.<

>Seine Aura.<

>Endlich!<

Es war gar nicht so leicht, die Stimmen zu unterscheiden und Harry konnte beim besten Willen nicht zuordnen, welche Stimme zu welcher Gestallt gehörte. Langsam blickte er durch die Runde. Keine der Personen schien auch nur die geringste Bewegung zu machen, doch diese Starre war Harry von irgendwo her vertraut, ebenso wie der seltsame Geruch, der in der Luft lag.

>Sein Blut ist nicht rein.<

>Vermischtes Blut.<

>Köstlich.<

>Besser.<

>Stärker!<

>Wir suchten nach Euch.< Dieses mal war es wieder die dunkle Stimme, die er schon zu Anfang gehört hatte. Sie kristallisierte sich am stärksten von allen heraus und Harrys Gefühl nach, war es der Anführer.

>Aber ihr wart versteckt.<

>Unsichtbar.<

>Verborgen.<

>Nur heute, konnten wir Euch sehen.< Wieder der gutmütige Ton des Anführers.

>Wollten Euch schon lange zu uns holen.<

Nach diesen Worten ging die Person mit dem nachtschwarzen Umhang ihm gegenüber in die Knie und deutete dem Jungen mit einem Wink seiner behandschuhten Hand an, zu ihm zu kommen. Harry folgte der Aufforderung und stellte sich vor die kniende Gestallt, die nun etwa so groß war, wie er selbst.

>In zehn Jahren wird die Blockade wieder verschwinden, so wie heute.< Die Stimme des Anführers hallte laut in Harrys Kopf wieder und er bemerkte nun, dass er eben jenem gegenüber stand.

Der schlanke Mann hob die Hand und stricht dem Jungen über die blasse Wange. Harry erschauderte unwillkürlich, als er das Schlangenleder an seiner Haut spürte, lehnte sich aber leicht dagegen und genoss die Geborgenheit, die ihm durch die einfache Geste geschenkt wurde.

>Wir erwarten Euch.<

>Hoffen.<

>Bitten.<, kam es erneut von den anderen.

>Haltet durch, bis wir wieder zu Euch können. Wir brauchen Euch.<, erklärte der Mann vor Harry und strich mit seinem Finger die Halsschlagader entlag.

>Nur euch.<

>Das Kind des Vaters.<

>Den letzten Nachfahr.<

>Wir wissen nicht, warum Euer Vater keinen Nachfolger bestimmt hat.< Die Hand von Harrys Gegenüber wanderte noch weiter nach unten und blieb über seinem Herzen liegen.

>Der letzte Erbe.<

>Avalons Licht.<

Unter der Hand des anderen leuchtete ein ganz leichter, weißer Schimmer auf, der jedoch gleich wieder verschwand. Der Anführer schüttelte daraufhin nur sacht den Kopf. >Er kann es nicht, noch nicht.<

>Zu jung.<

>Aber die Kinder sterben.<

Die Hand auf Harrys Brust wanderte wieder nach oben und streichelte durch das zerzauste Haar. Harry erkannte die Geste als dass, was sie war. Er solle sich keine Vorwürfe machen. Es war nicht seine Schuld. >Wir müssen warten, bis er erwacht ist.<

>Erwacht schnell junger Gebieter.<

>Herr.<

>Fürst.<

>Anführer.<

Harry spürte die Gefühle der anderen und erkannte mit leisem schrecken, dass sie sich für den Aufbruch bereit machten. Ohne ihn! Der Junge fasste mit einer fieberhaften Bewegung nach der Hand die gerade von seinem Kopf abgelassen hatte. "Nehmt mich mit.", flüsterte er leise und mit erstickter Stimme. Er wollte nicht hier bleiben. Hier gehörte er nicht her!

Der Anführer beugte sich wieder zu ihm hinab, während die andern den Kreis schon etwas gelöst hatten. Doch Harry war immer noch mit ihren Gedanken verbunden.

>Die Zeit ist noch nicht gekommen.<, erklärte der Anführer bedauernd.

>Nicht jetzt.<

>Bald.<

>Wenn Ihr alle Schranken durchbrochen habt.< Langsam schlossen sich die starken Arme des Mannes um den zierlichen Jungen.

>Befreit.<

>Frei.<

Schließlich hob er ihn hoch und umarmte ihn liebevoll, während er einen Kuss auf seine Stirn hauchte. >Ohne Avalons Licht sind wir zu schwach, um Euch zu schützen, bis Eure Kraft erwacht.<

>Verzeiht.<

>Vergebt.<

>Versteht.<

>Die Sonne kommt bald wieder, wir dürfen nicht entdeckt werden.<, warnte der Anführer und ließ den Schwarzhaarigen wieder sacht auf den Boden gleiten.

>Es wäre unser Untergang.<

>Verderben.<

>Verdammnis.<

>Tod!<

Harry schluckte, als sie ihm ihre eigene Angst offenbarten und der Junge erwartete, dass sie jeden Moment verschwinden würden. Doch sie blieben, wie auch ihre Angst und Harry begriff endlich, dass sie nicht gehen würden, nicht ohne seine Einwilligung. Schließlich nickte er. "Ich verstehe, ich fühle eure Angst. Ich möchte nicht allein sein, aber ich werde warten.", erklärte Harry fest, auch wenn es ihn Überwindung kostete.

Er hatte das Gefühl, dass ihn alle unter ihren Kapuzen her anlächelten, freundlich und aufmunternd. Zuletzt erklang noch einmal die dunkle, ruhige Stimme in seinem Kopf. >Wir werden uns wiedersehen, junger Herr.<

Und als Harry die Augen schloss und sie wieder aufmachte, waren sie weg. Die Geborgenheit, die ihm der Kreis gegeben hatte, verschwand mit jeder Sekunde mehr, doch die Dunkelheit war noch immer willkommen, auch wenn sein Sicht wieder schlechter wurde. Doch das machte nichts, denn bald würde die Sonne aufgehen.

Ein paar Minuten genoss der Junge noch die warme Sommernachtsbriese, dann entschied er, dass es Zeit war, wieder zurück zugehen. In seinen Schrank. Und zu warten.

Aber Harry hatte kaum die Haustür hinter sich geschlossen, als mehrere laute Knalle ihn vor Schreck zusammenfahren ließen. Gleich darauf traten zwei Männer ins Haus und Harry starrte verwundert auf den langen weißen Bart des einen. So was hatte er auch noch nie gesehen.

"Durchsucht das Haus und die Umgebung, ich will wissen, was hier los war!", befahl der Mann mit der Halbmondbrille und dem Bart, danach kam er auf ihn zu, nahm Harry am Arm und führe ihn ins Wohnzimmer.

"Harry, was ist hier passiert?", fragte er freundlich

"Sie kennen mich?", entgegnete der Junge überrascht und in diesem Moment gingen sämtliche Alarmglocken in Harrys Kopf los. Ein Instinkt, der bald wieder unter der Blockade begraben sein würde.

Der Alte schüttelte ungeduldig den Kopf. "Das ist jetzt unwichtig, mein Junge. Sag mir, wer hier war!"

Aber Harry weigerte sich und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. Niemand zwang ihn, seinen Clan zu verraten!

"Störrischer Bengel! Ich kann auch anders!", drohte der weißbärtige Mann wütend und richtete seinen Zauberstab auf Harry. Der Junge hörte die folgenden Worte kaum, aber er bemerkte keine Sekunde später, dass jemand in seinen Kopf einzudringen versuchte. Jemand, dem Harry das nicht erlaubt hatte! Der Junge knurrte und fauchte leise und konzentrierte sich darauf, den ungebetenen Gast wieder rauszuschmeißen. Und es funktionierte!

Der Alte prallte an einem weißen Licht ab und wurde von diesem zurückgeschleudert.

"Was in Merlins Namen...?!", der Alte rappelte sich schwerfällig wieder auf und blitze den aufmüpfigen Jungen zornig an, "Das werde ich dir noch austreiben, bis du zur Schule kommst.", danach hob er den langen, dünnen Stab an und zielte erneut auf den Schwarzhaarigen, "Was immer du gesehen hast, es wird dir nichts nützen!", draußen ging langsam die Sonne auf und erste, blutrote Lichtstrahlen wanderten über die Wände des Wohnzimmers. "Oblivate!"

Harry stürzte zurück, als ihn der Strahl traf und fand sich in der vertrauten Dunkelheit wieder.
 

*
 

"Die Bitte sei dir gewährt."

Draco spürte, wie ihn eine Welle der Erleichterung durchflutete, aber er kannte den dunklen Lord inzwischen zu gut, um zu glauben, dass sich die Sache damit erledigt hatte. Und er sollte recht behalten...

"Aber niemand, absolut niemand, Junge, wiedersetzt sich meinen Anweisungen ungestraft!"

Alles, was danach geschah, wollte sich Draco am liebsten aus dem Gedächtnis löschen. Am Anfang war es nur Schmerz gewesen. Unerträglicher Schmerz. Die ersten zwei Minuten hatte sich Draco die Lippen blutig gebissen, um nicht zu jammern, die nächsten 10 Minuten unter dem Crutio und Draco hatte das Gefühl, dass ihm langsam die Haut aufplatzen musste. Einerseits zog sich alles in ihm zusammen, andererseits schienen andere Körperteile wieder zu wachsen, zerbrechen, sich wieder zusammenzusetzen.

Er wusste nicht mehr, wann er angefangen hatte zu schreien. Er wusste nur, dass es sich selbst in seinen eigenen Ohren fruchtbar anhörte, laut und unnatürlich. Er hätte auch nicht mehr sagen können, wann er zu Boden gefallen war und sich zu winden angefangen hatte, nur um dem Schmerz zu entkommen. Völlig gleichgültig wie. Auch wenn sein Geist noch erkannte, dass es sinnlos war, sein Körper versuchte alles, damit die Qualen irgendwie erträglicher wurden.

Zu dem Zeitpunkt konnte es Draco nicht mehr unterscheiden was der Fluch in ihm auslöste und er wollte es auch nicht. Der Schmerz zog wie eine Flamme über seine Haut und nistete sich in jede Zelle seines Leibs ein. Schien ihn Stück für Stück zu verbrennen und er erkannte, dass sein Körper diese Behandlung nicht mehr lang durchhalten würde.

Irgendwann verstummten seine Schrei, wichen einem erstickten Keuchen, da er kaum noch Luft bekam und auch seine Muskeln zuckten nicht mehr unkontrolliert. Wie lange lag er hier schon? Wirklich erst seit ein paar Minuten? Eine halbe Stunde vielleicht? Draco kam es vor, wie eine Ewigkeit. Nur eins war ihm klar. Er durfte um alles in der Welt nicht unmächtig werden, sonst konnte er mit seinem Leben abschließen. Und das wollte er nicht, nicht, wenn er schon so weit gekommen war!

"Steh auf!"

Der Blonde brauchte einen Moment, um realisieren, dass er gemeint war. Zögernd bewegte er seine Hand, nur um wieder ein Gefühl darin zu bekommen. Seine Körper war unglaublich schwer und unterstanden kaum mehr seiner Kontrolle, trotzdem kämpfte er sich schwankend auf die Beine. Wacklig, aber er stand und das musste genügen, um seinen Lord zufrieden zu stellen. Er begriff langsam, niemand in diesem Raum glaubte, dass er die Nacht überstehen würde, aber bei Slytherin, er würde und wenn es nur war, um diese Plage von Potter beim Quidditsch zu besiegen!

Draco hörte das Murmel um sich herum. Er stand jetzt relativ sicher, wagte aber keinen Blick auf Voldemort. Aber dennoch glaubte er ihn in gewisser Weise beeindruckt zu haben. Was nicht hieß, dass seine Bestrafung jetzt ein Ende war.

Und als Voldemort ihm befahl, seine Robe zu öffnen, erkannte er, dass er sich nicht geirrt hatte. Der dunkle Lord war erst zufrieden, als Draco mit entblößtem Oberkörper vor ihm stand und das hatte zu Dracos Leidwesen gedauerten, denn seine Hände zitterten ohne unterlass. So heftig, dass er beinahe die Knöpfe nicht mehr aufgebracht hatte. Sich nichts anmerken zu lassen war irrelevant, er konnte froh sein, wenn sein Körper und seine von Krämpfen geschwächten Muskeln wenigstens ein wenig von dem machten, was er ihnen anordnete.

Voldemorts Augen wanderten über die nackte Haut und seine spinnengleiche Finger strichen über Dracos Rücken, schienen die makellos blasse Haut zu bewundern. Durch Dracos Venen jagte Adrenalin, während ihm ein eiskalter Schauer nach dem andern durchlief und trotz des Crutio spannten sich Dracos Muskeln bei dieser Berührung sofort an. Bastard!, schoss es dem Blonden durch den Kopf, doch sofort darauf versuchte er seinen Geist wieder zu sammeln. Die Hand auf seinem Rücken stieß ihn jäh nach unten und er musste sich wieder vor den Lord knien. Als Voldemort plötzlich eine Peitsche in der Hand hatte wurde Draco schlecht und leicht schwarz vor Augen. Aber er musste durchhalten! Es würde nicht mehr lange dauern...

30 Hiebe und Draco glaubt schon nach 5 nicht mehr gerade aus denken zu können. Unglaublich, wie ihn dieser Crutio geschwächt hatten. Das Voldemort ihn in Gegenwart der anderen Todesser bestrafte und demütigte war dem ungekrönten Slyhterinprinzen sogar egal. Es zählt nur noch hier irgendwie lebend rauszukommen.

Nach spätestens 15 Hieben war sich Draco sicher, dass sein Rücken nur noch eine offene Fleischschicht sein musste, an alles folgende konnte er sich später nur noch schemenhaft erinnern. Draco wusste nicht, wie er den Rest durchgestanden hatte, nur dass er wieder zurück nach Hogwarts wollte. Um jeden Preis, aber nicht als Todesser! Nach der Peitsche kam ein Messer, mit dem er ihm mehrere lange, tiefe Striemen über den Brustkorb zog. Der Gedanke, sich einfach fallen zu lassen und zu sterben, kam ihm mehrmals in den Sinn, doch immer wurde er von grünen Augen begleitet, die ihn auslachten für seine Schwäche. Aber verflucht sollten sie sein, er war nicht schwach!

Danach sollte er sich wieder anziehen, was dem Blonden wirklich nur noch mit Müh und Not gelang. Die bleierne Schwärze vor seinen Augen griff immer wieder nach ihm, doch er wehrte sich. Als er Voldemort zum Abschluss auf allen vieren den Saum seiner Robe küssen musste, hätte Draco ihn in normalen Falle in allen Sprachen verflucht, die er kannte, so aber war er nur froh, sich kaum mehr bewegen zu müssen.

Hoch. Aufstehen! Draco begriff noch, dass er zurück auf seinen Platz sollte, aber die wenigen Meter bis da hin, waren ihm noch nie so lang vorgekommen. Er wollte weg hier. Malfoy-Manor, oder Hogwarts. Ganz egal! Hauptsache ein Bett und Ruhe. Wenn nur nicht alles ständig vor seinen Augen verschwimmen würde...

Das Treffen wurde fortgesetzt, aber Draco bekam kaum mehr etwas mit. Das einzige, worauf er sich konzentrierte, war nicht umzufallen. Noch einmal Voldemorts Aufmerksamkeit in dieser Nacht würde er wohl kaum überstehen.

Er schwankte... Unerwartet spürte er eine Hand zwischen seinen Schulterblättern, die ihn sanft, aber bestimmt wieder in die Gegenwart holte. Wer stand hinter ihm? Wer half ihm da gerade? Draco konnte kaum mehr einen klaren Gedanken fassen. Wer würde es sich überhaupt trauen, jemanden, der Voldemorts Zorn heraufbeschworen hatte, zu helfen...

Hinter ihm... Sein Pate, ja der stand immer hinter ihm. Er hatte ihn noch nie im Stich gelassen. Draco war froh, dass wenigstens sein Pate seine Entscheidung billigte.

Danach stumpften seine Gedanken wieder ab. Stehen bleiben! Nicht Unmächtig werden! Die Hand im seinen Nacken tat weh, aufgrund seiner Verletzungen, aber sie half.

Endlos... Wie lange noch... Draco fielen mehrmals fast die Augen zu. Er sehnte sich nach der Wärme eines Kaminfeuers. Es war so schrecklich kalt!

Auf einmal nahm ihn jemand an seinem Oberarm und zog ihn mit sich. Wohin... Dracos Umgebung verschwamm vollständig, er erkannte nicht mehr, wo er war. Aber um sich zu wehren war er viel zu geschwächt.

"Hast du einen Portschlüssel dabei. So kann er unmöglich apparieren."

Draco versuchte die Augen zu öffnen, aber es ging nicht mehr. Die Stimme... sie gehörte Severus.

"Ja. Er bring uns direkt nach Malfoy-Manor, die Schutzbanne sind für ein paar Minuten außer Kraft."

Nicht nach Malfoy-Manor, dachte Draco noch, als seine Hand auf einen fremden Gegenstand gelegt wurde. Sein Vater würde ihn für seine Weigerung sicher noch mehr bestrafen...

Doch als Draco das bekannte ziehen hinter seinem Bauchnabel spürte, wurde er endlich unmächtig und seine Welt versank in Schwarz.
 

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So, das wars mal wieder! Das Kapitel war ziemlich schwer, weil ich nicht wusste, wie ich die Sache mit Draco regeln sollte. Und dann noch die verwirrende Erinnerung von Harry... Wie ist die Szene mit Draco und Voldemort rübergekommen? Das würde mich interesieren...

Also, wenn ihr Zeit habt, schreibt doch ein kurzes Kommi *g*
 

Bis dann

Chant

My Doubts

Wieder mal vielen lieben Dank an alle meine Leser und vor allem Kommischreiber. Ihr seid die größten!

Dieses Kapitel ist nicht ganz so lang und meines Erachtens nicht ganz so spannend wie das letzte. Es war allerdings nötig um spätere Handlungen zu erklären...

Aber jetzt viel Spaß!
 


 

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Mit einem zischenden Geräusch landeten drei Personen in Todesseruniform in einem kleinen Salon auf Malfoy-Manor. Severus ließ sofort den Portschlüssel fallen und wollte noch nach seinem Patensohn greifen, doch der war haltlos zusammengebrochen und hatte dabei Lucius mit umgeworfen. Der ältere der Beiden war gegen die Couch gestürzt und lehnte jetzt mit den Schultern dagegen, während der junge Blonde ausgesteckt und mit dem Kopf auf der Brust seines Vaters, auf diesem lag.

Einen Augenblick lang erwartete der Tränkemeister, das Lucius seinen Sohn von sich stoßen würde, doch dann erkannte er, dass Lucius sein Kind absichtlich aufgefangen hatte.

Malfoy-Senior starrte eine Weile ins Leere, umschlang mit der einen Hand den verletzten Oberkörper seines Kindes, während er dem Jungen mit der anderen durchs Haar strich. Eine geradezu liebevolle Geste, die Severus bei diesem verschlossenen Mann schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte. Die ganze Szene hatte beinahe etwas friedvolles, würde Lucius blutige Hand nicht rötliche Abdrücke in den platinblonden Strähnen hinterlassen.

Snape wollte den beiden ja aufhelfen, aber Malfoy-Senior machte nicht die geringsten Anstallten sich zu erheben.

"Sag mir, Severus...", seine Stimme war ruhig und gefasst, wie immer, aber die sonstige Kälte, die so selbstverständlich zu Lucius Auftreten gehörte, wie sein blondes Haar, war gänzlich daraus verschwunden, "Welcher Teufel hat mich damals geritten, dass ich mich diesem Narr anschließen konnte?"

Severus schluckte schwer. Lucius musste sich wirklich elendig fühlen, wenn er sich derart in die Karten schauen ließ. Und er konnte sich auch nicht erinnern, das Lucius den dunklen Lord jemals beleidigt hatte. Sicher, sie beiden waren längst stillschweigend darüber übereingekommen, das Voldemort schon lange nicht mehr all ihre Ideale verkörperte, so wie es noch zu Anfang war. Schon vor seinem Fall war der dunkle Lord immer grausamer und brutaler geworden, was vermutlich an seiner uneingeschränkten Machtposition lag. Lügen und Intrigen, Mord und Blutvergießen, Machtgier und zuletzt auch Größenwahn, hatten ihn zu dem gemacht, was er heute war. Und nach seiner Auferstehung war es nur schlimmer geworden. Seine Aktionen wurden beständig unkontrollierter und gefährlicher, gelegentlich stellte er die Jagt nach Potter sogar über weit aus wichtigere Angelegenheiten und wehe demjenigen, der ihm wiedersprach.

Aber dennoch, Lucius war nie... ausfallend geworden. Und er hatte auch noch niemals angedeutet, mit der Bindung zum dunklen Lord einen Fehler begangen zu haben. Denn für Leute wie Lucius, der auf die Reinheit des Blutes beharrte, stets von Ergeiz und Machthunger getrieben und der nicht zuletzt ein überzeugter Schwarzmagier war, gab es niemand anderen, den er folgen konnte. Weder dem muggelfreund Dumbledore noch den schwarze Magie verachtenden Fuge. Im Grunde genommen hatten sie nie eine wirkliche Wahl...

