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Logbuch

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Sternenstunde

„Siehst du die drei diagonalen Sterne da links? Der hellste von ihnen, in der Mitte, das ist Altair.“ Shanks wies mit der Hand hoch zum Himmelszelt und deutete auf eine der vielen Konstellationen.

Während auf dem Hauptdeck die Party noch voll im Gange war, hatte es den Kapitän und sein neustes Crewmitglied zum Bug gezogen. Seit geraumer Zeit standen sie an der Reling und beobachteten die schier unendlichen Weiten.

„Dann muss das da Vega sein!“, verkündete Kiara und zeigte auf ein weiteres helles Funkeln, nord-westlich, auf der anderen Seite der Milchstraße.

„Fast. Das ist Deneb. Vega liegt dazwischen, noch weiter oben.“ Er schmunzelte. „Sonst würde sie im Fluss baden.“

„Hat sie das nicht getan? Ich dachte, dadurch wäre Altair auf sie aufmerksam geworden.“

Die Aussage ließ den Rothaarigen auflachen. „Ich glaube, du vermischst da was mit einer anderen Sage. Oder du hast wollüstiges Seemannsgarn gehört.“

Kiara zuckte trotzig mit den Schultern. „Würde mich auch nicht wundern. Es ist ein bisschen bedenklich, auf was für Ideen manche Kerle kommen.“

Shanks stöhnte gedehnt auf. „Ja, die Fantasien eines Mannes“, begann er langsam.

„Sind meistens echt verdammt plump“, schloss Kiara kurzerhand.

Er lachte erneut. „Da ist wohl was dran. Aber siehst du? Der Himmel ist gar nicht so anders.“

Die Faszination des fremden Anblickes hatte sie zu diesem Exkurs in Astronomie geführt. Ein paar der wichtigsten Konstellationen und Orientierungspunkte konnte der Rothaarige ihr zeigen. Außerdem war es eine willkommene Gelegenheit ihr nahe zu sein, schließlich musste er die Aussicht auch von ihrem Blickwinkel aus betrachten. Und der befand sich gut anderthalb Köpfe niedriger.

„Kennst du den Polarstern?“ Kiara schüttelte den Kopf. „Er ist sehr nützlich, wenn man im East Blue umhersegelt, denn er weist immer nach Norden.“

Das klang sehr nützlich! Besonders, wenn die Kompassnadel freidrehte oder man nicht wusste, wie man sich am Kreuz des Südens orientieren konnte. „Wo ist er?“, fragte sie und versuchte nach einem auffälligen Stern Ausschau zu halten.

„Wir sehen ihn leider gerade nicht“, entschuldigte sich Shanks. „Aber wenn unser Kurs mal nördlich genug ist, kann ich ihn dir zeigen!“

„Oh, schade.“ Kiara verschränkte die Arme auf der Reling und bettete schläfrig ihren Kopf auf ihnen. „Dann hat man es im East Blue ja echt einfach zu navigieren“, murmelte sie neidisch.

„Wenn man wagemutig genug ist, durch die Nacht zu segeln, dann ja“, stimmte Shanks ein wenig zweifelhaft zu. Aufgrund der schlechten Sicht war ein solches Unterfangen nicht zu empfehlen. Zu spät erkannte man Gefahren, auf die man eventuell geradewegs zusteuerte. Es war weiser die Segel zu reffen und das Ende eines Tages zu genießen. Außerdem verdiente jeder Seemann auch seine Pause.

Ein ausgiebiges Gähnen veranlasste den Kapitän dazu, die Feierlichkeiten allmählich zu beenden und sich in seine Quartiere zurückzuziehen. Der Vize ermahnte jeden Piraten, der vorwitzig meinte einen Pfiff ertönen zu lassen, als Kiara dem Rothaarigen schnurstracks folgte. Er öffnete die Tür zur Kabine und ließ ihr höflich den Vortritt. Kaum hatten sie seine Räumlichkeiten betreten, erkannte Kiara drei grundsätzliche Wahrheiten.

Nummer Eins: Sie hatte sich noch nie auf einen Typen eingelassen – und schon gar nicht so schnell.

Nummer Zwei: Das Bett in der Ecke der Kajüte war definitiv nicht für zwei Personen ausgelegt.

Nummer Drei: Sie war eigentlich verdammt schüchtern.

