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Der erfundene Freund

von

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Aussprache?

Ein geselliger Tag brach an. Erst gab es Mittagessen in Form eines Buffets. Dann folgten Fotoshooting, Hochzeitsspiele und viel Tanz. Der Tag war durchtränkt von guter Stimmung, Alkohol, fröhlichen Gesprächen.

Aoko wurde von den männlichen Verwandten von einem Tanz in den nächsten gezogen, die weiblichen Verwandten hingegen versuchten sie in ihren Tanzpausen über ihren Verlobten auszuquetschen. Jedoch wusste sie nicht was genau sie erzählen sollte und wich deswegen den Fragen mehr oder weniger geschickt aus.

Der Abend schritt voran und sie traf Kaito eigentlich nur während dem Essen am Tisch. Er unterhielt sich den Tag über prächtig mit alten Freunden, schwelgte in Erinnerungen und wurde von den weiblichen Gästen abwechselnd auf die Tanzfläche gezogen.

Aoko saß gerade am Tisch, trank einen großen Schluck Saftschorle und gönnte ihren Füssen eine kleine Tanzpause. Ihre Augen wanderten automatisch zu Kaito. Er tanzte mit einer braunhaarigen Frau, die ihm unentwegt schöne Augen machte. Es versetzte Aoko einen Stich. Ihr passte das ganz und gar nicht. Aber wer war sie schon, dass sie ihm eine Szene machen durfte. Ein Räuspern erklang neben ihr. Sie blickte auf und Saguru setzte sich zu ihr. „Ich gratulier dir. Dass es so ernst zwischen euch ist, wusste ich nicht.“

Aoko schluckte beschämt. „Saguru.“ Auch ihr war das alles nicht bewusst und sie verstand immer noch nicht, wieso ihre Oma sie in diese Situation gebracht hatte. Was bezweckte ihre Großmutter damit? Ihre Augen wichen von dem Blonden zu Kaito, der sich geschickt und taktvoll auf der Tanzfläche amüsierte.

„Ich wollte dir wirklich nicht zu nahetreten“, sprach der junge Mann unbeirrt weiter, obwohl seine Augen zu Kaito wanderten. „Ich hoffe, er weiss was er an dir hat.“

Aokos Blick ging zu Saguru zurück. Er wirkte bedrückt. Und es tat ihr leid, dass sie ihm offenbar falsche Hoffnungen gemacht hatte. Obwohl hatte sie das überhaupt? Wenn die Umstände anders wären, hätte sie sich durchaus auf ein Date mit ihm eingelassen, sicherlich hätte sie ihn dann besser kennengelernt und wer weiß was aus ihnen geworden wäre…

„Ich wünsche dir alles Gute für deine Zukunft.“

Er sah sie lange an und Aoko versank in den braunen Augen ihres Gegenübers. Sie erinnerte sich an den Abend am Pool und wie er für einen klitzekleinen Moment ihre Lippen berührte. Was wäre nur gewesen, wenn Kaito nicht in diesen Moment geplatzt wäre? Auch er wandte seinen Blick nicht ab. Wie von Zauberhand näherten sich ihre Gesichter einander. Sie spürte seinen Atem, schloss ihre Augen, ließ es wieder einmal geschehen. Jedoch war es Saguru der räuspernd seinen Kopf zur Seite drehte. „Wir sehen uns sicherlich wieder.“ Beide öffneten die Augen, fanden sich und er rang sich ein Lächeln ab. „Mach es gut.“ Schon stand er auf und ging davon.

Aoko blieb reglos sitzen. Wusste nicht mehr was sie denken oder fühlen sollte. Ihr Blick wich zu ihrem Scheinfreund. Er hatte die Tanzpartnerin gewechselt und tanzte jetzt ausgerechnet mit Akako. Sie sah, wie diese Frau sich eng an ihn schmiegte und ihre Hand auf seinen Hintern legte. Warum verstand seine Ex nicht, wann sie verloren hatte? Warum kämpfte sie weiterhin, um ihn zurückzubekommen? Die beiden zusammen zu sehen, ließen Unsicherheiten aufsteigen.