"Vermutlich der selbe wie mich.", antwortete Severus vorsichtig und fuhr sich über die Stirn, als ihm wieder Bilder von Dracos Bestrafung durch den Kopf gingen, "Aber glaub mir. Dumbeldore ist auch nicht besser!"

Lucius gab etwas von sich, das man mit viel Phantasie als ein Lachen deuten konnte. Der Blonde hatte Severus noch nie Angst gemacht, aber in diesem Moment wirkte er richtig unheimlich auf den Schwarzhaarigen.

"Weist du warum der Lord Draco als einzigen dieses Jahrgangs aufnehmen wollte.", es war keine Frage, dennoch schüttelte der Tränkemeister den Kopf, "Zweifelsohne ist er ein hervorragender Schüler und Schwarzmagier. Aber eigentlich geschah es nur, damit er mich wieder stärker an sich binden konnte."

Severus zog überrascht eine Augenbraue in die Höhe. Wie, an sich binden? Malfoy war die rechte Hand des dunklen Lords, warum sollte er ihn stärker binden.

Lucius wendete den Kopf und sah seinem langjährigen Freund fest in die Augen. "Er merkt, dass ich nicht mehr hundertprozentig hinter ihm stehe."

Ok, jetzt war es raus. Scheinbar plagten Lucius größere Zweifel an Voldemort, als es sich Severus jemals eingestanden hatte. Ob wohl die zwei Wochen in Askaban daran schuld waren? Die Sache hatte stark an Lucius Stolz gekratzt, nicht zuletzt, da er den Namen Malfoy in den Dreck gezogen hatte. Von den ganzen Klatschspalten die es in allen Zeitungen zu lesen gab, ganz zu schweigen. Zu der Zeit, als sie bei dem dunklen Lord ihre Initialisierung hatten, wäre es undenkbar gewesen, das ein so hochrangiges Mitglied der Todesser in Askaban landen würde, noch dazu, wo sich Lucius selbst freikaufen hatte müssen. Denn der Unnennbare hatte nicht einen Finger gerührt, um seinen Leuten zu helfen, nachdem die Aktion im Ministerium schief gelaufen war.

"Es... ist meine Schuld, Severus."

Snape schreckte aus seinen Gedanken auf und bemerkte gerade noch das Beben, dass durch den sonst so unerschütterlichen Mann ging. Die Hand, die bis eben noch durch Dracos Haar gestrichen hatte, lag verkrampft über Lucius Augen und Stirn, so fest, das die Fingernägel rote Stellen hinterließen. Severus wusste, Lucius kämpfte gegen sich selbst an, seine Schwäche, die darauf beruhte, dass er seine Familie um jeden Preis schützen wollte. Obwohl der Blonde schon seit einigen Jahren nicht mehr durchblicken hatte lassen, ob ihn an seiner Familie überhaupt noch etwas lag, konnte sich Snape jetzt sicher sein, dass es immer noch so war.

Wie viele von den Verbrechen, die er bis jetzt begangen hatte, hatte er letztendlich nur getan, um den Lord zufrieden zu stellen und so sein Kind und seine Frau zu beschützen? Nicht alles, aber einiges bestimmt...

Jetzt verstand Snape auch, warum Malfoy so aufgebracht war, dass er beinahe ein paar Todesser gecruciot hätte, nach dem sich der dunkle Lord zurückgezogen hatte. Er hatte hilflos mit ansehen müssen, wie jemand sein eigen Fleisch und Blut misshandelte. Wahrscheinlich machte er sich Vorwürfe, ob er es nicht hätte verhindern können...

Severus schüttelte innerlich ganz hart den Kopf. Nein, er hätte nichts tun können, nichts, was die ganze Angelegenheit nicht in eine Katastrophe hätte ausarten lassen. Aber kein ermutigendes Wort, stahl sich über Severus trockene Lippen. So viel geisterte in seinem Kopf herum: Es ist nicht deine Schuld, Wir hatten keine Möglichkeit einzugreifen, Vorwürfe bringen uns nicht weiter... Unnütz, lahm, unrelevant. Nachdem er zusehen hatte müssen, wie erst Darco und dann Lucius buchstäblich zusammenbrachen, schienen Worte so bedeutungslos.

Doch Malfoy fing sich trotz ausbleibender tröstender Worte erstaunlich schnell wieder. Zwar saß seine Maske noch nicht so perfekt wie sonst, aber er stand nicht mehr kurz vorm nervlichen Zusammenbruch. Der Blonde hob den Kopf und sah Snape mit einem durchdringenden Blick an. "Wehe, du erzählst das hier auch nur irgendwem.", drohte er seinem besten Freund, doch da seiner Stimme immer noch die gewohnte Kälte fehlte, wirkte seine Warnung nur halb so einschüchternd wie sonst.

Severus nickte daraufhin nur ernst. Eigentlich war es selbstverständlich.

Plötzlich wimmerte Draco leise im Schlaf auf und Lucius hielt erschrocken in seiner Bewegung inne. Noch immer hatte er ihn ganz sacht gestreichelt, doch dabei war es scheinbar an eine Wunde seines Sohnes gekommen.

Lucius schluckte hart und zog den schmalen Körper noch näher an sich. Er konnte nichts tun! Verdammt, mit ein paar Tränken und Heilsprüchen, hätten sie das alles schnell wieder in den Griff bekommen, aber der dunkle Lord musste das wohl vorausgeahnt haben. Denn ganz zum Schluss hatte er all seinen Todessern mit einem schmerzhaften Tod gedroht, sollte es auch nur einer wagen, Draco Malfoy zu heilen. Zusätzlich hatte er noch einen starken Zauberspruch über den Blonden gelegt, der nicht nur verhindern würde, dass sämtliche Zauber und Tränke wirkungslos wären, sondern der auch die Wunden zum eitern und entzünden bringen würde, so dass sie sich nur schlecht oder so gut wie gar nicht schießen konnten.

Ein unterdrücktes Knurren des Tränkemeisters, ließ Lucius aufschauen. Scheinbar ging dem Paten seines Kindes gerade dasselbe durch den Kopf. Allerdings mit einem anderen Ergebnis als Lucius...

"Ich hol jetzt einen Heiltrank und breche diesen Zauber. Ist mir egal, was Voldemort befiehlt! So können wir Draco nicht zurück nach Hogwarts bringen!"

"Nein!", fuhr Lucius wütend auf, beruhigte sich aber schnell wieder, als ihm klar wurde, dass diese selten dämliche Idee von Severus nur daher rührte, dass er Draco helfen wollte, "Nein. Es würde alles nur noch schlimmer machen.", erklärte der Blonde mit bitterer Stimme, "Er würde es herausfinden und das wäre dein und sein sicherer Tod."

"Und wer soll ihm dann helfen?", ereiferte sich Severus, "Etwa Poppy?"

Wieder schüttelte Lucius den Kopf. "Nein, sie, oder ein anderer Arzt, der kein Todesser ist, könnte Dumbledore etwas verraten. Das wird Draco nicht riskieren. Er schafft das schon, auch ohne unsere Hilfe..." Lucius ignorierte den ungläubigen Blick des Tränkemeisters und wand sich vorsichtig unter dem Körper seines Kindes hervor, um Draco schließlich hoch zu heben.

Sein Junge war groß geworden, schoss es dem älteren Malfoy durch den Kopf. Wie lange war es eigentlich schon her, dass er ihn nicht mehr richtig angesehen hatte? Es nicht konnte, weil sonst Gefühle aufgelebt hätten die er nicht haben durfte. Väterliche Liebe, beschützend und bedingungslos, war nicht angebracht. Nicht in seiner Position.

Behutsam übergab Lucius sein Kind dem Giftmischer und betrachtete noch einmal die fein geschnittenen Züge seines Sohnes.

Auch Severus musterte den Jungen noch mal eingehend. Dracos Atmung war flach, aber konstant. Zum Glück, bedachte man die Zeitspanne, die er unter dem Crutio gestanden hatte. Er hatte heute Abend wirklich viel erdulden müssen. Erst die Folterung und dann noch das stundelange Stehen. Severus hätte nicht gedacht, dass sich Draco nach dieser Behandlung noch zwei Stunden auf den Beinen halten würde können, aber er hatte es geschafft... und das hatte ihm letztendlich wohl das Leben gerettet.

Lucius strich seinem Sohn noch einmal liebevoll über den Kopf, in den vergangenen Minuten hatte er ihn mehr liebkost, als in den letzten paar Jahren zusammen. Und morgen würde sich sein Sohn auch nicht daran erinnern. Es war gut so... "Ob er weis, dass ich stolz auf ihn bin?", fragte Malfoy-Senior in die unangenehme Stille hinein.

Nein, hätte Severus Antwort gelautet, aber erbarmungslose Realität war nicht das, was er seinem Freund im Moment zumuten wollte. "Ich... weis es nicht."

Lucius sah den Schwarzhaarigen lange an. Severus und er waren Freunde, beinahe Vertraute, schon seit sie Kleinkinder waren und daran hatten weder die zwei Jahre Altersunterschied in der Schule, noch Dumbledore höchstpersönlich etwas ändern können. Und er kannte ihn viel zu gut, als das dieser ihm etwas hätte vormachen können. "Ich verstehen. Vielleicht... ist es besser so."

Lucius ist wirklich ein Meister darin, sich selbst zu belügen, dachte Snape, sagte jedoch nichts dazu. Es würde ohnehin nichts verändern.

"Bring ihn nach Hogwarts, Severus.", bestimmte Lucius auf einmal in schon fast befehlendem Ton und wandte sich abrupt von seinem Kind ab, "Ich muss jetzt zu Cissa." Als er sich umgedreht hatte, hörte Snape noch ein leises: "Sie wird mich umbringen...", dann war der Hausherr hinter der nächsten Tür verschwunden.

Snape atmete noch einmal tief durch und trat schließlich mit seiner Last zum Kaminfeuer, um nach Hogwarts zurückzukehren. Lucius machte ihm Sorge, aber weit weniger, als das Menschenbündel, das so leblos in seinen Armen hing. Dabei hätte er Draco lieber schweben lassen, um seine Wunden nicht noch weiter zu reizen, aber zum Flohen war es sicherer.

Keine Sekunde später, fand sich der Tränkemeister leicht rußig und erschöpft in seinem Quartier wieder. Ins Bett, dachte er nur, konnte aber sein Patenkind schlecht bei sich schlafen lassen. Das hätte nur ungewollte Aufmerksamkeit hervorrufen können. Das absolut letzte, was Severus im Moment gebrauchen konnte!

Draco musste also wieder in sein Zimmer.

Snape sah auf die Uhr. Es war kurz nach drei Uhr Morgens. Um diese unheilige Zeit, würde wohl kaum mehr jemand umherschleichen, trotzdem konnte er Draco ja schlecht in Todesseruniform durch Hogwarts tragen. Sein Glück wollte der Giftmischer nun wirklich nicht herausfordern.

Vorsichtig griff der Schwarzhaarige nach seinem Zauberstab und ließ Draco in Hüfthöhe vor sich schweben. Severus überlegte noch flüchtig, wie er die Uniform wohl am günstigsten entfernen konnte, ohne diese zu Beschädigen und Draco noch mehr Schmerzen zuzufügen. Doch je länger er auf seinen jungen Schützling hinab schaute, desto höher türmte sich die Wut in ihm auf, tobte und wütete in seinem Inneren wie schon seit langem nicht mehr. Lautlos verfluchte Snape die Welt im Allgemeinen und Voldemort im Besonderen und kurz entschlossen schnitt er die komplett schwarze Robe einfach auf, so dass sie in Fetzten zu Boden segelte.

Der Ältere zog scharf die Luft ein, als er das blutdurchtränkte Hemd zu Gesicht bekam und musste sich entschieden konzentrieren um nicht wieder unliebsame Erinnerungen vor seinem geistigen Auge zu sehen. Er war so abgelenkt, dass er beinahe vergas, seine einige Uniform abzulegen, als er in den Gang hinaustreten wollte. Und das hieß schon einiges, wenn man bedachte, wer er war...

Schließlich brachte Snape sein Patenkind unbemerkt durch die Kerkergänge, den Gemeinschaftsraum und den Flur der Schlafkammern. Vor Dracos Tür musste er sich erst mal an dessen Passwort erinnern und trat keine Minute später aufatmend in den dunklen Raum. Schnell schoss er die Tür hinter sich und entzündete ein prasselndes Feuer im Kamin, da es vor allem nachts spürbar kühl in den Kerkern wurde.

Severus Mundwinkel zuckten unmerklich nach oben, als er den schlafenden Blaise, in einem der Sessel zusammengerollt, vorfand. Der Junge wusste scheinbar, was los war, sonst würde er kaum hier auf Malfoy warten. Der Tränkemeister war erleichtert, dass Draco einen so guten Freund hatte. In nächster Zeit würde er ihn brauchen...

Behutsam legte Severus seine Last auf Dracos Bett ab und versuchten den Jungen möglichst seitwärts zu legen, damit er so wenig Schmerzen wie möglich hatte. Doch bei den Wunden, die er hatte, war es kaum möglich.

Ein schmerzvolles Stöhnen entwich dem Mund des Blonden und im selben Moment ruckte Blaise nach oben und fiel dabei fast von seinem Schlafplatz. Verwirrt rieb er sich über seine Augen und schaute durch das spärlich beleuchtete Zimmer. Sofort blieb sein Blick an Draco hängen, nicht wissend, ob er erleichtert sein sollte, dass dieser wieder da war oder doch zu tiefst beunruhigt, da er scheinbar schlief.

Blaise blinzelte noch einmal, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen, während er aufstand und sich vorsichtig dem Bett näherte. Er blieb jäh stehen und seine Augen weiteten sich, als er das Blut bemerkte. "Wie geht es ihm? Was ist passiert?!", leichte Panik war aus seiner Stimme heraus zuhören.

"Sie wissen, dass er das Mal abgelehnt hat?" Severus Stimme dagegen schwebte wie ein eisiger Windhauch durch den Raum.

Blaise schwieg, konnte nur betäubt nicken. Also hatte es Draco wirklich getan.

"Weis noch jemand davon?"

Wieder schüttelte Blaise nur schwach den Kopf, ohne den Blick von Draco abzuwenden zu können.

Snape war mit der Antwort zufrieden, je weniger davon wussten, umso besser. "Er hat ein Jahr Schonfrist bekommen.", warf der Professor gedämpfte in den Raum, "Danach wurde er bestraft. Und jetzt helfen sie mir Mister Zabini!"

Der junge Slytherin fügte sich einfach, obwohl ihm eine lähmende Kälte die Glieder hinaufschlich. Es war eine Sache verletzt und gefolterte Menschen zu sehen, die man nicht kannte, aber es war etwas völlig anderes seinen besten Freund so sehen zu müssen. Jeder keuchende Atemzug, jedes schmerzerfüllte Geräusch, die zerschunden Haut, die in blutigen Streifen von seinem Rücken herabhing. Blaise schluckte das würgende Gefühl herunter und half seinem Professer Draco von dessen verdrecktem Hemd zu befreien.

Und Snapes skeptisches Kopfschütteln mit den tiefernsten, traurigen Augen, als er die Wunden betrachtete, machte es auch nicht leichter für Blaise.

"Holen sie mir saubere Tücher und warmes Wasser. Na los!"

Der Jüngere sah ihn an, als sei er verrückt geworden. "Tücher?", japste der Schüler, "Was... ich meine, wir brauchen Heilzauber. Zaubertränke! Für was in Slytherins Namen sind sie Tränkemeister?!"

"Mäßigen sie ihren Tonfall, Mister Zabini!", knurrte Snape verärgert, zog es aber vor nicht weiter darauf einzugehen. Blaise war einfach nur mit der Situation überfordert, sonst würde er es wohl kaum wagen, ihn derart anzufahren. Ihm selbst ging es ja auch nicht gerade besser. Snape schloss die Augen und atmete tief ein und aus, bevor er seinen Blick wieder auf Zabini fixierte. Er schien immer noch verwirrt und zornig zu sein. "Hören sie mir gut zu, Mister Zabini. Der dunkle Lord will nicht, dass Draco von einem Todesser geheilt wird. Jeder Verstoß würde die ganze Angelegenheit eskalieren lassen. Und um das Ganze noch besser kontrollieren zu können sind die Wunden verzaubert. Sie müssten den Fluch erst einmal brechen, um ihn überhaupt mit Magie behandeln zu können. Und jetzt holen sie mir die Tücher! Mehr als die Wunden zu desinfizieren kann ich nicht tun. Und selbst dass könnte der Zauber verhindern..."

Blaise starrte in fassungslos an. Das konnte doch nicht wahr sein! Blaise verstand nicht viel von der körperlichen Belastbarkeit eines Menschen, aber mehr als genug, um zu wissen, dass Draco dem Tod noch immer nicht endgültig von der Schippe gesprungen war, wenn diese Verletzungen nicht behandelt wurden.

"Ich bin kein Todesser...", sinnierte er plötzlich vor sich hin, "Ich könnte den Zauber brechen. Ich bin noch kein Todesser!"

Severus seufzte deprimiert, scheute sich davor, Zabinis letzte Hoffnung auszumerzen. "Das wird nichts nützen. Der Zauber wurde von Voldemort persönlich ausgesprochen, ich glaube also kaum, dass sie, oder ein anderer Schulkamerad von Draco in der Lage wäre, ihn zu brechen."

Schließlich fügte sich Blaise doch, aber mehr als das Blut abzutupfen und einen Verband anzulegen konnte sie nicht tun. Selbst ein schmerzlinderndes Mittel würde nichts bringen. Blaise erklärte sich bereit, die restliche Nacht über auf Draco aufzupassen und Snape riet ihm, ihn viel Trinken zu lassen, sobald er aufwachte um den Blutverlust wieder ausgleichen zu können.

Als Severus noch einen letzten Blick auf Draco warf und dessen Zimmer verließ, war er nur froh, dass er keine Kinder hatte, denen das gleiche passieren konnte.
 

*
 

Es war ein fiependes Geräusch, das Harrys Schlaf unsanft beendete. Die Feldermaus, dachte der Junge nur, bevor er langsam anfing, seinen Gedanken zu ordnen. Sein Kopf dröhnte noch etwas, aber die gelösten Erinnerungen waren frisch und Harry konnte nur schwer akzeptieren, was er dort gesehen hatte. Dumbledore... Dieses... dieses Aas hatte ihm zweimal das Gedächtnis gelöscht! Ebenso wie Remus! Ganz zu schweigen davon, wie er ihn behandelt hatte!

Der Griffindor hatte Dumbledore ja schon seit Sirius Tod nicht mehr leiden können, aber das der Alte derart hinterhältig war, konnte selbst Harry, der ja alles mit eigenen Augen gesehen hatte, nur schwer verdauen. Und dann noch diese seltsamen Leute... Avalons Licht... Nachfolger... Kinder sterben... Blockade, die sich in zehn Jahren wieder löst... In was für eine Sekte war sein Vater denn da rein geraten?! Ob Remus etwas darüber wusste? Er musste unbedingt mit ihm darüber sprechen.

Aber diese Blockade... Bezog sie sich auf den Zauber, der verhinderte, dass er schwarze Magie wirken konnte? Harry nahm es zumindest einmal an, aber dann hatte er sie mindestens seit er sieben war. Abgesehen davon, schien sie noch andere Fähigkeiten zu sperren. Wenn er da so zurückdachte... Diese Nachtsicht war einfach nur absolut krass gewesen! Wenn Harry nur diese Gabe zurückbekommen würde, wenn er die Blockade brechen konnte, lohnte es sich allemal!

Allerdings verstand er nicht, wie er es als siebenjähriger schaffte, Dumbledore aus seinen Gedanken rauszuwerfen. Dann aber wiederum einen einfachen Oblivate-Zauber nicht abwehren konnte. Oder woher er diese anderen Fähigkeiten überhaupt hatte! Irgendetwas an dieser ganzen Sache stank zum Himmel und damit meinte er leider nicht dieses verrottete Stück Menschenfleisch Namens Dumbledore!

Harry setzte sich schwerfällig auf und musste trotz all der negativen Gedanken, mit denen er sich herumschlug, lächeln, als er eine schlafende Virginia vorfand. Sie war auf dem Stuhl neben ihm eingeschlafen und ihr Kopf ruhte auf ihren verschränkten Armen, die wiederum auf der Diwan lagen.

Harry nahm seinen Zauberstab und ließ sich mit einem kleinen Zauber die Uhrzeit in die Luft schreiben. Es war halb sieben, doch am Wochenende war das Frühstück ohnehin immer erst um neun. Sie hatten also noch etwas Zeit. Aber Harry musste jetzt unbedingt mit jemanden reden, also rüttelte er leicht an Ginnys Schulter, die nach einigem Gemurre schließlich die Augen aufschlug und sich verpennt und absolut orientierungslos umschaute.

