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CIL-Fanfic-WB:Odins Auge

so komplett abgeschlossen
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Kapitel 10- Schmerz der Erinnerung

Kapitel 10- Schmerz der Erinnerung
 

Sein Blick war von dem kleinen Stofftier gerade zu aufgesogen worden. Die dunklen Plastikaugen funkelten ihm entgegen. Nachdem er den Wolf in die Hand genommen hatte, verlor der Laden seine Konturen. Vor seinen Augen war nur noch der Wolf. Er atmete tief ein und das Stofftier entsprang seiner Hand. Es schwebte vor seinen Augen, verdoppelte sich und wurde zu je einem lebendigen Wolf. Die beiden Tiere starrten ihn an. Zwischen ihren Köpfen entstand ein schwarzer Punkt, welcher langsam näher kam. Aus dem einen Punkt wurden zwei und er erkannte zwei pechschwarze Raben die über den Köpfen der Wölfe ihre Stellung einnahmen. Wieder tauchte eine schemenhafte Gestallt zwischen den Tieren auf. Sie wurde immer größer und wuchs ins Unermessliche hinaus. In seiner einen Hand hielt das Wesen einen Speer, in der anderen einen abgetrennten Kopf. Grade öffnete sich der Mund in dem Schatten bedecktem Gesicht, als wieder der Laden vor seinen Augen auftauchte.

Elisabeth hatte ihm das Stofftier aus der Hand genommen und zog ihn hinter sich her in Richtung der Kasse.

Sie bezahlten und diesmal setzte sich Elli hinter das Steuer.

"Was war los?", erkundigte sie sich prompt.

"Ich habe mich an etwas erinnert. An etwas, was ich wirklich vergessen wollte." Max saß betrübt neben ihr. Das kleine Stofftier hatte verschollenes wieder an die Oberfläche gebracht. Er erinnerte sich an ein weiteres Stück seiner Vergangenheit. Er wusste was er eben gesehen hatte. Die beiden Wölfe waren Geri und Freki. Und diese Namen hatten weitere Erlebnisse zu Tage gebracht.

Geri nannte sich der Kleine, der nun tot in der Mc Donald's Toilette lag. Und Freki war der anderer Mensch gewesen, der ihn verschleppt hatte.

"Ich weiß wieder wer mir das angetan hat. Aber warum ist mir immer noch unklar. Der Kleine aus der Toilette war Geri. Und damit sind wir wieder mal bei Odin. Odin hatte zwei Wölfe die zu seinen Füße lagen. Und drei Mal darfst du raten wie die hießen."

"Na, der eine ist leicht, der hieß Geri! Stimmst?"

"Richtig. Der andere heißt Freki. Die beiden hatten einen großen Anteil an meinem, sagen wir Lebenswandel. Sie haben mich von der Ausgrabungsstelle abgeholt und mir freundlicherweise gezeigt wie sich ein Waffengriff anfühlt, wenn man ihn gegen den Kopf geschlagen bekommt." , er deutete mit einer Hand an die Narbe über seinem Auge " Ich erspar dir weitere Einzelheiten. Sagen wir, sie hatten durchschlagende Argumente und die Sprüche von meinem Psychiater haben dann den Rest bewirkt. Du hattest mit dem Reserpin recht. Es war so leichter, mich bei den regelmäßigen Sitzungen immer wieder neu zu beeinflussen." Beschämt machte er eine Pause.

"Ich weiß noch nicht einmal, was mit den anderen Leuten passiert ist, die mit mir auf der Ausgrabung waren. Woher kanntest du Reserpin eigentlich?"

Elisabeth die ihm schweigend zugehört hatte lächelte gequält.

"Meine Mutter hatte starke Depressionen. Ich habe viel darüber gelesen, aber geholfen hat es nicht. Sie hat sich nach ein paar Jahren umgebracht. Sie ist auch eine Zeitlang mit einem Mix aus Reserpin und anderen Medikamenten behandelt worden." Sie lenkte von dem ihr sichtlich unangenehmen Thema ab, "Also erinnerst du dich wirklich an bestimmte Ereignisse, wenn du dir Dinge ansiehst. Sehr interessant. Wir sollten damit ein paar Versuche machen. Aber hast du gesehen, wir kommen gleich in die nächste Stadt. Ich brauche was zum anziehen."

So beschlossen sie in der nächsten Stadt eine kurze Rast zu machen.

