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Wegweiser

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Ihr seid beide furchtbar

Den mehr oder weniger gleichen Weg wie am frühen Morgen nehmend, hörte Sasuke dieses Mal, als er auf die Mauer sprang, die irritierte Frage eines auf dem Vorplatz des Hokagegebäudes positionierten Anbu: „Er ist schon wieder da! Sicher, dass das in Ordnung ist? Er ist doch dieser-“

Der lilahaarigen Anbu, die neben ihm stand, entfuhr ein tiefer Seufzer. „Das geht in Ordnung. Er gehört zu den Schülern des Hokage. Wahrscheinlich hat er nie gelernt, eine Tür zu benutzen.“

Sasuke musste sich zusammenreißen, um sich nicht zu fragen, wie der Satz des Anbu weitergegangen wäre. Dieser … Verräter? Dieser … Abtrünnige? Dieser … Uchiha? Waren diese Begriffe für manche in Konoha vielleicht sogar austauschbar? Erneut schüttelte er den Kopf, um diese Gedanken zu verdrängen. Es half nichts. Konoha war für ihn ein problematischer Ort, aber das hatte er zu einem Großteil selbst verschuldet. Und irgendwie musste er sich damit arrangieren, denn Konoha sollte nun die Heimat seiner Tochter werden. Dafür musste er nur hinbekommen, was er am Morgen verbockt hatte.

Wieder ohne Mühe machte er einen großen Satz und landete damit im Gebäude. Vielleicht sollte er Kakashi wirklich mal auf eine bessere Bewachung hinweisen. Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gebracht, hörte er Schritte im Flur, die ihm entgegen kamen.

Ah, der Holzty-...Yamato, korrigierte Sasuke seine eigenen Gedanken. Sakura bestand darauf, dass er ihn bei seinem Namen nannte, denn schließlich gehörte er zum Team, ob dies nun für Sasuke ungewohnt war oder nicht.

„Sasuke.“ Yamato blieb erstaunt vor ihm stehen, dann sah er zu dem offenen Fenster und schmunzelte. „Mit Türen habt ihr es beide nicht so, oder?“

Als er dies sagte, verfinsterte sich die Miene des Jüngeren.

„Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte der brünette Shinobi daraufhin, bekam allerdings keine direkte Antwort, denn Sasuke grummelte in Gedanken.

Wollte ihn heute jeder darauf stoßen, dass er und Kakashi sich nicht unähnlich waren? Oder wurmte es ihn gerade nur so sehr, weil ihm diese Erkenntnis so spät gekommen war?

„Wo ist Kakashi?“

„Der Hokage ist im Besprechungszimmer“, antwortete Yamato und zeigte den Flur hinunter.

Sofort ging Sasuke schnellen Schrittes in die ihm gezeigte Richtung, stoppte aber plötzlich, knurrte ein „Danke“ und führte seinen Weg fort, während er einen verwundert den Kopf schüttelnden Yamato zurückließ.

 

Die Tür war nur angelehnt und Sasuke zögerte, den Raum zu betreten. Er wollte es vermeiden, das Desaster vom Morgen zu wiederholen und dies bedeutete, dass er seinen ersten Impuls, nämlich Kakashi einfach weiter Vorwürfe zu machen, unterdrücken musste.

„Ich hoffe, du hast dich bei Sai bereits entschuldigt“, ertönte Kakashis Stimme aus dem Zimmer.

Als Sasuke die Tür aufmachte und eintrat, stand der Hokage mit ein paar Dokumenten in den Händen im Raum und sah ihn abwartend an.

„Noch nicht.“ Der Uchiha ließ die Tür hinter sich wieder zufallen, ohne dass diese richtig ins Schloss fiel.

„Noch nicht? Das heißt, du hast es noch vor?“

„Ich habe ein wenig überreagiert. Das gebe ich zu.“

„Wir beide wissen, dass du niemals nur ein wenig überreagierst.“ Kakashi atmete hörbar aus. „Nun gut, setz dich und sag mir, was das sollte.“

Der Jüngere tat wie ihm gesagt worden war und nahm auf einem der Sofas Platz, während der Sechste sich auf das ihm gegenüberliegende setzte.

„Wir sind uns in mancherlei Hinsicht ähnlich“, äußerte Sasuke unvermittelt.