Kaito hatte sie geküsst, sie hatten miteinander geschlafen. Warum und wieso flirtete er nun mit Akako?! Am liebsten wäre Aoko gegangen, doch dann fiel ihr Blick auf den Ring. Sie war die Verlobte von diesem Dummkopf. Er hatte dieses Theater begonnen, er hatte sich nun auch noch zum Schein mit ihr verlobt. Nun war sie an der Reihe und würde ihn mit seinen Entscheidungen konfrontieren und ihn vor vollendete Tatsachen stellen. Entschlossen stand sie auf, ging zu dem tanzenden Paar, legte Kaito ihre Hand auf die Schulter und sprach laut und betont freundlich: „Entschuldigt bitte, aber jetzt möchte ich gern mit meinem Verlobten tanzen.“ Akako musterte sie wütend, während Kaito ihr seine Aufmerksamkeit schenkte. „Du tanzt doch mit mir, oder Schatz?“ Dabei suchte sie seine Augen. Er antwortete nicht, sah sie einfach nur überrascht an. Wie würde er reagieren? Immerhin war sie gar nicht berechtigt sich hier einfach dazwischen zu drängen. Wenn ihm das jetzt nicht passte? Sie würde sich in Grund und Boden schämen. Ihr anfänglicher Mut und ihre Entschlossenheit schlugen wieder in Unsicherheit um, je länger er sie mit seiner Antwort warten ließ.

„Ja, klar doch… Schatz?“ Er löste sich von Akako mit einem entschuldigenden Blick und wandte sich Aoko zu.

Pure Erleichterung durchströmte sie. Er spielte nach wie vor mit. Immerhin war es auch auf seinen Mist gewachsen. Ein kurzer Blick zu Akako, die bereits entrüstet ihren Mund öffnete, um sicherlich gleich wieder einen giftigen Kommentar abzugeben. Aber dazu würde Aoko es nicht kommen lassen. Sie drehte sich ihrem „Verlobten“ zu, umschlang seinen Nacken und stellte sich auf die Zehenspitzen. Im nächsten Moment zog sie ihn zu sich und verschloss seine Lippen. Kaum spürte sie seinen Mund auf ihrem, stellte sich das wohlige Prickeln wieder ein. Sie kam nicht umhin es zu genießen und vielleicht nutzte sie es auch ein klein wenig aus.

Akako zumindest schwieg und Kaito begann sich auf ihren Kuss einzulassen.

Ihr Herz klopfte ganz aufgeregt, als er sie in ein zartes Lippenspiel verwickelte. Nun kam der Moment alles um sich herum auszublenden und sich nur auf diesen attraktiven Mann zu konzentrieren. Zu ihrem Bedauern beendete Kaito das süße Spiel und lehnte seine Stirn an ihre. Aoko fühlte nur noch und wollte noch nicht ihre Augen öffnen, wünschte sich mit ihm weit weg zu sein.

„Wir sollten tanzen, ansonsten garantiere ich für nichts mehr“, raunte er leise.

Überrascht öffnete sie ihre Augen und verlor sich in diesem Tiefblau. Im nächsten Moment schob er sie in Tanzposition und setzte mit dem nächsten Takt in den Tanz ein. Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, wie Akako wütend zu ihnen sah. Ehe sie sich dazu weitere Gedanken machen konnte, zog Kaito wieder ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Womit hab ich diesen Kuss verdient?“

Aufgeregt schlug ihr Herz in ihrem Brustkorb. „Wir sind verlobt. Alle löchern mich deswegen. Ich denke mal, nun ist das einfach offensichtlich durch uns bekannt gegeben.“

„Und das hat nichts mit Akako im Speziellen zu tun?“

Aoko riss entsetzt ihre Augen auf. „Nein, wie kommst du bloß darauf?“

Kaito versank in Gedanken. „Nur so...“

Klang er enttäuscht? Sie musterte ihn. Er spielte hier ein Spiel. Warum auch immer, aber alles war hier nicht ernst gemeint. Eigentlich wollte sie morgen beim Frühstück die Karten auf den Tisch legen, das war nun Dank ihrer Oma unmöglich geworden. Nun da sich auch noch ihre Eltern mit einmischten und munter von der bevorstehenden Hochzeit berichteten, wusste sie überhaupt nicht mehr, wie sie diese Theater noch beenden sollte.

„Amüsierst du dich denn gut?“

Aoko ließ sich von Kaito über die Tanzfläche führen. „Ja, ausgesprochen gut. Den größten Teil meiner Verwandtschaft habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen und das Einzige was sie zu meiner Person wissen wollen ist, ob es stimmt dass wir verlobt sind und wann wir heiraten. Als gäbe es kein anderes Thema mehr.“

„Sie interessieren sich für dich. Das ist doch schön“, stimmte Kaito zu.

