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Lagerfeuergeschichten

OS-Sammlung
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Diese Geschichte enthält Anspielungen auf die Serien "Supernatural" und "The Magicians". Fandomwissen zu den beiden Serien ist nicht zwingend von Nöten.


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Haus [Walker]

Langsam beginnt sich Stella zu regen. Erste Muskel zucken und ihre Augen flattern, doch noch hat der Schlaf sie in seinen Fängen. Es dauert eine Weile, bis sie dem Reich der Träume allmählich entschwindet. Sie ist noch gar nicht richtig wach - befindet sich noch im Halbschlaf - als sie merkt, dass sich hier etwas ganz und gar falsch anfühlt. Es ist nicht ihre weiche Matratze, auf der sie liegt. Es ist etwas Hartes, Kaltes, Unbequemes. Ihre Finger fahren vorsichtig über den Untergrund. Er ist rau und rissig, uneben mit spitzen Ecken und Kanten und langen Lücken. Stella schlägt ihre Augen auf, aber bleibt erst mal reglos liegen. Es ist ein alter Dielenboden, auf dem sie geschlafen hat. Stella blickt umher, soweit es ihre Position zulässt, noch traut sie sich nicht, sich zu bewegen. Es ist kühl. Gänsehaut zieht sich über Stellas Arme. Kein Wunder bei der dünnen Kleidung und dem wenigen Stoff, den sie trägt, doch zu Hause in Austin ist es gerade Sommer und da wäre mehr Kleidung als ein Top und Shorts zu viel gewesen.

Stella stützt sich am Boden ab und richtet sich vorsichtig auf. Beinahe sofort schlingt sie ihre Arme um ihren Oberkörper und versucht sich warm zu reiben. Das einzige Fenster ist zerschlagen. Ein kalter Windhauch strömt herein. Dieser ist es auch, der Stella frösteln lässt. Stella atmet zittrig aus - eine weiße Wolke bildet sich vor ihrem Mund - und sieht sich erneut um. Der Raum ist nicht sehr groß. Kein einziges Möbelstück befindet sich darin. Die Tapete ist an vielen Stellen zerrissen oder hängt halb herab. Der Dielenboden ist dunkel und staubig.

Langsam erhebt sich Stella und kommt auf ihre Füße. Sie schlingt ihre Arme direkt wieder um ihren Oberkörper und versucht sich irgendwie zu wärmen. Es gelingt ihr nur mäßig. Sie lässt erneut ihren Blick durch das Zimmer schweifen und entscheidet dann zum Fenster zu gehen und einen Blick hinaus zu wagen. Bedächtig setzt sie einen Schritt vor den Nächsten und kann schließlich hinaussehen, doch dort ist nicht außer endloser, undurchdringbarer Schwärze. Stella zittert (ob vor Kälte oder Angst ist schwer zu sagen). Sie weiß nur, dass sie ganz schnell hier raus muss. Langsam weicht sie Schritt für Schritt zur Tür zurück. Ganz vorsichtig legt sie ihre Hand um den kalten Türgriff und drückt ihn herunter. Die Tür öffnet sich mit einem Knarren und enthüllt ihr einen düsteren Flur. Stella schluckt, ehe sie hinaus tritt.
 

Mit einem lauten Knallen fällt die Tür hinter Stella wieder ins Schloss. Erschrocken wirbelt sie herum, doch dort ist keine Tür mehr, dort ist nur noch Wand. Stella schließt ihre Augen und versucht ihren rasenden Puls mit tiefen Atemzügen zu beruhigen. Erst dann wagt sie es, ihre Augen wieder zu öffnen und sich in dem kurzen Flur umzusehen. Es befindet sich nur eine weitere Tür hier - die einzige, wenn man bedenkt, dass die andere verschwunden ist. Am Ende des Flurs befindet sich ein Fenster. Auf der anderen Seite führt eine Treppe nach unten. Der Flur ist komplett leer. Es befindet sich nicht einmal ein einziges Bild an der Wand. Stella entscheidet sich noch einmal hinauszusehen und geht langsam zu dem Fenster herüber. Dabei läuft sie auch an der Tür vorbei. Eine leise Frauenstimme dringt an ihr Ohr. Abrupt bleibt Stella stehen. “Hallo?”, fragt sie in den Flur hinein, doch es antwortet ihr niemand. Stella atmet tief durch, dann hört sie genauer hin. Die Frau singt, stellt sie fest. Es ist ein lieblicher Gesang voller Wärme und Zuneigung. Stella versucht sich auf den Text zu konzentrieren, doch es dauert etwas bis sie ihn verstehen kann und noch etwas mehr bis sie auch das Lied erkennt: Hey Jude von den Beatles. Stella steht unentschlossen vor dem Zimmer, aus dem die Stimme zu kommen scheint. Die Tür ist an einigen Stellen angesengt und ganz schwarz vor Ruß.