Jetzt waren sie froh, schon sehr viel früher sämtliches Geld von ihrem Konto abgehoben zu haben, denn so mussten sie kein Geld an einem Automaten holen und eine leicht zurückzuverfolgende Spur legen.

Und sie brauchten wirklich Geld. Beide kleideten sich vollkommen neu ein. Außerdem benötigten sie dringend andere, normale Gebrauchsgegenstände, wie Zahnbürste, Kamm, Shampoo und Elli wollte unbedingt Schminke haben. Vor einem Optiker sah Elisabeth sich im Spiegel. Ihre Brille war mittlerweile zu einem verdrehten und vollkommen schiefen Etwas geworden. Sie zog Max hinter sich in den Laden hinein und kam ohne Brille, dafür aber mit Kontaktlinsen wieder heraus. Vollbepackt, neu eingekleidet und mit frisch geschnittenen Haaren kamen sie zurück zum Auto.

"Also, um deine Haare tut es mir immer noch leid! Wie hast du sie nur so kurz schneiden lassen können.", jammerte Max nun schon den ganzen Weg über.

"Ach, jetzt hör auf! So kurz sind sie nicht! Immerhin sind sie noch schulterlang.

Außerdem kann es dir doch egal sein.", entnervt knallte sie den Kofferraumdeckel zu.

"Mir egal? Wessen Geld hast du denn heute zum Fenster raus geworfen? Ja schau nicht so giftig, ich sag ja schon nichts mehr." Max kletterte wieder auf den Beifahrersitz und legte die Bücher, aus einer kleinen Buchhandlung, auf seinen Schoss.

Sie wollten diese Nacht durchfahren und erst die darauffolgende in einem Hotel übernachten.

"Ich weiß nicht, ob das mit den Büchern was bringt.", meinte Max skeptisch.

"Probier es doch einfach einmal aus. Wenn es klappt, können wir doch froh sein. Was wissen wir denn Momentan über die Typen die hinter uns her sind! Wir wissen ja noch nicht mal warum die hinter uns her sind. Du bist doch der Einzige, der irgendwann einmal gewusst hat, um was es hier geht!", begründete Elisabeth ihr anhaltendes Drängen, dass Max sich bemühen sollte, sich an alles wieder zu erinnern.

Max fügte sich in sein Schicksal und schlug das erste Buch auf. Gelangweilt blätterte er die Seiten durch. Nach einer Stunde gab er es auf. Er hatte gerade die Hälfte der Bücher durchgesehen und nicht einmal kam ihm etwas bekannt vor.

"Elli, ich kann mich nicht konzentrieren. So bringt das nichts. Außerdem wird es langsam zu dunkel. Soll ich dich mal mit dem Fahren ablösen?"

Elisabeth war von der Schnellstraße wieder herunter gefahren und fuhr ziellos durch einige kleine Dörfer.

Erleichtert nickte sie und hielt am Straßenrand an.

Nachdem sich beide wieder angeschnallt hatten, hielt Elisabeth ihn noch einmal vom losfahren ab. "Ich warne dich, fahr bloß anständig! Ich will auf keinen Fall bei einem Autounfall sterben, bevor ich nicht mehr in Erfahrung gebracht habe.", wetterte sie und hielt sich vorsichtshalber wieder fest. Max jedoch fuhr einigermaßen normal, sodass sie nach einer halben Stunde einschlief.
 

Wach wurde sie erst wieder vor einem kleinen Café. Ihr Blick fiel auf die kleine Digitaluhr im Armaturenbrett und erstaunt rieb sie sich die Augen.

"Hast du gut geschlafen?", erkundigte Max sich müde.

"Ja, schon. Warum hast du mich nicht geweckt? Es sind ja schon elf Uhr."

"Du hast ja so nett geschlafen, da konnte ich dich einfach nicht wecken. Aber wo du jetzt wach bist, können wir ja Frühstücken." Er öffnete die Tür und stieg aus. Draußen reckte er sich ausgiebig.

"Ich freue mich auf ein richtiges Bett! Schön weich, mit einem großen Plumeau und einem dicken Kopfkissen. Aber mehr noch brauche ich jetzt was ordentliches zu essen.", quatschte er und ging die Treppen zum Café hinauf. Oben hielt er ihr die Tür auf und im vorbeigehen sagte sie, "Und einen Kaffee, wenn ich mir deine kleinen Augen ansehe."

