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Nachhilfe

von

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Caleb schwieg sich weiterhin aus, was mich nicht sonderlich störte. Wir kamen gut miteinander zurecht und erledigten die Arbeiten gemeinsam. Er hatte auch kein einziges Wort über mein Wochenende bei Connor verloren. Das machte mich zwar ein wenig stutzig, aber ich verkniff mir jeglichen Kommentar. So wie es gerade war hielt ich es für erträglich. Was mich wirklich freute war, dass Nicky sich gemeldet hatte. Wir könnten ja wieder einmal einen Filmeabend machen. Ich sehnte den Freitagabend schon herbei. Jeden Tag auf dem Kalender abzuhaken kam mir ein wenig zu kitschig vor, so zählte ich einfach gedanklich, wie oft ich noch schlafen musste, bis es soweit war.
 

Mit kribbelnden Fingern und einer Tüte Microwellenpopcorn bewaffnet, stand ich um 20 Uhr vor Nickys Haus. Ich wischte mir die Turnschuhe an dem Fußabtreter ab und klingelte dann. Es hatte ein wenig zu regnen begonnen. Das war sehr gut! Dann hatte ich eine Ausrede um bei Nicky schlafen zu dürfen. Ich trat von einem Bein auf das andere und wartete ungeduldig bis Lilly die Tür aufmachte und mich freundlich begrüßte. Nicky sei bereits oben und warte auf mich. Ich schenkte ihr ein breites Lächeln, schlüpfte aus den Schuhen und stürmte nach oben. Nicky hatte inzwischen einen kleinen Fernseher in sein Zimmer bekommen, genauso wie den DVD-Player aus dem Wohnzimmer. Wir würden also komplett ungestört sein.
 

Nicky saß auf dem Bett, in einem viel zu weiten, ausgeleierten, schwarzen T-Shirt und bequemen Kuschelhosen. Als er mich sah grinste er schief.
 

„Man kann dich kaum überhören“, meinte er.
 

„Hey, Nicky! Schön, dass du Zeit hast!“, entgegnete ich freudestrahlend und ließ mich ungefragt neben ihn aufs Bett fallen. „Hast du eine Schüssel oder sowas da, oder willst du das Popcorn aus der Tüte essen?“
 

„Mir egal. Was willst du denn gucken? Such dir was aus.“
 

Ich warf Nick, der sich lautstark darüber beschwerte, die Popcorntüte in den Schoß und durchforstete die DVD-Hüllen, die verstreut auf dem Boden lagen. Ein besonders sinnlos brutal wirkender Film, mit einem Zombie, dem gerade eine vermummte Gestalt den Schädel mit einer Kettensäge zerteilte, war meine endgültige Wahl, die ich auch gleich in den DVD-Player schmiss und mich dann wieder neben Nicky setzte. Ich vermied es ihn direkt anzuschauen, es reichte schon neben ihm zu sitzen, damit mein Puls sich beschleunigte und ich dieses Gefühl von Verliebtsein im Bauch hatte. Er riss die Popcorntüte auf, bediente sich freizügig und meinte zu mir, Cola und Gläser stünden auf der Fensterbank, falls ich Durst bekommen würde. Wir griffen beide zeitgleich in die Tüte und ich musste lächeln als sich unsere Hände dabei berührten. Nicky seufzte nur genervt und schob meine Hand aus der Tüte.
 

„Pack deine Griffel ein. Trink lieber etwas von der Cola.“
 

„Mein Popcorn“, grinste ich breit und schob mir demonstrativ eine kleine Hand voll davon in den Mund.
 

„Mein Fernseher, meine DVD, mein Zimmer“, konterte er und ich gab mich geschlagen.
 

Ungefähr bei der Hälfte des Films, dessen Handlung, sofern man sie als solche bezeichnen mochte (es war nicht ganz klar wer der Böse war, die Zombies oder der Typ mit der Kettensäge), wagte ich es mich gegen Nicky zu lehnen. Dieser schubste mich nicht weg, nicht einmal, als ich meinen Kopf auf seine Schulter legte und mich wieder am Popcorn bediente. Das war als Sieg zu verbuchen! Ich schloss die Augen und sog Nickys Duft ein. Er roch… so wie Nick eben, schwer zu beschreiben.
 