Stella leckt sich über die Lippe, dann öffnet sie vorsichtig die Tür und späht in den Raum hinein. Diesmal ist er nicht ganz leer. Eine Krippe steht einsam und verlassen in der Mitte des Raums, doch sonst kann Stella keine weiteren Möbel erkennen. Sie wagt einige kleine Schritte in den Raum hinein. Aufmerksam sieht sie sich um und geht schließlich langsam auf das Kinderbettchen zu. Behutsam legt sie ihre Hände auf die oberste Querstrebe und beugt sich über die Krippe. Kein Kind liegt darin. Das weiße Bettzeug ist ordentlich drapiert. Stella lässt ihre Hand über den weichen Stoff gleiten. Ein leises Ploppen ertönt - dann noch eins. Stella stolpert zurück. Blut tropft auf die Krippe herab. Dann ist da der Geruch von Rauch in ihre Nase. Die Decke beginnt zu brennen. Das Feuer breitet sich rasend schnell aus. Stella atmet panisch ein, dann dreht sie sich um und flüchtet aus dem Raum. Mit einem Krachen schlägt die Tür hinter ihr zu und ist im nächsten Moment verschwunden.
 

Stella sinkt keuchend an der gegenüberliegenden Wand zu Boden und versucht ihre panische Atmung zu beruhigen. Tränen laufen aus ihren Augenwinkeln. Hektisch wischt Stella sie weg. Das ist ein einziger Albtraum. Dieses Haus macht ihr Angst. Ein Zittern läuft durch ihren Körper. Stella schließt ihre Augen und atmet tief durch. Sie muss sich beruhigen. Nach einigen tiefen Atemzügen öffnet sie ihre Augen wieder und erhebt sich vom Boden. Stellas Blick fällt auf die Treppe. Das ist der einzige Weg, der ihr noch bleibt. Stella schluckt. Sie bewegt sich nur langsam auf die Treppe zu. Sie will das hier nicht - lieber würde sie jetzt in ihrem Bett aufwachen und feststellen, dass das alles nur ein Albtraum war. Doch sie wacht nicht auf und so bleibt ihr keine andere Wahl, als die Treppe herabzusteigen. Bleiben will sie auf keinen Fall.

Stella umfasst das Treppengeländer. Wie gerne sie jetzt ihren Vater bei sich hätte oder Onkel Liam oder Gramps oder Auggie. Vorsichtig geht Stella die Stufen nach unten. Bereits von der Treppe aus kann sie in einen Raum hineinsehen. Sie sieht keine Möbel oder irgendetwas anderes, aber der Winkel ist auch schlecht. Sie sieht nur einen kleinen Ausschnitt. Unten angekommen atmet Stella noch mal tief durch, dann geht sie zu dem Raum. Vorsichtig tritt sie ein und sieht sich um. Auch hier befinden sich keine Möbel. Der Boden ist leer, bis auf ein paar Fotoalben, die auf dem Boden liegen. Ein paar einzelne Fotos sind darum verteilt. Langsam geht sie zu den Fotos, kniet sich auf den Boden und lässt ihren Blick über die Fotos streifen. Stella atmet die Luft scharf ein. Auf den Bildern ist ihr Vater zu erkennen, aber nie allein, sondern immer zusammen mit Leuten, die Stella nicht kennt. Doch es ist nicht nur das, was Stella seltsam erscheint, und es sind auch nicht die Haare ihres Vaters, die länger sind, als Stella sie je gesehen hat.

Stella nimmt eines der Fotos in die Hand und sieht es sich genauer an. Da ist ihr Vater mit einem Mann mit blonden Haaren, der etwa in seinem Alter sein muss, und einem eindeutig älteren Mann mit Baseballcap, vielleicht in Gramps Alter, die gegen ein altes Auto lehnen. Sie fokussiert sich auf ihren Vater, doch je länger sie hinsieht, desto sicherer ist sie sich, dass das dort auf dem Foto auf keinen Fall ihr Vater sein kann. Es ist irgendjemand anderes, jemand Fremdes.
 

Stella zuckt zusammen, als auf einmal, wie aus dem Nichts, ein Radio anspringt. Vor Schreck lässt sie das Foto fallen. Als sie nach unten sieht, um es wieder aufzuheben, muss sie feststellen, dass es verschwunden ist. Genauso wie die anderen Fotos und auch die Alben. Vorsichtig steht Stella auf und geht zurück auf den Flur. Sie muss sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass die Tür verschwunden ist. Sie macht es dennoch, aber dort ist nur noch Wand. Stella verschränkt ihre Arme vor ihrer Brust, um das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. Sie schließt ihre Augen und versucht sich auf das Radio zu konzentrieren, doch sie kann nicht verstehen, was gerade gespielt oder gesagt wird. Die Stimme wird vom Rauschen des Radios übertönt. Stella öffnet ihre Augen wieder und sieht sich um. Da ist eine Tür am Ende des Flurs. Bedächtig geht Stella darauf zu. Die Tür ist nur angelehnt und so kann sie sie einfach mit dem Fuß aufschieben. Auch dieser Raum ist leer, bis auf das kleine Radio, das auf der Fensterbank steht (wegen den Fliesen und den Löchern in der Wand vermutet Stella hier die Küche).