Hinter der gläsernen Theke begrüßte sie eine rundliche Frau freundlich. Sie schickte sie ein Stück weiter nach hinten in den Laden, wo sich ein paar kleine Tische befanden. Die Beiden setzten sich an einen kleinen Tisch nahe am Gang, von wo aus sie die Tür im Auge behalten konnten. Die rundliche Frau kam mit einer Kanne Kaffee und zwei großen Tassen zu ihnen an den Tisch, stellte sie ab und verschwand wieder. Zufrieden trank Max die ersten Schlucke des starken Kaffees. Elisabeth kippte sich drei Löffel Zucker in den Kaffee und goss noch Milch hinzu. Wieder kam die Frau zurück, einen Korb voller Brötchen und eine große Platte Aufschnitt in den Händen. Sie lud das Ganze vor den beiden ab, die sie fragend ansahen.

"Man sieht Ihnen an, dass Sie so einen Hunger haben. Da habe ich mir die Freiheit genommen, es Ihnen direkt zu bringen. Es war doch richtig, oder?" Die Augen der Bäckerin glitzerten fröhlich und als sie nun lachte, schien ihr ganzer Körper unter der weißen Schürze mit auf und ab zu wippen.

Vergnügt grinste Elli sie an und griff nach dem ersten Brötchen. Zufrieden verschwand die Bäckerin wieder hinter ihrer Theke.
 

"Ist etwas besonderes während der Fahrt geschehen?", wollte Elisabeth wissen. Max schluckte den Rest seines Brötchens herunter.

"Nichts besonderes. Wir sind jetzt mehr als 300 Kilometer von der Stadt entfernt. Ich bin öfters eine Strecke zurück gefahren, ich hoffe, dass sie uns nicht folgen konnten. Aber sicher sein können wir nicht.", erzählte er ihr.

"Hast du dich an nichts mehr erinnert?"

"Nein, ich habe mich ja auf das Fahren konzentriert. Wenn wir im Hotel sind versuche ich es noch mal. Ist das in Ordnung?"

Elisabeth lächelte nachsichtig. "Ausnahmsweise. Aber ich fahre gleich weiter, du kannst dann etwas schlafen. Ich würde vorschlagen, dass ich in acht Stunden am nächsten Hotel anhalte."

Max stimmte zu und stand auf. Elli folgte seinem Beispiel und bezahlte ihr Frühstück. Der freundlichen Bäckerin gab sie ein großzügiges Trinkgeld, woraufhin sie von ihr noch zwei Teilchen in die Hand gedrückt bekam.
 

Die darauf folgende, knapp acht stündige Autofahrt war Ereignislos. Max schlief sofort im Auto ein und wachte erst fünf Stunden später wieder auf. Elli hielt nur einmal zum tanken an. Sie entschieden sich in einem äußerst günstigen Hotel unter zu kommen. Auf engsten Raum war eine Unzahl von Zimmern untergebracht. Die beiden betraten noch gut gelaunt den sterilen Empfang, wurden mehr oder weniger unfreundlich begrüßt und bekamen, ohne viele weitere Worte, den Schlüssel eines Zimmers. Nach den bisher immer freundlichen Begrüßungen, war die distanzierte Art der Frau hier eine erstaunliche Abwechslung. Doch das sollte nicht die einzige Enttäuschung bleiben. Beide waren sehr erstaunt über die Einrichtung. Ein kleiner Fernseher hing in der Ecke, darunter eine Uhr mit rotleuchtenden Digitalziffern, ein Doppelbett, darüber noch ein Hochbett und ein kleiner, weißer Tisch mit zwei Stühlen; dies war die Einrichtung des Schlaf- und Wohnbereiches.

"Hier gibt es keinen Kleiderschlank.", bemerkte Elisabeth.

"Doch, schon.", wies Max sie auf ihren Fehler hin. Er schloss die Tür und dahinter kam eine Kleiderstange und zwei Ablagen zu Tage.

"Schau dir mal das Badezimmer an, das ist noch besser.", äußerte Max und öffnete die Badezimmertür. Hinter der Tür entdeckte sie eine Dusche und ein Waschbecken. Der Raum war gerade so groß, dass man sich darin duschen konnte, stellte man sich an das Waschbecken war der Duschkopf genau über einem.