„Einpennen gilt nicht.“ Ich spürte einen Ellenbogen in meinen Rippen und kicherte. „Ich mein das ernst, Danny.“
 

Lachend öffnete ich die Augen und rückte mit dem Gesicht näher an das von Nicky heran. „Der Film ist doch bescheuert. Kannst du mich nicht wieder küssen?“
 

„Nein“, war Nicks knochentrockene Antwort.
 

„Ach komm schon, Nicky, bitte. Ich bin auch viel besser geworden! Ich habe sogar geübt.“
 

„Ich weiß.“
 

Hatte ich mich verhört? Ich blinzelte perplex und rückte ein wenig von Nick weg. Was?
 

„Tu nicht so überrascht, Danny. Dein Freund war letzte Woche bei mir.“
 

Moment, was? Ich brauchte einen Augenblick, um zu verarbeiten, was Nicky mir da gerade erzählte.
 

„Wie meinst du das?“
 

„So wie ich es gesagt habe.“ Er griff wieder in die Tüte und fischte die letzten Popcornstücke heraus.

„Connor war bei mir.“
 

„Und was hat er gewollt?“
 

„Dass ich dich abblitzen lasse, wenn du mir wieder auf die Pelle rückst.“
 

In mir zog sich alles zusammen. Das war ein schlechter Scherz, oder? Ich wollte laut auflachen und Nicky gegen die Schulter boxen, ihn auffordern, dass er mich nicht veräppeln solle, aber das klang nicht sonderlich gekünstelt.
 

„Du meinst das ernst, oder?“
 

„Natürlich meine ich das ernst, Danny. Ich weiß alles.“ Nicky stellte die Tüte ab und wandte sich mir zu. „Absolut alles.“
 

„Was? Alles?“ Ich zog nervös an meinem T-Shirt und meine Wangen brannten unangenehm. Mir war klar, dass ich es Nicky irgendwann sagen musste, aber erst, wenn wir miteinander geschlafen hatten und er mir dabei gesagt hatte, dass ich gut gewesen war.
 

„Alles, Danny. Ich weiß, dass ihr miteinander gevögelt habt. Connor hat mir alles erzählt.“
 

Ich schluckte hart und fuhr mir durch die Haare. Was hatte Connor geritten, dass er mit Nicky gesprochen hatte, vor allem darüber?
 

„Jetzt spiel ja nicht den Traurigen, Danny. Wie lange hättest du das denn noch gemacht? Bis ich dich rangelassen hätte?“ Nicky klang dabei ziemlich ruhig und auch neutral, nicht mal vorwurfsvoll, einfach sachlich.
 

„Ehm, ja?“, gab ich zu und fühlte mich in die Ecke gedrängt.
 

„Du spinnst ja“, lachte mein Schwarm und schüttelte den Kopf. „Danny, das hatten wir doch schon mal. Ich mag dich, wirklich, als Freund, als bester Freund sogar, aber nicht so. Ich bin mit Caleb zusammen.“
 

„Ach, das funktioniert doch nicht. Caleb will noch immer was von Magnus“, warf ich die Hände in die Höhe und ballte sie dann zu Fäusten. Connor war so ein Arsch. Warum hatte er Nicky von unseren Übungseinheiten erzählt? Ich hatte ihm hoch und heilig versprechen müssen es niemandem zu sagen und er?
 

„Und selbst wenn, dann will ich noch immer nichts von dir. Kapier das endlich, Danny, ich bin nichts für dich. Du bist wie ein kleiner Bruder, aber nicht mehr. Dafür gibt es aber jemand anderen der dich will.“
 

„Hör auf, Nicky. Ich will nur dich. Du bist mein bester Freund und ich hab dich lieb, so sehr, dass es mir weh tut. Außerdem gibt es niemanden“, murmelte ich und verdrückte mir dabei einige Tränen. Das war hart und es tat verdammt weh. Ich fühlte mich verletzt, sowohl von Nicky, als auch von Connor. Dazu dieses Vertrösten, es gäbe jemanden.
 

„Und mich bekommst du nicht. Niemals.“
 

Ich blinzelte die ersten Tränen weg und wischte mir mit dem Handrücken über die Nase. Mir war danach aus dem Zimmer zu stürmen und hätte es auch getan, wäre mir da nicht ein Heulkrampf dazwischengekommen. All die Mühen und das Training umsonst. Ich blendete alles um mich herum aus. Schluchzend sank ich in mich zusammen und lehnte mich mit dem Rücken gegen Nickys Bettgeländer.
 

