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Spiel ohne Limit

von

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Sobald ihre DuelDisc eingeschaltet war, blendete Rin alles um sich herum aus. Wo noch vor wenigen Sekunden die Aufregung dominiert hatte - Aufregung wegen der Menschenmassen, Aufregung wegen Seto Kaiba, Aufregung wegen der unbekannten Gefahr, Aufregung wegen der Ungewissheit, die Ungewissheit verlieren zu können… - herrschte jetzt ein absoluter Fokus auf ihre vierzig Karten, die akribisch gemischt wurden. Das Prozedere war eigentlich immer dasselbe. Karten mischen, mit den Karten des Gegners tauschen, wieder mischen und zurückgeben. Diesmal starrten ihre jadefarbenen Seelenspiegel einzig auf ihren grünhaarigen Kontrahenten, von dem sie überzeugt war, dass keine seiner Drohungen bloßes Gerede waren. Er hatte sich auf diesen Moment vorbereitet, womöglich schon während ihrer ersten Auseinandersetzung. So wie er sie angrinste, seine Finger um den Kartenstapel schloss und diesen sicher auf das vorgesehene Fach seiner Chaos DuelDisc fixierte, ließ sie das Wesen dieses fanatischen Duellanten sehen. Hii Yuta, Gefolgsmann von Dartz - alles hatte er aufgegeben; sich selbst, sein Limit, um nur noch für dieses eine Ziel kämpfen zu können: Rin zu besiegen. Sie alle zu besiegen. Für welchen Zweck auch immer. Die rubinroten Iriden, welche die junge Frau dabei keine Sekunde aus den Augen ließen, sprachen eine deutliche Sprache - er wollte gewinnen. Nein, er musste gewinnen. Genauso wie Rin. Das einzige, worin sich die beiden Spieler glichen.
 

"Bereit unterzugehen, Yamamori?", feixte ihr Gegenüber und ließ die spitzen Schneidezähne aufblitzen.

"Nicht, bevor ich dich zur Strecke gebracht habe", entgegnete Rin, die erst im Nachgang den Beigeschmack ihrer Wortwahl zu spüren bekam. Yutas Grinsen wurde ein Spur breiter, unterstrich das Wahnsinnige, dass sich die junge Frau vornahm, nicht weiter auf seine Provokationen einzugehen. Stattdessen konzentrierte sie sich auf den Zufallsgenerator über ihren Köpfen, der Yuta auserkoren hatte, den ersten Zug zu machen. Daraufhin verschwand die Maschine, wurde ersetzt durch den Punktestand der beiden Spieler, der lediglich vom Publikum eingesehen werden konnte. Der Jubel der Menge ging an der jungen Frau wie ein Schnellzug vorbei. Ebenso das dumpfe Pochen in ihrer Brust, das sich nicht gerade gesund anhörte. Rin fokussierte sich, ließ die linke Hand über den Kartenstapel wandern und fünf Karten daraus ziehen.

Diese Karte…

Wie ein Pokerspieler ließ sich keiner der beiden in sein Blatt schauen, das Lächeln in Yutas Gesicht war genauso eine Fassade wie Rins stoische Miene.

"Nun denn", Yutas Stimme bohrte sich durch ihren Kopf, er sprach auf einmal so finster, dass der Ausdruck seiner Augen beinahe schwach im Vergleich zu den brummenden Tönen aus dessen Kehle wirkte. Der Kerl hatte definitiv eine dunkle Seite, und diese würde er erst jetzt so richtig zum Vorschein bringen.

"Ich beschwöre Prometheus, König der Schatten." Es hatte begonnen. Aus dem Boden stieg dunkler Nebel, aus dem wiederum eine finstere Gestalt emporstieg. Prometheus, der aus einem roten Mantel, einem goldenen, knöchernen Brustpanzer und einer extra Portion Finsternis bestand, reckte die Arme in die Höhe, stieß einen - für Unterweltler typischen - Laut aus, der die Lautsprecher zum vibrieren brachte und richtete sich vor seinem Beschwörer auf. Sein fulminanter Auftritt stumpfte etwas ab, nachdem Rin die mickrige Angriffspower des Monsters erblickte. In jedem anderen Fall hätte sie einen abwertenden Kommentar abgegeben. Ein Monster mit 1200 Atk und dann hatte ihn Yuta auch noch in Angriffsposition beschworen! Im Falle von Dartz' Duellanten ersparte sie sich derartige verbale Attacken. Wenn sie eines aus seinen Duellen gelernt hatte, dann, dass die Stärke seiner Monster nicht auf deren Grund-Atk aufgebaut war.

