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Logbuch

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Sake aus dem West Blue

Der unwiderstehliche Duft von Braten, gegrilltem Gemüse und frischem Obst erfüllte das Deck des Piratenschiffes. Dazu floss der Alkohol in Massen, welches die ausgelassene Stimmung, sowie auch die Lautstärke mit jedem geleerten Krug ein gutes Stück ansteigen ließ. Zwar war die Person der Stunde nicht übermäßig fit um mitzuhalten, jedoch dämpfte das nicht die Euphorie der Crew, ihren Eintritt gebührend zu feiern.

Es war Kiara ein Rätsel, wie eine einzige Piratenbande so viel Alkohol in sich aufnehmen konnte. Mit milder Belustigung beobachtete sie ihre neuen Kameraden, wie sie umher torkelten, tanzten und vereinzelt über der Reling hingen und Platz für mehr Fusel schufen. Auch betrunken spielten die Musiker gar nicht so schlecht, sodass hin und wieder ein ordentliches Shanty angestimmt wurde.

Kiara saß erneut auf ihrem kleinen Fass am provisorischen runden Tisch und nutzte die Gelegenheit ihrem neuen Kapitän Gesellschaft zu leisten und ihn ein wenig kennenzulernen. Zur Feier des Tages hatte er den besonders guten Sake aus seinem privaten Vorrat geholt. Stolz erzählte er ihr, dass es sich um Reiswein aus seiner Heimat handelte und schenkte ihr großzügig ein.

„Ich war schon überall auf der Welt und kann mit Fug und Recht behaupten, dass das der beste Sake ist, denn du jemals trinken wirst“, predigte Shanks und half der Schale gerne den Weg zu ihrem Mund zu finden.

„Dann ist ja gut, dass das mein erster ist“, nickte Kiara und schlürfte die Flüssigkeit schnell ab, bevor etwas verschüttet wurde. Es schmeckte zwar weder nach Reis noch nach Wein, doch fand sie es generell nicht schlecht und vielleicht konnte man sich daran gewöhnen. Lediglich der leicht bittere Nachgeschmack zog ihr die Gesichtszüge zusammen.

„Hast du noch nie getrunken?“ Der Kapitän sah sie mit großen, ungläubigen Augen an.

Sie erwiderte seinen Blick unschuldig. „Offiziell? Nein. Bei uns darf man schließlich erst mit einundzwanzig Alkohol trinken“, predigte sie pflichtbewusst.

Ein verschmitztes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. „Aber du bist hier auf einem Piratenschiff“, erinnerte er sie belehrend.

Auch sie fing an herzlich zu grinsen. „Da hast du recht. Hier könnte ich gestehen, dass ich schon seit ein paar Jahren ab und an mal was getrunken habe.“ Kiara machte eine ausschweifende Handbewegung. „Aber wir haben keinen Sake. Bei uns trinkt man Rum. Oder Grog.“

„Was soll das sein?“

Kiara hielt kurz Inne um zu überlegen. „Also eigentlich heißer Rum mit Zucker und Wasser. Aber die drei schrecklich wichtigen Piraten in meiner Heimat meinten, dass da auch Kerosin, Schmierfett und Schwefelsäure drin sei.“ Sie zog skeptisch die Luft ein. „Ich glaub, die haben mich verarscht.“

Shanks lachte auf. „Diese drei schrecklich wichtigen Piraten sind also dafür da, Prüfungen zu stellen und junge Damen auf den Arm zu nehmen?“

„Ähnlich wie du, also“, offenbarte sie ihm neckisch.

„Macht mich das auch zu einem schrecklich wichtigen Piraten?“

Sie stützte das Kinn auf ihre Hand und musterte ihn ausführlich. Die richtige Ausstrahlung besaß er zweifelsohne bereits, aber er wirkte zu jung um eine solche respektable Position auszufüllen. „Nur, wenn du mir ein Zertifikat ausstellst“, entschied sie schließlich und lachte ihn leise an.

Bedacht hob Shanks seine eigene Schale mit Reiswein an. „Das erscheint mir aber ein bisschen zu einfach für einen solch renommierten Titel“, grinste er, ehe sein Gesicht hinter dem Getränk verschwand.

Da hatte er wohl recht. „Was würdest du denn dafür tun?“, wälzte sie die Frage stattdessen auf ihren Kapitän ab.

In wenigen Zügen leerte er die Schale und stellte sie mit einem zufriedenen Seufzen zurück auf den Tisch. „Es muss schon etwas großes sein“, gab er zu bedenken.

„Zum Beispiel einen legendären Schatz finden?“

Shanks nickte. „Zum Beispiel. Oder einen sehr mächtigen Gegner im Kampf schlagen.“

„Oder eine riesige Flotte befehligen“, schlug Kiara vor.

„Ein hohes Kopfgeld ist ein guter Indikator.“

„Oder wenn die bloße Anwesenheit eine Auseinandersetzung beendet.“

Ein verheißungsvolles Funkeln leuchtete in den Augen des Rothaarigen auf. „Ich sehe, wir verstehen uns.“ Mit diesen Worten griff er nach der bauchigen Flasche und schenkte ihnen nach.