"Morgen, Virginia.", grinste Harry und wuschelte durch das rote Knäuel auf ihrem Kopf, das trotz allem immer noch ordentlicher ausschaute als sein Haar in gekämmten Zustand.

"Mor'n.", nuschelte Ginny, war aber keine Minute später topfit und kurz davor Harry Löcher in den Bauch zu Fragen, ob denn Trank gewirkt haben und was er gesehen habe und so weiter.

Aber genau das war es, was Harry im Moment brauchte und so erzählte er ihr haarklein und detailliert, was er aus seinen gelöschten Erinnerungen erfahren hatte...

Gut eineinhalb Stunden später hatte sich Harry den Mund fusslig geredet und Ginny tigerte wutschäumend vor seinem Schlafplatz auf und ab.

"Was bildet sich dieser manipulierende Bastard überhaupt ein!", wetterte sie und erinnerte Harry damit stark an ihre Mutter. Im Übrigen die einzige Eigenschaft, die sie mit ihr gemeinsam hatte. Zumindest nach Harrys Meinung.

Allerdings hatte sich die Wut des ehemaligen Goldjungen inzwischen gelegt und war einem schaurigkalten, bitteren Zorn gewichen. Ein Gefühl, das ihm inzwischen schon fast so vertraut war, wie seine Schuldgefühle. Mitten im Lauf heraus, griff er nach Ginnys Arm und zog sie zu sich herab. Leicht überrumpelt von dieser Aktion, blinzelte sie ihn an und lies sich neben ihm auf der Diwan nieder.

"Hör mir gut zu, Virginia.", begann Harry und sein ernster Ton verriet ihr, dass es etwas Wichtiges war, "Geh Dumbi in nächster Zeit aus dem Weg und las auf gar keinen Fall zu, dass du mit ihm allein bist. Du weißt wie leicht er in deine Gedanken eindringen kann und das Oblivate scheint bei ihm ja auch recht locker zu sitzen. Allerdings...", hier stockte der Junge kurz und hörte auf, seine Vertraute mit Blicken festzunageln. "Ich kann verstehen, wenn du jetzt aussteigen willst. Diese..."

"Was?!"

"Nein, bitte, hör mir zu. Diese Sache ist weit aus gefährlicher geworden, als ich am Anfang dachte und ich bin dir auch nicht böse, wenn es dir zu riskant wird. Ich traue Dumbi im Augenblick mehr zu, als einen harmlosen Rausschmiss aus der Schule, wenn er irgendwann erfährt, was wir hier treiben und vor allem, was wir rausgefunden haben! Diese ganze Angelegenheit betrifft eigentlich nur mich, also..."

Jetzt hatte sich Ginny ihres Erachtens nach allerdings genug zurückgehalten. Aufgebracht sprang sie hoch, die Arme in die Hüften gestemmt und baute sich vor ihrem Gegenüber auf. "Harry James Potter! Für was für eine Freundin hältst du mich eigentlich, das du glaubst, ich könnte dich jetzt einfach so hängen lassen! Eine Frechheit, dass du so was überhaupt annimmst! Kommt gar nicht in Frage! Ich stecke schon viel zu tief mit drin!", Virginia beruhigte sich langsam wieder, als sie seinen ehrlich überraschten Blick sah und nahm seufzend Harrys Gesicht in ihre Hände, "Wir ziehen das hier jetzt durch! Gemeinsam."

"Sicher?", fragte Harry hoffnungsvoll. Er wollte niemanden in Gefahr bringen, aber wieder ganz allein zu sein, wäre schrecklich für ihn gewesen.

Ginny konnte nur lächeln, als sie seine strahlenden Augen sah. "Sicher!"

Unerwartet stand Harry auf und zog sie in eine feste Umarmung, vergrub sein Gesicht in ihren Haaren und wisperte ein leises "Danke". Es war seit langer Zeit die erste nähere Berührung, die er von sich selbst aus machte und es hatte ihn Überwindung gekostet. Seit den Sommerferien war solcher Körperkontakt ein Horror für ihn und jetzt stellte er erstaunt fest, dass sich der warme Körper gut anfühlte. Auch konnte er Virginias weiche Brüste spüren, die sich gegen seinen Oberkörper drückten. Aber irgendetwas störte ihn an diesem Gefühl... Harry schüttelte innerlich verwundert den Kopf und lies sie nach einigen Sekunden wieder los.

"Schon o.k.", meinte Ginny und grinste ein wenig verlegen zu ihm auf, "Komm, ich will mich noch frisch machen, bevor wir zum Frühstück gehen."

Als sie in den Büchereiteil kamen, hielt Harry seine Begleiterin noch einmal auf und fing an in seinen Unterlagen zu wühlen. Virginia beobachtete ihn dabei und ihre Augen würden immer größer, als sie die Zettel und Zusammenfassungen überflog.

"Du hast ja schon fast den ganzen Jahresstoff durch.", stellte sie verblüfft fest.

"Na ja, so halbwegs. Aber nur die Hauptfächer. ", Harry grinste kurz, als er flüchtig zu ihr sah. "Außer Zaubertränke."

"War ja klar...", Ginny lachte leise, "Kein Wunder, dass du in letzter Zeit so gut im Unterricht bist..."

"Ah, da ist es." Harry reichte Virginia zwei Briefbögen, "Einer ist für dich, der andere für Neville. Ich hab die Karte des Rumtreibers kopiert, kann bisher aber leider nur kleine Teile entnehmen. Auf beiden Zetteln findest du das Gebiet um den Raum der Wünsche herum. Ach, und noch was. Tu mir den Gefallen und bring Neville vorsichtig bei, was wir hier machen. Am besten heute noch. Gib ihm auch die Chance, sich aus der Sache rauszuhalten. Wenn er aber mitmacht, sollten wir keine Geheimnisse mehr vor ihm haben."

"Gut, und was machst du heute?"

"Remus fragen, ob mein Vater ein paar seltsame Freunde hatte.", damit zwinkerte er ihr zu und war auch schon aus dem Zimmer verschwunden.
 

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Wie hat es euch gefallen? Für mich war das Kapitel irgendwie deprimierend, weil nichts wirklich Wichtiges passiert ist... Aber wie gesagt, war es mir wichtig, dass Lucius und Severus Einstellungen ein bisschen rüberkommen.

Allerdings will ich im nächsten oder übernächsten Kapitel ein zusammentreffen mit Harry und Draco machen und ich weis schon ganz genau, was da so alles passieren wird *fg* also freut euch schon mal drauf. *g*

My Strength

Nach langer, langer Abwesenheit geht es endlich weiter!
 

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Das Frühstück war längst in vollem Gange, als Harry nach einer ausgiebigen Dusche und frisch angezogen – so fern man Dudleys Klamotten als frisch bezeichnen konnte – in die Große Halle kam. Ginny saß schon mit dem grünen Daumen von Hogwarts zusammen am Tisch und Harry gesellte sich zu ihnen. Ein Blick auf den entspannten Neville und der Goldjunge wusste, dass seine Schein-Freundin ihn noch nicht eingeweiht hatte.

„Morgen, Harry“, rief ihm Neville entgegen, nachdem er seinen Bissen Toastbrot hinuntergeschluckt hatte. Auch eine Eigenschaft, die der Griffindor an dem in letzter Zeit gar nicht mehr so tollpatschigen Jungen mochte, denn Ron hätte ihn mit Sicherheit mit vollem Mund begrüßt und dabei die hälfte seiner Malzeit großzügig auf dem Tisch verteilt.

Der Schwarzhaarige lies sich auf einen Stuhl neben Virginia fallen und nahm sich eine Müslischüssel, während er sich einen kurzen Überblick von den Anwesenden verschaffte. Ron hockte schmollend ein paar Stühle weiter bei Hermine, die der Meinung war, dass der Rotschopf jeden Grund hatte, die beleidigte Leberwurst zu mimen und Zuckerjunkie alias Dumbledore war Merlin sei Dank noch nicht anwesend, oder hatte sich schon wieder in seinem Büro verschanzt.

Die Halle war wie immer um diese Zeit noch recht gut gefüllt, aber die Abwesenheit eines einzigen Individuums sprang Harry mit einer Intensität ins Auge, als würde das Schloss nur aus dieser einen Person und ihm selbst bestehen.

Malfoy war nicht da.

So viel er in der vergangenen Nacht auch erlebt hatte, dass Gespräch mit dem Eisprinzen war noch genau so deutlich in seinem Gedächtnis wie gestern Abend und es beunruhigte ihn ein wenig, dass der Blonde Slytherin ausgerechnet heute mit Abwesenheit glänzte. Konnten nicht lieber Crabbe oder Goyle fehlen – die sich gerade so voll stopften, als stehe eine unmittelbare Nahrungsmittelknappheit bevor, was auch bald der Fall sein würde, wenn sie so weiter machten – oder vielleicht noch besser Parkinson? Nein, es musste ja unbedingt Malfoy sein! Dieser Trottel!

Harry seufzte tonlos und versuchte den Gedanken abzuwürgen. Malfoy würde schon nichts passiert sein, wahrscheinlich war es eh wieder nur eins seiner dummen Spielchen, ganz abgesehen davon, dass der Blonde wirklich das letzte Lebewesen sein sollte, um das er sich Sorgen machte.

Plötzlich traf ihn ein Ellbogen unsanft in der Seite.

„Du starrst zu den Slytherins rüber.“, erklärte Neville Ginnys Verhalten, als der Griffindor hoch schreckte.

„Und Parkison scheint schon kribbelig zu werden, weil du sie so anglotzt.“ ergänzte Ginny nüchtern.

Harry beugte sich tief über seine Schüssel, ein „War in Gedanken...“ murmelnd, als sich verräterische Röte in sein Gesicht schlich. Scheiße! Er hatte tatsächlich die ganze Zeit Parkinson angegafft, während er an Malfoy gedacht hatte... Mist aber auch...

„Remus steht gerade auf.“, teilte ihm seine hintergründig grinsende Tischnachbarin mit.

Harry nickte, schlang den letzten Löffel Müsli hinunter und kam noch vor seinem Professor in der Eingangshalle an. Der Griffindor verbannte alle Gedanken an Malfoy und jetzt auch noch – würg! – Parkinson aus seinem Schädel und konzentrierte sich aufs Wesentliche.

Nämlich einem Werwolf, welcher auch keinen Wimpernschlag später durch die Tür trat und von einem angespannt aussehenden Goldjungen abgefangen wurde.

„Professor, hätten Sie kurz Zeit? Ich würde gern etwas mit Ihnen besprechen.“

Lupin sah ihn einen Moment überrascht an, lächelte dann aber schwach. „Natürlich, Harry. Komm mit.“

Der Schwarzhaarige neigte zustimmend den Kopf und folgte Remus in sein Büro. Schweigend brachten sie die kleine Strecke hinter sich und Harry wunderte sich, wie gespannte die Atmosphäre zwischen ihnen plötzlich war.

Überhaupt, der Werwolf sah in letzter Zeit gar nicht gut aus und das lag sicher nicht nur am Mond. Seit Schulbeginn wirkte er kränklich und unglaublich verbraucht für sein Alter. Nicht nur sein Lächeln war müde geworden, jede Bewegung, sogar die Art wie er sprach, vermittelten Harry das Gefühl, einen gebrochenen Mann vor sich zu haben. Erschöpft und in einem gewissen Sinn dem Leben überdrüssig. Mürbe gemacht durch den ewigen Krieg zwischen Schwarz und Weiß und den erlittenen Verlusten, fraßen sich Furcht und Resignation schon längst durch alle Schutzwälle und begannen gefährlich an der Substanz zu graben. Ein Gefühl, das Harry durchaus vertraut war und gerade deshalb machte es ihm Angst Remus in diesem Zustand zu sehen.

Die Bürotür fiel mit einem leisen Klacken ins Schloss und riss den Jungen aus seinen tiefsinnigen Gedanken. Der Lehrer war ans Fenster hinter seinem Schreibtisch getreten und schaute abwesend auf die Ländereinen Hogwarts. Ein Verhalten, dass in Harrys Augen nicht zu dem Remus Lupin passte, den er im dritten Jahr kennen gelernt hatte, wohl aber zu dem alten Mann, der ihm nun gegenüberstand.

Die Zeit war nicht still gestanden und seit damals war nun einmal viel passiert. Womöglich zu viel...

Der Griffindor versuchte erneut die schwermütigen Erinnerungen zu verbannen, so kam er nicht weiter. „Professor, also ich wol...“

„Harry, warte.“, Remus richtete sich etwas auf, ohne sich umzudrehen und atmete noch einmal schwer ein und aus, als müsse er sich überwinden, weiter zu reden, „ Bevor du anfängst... Ich wollte schon seit längerem etwas mit dir besprechen...“

Der Jüngere klappte den Mund wieder zu und erneut entstand eine peinliche Pause zwischen Harry, der keine Ahnung hatte, um was es ging und einem mit sich selbst kämpfenden Remus. Die Stimmung im Raum wurde durch das minutenlange Schweigen immer bedrückter und Harry fing unbewusst an, nervös seine Hände zu kneten. Er hatte ein mieses Gefühl...

„Und worum geht es?“, fragte er unsicher und vorsichtig, nur um die belastende Stille zu durchbrechen.

Wie in Zeitlupe drehte sich Remus halb zu ihm um. „Um... um Sirius Tod...“

Lupin wischte sich fahrig übers Gesicht und Harry spürte wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete, der sich einfach nicht runter schlucken lassen wollte.

„Aber jedes Mal wenn ich dich aufsuchen wollte... ich hab es immer weiter hinausgeschoben.“, endlich wandte sich Remus dem Jungen ganz zu, die nussbraunen Augen fest auf einen Punkt zu Harrys Füßen geheftet. „Weißt du... Ich hab mir gedacht, dass du dich schrecklich fühlen musst und als ich dich dann das Erste mal nach den Ferien gesehen hab... Gott... Du hast so fertig ausgesehen und ich hätte mich ohrfeigen können, dass ich dir nicht mal geschrieben hab.“, Lupins Faust schlug mit einem dumpfen Laut gegen die Wand, an der er lehnte, „Aber ich hab es einfach nicht fertig gebracht!“, scheu, beinahe ängstlich suchte der Werwolf den Blick seines Gegenübers, während sich in Harry bei der sich wiederspiegelnden Traurigkeit alles zusammenzog, „Es tut mir leid.“

„Bitte?“ Harry verstand nicht. Begriff nicht, warum sich ausgerechnet Lupin bei ihm entschuldigte. War es nicht Remus, der seinen letzten Freund verloren hatte? War es nicht Remus, der ihn im Ministerium beschützt hatte? Oder fühlte sich sein Professor als letzter lebender Freund seines Vaters so sehr für ihn verantwortlich?

„Ausgerechnet ich hätte für dich da sein müssen, aber...“ Lupin schüttelte den Kopf und fuhr sich mit einer nachlässigen Bewegung durch sein ergrautes Haar. Fast hatte Harry das Gefühl, als wolle der Ältere dieses Gespräch beenden, noch bevor es richtig begonnen hatte und als Remus ein Lächeln auf seine Züge zwang, das nicht fröhlicher war als seine Augen, erkannte der Griffindor, dass er richtig gelegen hatte. „Du hast am Anfang sehr schlecht ausgesehen, aber Merlin sei Dank geht es dir jetzt besser. Deine Freunde haben dir sicher geholfen.“

Harry nickte leicht, während er daran dachte, wie wenig Ron und Hermine für ihn getan hatten, während Ginny sein ganzer Halt wurde.

„Am Anfang hab ich mir Vorwürfe gemacht, mich gefragt, ob ich daran schuld bin...“, Harry hob abwehrend die Hand, als Remus mit überraschtem, benahe erschrockenem Gesichtsausdruck etwas dazwischen werfen wollte, „Aber jetzt nicht mehr, kaum noch.“, der Junge seufzte leise, „Und auch wenn ich nicht behaupten kann, dass ich darüber hinweg bin... es wird besser.“

„Wie schön.“, Die Worte des ehemaligen Rumtreibers klangen erleichtert, doch der tief sitzende Schmerz schwang immer noch unüberhörbar in ihnen mit.

Und Harry ertrug es einfach nicht mehr länger! Nicht bei Remus, einem der wenigen Menschen, denen er sich noch immer verpflichtete fühlte!

„Und mit wem hast du darüber geredet?“, erkundigte sich der Schwarzhaarige mit behutsamer Stimme und ging einen Schritt auf seinen Lehrer zu, während er automatisch auf eine vertrauliche Anrede wechselte. „Wem hast du dich anvertraut, Remus?“

Der Werwolf wandte den Kopf ab, als er den forschenden Blick des Jüngeren nicht mehr ertragen konnte. „Schon gut.“, murmelte er, „Ich schaff das allein.“

„Das ist Unsinn, Remus.“, Harrys Ton war sanft und doch eindringlich, „Ich weis, dass man es nicht allein schaffen kann.“ Der Griffindor fragte sich plötzlich, ob sein Professor überhaupt noch Freunde hatte. Leute, die wussten, dass er ein Werwolf war und die dennoch nicht den Wolf, die unkontrollierbare Bestie, in ihm sahen, sondern den friedlichen und gutmütigen Menschen, der er eigentlich war. Es erschütterte und ernüchterte Harry im selben Atemzug, als ihm klar wurde, dass es Remus nicht anders erging als ihm selbst. Ob nun Werwolf oder Goldjunge. Es war irrelevant. Denn beides waren nur Masken, die sie von anderen Mensch aufgezwungen bekamen, nur damit diese das sehen konnte, was sie sehen wollten. Und es war schwer, gefangen hinter diesen Vorurteilen, echte Freunde zu finden.

Und Remus hatte seinen letzten Vertrauten hinter einem zerfetzten Vorhang verloren...

Stockend überbrückte Harry die letzte Distanz zwischen ihnen und legte zögernd seine Hände auf Remus Oberarme.

Obwohl ihm die Situation irgendwie unangenehm war und er sich am liebsten zurück ziehen wollte, durfte er es nicht. Der Andere brauchte schließlich seine Hilfe, da konnte er nicht einfach weglaufen und sich in sein Mausloch verkriechen. Aber Harry hätte es getan, wäre ihm klar gewesen, wie kurz er davor stand die letzten Schutzwälle des anderen Mannes, die seine Selbstbeherrschung aufrecht hielten, einzureißen. „Remus... Ich dachte, wir seinen Freunde.“

Der Lehrer nickte zaghaft und ließ zu, dass der Junge seine feucht glänzenden Augen sehen konnte. Harry schluckte das nagende Gefühl eines schlechten Gewissens hinunter und strich noch einmal beruhigend und federleicht über Lupins Arme. „Ich weis, ich kann ihn nicht ersetzten, ab-...“

Der Griffindor quietschte überrascht auf, als ihn Remus ohne Vorwarnung und mit einem herzzerreisenden Schluchzen, einem Winseln gleich, in eine knochenbrechende Umarmung zog. Haltlos zitternd und weinend drückte er den schmalen Jungen an sich, ohne zu merken, wie sich der so zerbrechlich wirkende Körper in seinen Armen sofort versteifte.

Harrys aller erster Gedanke war Flucht. Angst! PANIK! Er glaubte nicht mehr atmen zu können, während er sich in Remus Oberarme krallte. Sein Magen rebellierte, während sein Blut dröhnend in seinen Ohren rauschte und jedes andere Geräusch ausschloss. Er wollte schreien, doch seine Lunge holten einfach keine Luft und auch der Rest seines Körpers verweigerte jeglichen Befehl. Er kannte dieses Gefühl! Hilflosigkeit!

Doch schon im nächsten Moment spürte er etwas anderes und seine Panik ließ nach, soweit, dass sein Körper endlich wieder reagierte und Harry zittrig Luft holte. Er konzentrierte sich weiter auf das was er fühlte und wusste nun, dass es Remus Tränen waren, die an seinem Hals hinabtropften und in seinen Kragen liefen.

So zynisch wie es sich anhören mochte, aber Remus Schwäche war es, die dem Griffindor seine eigene Wehrlosigkeit vergessen ließ. Lupin war im Augenblick todtraurig, mutlos und verzweifelt, aber er war keine Gefahr. Er war nie eine Gefahr, wie sich Harry vehement in seinem Kopf klar machte.

Wie, um es sich selbst zu bestätigen, legte der Junge seine Arme um den Hals seines Gegenübers und strich tröstend über Remus Hinterkopf. Zum zweiten Mal an diesem Tag ließ Harry diese Nähe zu und noch dazu von einem Mann. Und irgendwie fühlte er sich dadurch besser. Weil er einen kleinen Teil seiner Angst nun selbst besiegt hatte.

„Ich vermisse ihn so sehr.“, nuschelte Lupin tränenerstickt in die Halsbeuge seines Schülers.