"Warte!", rief Max aus und bückte sich. "Hiermit wird sauber gemacht!", fuhr er fort. In seiner Hand hatte er einen Abzieher.

"Sauber gemacht?"

"Alles aus praktischem Plastik hier! Wenn du geduscht hast ist alles nass und bevor du rauskommst, solltest du das ganze Wasser wieder in den Abfluss wischen, sonst schläfst du hier im Nassen." Er schloss die Tür wieder und setzte sich neben Elli auf das Bett.

"Du kennst dich aber gut aus hier! Warst du schon mal in so einem Hotel?" Sie war erstaunt, dass Max sich so gut auskannte.

"Ja, mit meinen Kollegen war ich in so einem Hotel, kurz bevor wir zur Ausgrabung..." , er stockte.

"Weiter Max! Du warst mit deinen Kollegen hier und dann?" Elli hatte sich zu ihm gedreht und seinen Arm umklammert.

"Wir wollten zur Ausgrabung. Hier war unsere letzte Rast. Ich habe mit den anderen hier noch mal alle Unterlagen durchgesehen. Habe alte Texte zum hundersten Mal studiert und war mir so sicher, dass ich es finden werde. Ich habe gedacht, wenn ich das finde, dann muss alles noch mal von vorne begonnen werden. Aus der Mythologie würde etwas anderes werden."

Er griff sich mit beiden Händen an die Schläfen. Sich zwanghaft an etwas zu Erinnern verursachte Kopfschmerzen, ließ vor seinen Augen Kreise tanzen und eine gehässige Stimme in sein Ohr flüstern.

"Quäl dich nicht, mach eine Pause! Halt den Gedanken fest." Beruhigend redete Elisabeth auf ihn ein und strich mit der Hand über seinen Rücken.

"Ich weiß eh nicht weiter.", brachte er hervor und richtete sich wieder auf.

"Eins muss man diesen Verrückten aber lassen, sie haben ganze Arbeit geleistet. Meine Erinnerungen zu schützen, indem ich jedes Mal Schmerzen bekomme, wenn mir etwas einfällt, wirklich, wäre es nicht so wichtig, dass ich mich erinnere, würde ich es nicht einmal versuchen wollen." Leidend blickte er auf seine Hände nieder. Es war alles seine Schuld. Würde er sich erinnern, hätte er Elli niemals in Gefahr bringen müssen. Er hätte einfach das holen können, was diese Leute haben wollten und es ihnen gegeben. Er und auch Elli hätten ihre Ruhe und würden sich über andere Dinge Sorgen machen. Er musste sich einfach erinnern, wenn nicht um seines Willen, dann wenigstens um Elisabeth'. Die junge Frau hatte augenscheinlich soviel in ihrem Leben verpasst. Eine, mit Sicherheit, wenig glückliche Kindheit, mit einer depressiven Mutter, dann ein schlecht laufender Laden, welcher freilich früher einmal die Verwirklichung eines Traums war und dann hatte sie keine Freunde. Sie hatte es ihm nie wörtlich gesagt, aber wie sie mit anderen Menschen umging, so distanziert und ungeübt, zeigte es ihm doch schon deutlich. Und selbst er wusste, dass man irgendwann, in irgendeiner Situation mal einen Freund erwähnt hätte. Aber sie hatte es nie getan. Das Einzige, um was sie sich gesorgt hatte waren zwei Tiere, die nun nicht mehr da waren. Er musste ihr helfen. Er musste dafür sorgen, dass sie dies alles hier überlebte, damit er ihr zeigen konnte, was es bedeutete zu leben.

"Die Edda. Eine Bezeichnung von zwei Sammelwerken der altisländischen Literatur. Die ältere Edda in alliterierenden Versen, die jüngere Edda wurde von Snorri Sturluson um 1230 verfasst und ist ein Handbuch für Versbau und nordische Sagen." Elisabeth hatte sich auf einen der weißen Stühle gesetzt und eins der Bücher aufgeschlagen. Sie hatte eine Stelle laut daraus vorgelesen und sah Max abwartend an.

Der Anflug eines Lächelns war auf seinem Gesicht zu erkennen.

"Du gibst nicht auf, oder?" Abwartend blickte er sie an. Sie aber schaute ihn verständnislos an und klappte das Buch zu.