Überrascht von dieser Aussage stutzte Kakashi. „Das ist mir nicht so neu, aber bitte, sprich weiter. Ich bin gespannt, wo das hinführt.“

„Wir sind beide schlecht darin, uns vernünftig mitzuteilen und irritieren damit alle, mit denen wir reden.“

„So langsam frage ich mich, ob du zurückgekommen bist, um mich weiter schlecht zu machen?“

„Ich war wütend auf dich, wegen dem, was du gesagt hast, als wir euch von Sarada erzählt haben.“

„Oje.“ Kakashi nahm Luft. „Das war-“

„Ich bin noch nicht fertig“, unterbrach Sasuke ihn streng. „Bis mir klar wurde, dass wir uns ähnlich sind und du etwas anderes gemeint haben musst, als du dies sagtest.“

Schweigend sahen die beiden Männer sich an, bevor dem Älteren ein kurzes Lachen entwich. „Mit dieser Entwicklung für das Gespräch hatte ich nicht gerechnet. Du kannst mich ja doch noch überraschen, Sasuke.“

„Dann begriff ich, dass ich nicht nur deswegen wütend auf dich bin“, fuhr der Uchiha unbeirrt fort.

„So?“ Kakashi hörte ihm mehr als aufmerksam zu. Ein solch offenes und ehrliches Gespräch hatte er wirklich nicht erwartet. Besonders nicht mit Sasuke.

 

Sakura hechtete den Vorplatz entlang. Keine Sekunde mehr wollte sie noch darauf warten, die Angelegenheit mit Kakashi zu klären. Sie hörte, wie eine Anbu-Wache genervt „Was ist denn bei denen los?“ fragte und eine Stimme, die sie Yugao zuordnen konnte, antwortete: „Bei denen ist das normal.“

Zwei Stufen auf einmal nehmend lief die Kunoichi die Treppe hinauf und rannte im Flur beinahe Yamato über den Haufen.

„Wo ist Kakashi?“

„Huh?“, entgegnete er verwundert. „Der Hokage ist im Besprechungszimmer. Was ist denn-“

Sakura war bereits wieder losgelaufen, machte aber plötzlich kehrt, rannte zurück und umarmte ihn. „Danke“, hauchte sie, ehe sie weiterlief.

Nachdenklich und dezent errötet sah Yamato ihr hinterher. „Hmm, so langsam verstehe ich, wieso man unser Team verrückt nennt.“ Er schüttelte abermals den Kopf und zuckte letztendlich mit den Schultern. Verrückt, aber liebenswert traf es vielleicht eher, dachte er schmunzelnd und setzte seinen Weg fort.

Währenddessen war Sakura am Besprechungszimmer angekommen, bremste ab und hielt erschrocken inne, als sie durch den schmalen Spalt, den die nicht geschlossene Tür formte, eine ihr wohlbekannte Stimme vernahm.

„Ich hatte mehr von dir erwartet“, hörte sie Sasuke vorwurfsvoll sagen.

„Du hattest … mehr von mir erwartet? Ich bin verwirrt.“ Der Hokage wusste nicht so recht, was er antworten sollte. Er hatte angenommen, Sasuke inzwischen recht gut zu verstehen, doch gerade konnte er ihm absolut nicht folgen.

„Wenn du nicht auf Konoha aufpassen kannst, wer dann? Naruto ist noch weit davon entfernt, einen Hokage abzugeben und somit muss ich mich doch auf dich verlassen können!“

Sprachlos starrte Kakashi zu seinem ehemaligen Schüler, der sich weiter in Rage redete.

„Wenn ich aber nun erfahre, dass ich mich nicht auf dich verlassen kann, wie soll ich dann weitermachen?! Wie soll ich dir Konoha anvertrauen?! Kannst du mir das verraten, Kakashi?!“

Langsam fiel bei dem Älteren der Groschen. Auch wenn Sasuke lauter wurde, wusste Kakashi, dass es besser war, wenn er selbst besonnen blieb. Umso ruhiger fiel seine Antwort aus:

„Wie war das? Wir sind schlecht darin, uns vernünftig mitzuteilen, nicht wahr? Du meinst nicht nur Konoha. Du willst etwas anderes sagen. Du meinst … Sarada.“

Sasuke zog die gleiche verkniffene Miene, die Kakashi schon so oft bei ihm gesehen hatte. „Ich meine Konoha und Sarada und Sakura.“

Hinter der Tür hielt die zuletzt Genannte den Atem an.