„Ich weis.“, die Stimme des Jungen war dünn und brüchig, „Geht mir auch so.“

„Gott… Ich … ich hab ihn geliebt, Harry! Mehr als einen Freund. So viel mehr…“

Es dauerte etliche Sekunden, bis der Schüler den Sinn der Worte erfassen konnte. Und das war... überraschend...

Harry fühlte sich ein weinig betäubt und merkte kaum wie Lupin ihn aus seiner Umarmung entließ. Der Junge konnte das erbärmlich überreizte Lachen, dass er in sich aufsteigen spürte nur schwer bezwingen. Musste man ihn eigentlich immer mit solchen Informationen erschlagen, wenn er gerade glaubte Fortschritte zu machen?! Harry starrte bewegungslos auf Remus Brust, mit dem verzweifelten Versuch beschäftig, zu verarbeiten, dass Remus und Sirius eine innigere Beziehung gehabt hatten, als er es je vermutet hätte. Trotzdem, Lupin war keine Gefahr. KEINE Gefahr! Auch wenn er auf Männer stand. Er würde ihm nie auf diese Art bedrängen oder weh tun. Nein, nein, nein! Remus war keine Gefahr!

Während sich Harry diese Worte immer und immer wieder lautlos vorbetete, war ihm die bleischwere Stille zwischen ihnen so wenig bewusst, wie die Tatsache, dass der Werwolf immer unruhiger wurde und bedauernd auf den jungen Mann vor sich sah.

Remus hatte nicht erwartet, dass ausgerechnet dieser Teil seiner verkorksten Vergangenheit ein Problem für Harry sein würde. Homosexuelle Beziehungen waren in der Zauberwelt nicht verboten, wenngleich noch immer verpönt von der höheren Gesellschaft. Was Sirius und ihn aber nicht weniger hätte stören können, trotzdem hatten sie es nicht gleich jedem Dahergelaufenen auf die Nase gebunden. Warum sie es Harry nie gesagt hatte, wusste Remus jetzt im Nachhinein gar nicht mehr. Es hatte sich wohl einfach kein passender Zeitpunkt ergeben und die wenigen Stunden, die sie mit dem Jungen hatten teilen können, waren stets mit anderen, wichtigeren Themen angefüllt gewesen.

Andererseits, wenn man bedachte in welcher Familie er aufgewachsen war, war es kein Wunder, dass er deren bornierten Ansichten übernommen hatte. Remus mochte die Dursleys nicht, hatte es noch nie und er war auch nicht glücklich damit, dass Harry dort aufwachsen musste, Blutschutz hin oder her. Seine Instinkte sagten ihm, dass diese Menschen nicht förderlich für das Seelenheil des Jungen waren, genau so wie sein innerer Wolf, der Harry längst als letztes Mitglied seines verstorbenen Rudels akzeptierte hatte. Und er wollte ihn in Merlins Namen nicht wegen einer solchen Lappalie verlieren!

„Harry?“, fragte er vorsichtig und bemerkte irritiert, dass der Junge zusammenzuckte. Sein Schüler hob ein wenig den Kopf und Remus traf ein derart aufgewühlter Blick, dass es dem Werwolf ganz anders wurde. War diese Sache für seinen Schüler denn wirklich so schlimm? „Harry.“, wiederholte er geknickt, „Bitte, verurteil nicht voreilig.“

Der Junge blinzelte überrascht. Einen Moment lang hatte er gar nicht registriert, was um ihn herum passierte, doch als sein optischer Sinn seinen niedergeschlagenen Lehrer endlich wahrnahm, riss er sich entschieden zusammen. Er wollte Remus doch nicht noch mehr Kummer bereiten als er ohnehin schon hatte und sein seltsames Verhalten musste den Werwolf ernsthaft verunsichern. Harry schloss einen Moment die Augen, sammelte sich. Er hatte keinen Grund den Kopf zu verlieren!

„Nein.“, Der Griffindor schüttelte ganz hart den Kopf und nötigte sich ein verunglücktes Lächeln ab, „Ich... ich war einfach nur überrascht. Ich hätte nie gedacht, dass ihr... ihr ein Liebespaar... ich... dass ihr euch geliebt... also... ich meine ihr hättet euch nicht... nie absichtlich verletzt, oder?“, stotterte Harry verlegen.

„Nein, sicher nicht.“, Remus lächelte gutmütig, wenngleich das nicht die Frage war, die er erwartet hatte. Und irgendetwas an der Art, wie der Junge sie stellte, alarmierte ihn. Aber er konnte das Gefühl – als sehe er den Schatten eines tödlichen Raubtiers im Dickicht verschwinden – nicht richtig greifen und tat es als unwichtig ab. Vielleicht kam es ihm auch nur seltsam vor, da Harrys Verhalten so rasant in eine andere Richtung umgeschlagen hatte. Bestimmt war es nur dass...

Der Schwarzhaarige atmete unterdessen erleichtert aus. Irgendwie hatte ihn das am allermeisten beschäftigt. Dennoch verkrampfte er sich sofort wieder als Lupin sacht einen Arm um seine Schultern schlang und ihn diesmal sehr viel sanfter näher zog, bis sein Kopf in der Halsbeuge des Werwolfs gebettet lag.

„Ist das ok?“, flüsterte Remus gegen Harrys widerspenstigen Haare.

Der Junge nickte minimal und ließ die Umarmung geschehen, obwohl sein Herz schmerzhaft hart gegen seine Rippen schlug und ihm erneut der kalte Schweiß auf dem Rücken ausbrach. Harry war ausnahmsweise mal froh, dass sein Lehrer momentan nicht ganz auf der Höhe war, sonst hätten seine sensibilisierten Sinne die verdächtigen Anzeichen, von etwas, das Remus niemals erfahren durfte, längst erkannt.

Wie lange sie so gestanden hatten, war dem Schwarzhaarigen nicht bewusst, nur dass es mit jedem flatterigen Atemzug ein wenig besser wurde und sein Herz nicht mehr unkontrolliert Adrenalin durch seine Adern jagte.

Remus hatte ja keine Ahnung wie quälend tief er in der letzten halben Stunde durch Harrys ganz persönlichen Eispanzer gedrungen war. Dennoch... Der Griffindor seufzte tonlos. Er war auf dem richtigen Weg und eigentlich ziemlich stolz auf sich, nach dem er mehr als nur einmal das Bedürfnis hatte, schreiend und um sich schlagend aus dem Raum und bestmöglich gleich noch aus dem nächsten Fenster zu stürzen.

Jetzt konnte er auch einen winzigen Teil der Wärme spüren, die vom Körper des anderen ausging. Eine durchaus angenehme Empfindung, wenngleich ungewohnt, denn seit den Sommerferien trug er eine Kälte in sich, die sich nichts mit der eigentlich Außentemperatur zu tun hatte.

„Danke, Harry.“ Lupin zog seinen Arm zurück und der Schwarzhaarige bemühte sich nicht zu schnell von ihm zurück zu treten.

„Jederzeit.“, entgegnete Harry gezwungen, obwohl er wusste, dass er jetzt erst mal eine Pause brauchte. Eine lange Pause. Möglichst bis ans Ende seines Lebens... oder wenigstens bis Morgen. Aber Remus schien es ein wenig besser zu gehen. Erleichterter. Und das war es dem Jungen allemal wert gewesen.

„So, und nachdem du dir jetzt meine Probleme angehört hast...“ , Remus grinst leicht und wischte sich mit dem Handrücken noch einmal entschieden über die Augen, „Über was wolltest du mit mir reden?“

„Über...“, Harry brauchte einen Moment um sich wieder daran zu erinnern, weswegen er ursprünglich gekommen war. „... meine Eltern. Ich wollte gern mehr über sie wissen. Aber wenn es dich im Augenblick zu sehr aufregt, dann kann ich auch später wieder kommen?“

„Schon in Ordnung. Bleib hier. Ich hab wohl irgendwie vergessen, wie gut es tut, mit jemanden reden zu können. Bitte, setzt dich.“, Lupin deutete auf eine gemütliche Sitzecke im hinteren Teil seines Büros und mit einem Zauber erschienen Gebäck und zwei Tassen dampfender Pfefferminztee auf dem Beistelltisch. „Also, was willst du wissen?“

Der Junge zögerte kurz und überlegte, wie er am besten zu seinen Antworten kam, ohne Remus stutzig zu machen und vor allem, ohne ihn von diesem Trank erzählen zu müssen. Um Zeit zu schinden nippte Harry an seinem Tee und betrachtete dabei Remus schon etwas abgetragenen Umhang, der sich ganz grauenvoll mit den kitschig braunen Blumenmuster des Sessels biss. Bevor er hier her gekommen war hatte er sich alles so schön zusammengestellt, aber jetzt schien all das unter ein paar aufgescheuchten Erinnerungen begraben worden zu sein. Wie sollte er nur anfangen...

„Sirius, du und“, Harry musste den nächsten Namen regelrecht aus seiner Kehle herauswürgen, „Wurmschwanz, ihr wart die besten Freunde meines Vaters, nicht wahr?“, Der Werwolf nickte, während er sich ein Mandelplätzchen in den Mund schob. „Blieb das auch nach der Schule so?“

„Ja. Es herrschte ja Krieg. Kein offener, aber wir waren alle im Phönix Orden. Deine Eltern waren von den Todessern gejagte Auroren, sie hatten also kaum Zeit neue Bekanntschaften zu schließen. Außerdem mussten sie Zeitweise sehr versteckt leben, vor allem die zwei Jahre vor deiner Geburt.“

„Warum?“

„Der Unnennbare hatte zu der Zeit den Plan, die Auroren einfach auszurotten. Natürlich schaffte er es nicht, obwohl er uns stark dezimierte. Die Verfolgung des dunklen Lords ging damals weit über das eigentliche Schlachtfeld hinaus und dein Vater war einer der wichtigsten Geheimniswahrer Dumbeldores. Es wäre ein herber, womöglich Kriegsentscheidender Verlust gewesen, wäre er in Gefangenschaft geraten.“

James hatte damals also eine ziemlich wichtige Rolle innegehabt. Aber irgendwie passte es gar nicht in Harrys Bild von seinem Vater, dass dieser über zwei Jahre wie eine Ratte davon gelaufen war, während andere auf freiem Feld zu kämpfen hatten. „Hat er sich immer versteckt?“

„Wie?“, Lupin brauchte eine Sekunde um den Gedanken hinter dieser Frage zu erkennen, bevor sich ein ehrliches Lächeln in sein Gesicht stahl und ein gewisser Stolz leuchtete aus seinen Augen, als er weitererzählte. „Oh nein, dein Vater war ein gute Kämpfer, ein verdammt guter Duellant, vor allem im regellosen Zweikampf, aber manchmal ist es notwendig sich der Situation anpassen zu können.“

Harry nickte gedankenvoll. „Das heißt also, außer euch hatte er keine anderen... seltsamen... Freunde?“

„Nein.“, Remus lachte leise, während er in Erinnerungen schwelgte, „Wir waren wirklich schon chaotisch genug. Deine Mum hatte es manchmal absolut nicht leicht mit uns. Aber...“, Lupin verlagerte sein Gewicht zur Seite, stützte seinen Ellenbogen auf der Armlehne ab und legte seine Fingerspitzen sinnierend an sein Kinn, „ Da fällt mir ein, Lilly stand auch während der Verfolgung noch in Kontakt mit ihrer besten Freundin. Ich glaube ihr Name war...“, Remus schloss die Augen und rieb sich nachdenklich über die Stirn, während ihn Harry gespannt beobachtete, auch wenn er nicht mehr viel Hoffnung hatte, dass sein Professor die Leute kannte, die er suchte. Die ihn gesucht hatten... Womöglich war Lupin dieses Wissen ja genommen worden – Dumbledore traute er inzwischen alles zu – oder es war ein Geheimnis seines Vater gewesen. Zumindest hatte er nicht das Gefühl, dass Remus ihn hinters Licht führte, denn im Lügen war der Werwolf nicht besonders begabt.

„Ich kommt tatsächlich nicht mehr drauf...“, Remus schüttelte über sich selbst verwundert sein ergrautes Haupt, als ihm etwas anderes einfiel, „Aber ich müsste... Warte kurz!“ Lupin stand auf und eilte zu seinem Schreibtisch, offensichtlich verärgert, dass er so vergesslich geworden war. Er nahm ein abgenutztes, dünnes Heft aus dem untersten Schubladen, aus dem beim öffnen lose, zerfledderte Blätter herausrutschten, doch Remus störte sich nicht daran. Zielsicher schlug er die richtige Seite auf und fuhr mit seinem Zeigefinger bis etwa zur Hälfte. „Ah, ja! Genau. Ihr Name war Elisabeth Liquiad. Ihr Mann war Arzt. Wusstest du, dass du in dessen Privatklinik zur Welt gekommen bist?“

Harry hatte sich inzwischen ebenfalls erhoben und verneinte die Frage während er sich neben seinen Professor stellte. Aus dieser Zeit wusste er von seinem Leben so gut wie gar nichts und eigentlich interessierte es ihn schon, auch wenn das keine seiner anderen Fragen beantwortete.

„Kannst du mir mehr aus diesem Zeitraum erzählen?“

Remus lächelte bedauernd, etwas schmerzliches lag in seinen Zügen. „Ich war mehr als ein ganzes Jahr im Ausland, zusammen mit Sirius. Wir kamen erst kurz nach deiner Geburt zurück. Tut mir Leid, Harry.“

Der Griffindor nickte verständig, wenn gleich ein ganz klein wenig enttäuscht.

„Aber vielleicht“, Remus nahm ein leeres Stück Pergament aus einem säuberlich sortierten Stapel auf seinem Schreibtisch und schrieb eine Adresse auf, „kann dir Elisabeth weiterhelfen. Wenn die Anschrift noch stimmt. Ich bin sicher, sie freut sich, wenn du dich mal bei ihr melden würdest.“, meinte der Werwolf aufmunternd und hielt dem Schwarzhaarigen den zusammengefalteten Zettel hin.

Harrys Gesicht hellte sich wieder auf, während er sich bedankte und die Adresse in seine Hosentasche packte. Dabei fiel sein Blick auf seine Armbanduhr, die ihm ausrichtete, dass er eigentlich schon längst wieder im Raum der Wünsche sein und sich seinen Übungen widmen sollte, wenn er sein heutiges Pensum noch einhalten wollte. „Ich muss jetzt.“

„Ok. Ich hab ohnehin noch ein paar Arbeiten zu korrigieren.“ Lupin deutete nach hinten auf den Wandschrank, auf dem sich die Pergamentrollen türmten. „Und Harry, wenn irgendetwas ist, dann kannst du jederzeit zu mir kommen.“

„Dito.“ Harry lächelte seinen Lehrer aufrichtig an, der die Geste erwiderte, und war schon fast an der Tür, als er noch einmal zögerte. Remus war vertrauenswürdig, da war sich der junge Griffindor absolut sicher. Sollte er ihn dann nicht besser erzählen, was er wusste? Wenn Lupin die Wahrheit kannte, würde er sie doch sicher unterstützen. „Ähm, Remus...“

„Ja?“

Aber durfte er Remus das eigentlich antun? Er hatte doch in seinem Leben schon wahrlich genug durchgemacht und wer wusste schon, in was für eine Katastrophe er sich nun schon wieder hinein manövrierte. Außerdem beherrschte Dumbledore Legimetis und kam sicher sehr viel öfter mit dem Wehrwolf in Kontakt. Ganz abgesehen davon, dass der Verrat Dumbledors Lupin mindestens so schwer treffen würde, wie ihn selbst.

„Ach,“, murmelte Harry unschuldig, „nicht so wichtig, Remus. Nicht so wichtig...“
 

***
 

„Und du bist dir wirklich sicher, dass du mitmachen willst?“

Neville nickte auf Harrys Frage und spielte eine weitere Karte aus, die sofort von Ginny geschlagen wurde.

Es war später Nachmittag und die drei Verschwörer saßen in einer stillen Ecke im Griffindorturm und spielte Snape-Explodiert. Das Interesse des Goldjungen galt allerdings weniger dem Spiel an sich, als viel mehr Virginia, die eine Runde nach der anderen gewann. Sowohl Neville als auch Harry war klar, dass sie mogelte, aber obwohl beide sie mit Argusaugen beobachteten, fanden sie den Trick nicht heraus.

„Aber ich muss keine schwarze Magie lernen, richtig?“, fragte Neville noch einmal vorsichtshalber nach.

„Nein, nur die theoretischen Grundlagen.“ Der Schwarzhaarige wurde kurz von seinem Starrmarathon auf Ginnys Finger abgelenkt, als sich die junge Fledermaus in seiner Brusttasche rührte. Seine Absicht war es gewesen, das kleine Tierchen gleich nach dem Training frei zu lassen. Die Fledermaus hatte jedoch Eigensinn bewiesen und sich nach einem, schon fast gelangweilten Blick in den offenen Himmel, in Harrys Hemdtasche verkrochen.

Virginia grinste, als sie ihrem Scheinfreund ein wissendes Zwinkern schenkte und die Rund erneut für sich entschied. „Weist du Harry, Neville hat mir die Sache mit der schwarzen Magie ohne große Skepsis abgenommen, aber als ich ihm sagte, dass wir nicht zusammen sind, wollte er mir es fast nicht glauben.“

Harry lachte leise. „Ich wusste gar nicht, dass wir so überzeugend sind.“

„Ha! Wieder gewonnen!“

Frustriert warf der Goldjunge die Karten auf den Tisch. Er bekam einfach nicht raus, wie sie es anstellte, denn etwas störte seine Konzentration und das schon den ganzen Tag über. Und dieses bestimmte Etwas war blond und arrogant und derzeitig unauffindbar. „Sagt mal. Ist euch Malfoy heute irgendwann mal über den Weg gelaufen?“

„Lass mich überlegen.“, Virginia tippte in süßer Manier gegen ihr Kinn, während sie einen angestrengten Gesichtsausdruck aufsetzt, „Heute hat mich noch niemand angerempelt, beleidigt, bedroht, mit Blicken aufgespießt oder mit Flüchen bombardiert. Nein, ich bin mir ziemlich sicher, Malfoy heute noch nicht begegnet zu sein.“

Harry knurrte sein inneres Selbst an, doch es hörte trotzdem nicht auf, diesen Umstand als bedrückend zu empfinden.

„Hast du von Remus denn jetzt irgendetwas wichtiges erfahren?“, erkundigte sich Ginny unerwartet. Nachdem sie Neville ihr Geheimnis offenbart hatte, hatten sie sich sofort in die Arbeit gestürzt und dabei war der Besuch bei Remus irgendwie untergegangen.

„Ich glaube ihm ging’s in letzter Zeit nicht besonders.“, warf der Pflanzengenius dazwischen.

„Nein, er ist ziemlich fertig wegen Sirius.“ Harry seufzte. Im Nachhinein schmerze es doch ein wenig, dass die beiden ihm dieses Wissen vorenthalten hatte. Aber letztendlich war es eben doch eine Sache zwischen Remus und Sirius und in diesem Sinne würde es Harry auch nicht weiterverbreiten. „Er hatte auch sonst keine weltbewegenden, neuen Erkenntnisse für mich. Aber er hat mir eine Adresse von einer Frau gegeben, die damals angeblich die beste Freundin meiner Mutter gewesen ist.“

„Wirst du ihr schreiben?“, fragte Ginny ernst und packte die Karten weg.

„Mal sehen.“ Harry ließ sich zurücksinken und kuschelte sich in die flauschigen Polster der Couch. „Ich denke schon. Auch wenn ich nicht so recht glaube, dass sie mir weiterhelfen kann.“

Virginia lächelte versonnen. „Du kannst ruhig zugeben, dass dich dein Vorleben auch so interessieren würde. Selbst ohne geschichtsverändernde Mysterien als Ansporn.“

„Na ja, vielleicht.“, brummelte Harry. Er kam sich ein bisschen selbstverliebt vor, dass er wirklich gern mehr über sich und seine Vergangenheit wissen wollte. Rasch wechselte er das Thema. „Noch was, ihr solltet euch unbedingt von den Gemälde fernhalten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie für Dumbledore spionieren. Am besten reden wir über diese Dinge ausschließlich im Raum der Wünsche. Das ist einfach sicherer.“

„Wir sollten uns vielleicht mehr mit Okklumetik beschäftigen. Dumbeldore ist zu gefährlich, als dass wir uns einen Feh-“, Ginny unterbrach sich selbst und hüpfte unvermittelt neben Harry auf das Sofa. „Sie ist so zutraulich!“, rief sie entzückt, „Wahrscheinlich hat sie vorher mal jemandem gehört.“ Das Mädchen glitt mit einem Finger in Harrys Brusttasche, während dieser sie mit einem völlig konfusen Blick bedachte.