Ganz langsam geht sie bis zu dem Radio und betrachtet es eingehend, ehe sie vorsichtig ihre Hand auf den Regler legt, mit dem man den Sender einstellen kann, doch sie braucht noch einen Moment, bis sie sich auch dazu überwinden kann, daran zu drehen. Stella kann eine Stimme zwischen dem Rauschen hören. Es klingt nach einer Frau, aber sicher ist sich Stella wegen dem ganzen Rauschen nicht. Ganz langsam dreht Stella den Regler vor und zurück. Manchmal kann sie es besser hören, manchmal schlechter. Es dauert eine ganze Weile, bis sie endlich eine Einstellung gefunden hat, bei der das Rauschen kaum mehr zu hören. Es rauscht noch immer im Hintergrund, aber die Stimme kann sie nun verstehen. Sie gehört einer Frau, so wie Stella bereits gedacht hat. Stella keucht, als sie hört, was die Frau sagt. Es jagt ihr eisige Schauer über den Rücken. “I can never go home.” Stella zieht ihre Hand ruckartig zurück und bringt Abstand zwischen sich und das Radio. Ihr Herz schlägt viel zu laut in ihrer Brust. Nur am Rande bekommt sie mit, dass die Stimme wieder von dem Rauschen übertönt wird. Das ist zu viel. Sie will nur noch hier raus und ganz viel Abstand zwischen sich und dieses Radio und dieses verdammte Haus bringen.
 

Stella rennt zurück in den Flur und knallt die Tür hinter sich zu. Der Zugang zur Küche ist sofort verschwunden. Schwer atmend lehnt sich Stella gegen die Wand. “Daddy?”, wimmert sie. Es antwortet ihr niemand. Stella schluchzt und sinkt erneut zu Boden. Tränen laufen über ihre Wangen. Sie zieht ihre Beine an, schlingt ihre Arme darum und vergräbt ihren Kopf darin. Es dauert lange bis sie sich beruhigt hat und langsam ihre Umklammerung löst. Sie streckt ihre Beine von sich und lehnt gegen die Wand. Mit tränennassen Augen lässt sie ihren Blick schweifen. Sie muss weiter, wenn sie hier jemals raus will. Stella wischt sich ihre Tränen notdürftig ab und steht auf. Sie umfasst ihre Ellenbogen mit den Händen und presst ihre Arme eng an ihren Körper. Vorsichtig sieht sie sich um. Sie kann sich an keine weitere Tür erinnern, doch da am anderen Ende des Flurs ist eine. Stella lächelt gepresst, als sie erkennt, dass es sich um die Eingangstür handelt. Sie bewegt sich nur langsam auf die Tür zu. Für einen langen Moment starrt sie den Türgriff einfach nur an, ehe sie genug Mut aufbringt, ihn mit beiden Händen zu umfassen. Langsam drückt Stella den Türgriff herunter und öffnet die Tür gerade weit genug, dass sie hindurchhuschen kann. Sie steht nun auf einer kleinen Veranda, aber außer der Veranda ist dort nichts, dahinter beginnt die endlose, undurchdringbare Schwärze. Doch mit einem Mal leuchtet etwas in der Dunkelheit auf. Da sind zwei Augen, die Stella entgegensehen.

Stella kreischt auf, macht einen Satz nach hinten, aber das reicht ihr noch nicht. Sie weicht immer weiter zurück, bis sie an die Hauswand stößt. Keine Tür weit und breit. Die Augen bewegen sich auf die Veranda zu, bis Stella schließlich einen jungen Mann erkennen kann. Seine längeren schwarzen Haare sind ungekämmt und hängen über den rechten Teil seines blutbespritzten Gesichts. T-Shirt und Jacke sind mit Blut bedeckt. Er legt seinen Kopf schief. “Spielst du mit mir?” Seine Augen blitzen orange auf. Stella presst ihre Lippen aufeinander und schüttelt panisch ihren Kopf. Der Mann hebt seine rechte Hand. “Schade, du hättest eine gute Freundin sein können.” Er dreht Zeige- und Mittelfinger. Stella schreit auf, als sie merkt, wie ihre Knochen einer nach dem anderen brechen. Sie fällt zu Boden. Der Mann kommt näher, legt seine Hände um ihren Hals und drückt zu. Stella ringt nach Luft und langsam versinkt die Welt in Dunkelheit.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wörter/Themen, die vorkommen mussten: Gänsehaut, ein alter Song, Fotoalbum, Radiorauschen, Knochenbruch
Je Thema habe ich ein Quad-Drabble verfasst. Komplett anzeigen

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