Kakashi lehnte sich auf dem Sofa zurück. „Verstehe. Du willst sie alle in guten Händen wissen, wenn du Konoha wieder verlässt. Und als du erfuhrst, dass ich versagt habe, kamen dir Zweifel, dass dem der Fall sein wird.“

„Du kennst die Fehler, die der Dritte gemacht hat. Trotzdem scheinst du sie zu wiederholen.“

„Findest du?“ Nach wie vor ließ sich sein alter Lehrer nicht aus der Ruhe bringen, was Sasuke nicht gerade besänftigte. Nahm er ihn überhaupt ernst?

„Nun, das enttäuscht mich schon ein bisschen, das du so schlecht von mir denkst“, fuhr Kakashi fort. „Aber lass dir zwei Dinge gesagt sein: Erstens, nehme ich deine Sorgen sehr ernst-“

Ertappt zuckte der Uchiha zusammen, als er dies hörte. Warum konnte Kakashi seine Gedanken lesen?

„Zweitens, schwöre ich dir, es mit allem, was in meiner Macht steht zu verhindern, dass Konoha ins Chaos gestürzt wird. Zu Zeiten des Dritten gab es viel Uneinigkeit in Konoha, selbst in der Führung. Dank Naruto aber herrscht eine Einigkeit, die es uns ermöglicht, besser auf alle Gefahren für das Dorf reagieren zu können. Natürlich ist dies kein Allheilmittel, wie der Putschversuch uns gezeigt hat. Aber dieser konnte schnell und ohne größeren Schaden für Konoha abgewendet werden. Ich kann dir nicht versprechen, dass es in Konoha niemals wieder zu so etwas kommen kann, doch so lange ich Hokage bin, werde ich alles tun, um Konoha zu beschützen, ohne dabei Narutos Weg zu verlassen. Oder glaubst du, er hätte die Ne nach Danzous Tod verfolgt?“

Schweigend blickte Sasuke zu Boden und versuchte, das gerade Gehörte zu verarbeiten. „Nein“, antwortete er mit sich hadernd nach einer Weile, „hätte er nicht.“

„Was der richtige Weg ist, lässt sich oft nicht im Voraus sagen“, erklärte Kakashi weiter, „aber was der falsche Weg ist, lässt sich aus der Vergangenheit lernen. Ich weiß nicht, ob das als Maxime ausreicht, doch es ist alles, worauf ich mich als Hokage stützen kann.“

Der dunkelhaarige Shinobi unterdrückte das Bedürfnis, sich selbst auf die Lippe zu beißen. Wie hatte er denken können, dass Kakashi nichts unter Kontrolle hatte? Seine eigene Überheblichkeit hatte ihm mal wieder die Sicht verblendet. Er selbst wäre eine Katastrophe als Hokage geworden, weil ihm die Bedachtsamkeit und Ruhe seines Lehrers fehlten.

Wie aus dem Nichts überkam Sasuke bei diesem Gedanken plötzlich ein Gefühl, das er vor vielen Jahren einmal gespürt hatte und die Erkenntnis, die dieses Gefühl mit sich brachte, traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Es war das Gefühl von Sicherheit, das er gespürt hatte, als er zwölf Jahre alt gewesen war und verängstigt Zabuza gegenüber gestanden hatte. Kakashi hatte ihm damals diese Sicherheit gegeben. Es war schon immer etwas an dem Jonin gewesen, dass einen denken ließ, dass alles gut würde, solange er nur da war. Ja, Kakashi hatte immer alles unter Kontrolle – und so wie er dem Älteren damals sein Leben anvertraut hatte, konnte er auch ….

Sasuke sah wieder auf und seine Mimik verriet, wie wichtig ihm das war, was er nun vorbringen wollte. „Ich denke nicht schlecht von dir.“

Gespannt horchte der Andere auf. Offensichtlich hatte er dieses Mal die Gedanken seines Gegenübers nicht erahnen können.

„Ich denke“, sprach der Jüngere weiter, „dass du derjenige bist, der uns gesagt hat, dass du niemals zulässt, dass deine Kameraden getötet werden. Daran habe ich damals geglaubt und daran will ich heute immer noch glauben.“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause. „Ich brauche dich hier, mit diesem Versprechen, das du uns damals im Wellenreich gegeben hast, weil ich dich um etwas bitten möchte, auch wenn es mir nicht zusteht, dich um etwas zu bitten.“

Aufmerksam blickte der Hokage seinen ehemaligen Schüler an.