„Nein Interesse an mir hat hier keiner. Sie verstehen nicht, was jemand wie du an mir findet. Wie Akako eben auch.“ Sie suchte Kaitos Augen. „Sieh dich doch mal an. Du könntest an jedem Finger zehn Frauen haben. Du bist mit Abstand hier der attraktivste Mann und keineswegs zu verachten und ich bin … eben nur ich …“

Kaito hielt inne und musterte sie aufmerksam. „Warum nur hast du so ein schlechtes Selbstbild von dir?“

„Die ewige Jungfrau, die noch nie einen Freund hatte und noch nicht mal einen heimlichen Verehrer?“

„Die Sache mit den heimlichen Verehrern ist folgende: wüsstest du von ihnen, wäre es nicht mehr heimlich.“ Er beugte sich zu ihr. „Zudem kann ich bezeugen, dass du definitiv keine Jungfrau bist.“ Er lauschte auf den Takt der Musik und führte sie wieder in den Tanz. „Du hast einen Bruder, der dich vor allem beschützen möchte, besonders vor männlichen Wesen. Dich kennen zu lernen wird dadurch nicht einfacher.“

„Du hast mich kennen gelernt“, stellte sie gedankenverloren fest. „Außerdem lebe ich in Tokio, weit weg von Shinichi und nicht mal dort scheint sich jemand für mich zu interessieren.“

„Hakuba hat Interesse an dir.“ Überrascht blickte sie auf. „Ihr habt euch doch auch schon geküsst.“ Aoko musterte ihn aufmerksam. „Es tut mir leid, dass ich einfach so reingeplatzt bin“, fügte er hinzu, ohne sie zu Wort kommen zu lassen. „Du bist mir noch nie unwichtig gewesen und seit wir uns am Flughafen wieder getroffen haben, habe ich das Gefühl es dieses Mal richtig machen zu müssen.“ Ihre Augen wurden größer, konnte kaum glauben, was sie hörte. „Du bist gestern Abend so plötzlich verschwunden und ich habe dich gesucht. Als deine Großmutter sagte, dass du mit Hakuba zum Pool bist, kam es über mich. Und als ich euch zusammen gesehen habe… da ist mir eine Sicherung durchgebrannt.“ Er stockte. „Lass uns verschwinden und reden. Ich hab dir so einiges zu erzählen.“ Aoko sah ihm in die Augen, immer noch unfähig zu antworten. Schon spürte sie seine Hand an ihrer und wie sich ihre Finger verknoteten. Dann folgte sie ihm in den hinteren Teil des Gartens.

„Mein Vater war ein großer Magier.“

Aoko nickte. Natürlich wusste sie das bereits, immerhin kannte sie Kaito und seine Eltern. Sie selbst war oft mit Shinichi und Kaito auf seinen Shows und auch ihre Eltern waren seit ihrer eigenen Schulzeit miteinander befreundet.

„Seit seinem Tod hat sich meine Mutter komplett in sich zurückgezogen. Und deine Familie, Shinichi, ist immer für mich da gewesen. Ich konnte bei euch ein- und ausgehen, ich war immer willkommen und hatte das Gefühl ein Teil eurer Familie zu sein.“

Zum ersten Mal seit langem reagierte Aoko auf ihn. Sie legte mitfühlend ihre Hand auf seinen Unterarm. „Du bist ein Teil unserer Familie. Ich kann mich an keinen Tag ohne dich erinnern.“ Sie lächelte ihm entgegen, als er seine blauen Augen auf sie richtete. „Meine Freundinnen waren immer neidisch auf mich, weil ich zwei große Brüder hatte.“

Sein Blick wurde ernst. Er drehte sich ihr ganz zu und umfasste sie sanft an ihrer Hüfte. „War ich denn ein Bruder für dich?“

Aoko verfing sich in seinen Augen. „Ich hätte mir mehr gewünscht.“

„Ich mir auch“, gestand er ihr.

Ihre Augen wurden größer. Aber er war mit Akako in der Oberstufe zusammen. Er hätte sich mehr gewünscht? War das sein Ernst? Ihr blieben die Worte im Hals stecken, unfähig einen klaren Satz zu formen.