Orichalcos

Ein Schaudern durchfuhr die junge Frau.

Ich darf nicht zulassen, dass er diese Karte spielt

"Keine Angst, Yamamori", sagte der Grünhaarige, wobei er mit einer weiteren Karte in seiner Hand wedelte, "wir beiden kommen noch früh genug zu unserer Revanche. Dafür sollten wir unser Duell an einem passenderen Ort verlegen, findest du nicht auch?" Er legte den Kopf schief.

"Was willst du damit sagen?", versuchte Rin so gleichgültig wie möglich zu klingen.

"Ich will damit sagen, dass die Atmosphäre noch nicht meinem Geschmack entspricht. Schließlich sollst du dorthin gebracht werden, wohin Menschen wie du hingehören."

"Du weißt schon, dass wir unser Spiel hier spielen müssen."

"Wer sagt denn, dass wir dafür irgendwohin müssen? Immerhin habe ich meinen Gott auf meiner Seite", er zeigte auf seine DuelDisc, "und er wird dich ohne Umschweife in die Hölle befördern!" Damit knallte er die Karte auf die Zauberkartenzone. Ein kurzes, helles Aufblinken, bevor ein schwarzer Schleier das Feld bedeckte. Und nicht nur das Feld. Da gesamte Stadion wurde von der Finstenis verschlungen, dass die Leere einen neuen Gefährten dazugewonnen hatte. Langsam blickte sich die junge Frau um. Die Dunkelheit war authentisch, ebenso die aufsteigenden Schwaden, die sie ein wenig frösteln ließen. Der Rest kam von Prometheus, den Rin lediglich schemenhaft erkennen konnte. Dafür hörte sie umso deutlicher das Schnauben, das von dem Unterweltler ausging.

"Nett", entgegnete Rin, obwohl ihr die gestochen scharfe Grafik den Atem geraubt hatte. Dies hier ließ sich definitiv mit Seto Kaibas Technik vergleichen. Nicht unbedingt beruhigend, wenn man bedachte, was Rin bereits alles darüber erfahren hatte.

"Dachtest du", Rin sah zurück zu ihrem Gegner, "du könntest mir Angst einjagen, indem du im Stadion das Licht ausknipst? Da musst du schon etwas mehr auffahren."

"Natürlich", lächelte Yuta, "jemand, der sich der Finsternis verschrieben hat, wird sich hier wie zu Hause fühlen. Aber nur keine Sorge, ich werde mich darum kümmern, dass du es dir nicht allzu gemütlich machen kannst. Doch zunächst aktiviere ich den Effekt von Verlockung der Finsternis. Diese Zauberkarte erlaubt es mir, zwei Karten zu ziehen. Eine davon wird verbannt, die andere bleibt auf meiner Hand." Gesagt, getan, wobei die letzte gezogene Karte sogleich auf das Spielfeld gelegt wurde.

Das muss eine Falle sein. Sein Deck ist vollgestopft mit Karten, die sein Deck aus dem Spiel nimmt…aber immerhin keine Orichalcos-Karte

Paradius' mächtige Geheimwaffe blieb wohl vorerst in Yutas Kartenstapel - zumindest war Rin davon überzeugt, dass ihr Gegenüber keine Sekunde zögern würde, diese Zauberkarte auszuspielen. Kurz schweiften ihre Gedanken zu den Worten, die Kaiba ihr zu Orichalcos gesagt hatte, ab. Eine Karte, die Menschen ins Koma versetzen konnte. Wenn das erst der Anfang war-

"Du bist dran…Rin Yamamori", Yuta sprach ihren Namen lang und genüsslich aus. Zusammen mit diesem Lächeln und dem hungrigen Blick kam in der jungen Frau das Bedürfnis auf, dieses Duell nicht künstlich in die Länge ziehen zu wollen. Ihr Gegner war ein anderes Kaliber als jeder bisherige Duellant, dem sie seit dem Battle-City-Turnier gegenüber gestanden hatte. Sie zog eine Karte.

