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Abgründe

Gereizt warf sich Asami auf die andere Seite und zog die Bettdecke wieder über seine Schulter. Er konnte noch immer nicht so recht glauben wie es dazu gekommen war das er jetzt seit immerhin fast drei Wochen ein Gast in seinem eigenen Bett war. Doch auch wenn er ihnen jetzt den Rücken zukehrte wusste er das Michel und Feilong eng aneinander geschmiegt da lagen und schliefen. Sie hatten keine Alpträume und wurden nicht von Schuldgefühlen niedergedrückt. Der Geschmack von Asche machte sich in seinem Mund breit, als er sich zum gefühlten hundertsten Mal herumwarf und jetzt tatsächlich zu den beiden Jüngeren sehen konnte, welche seelenruhig schliefen.

Selten hatte er Feilong so entspannt gesehen, wie in diesem Augenblick. Jede Härte und Distanziertheit hatte die feinen Züge des Chinesen verlassen und er sah jetzt so unwahrscheinlich jung aus, wie er sich so vertrauensvoll an den Blonden in seinem Rücken schmiegte.

Für einen kurzen Moment war der Yakuza versucht durch das seidige schwarze Haar zu streichen, welches um die beiden wie ein dunkler Heiligenschein ausgebreitet war.

Doch bevor er diesen Gedanken in die Tat umsetzen konnte, setzte sich der Ältere mit einem Ruck auf. Er keuchte kurz auf als ein scharfer Schmerz durch seinen Körper zog, zögerte jedoch keine Sekunde als er seine Beine aus dem Bett schob und sich lautlos erhob. Wie schon in den Nächten zuvor führte ihn sein Weg als erstes in die Küche, wo er sich ohne Licht zu machen ein Glas mit Whiskey einschenkte um dann mit einer frischen Packung Dunhills und seinem Handy ins Wohnzimmer zu gehen. Das charakterische Zischen der Glut war zu hören, als die Zigarette entzündet wurde und der Yakuza die beruhigende Wärme in seinen Lungen spürte. Für einen kurzen Moment schloss Asami die Augen und genoss die Entspannung. Doch dann griff er nach seinem Handy und öffnete erneut die Galerie. Er wusste das er sich selber quälte, dass es überhaupt nichts brachte was er hier tat. Trotzdem konnte er seine Finger nicht stoppen, während sie über die Bilder wischten, welche Eury ihm zugeschickt hatte.

Akihito sah ihn an, verletzte blaue Augen die in Tränen schwammen. Obwohl es nur ein Foto war, konnte Asami deutlich den Schmerz sehen der in seinem Kleinem tobte. Schmerz, den er ihm zugefügt hatte. Er wusste das nichts auf der Welt das jemals würde entschuldigen können. Trotzdem verlangte jede Faser seines Seins danach, sofort nach Sankt Petersburg zu reisen und Akihito in seine Arme zu nehmen. Niemals wieder würde er den Jüngeren loslassen.

Doch er konnte nicht. Niemand durfte erfahren das er noch lebte. Das er sich persönlich nach Nagoya begeben hatte, war im Nachhinein ein nicht zu kalkulierendes Risiko gewesen. Da hatte er allerdings auch noch geglaubt das sie den Attentäter leicht zu fassen bekommen würde. Diese Annahme hatte sich jedoch sehr schnell in Luft aufgelöst, als sie das Video von Ayase gesichtet hatten. Nur mit Mühe war es ihm und Feilong gelungen den jüngeren Yakuza zurück in den Wagen zu befördern.

Und jetzt saß er hier und hielt die Bilder seines Versagens in der Hand. Schmal war sein Fotograf geworden. Bisher hatte Eury ihm nicht erklärt was genau in Abu Dhabi geschehen war und auch Suoh gab sich ungewohnt zugeknöpft, nachdem er sich vor zwei Tagen das erste Mal wieder bei ihm gemeldet hatte. Egal was der Yakuza auch versucht hatte, der Leibwächter hatte hartnäckig geschwiegen, sobald sich ihr Gespräch Akihito zugewandt hatte.