"Nein, ich gebe nicht auf und du solltest das auch nicht. Vielleicht finde ich ja auch durch einfaches lesen heraus, was sie von uns wollen. Soviel wissen wir ja, sie wollen ein Auge von uns. Ich wollte mit dem...", sie unterbrach sich als Max sich mit der Hand vor den Kopf schlug.

"Aber natürlich! Warum ist mir das nicht direkt eingefallen! Odins Auge! Das wollen sie haben!", rief er aus und sprang vom Stuhl auf.

"Odins Auge? Odin ist doch so ein Gott, oder? Aber Max, das sind doch alles Mythen! Wo sollen wir den dieses Auge herhaben?", zweifelnd blickte sie Max an.

"Nein! Es sind keine Mythen.", presste er hervor. Sein Kopf war ein einziger Schmerz, sehen konnte er nichts mehr und die Stimme in seinem Ohr brüllte ihn an, dennoch zwang er sich weiter zu denken. Langsam kamen immer mehr Bilder aus seiner Vergangenheit an die Oberfläche, immer deutlicher formte er selbst sich wieder vor seinen Augen. Sein altes Ich kämpfte sich aus einem schwarzen Loch an die Oberfläche, langsam aber stetig durchbrach er die Mauer der falschen Erinnerungen und des Schmerzes.

"Ich habe es gefunden. Odins Auge, es ist der Beweis für alles andere, es ist der Schlüssel zu allem andern. Deswegen wollen sie es haben, sie wollen Mimirs Quelle finden. Sie wollen die Quelle der Weisheit finden.", stammelte er.

Und plötzlich, vollkommnen unerwartet war alles wieder da. Er erinnerte sich an alles. Erinnerte sich daran wie ein Hubschrauber bei der Ausgrabung landete, erinnerte sich daran wie man seine Kollegen abgeschlachtet hatte und erinnerte sich daran, dass er das Auge gerade noch hatte retten können. Hätte er vorher gewusst, wie einfach er doch wieder an seine Erinnerungen gelangen konnte, hätte er es schon viel früher versucht.

Elisabeth schien zu merken in was für einem Gewissenskonflikt er sich befand.

"Es ist nicht deine Schuld, du hättest dich niemals früher erinnern können. Freu dich doch, dass du es jetzt kannst. Endlich wissen wir, was sie suchen und wir können es ihnen einfach geben, dann werden sie uns sicher in Ruhe lassen.", sagte sie, um ihn aufzubauen, aber ein einfacher Blick in seine Augen zerstörte ihre Träume.

"Niemals, niemals darf das Auge in ihre Hände geraten! Du kannst dir gar nicht vorstellen, mit welcher Macht das Auge ausgestattet ist! Es ist der Schlüssel zu so vielem! Es ist der Beweis für so viele Mythen! Odin hat sein Auge auf den Grund der Quelle der Weißheit gelegt. Und ich habe es auf dem Grund einer ausgetrockneten Quelle gefunden. Allein in dem Auge steckt ein unglaubliches Ausmaß an Magie. Stell dir vor, wenn es das Auge gibt, gibt es auch Hildskialf, gibt es Asgard und den Wald Galsir! Dort sollen an den Bäumen Blätter aus rotem Gold wachsen!" Max Augen strahlten wie die eines Kindes.

Elisabeth aber saß auf ihrem Stuhl, starrte ihn an und musste sich bemühen nicht laut aufzulachen.

"Übertreibst du nicht etwas? Ich meine ein eingetrocknetes Auge irgendeines Menschen zu finden, das kann ich ja noch glauben, aber ich bin mir sicher, dass wir einen Wald, mit goldenen Blättern schon längst gefunden hätten. Die Menschen sind raffgierig und so was lassen die sicher nicht irgendwo unbenutzt rumstehen." Max sah etwas verletzt aus. Sie teilte seine Begeisterung nicht, sondern sah es mit anderen, mit nüchternen Augen.

"Du musst mir ja nicht glauben, aber ich habe nie behauptet, dass es diesen Wald noch gibt. Aber vielleicht glaubst du dem hier!" Triumphierend zog er den Lapislazuli aus seiner Hosentasche. Zweifelnd zog Elisabeth ihre Augenbrauen in die Höhe.

"Ja, den kenne ich schon!", sagte sie in die eintretende Stille.

"Dann sieh einmal genau hin!", rief er und warf ihr den Stein zu. Erschrocken sprang sie auf um den Sten aufzufangen, doch sie hätte nicht aufstehen müssen. Der Stein blieb in der Luft stehen, schwebte gut zwei Meter über dem Boden und dann erschien ein Mensch.