Unsicher umfasste er ihre Hände, streichelte ihre Finger und setzte sich rückwärts in Bewegung, dabei zog er sie mit sich mit. „Das muss äußerst verwirrend für dich sein. Shin ist mein bester Freund und du warst immer seine kleine Schwester. Als ich dann in die Pubertät kam wurde mir schnell klar, dass du mir sehr wichtig bist.“ Er atmete tief durch, löste seine linke Hand von ihrer rechten und schlenderte mit ihr weiter durch die Dunkelheit. Die andere Hand verknotete sich fester mit ihrer. „Ich kam nun noch öfter nur um dich zu sehen, doch Shin gab mir schnell zu verstehen, dass ich die Finger von dir lassen soll. Natürlich wusste er, dass ich dir nicht näherkommen werde und mir wurde auch klar, dass es mit uns keine Zukunft hatte. Dennoch übermannten mich meine Gefühle dir gegenüber und jedes Mal wenn es zu gefährlich wurde verwickelte ich dich in einen unverfänglichen Zaubertrick oder trieb meine Scherze mit dir. In der Oberstufe lernte ich dann Akako kennen und verliebte mich in sie.“

Es tat weh zu hören, dass er sich in Akako verliebte. Sie sah ihn fast täglich bei sich zuhause. Sie verzehrte sich nach ihm und seiner Nähe, wünschte sich, dass er nur Augen für sie hatte, sehnte sich danach, dass ihre Liebe erwidert wurde.

„Sicherlich hat Akako sich das mit uns und unserer Zukunft anders vorgestellt, aber für mich war sehr früh schon klar, dass ich in die Fußstapfen meines Vaters treten werde. Für mich bot sich dann die einmalige Chance nach Las Vegas zu gehen. Akako hat es nie verstanden. Und in diesem Moment wurde mir klar, dass die Oberstufe und die Zeit mit ihr nicht das war, was ich wollte. Ich habe mich so sehr nach dir gesehnt, dass ich zu euch bin um dir endlich zu sagen, was ich für dich fühle. Du bist in diesem Moment in deinen Badesachen die Treppe heruntergekommen, wolltest in euren Pool und … warst so schön. Ich wollte es dir sagen, aber tat es nicht. Ich wusste nicht, für wie lange ich fort sein würde. Es wäre dir gegenüber unfair gewesen.“

Es war der Tag des Abschieds, als er die Rose hervorzauberte. Aoko erinnerte sich an ihr letztes Treffen vor seiner Abreise.

Kaito führte sie zum Pavillon, der wieder verlassen und dunkel im hinteren Garten verweilte. Nichts erinnerte mehr daran, dass hier am Vorabend eine Party stattfand.

Aoko löste ihre Hand aus seiner und trat andächtig zum Pavillon und die Treppenstufen hinauf. Die Erinnerungen an ihren verstorbenen Grandpa kamen erneut in ihr auf. Wie er es liebte, hier Feste zu feiern, Freunde einlud und im geselligen Beisammensein die Aufmerksamkeit seiner Gäste beanspruchte. Kaito war auch oft mit dabei. Hätte er nur früher den Mund aufgemacht, dann hätten sie so viel Zeit miteinander gehabt. Warum nur hat er sich von ihrem Bruder so einschüchtern lassen? Zaghaft strich Aoko über das steinerne Geländer, während sie Stufe für Stufe hinauf ging und sich wenig später inmitten des geräumigen überdachten Freisitzes einfand. Sie spürte, wie ihr Begleiter hinter sie trat und sich ihrem Rücken näherte. Wenig später fühlte sie seine warmen Hände auf ihrer Schulter.

„Als ich dich am Flughafen traf und du ohne Begleitung warst, es war wie ein Wink des Schicksals. Alles in meinem Kopf rief mir zu, es dieses Mal richtig anzustellen. Wir haben uns gesehen und es war, als hätten wir uns nie aus den Augen verloren. Als deine Großmutter dich nach einem Freund fragte, ergriff ich die Chance. Natürlich war es nicht der geschickteste Schachzug, aber so überrumpelten wir auch Shin und er hat es doch ganz gefasst aufgenommen.“ Er stockte kurz. „Ich genieße jede Minute mit dir, jede Berührung, jeden Moment“, gestand er ihr. Sie drehte sich überrascht um und verlor sich wieder in seinen Augen. Schon umfing er ihre Wangen mit seinen Händen und zog sie in einen zarten Kuss. Sie fühlte nur noch. Seine Wärme, seine Leidenschaft. Es wurde ihr mit einem Mal klar. Alles. Aber konnten sie eine Beziehung basierend auf einer Lüge weiter ausbauen?



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