Ich muss es zu Ende bringen, bevor er eines seiner Supermonster beschwören kann…von Orichalcos ganz zu schweigen. Denk' nach, Rin. Ich habe die Karte in der Hand, mit der ich Yuta ganz schnell in die Enge treiben könnte…naja, zumindest eine davon

"Ich spiele zwei Karten verdeckt", rief sie, kniff dabei leicht die Augen zusammen. Diese Dunkelheit. Ausgelöst durch die Zauberkarte Verlockung der Finsternis, hätte sie nach ihrer Aktivierung längst verschwunden sein müssen. Doch die dunklen Schleier blieben, genauso das drückende Gefühl und die eisige Kälte, welche die Leere mit sich brachte. Gehörte das zur Show? Wohl kaum. Trotzdem hätte sie sich gerne überzeugen lassen, hätte ihre Augen zu Seto Kaiba gelenkt, in dessen Blicken vielleicht ein wenig Klarheit hervorgegangen wäre. Etwas in ihr hielt die junge Frau davon ab, zu dem jungen Firmenchef herüber zu sehen. Ein Empfinden, ein innerer Sturm, der sich drückend auf ihre Brust gelegt hatte und eine seltsam, fremde und gleichzeitig absolut vertraute Welle des Zornes wachrief. Das hier war nicht sein Werk. Woher sie das wusste, war ihr selbst noch nicht ganz klar. Vielleicht, weil diese Hologramme dunkel und gefährlich wirkten. Bösartig war das treffende Wort für diesen Auftritt. Kaibas Technik war vieles, aber bösartig…?

Es fühlt sich einfach nicht richtig an. Kaiba…was wird hier gespielt?

Plötzlich, ohne Vorwarnung, versuchten sich ihr die Erinnerungen der gestrigen Nacht wie eine Sturmböe aufzudrängen. Sie waren so klar, wie am Abend selbst. Waren es bloß ein paar Sekunden gewesen, in denen sie in Kaibas Gedanken geblickt hatte, hinterließ dieser Moment einen bleibenden Eindruck. Diese Überlegenheit, dieses überragende Selbstbewusstsein; all die Empfindungen - so überwältigend. Wie auch jetzt. Was als dumpfes Grollen auf der Oberfläche schwamm, schien direkt vom Chef der Kaiba Corporation auszustrahlen. Sie zögerte. Wenn sie schon Kaibas Gedanken spürte, was würde erst passieren, wenn sie sich in die Augen blickten und er ihre Gedanken erkannte, ihr Unbehagen, ihre Unsicherheit spürte. Schnell schüttelte sie das Chaos aus ihrem Kopf, konzentrierte sich wieder auf das Duell, darauf, was im Augenblick wirklich zählte.

Aus dem Augenwinkel betrachtete sie Prometheus. Das Monster machte ihr weniger Sorgen. Vielmehr war es Yutas verdeckte Karte, die im Grunde alles bedeuten konnte.

Ich kann nicht warten, dass Yuta seinen nächsten Zug macht und vielleicht ein noch stärkeres Monster beschwört. Und wer weiß, was passiert, wenn er erst einmal Orichalcos aufs Feld gebracht hat