Elli hielt in der Bewegung inne. Ein Mann mit sternenübersätem Mantel, einem Schlapphut, lange weiße Haare und ein vollkommen in Schatten getauchtes Gesicht ragte vor ihr auf. In seiner Hand hatte er seinen Speer und als er sprach dröhnte die Stimme im Zimmer.

"Ich bin Odin, Walvater, Sohn von Bor und Bestla. Wer stört meine Ruhe?!"

"Du brauchst keine Angst zu haben.", flüsterte Max, der neben der riesig wirkenden Gestallt auftauchte und Elli seltsam klein erschien. "Es ist nur eine Projektion. Sie kann dir nichts tun und du kannst nicht mit ihr reden, die Fragen die er stellt, stellt er jedes mal. So wie eine Tonbandaufnahme."

"Was wollt ihr Ketzer? Soll ich von meinem Thron herabsteigen um euch zu strafen, soll ich euch meine unvorstellbare Macht demonstrieren?" , donnerte die Gestallt vor ihr wieder.

Max griff nach oben und nahm den Stein wieder in seine Hand. Sofort verschwand die Projektion.

"So geht es die ganze Zeit weiter.", sagte er erklärend.

"Was, in drei Teufels Namen, war das?"

"Eine Projektion. Ich vermute das Odin und all die Götter um ihn herum, nur Menschen auf einem extrem hohen Technischen Niveau waren. Nun stell dir vor, was das für technische Mittel sind, die solch eine Projektion möglich machen! Und was damit geschehen kann, wenn es in die Hände von irgendwelchen korrupten Unternehmern gerät! All die Technologie, all die Waffen, die es in Asgard geben muss, ich kann nicht zulassen, dass diese Menschen dies alles bekommen!" Benebelte starrte Elisabeth ihn an. Sie hatte gerade einmal die Hälfte von dem verstanden, was er gesagt hatte.

"Du willst also sagen, Odin war ein Alien?", stotterte sie. Ihre Gedanken arbeiteten viel zu langsam, Max' Worte zogen so zähflüssig wie Honig in ihrem Gehirn umher.

"Nein! Normale Menschen, eine vor langer Zeit untergegangene Hochkultur. Komm setz dich hin." Er schob sie auf den Stuhl zurück und nahm aus einer Tragetasche eine Flasche Wasser.

"Hier nimm und trink etwas! Du brauchst einen klaren Kopf! Wie soll ich denn ohne dich das hier alles lösen."

Die Flasche setzte er an ihre Lippen und sie nahm ihm diese dankbar aus der Hand. Sie trank einige große Schlücke und fühlte sich danach unglaublich besser.

"Ich weiß nicht ob ich das glauben soll. Ob ich das überhaupt glauben kann.

Wir riskieren also unser Leben für einen Stein? Ein nutzloses Objekt in dem ein alter Mann haust?" Verzweifelt haderte sie noch eine ganze Zeit mit sich selbst, in welcher Max still, vollkommen regungslos, neben ihr saß und auf ihre Entscheidung wartete.

"Sag mir bitte nur noch eins! Sie würden uns auch umbringen, wenn wir ihnen den Stein geben würden. Das sehe ich doch richtig?"

"Ich kann dir nicht versichern, dass sie uns am Leben lassen würden, ebenso wenig kann ich dir versprechen, dass wir umkommen werden, wenn wir ihnen das Auge nicht freiwillig übergeben."

Er hatte versucht so ehrlich und ruhig wie es ihm nur möglich war zu klingen, wenn sie schon an allem zweifelte, bräuchte er ihr nicht auch noch seine eigene Unsicherheit zeigen.

"Es bleibt also eine fünfzig fünfzig Chance. Dann möchte ich doch lieber das Auge behalten. Obwohl ich dir nicht alles glaube, vielleicht weil ich es noch nicht gesehen habe. Aber ich vertraue dir. Wenn du sagst, es darf nicht in die falschen Hände geraten, dann ist das so. Gut ich helfe dir, so gut wie ich nur kann." Treu sah sie ihn an und übertraf mit dieser Aussage all seine Erwartungen.

Dankbar schüttelte er ihre Hände.

"Du kannst dir nicht vorstellen, wir sehr mich deine Entscheidung freut."