Mit einem für ihn vollkommen unüblichen Wutausbruch warf Asami sein Handy auf den Boden. Er hätte sein Glas am liebsten folgen lassen, doch wusste er das Michel und Feilong es morgen früh sehen würden. Um nichts in der Welt wollte er sich die Blöße geben vor den beiden zusammenzubrechen. Er würde ihnen nicht den kleinsten Riss in seiner Fassade zeigen, auch wenn sie mittlerweile mehr als porös war. Noch nicht einmal Kakashi hatte er bisher aufgesucht, auch wenn der Nawashi ihm sonst zumindest für wenige Augenblicke hatte Frieden schenken können. Zwar glaubte er nicht daran das dieser Kontakt mit dem Chinesen aufnehmen würde, doch Fei war kein Idiot. Er verfügte mittlerweile über genug Männer in Tokio um jeden seiner Schritte überwachen zu lassen. Besonders da sie ja vereinbart hatten, dass er bis auf weiteres das Penthouse nicht verlassen würde. Noch nicht einmal an das verdammte Telefon durfte er gehen. Seine kompletten Geschäfte hatte der Chinese einkassiert und war derzeit quasi der heimliche Herrscher Tokios.

Der König ist tot, lang lebe der König, dachte der Japaner zynisch, während er mit einem Schluck sein Glas leerte.

Müde lehnte er seinen Kopf gegen die kühle Scheibe und genoss das prasselnde Geräusch der Wassertropfen auf dem Glas. Er wusste nicht mehr wie oft er Akihito auf diesem Teppich hatte sitzen sehen, wenn er mal wieder spät nach Hause gekommen war. In diesem Moment fragte er sich aber auch ehrlich ob er den Fotografen noch einmal so sehen würde. Mittlerweile konnte er nicht mehr verstehen wie es dazu hatte kommen können, dass er Akihito als Einsatz gesetzt hatte.

Ja, er hatte damals mehr getrunken als ihm guttat. Ja, diese Routen nach Abu Dhabi waren mehr als verlockend. Doch was genau hatte ihn geritten? Mühsam versuchte der Yakuza sich an den Abend zurück zu erinnern, doch es lag ein undurchdringlicher Nebel über seinen Gedanken. Nur mit Mühe bekam er überhaupt zusammen wer noch daran teil genommen hatte. Schwerfällig tauchten die Bilder der einzelnen Spieler vor seinen Augen auf. Da war natürlich Kanou gewesen, dieser hatte jedoch noch rechtzeitig die Kurve bekommen und sich aus dem Spiel zurückgezogen. Dann war da noch Sakazaki, wie auch immer dieser elende Wurm es in diese Runde geschafft hatte. Doch dieser hatte sich ebenfalls nicht lange an dem Spiel beteiligt. Asami vermutete aber auch das dieses für den Clubbesitzer eher zweitranig gewesen war, handelte er doch in erster Linie mit Informationen. Wo sollte er sonst auch schon an erstklassige Gerüchte kommen, wenn nicht in dieser illustren Runde?

Doch warum war es diesmal, selbst für ihn etwas Besonderes? Das hatte nicht nur an dem Prinzen gelegen. Und dann fiel es dem Yakuza wieder ein. Oumi!

Wie hatte er den Älteren Oyabun nur vergessen können? Immerhin war dieser mit seiner gesamten Entourage erschienen, im Gegensatz zu allen anderen Anwesenden. Naja, wenn man mal von Sakazaki absah, der kein Gefolge besaß.

Hastig setzte sich Asami gerade auf und griff wieder nach seinem Telefon. Missbilligend sah er auf den Riss auf dem Display. Zumindest funktionierte es noch, als er mit dem Finger darüber wischte erwachte der kleine Bildschirm zum Leben. Ohne auf die Uhr zu sehen wählte der Yakuza die Nummer Kirishimas. Wie nicht anders erwartet nahm der Leibwächter nach dem dritten Läuten ab. In seiner Stimme war keinerlei Müdigkeit zu erkenne, als er die Befehle Asamis entgegen nahm.

Müde lehnte der Yakuza seinen Kopf schließlich wieder gegen die Scheibe. Er wusste das sein Sekretär alle Informationen die zu bekommen waren, zusammentragen würde. Wahrscheinlich schon beim Frühstück würde er den ersten Bericht über alle Anwesenden bei dieser Pokerrunde in seinen Händen halten.