Fünf weitere gut gefüllte Schalen Sake-Aus-Der-Heimat-Des-Kapitäns und die junge Piratin hegte Schwierigkeiten den Kopf mehr als zwanzig Zentimeter über der Tischplatte zu halten. Zwar hatte sie nebenbei gut gegessen, doch trotzdem stieg ihr der Alkohol viel zu schnell in den Kopf und machte sie müde. Die Nacht war inzwischen weit fortgeschritten und der Mond schien hell am Firmament.

„Wo willst du eigentlich schlafen?“, drang die Stimme des Rothaarigen an ihr Ohr.

Mehr als ein langgezogenes „Hm?“ brachte sie vorsichtshalber nicht heraus.

„Na ja, du kannst natürlich beim Rest der Mannschaft schlafen, aber es sind halt alles Kerle“, sagte er langsam.

„Hm.“ Darüber hatte sie sich in der Tat noch keine Gedanken gemacht. „Mir egal, ich kann fast überall pennen“, gestand sie unbekümmert.

Ein spitzbübisches Grinsen huschte über Shanks‘ Lippen. „Wenn das so ist, in meinem Bett ist noch ein Plätzchen frei“, raunte seine Stimme nun gefährlich nah an ihrem Ohr.

Kiara wandte ihren Kopf ihm zu und stellte fest, dass Shanks tatsächlich nur noch wenige Zentimeter entfernt war. Sie spürte eine Hand um ihre Taille wandern. „Hast du mich deshalb abgefüllt?“, murrte sie abgestumpft.

Ihre Frage wurde bedenkenlos weggenickt. „Ach was! Das hätte ich dir auch nüchtern angeboten.“

Er war so nah und einnehmend, dass sie alles an ihm riechen konnte. Nicht nur den Alkohol-Atem, sondern auch seine Haare, seine Kleidung, seine Haut… Und Himmel strahlte er Wärme aus. Wann war er überhaupt herangerückt?

„Ich hab‘ eher an eine Hängematte an ‘nem ruhigen Ort gedacht“, schlug sie stattdessen vor und wollte etwas mehr Abstand zwischen sie zu bringen, doch die Hand an ihrer Taille hielt sie fest an Ort und Stelle.

„Was hat eine Hängematte was mein Bett nicht hat?“, hakte Shanks beflissen nach.

„… Privatsphäre?“, offerierte sie nach einer kurzen Bedenkpause.

„Niemand würde sich grundlos in meine Kabine trauen“, konterte er viel zu schnell.

Kiara zog die Augenbrauen zweifelnd zusammen. „Bitte sag mir nicht, dass du mir erlaubst zu bleiben, nur damit ich deine Bettgenossin werde.“ Irgendeinen Grund musste es ja haben, dass er einen schwächlichen Amateur wie sie aufnahm.

Fast ein wenig gekränkt richtete Shanks seine Haltung und begradigte den Rücken. Sein Ausdruck wurde bitterernst. „Nein. Sowas würde mir niemals einfallen“, verkündete er nachdrücklich.

Das Maß an Deutlichkeit überraschte Kiara ein wenig. Er machte nicht den Anschein zu lügen. Überhaupt fehlte in Kiara jegliches noch so unterschwellige Gefühl einer unmittelbaren Gefahr. Shanks‘ Nähe und Avancen waren ihr nicht unangenehm. Dies war ein äußerst seltener Zustand. Erneut betrachtete sie ihn eingehend und versuchte ihn durch seine dunklen Augen zu ergründen.

Der Rothaarige fand sein spitzbübisches Grinsen wieder und verringerte geschwind die Distanz zwischen ihnen. „Ich meine, wenn du nichts dagegen hast…“ Seine Hand löste sich von ihrer Taille und wanderte schnurstracks ihren Rücken hinauf. Mit federleichten Berührungen seiner Fingerspitzen erreichte er ihren Nacken. Kiara schauderte augenblicklich. „Und immerhin sitzt du noch hier, also…“

Tatsächlich hatte Kiara Aufstehen nicht als eine Option in Betracht gezogen. Natürlich wollte sie ihren neuen Kapitän nicht am ersten Tag kränken oder gar verärgern; Unerwünschte Aufmerksamkeiten ließ sie jedoch nie wortlos über sich ergehen, egal von wem sie kamen. Noch bewegte er sich in einem akzeptablen Rahmen. Und, nebenbei bemerkt, klang die Aussicht auf ein vernünftiges Bett auch gar nicht so schlecht. Kiara ertappte sich dabei das Angebot in Erwägung zu ziehen. „Unter einer Bedingung“, hörte sie sich sagen. Shanks unterbrach das sanfte Kraulen und sah sie aufmerksam an. „Wir schlafen nicht miteinander. Nicht heute und nicht in Zukunft.“

Aus den Augenwinkeln konnte sie beobachten, wie seine Schultern enttäuscht ein wenig sanken. „Und wenn du deine Meinung änderst?“, bohrte er versuchsweise nach.

„Das sag ich dir dann“, entschied sie sachlich. Man sollte schließlich nicht alles in Stein meißeln.

Die dunklen Augen des Rothaarigen leuchteten förmlich. Er nickte. „Einverstanden.“

Und natürlich musste auf das geschlossene Abkommen angestoßen werden.



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