Während Shanks sich aus Umhang und Hemd pellte, stand Kiara drucksend mitten im Raum und führte einen inneren Monolog, wie viele Kleidungsstücke sie wohl ablegen sollte. Sie stimmte gerade mit sich selbst überein, dass die Stiefel zumindest ein guter Anfang wären, als ihr Blick auf den bandagierten Armstumpf fiel, welcher sich ihr nun offenbarte.

„Ist das frisch?“, fragte sie und kam sich augenblicklich unglaublich blöd und taktlos vor. Sie wollte nicht starren, aber so etwas hatte sie noch nie gesehen. Piraten mit Holzbeinen, Augenklappen oder Haken waren ihr durchaus bekannt. Diese Verletzungen waren jedoch meist vor vielen Jahren bereits verheilt und nahezu stereotypisch, sodass sie Kiara kaum noch beachtete.

Shanks drehte sich verwundert zu ihr und folgte dann ihrem Blick. „Vor drei Wochen. Von einem Seekönig abgebissen.“

Kiara presste die Lippen zusammen. „Tut mir leid.“

Er zuckte mit den Schultern. „Ist schon okay. Ich habe ihn gerne für einen guten Zweck hergegeben.“ Nachdenklich strich er über die Bandagen, beinahe so als musste er sich selbst erneut über den Zustand vergewissern.

„Du bist Linkshänder… gewesen, oder?“, fragte Kiara leise. Seine Bewegungen wirkten teilweise unbeholfen, nicht routiniert und sein Schwert hing noch immer an seiner rechten Seite.

Überrascht hob Shanks die Augenbrauen. „Das hast du gut erkannt.“

„Wenn du mal jemanden brauchst, der für dich was aufschreibt, sag Bescheid. Meine Handschrift ist zwar bestimmt nicht die schönste, aber immerhin leserlich.“ Sie wusste nicht genau, warum sie ihm das anbot, aber sie konnte sich vorstellen, dass dieser Verlust nicht leicht für ihn war, egal wie fröhlich er die ganze Zeit grinste.

Shanks lächelte sie warm an. „Danke, ich werde es mir merken.“ Langsam ließ er sich auf den breiten Holzrahmen des Bettes nieder und schlüpfte aus den Sandalen. Anschließend sah er sie erwartungsvoll an. „Hast du vor in voller Montur zu schlafen? Ich mache wirklich nichts, was du nicht möchtest. Du kannst es dir also ruhig bequem machen.“

Irritiert sah Kiara an sich herab. Sie war so von seinem Arm abgelenkt gewesen, dass sie sich kein Stück gerührt hatte. Zudem war sie in ihrer Überlegung keinen Schritt weitergekommen. Während sie Mantel und Stiefel ablegte, zog sich Shanks auf die Matratze und ließ sich in die Kissen fallen. Letztendlich entledigte sie sich noch ihrer Strümpfe und dem weiten Leinenhemd, entschlossen, dass Hose und Leibchen ausreichen sollten und kletterte geschwind in das schmale Bett. Eilig legte sie die dünne Decke um sich, darauf bedacht ihre entblößte Form wieder zu verhüllen.

Neben sich konnte sie Shanks leise lachen hören. „Du bist ja tatsächlich flach.“

„Ich kann auch auf dem Stuhl schlafen“, fauchte sie ihm entgegen.

Bevor sie jegliche Anstalten dergleichen machen konnte, schlang sich ein schwerer, starker Arm um ihren Oberkörper und zog sie an die warme Brust des Rothaarigen. Mit Genugtuung vergrub er das Gesicht in ihrem braunen Schopf. „Nach einem solchen Tag hast du einen erholsamen Schlaf verdient und keinen Stuhl“, murmelte er gedämpft.

Es war überraschend einlullend, seinen Herzschlag und ruhige Atmung an ihrem Rücken zu spüren. Aus Kiaras Schultern löste sich eine Anspannung, die sie völlig vergessen hatte. Federleicht streichelte sein Daumen über ihre Seite. Ein entspanntes Seufzen entfloh ihren Lippen.

„Kuschelst du auch so gerne wie ich?“, schmunzelte Shanks leise.

„Für mein Leben gern“, gestand sie flüsternd.

Zärtlich drückte er ihre schmale Gestalt noch etwas enger an sich. „Ich bin dankbar, dass du da bist“

Mit einem wärmenden Gefühl der Geborgenheit im Bauch schmiegte Kiara zufrieden das Gesicht ins weiche Kissen. „Gute Nacht, Shanks.“



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