Dabei konnte Asami nur hoffen das er nicht wirklich gegen den Oumi-Clan vorgehen musste. Dieser war nicht besonders alt, doch dafür ziemlich mächtig. Nachdenklich starrte der Yakuza auf den langsam heller werdenden Himmel. Er selber war dem Oyabun nie zuvor begegnet, doch er hatte Kanou recht freundlich begrüßt. Kannten sie sich etwa?

Hastig griff Asami erneut nach seinem Telefon, nur wählte er diesmal die Nummer Kanous, der zwar auch nicht verschlafen klang, dafür aber um einiges missmutiger als sein Sekretär.

„Ja?“

„Ich glaube, ich habe eine erste Spur die uns zu Ayase führt. Wann kannst du her kommen?“

Die Stimme des Jüngeren wurde sofort wieder kalt, als er den Namen des Blonden hörte, wie immer in der letzten Zeit. Asami war bewusst das Kanou so seinen Schmerz vor anderen versteckte und normalerweise vermied er es deshalb. Doch jetzt konnte er keine Rücksicht auf die Befindlichkeiten des Jüngeren nehmen. Vielleicht war es noch nicht zu spät um Ayase noch zu retten, auch wenn er sich jetzt schon seit zwei Wochen in den Händen seiner Entführer befand. „Gib mir zehn Minuten, dann mache ich mich auf den Weg.“

Asami hielt sich nicht damit auf, sich von dem Jüngeren zu verabschieden. Wortlos legte er auf und kam mühsam wieder auf die Beine. Er bemerkte erst jetzt das die unteren Gliedmaßen eingeschlafen waren und musste sich mit einem unterdrückten Schmerzenslaut an die Scheibe lehnen. Kurz verfluchte er sich dafür, sich auf den Boden gesetzt zu haben, anstatt einen der Sessel zu benutzen. Lange hielt er sich jedoch damit nicht auf. Einen letzten Blick auf den sich langsam erhellenden Himmel werfend, machte er sich auf den Weg zurück ins Schlafzimmer. Ohne auf die beiden Männer in seinem Bett Rücksicht zu nehmen, griff der Yakuza nach dem Lichtschalter.

Ein unzufriedenes Grollen kam aus der Kehle des Russen, während er den schlanken Leib Feilongs noch enger an sich zog. „Asami, gibt es irgendeinen Grund für deine Störung?“

Der Ältere ignorierte die Worte des Blonden und warf ihm stattdessen ein Hemd ins Gesicht. „Zieh dich an. Du wirst noch heute nach Sankt Petersburg reisen.“

Jetzt war Michel hellwach. Überrascht setzte er sich auf und starrte in die goldenen Augen Asamis. „Werde ich das?“

„Ja, und du wirst Tao mitnehmen.“

Jetzt war auch Feilong hellwach. Hatte er gerade noch versucht die Reste der Decke an sich zu raffen um möglichst unter ihr zu verschwinden, so saß er jetzt kerzengerade im Bett. „Bitte, was? Wie kannst du einfach so darüber bestimmen wo Tao sich aufhält?“

Spöttisch grinste der Yakuza, während er selber gerade seinen Kleiderschrank öffnete und sich ein frisches Hemd rausholte. Missmutig verzog er für einen Sekundenbruchteil dabei sein Gesicht, als er dabei neben seinen Sachen auch die Feilongs und Michels erblickte. Er lebte hier doch nicht in einer WG! Doch vielleicht sollte er einfach dankbar dafür sein, dass sie so taktvoll gewesen waren nur seinen Schrank zu benutzen und nicht den Akihitos.

„Sag jetzt nicht das es einen Unterschied macht wo Tao gerade ist. Der Junge hält sich sowieso die ganze Zeit in dem Hotel auf, das du gebucht hast. Seit dem Vorfall mit dem Attentat traut er sich ja fast gar nicht mehr aus dem Zimmer und du bist entweder hier oder im Shion.“

„Das bedeutet aber noch lange nicht das es dir zusteht über Tao zu bestimmen,“ fauchte der Jüngere verstimmt.

