Kapitel 5 Was geschieht hier?
Arthur starrte immer noch mit gezogenem Schwert auf seinen Freund. Doch glauben, was er sah, konnte
er nicht. Aus Merlin kamen helle, leuchtende Stränge. Diese wickelten sich um diesen und bildeten einen
schützenden Kokon. Arthur stand für kurze Zeit wie erstarrt. Starrte einfach nur auf den
leuchtenden Kokon vor ihm, bis er den Kopf schüttelte und zum Bett trat. Das konnte nur Magie sein!
Vorsichtig und auf einen Angriff gefasst, berührte er mit der Schwertspitze die Lichthülle.
Aber nichts geschah. Kein Angriff, nichts, aber er konnte sie auch nicht zerschneiden, um an Merlin
heranzukommen. Diesen sah er zum Glück noch durch diese leuchtende Barriere und er schien auch
nicht, dadurch verletzt zu werden.
Zögernd streckte Arthur jetzt eine Hand dem Kokon entgegen und als er diesen berührte, keuchte er auf.
Eine Welle von Gefühlen traf ihn völlig unvorbereitet. Aber es war nicht bösartig. Es war warm,
freundlich und beschützend. Verblüfft strich er weiter darüber, doch kein Angriff kam. Diese netten
Gefühle beruhigten Arthur eher. Aber als er die Hand wegnahm, waren diese Gefühle wieder weg. Etwas
benommen schüttelte er den Kopf und lief dann schnell zur Tür. Er riss sie auf und zog sie hinter sich zu,
um den Schein des Kokons zu verstecken. Sollte das bekannt werden, würde Merlin angeklagt,
wegen Magie. Aber Merlin schlief mit hohem Fieber. Er konnte somit das gar nicht verursachen, richtig?
„WACHEN!“, rief Arthur dann laut, nachdem er sich versichert hatte, dass die Tür hinter ihm richtig zu
war. Arthur brauchte nur kurz warten, dann erschienen Zwei der Wachen vor ihm. "Was können wir für
euch tun, Sire?", fragte die eine Wache, nachdem sich beide verbeugt hatten. „Holt Gaius und meine
engsten Ritter Sir Leon, Sir Lancelot, Sir Persival, Sir Elyan und Sir Gwaine hier her. Es ist dringend!“,
befahl er. Die Wachen nickten und liefen los. Arthur seufzte und ging zurück zu Merlin. Nur wusste er
nicht, was er tun sollte. Er konnte nur hoffen, dass Gaius etwas wissen würde.
Kurz Zeit später klopfte es und die Ritter kamen mit Gaius herein. Doch blieben alle wie angewurzelt
stehen, als sie zu Merlins Bett sahen. „Was ist das da bitte?!“, rief Gwaine, immer noch verschnupft, aus.
„Ich weiß es nicht, aber es hüllt Merlin komplett ein und man kommt nicht durch. Doch es greift nicht an.
Gaius, sag mir was das ist und wie man es loswird!“, entgegnete Arthur. Langsam kamen alle näher.
Während die Ritter misstrauisch blieben, ging Gaius ganz nah heran. Als er eine Hand, wie zuvor Arthur,
auf den Kokon legte, weiteten sich seine Augen. „Faszinierend… so rein… Bemerkenswert…“, murmelte
er dabei vor sich hin.
„Und was ist das jetzt? Merlin scheint es ja nicht zu verletzen, soweit man ihn durch dieses Ding sehen
kann.“, drängte Lancelot.
Gaius wandte sich um. Als er die besorgten und angespannten Männer vor sich sah, stahl sich ein
Lächeln auf seine Lippen. „Das hier ist reine Magie in ihrer ursprünglichen Form. Wer auch immer sie
Merlin geschickt hat, hilft ihm. Sie basiert nicht auf Sprüchen oder Ritualen. Ihr könnt eure Schwerter
wegstecken, denn von dieser Magie geht keine Gefahr aus. Obwohl ich sagen muss, so etwas habe ich
auch noch nie gesehen, sondern nur davon gehört.“, erklärte Gaius, wobei er den letzten Teil hinzufügte
als er sah, dass den Rittern Merlins Wohl am Herzen lag.