Und das konnte sie wirklich nicht, er hätte niemals das Auge aus der Hand gegeben. Wäre sie nicht mit ihm gegangen, wäre sie auf der Strecke liegen geblieben, er hätte sich nicht um sie kümmern dürfen, wie sehr er es auch gewollt hätte. Denn zu ihm und dem Auge gab es noch eine ganz andere Verbindung. Der Kleine hatte es Anziehung genannt, er würde es eher als Abhängigkeit bezeichnen. War er zu lange vom Auge getrennt, wurde er nervös, hatte kalte Hände und Füße und war vollkommen unausstehlich.

Das Auge hingegen brauchte jetzt die Nähe eines Menschen, es nahm dessen Energie auf und bewarte sich so vor dem Zerfall. Er konnte niemandem erklären, woher er dieses Wissen hatte, aber seitdem er das Auge zum erstenmal berührt hatte, erschien ihm alles so einfach und leicht zu sein. Er musste sich nie Gedanken darum machen, was er tun musste, um dem Auge nicht zu schaden. Das Wissen war da und Ende.

"Und was jetzt? Sollen wir uns unser ganzes Leben lang verstecken? Ewig weglaufen? Nie sicher sein, dass man in Sicherheit ist? Es muss doch irgendeine Lösung dafür geben."

Max deutete ein Nicken an. "Ich hatte einmal eine Idee, aber die lässt sich nun nicht mehr umsetzten. Jedenfalls nicht mehr so wie ich es mir vorgestellt hatte.

Als erstes sollten wir diese Leute ausfindig machen. Wir müssen doch in Erfahrung bringen können, wer das Auge haben will. Alles weitere werden wir dann entscheiden."

Argwöhnisch schielte Elisabeth zu Max. Jetzt, wo Max einen grossteil seiner Erinnerungen wieder gefunden zu haben schien, umgab ihn mehr den je ein verwegener, nicht durchschaubarer Schutzschirm. Sie nahm ihm einfach nicht ab, das er keinen Plan hatte. Es gab etwas, was er ihr nicht sagen wollte, etwas, was sie nicht billigen oder verstehen würde. Doch sie war sich auch sicher, er würde ihr alles erklären, wenn er die Zeit für gekommen hielt. So nahm sie sich zurück, stellte keine Fragen und gab sich alle Mühe sich nichts weiter anmerken zu lassen.

"Also machen wir erst einmal Pause. Wir sollten uns beide ausruhen und dann glaube ich, wäre es gut du würdest mir endlich zeigen, wie ich mit solch einer Waffe umzugehen habe." Max gab ein zustimmendes brummen von sich und rollte sich auf das Bett. Elisabeth stand vom Stuhl auf und ging ins Bad. Sie stellte sich vor den Spiegel.

"Du, Max?"

"Ja, was ist?" Irgendetwas in ihrer Stimme ließ ihn aufhorchen.

"Nichts, schon in Ordnung."

Misstrauisch runzelte Max die Stirn, sagte aber nichts.

Elli stand vor dem Spiegel und starrte ihr Abbild an. Sie hatte ihn fragen wollen, was sie machen sollte, falls ihm etwas passiert, oder was er machen würde, falls ihr etwas zustoßen würde. Aber sie wollte keine bösen Geister herauf beschwören, wollte ihren Geist vor der eigentlich unumgänglichen Tatsache verschließen. Sie war in gewissen Dingen Realistin. Und die Chancen, dass sie, untrainiert wie sie war, ohne Erfahrung mit Waffen und ohne die geringste Ahnung wie sie sich verteidigen konnte, dieses Abenteuer überleben konnte, waren gleich Null. Traurig überlegte sie, wer denn überhaupt zu ihrer Beerdigung kommen würde, wahrscheinlich keiner. Max würde sie auch vergessen, vielleicht nicht aus seinem Gedächtnis streichen können, aber die Bilder von ihr in seinem Kopf würden schneller verblassen als er es jemals zugeben würde.