Ihre Augen trafen sich und Ginnys Pupillen huschten kurz zur Seite, bevor sie sich wieder auf die Feldermaus fixierte, die Kopfüber mit den Füßen an ihrem Zeigefinger baumelte. Erst jetzt fiel bei Harry der Groschen und er schaute in die entsprechende Richtung über seine Schulter. „Oh, guten Abend Hermine.“ Harry warf seiner Scheingeliebten einen dankbaren Blick zu, dass sie die drohende Gefahr rechtzeitig bemerkt hatte und wandte sich dann wieder an Hermine, die ihre Hände in die Hüften gestemmt hatte und missbilligend auf das schwarze Etwas hinuntersah.

„Harry!“, begann sie tadelnd, „Fledermäuse sind in Hogwarts als Haustiere nicht zugelassen!“

Der Goldjunge schnaufte genervt. Er hatte schon seit längerem nicht mehr mit Hermine gesprochen, zumindest nicht in einem Dialog, nachdem sie sich auf Rons Seite geschlagen hatte. Was natürlich nicht bedeutete, das die Vertrauensschülern ihn nicht mindestens jeden zweiten Tag mit ihren Monologen zutexten konnte. „Hermine, wenn das alles, was du mir zu sagen hast, dann schlage ich vor, dass du deine Aufmerksamkeit wieder deinen heißgeliebten Büchern widmest.“

„Harry.“

Der Griffidor mochte nicht, wie sie seinen Namen aussprach. Dieser Ich-weis-was-das-beste-für-dich-ist Ton, war definitiv unerträglich.

„Willst du dich nicht endlich wieder mit Ron aussöhnen? Es ist doch lächerlich, euer kindischer Streit geht jetzt schon seit Wochen. Es mag ja sein, dass er damals etwas verletzend war, aber du kennst doch sein Temperament. Außerdem hast du dich ihm gegenüber auch nicht viel besser verhalten. Und du-“

„Ich werde mich sicher nicht bei ihm entschuldigen, wenn deine kleine Rede darauf hinauslaufen sollte.“, warf der Schwarzhaarige dazwischen, in der Hoffnung ihren Vortrag zu unterbrechen. Vergeblich...

„Harry.“

Er mochte es wirklich nicht, wie sie das sagte!

„Du kennst doch seinen Dickkopf und ausgerechnet du als Vorbild, solltest mit gutem Beispiel vorangehen.“

„Nun, Hermine,“, Harry bemühte sich sehr, ihr nicht zu zeigen, wie aggressiv er sich im Moment fühlte, „besagter Dickkopf ist Vertrauensschüler, falls es dir entgangen sein sollte. Und hat damit ja Wohl alle Rechte sich gelegentlich auch zu erwachsenen Handlungen hinreißen zu lassen.“

„Harry.“

Bei Merlin! Er würde ihr ins Gesicht springen, wenn sie seinen Namen noch einmal so betonte!

„Du bist der Junge der Lebt, dass ist doch überhaupt kein Vergleich!“

Schon wieder! Es war das selbe leidige Thema, mit den selben abgedroschenen Argumenten, wie seit Wochen. Wann sah sie endlich ein, dass er mehr war als eine Figur mit einem berühmten Namen. Wie er es hasste! Wie es ihn ankotzte immer wieder in eine Schablone gepresst zu werden, um anderer Leute Vorstellung zu genügen. Er wollte seine Ruhe! Und er wollte sie jetzt und nicht erst wenn Hermine glaubte, genug für den Frieden in der Welt gepredigt zu haben.

„Hermine, bitte geh jetzt. Es gibt doch sicher jemand anderen, denn du mit deiner reizenden Gesellschaft beehren kannst.“ Seine Stimme war mit einem mal derart abweisend und kalt, dass es Neville die Nackenhaare aufstellte.

„Aber, Harry!“

Nun, Hermine offensichtlich nicht.

„Welchen Teil von `geh’ hast du nicht verstanden?“, fauchte Ginny plötzlich und legte ihre frei Hand auf eine von Harrys wutzitternden Händen.

„Aber…“

Harry presste die Kiefer zusammen und hörte schon fast wie seine Zähne knirschten. Er musste sich beruhigen, sie war es nicht wert, dass er seine Beherrschung verlor. Irgendwie war heute alles ein bisschen viel für ihn. Erst die Sache mit Dumbledore, dann der Ausbruch von Remus und irgendwie hatte Malfoy auch schuld daran, dass er sich sein Nerven so zum zerreißen gespannt anfühlten. Und Hermine würde heute der Tropfen sein, der das Fass zu überlaufen brachte, wenn er seine Emotionen nicht endlich wieder unter Kontrolle bekam! Er holte tief Luft und ließ sich von Virginias streichelnder Hand ein wenig friedvoller stimmen. „Irgendwie scheinen wir ein Kommunikationsproblem zu haben, meine liebe, wahrnehmungsselektierte Hermine.“ Er lobte sich selbst, dass in seiner Stimme nur noch ein feiner Hauch von Abneigung lag, „Du scheinst die Informationen, die ich dir zukommen lasse einer strengen Zensur zu unterziehen und nur die Teile herauszufiltern, deren Inhalt einzig und allein mit deinen Wünschen übereinstimmt.“

„Was zum Teufel redest du da eigentlich, Harry?!“, wollte der Bücherwurm aufgebracht wissen und stampfte undamenhaft auf, „Ich will doch lediglich nur, dass du dich mit Ron aussöhnst!“

„Schön, dann eben anderes.“, murrte der Goldjunge, ehe er leise schnaubend aufstand und sich zu seiner vollen Größe vor Hermine aufbaute. Und er wirkte plötzlich gar nicht mehr, wie der kleine Junge von damals. „Hermine,“, begann er und sprach jedes folgende Wort äußerst langsam und auffällig betont aus, „Ich möchte dir mitteilen, dass das, was du mir sagen willst, angekommen ist, und ich es verstanden habe. Und jetzt werde ich dir eine eindeutige, nicht falsch zu interpretierende Antwort geben. Nein!“

Die Leseratte öffnet den Mund, doch diesmal lies sie der Griffindor gar nicht erst zu Wort kommen. „Wenn Ron meine Freundschaft wieder haben will,“, was nicht passieren wird, da ich keinen gesteigerten Wert mehr auf seine Freundschaft legte, fügte er in Gedanken hinzu, „dann soll er zu mir kommen und nicht umgekehrt. Jedes Argument in dieser Hinsicht wird bei mir in Zukunft auf taube Ohren stoßen, also bitte. Bitte! Erzähl das Ron, oder deiner Katze oder meinetwegen auch den Nacktschnecken in den Gewächshäusern. Irgendwen wird’s schon interessieren. Aber bitte nicht mir!“

Hermine sah ihn einen Moment schockiert an, bevor sich ihre Fassungslosigkeit in Wut verwandelte. „Harry James Potter!”, spie sie dem Goldjungen entgegen, „Ich weis nicht, was in dich gefahren ist, aber ich hoffe, dass es sich in absehbarer Zeit wieder legen wird, sonst setzt du nicht nur Rons Freundschaft aufs Spiel, sonder auch meine!“

Harry sah Hermine mit kaltem Blick nach, als sie aus dem Gemeinschaftsraum stürzte und flüsterte zu niemand bestimmten in den Raum: „Du wirst es nicht hören wollen, Hermine. Aber dieses Risiko bin ich bereit einzugehen.“
 

******************
 

Auf hoffentlich baldies Wiedersehen

Chant

My Sorrow

Hallo, da bin ich mal wieder! Die meisten können sich wahrscheinlich gar nicht mehr an mich erinnern aber nach langer zeit hab ich mich endlich mal wieder aufgerafft und weiter geschrieben.

Wenn es euch gefällt hinterlasst mir doch bitte einen kleinen Kommentar und wenn nicht, dann bitte auch. Schließlich bin ich auch konstruktiver Kritik nicht abgeneigt^^. Viel Spaß beim lesen!
 

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« Dann kannst du ja froh sein, wenn ich weg bin »
 

Harry drehte sich auf die andere Seite, wohl zum hundertsten mal in dieser Nacht.
 

« Du solltest aufpassen, Potter. Man könnte ja schon fast meinen, dass du mich nicht hasst. »
 

„Schnauze Goldlöckchen!“, grummelte Harry, nur um sich gleich darauf auf die Lippe zu beißen. Jetzt führte er schon Selbstgespräche, wegen ihm!
 

« Du hast dich verändert. »
 

Der Gryffindor kniff die Augen zusammen, versuchte an etwas anderes zu denken. Den Spruch, den er sich heute beigebracht hatte. Wie war das noch gleich ... Radnus akur de…
 

« .. wenn ich weg bin. »
 

„Arg!!! Malfoy!“, Harry drehte sich auf den Bauch und riss das flauschige Kissen über seinen Kopf, dämpfte damit den kleinen Schrei, der sich in seiner Kehle bildete. Wenn er den Stoff nur hart genug an seine Ohren presste, würde vielleicht auch Malfoys Stimme endlich...
 

« Nachts bin ich meist mit etwas produktiveren beschäftigt, als mit Träumen. »
 

Völlig frustriert stöhnte Harry gegen seine Matratze.
 

« ... weg bin. »
 

Zaghaft zog der Schwarzhaarige das Polster von seinem Gesicht, unter dem er ohnehin schon kaum noch Luft bekommen hatte und fischte unkoordiniert nach seinem Zauberstaub und der Brille. Leise murmelte er einen schwachen Lumoszauber und lugte auf seine Uhr am Nachtkästchen nur um ein weiteres Mal vollends entnervt in die Kissen zurückzusinken.

Halb Zwei Uhr morgens. Montag. Und an Schlaf war seit Stunden nicht einmal zu denken!
 

Sie hatten morgen – heute korrigierte sich Harry erschöpft – Zaubertränke. Doppelstunde! Und was machte er?! Dachte über Malfoy nach, nur weil er seit ihrem letzten, doch etwas merkwürdigen Gespräch am Freitag, wie vom Erdboden verschluckt war.
 

Er konnte ihn noch nicht mal mit der Karte der Rumtreiber suchen, denn diese brachte seit letzten Mittwoch nur noch eine einzige Nachricht, wenn man versuchte sie zu öffnen: „Hogwarts wird aktualisiert. Die Rumtreiber Tatze, Krone, Moony und Wurmschwanz hoffen, dass du nicht gerade in Schwierigkeiten steckst. Leider müssen alle Streiche vertagt werden. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben!“. Was immer das auch zu bedeuten hatte. Fakt war, dass Harry ein Einblick in die Karte nicht mehr möglich war...

Dem Gryffindor war niemals zuvor so bewusst gewesen, wie oft er nach Malfoy Ausschau hielt, ihn versuchte zu beobachten. Sicher, er wollte nur dessen Schwächen ausspionieren. Das war alles!
 

Oder zumindest war es bis vor einiger Zeit noch der Hauptgrund gewesen. Seine jetzigen Motive vermochte Harry nicht mehr wirklich zu deuten...
 

Der Schwarzhaarige ließ seinen Blick ziellos durch den halbdunklen Raum schweifen, verzweifelt auf der Suche nach Ablenkung. Kurz blieb er an der zierlichen Fledermaus hängen, die kopfüber an Hedwigs Stange baumelte, unbeeindruckt von der im Verhältnis riesig wirkenden Schneeeule, die über ihr thronte.
 

Scheinbar immer noch geschwächt durch seine Verletzung, hatte der kleine Blutsauger den kompletten gestrigen Abend schlafend in Harrys Hemd verbracht und sich auch den ganzen Sonntag hindurch herumtragen lassen.

Vor ein paar Stunden hatte die Fledermaus schließlich ihre ersten, zaghaften Schritte, bzw. Flügelschläge in die Freiheit probiert und Harry hatte eigentlich nicht mehr damit gerechnet, dass sie wieder zurückkommen würde.
 

Nun, er hatte sich geirrt. Mit einem kaum erkennbaren, blutverschmierten Schnäuzchen war sie zurückgekehrt, hatte ihren selbst gewählten, neuen Patron mit einem Fiepen begrüßt und dann Hedwigs Stammplatz für sich beansprucht.
 

Und so friedlich die beiden nun auch wirkten, Hedwig war gar nicht begeistert gewesen, Herrchen und Futterplatz mit einem Wesen zu teilen, dass sie im besten Fall als ihren nächsten Mitternachtssnack ansah. Aber ein flehender Blick ihres Besitzers hatte sie schließlich zur Räson gebracht. Inzwischen hatte sich die stolze Eule zumindest zu stillschweigender Ignoranz herabgelassen.
 

Harry verlor sich einen Moment lang in den Anblick ihres im Mondlichts leicht silbern schimmerndem Gefieders. Silbern... Wenn Sonnlicht in Malfoys Haar fiel dann schien es manchmal auch wie...
 

Harry würgte den Gedanken so abrupt ab, wie er gekommen war, widmete seine Aufmerksamkeit hektisch einem anderem Objekt und blieb mit den Augen schließlich zu seiner rechten, am massiv wirkenden Bettpfosten hängen. Wenn er seinen Kopf mit aller Macht dagegen schlug...
 

Er hätte niemals gedacht, dass er jemals an einen Punkt ankommen würde, an dem er Dobby aus dem tiefsten innersten seines Herzens verstehen würde...

Nein, Schlaf hin oder her, die Kopfschmerzen wollte er sich dann doch ersparen... nicht dass er nicht schon welche hatte!
 

Harry lösche das Licht und legte Brille wie Zauberstab auf ihren Platz zurück, einen erneuten Versuch wagend, heute vielleicht doch noch ein paar Minuten Schlaf zu finden. Energisch warf sich der Junge auf die andere Seite, weg von silbernem Gefieder und zog die Deck so hoch, dass nur noch der schwarze Schopf zu sehen war. Er würde nicht mehr über Malfoy nachdenken. Schluss! Aus! Basta!
 

... ... ...
 

« Dann kannst du ja froh sein, wenn ich weg bin »
 

„Ahhhhhhhhh!!!!!!!!!!!!!!“
 

[align type="center"]~ooO@Ooo~[/align]
 


 

Harry hatte eine schauderliche Nacht hinter sich. Nachdem er bis Tagesanbruch nichts bringende Gedanke gewälzt hatte, hatten am Morgen schließlich Erschöpfung und Müdigkeit Überhand gewonnen und er war in einem ohnmachtsähnlichen Schlaf gefallen, mit dem Ergebnis, dass er beinahe das Frühstück verpasst hätte.
 

Geistig noch in seinem Bett, war der Gryffindor die Treppen zur großen Hallen hinunter gestolpert, nicht recht wissend, warum er sich so nervös fühlte, als würde eine schwere Prüfung bei Snape anstehen. Der Grund für sein flatteriges Gefühl im Magen wurde ihm erst bewusst als sein Blick aus reiner Gewohnheit heraus über den Slytherintisch schweifte – und Malfoy zum dritten mal in Folge nicht zum Frühstück erschien.
 

Und jetzt saß er hier neben Ginny und Neville, lustlos und nicht im mindesten hungrig auf seinem Butterbrot herumkauend. Dass ihm der ruhelose Schlaf nicht anzumerken war, verdankte er einzig Virginia, die ihm ohne Fragen zu stellen, einen Stärkungstrank zugeschoben hatte. Manche Nächte waren einfach schlimmer als andere, diese Tatsache gehörte zu Harrys Alltag, auch wenn der blonde Schönling noch niemals Auslöser für eine solche Nacht war...
 

Bei Merlin, warum fiel eigentlich nur ihm auf, dass der Blonde Haarschopf schon viel zu lange untergetaucht war. Natürlich wusste Harry, dass es ihn nicht interessieren, dass er sich eher glücklich schätzen sollte, dass er ein ganzes Wochenende keinerlei Beleidigungen an den Kopf geworfen bekommen hatte, aber nachdem er Stunden wertvollen Schlafs damit verschwendet hatte, über eine Sache nachzudenken, die ihn erstens nichts anging und an der er zweitens nichts ändern konnte, war es wohl nicht mehr zu leugnen, dass er sich von dieser Angelegenheit betroffen fühlte!

Er wusste es doch, was brachte es noch, es länger zu bestreiten. Verdammt, er hatte Angst! Angst davor, dass etwas schreckliches passiert war. Etwas dass nicht mehr rückgängig zu machen war... Etwas...
 

Harry hatte zu viel erlebt in all den Jahren und er war sich nicht sicher, wie viele Fixpunkte er in seinem Leben noch verlieren konnte, ohne selbst blind und orientierungslos zu werden. Und so ungern er es zugab. Malfoy war einer dieser Fixpunkte, ob er ihn nun mochte oder nicht.
 

Aber Hogwarts war doch sicher! Was sollte ihm schon schlimmes zugestoßen sein, außer dass er sich `nen Fingernagel abgebrochen hat, aber...
 

Harry unterbrach sich selbst. Genau das war der Punkt, an dem er nicht weiter kam, solange er nicht wusste, was und ob überhaupt wirklich etwas passiert war. Aber das schlechte Gefühl im Bezug auf den Slytherin Eisprinzen war so überwältigend, so real! Wenn Malfoy nur endlich wieder auftauchen würde! Sobald er ihn wieder sah, würden sich seine ganzen Horrorvorstellungen sicher in Wohlgefallen auflösen!
 

„Harry, gibt es irgendetwas, dass du uns sagen willst, oder ist dein Brot einfach nur ungenießbar?“, fragte Ginny unerwartet und riss den Goldjungen somit aus seinen Gedanken.
 

„Oder versaut dir auch die Aussicht auf zwei Stunden mit Snape in einem Raum die Stimmung?“, warf Neville verzagt lächelnd hinterher.
 

Harry zögerte einen kurzen Moment, aber er hatte nicht wirklich einen Grund, seine Freunde anzulügen. Nicht wegen dem blonden Schnösel...

„Es ist wegen Malfoy. Er ist seit drei Tagen wie vom Erdboden verschluckt.“
 

Neville sah unangenehm berührt auf: „Ob er irgendetwas plant?“
 

Harry zuckte nur unwissend mit den Schultern.
 

„Was auch immer, ich muss jetzt los. Und ihr solltet euch auch in Bewegung setzten, wenn ihr Snape nicht auch noch provozieren wollt.“, Ginny erhob sich und küsste Harrys Wange, „Nicht dass ihr das nicht sowieso tun würdet.“ Grinsend nahm sie ihre Tasche und rauschte gut gelaunt aus der Halle.
 

„Sie hat da nen Punkt, weist du Harry.“, meinte Neville als er ihr nachsah, „Malfoy könnte in Snaps Unterricht Arien singend auf seinem Schreibtisch Stepptanzen, es würde ihn weniger provozieren, als unsere bloße Anwesenheit.“
 

Harry musste schmunzeln, als er sich das bildlich vorstellte. Und plötzlich war er sich sicher, dass seine Sorge unbegründet war, hielt doch nötigenfalls immer noch Snape schützend eine Hand über den Malfoy-Spross. Und auch wenn der Tränkemeister es sich zum Lebensinhalt gemacht hatte, die Beliebtheit einer Stechmücke zu erreichen... jemand beschützen konnte er. Zumindest wenn dieser spezielle Jemand nicht gerade Voldemorts Lieblingsbeute war.
 

„Gehen wir.“
 

[align type="center"]~ooO@Ooo~[/align]
 

Ron und Hermine, die inzwischen dazu übergegangen war, ihn mit Desinteresse zu strafen – Merlin sei’s gedankt! – konnte Harry schon von weitem sehen. Der Unterricht begann erst in wenigen Minuten und wie jeden Montag morgen war das Tränkeklassenzimmer noch abgeschlossen. Eine Schülertraube hatte sich um die Tür gebildet und Harry konnte den braunen Schopf von Hermine erkenne, wie sie sich auf die Zehenspitzen stellte und offensichtlich versuchte, über die anderen Gryffindors hinweg zu sehen. Ron, groß und schlaksig wie er war, und noch immer bemüht Koordination in seine unproportionalen Gliedmaßen zu bekommen, hatte damit offensichtlich keine Probleme.
 

„Man, Malfoy sieht ja sonst schon scheiße aus, aber heute übertrifft er sich wirklich!“
 

Die gehässige Stimme des Rotschopfs wehte dem Goldjungen entgegen und er spürte, wie eine gewaltige Anspannung aus seinem Körper wich, von der er vorher nicht gewusst hatte, dass sie überhaupt da war. Aber Malfoy war noch da. Er hatte die Schule nicht verlassen. Alles andere konnte nur noch halb so schlimm sein...
 

„Ich finde er sieht krank aus. Snape wird ihn sicher gleich zu Miss Pomfrey schicken. Jede andere Entscheidung wäre unverantwortlich!“
 

Harry Gelassenheit schwankte bedrohlich, als er Hermines Worte hörte und er trat einen Schritt schneller auf die Gruppe zu.
 

