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Epos

One Shots
von

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Ungesehen

Die Sonne kündigte sich gerade mal am Horizont an. Hades sah durch die bodentiefen Fenster hinaus, eine Hand auf der Scheibe. Er hatte beschissen geschlafen, das tat er so gut wie immer. Ein neuer Tag auf den eine neue, vermutlich genauso schlechte Nacht folgen würde. Er wandte sich ab, es half nichts darüber zu jammern oder hier herumzustehen. Davon wurde es auch nicht besser. Als die helle Scheibe endlich zu sehen war stand er bereits im Anzug erneut dort, knöpfte sich die Ärmel zu, warf nochmal einen Blick nach draußen, dann ging er nach unten.
 

„Persephone, aufstehen. Wir müssen los.“ Die Rothaarige drückte das Gesicht tiefer in die Kissen, versuchte ihre Mutter zu ignorieren indem sie so tat, als würde sie tief und fest schlafen. Unerbittlich wurde ihr die Decke weggezogen. Sie rollte sich zusammen, um die Wärme nicht zu verlieren. „Los jetzt, wir kommen zu spät. Hopp hopp.“

„Zu früh“, murmelte ihre Tochter und versuchte einfach wieder einzuschlafen. Da zog man ihr das Kissen weg. Ihr Kopf fiel unsanft auf die Matratze. Ok, sie würde ja aufstehen.
 

Hades fuhr in seinem Porsche zum Styx. Es war viel zu früh, auf der anderen Seite konnte er sich um diesen einen Drogenboss kümmern, der angeblich erst spät in der Nacht seine Leute losschickte, um sie in diesen frühen Morgenstunden das dreifache von armen Seelen verlangen zu lassen.

Er stellte den Wagen auf seinem Parkplatz ab und ging drinnen nochmal nach dem Rechten sehen ehe Thanatos auftauchte und sie gemeinsam rüber ins Rotlichtviertel fahren konnten. Auf den Straßen war es noch leer, doch das würde sich in Kürze ändern, wenn die Ottonormalverbraucher zur Arbeit fuhren. Auch kein Streifenwagen war zu sehen, besser so, wie er fand.
 

Sie hatte sich einen Toast zwischen die Zähne geklemmt und nahm gerade neben ihrer Mutter im Auto Platz. Demeter entschied eine Abkürzung zu nehmen, um die Blumenauktion nicht noch unnötiger zu Verzögern. Sie brauchten ein paar Schnäppchen, sonst war es schwer den Laden noch am Laufen zu halten. Allerdings hatten beide Frauen keine große Ahnung von dem, was sie erwartete. Es war ihr erster Besuch und sie mussten jetzt so schnell wie möglich zum Umschlagsbahnhof.

„Mama, wäre es vielleicht nicht besser…?“

„Nicht jetzt, Persephone. Ich muss mich konzentrieren.“

„Da vorne Rechts.“

„Ich fahre.“

„Aber wenn du rechts… Oh man, jetzt sind wir vorbei. Nimm die nächste Rechts.“

„Persephone! Koste mir heute nicht noch den letzten Nerv. Wärst du früher aufgestanden müsste ich mich jetzt nicht hier zurechtfinden.“

„Hör doch einfach mal auf mich!“

„Auf dich?! Und deine verrückten Ideen? Das letzte Mal mussten wir nach dem Weg fragen, weil du dir sicher warst wo es lang geht. Nein, mein Fräulein, dieses Mal nicht. Ich will da rechtzeitig ankommen!“

„Aber das war doch… ARGH! Du verdrehst völlig die Tatsachen!“ Und schon ging es los, sie stritten sich wie zwei Waschweiber. Und verfuhren sich natürlich.
 

Für diese beschissene Nacht hatte er Lust sich bei irgendwem zu revanchieren. Während Thanatos sich um die kleineren Fische kümmerte, schnappte Hades nach dem Kragen des Drogenbosses und verpasste ihm einen heftigen Schlag schön mittig ins Gesicht.