„Danny? Ich wollte dir nicht weh tun, wirklich nicht, aber es ist das Beste, glaub mir. Und nochmal, es gibt da jemanden der dich will. Sehr sogar.“
 

„Und wer soll das sein?“, wimmerte ich, wollte die Antwort aber gar nicht wissen. Es tat einfach so verdammt weh und zog mir den Boden unter den Füßen weg. Nicky hatte so ernst geklungen, fast schon ein wenig enttäuscht und niemals hörte sich endgültig an. Vielleicht wenn ich noch ein wenig mehr mit Connor übte, etwas älter wurde…?
 

„Ach komm schon, Danny. So begriffsstutzig kannst doch nicht einmal du sein. Der Typ hat sich sogar von dir vögeln lassen und du bist erst 15.“
 

Ich sah nach oben zu Nicky und blinzelte mehrmals angestrengt, damit ich ihn einigermaßen erkennen konnte. „W-Wie meinst du das?“, krächzte ich.
 

„Danny“, Nicky legte mir eine Hand auf die Schulter „Connor steht nicht nur auf dich, er ist verliebt, wahrscheinlich so wie du in mich.“
 

„Das glaube ich nicht“, schüttelte ich den Kopf.
 

„Jetzt denk mal nach.“
 

„Hm?“
 

„Du hast mindestens zwei Wochenenden bei ihm verbracht. Wie war er da zu dir?“
 

„Nett? Ich meine, es gab nur das zu Essen was ich wollte und ich durfte machen was ich wollte.“
 

„War das alles?“
 

Ich überlegte. War es das? Nein – Connor war nicht nur nett gewesen…
 

„Aber das hätte er mir doch gesagt, oder?“
 

„Mir hat er es jedenfalls gesagt, Danny. Connor ist wirklich verliebt in dich.“
 

„Wenn er wirklich verliebt in mich gewesen wäre, hätte er mich nicht bei dir verpetzt!“, fauchte ich.
 

„Doch.“ Nicky klang jetzt erstaunlich sanft. „Glaub mir einfach, wenn ich dir sage, dass Connor viel besser zu dir passt.“
 

„Ich will aber nur dich“, wiegelte ich ab.
 

„Mich bekommst du aber nicht, Connor schon. Versuchs doch wenigstens einmal. Im schlimmsten Fall sagst du Nein und kannst es als Erlebnis verbuchen. So kann es jedenfalls nicht weitergehen, Danny. Du machst dich ja verrückt, und mich auch, und Caleb genauso.“
 

„Nicky…“, begann ich, wurde aber gleich unterbrochen.
 

„Danny – ich will nichts von dir und selbst wenn du der letzte Junge wärst der herumläuft, nein. Ich mag dich, sehr sogar, aber nicht so. Kapier das endlich. Geht das in deinen Dickschädel rein?“ Dabei tippte er mir mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. „Ich habe schon einen Freund mit dem ich zufrieden bin.“
 

„Aber…“
 

„Nichts aber. Das was du gemacht hast ist Erpressung, sowohl bei mir, als auch bei Connor. Im Gegensatz zu ihm bin ich aber nicht versucht das als Spinnerei von dir abzutun. Ich will das nicht, raffs einfach, okay?“
 

Ich war für einen Moment sprachlos, bevor ich aufsprang und wütend aus dem Zimmer stürmte. Nicky rief mir noch etwas nach, was ich aber einfach ignorierte. Ich schlüpfte in meine Schuhe und rannte nach Hause. Leos lautes Bellen überging ich einfach. Ich riss die Tür auf und stapfte an einem verwirrt dreinschauenden Caleb vorbei. Meine Finger bohrten sich förmlich in die Tasten beim Wählen von Connors Nummer. Es klingelte nicht dreimal, dann hob er ab.
 

„Ja?“
 

„Connor? Komm her, sofort.“
 

Damit legte ich auf, rannte auf mein Zimmer und schloss die Tür ab. Ich schnappte mir das erstbeste Kopfkissen und umarmte es fest. Calebs Klopfen und Rufen ignorierte ich einfach. Wenn Connor herkam würde er was erleben können. Ich vergrub mein Gesicht im Kopfkissen und wartete einfach im Dunkeln.



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