„Vielleicht will die ihn nicht mehr behandeln. So einen Möchtegern Todesser würd ich auch nicht helfen. Vielleicht haben wir ja Glück. Wenn das Frettchen in Snapes Unterricht den Löffel abgibt, dann fliegt die hässliche Fledermaus bestimmt von der Schule und wir sind beide mit einem Schlag los!“
 

„Ron!“
 

Harry nahm Hermines tadelnde Antwort kaum mehr zu Kenntnis, als er, dicht gefolgt von Neville, an den beiden vorbei eilte und sich durch die Menge drängelte um sich einen freien Blick auf Malfoy zu verschafften.
 

„Malfoy sieht wirklich nicht gesund aus.“, raunte ihm Neville von der Seite zu, doch der erstarrte Goldjunge war im Augenblick nicht in der Lage zu antworten.
 

Nicht gesund. Nicht gesund?! Im Gegensatz zu Malfoy war der fast kopflose Nick ja praktisch die Lebendigkeit in Person...
 

Wie alle anderen Schüler wartete auch Malfoy auf die Ankunft von Snape, doch heute erinnerte nichts, aber auch gar nichts, an das sonst so vollendete, vor Arroganz nur so triefende Auftreten des Slytherins.

Der Umhang des Blonden hing nur unzureichend geschlossen über seinen Schultern und die für gewöhnlich auffallend akkurat gebunden Krawatte fehlte ganz. Sogar seine Haare, die normalerweise streng nach hinten gekämmt waren und bei denen man meinen konnte, jede einzelne Strähne wäre nummeriert worden und genau auf ihren platz geklebt, fielen ihm heute lose und nachlässig ins Gesicht.
 

Schlimmer jedoch war der Anblick seiner Haut, die, schon von Natur aus fast unnormal blass, nun wirklich kalkweiß wirkte. Halbgeschlossene Lider lagen über blutunterlaufenen, erschreckend trüben Augen und wurden von den tiefen Schatten darunter noch zusätzlich betont.
 

Harry aufgewühlter Blick glitt ein wenig tiefer und blieb an Malfoys leicht geöffnetem Mund hängen. Spröde, leise bebende Lippen ließen nur flachen und unregelmäßigen Atem entweichen, gelegentlich von einem unangenehm kratzigen Husten unterbrochen.
 

Und wo sonst perfekt manikürte Hände sein aristokratisches Auftreten noch unterstrichen, zeichneten sich nun bläuliche Adern sichtbar unter der wie Pergament wirkenden Haut ab. Eine dieser Hände war nichts tuend zur Faust geballt, die andere lag abgestützt auf der Schulter eines Schülers, den der Goldjunge als Blaise Zabini identifizierte.
 

Der schwarzhaarige Slytherin trug für beide die Schultaschen und war nach Harrys Meinung der einzige Grund, warum Malfoy überhaupt noch aufrecht und auf seinen eigenen Beinen stehen konnte.
 

Der Goldjunge war nicht erschrocken über die Verfassung des Blonden, er war erschüttert und fühlte sich in jeder verdammten Horrorvorstellung seines Geistes bestätigt!
 

Und das Verhalten seiner Mitschüler machte es für Harry auch nicht besser.

Die Gryffinors lästerten fröhlich und völlig unverblümt über den Zustand des Blonden und die Slytherins – sonst jeden Grund nutzend, gegen das Haus der Löwen anzugehen – taten prinzipiell das Selbe, wenn gleich nicht ganz so unverhohlen.
 

Selten waren sich Gryffindor und Slytherin so einig gewesen und der Eisprinz war definitiv noch nie der Grund dieser Eintracht gewesen.

Und Malfoy, der Draco Lucius Malfoy, der seine Mitschüler schon bei einem schiefen Blick in ihre Schranken wies, starrte lediglich mit gesenkten Liedern auf den Boden, scheinbar alles um sich herum ignorierend.
 

Für Harry gab es nur zwei Erklärung. Entweder wollte Malfoy nicht eingreifen, weil dass hier genau so war, wie er es haben wollte und es zu irgend einem ausgefeilten, perfiden und infamem Plan gehörte, oder – und das war wesentlich realistischer – er hatte nicht mehr die Kraft dazu. Der Schwarzhaarige fühlte sich einfach nur unglaublich besorgt.
 

„Du musst dir keine Gedanken machen. Da hinten kommt schon Snape und er wird Malfoy sicher sofort auf die Krankenstation schicken.“
 

Harry blinzelte irritiert zu Neville und sah dann auf dessen Hand, die an seinem Ärmel gezupft hatte. Meine Güte! War es denn so offensichtlich, was er dachte? Der Gryffindor schluckte einmal fest und zwang sein Gesicht wieder zu ruhiger Ausdruckslosigkeit, auch wenn er an einem Lächeln scheiterte.
 

Zum Glück hatte Malfoy momentan alle Aufmerksamkeit für sich gepachtet – auch wenn er das ausnahmsweise wohl gar nicht wollte – sonst hätte es sicher noch mehr Gerede gegeben.
 

Harry hatte zwar das deutliche Gefühl, dass Neville darüber verwirrt war, dass ausgerechnet er nicht über den Zustand des Blonden spottete, aber bevor der andere etwas fragen konnte, war auch schon der Tränkemeister bei seiner Klasse angekommen und einen kurzen Zeitraum lang verstummten alle Gespräche.
 

Snapes patentierter Todesblick glitt über die Schülermenge, aber anstatt seinen Lieblings Slytherin sofort auf die Krankenstation zu bringen und nach dem Schuldigen für dessen Zustand zu fahnden (vorzugsweise ein Gryffindor), blieb sein Blick nur einen winzigen Moment länger an dem Blonden heften, bevor er sich zur Tür umdrehte und sie aufschloss.
 

Verdatterte Schüler sahen ihm hinterher. Konnten nicht verstehen, dass der Lehrer nichts tat, ja noch nicht einmal etwas dazu zu sagen hatte. Nur eins wusste alle im selben Moment. Snape hatte verteufelt schlechte Laune.

Schon jetzt völlig entnervt scheuchte der Tränkemeister die tuschelnden Kinder ins Klassenzimmer und Malfoy wankte, schwer auf Zabini gestützt und unter den neugierigen und höhnenden Blicken seiner Mitschüler zu seiner Bank.
 

Harry merkte besonders beunruhigt , wie langsam und vorsichtig sich sein Erzrivale niederließ.
 

Und der Geräuschpegel schwoll wieder an. Leiser, als es in jedem anderen Unterricht der Fall gewesen wäre, aber lauter, als es bei Snape wohl jemals war und sorgte dafür, das die Laune des Lehrers von ohnehin schon grottenschlecht noch weiter in unbekannte und lebensgefährliche Tiefen sank.
 

Das Murmeln und Wispern schien gar nicht mehr aufhören zu wollen. Erst als Snapes Stimme – schon fast klirrend vor Kälte – durch den Raum schnitt, kehrte Stille ein.
 

„[style type="italic"]Ruhe jetzt[/style]! Wo sie sich doch heute alle so mitteilungsbedürftig fühlen, wird es sicher niemandem von ihnen schwer fallen mir zu sagen in welchen Tränken Nockenwurz, verarbeitet mit der Trockenschnitt Methode nach Luranakus, Verwendung findet.“ Snapes süffisanter Tonfall bezeugte eindeutig, was er wirklich von seinen Schülern und deren Intelligenz hielt und eigentlich hatte der Blick des Lehrers, bereits auf dem abwesenden Gesicht Potters gelegen, als Ron tatsächlich wagte, Hermine etwas zuzuflüstern, „Weasley!“
 

Der rote Schopf ruckte nach oben. „Ja?“
 

„Eine Antwort, sofort!“
 

„Aber...“
 

„Nockenwurz, nach diesem Verfahren bearbeitet, wird lediglich in einfachen Schlaftränken wie Aruktin und Mondschwärze verwendet. Und 25 Punkte Abzug von Gryffindor für unerlaubtes Geschwätz!“ Bestimmte Snape mit ätzender Stimme und wand sich mit eindrucksvoll aufbauschenden Roben wieder der Tafel zu.
 

Weasleys dilettantischem Versuch ihn mit Blicken zu erdolchen, schenkte niemand Beachtung. „Wir beginnen heute mit einem Trank, der Toter Atem genant wird. Er dient dazu Kreislauf, Herzschlag so wie Lungenfunktion aufrecht zu erhalten, selbst wenn der Körper durch Flüche, Gifte oder andere äußere Einflüsse nicht mehr in der Lage ist aus eigener Kraft heraus zu funktionieren. Wer kann mir sagen, welche Langzeitschäden dieses Mittel...“
 

Aber Harry hörte kaum, was Snape ihnen zu erklären versuchte, statt dessen klebte sein Blick auf Malfoys Rücken, während er sich sein Hirn zermarterte, was hier eigentlich los war.
 

Nicht nur, dass Draco in einem Zustand war, der auf Harry definitiv lebensbedrohlich wirkte – schön, vielleicht ging seine Phantasie etwas mit ihm durch, aber gesund war Malfoy nicht! – das viel größere Mysterium lag für Harry an dem Fakt, dass der Eisprinz gewusst hatte, dass etwas passieren würde und zwar schon seit längerem. Aber hatte er gewusst, dass er danach in dieser Verfassung war? Und wenn ja, warum hatte er es nicht verhindert? Konnte er es nicht verhindern? Und warum in drei Teufelsnamen unternahm Snape nichts. Schön, Snape war ein menschenverachtendes Subjekt, aber es handelte sich hier um Malfoy, Himmel, Arsch und Zwirn! Und überhaupt, die übergroße Fledermaus schien nicht mal stutzig geworden zu sein. Na gut, der Tränkemeister war ein Spion und zeigte für gewöhnlich außer Hass keine Emotionen, aber er war nicht mal ein winzig kleines Bisschen überrascht. Und zu mutmaßen, Snape hätte Malfoys Zustand nicht bemerkt, dazu reichte selbst Harrys blühende Phantasie nicht aus.

Und was außerdem so gar nicht verständlich war. Warum war Malfoy nicht selbst zur Krankenstation gegangen? Er konnte doch nicht wirklich so anmaßend sein und glauben, dass – was immer er auch hatte – würde sich von allein wieder in Wohlgefallen auflösen. Oder gab es einen triftigen Grund, warum er sich nicht untersuchen lassen wollte?
 

Harry stellten sich plötzlich die Nackenhaare auf. Für ihn selbst gab es da nur einen einzigen Grund, aber das konnte doch nicht...
 

„Mister Potter.“
 

Während Neville bei dieser Stimmlage sofort das Blut in den Adern gefror, braucht sein Tischnachbar einen Moment um zu erkennen, dass ihn überhaupt jemand angesprochen hatte. Tatsächlich hatte er es nur bemerkt weil sich Snapes Körper plötzlich zwischen seinen sezierenden Blick und Malfoys Rücken geschoben hatte.
 

„Obgleich ich Ihre Bemühung begrüße würde, wenigstens einmal in der Woche, meinen Kessel in seinem Urzustand zu belassen, anstatt ihn zu schmelzen, in die Luft zu jagen, oder ihn in seine Moleküle aufzuspalten, kann ich es nicht zulassen, dass Sie diese Meisterleistung vollbringen, [style type="italic"]in dem Sie gar nicht erst zu brauen beginnen[/style]!“
 

Verwirrt und ein wenig desorientiert wanderte Harrys Blick widerstrebend die schwarze, verschlossene Robe Knopf für Knopf nach oben, weiter über das blasse, bartlose Kind, hinweg über die markante Nase nur um sich dem Versuch ausgesetzt zu sehen, von zwei Onyxen ins Jenseits gestarrt zu werden. Hatte er diesen Blick wirklich einmal gefürchtet? Ach ja, und was wollte der Mann gleich noch mal von ihm?
 

Harry blinzelte zerstreut und ein geistreiches „Was?“ entschlüpfte seinem Mund.
 

Snape knurrte leise und beugte sich herab bis er mit diesem impertinenten Schüler auf Augenhöhe war. „HOLEN SIE IHRE SACHEN ODER IST IHNEN BEI IHRER LETZTEN GRANDIOSEN RETTUNGSAKTION AUCH NOCH DER KLÄGLICHE REST VERSTAND VERLOREN GEGANGEN, DER SICH BISHER SO GUT VOR MIR VERSTECKT HAT?! UND AUSSERDEM 30 PUNKTE ABZUG WEGEN ARBEITSVERWEIGERUNG!“
 

„Ja, Sir.“, presste Harry mit zusammen gebissenen Zähnen und klingelnden Ohren hervor. Boshaftes Kichern folgte ihm, als er hastig aufstand und sich als letzter von allen die Zutaten für seinen Trank holen wollte. Erst als er an der Tür zum Vorratsschränkchen angekommen war, fiel ihm auf, dass er nicht wusste, welche Substanzen er benötigte. Unter Snaps bestem Todesblick und mit dem spöttischen Getuschel der Schüler im Rücken schlich er auf seinen Platzt zurück und ließ sich von Neville die Liste geben.
 

Nachdem er endlich alles beisammen hatte, machte er sich daran den Trank aufzusetzen, aber war er sonst schon wenig motiviert, fehlte ihm heute jeder nur mögliche Konzentration.
 

Die Klasse arbeiteten einige Zeit ruhig dahin und Harrys Augen schlichen sich immer wieder zu Malfoy. Die Hände des Blonden die Zutaten für gewöhnlich mit der Präzision eines Gehirnschirurgen bearbeiteten, zitterten stark und Zabini musste ihm mehr als nur einmal auffällig zur Hand gehen. Aber Snape überging diese Sachverhalt gekonnt, stattdessen...
 

„Mister Weasley, was denken Sie,“, das abfällige Schnauben des Tränkemeisters war durch den ganzen Raum zu hören „wenn sie dieser Fähigkeit überhaupt mächtig sind, was ihre Aufgabe in meinem Unterricht ist?“
 

Hermine war blass geworden, während Ron sehr... irritiert von dieser Frage wirkte: „ähm... Brauen?“
 

„Hervorragend, sie haben es bemerkt. Und wie erklären sie mir dann, warum Miss Granger gerade dabei ist, [style type="italic"]ihre[/style] Zutaten vorzubereiten?“
 

„Ich habe nur...“, Hermine wollte die Situation entschärfen.
 

„Aber Malfoy...“, versuchte Ron sich gleichzeitig zu rechtfertigen.
 

„Schweigen sie! Beide! Ihr Anwesenheit zu ertragen reicht mir völlig, langweilen sie mich nicht auch noch mir ihrer Inkompetenz! Und 30 Punkte Abzug für jeden von ihnen.“
 

Snape hatte sich bereits mit wehenden Roben umgedreht, um Potter eine ähnliche Abfuhr zu verpassen, als Ron unerwartet aufsprang, so dass sein Stuhl polternd zu Boden krachte und etwas tat, dass Neville zu dem Schluss brachte, dass der Rotschopf nicht nur grenzdebil war, sondern gehirntot...
 

„Und was denken Sie, was Malfoy und sein Handlanger da gerade machen? Was ist mit ihm! Der lässt sich auch helfen und das so offensichtlich...“
 

„Ron!“, zischte Hermine, aber das schien den wütenden Gryffindor eher noch mehr in Rage zu bringen, als zu beruhigen...
 

„...dass ... dass... es einem blinden mit Krückstock auffallen würde. Aber sie sind ja Blind und Taub, sie ... sie ..."
 

„RON!!!“
 

„ parteiisches Arschloch!“
 

Grabesstille folgte diesem Ausrufe, nur unterbrochen vom Knistern der Feuerstellen und dem blubbernden Geräusch der erhitzten Flüssigkeiten.

Snape schien mehrmals tief einzuatmen um nicht etwas wirklich, wirklich Schwerwiegendes zu verbrechen, aber statt Ron einen Gehörsturz zu verschaffen, zucken seine Mundwinkel plötzlich minimal nach oben. Jetzt hatten sogar die Slytherins Angst...
 

„Nun Mister Weasley, ich sollte sie davon in Kenntnis setzten,“, fing der Tränkemeister mit seidiger Stimme an, „dass ich [style type="italic"]nicht[/style] taub bin!“
 

Es war erstaunlich das Gryffindor nach diesem Tag überhaupt noch Punkte hatte...
 

... so zwei oder drei...

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Vielen Dank für eure Kommies^^ Ihr seid die Besten^^

Jetzt aber viel Spaß beim nächsten Kapitel!
 

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„Oh man, den Pokal können wir dieses Jahr echt vergessen!“ Dean Thomas verärgerter Ausruf hallte von den steinernen Wänden wieder und traf auf fünf andere Jungendlich aus seinem Jahrgang, die dem nur zustimmen konnten. Sie konnten von Glück reden, dass sie bisher genug Punkte gesammelt hatten, um nicht im Minus zu landen.
 

Auch Harry nickte beipflichtend, obwohl ihm der Verlust das Hauspokals... nun ja... nur peripher tangierte. Was soviel bedeutete, dass es ihm schlicht am Hintern vorbei ging. Und er musste sich auch eingestehen, dass er ein ganz kleines bisschen erheitert gewesen war, als der Tränkemeister den verängstigten Rotschopf – der schließlich doch noch realisiert hatte, was und vor allem wem er da gerade ins Gesicht gebrüllt hatte – geschlagene 15 Minuten verbal auf kleines Häufchen Elend reduzierte.
 

Und was er ihm so alles an den Kopf geschmissen hatte, da wurden einigen Gryffindors sogar jetzt noch die Ohren rot. Der Mann konnte wirklich kreativ sein, wenn er es drauf anlegte...
 

Seamus Finnigan, der sich wie viele andere, bisher nur mit beinahe ekelhafter Begeisterung über Malfoys Zustand ausgelassen hatte – vermutlich in der unerfüllten Hoffnung, sich von Weaslays Eskapaden abzulenken – seufzte herzerweichend und verschränkte lässig die Arme hinter seinem kurz geschorenem roten Haar „Wir wissen ja, dass Ronni-Wonni in letzter Zeit gereizt ist... wirklich gereizt...“
 

„Gereizt?“, Dean schnaubte empört, „Er hat Ähnlichkeit mit einem ständig brodelnden Vulkan!“
 

„... aber dass er sich bei Snape so gehen lässt ist... Soviel Dummheit muss doch schon weh tun!“
 

Ein paar schnelle Schritte später hatte Thomas den Goldjungen von Gryffindor eingeholt und warf ihm von der Seite einen fragenden Blick zu: „Echt Harry, was ist denn momentan mit dem los? Wenn dass an eurem lächerlichen Dauerklinsch liegt, solltest du es vielleicht wieder einrenken.“
 

„Nicht dass es jetzt noch viel nützen würde...“, unterbrach ihn Seamus schon fast wieder amüsiert und sprang leichtfüßig über die verborgene Trickstufe um auch die letzte Treppe zu Trelawneys Turm hinter sich zu lassen.
 

Der-Junge-der-Lebt reagierte aber nicht, stattdessen war es Neville, der ärgerlich Luft durch die Nase ausstieß, während er seine herabrutschende Tasche wieder zurück auf seine Schulter zog „Willst du damit etwa sagen, dass Harry an der ganzen Sache schuld hat?!“, der sonst so schüchterne Gryffindor fixierte Thomas mit ungewohnt stechenden Augen, „Er kann ja wohl am allerwenigsten etwas für Rons Idiotie gepaart mit Todessehnsucht!“
 

„Hab ich auch nicht behauptet.“, lenkte Dean schnell ein und hob beschwichtigend die Hände, ehrlich verdattert über Nevilles aggressives Fauchen, „Aber wenn ich Ron in die Finger kriege kann er was erleben.“
 

Nun, dass war das einzige Glück, dass Ron jetzt noch hatte. Oder auch nicht, je nachdem, wie man es sah... Denn eigentlich hätte er jetzt mit den anderen auch auf dem Weg zum Wahrsage Unterricht sein müssen.
 

Aber Snape hatte den immer wieder rot und bleich werdenden Weaslay-Nachwuchs nach seiner Schimpftriade am Kragen gepackt und hinausgezerrt. Mit den selbstgefälligen Worten: „Hat sonst noch jemand das Bedürfnis, sich mir mitzuteilen?“, war er schließlich im Türrahmen kurz stehen geblieben. Der mucksmäuschenstille Raum war Antwort genug gewesen und Snape hatte nur noch schnell mit dem Zauberstab gewedelt, um sämtliche Gebräue der Schüler zu entsorgen. Und alle waren froh darüber, denn statt auf ihre Tränke zu achten, hatte jeder einzelne sich lieber Weasleys psychischer Hinrichtung gewidmet. Außer Harry, der hatte es vorgezogen Löcher in Malfoys Hinterkopf zu starren.
 

Auf jeden Fall, seitdem ward Ron nicht mehr gesehen...
 

„Ich denke, da bist du nicht der einzige.“, stimmte Seamus Dean zu und klopfte diesem kumpelhaft auf die Schulter „Und ich hoffe für ihn, dass er sich ein paar sehr überzeugende Argument einfallen lässt.“
 

„Ich glaube es hatte was mit Hermine zu tun.“, kam es unerwartet aus dem Hintergrund.
 