Arthur runzelte aber die Stirn. „Wie kann Magie ursprünglich sein? Alle Magie ist schlecht. Und was soll
das heißen, sie hilft Merlin? Erklärt Euch!“, befahl er, denn dass hier verwirrte ihn, war er doch anders
aufgewachsen. Gaius konnte sehr gut verstehen, was in dem Prinzen und den anderen vorging. Vielleicht
waren diese jungen Männer aufgeschlossener zu Magie. Er hoffte es um Merlins Willen. Zumindest hatte
Arthur keine Wachen alarmiert, um Merlin in den Kerker werfen zu lassen. „Setzt euch bitte. Ich werde
versuchen, es zu erklären. Vor der großen Säuberung gab es viele Arten von Magie. Sie wurde zum
Heilen, zum Schutz – sprich weiße Magie - aber auch leider zu dunklen Zwecken - sprich schwarze Magie
- gebraucht. Diese Magie hier basiert aber nicht auf erlernten Sprüchen oder Ritualen. Sie ist eine reine
Form. Berührt man diesen Kokon, geht nichts Negatives von ihm aus. So ist es weiße Magie, genauer
gesagt Heilmagie. Ich bin mir sicher, Merlin wird durch diese geheilt und damit niemand dabei stört, ist
dieser Schutz undurchdringlich um ihn. Das Einzige, was wir machen können, ist abzuwarten und zu
beobachten.“, versuchte Gaius es so einfach wie möglich zu erklären, nachdem sich alle an seinen großen
Tisch gesetzt hatten.
Die Anderen hatten Gaius Ausführungen aufmerksam gelauscht. Zu dem Erstaunen aller, spricht Leon als
erstes. „Das heißt, diese Magie um Merlin funktioniert wie dieser Kelch, mit dem die Druiden mir mein
Leben retteten? Er wird also bald gesund und munter aufwachen, wie immer?“, sprach dieser
hoffnungsvoll. Als Gaius daraufhin nickte, spürte man ein Aufatmen im gesamten Raum. Nur Elyan
runzelte angestrengt die Stirn. „Das ist wundervoll. Aber wer hat Merlin diese Magie geschickt?
Schließlich ist Magie in Camelot auf Todesstrafe verboten. Und ich denke nicht, dass Merlin mit
Zauberern verkehrt.“, wandte dieser ein. Gaius sowie Lancelot waren bemüht, neutrale Mienen
aufzusetzen, sie wussten beide schließlich von Merlins Gabe und ein bisschen mehr. Gaius hatte den
Verdacht, dass es Merlins eigene Magie war, die ihn heilen wollte.
Doch bevor jemand dazu etwas sagen konnte, flackerte der Kokon und verblasste nach und nach immer
mehr, bis er ganz verschwunden war. „Merlin“, rief Gwaine, der es als erstes bemerkte und stürzte zu
seinem Freund, die Anderen dicht hinter ihm. „Lasst mich bitte durch und macht etwas Platz.“, sprach
dann Gaius und trat an das Bett.
Fachmännisch überprüfte er Puls, Atmung, Temperatur und vieles mehr. Dabei ignorierte er die
angespannten Männer um sich herum. Merlin sah jetzt viel besser aus. Seine Wangen hatten wieder
eine gesunde Farbe, seine Atmung ging ruhig und regelmäßig, kein rasselnder Husten mehr. Genauso
hatten sich das hohe Fieber und der Schüttelfrost verabschiedet. Das Einzige, was noch auf Merlins
kritischen Zustand hinwies, waren seine durchgeschwitzten Kleider.
„Ich denke, er ist über den Berg. Sein Fieber ist weg und auch sehe ich keine anderen Symptome mehr.