Unwillkürlich lachte Asami auf, er hatte gewusst das der Chinese genau so reagieren würde. „Ich denke das wir bald neue Anhaltspunkte dafür haben werden, wo sich Ayase aufhält und auch wer genau dafür für das Attentat auf mich verantwortlich ist. Deshalb halte ich es für das Beste, wenn der Junge sich dann nicht mehr im Land aufhält. Ich kann derzeit nur sehr schwer einschätzen über welche Verbindungen unser Gegner verfügt und kenne deshalb derzeit keinen wirklich sicheren Ort für Tao. Doch egal wer es ist, sein Arm müsste schon wahrlich lang sein wenn er bis nach Russland reicht.“

Widerwillig ließ Feilong sich zurück auf die Matratze fallen. Michel war in der Zwischenzeit schon aufgestanden und hatte nach seinem Telefon gegriffen. Asami nickte nur zustimmend als der Russe sofort verlangte, dass ein Jet abflugbereit gemacht wurde. Zumindest einer schien den Ernst der Lage zu begreifen. Schließlich legte der Blonde auf und sah den Älteren an. „Ich habe alles in die Wege geleitet. Wärst du dann mal so nett und würdest uns an deinen Gedanken teilhaben lassen?“

Unwillig nickte der Yakuza und zeigte dann Richtung Küche. „Ich habe mich an den Abend er Pokerrunde erinnert. So eine Runde findet nur äußerst selten statt, besonders unter so hochrangigen Yakuzas. Nur die dort Anwesenden haben von Akihito und Ayase gewusst. Denn selbst als sich Kanou gegen den Wetteinsatz entschieden hatte, so ist doch der Name des Jungen gefallen. Im Gegensatz zu Akihito wird der Kleine normalerweise vollkommen von Kanou abgeschirmt. Nur dort ist er unvorsichtig geworden und das auch nur weil er alle Teilnehmer kannte.“

Müde gähnte Feilong, während er sich aus dem Bett kämpfte. „Jetzt mach es nicht so spannend. Wer waren die Teilnehmer?“

„Kanou, Sakazaki, der Prinz und Oumi.“

Die Müdigkeit des Chinesen war auf einmal wie weggeblasen. „Du meinst jetzt aber nicht den Oyabun Oumi.“

Ein freudloses Lachen kam über die Lippen des Yakuzas. „Genau den.“

Geschockt setzte sich Feilong zurück auf den Bettrand und starrte den Älteren an. „Dann lass uns beten das es nicht der Oumi-Clan ist, gegen den wir antreten müssen. Eigentlich hatte ich nämlich nicht vor halb Japan in Schutt und Asche zu legen.“

Asami konnte die Reaktion des Jüngeren nur zu gut verstehen. Mitfühlend legte er ihm eine Hand auf die Schulter. „Genau das werden wir jetzt herausfinden. Ich habe Kanou bereits hier her bestellt. Danach wird Michel nach Russland aufbrechen und Tao in Sicherheit bringen.“
 

Eindeutige Geräusche schallten in den Raum und brachten Michel zum Grinsen. Er hatte schon von seinem Vater gehört das Eury sich auf das Stammanwesen am Rande Sankt Petersburgs zurückgezogen hatte und nicht in seine eigene Villa. So konnte er einerseits natürlich den jungen Japaner besser im Auge behalten, andererseits auch seiner Arbeit als zukünftiger Patriarch des Albatof-Syndikats nachkommen konnte. Das was er jetzt jedoch gerade hörte, hatte auf jeden Fall nichts mit seiner Arbeit zu tun. Der Blonde musste sich noch nicht einmal leise sein um nicht bemerkt zu werden. Die Laute die von Akihito stammen mussten, waren so laut das sie jedes andere Geräusch überlagerten. Ohne sich davon stören zu lassen ging Michel zu der kleinen Bar und füllte sich ein Glas mit Whiskey auf, bevor er sich in einen Sessel setzte und die Tür zum Schlafzimmer seines Bruders beobachtete.