Ein paar überraschte Blicke trafen auf Parvati Patil, die mit nachdenklicher Mine neben Lavender Brown hinter den Jungs hermarschierte.
 

„Wieso?“, fragte Finnigan neugierig, als Parvati nicht fort fuhr und drehte sich um, rückwärts weitergehend, während Neville und Dean sie über die Schulter hinweg ansahen.
 

Die hübsche Dunkelhaarige sah auf, schwelgte einen Moment in der seltenen Aufmerksamkeit, um sich schließlich verschwörerische nach vorn zu beugen und die Ungeduld der anderen damit noch mehr anzustacheln. „Na ja, ich sitz ja direkt hinter den zweien... Jedenfalls,“, sie stoppte kurz und senkte die Stimme, als würde sie ein Staatsgeheimnis offenbaren, „irgendetwas muss unser Bücherwurm ganz am Anfang der Stunde zu Ron gesagt haben, ich glaub gleich nachdem Snape Weasley das erste Mal Punkte abgezogen hatte, denn danach war die Stimmung zwischen den zwei ziemlich gereizt. Ron hat mehrmals versucht mit Hermine zu reden, aber die hat immer abgeblockt und er hat nebenbei seinen Trank versaut und scheinbar wollte sie ihm dann doch helfen und genau dann ist natürlich Snape aufgetaucht.“
 

„Und?“, drängte Thomas, als das Mädchen aufhörte zu berichten.
 

Doch diese zuckte nur mit den Schultern, strich sich einige herab fallende Strähnen zurück und antwortete mit normaler Tonlage: „Nichts und. Warum Ron daraufhin so austickt ist, würd mich auch interessieren.“
 

Dean verdrehte die Augen, was ungefähr so viel hieß wie „Mädchen.“, während Seamus nur mit den Achseln zuckte und seinen weiblichen Mitschülern wieder den Rücken zudrehte: „Kannst ihn später ja fragen. Zumindest wenn die anderen noch was von ihm übrig gelassen haben.“
 

„Wenn du ihn wieder siehst. Snape hat so komisch gegrinst. Vielleicht lässt er ihn von der Schule schmeißen?“ gab Lavender nun doch etwas besorgt zu bedenken.
 

Der Ire schüttelte allerdings nur den Kopf. „Ich denke nicht, dass es für einen Schulverweis reicht. Außerdem hätte er Ron ja sonst auch keine vier Monate Strafarbeit geben können...“
 

„Das einzig gute ist, dass wir keine Hausaufgaben aufbekommen haben!“, seufzte Neville und schaute noch einmal unauffällig zu Harry. Er machte sich Sorgen um den Goldjungen, da der andere schon die ganze Zeit über so still war und auch sonst ein recht merkwürdiges Verhalten an den Tag legte, vor allem im Bezug auf den Eisprinzen.
 

Der Goldjunge jedoch bemerkte nichts von Neville unruhigen Gedanken, ihm gingen ganz andere Dinge durch den Kopf...
 

Denn Malfoy, ausgerechnet Malfoy hatte auf die Sache mit Ron nicht reagiert. Diese Tatsache beunruhigte Harry fast noch mehr als das leidende Aussehen des Slytherins. Inzwischen kannte er den blonden Jungen beinahe besser als alle seine Freunde zusammen und Malfoy hätte sich nie, absolut niemals, eine Demütigung, wie sie Ron heute einstecken musste, entgehen lassen, wenn nicht...
 

Es war keine verdrehtes Spiel, der Eisprinz musste ernsthaft krank sein. Es gab keine andere Erklärung! Und damit tauchten auch wieder all die lästigen Fragen in Harrys Schädel auf, doch er konnte einfach keine davon beantworten. Wollte einige davon vielleicht nicht einmal wirklich wissen. Aber die haltlosen Spekulationen, in die er sich momentan verstrickte, gaben so wenig Aufschluss über die tatsächlichen Ereignisse, wie die wild brodelnde Gerüchteküche Hogwarts.
 

Malfoy hatte gewusst, dass etwas geschehen würde und es war passiert, obwohl sich der Slytherin innerhalb des sichersten Gebäudes ganz Englands aufgehalten hatte. Zumindest laut Dumbledore. Aber dem senilen Würdenträger glaubte Harry ohne hin kein Wort mehr. Trotzdem wäre es von Vorteil zu wissen, ob und in wie weit der Direktor in diese Sache involviert war, nicht zuletzt um den manipulierenden Bastard in Zukunft besser einschätzen zu können. Abgesehen davon gab es da immer noch Snape, der ebenfalls in einer Verbindung zu Malfoy stand, die der Goldjunge noch nicht genau einordnen konnte. Und der Giftmischer hatte die Möglichkeit schnell und unbemerkt von Hogwarts zu verschwinden, er tat es immer, um rechtzeitig auf Voldemorts Versammlungen eintreffen zu können. Ein Umstand, den Harry durch einige unbedachte Worte von Hagrid erfahren hatte. Letztendlich hieß dies jedoch, dass Malfoy das Schloss womöglich sogar verlassen hatte... und das wiederum bedeutete auch, dass die Möglichkeit bestand, dass inzwischen eine hässliches Bildchen des Eisprinzen linken Unterarm zierte. Wenn es nicht schon vorher der Fall gewesen war...
 

Harry schüttelte innerlich jäh den Kopf. Auch wenn alles an Malfoy geradezu danach schrie ein Todesser zu sein. Der Gryffindor konnte es sich einfach nicht vorstellen! Er wollte es sich nicht vorstellen! Und ganz bestimmt wollte Harry auch nicht wissen, wieso er inzwischen so positiv über Malfoy dachte. Warum er beim Gedanken an den Blonden keinen Zorn mehr in sich fand, obwohl der so vieles einfacher gemacht hätte... Aber seit Anfang des Jahres war da nur noch ein wages Gefühl der Freude, wenn er an ihre Streitgespräche dachte, oder einfach daran, was für eine unerschütterliche Konstante Malfoy inzwischen für ihn darstellte. Und seit diesem Wochenende war da zu all den unerwünschten Empfindungen noch ein starkes Gefühl der Unruhe hinzugekommen. Zu Harrys eigenem Entsetzen mehr Sorge als Misstrauen. Der-Junge-der-Lebt war nicht erpicht darauf zu erfahren, woher diese Empfindungen kamen, oder noch schlimmer, wohin sie ihn führen würden, weil er wusste, dass sich diese Dinge jenseits seiner Kontrolle bewegten. Die einzige Kontrolle, der Harry jetzt noch habhaft werden konnte – zumindest was den blonden Slytherin anging – war dessen körperliche Verfassung. Und zu diesem Zweck brauchte Harry Antworten! Und es machte ihn nahezu Wahnsinnig, dass er sich unentwegt im Kreis drehte!
 

Abgesehen davon, hatte der Goldjungen beim Verlassen des Tränkeklassenzimmers noch etwas beobachtet das so gar nicht in das Konzept passte, dass er sich von Zabini und Malfoy in den letzten Jahren gemacht hatte. Zumindest das was die beiden im allgemeinen der Öffentlichkeit präsentierten, wirkte distanziert und wenig vertraut, aber heute...
 

Als sich nach Snapes Abgang alle anderen Schüler erhoben hatten, um den nächsten Unterricht aufzusuchen, war der silberhaarige Slytherin sitzen geblieben. Völlig unbewegt, mit starrem Blick. Harry – in dem verzweifelten Versuch, doch noch Licht in die Angelegenheit mit Malfoy zu bringen – reinigte seine Messer und die Waage an diesem Tag mit besonderer Gründlichkeit und schickte Neville schon mal vor. Schließlich waren der Eisprinz, sein Anhängsel und der Goldjunge die letzten im Klassenzimmer. Harry hatte noch beobachten können, wie Zabini die Schultaschen der beiden zusammen gepackt und ihre Utensilien weg geräumt hatte. Zu gern hätte der Gryffindor noch einen Moment länger verweilt, aber wenn er noch mehr Zeit für das Verstauen seiner Unterlagen gebraucht hätte, wäre es auffällig geworden und so war er den anderen Jungen eilig nach draußen gefolgt. Zu letzt, gerade als er sich in der Tür noch einmal umgedrehte, sah Harry wie Zabini in einer fast zärtlichen Geste eine Hand auf Malfoys Schulter legte, sich zu seinem Ohr hinunter beugte und ihm etwas zuflüsterte. Der Gryffindor wusste nicht genau was es war, aber etwas an dieser Szene hatte ihn dazu gebracht beinahe fluchtartig den Raum verlassen. Und einen winzigen Moment lang hatte er sich gefühlt, als hätte er etwas verbotenes, etwas... intimes beobachtet, das nicht für seine Augen bestimmt war... und sein Magen hatte sich einen Moment lang krampfhaft zusammengezogen.
 

Inzwischen hatte Harry dieses merkwürdige Gefühl jedoch verdrängt und abgeschüttelt und fragte sich nur noch, ob Malfoy endlich auf der Krankenstation war oder sich tatsächlich noch mit Hermine durch Aritmatik quälte.

Die Gedanken des Schwarzhaarigen wurden abrupt unterbrochen, als sie vor der wacklig aussehenden Leiter ankamen, die in den Turm zu Trelawney hinaufführte.
 

Neville folgen wollend, hob Harry eine Hand um sich an der ersten Sprosse fest zuhalten und erstarrte einen Augenblick lang, als er die tiefen, beinahe blutigen Halbmonde in seiner Handfläche bemerkte. Er hatte in Grübeleien versunken nicht einmal bemerkt, dass er die Hände geballt hatte, ganz zu schweigen von der verwendeten Kraft, von der die Zeichen in seiner Haut Zeugnis gaben. Wirklich, er musste sich endlich zusammen reißen, es konnte – es durfte! – nicht sein, dass Malfoy solchen Einfluss auf ihn hatte! Innerlich schüttelte Harry einmal ganz hart den Kopf, um jeden lästigen Gedanken an den Slytherin los zu werden und erklomm mit beinah aggressiven Bewegungen die Leiter.
 

Der Gryffindor hatte kaum die unhandliche Falltür hinter sich gelassen, als ihm der beißende Geruch diverser, verbrannter Kräuter entgegenschlug. Sofort fühlte sich sein Hals kratzig und staubtrocken an und seine Augen begannen unangenehm zu jucken. Die Luft war so dick, dass man sie mit einem Messer hätte schneiden können und Harry wusste beim besten Willen nicht, wie er die nächsten zwei Stunden hier verbringen sollte.
 

Noch dazu waren sie fast 10 Minuten zu früh und von den Ravenclaws und der verdrehten Lehrerin fehlte noch jede Spur.
 

Zielstrebig suchte sich der Goldjunge einen Platz am Fenster, dass sich zu seiner maßlosen Erleichterung einen Spalt breit öffnen ließ und nahm erst einmal einen tiefen Zug frischen Sauerstoffs in sich auf, bevor er sich auf eins der dunkelroten Kissen sinken ließ.

„Ich wünschte ehrlich, dieser fortgeschrittenen Kurs wäre zusammengekommen. Dann hatten wir Zaubertränke abwählen können.“, murmelte Neville, als er sich zu dem Schwarzhaarigen gesellte und argwöhnisch das schmale Holzbrett inspizierte, das jeweils in Paaren auf allen Tischen verteil war und auf dem ein Kreis mit einem Kreuz dazwischen eingeritzt war.
 

Harry nickte und nahm die Brille ab, um sich über seine brennenden Augen zu reiben.
 

Nun, wo Neville recht hatte... Fakt war nämlich, dass Snape so vielen Schülern kein O geben wollte, dass die mindest Anzahl von 5 Personen für einen Klasse nicht zusammengekommen war. Da Sapes Ergebnisse von den der anderen Lehrern und der Prüfungskommission so derart meilenweit abwichen, wurden seine Angaben schließlich annulliert. Es hätte genug gegeben, die diese Fach samt zuständigen Lehrer liebend gern abgehakt und die Erinnerung daran in einem unzugänglichen Winkel ihres Gedächtnisses begraben hätten, aber es gab auch einige, die es für ihre Zukunftspläne benötigten. Der Tränkemeister weigerte sie jedoch einfach nur Leute in seinen Kurs aufzunehmen, weil diese es eben gern wollten. Etwas angenervt über Snapes unkooperatives Verhalten hatte der Abgeordnete des Ministeriums schließlich beschlossen, dass es das Beste wäre, wenn man Fächer überhaupt erst in der siebten Klasse abwählen konnte. So war es nur noch den Abschlussjahrgängen vorbehalten, Leben und Punktestand vor der dunklen Bedrohung namens Snape zu schützen. Unnötig zu erwähnen, dass der Giftmischer wenig begeistert von dieser Entscheidung war – ebenso wie die Schüler. Ach ja und das war auch der Grund warum sich ein stöhnender und unwilliger Haufen von Sechstklässler (mit nicht erwähnenswerten Ausnahmen) in den Wahrsage Turm geschleppt hatte... Auch ein Fach, das viele gern abgewählt hätten...
 

„Solche Idioten, echt, ich hätte mich dieses Jahr wirklich gern auf meine Hauptfächer konzentriert!“, bekräftigte Dean Nevilles zufällig mitbekommenen Kommentar und platzierte sich einen Tisch hinter ihnen.
 

„Und ich hätte gern Wahrsagen abgewählt.“, stimmte Harry zu, während er die Luke beobachtete, durch die nun immer mehr Ravenclaws eintrudelten.
 

Neville wollte noch etwas sagen, als sich plötzlich ein Schemen in den Rauchwolken abzeichnete und sich schließlich die Gestallt der Professorin aus dem Nebel schälte.
 

„Meine Lieben.“, Trelawneys bemüht rauchige Stimme war etwas, dass Harrys Nerven übermäßig beanspruchte. „Mein inneres Auge, hat mir heute in den frühen Morgenstunden offenbart, dass wir uns an diesem Tag einem neuen Kapitel der hohen Kunst des Wahrsagens zuwenden werden.“
 

„Wahrscheinlich hat ihr inneres Auge auf den Lehrplan gekuckt.“, frotzelte Seamus erstickt und erntete dafür allgemeine Erheiterung.
 

Die Professorin sandte ihm einen angesäuerten Blick, bevor sie weiter in den Raum tänzelte. „Heute widmen wir uns der faszinierenden Kunst des...“, Trelawney legte eine bühnengerechte Pause ein und zog mit einer ebenso dramatisch wie lächerlichen Geste ein dunkelviolettes Tuch von einem Tischchen gleich zu ihrer linken. „Pendelns!“
 

Die entzückten Ausrufe der Zwillinge konnten nur die Wenigsten nachvollziehen...
 

Über dem Tisch schwebte eine dünne Metallstange in der horizontalen, an der ca. 30 bis 40 Stück identische Pendel hingen. Kleine, etwa fingerdick große, kegelförmige Metallkörper, die mit der Spitze nach unten an schmalen Lederbändern baumelten.
 

„Perpendikel, unter Laien auch schlicht Pendel genannt, erlauben einen präzisen Einblick in die Zukunft, wie in die Vergangenheit oder Gegenwart.“, erklärte sie versucht geheimnisvoll.
 

Harry verdrehte innerlich die Augen. Präzise. In Wahrsagen. Aber sicher doch...
 

Währendessen hatte die fragwürdige Professorin die Schmuckstücke von der Stange geschoben und verteilte sie nun an ihre Schüler. „Ich werde sie nun in die Geheimnis umwobenen Praktiken des Pendelns einführen. Sie müssen ihren Geist öffnen, frei machen von weltlichen Pflichten und Konventionen und dieses magische Objekt erlaubt ihnen jede nur mögliche Frage exakt zu beantworten. Aber vergessen sie niemals... Ihre Frage darf nur mit den Worten Ja, Vielleicht, oder Nein zu beantworten sein. Denn auch das Pendel kann nur in drei Arten mit Ihnen Kommunizieren. Horizontale, senkrechte, oder kreisende Bewegungen. Nun wollen wir beginnen. Nehmen Sie das Perpendikel am obersten Ende er Kordel zwischen Daumen und Zeigefinger.“, Trelawney hielt das Lederband ihres eigenen Pendels mit spitzen Fingern nach oben und schloss konzentriert die Augen, „Fühlen Sie, wie sich Ihr innerstes Auge der Unendlichkeit des Seins zuwendet und halten Sie nun den Scheitelpunkt des Anhängers über die Mitte des Kreises auf Ihrem Holzbrett. Als erstes müssen Sie für sich selbst erfahren, welcher Ausschlag für welche Antwort steht. Stellen Sie also nun eine Frage, auf die Sie die Antwort schon kennen und achten Sie auf die Reaktion des Perpendikel.“
 

Ganz vorn begannen die Zwillinge mit Begeisterung die kleinen Metallkörper zu schwingen und nur Sekunden später quietschte Parvati vor Freude auf: „Bei mir Bedeutet senkrechtes Schwingen ein `Nein`!“
 

„Genau so ... Ihr Überbewusstsein wird ihnen Antworten.“, erklärte Trelawney in einem äußerst zufriedenen Tonfall. Nach und nach stürzten sich nun auch die anderen Schüler in die Arbeit.
 

Der Goldjunge schnaufte leise, als er zusah, wie sein Pendel in chaotischen Bewegungen über das Holzbrett schlingerte. Das hier war Harrys Meinung nach schlicht weg albern, wie alles andere davor auch. Nur ein winziges Zucken in seinen Fingern und schon änderte die kegelförmige Spitze ihre Richtung.
 

Die Professorin hatte inzwischen ebenfalls begonnen, ihrem Pendel die Geschehnisse der Zukunft zu entlocken. Sie nuschelte dutzende Male irgend etwas unverständliches und erhielt offenbar mit jeder Schwingung eine neue, tief greifende Erkenntnis, denn mit jeder Oszillation des Metallkörpers wurde sie blasser und gab Töne des Entsetzens von sich. Nicht dass dieses Verhalten etwas neues wäre...
 

Ihre riesigen Augen hinter den noch größeren Brillengläsern fixierten plötzlich den Jungen der Lebte. Und Harry hätte glatt voraussagen können, was sie ihm jetzt eröffnete...
 

„Mein lieber Junge! Es tut mir unendlich leid, aber ich muss dir mitteilen, dass du noch vor Jahresende diese Existenzebene verlassen und eines grausamen und schrecklichen Tod sterben wirst. Genieße deine letzten Wochen...“
 

Niemand reagierte auf die durch geknallte Irre – nicht einmal mehr die Zwillinge – und Harry hatte schon nach seinem ersten Jahr kein Wort von der Frau, die sie Professorin schimpfte, auch nur wahr genommen. Im zweifachen Sinne der Bedeutung. Wirklich, er hätte Vincent dieser Hobby-Todesbotin gerne vorgezogen, aber der Zentaur war ja leider wieder in den verbotenen Wald zurück gekehrt.
 

Gelangweilt beobachtete der Goldjunge Nevilles fruchtlose Versuche, den sinnlosen Zuckungen seines Pendels einen Sinn zu verleihen, fragte sich nebenbei, von welchen Kräutern die neusten dunkelblauen Rauchschwaden abstammten und ob man davon high werden könnte – was durchaus einiges erklären würde! – bevor er wieder unbeteiligt das Schmuckstück in seinen Händen fixierte. Schließlich hob er es an, um es in Augenhöhe hin und her schwingen zu lassen, als wolle er sich selbst hypnotisieren.
 

„Weis Tralway für wie bescheuert ich sie halte...“, murmelte er plötzlich beschwörerisch.
 

Neville grinste breit, machte sich nicht einmal die Mühe, es zu verstecken. Aber er war ein zu anständiger Schüler um sich lange Ablenken zu lassen und widmete seine Aufmerksamkeit wieder der Wahrsagekunst, ließ damit Harry mit sich und seinen Gedanken allein. Und seine Gedanken waren verdammt stur und eigensinnig und landeten nur Sekunden später mit traumwandlerischer Sicherheit wieder bei Malfoy. In Harrys Kopf tauchte ein schmales Gesicht, mit besorgniserregender, blasser Haut auf, dass von trüben, silbergrauen Augen beherrscht wurde... außergewöhnlichen Augen... Und einer Hand auf Malfoys Schulter, die nicht die seine war...
 

„Sehr schön. Wie ich sehe haben wir wieder überragende Naturtalente unter uns... Ich möchte dass sie zu diesem Thema eine Abhandlung schreiben, wie sich das Wissen über die Kunst des Pendelns auf ihr zukünftiges Leben ausgewirkt hat.“, Wenig begeistertes Murren folgte den Anweisungen der Lehrerin.
 

Harry blinzelte nur irritiert. Er hatte kein Wort verstanden.
 

„Dennoch müssen wir uns nun einem weniger spektakulären Gebiet zuwenden, aber selbst ein Medium wie ich, ist an bestimmte Abmachungen gebunden.“ Sie seufzte grottentief „Deshalb werden wir uns der restlichen Stunde mit der Pendel-Findung beschäftigen.“
 

Sie manövrierte einen weiteren Tisch in die Mitte des Raumes. Ein großer, aber niedriger Holzkasten stand darauf, von ihren Plätzen aus konnten die Schüler jedoch nicht hineinsehen.
 