Sie musste ihm etwas entgegensetzen, das wusste sie. Egal, welche Risiken damit verbunden waren, es konnte zukünftig nur schlimmer werden. Eine Karte aus ihrem Blatt gezogen, legte sie diese auf die Monsterkartenzone. "Und ich beschwöre Blizzarddrache im Angriffsmodus. Mein Drache sollte deinen Unterweltler mit Leichtigkeit schlagen können." Zur ihrer eigenen Kreatur herüber blickend, ließ der Blizzarddrache einen Schwall Wasser aus seinen Flügeln treten, bevor er im nächsten Augenblick die Schwingen ausbreitete und einen Angriff vorbereitete. Seine 1800 Atk waren genug Vorsprung, um es gegen Hiis Monster aufzunehmen. Und tatsächlich: der Drache attackierte Prometheus, der kaum etwas entgegenzusetzen hatte. Mit einem wuchtigen Knall zerschmetterte ihn Rins Kreatur, dass er in Abermillionen Einzelteile zersprang. Sechshundert Lebenspunkte nahm es von dem grünhaarigen Duellanten. Nichts worüber sich Rin ernsthaft freute, war die verdeckte Karte von Yuta ungespielt geblieben. Nicht gerade ein gutes Zeichen, wenn man bedachte, dass Rins Angriff dafür vorgesehen war, Yuta aus der Reserve zu locken und eben diese Karte zu aktivieren. Ihr Gegenüber jedenfalls nahm Prometheus Niederlage mit einem Schulterzucken hin. "Mach' nur so weiter", säuselte er und zog eine Karte, "ich brenne darauf, dein verdorbenes Wesen aus dir herauszukitzeln", dann aktivierte er die Zauberkarte Geschäfte mit der finsteren Welt. "Wir beide ziehen jetzt zwei Karten und werfen eine davon ab."

"Hast du noch was anderes drauf als ständig deine Karten auf den Friedhof zu schicken?" Rins Mundwinkel zuckten. Nicht, weil sie kurz davor gewesen wäre zu lachen.

"Was denn?", erwiderte Yuta lächelnd, "nehme ich dir etwa das Vergnügen, meine Monster vom Feld zu jagen? Genießt du den Anblick der Zerstörung so sehr?" Er schüttelte belustigt den Kopf. "Yamamori, du bist wirklich nicht mehr zu retten. Aber was soll man von Kaiba Corps. Marionette auch anderes erwarten-" Seine Zunge fuhr seine trockene Oberlippe entlang. Ein Tick, dem er scheinbar öfter nachgab, war der Mund bereits ganz wund und rissig. Kurz schweifte sein Blick von ihr ab, dann, als wäre er aus einem Traum aufgeschreckt, blinzelte er und widmete sich wieder seinen Karten.

"Kaiba Corps. Marionette?" Rin funkelte ihn an. Ist das sein ernst?! "Schon mal in den Spiegel geschaut?"

"So spricht nur jemand, der keine Ahnung hat."

"Dann klär' mich doch auf. Sag' mir, wie man auf die Idee kommt, die Welt vor dem Untergang zu bewahren, in dem man so ein Theater veranstaltet."

"Es ist sinnlos, einer verdorbenen Seele die Botschaft hinter unserem Handeln begreiflich zu machen", er schüttelte den Kopf, "du wirst es nie verstehen! Aber das spielt keine Rolle, denn wenn der Tag gekommen ist, wirst du nicht dabei sein, um ihn miterleben zu können."

Die junge Frau kräuselte die Lippen. Sie wurde zunehmend nervöser. Was war es nur, dass Hii Yuta ihr derart die Nerven rauben konnte? Als ob ein paar Drohungen schon genügten, ihr Innerstes zum Zittern zu bringen. Zum Glück hatte sie ihre Gefühle unter Kontrolle, von außen war sie hart wie Granit, ihre Blicke tödlich wie eh und ihr Mantel unterstrich den Kampfmodus, in den sie sich begeben hatte, dass niemandem auffiel, wie sehr Yutas Präsenz sie verängstigte. Ungern gestand sie sich ein, dass sie Angst hatte. Geballt mit einer extra Ladung Adrenalin, war es eine ungesunde Mischung, welche die eigenen Grenzen zwischen Richtig und Falsch zu vermischen drohte.

"Wollen doch mal sehen", sagte Paradius' Vorzeigeduellant, "wie dir das schmeckt: ich werfe eine weitere Karte ab und beschwöre ihn - der Trickreiche." Der nächste Unterweltler erschien auf Yutas Spielfeldseite. Diesmal mit deutlich mehr Angriffspunkten ausgestattet, konnte er Rins Blizzarddrachen gefährlich werden.

"Schauen wir doch mal, was dein kleiner Drache dagegen unternehmen kann." Damit gab er das Signal zum Angriff.