Nur zu bewusst war er sich das Eury einer der wenigen Menschen auf diesem Planeten war, der dem Fotografen so nahe kommen konnte, ohne von dem älteren Yakuza erschossen zu werden. Doch er wusste auch das selbst Asami sich in diesem Moment wohl nicht mehr hätte beherrschen können. Akihitos Schreie waren so laut das der Russe das Gefühl hatte mit im Schlafzimmer zu sein und nicht im Wohnzimmer. Davon abgesehen, würde er nicht auch Eury hören, würde er wahrscheinlich eher glauben das der Fotograf gerade einen Kampf auf Leben und Tod austrug. Doch dann schlich sich wieder ein amüsiertes Grinsen auf seine Lippen. Es gab so einige die genau das behaupteten wenn sie mit dem Älteren der Albatof-Brüder das Bett geteilt hatten.

Endlich verstummten die Geräusche und eine entspannte Ruhe trat ein. Michel brauchte nicht mehr lange zu warten, bis sich die Tür zum Wohnzimmer öffnete und Eury den Raum betrat. Der Ältere wirkte nicht überrascht seinen Bruder zu sehen. Er hielt das Shirt noch in den Händen, während er das Zimmer in Richtung der Bar durchquerte. Die blonden Haare waren noch feucht und hinterließen feuchte Spuren auf dem Stoff, als er in das Shirt schlüpfte.

Belustigt sah Michel wie der Ältere leicht breitbeinig ging und sich auch mehr als vorsichtig auf den weichen Sessel niederließ. „Wie geht es Akihito?“

Leidend verzog Eury sein Gesicht ein wenig, während er vorsichtig an seinem Wodka nippte. „Er schläft.“

Die Mundwinkel des Jüngeren zuckten belustigt. „Sicher das er nur schläft? Das hat sich gerade eher danach angehört als würdet ihr da drin einen Krieg austragen.“

Zu Michels Überraschung wies ihn sein Bruder nicht zurück. Stattdessen strich sich der Ältere müde durchs Gesicht und setzte das kleine Glas auf dem Tisch neben sich ab. „Soll ich ehrlich sein? Ich weiß nicht wie es Akihito geht.“

Fragend runzelte der Jüngere die Stirn. „Du weißt es nicht?“

„Nein. Manchmal glaube ich sogar das selbst der Kleine es nicht weiß. Als ich ihn vor drei Wochen aus Abu Dhabi hier her brachte, dachte ich noch er braucht nur etwas Zeit. Der Arzt meinte noch das es dauern würde bis er sich erholt hätte und dass er wahrscheinlich sich zuerst einmal zurückziehen würde. Doch das genaue Gegenteil ist derzeit der Fall. Zwar hat Akihito sich zurückgezogen, ehrlich gesagt kann ich noch nicht einmal sagen wann er das letzte Mal das Haus verlassen hat, doch nicht körperlich.“

Michel brauchte einen Moment bis er die Worte seines Bruders verstand, dann lachte er laut auf. „Jetzt sag nicht das ein kleiner japanischer Fotograf, den großen Eury, zukünftigen Patriarchen des Albatof-Syndikats, in Grund und Boden vögelt.“

Gequält verzog der Ältere sein Gesicht. „Das ist nicht zum Lachen,“ beschwerte er sich, „einen traumatisierten Akihito habe ich mir irgendwie anders vorgestellt. Mittlerweile frage ich mich sogar wie es Asami gelungen ist den Kleinen jemals zu bändigen.“

Belustigt gluckste Michel auf. „So oft?“

„Oft ist überhaupt kein Ausdruck. Wenn das so weitergeht bekomme ich noch eine Hornhaut zwischen den Beinen.“

Jetzt konnte sich der Jüngere nicht mehr halten und lachte laut auf. Selbst das immer verärgertere Gesicht Eurys konnte ihn nicht beruhigen. Wer hätte gedacht das ausgerechnet der kleine, zarte Akihito einen Schrank wie Eury an seine Grenzen bringen würde? Doch das dem so war, konnte Michel deutlich am Gesicht und auch der Haltung seines Bruders erkennen. Noch nie hatte er ihn so verkrampft dasitzen sehen. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte er sogar darauf getippt das Eury derjenige gewesen war, der genommen wurde. Das er jetzt so dasaß konnte nur bedeuten, dass Akihito ihm alles abverlangte, was er zu geben hatte. Vielleicht sogar mehr. Wieder dachte Michel an die Laute die der Fotograf von sich gegeben hatte, als er den Raum betreten hatte. Sie waren eindeutig erregt gewesen, doch hatte er auch eindeutig Schmerz heraushören können.