„Nur, um ganz sicher zu gehen, du behauptest weiterhin kein Geld unterschlagen zu haben?“ Oh, bitte, sag nein, dachte Hades. Der Mann kam seinem unausgesprochenen Wunsch nach. Schon feuerte seine Faust erneut hinab. „Ich frage noch einmal, ganz höflich versteht sich. Wo. Ist. Mein. Geld?!“ Noch ein schöner Schlag hinterher, mehr wagte er nicht. Der Mann vor ihm hing schon sehr in den Seilen. Blut floss ihm aus Nase und Mund, Zähne waren abgebrochen und ein Auge schwoll schon Lila an, als er endlich damit herausrückte.

„Na, war doch gar nicht so schwer, oder?“ Er tätschelte dem Mann regelrecht sanft die Wange, aber doch fest genug, damit er zusammenzuckte. „Thanatos? Wir sind hier fertig.“
 

Eine Parallelstraße weiter fuhr Demeter völlig entnervt fast gegen ein parkendes Auto. Blöde Fahrerei, wenn sie könnte, würde sie sich anders fortbewegen, aber das ging nicht. Wegen Persephone. Und die wollte einfach nicht aufgeben ständig über das gleiche zu streiten. Nun sah ihre Tochter mit verschränkten Armen wütend aus dem Fenster und gab keinen Ton mehr von sich. Und Demeter hatte keinen blassen Schimmer, wo sie war. Sie umfuhren den Block, in dem sich Hades befand, ehe sie endlich etwas wiedererkannte.

Die Rothaarige auf dem Beifahrersitz erblickte einen schwarzen Porsche, der die Sicht auf die dahinterliegenden Opfer verdeckte. Oh, wie wäre es doch schön einfach selbst davonfahren zu können. Mit so einem Auto konnte Demeter sie nie einholen. Ehe ihre Mutter sich versehen würde, wäre sie meilenweit entfernt. Dann konnte sie Dinge tun, die sie wirklich tun wollte. Vielleicht hätte sie auch einen Blumenladen, endlich einen erfolgreichen mit vielen hochrangingen Kunden. Sie hatte Ideen, die ihre Mutter allesamt zerschlug als wären sie Teufelswerk.

Wehmütig sah Persephone noch immer auf die Stelle, obwohl das Auto bereits nicht mehr zu sehen war.
 

Hades krempelte seine Ärmel wieder hinunter und nestelte gerade an den Knöpfen, als er und Thanatos aus dem Gebäude herauskamen, Letzterer mit zwei schön großen Koffern voll mit Bargeld. Was ein erfolgreicher Tagesstart. Seine Laune hatte sich um ein Vielfaches erhöht. An seinem Porsche sah er gerade auf den zweiten Ärmel hinab als er etwa aus den Augenwinkeln sah. Er wandte sich halb herum. Dort, auf dem Gehsteig, nah an dem Hinterreifen, blühte eine einzelne Asphodel. Was machte die hier? Er sah sich aufmerksam um, Thanatos, der gerade wieder seinen Oberkörper aus dem Kofferraum zog, musterte seinen Boss und sah sich dann ebenfalls um. Doch es war kein Gott zu sehen oder zu spüren. Auch sonst gab es keine Anomalie.

Hm, Hades zuckte mit den Schultern und stieg dann auf der Fahrerseite ein. Vielleicht hatte er ein bisschen die Kontrolle verloren, auch wenn er eigentlich nichts mit Pflanzen am Hut hatte. Dafür waren andere zuständig.
 

So blieb sie allein dort stehen. Als der Wagen losfuhr wurde sie von den Abgasen zur Seite geschaukelt. Kaum war der Porsche um die nächste Ecke verschwunden vertrocknete die Asphodel im Bruchteil eines Moments und verschwand, als hätte es sie nie gegeben.



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