"Vergiss' es", entgegnete Rin mit ausgestrecktem Arm, "ich aktiviere meine Falle - Schildspeer! Damit bekommt mein Drache zusätzliche 400 Angriffs- und Verteidigungspunkte. Macht 2200 Atk für meine hübsche Bestie. Tja, so viel zu deinem Trickreichen." Dieser verlor den Kampf, verschwand ebenso wie Prometheus auf dem Friedhof und hinterließ einen entspannten Ausdruck auf Yutas Gesichtszügen. Er legte noch eine zweite Karte verdeckt und beendete seinen Zug.

Verdammt

Die junge Frau unterdrückte es, die Zähne zusammenzubeißen. Sie fühlte eine derartige Unzufriedenheit, dass für einen Moment die Nervosität vergessen war. Auch wenn sie Yuta weitere zweihundert Lebenspunkte genommen hatte und Rin ein weiteres Mal von der Macht des Orichalcos verschont geblieben war, wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie genau nach Yutas Pfeife tanzte.

"Yuta", Rin war am Zug, ihr lodernder Blick stand im völligen Kontrast zu ihren wahren Empfindungen, "wenn du dich wieder über mich lustig machen willst-"

"Was dann?", redete er ihr dazwischen, "willst du mir wirklich drohen, Yamamori? Nachdem du gesehen hast, wie ich deinesgleichen eine vernichtende Niederlage nach der anderen zugefügt habe?"

"Meinesgleichen", Rins Augenbrauen zogen sich zusammen, "wohl kaum."

"Du denkst etwa, du unterscheidest dich von dem restlichen Abschaum? Diese arroganten, selbstgefälligen Narzissten, die ihre Seele der Finsternis verschrieben haben? Die, ohne mit der Wimper zu zucken, Geschäfte mit den Teufeln abgeschlossen haben, die unsere Welt ins Verderben stürzen wollen? Denkst du ernsthaft, du hebst dich von ihnen ab?" Er ging einen Schritt zurück. Dabei wirkte es, als machte er sich darauf gefasst, jeden Moment auf sie zuzusprinten. "Vielleicht hast du recht", sprach er weiter, ein wenig ruhiger, aber keineswegs beruhigend, "aber nicht zum Besseren."

"Ich habe mich nicht der Finsternis verschrieben", entgegnete Rin, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war, sich vor diesem jungen Mann zu verteidigen.

"Oh doch", er riss die Augen auf, "und ich werde es dir beweisen!"

"Du vergisst scheinbar eine Sache: nämlich, dass ich jetzt erst einmahatte am Zug bin und ich dir sicher nicht die Chance geben werde, mir irgendetwas zu beweisen. Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber auf deiner Seite ist kein einziges Monster und", sie legte eine Karte aufs Feld, "wenn ich ihn hier spiele, wird es gleich schwarz für dich aussehen." Der Klingenritter erwies sich die Ehre, schwang sein Schwert und gesellte sich zu dem Blizzarddrachen, dass beide kampfwütig ihre Stimmen erhoben.

Zuerst ließ Rin ihren Drachen angreifen. Die Bestie schwang die Flügel, setzte Wasser frei und-

"Ich aktiviere meine Fallenkarte!", rief Hii Yuta, streckte seinen Arm in Richtung aufgedeckter Karte aus. Drei Hohepriesterinnen stellten sich vor ihren Besitzer. "Waboku beendet die Battlephase und mir wird kein Schaden zugefügt."

"Ich kenne die Karte", murrte die junge Frau, während sie den Blizzarddrachen dabei beobachtete, wie dieser zurück auf seinen Platz flog.

"Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, ich würde es dir leicht machen." Er legte den Kopf schief, musterte sie, als wäre Rin allein für sein Vergnügen ins Stadion gekommen. Sie kannte diesen Blick. Während ihres ersten Duells hatte er sie genauso angesehen - kurz bevor seine Männer dazugekommen waren. In Rin zog es sich schmerzlich zusammen. Keine Sekunde hatte sie darüber nachdenken wollen, was passiert wäre, wenn Mokuba ihr nicht zur Hilfe gekommen wäre.