„In dieser Kiste befinden sich ebenfalls Perpendikel. Jeder einzelne von ihnen wird mit der Handfläche nach unten ein paar mal über die Pendel gleiten, aber ohne sie zu berühren. Spüren sie etwas auf ihrer Haut, greifen sie zu und zeigen es mir.“
 

Nach dieser wenig durchschaubaren Erklärung, spielte sie noch einmal mit ihrem eigenen Pendel. „Wie mir eine höhere Ebene offenbart hat, sollten wir mit der Fensterseite beginnen. Mister Potter, wenn sie also bitte zu mir kommen würden.“
 

Seufzend erhob sich Harry von den unpraktischen Kissen und versuchte sich nicht zu fragen wo Trelawney in einem runden Turm mit symmetrischer Anordnung der Fenster eine Fensterseite sehen konnte... Möglichst weit von den starrenden Insektenaugen entfernt, blieb Harry stehen und warf einen vorsichtigen Blick in die Kiste. Die Pendel die hier lagen waren jedoch mit den bereits verwendeten nicht vergleichbar. Jedes Stück schien ein Unikat zu sein. Jedes Band war anderes. In der Länge, in der Verarbeitung, von den Materialien. Waren es vorher noch leblose Metallkörper gewesen, handelte es sich hierbei nun um Edelsteine verschiedenster Art und Größe, ausschließlich die Kegelform war beibehalten worden. Der Gryfindor ließ seine Handfläche einmal langsam und zögerlich über die Auslagen schweben und zuckte beinahe erschocken zurück, als sich etwas kaltes an seine Haut schmiegte. Vorsichtig schlossen sich seine Finger um den Stein und hielt ihn schließlich der Professorin entgegen. Diese drückte ihm jedoch nur ein Heftchen in die andere Hand und schickte ihn mit einer wedelnden Geste wieder zurück auf seinen Platz, schon dabei den nächsten Schüler nach vorne zu holen.
 

Harry ließ sich wieder auf sein Polster fallen und betrachtete sein neues Pendel genauer. Es bestand aus einem filigranem, silbernen Kettchen, unterbrochen von vier schwarz schimmernden, länglichen Perlen, die jeweils zu beiden Seiten am Verschluss und am Pendelstein angebracht waren. Der kegelförmige Kristall am Ende war rein, fast durchsichtig. Der Goldjunge schnappte sich das Schmuckstück wieder mit zwei Fingen und hob es hoch. War jedoch mehr als ein bisschen überrascht, als die Kette plötzlich straff gezogen wurde und das Pendel unbeweglich in einem leichten rechten Ausschlag verharrte. Würde er es nicht besser wissen, würde er sagen, dass Pendel wollte sich mit aller Macht Richtung Luke bewegen, denn er spürte sogar einen nicht unerheblichen Zug an der Kette. Um seine Vermutung zu testen hängte der das Band lose über seinen ausgesteckten Zeigefinger und tatsächlich bewegte sich das Pendel in eine Richtung. Das silberne Maetrial rutschte langsam über seine Haut, doch in dem Moment, als es über seine Fingerkuppe hinweg glitt und Harry dachte, der Stein würde irgendwie von allein durch die Luft schweben, verschwand alle Spannung und Magie aus dem Schmuckstück. Es sackte einfach auf den Tisch und blieb dort auf unspektakuläre Weise regungslos liegen.
 

„Ist das normal?“, fragte der Gryffindor verwirrt und Neville, der ihn die ganze Zeit über schon beobachtet hatte, nachdem er mit leeren Händen zurückgekommen war, zuckte nur mit den Schultern.
 

„Keine Ahnung. Keins der Pendels hat auf mich reagiert. Glück gehabt.“, flüsterte sein Tischnachbar erleichtert, im Gegensatz zu Parti, die fast in Tränen ausbrach, als auch sie ohne Pendel zu ihrem Platz zurück schlurfte und Seamus ihr sein eigenes feixend vor die Nase hielt.
 

Neville angelte sich indes das kleine Heftchen, das Harry unbeachtet auf den Tisch geschmissen hatte. Es war dünn, hatte gerade mal 20 Seiten und bestand völlig untypisch für die Zauberwelt aus muggelgebräuchlichem Glanzpapier. Darin waren die unterschiedlichen Pendels mit Bildern abgedruckt und daneben reihte sich jeweils eine Liste an Bestandsmaterialen auf. Aber das ganze wirkte eher wie eine Broschüre oder ein Bestellkatalog, als ein Lehrbuch. Harrys Kette war schnell gefunden. Sie bestand tatsächlich aus echtem Silber in das ein reisfestes Drachenhaar eingelassen war und einem reinen Bergkristall. Bei den Perlen handelte es sich jedoch um geschliffene Drachenschuppen – norwegischer Stachelbuckel – wie Harry mit einem schiefen Grinsen feststellte. All diese Materialen standen für Intuition. Zumindest laut Broschüre.
 

„Eigentlich kann jeder in gewissem Maße ein Finder-Medium sein“, setzte Trelawney zur Erklärung an, nachdem aller Schüler bei ihr waren und gerade mal vier ein neues Schmuckstück erhalten hatten. „Aber dazu müssen die entsprechenden Materialen gefunden werden, um die Kräfte des Geistes zu bestärken. Ich besitze hier nur eine begrenzte Auswahl, wer immer von ihnen jedoch etwas passendes gefunden hat, darf es sich behalten.“ Ihre Ketten klimperten nervenaufreibend, als sie Tisch und Holzkasten wieder in undurchsichtigen Nebelschwaden verschwinden ließ.
 

„Als Pendel Medium hat man die Möglichkeit sich auf eine Person oder einen Ort zu fixieren. Auch wenn Ihr Körper diesen Platz nicht verlassen kann, so streckt sich jedoch Ihr Geist danach aus und durch unmittelbare Übertragung auf das Pendel wird der Stein direkt auf die Position des gesuchten Objekts zeigen. Je näher das Objekt, desto kräftiger wird der Edelstein in die entsprechende Richtung zerren. Im normalen Fall bedeutet das Luftlinie, mit einem kleinen Zauberspruch kann das ganze Verfahren jedoch auch auf Karten angewandt werden. Angefangen von Weltkarten, bis hin zu den Grundrissen eines Hauses ist alles möglich. Befindet sich ein Objekt nicht innerhalb einer Karte, gibt das Pendel keine Reaktion mehr. Da bei der Pendelsuche keine aktive Zauberei verwendet, sondern nur auf die ureigene Energie des Geistes selbst zurück gegriffen und lediglich durch natürliche Subjekte verstärkt wird, kann kein Gegenzauber gewirkt werden.“
 

Harry sah überrascht auf und versucht einzuschätzen, wie viel Wahrheitsgehalt in Taylways Ausführungen steckte. Denn eine Methode jemanden ohne möglichen Widerstand zu finden war tatsächlich mal interessant, fast schon erschreckend.
 

„Begabte Pendel-Finder können sich, nur durch berühren von Fotos oder Gegenstände die eine Verbindung zum entsprechenden Subjekt besitzen, schnell und intensiv auf eine Person oder Ort fixieren und ihren Geist danach ausstrecken. Zumindest in der Theorie. Es gibt nur vereinzelte, wirklich begabte Medien und davon wendet sich nur gelegentlich jemand diesem abgespeckten Teil der Wahrsagekunst zu. Die wenigen die dennoch ihre Bestimmung darin sehen, finden nur selten ein 100% geeignetes Material zur Verstärkung ihrer Fähigkeiten. Baraba Istan war das letzte bekannte Finder-Medium und starb vor mehr als 30 Jahren. Weniger begabte Pendel-Finder ist es nicht möglich ihre Fokussierung nach belieben zu wechseln. Bei ihnen wird das Pendel stets auf den Ort oder die Person zeigen, deren Aufmerksamkeit den größten Teil ihrer Gedanken und Emotionen einnimmt.

Die häufigste Verwendung der Pendel-Findung in unserem Alltag bezieht sich auf Liebespaare. Liebespaare suchen oft nach passenden Materialien um ihren Geist zu stärkten und diese dann in Ringen oder Armreifen zu verarbeiten. Da bei Paaren keine 100% wirksamen Materialien verwendet werden müssen, weil man sich ohne hin nur auf eine Person konzentriert und der jeweils andere Geist sich ebenfalls nach einem ausstreckt, sind Schmuckstücke zu diesem Zweck sogar recht häufig. Mr. Thomas, sammeln Sie bitte die Holztafeln ein, der Rest steht auf und stellt sich an die Wand.“
 

Dean rief mit einem Accio alle Brettchen zu sich und brachte sich nach vorn. Derweilen schwang Trelawney ebenfalls ihren Zauberstab und ließ die Tische zusammenschweben. Mit einem weiteren Spruch wurde aus 10 runden Tischen ein einziger und schließlich ließ sie eine 1 ½ Meter lange Pergamentrolle an den Rand der Holzplatte schweben. Noch ein Stups mit dem Zauberstab und das Pergament entfaltete sich selbstständig über die gesamte Fläche. Es war eine riesiger Gebäudeplan.
 

„So. Nun wollen wir testen, wer sich von Ihnen als Finder-Medium eignet. Jeder der kein passendes Pendel gefunden hat wird den anderen ein persönliches Gegenstand von sich geben. Danach werden Sie diesen Turm verlassen und sich innerhalb der Schule bewegen. Kurz vor Studenende erwarte ich Sie alle wieder hier und dann werden wir sehen, ob unsere Finder-Medien Ihren Weg verfolgen konnten.“
 

Harry trat näher an die Platte heran und überfolg die Karte auf der der Grundriss Hogwarts und jedes weitere Stockwert unter und über der Erde abgebildet war. Aber es fehlten viele Geheimgänge, wie der Goldjunge beiläufig feststellte. Dann fiel sein Blick auf die Krankenstation und er hoffte, dass Poppy Malfoy mittlerweile schon unter ihre Fittiche genommen hatte. Sie würde ihn sicher zusammenstauchen, dass er so lange gezögert hatte, zu ihr zu kommen.
 

Nach Wahrsagen hatte der Junge-der-Lebt ohnehin noch zwei Stunden Verwandlungsunterricht mit den Slytherins. Dann würde er ja sehen...
 

„Hier“, Neville zog einen Anhänger unter seinem Hemd hervor und ließ ihn in Harrys offene Handfläche gleiten. „Pass aber gut drauf auf. Es ist ein Geschenk von meiner Oma. Hab ich schon seit Ewigkeiten und noch nicht einmal verloren...“, Neville grinste peinlich berührt.
 

„Klar.“, Harry schenkte dem vergesslichen Burschen eines seiner seltenen, ehrlichen Lächeln, als er merkte, dass diesem einiges an dem unscheinbaren Kleinod lag.
 

Neville nickte daraufhin nur beruhigt und zog von Dannen. Zwei andere Schüler aus Ravenclaw kamen ebenfalls zum Retter der Zauberwelt. Die eine legte ihm einen Ring auf den Tisch, der andere eine abgenutzte Schreibfeder.
 

Inzwischen stritt sich Seamus immer noch mit Partiva, da er der festen Meinung war, dass er, um sie zu finden, lediglich ihren BH bräuchte und als begeisterte Wahrsageschülerin sollt sie ihm diesen unbedeutenden Wunsch doch nicht verwähren, wenn es darum ging seine Fähigkeiten als Medium zu schulen.
 

Harry lachte leise und schenkt – das erste mal seit er in diesem Unterricht ging – Trelawney seine volle Aufmerksamkeit, die nun den entsprechenden Zauber vorführte, um das Pendel auf die jeweilige Karte zu fixieren. Der Zauber würde sich sicher auch auf die Karte der Rumtreiber anwenden lassen, zumindest, wenn die eigene Verzauberung des Pergaments nicht entgegen wirkte und den Spruch blockierte...
 

Der Zauber an sich war einfach und obwohl er sich in dem stickigen Zimmer, indem sich inzwischen nur noch vier Schüler und eine Professorin aufhielten, wenig wohl fühlte und sich kaum konzentrierten konnte, klappte die Übertragung gleich beim ersten Versuch. Ruckartig wechselte das bis dahin starr zur Luke zeigende Pendel die Richtung und zeigte nun auf den Kartenteil, der den zweiten Stock darstellte.
 

Harry bezweifelte, dass sein Pendel auf irgendjemanden zeigte, der vorher noch im Turm gewesen war. Keiner hätte es so schnell nach unten geschafft. Außerdem konnte er sich auch nicht erinnern, sich auf irgendjemanden von denen, die ihre Sachen bei ihm abgelegt hatte, besonnen zu haben. Neugierig, wohin sein Pendel nun genau zeigte, Schritt er näher, war froh, dass die Professorin ihre ganze Aufmerksamkeit momentan einer Ravenclaw Schülerin am anderen Ende des Raums widmete und stellte fest, dass es sich um ein Klassenzimmer im Westflügel handelte. Der Ort kam ihm bekannt vor, obwohl er ihn nicht gleich zuordnen konnte. Bis er sich erinnerte, dass er Hermine schon einmal von dort abgeholt hatte.
 

Dann musste es das Arithmatik Klassenzimmer sein und...
 

Urplötzlich kannte Harry die Person, auf die sein Pendel voller Tatendrang zeigte und im selben Moment wusste er auch, dass Malfoy seinen blasierten Hintern noch immer nicht zur Krankenstation manövriert hatte.

Das konnte doch wohl nicht wahr sein!
 

Hastig griff er nach Nevilles Kette und versuchte sich mit aller Macht darauf zu konzentrierten, seinen Geist nach ihm auszustrecken. Aber das Pendel nahm nicht die geringste Notiz von seinen Anstrengungen, stattdessen schien es ihn zu verhöhnen, indem der Zug noch stärker... noch drängender wurde.
 

Harry probierte es noch mit jedem der andren Gegenstände, dachte sogar an Orte die außerhalb der Karte lagen, um das Pendel zumindest davon abzubringen, eine Delle in die Holzplatte zu drücken, aber auch diese Versuche scheiterten kläglich.
 

Frustriert ließ er es schließlich von seinem Finger auf den Tisch gleiten, wo es unschuldig liegen blieb. Er schaute zu den anderen beiden, ignorierte Trelawney und sah dann Seamus an der ihm mit einem Grinsen, dass lediglich von seinen Ohren aufgehalten wurde, einen schwarzen Spitzen-BH zeigte. Harry schnaubte noch einmal deprimiert und Seamus Grinsen wurden wenn möglich sogar noch breiter, Harrys Frustration völlig falsch deutend.
 

Harry nahm sein Pendel bis zum Unterrichtsende nicht mehr zur Hand. Er hatte keine Lust mehr zu denken, denn offensichtlich war alles, was sein Kopf noch zustande brachte, eine lebhafte Projektion seines Lieblingsfeindes. Es war zum Schrein, zum Haare raufen, zum Hippogreif melken! Und irgendwann würde er Malfoy dafür in seinen aristokratischen Allerwertesten treten. Ganz bestimmt!



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Von:  MikaChan88
2008-11-30T13:38:01+00:00 30.11.2008 14:38
die ff is total super
hoffe du machst bald weiter
bin schon gespannt wie es weiter geht ^-^

cu,
MikaChan
Von:  destroyer
2008-09-22T12:13:51+00:00 22.09.2008 14:13
hi^^
und OMG!!!!!!!!O_O'
ich bin echt fertig... hab mich in einem zug durch die ff gelesen...
aber es hat sich echt gelohnt, das mir der kopf jetzt ruacht^^'
also ersteinmal ein ganz großes lob zu deinem schreibstil, der hat es wirklich in sich. ich weis nicht wie ich das sagen soll, aber es lässt sich wohl am besten so ausdrücken: du hast nicht nur eine unglaubliche fanatsie sondern auch das talent sie mit leben zu erfüllen!
du schaffst es eine richtige kleine welt zu schaffen, in der die charaktere wirklich existieren, in der das alles wirklich passiert!
du hast wirklich meine hochachtung!
ich bin in die ff richtig vernarrt, auch wenn sie bisher etwas düster war (mag ich eigentlich manchmal sehr gerne^^)
aber das ganze wirkt so echt, besonders die charakteren hast du wirklich schön ausgearbeitet, sie wirken nicht unecht...
die szene mit draco beim dunklen lord... weis nicht ob du das jetzt für übertieben hälst, aber ich hab echt total gezittert...
einfach unglaublich.
ich hoffe nur, das du weiterhin an dieser ff schreibst, denn es wäre unglaublich schade und eine schreckliche verschwendung deines talentes.
oder mit anderen worten: schreib doch bitte schnell weiter!^^
lg
des
PS: falls du benachrichtungs-ens versendest bei einem neunen kapitel, bitte auch an mich, danke^^
PPS: bist in meinen favos!
Von:  Ciura
2008-03-04T11:11:14+00:00 04.03.2008 12:11
OMG OMG OMG OMG!!!!!
*ieks*
ich habs endlich geschafft die FF hier zu lesen XDD"
sie spukte schon ne geraume zeit auf meinem pc rum und jetzt hab ichs endlich *g*
und ich muss sagen~
das ist alles mal absolut ENDGEIL!!! *smile*
du hast einen klasse schreibstil und ich bin schon total gespannt wann endlich das nächste kapi kommt *breitgrins* ich will draco wiedersehen *rumrulz*
du hast die charaktere wirklich absolut treffend beschrieben und umschrieben und~ waaaaaa!!
das ist einfach nur genial das alles zu lesen!! >//<)88
ehrlich!!
freu mich schon voll wenns weiter geht
GLG Ciura
Von: abgemeldet
2008-02-16T19:26:39+00:00 16.02.2008 20:26
Wow...
welch detailierte beschreibung des geschehens!^^
Ich mag sowas^^
Das kapi hat mir echt gut gefallen^^
schreib schnell weiter und schick mir bitte ne ENS, ja!?
Würde mich freuen^^
Von:  Jadelady
2008-02-09T21:36:14+00:00 09.02.2008 22:36
Juhu die erste!
Hat mir gut gefalen. Mach weiter so, ja?
Lg
Jade
Von:  Jadelady
2008-02-07T22:15:04+00:00 07.02.2008 23:15
Wow.
Ich weiß gar nicht so recht, was ich eigentlich sagen soll...
Diese FF faszienirt mich so, dass ich ununterbrochen gelesen habe...
Tatsächlich freue ich mich schon sehr darauf, dass es weiter geht umd möchte dich darum bitten, mir eine ENS zu schicken, sollte dies der Fall sein.
Lg
Jade
Von:  Jadelady
2008-02-07T22:14:36+00:00 07.02.2008 23:14
Wow.
Ich weiß gar nicht so recht, was ich eigentlich sagen soll...
Diese FF faszienirt mich so, dass ich ununterbrochen gelesen habe...
Tatsächlich freue ich mich schon sehr darauf, dass es weiter geht umd möchte dich darum bitten, mir eine ENS zu schicken, sollte dies der Fall sein.
Lg
Jade
Von: abgemeldet
2008-02-07T19:42:07+00:00 07.02.2008 20:42
Jaja Ron der kleine überhebliche, nichts ahnenden und desöfteren dumme Ron *g* wirklich herrlich
Und Harry bekommt Draco nicht aus seinem Kopf, Hermine ist und bleibt eine ne Besserwisserin
Tja und Draco? Ich hoffe dem geht es bald wieder besser.
Und ich hoffe das man nicht wieder so lange auf den nächsten Teil warten muss ^^
Sonst geht die Story wie es scheint aber genauso TOP weiter wie vorher, trotz der langen Unterbrechung

byebye
Asagao
Von:  Mero85
2007-05-21T16:19:08+00:00 21.05.2007 18:19
So *Hände reib*
Erstmal muss ich sagen, dass das eine super interessante Fanfic ist. Und das sage ich, obwohl ich überhaupt kein Draco- Fan bin. Ich will endlich, dass Harry anfangen kann, Rache zu nehmen, ohja, dann wirds den anderen schlecht gehen. Ich denk, dass sich Draco recht schnell erholen wird, sein Malfoy- Stolz lässt ihn sicher nicht lange im Bett bleiben. Und ich will sehen, dass Harry schön dark wird und Voldemort besiegt. *g*
Also ich hoffe, Kapi 11 ist bald on und würd mich freuen, wenn du mir ne ENS schickst bei jedem hochladen, kriegst auch immer n Kommi *zur Bestechung ne Torte hinhalt* und: *ab in Favoliste schieb*
Lg Ramona
Von:  Silverdarshan
2006-09-05T13:43:05+00:00 05.09.2006 15:43
argh, wie schaaaade TT____TT
und ich hatte gehofft Draco kommt drin vor *besorgt guck*
bitte mach schnell weiter, ich muss wissen was mit Draco ist Q////Q


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