„Ich bitte dich darum, Sakura und Sarada zu beschützen, wenn ich nicht hier bin. Feinde, die es auf mich abgesehen haben, könnten sie ins Visier nehmen und daher muss ich sie in Sicherheit wissen.“

„Hmm“, Kakashi musste unweigerlich lächeln, „dass du mich fragst und nicht Naruto.“

„Er hat eine eigene Familie, auf die er achten muss.“

„Tja, ich muss zugeben, ich hatte angenommen, du würdest mich mittlerweile für zu schwach halten. So wie du mich zurechtweist und mir sagst, du seist enttäuscht von mir ...“

Sasuke horchte auf. Dieser verspielte Klang in Kakashis Stimme … zog er da etwa gerade mit Absicht seine Antwort in die Länge, um ihn zu ärgern?

„Es gibt aber sonst niemanden, dem ich den Schutz meiner Familie anvertrauen würde“, grummelte der junge Shinobi zähneknirschend. „Mir ist wieder bewusst geworden, dass ich mich auf dich verlassen kann.“

Amüsiert über sein Zähneknirschen lächelte Kakashi unter seiner Maske noch breiter. Was für ein Sadist er sein konnte! Wieso konnte er nicht wie ein normaler Mensch einfach darauf antworten?

„Das ist, glaube ich, das Netteste, das du je zu mir gesagt hast“, sagte der Hokage mit einem riesigen Schmunzeln im kaum sichtbaren Gesicht. „Es war wirklich unnötig von dir, das überhaupt zu fragen, denn dass ich auf die beiden aufpasse, versteht sich von selbst, aber ich freue mich trotzdem über das, was du gesagt hast.“

Ja, genau wie er erwartet hatte. „Das hättest du einfach auch direkt sagen können, anstatt mich hier schwitzen zu lassen.“

„Das wäre aber nur halb so amüsant gewesen.“

Sasuke atmete einmal tief ein und wieder aus, so wie Sakura es ihm immer sagte, wenn er seinen kühlen Kopf zu verlieren drohte. Eine Sache war da schließlich noch zu bereden.

„Du hast also kein Problem damit, dass Sakura ein Kind mit mir hat?“

„Huh?“ Kakashi blinzelte ihn erstaunt an. „Na ja, ein Problem würde ich es nicht nennen.“

Draußen im Flur krallte die Kunoichi vor Anspannung ihre Finger um den Türknauf.

„Eher … eine Sorge. Oder viele Sorgen.“ Der Sechste seufzte. „Als ich Sakura gehen ließ, um nach dir zu suchen, war ich bereits in Sorge darum, was aus euch werden soll. Ich habe mich gesorgt, dass Sakura mit einem Kind wiederkommt, um das sie sich dann alleine kümmern muss, weil mir bewusst ist, dass du nicht hier bleibst. Ich mache mir Gedanken, wie gut sie das verkraften kann und wie eure Tochter damit zurecht kommen wird, dass ihr Vater nicht oft bei ihr sein wird. Ich weiß, ich weiß, Sakura ist stark, aber auch sie hat eine Belastungsgrenze. Ich sollte euch einfach vertrauen, doch für mich werdet ihr, egal wie alt und erwachsen ihr tatsächlich seid, immer die Kinder sein, die mir anvertraut wurden. Und eine Sache kann ich dir verraten, Sasuke: Um Kinder macht man sich ein Leben lang Sorgen, selbst wenn es gute Kinder sind.“

Kaum hatte er zu Ende gesprochen, wurde die Tür aufgerissen und Sakura rannte in den Raum und umarmte, mit Tränen in den Augen, ihren alten Lehrer von hinten.

„Du bist furchtbar“, brachte sie schluchzend hervor.

„Man lauscht nicht, Sakura“, ermahnte er sie, ohne ernst zu klingen.

„Hn. Du wusstest, dass sie da steht und zuhört.“

„Und weil du dies auch wusstest, hast du überhaupt erst nachgefragt.“

„Ihr seid beide furchtbar!“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Es gibt noch ein weiteres Kapitel. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  MissBlackBloodSakura
2022-02-26T20:52:03+00:00 26.02.2022 21:52
Super Kapitel ☺️
Freue mich schon, wenn es weitergeht 😊☺️
Antwort von:  rokugatsu-go
05.03.2022 13:42
Vielen Dank für deinen Kommentar! ^^
Das freut mich, dass dir dieses Kapitel gefallen hat; es ist eines von denen, an denen ich mit am längsten gewerkelt habe.
Jetzt werde ich schon wieder ein wenig sentimental, weil es nur noch ein weiteres Kapitel geben wird. ^^°


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