Lassen wir ihn ruhen. In ein paar Tagen spätestens dürfte er von allein aufwachen.“, sprach dann Gaius
die erlösenden Worte. Es war als ob jedem ein schwerer Stein von den Schultern gefallen wäre. „Ähm,
sollten wir ihn nicht in andere Kleider stecken? Diese sind doch schon arg mitgenommen.“, warf dann
Gwaine ein. Da verzog Gaius das Gesicht. „Das würde ich empfehlen. Nur besitzt Merlin nicht allzu viel
Kleidungsstücke und die, die er trägt, waren die letzten sauberen, bis auf seine Dienergewänder.“,
erklärte er etwas beschämt. Da Merlin aus bäuerlichen Verhältnissen kam, hatte er nie viel besessen und
den Großteil des Lohnes, den er für seine Dienste als Diener bekam, schickte er seiner Mutter zur
Unterstützung.
Lancelot seufzte. „Ich hole etwas von mir. Es dürfte zwar etwas zu groß sein, aber besser als nichts.“,
meinte er, als er schon fast zur Tür raus war. Arthur schüttelte nur über Merlin den Kopf. „Warum hat er
nicht gesagt, dass er ein paar mehr Kleider zum Wechseln braucht. So schwer ist das doch nicht. Das
dürfte selbst Merlin hinbekommen…“, murmelte Arthur mehr zu sich selbst, als zu den anderen.
„Nun, Merlin ist es seit klein auf gewöhnt, so zu leben. Da er es nicht anders kennt, sah er wohl keine
Veranlassung, es zu ändern. Ihr könnt diese Gegebenheit mit ihm ja klären, sobald er wach ist.“,
versuchte Gaius, Merlin etwas in Schutz zu nehmen. Durch diese Worte erinnerte sich Arthur daran, dass
Merlin gesagt hatte, bei ihrer Mission, Ealdor vor Banditen zu retten, dass das harte Bett hier in
Camelot für ihn der pure Luxus wäre. Jetzt verstand Arthur das so langsam. Doch es zu akzeptieren, war
er weit entfernt davon. Schließlich kannte er nur das Leben in der obersten Schicht. Der kurze Aufenthalt
bei Gwen hatte ihm aber etwas die Augen geöffnet.
Deswegen winkte er Gaius' Erklärungsversuche ab. „Lasst gut sein. Jetzt gerade ist es nicht zu ändern.
Doch in Zukunft wird er genug Kleider zum Wechseln haben, dafür werde ich Sorge tragen“ und wenn ich
persönlich den Auftrag dafür bei den Hofschneiderinnen erteile, fügte er in Gedanken hinzu. Doch laut
aussprechen würde er dies nie.
Dann fiel ihm wieder ein, was Gaius gemeint hatte, ein paar der Verletzungen von Merlin zu kennen. Nur
aus Sorge um seinen tollpatschigen Diener und Freund war er diesem nicht weiter nachgegangen. „So
lange wir warten, könntet ihr uns aber sagen, welche der Verletzungen Ihr von Merlin schon kanntet und
woher er diese hat.“, lenkte Arthur das Thema, was alle Ritter hier im Raum - seit Merlins Eisbadetag -
durch den Kopf ging, wieder in den Vordergrund, jetzt, da Merlin auf dem Weg der Besserung war.
Als Gaius sich wieder im Fokus aller befand, hätte er am liebsten alle rausgeschmissen und verfluchte,
dass Merlins Freunde so hartnäckig sein konnten. Wenn diese weiter so nachforschten, würden Merlins
Geheimnisse und seine Gabe sicher bald ganz aufgedeckt werden. „Setzt euch doch alle wieder.“, meinte
er seufzend. Sobald alle saßen, atmete Gaius noch einmal tief durch und fing an zu erklären. „Nun gut.
Ein paar kleine Narben stammen aus seiner Zeit in Ealdor, nur hat er mir nicht erzählt, wie er sie
bekommen hat. Hier in Camelot hat er sich auch einige zugezogen. Doch das waren eher kleine Unfälle
bei seinen Aufgaben - blaue Flecken oder ein paar Prellungen - wenn er euch im Training half. Kleine
Schnitte und so, zog er sich oft zu, in seiner Anfangszeit als Diener . Aber woher er seine anderen
Verletzungen hat, weiß ich nicht.“
Gwaine zog eine Augenbraue hoch. "Das erklärt aber nicht, wo er den ganzen Rest her bekommen hat.