Sie gehörte scheinbar zu den Menschen, die man schnell vergas. So wie ihr Vater, der irgendwann starb und nachdem nie mehr jemand gefragt hatte. Nicht mal ihre Mutter hatte jemals über ihn gesprochen. Es gab vielleicht noch ein oder zwei Fotos, aber selbst die gab es von ihr nicht. Ein paar Kinderbilder würde man in dem schmalen Schrank ihres Wohnzimmers finden, Unmengen von Bildern ihrer Mutter, doch keins was sie in einem Alter über 15 zeigte. Das Einzige, was sie jemals fotografiert hatte, waren ihre Tiere gewesen. Sie starrte sich an. Wie hatte das alles nur passieren können, wie hatte sie nie sehen können das es das Leben, das sie führte nicht gab. Es war kein leben jeden auf der Straße zu kennen, aber von niemanden erkannt zu werden. Das junge Gesicht einer 25 jährigen. Sicher nicht hässlich, wenn man sich etwas mehr um das bleiche Gesicht kümmern würde. Sie war nicht dick und die neuen Kleider zeichneten eine perfekte Figur ab. Wieso hatte sie kein leben gehabt? Wieso merkte sie erst jetzt, wo es so kurz vor seinem Ende war, dass sie niemals glücklich gewesen war?

"Selbstvorwürfe bringen nichts. Du kannst mit dir mehr als zufrieden sein."

Im Türrahmen stand Max. Er beobachtete sie scheinbar schon eine ganze Zeit. Er schien erkannt zu haben, was hinter ihrer Stirn vorging und ihm waren die Tränen auf ihren Wangen nicht entgangen. Am Arm zog er sie aus dem Badezimmer und stellte sie vor sich auf. Mit beiden Händen drückte er ihre Oberarme und beugte sich zu ihr hinab. Er blickte ihr fest in die Augen.

"Ich werde dafür sorgen, dass du weiter lebst! Ich werde dafür Sorgen, dass du ein Leben bekommst, das du verdienst! Du gehörst zu den besten Menschen, die mir jemals begegnet sind!" Er schrie sie an. Doch in seiner Stimme war kein Hass, nur pure Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit waren heraus zu hören.

"Bitte, du darfst dich nicht aufgeben." Seine Stimme war zu einem leisen flüstern geworden. Immer noch starrte er ihr in die Augen. Sein Gesicht so nah bei dem ihrem, dass sie seinen Atmen spüren konnte. Mit großen Augen starrte sie ihn an und brachte ein Nicken zustande.

Er ließ langsam ihre Arme los. Er atmete noch einmal tief ein und drehte sich um.

"Ich werde oben schlafen.", teilte er ihr mit, schmiss seine Tasche nach oben auf das schmale Hochbett und kletterte probeweise hinauf.

Elli hatte es die Sprache verschlagen. Sie konnte nur noch stumm nicken und nahm ihre Zahnbürste und ein großes T-Shirt aus ihrer Tasche. Sie verschwand im Badezimmer, zog sich um und putzte sich die Zähne. Sie kam wieder aus dem Badezimmer, mit ihrer Kleidung über dem Arm und der Zahnbürste in der Hand. Die Einmal-Kontaktlinsen trug sie noch, sie wollte sie erst im Bett raus nehmen.

Zu ihrer Überraschung saß Max schon umgezogen in seinem Hochbett. In seiner Hand hielt er die Zahnbürste und sprang nun vom Bett, um jetzt auch im Badezimmer zu verschwinden. Sie stieg unter die dünne Decke und machte es sich auf dem harten Bett so gut es ging bequem.

Max kam wieder aus dem Badezimmer. Er sah sie nicht an als er sagte, "Machst du auch noch diese Mobilat Salbe auf deine blauen Flecken? Der auf deinem Oberschenkel sieht nicht gut aus."

Er stieg auf das Bett und ließ sich ächzend nieder.

"Das nächste Mal gehen wir in ein besseres Hotel. Diese Betten bringen mich noch um", murmelte er noch von oben und gab dann keinen Laut mehr von sich.

Elli konnte in dieser Nacht nicht gut schlafen. Max hatte sie verwirrt, nicht nur mit seinen wieder gefunden Erinnerungen, sondern auch mit der Leichtigkeit mit der er sie zu durchschauen schien. Nie hatte sie jemand auch nur ansatzweise verstanden. Und Max konnte es auf eine Weise die ihr unheimlich erschien.
 

auf dieses kapitel folgt noch eins uhnd dann ists auch fertig...

entscfhuldigung das ich lange nicht mehr gepostet habe... naj ^^ ich mach jetzt ne ausbildung, da geht die zeit irgendwie schneller weg...(ach und mein "netter" PC ist im A+++)



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