„Weiß er das Asami noch lebt?“

Erschrocken zuckte Eury zurück und vergaß für einen Moment sogar sein eigenes Unwohlsein. „Nein, natürlich nicht.“

Erstaunt lehnte Michel sich zurück. „Er weiß es nicht? Wie hast du Suoh dazu gebracht zu schweigen? Der immerhin muss doch schließlich wissen das sein Boss noch unter den Lebenden weilt.“

„Natürlich weiß Suoh Bescheid, er hat ja auch schon mit Asami Kontakt aufgenommen. Allerdings habe ich ihn gebeten fürs erste über den Verbleib des Yakuzas zu schweigen. Wir hatten Sorge das Akihito sonst sofort nach Tokio würde zurück wollen.“

Besorgt sah Michel zu der verschlossenen Tür des Schlafzimmers hinter der Akihito schlief. „Dir ist aber schon klar das sein derzeitiger Zustand durchaus etwas mit Asami zu tun haben könnte?“

Fragend hob Eury eine Augenbraue und griff erneut nach seinem Glas. „Wie meinst du das?“

„Geh mir aber nicht gleich an die Gurgel, wenn ich es dir erkläre. Wir sind uns dabei einig das Akihito nicht so ganz normal ist, oder?“

Michel beobachtete genauestens wie eine Ader an Eurys Stirn zu pochen begann. Ganz langsam begann er seinen Griff auf den Armlehnen seines Sessels zu verändern, so dass er bereit war im nächsten Moment aufzuspringen um dem Raum fluchtartig zu verlassen. Es gab nicht viel was Eury mit Asami und Feilong gemein hatte. Doch ihre Zuneigung zu dem Fotografen verband diese drei unterschiedlichen Männer und jeder von ihnen reagierte äußerst empfindlich wenn man am Geisteszustand des jungen Japaners bezweifelte. Doch noch tat Eury nichts anderes als den Kiefer aufeinander zu pressen, weshalb sich Michel traute weiter zu sprechen. „Auch dir dürfte aufgefallen sein das Akihito… ganz eigene… Wege… gefunden hat mit dem umzugehen was ihm widerfährt. Ich denke das er dies auch jetzt gerade tut. Anstatt sich zurückzuziehen sucht er Nähe. Wahrscheinlich will er sich dem Ganzen nicht stellen und versenkt sich stattdessen vollkommen in der Sache mit dir.“

„Und das glaubst du zu wissen, nachdem du uns nur einmal beim Sex belauscht hast?“

Unwohl schielte Michel zur Tür, bevor er antwortete. Er kannte diesen Ton seines Bruders. Es gab nicht wirklich viele die ihn gehört hatten und noch davon berichten konnten. „Ich habe euch gerade mehr als deutlich gehört und jetzt sag mir nicht dass du den Schmerz in den Schreien des Kleinen nicht bemerkt hast. Eury, er trauert. Doch anstatt sich dem zu stellen, flieht er vor der Wirklichkeit. Sag ihm die Wahrheit, bevor du ihn verlierst.“

Kühl leerte der Ältere sein Glas. Sein Blick schien vollkommen zu Eis geworden zu sein, während er seinem jüngeren Bruder in die Augen sah. „Ich sage es dir nur einmal, Michel. Und das auch nur weil du mein Bruder bist. Halte dich von Akihito fern. Ich werde alles tun, damit der Kleine sich besser fühlt und dazu gehört auch ob er jemals erfährt ob Asami noch am Leben ist. Bisher hat mir der Yakuza nämlich nicht einen einzigen Grund gegeben, dass ich es gutheißen würde, dass er Akihito wieder sieht.“

Michel sah ein das er auf verlorenem Posten stand und erhob sich. Sein sonst so fröhlicher Blick war ernst, als er sich ein letztes Mal seinem Bruder zuwandte. „Ist dir eigentlich jemals der Gedanke gekommen, dass Akihito eigentlich nicht deine Nähe sucht, sondern die Asamis?“

Er schaffte er gerade noch rechtzeitig durch die Tür, bevor das Glas an dem schweren Holz zerschellte.