Aber sagt, Gaius, warum sagt Ihr, dass Merlin immer in der Taverne ist? Wohin verschwindet er da
immer?", forderte dieser. "Dies kann ich euch nicht sagen, da ich es selbst nicht weiß. Da müsst ihr
Merlin schon fragen. Ich sagte dies, um sein Verschwinden zu erklären, Sire, damit er keine so großen
Probleme bekam.", versuchte Gaius, sich etwas aus der Affäre zu ziehen. Arthur zog eine Augenbraue
hoch. "Darüber reden wir, wenn ich Merlins Version gehört habe. Da es ihm besser geht, wird er uns bald
die Antworten auf unsere Fragen beantworten.", sagte er mit seinem Befehlston, der keine Widerworte
oder anderes Ausweichen zuließ.
Die Tür ging auf und Lancelot kam - mit einem Stapel Kleider über dem Arm - wieder in den Raum. "Diese
dürften passend für Merlin sein. Sie sind warm genug, so dass er nicht frieren dürfte. Persival hilfst du
mir?", meinte er, als er zu Merlin schritt. Persival erhob sich vom Tisch mit einem "natürlich" und lief zu
den beiden hinüber.
Zusammen hatten sie Merlin schnell entkleidet. "Das glaub ich jetzt nicht. Seine noch nicht verheilten
Verletzungen sehen aus wie einige Wochen alte Narben.... Dieses Magieding hat ihn wirklich geheilt.",
rief Lancelot fassungslos. Die anderen sahen überrascht zu ihm. "Was?!", fragte Elyan. Nun wollten die
anderen sich ebenfalls von dieser Aussage überzeugen. Persival schüttelte ungläubig den Kopf. "... Ich
weiß nicht, was für Freunde Merlin noch hat, aber diese müssen definitiv mächtig sein.", meinte er
beeindruckt.
Vielleicht braucht er diese auch, kam Arthur der Gedanke, als er seinen Freund so auf dem Bett liegen
sah. "Hoffen wir nur, dass sie uns auch wohlgesonnen sind. Kleidet ihn jetzt an. Es ist spät und wir sollten
uns alle etwas ausruhen nach den Ereignissen. Leon, der Wachdienst bleibt weiterhin bestehen, zu
Merlins Schutz", befahl Arthur und fügte in Gedanken hinzu und auch um Merlin davon abzuhalten, sich
weiter in Schwierigkeiten zu bringen. Die anderen nickten. Lancelot und Persival steckten Merlin schnell
in dickere Kleider und deckten diesen richtig zu. "Was haltet ihr von dem Vorschlag, Sire, wenn Merlin
wieder aufwacht und es ihm soweit gut geht, ihn zum Reden zu bringen. Da er das Bett noch hüten
muss, kann er nicht weg. So hätten wir unsere Antworten und könnten schon agieren, während Merlin in
Sicherheit hier ist.", brachte Leon an. Arthur dachte über diesen Vorschlag nach. Das war keine schlechte
Idee und allemal besser, als ihn tage- oder wochenlang zu beschatten, um Antworten zu bekommen. Als
er nickte, bemerkte er nicht, wie Gaius und Lancelot die Gesichter, nicht gerade begeistert, verzogen.
Lancelot wollte zwar die Hilfe für Merlin und dass mehr auf dessen Sicherheit geachtet wurde, aber
nicht, dass sein Freund sich jetzt schon offenbaren musste und dafür nach den Gesetzen hingerichtet
werden müsste. Gaius erging es ähnlich. Er machte sich Sorgen um Merlins Sicherheit, doch auch wie
scharfsinnig und hartnäckig Arthur wurde, wenn es um Merlin ging. Dieser schien sich wirklich um
Merlin zu sorgen. Hoffentlich ging das mal gut.