So sah er nicht wie Eury mit einem nachdenklichen Blick zurückblieb, während sich der Geruch von Wodka im ganzen Raum verteilte. Der Russe blieb lange vollkommen still sitzen. Er wusste das Michel ihm die Wahrheit gesagt hatte. Er hatte es vorher schon gewusst, eigentlich schon immer. Trotzdem konnte er Akihito nicht aufgeben. Nicht jetzt, wo der Jüngere so verletzt war. Seufzend erhob der Blonde sich um sich ein neues Glas von der Bar zu holen.

Aus den Augenwinkeln sah er wie Suoh die Tür ohne anzuklopfen öffnete und eintrat. Schweigend griff Eury nach einem zweiten Glas und reichte es dem Japaner als er zu seinem Sessel zurückkehrte.

„Ich nehme an, du hast alles mitbekommen?“

Wortlos nickte der Leibwächter und nahm einen kleinen schluck von der klaren Flüssigkeit. Es war nicht Suohs Art unnötig Worte zu machen und so wartete er ruhig ab bis der Russe weiter sprach. „Ich werde Akihito nicht aufgeben. Doch wenn ich bemerke das es besser wäre, ihn Asami zu überlassen, werde ich das tun.“

Zustimmend nickte der Japaner. Genau auf diese Worte hatte er gewartet. Immerhin lautete der Befehl des Yakuzas ja auch, Akihito um jeden Preis zu beschützen. Doch er würde sich seinem Boss nicht mehr lange entziehen können. Schon bald würde dieser ausführlichere Berichte verlangen und der Leibwächter wusste derzeit nicht wirklich was er dann schreiben würde. Die Wahrheit konnte es auf jeden Fall nicht sein. Wie sollte er Asami auch sagen das Akihito derzeit nichts anderes tat als den Russen zu vögeln?

Am Anfang hatte er es für eine gute Idee gehalten, dass der Fotograf eine eigene Kreditkarte vom Russen bekommen hatte. Da glaubte er ja auch noch das Akihito sich rasch fangen würde. Ihm die Möglichkeit zu geben shoppen zu können, schien da der richtige Weg zu sein. Doch als dann immer mehr Pakete kamen, fing Suoh an daran zu zweifeln. Es waren niemals Absender auf den Paketen und alle sahen sich schon auffällig unauffällig aus. Natürlich hatte der Leibwächter jedes von ihnen öffnen müssen. Alleine schon um zu kontrollieren das sich nichts gefährliches darin befand. Eigentlich hatte Suoh geglaubt alles schon gesehen zu haben. Immerhin arbeitete er jetzt schon ziemlich lange unter Asami, der auch vor Akihito nicht gerade als Mönch gelebt hatte.

Doch die schiere Masse der bestellten Spielzeuge raubte ihm noch immer den letzten Nerv. Was ihm jedoch die größte Sorge machte, war das diese Spielzeuge immer größer wurden und nur noch darauf ausgelegt zu sein schienen Schmerzen zu bereiten. Anders konnte er sich nämlich das neueste Paket das erst heute eingetroffen war nicht erklären.

Auch Eury schien jetzt das Paket zu bemerken, welches Suoh auf den Boden gestellt hatte, bevor er sich hingesetzt hatte.

„Sag mir nicht dass er sich schon wieder was neues bestellt hat.“

Achselzuckend schob Suoh das Päckchen mit dem Fuß zum Russen. „Diesmal sind es zumindest keine neuen Peitschen.“

Stöhnend schob Eury das braune Papier auseinander und starrte auf Akihitos neue Errungenschaften, bei deren Anblick allein schon begann sich alles in seinem Inneren zusammen zu ziehen. Er wollte lieber nicht wissen wie der zarte Fotograf gedachte diese Dinge in seinen Allerwertesten zu bekommen, oder auch wieder hinaus.

„Wenn das so weiter geht habe ich bald eine größere Spielzeugsammlung als Asami.“

Ohne etwas angefasst zu haben, schloss der Blonde das Papier wieder und schob das Paket unter seinen Sessel. Er würde nachher daran denken müssen, es ins Schlafzimmer zu bringen. Nicht auszudenken, wenn sein Vater es finden würde.

Noch einmal sah er Suoh in die Augen. „Gib ihm noch ein wenig Zeit. Wenn es wirklich nicht besser wird, sage ich Asami bescheid.“



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