Lass' das! Hör auf, dich von diesem Fanatiker so einschüchtern zu lassen! Er ist dein Gegner. Dein Ticket für die finalen Spielen. Blend' den Rest einfach aus.

"Ich glaube", erwiderte Rin und schlug ihren Zopf wie eine lästige Fliege nach hinten, "dass du dieses Duell nicht ernst genug nimmst."

"Oh, und wie ich unser Duell ernst nehme." Yuta riss die Augen auf. "An diesem Sieg hängt viel mehr dran, als du dir vorstellen kannst."

"Dann hör' endlich auf, Zeit zu schinden."

"Mit dem größten Vergnügen", Zeige-und Mittelfinger zogen die oberste Karte vom Stapel. Den rechten Arm zur Seite ausgestreckt, verfiel er in schallendes Gelächter, als er sie betrachtete.

"Es hat begonnen", seine Fratze verschmolz mit den dunklen Schwaden. Er schlug die gezogene Karte auf das entsprechende Feld als beschwor er Satan persönlich. "Dein Untergang ist nahe, Yamamori. Der Augenblick ist gekommen. Erfahre die Macht unseres Gottes, die Macht von Orichalcos!" Greller als jedes Licht, stieß die Chaos DuelDisc grüne Funken hervor. Dutzende von Linien und Zeichen in unbekannter Schrift breiteten sich kreisförmig über die gesamte Bühne aus. Im Original war es deutlich imposanter; nicht einmal die beste Simulation während der Trainingseinheiten konnte dagegen mithalten.

Sobald eines der Ringe direkt auf Bauchhöhe durch sie hindurch gerauscht war, durchdrang Rin eine Art Druck, der sie auf eine unangenehme Weise am Bauchnabel kitzelte.
 

"Um die grünen Ringe war etwas eingebaut, das den Verlierer in einen komatösen Schlaf versetzt hat."
 

Nein, nein, nein! Das ist unmöglich. Crawford hat es selbst gesagt. Er hat die Karte umgeschrieben, sie ist nicht mehr so gefährlich wie damals
 

Voller Ehrerbietung blickte ihr Gegner zu seinem neuesten Werk herüber. Er schien sich sichtlich wohl zu fühlen - inmitten von Orichalcos und dessen einnehmenden Leuchten, das sogar Yutas eigene Seelenspiegel wie glühend heiße Kohlen aussehen ließ.

"Nur ein Vorgeschmack dessen, was dich erwartet", sagte er. "Ich habe noch viel mit dir vor."

Reflexartig ging sie einen Schritt zurück. Ein Fehler, denn ihr Gegenüber brannte nur darauf, Rin in die Enge zu treiben.

"Scheint so", entgegnete er breit grinsend, "du kennst die wahre Kraft hinter dieser Zauberkarte. Was sie einst bewirken konnte." Seine Stimme wurde ein lautes Flüstern. "Es ist wahr, Orichalcos war… nein", er hob den linken Zeigefinger belehrend in die Höhe, "sie ist so mächtig. Egal, wie viele Feinde sich uns in den Weg stellen, wir werden unserem Meister die Treue schwören. Ihm und unserem Gott."

"Dein Gott", erwiderte Rin, "wird dir in diesem Duell auch nicht helfen können."

"So spricht nur ein Ungläubiger. Aber wer nicht hören will", er nahm die nächste Karte von seiner Hand, "für den lasse ich meine Karten sprechen! Ich spiele finsterer Ausbruch. Mit dieser Karte kann ich ein schwaches Monster vom Friedhof zurückholen, und sieh' mal, wer von den Toten auferwacht ist." Prometheus kehrte aus dem Boden direkt auf das Spielfeld zurück. Augenblicklich wurde er in die Macht des Orichalcos eingesogen, blassrot leuchteten seine Augen auf, bevor ihm die Feldzauberkarte zusätzliche fünfhundert Angriffspunkte verlieh.

"Okay, Prometheus ist zurück", diesmal war es Rin, die mit den Schultern zuckte, "aber mit 1700 Atk kommst du trotzdem nicht weit."

"Mein Monster ist ja auch noch nicht fertig", lachte Yuta zurück und nickte in Richtung Prometheus. "Ich sollte dir von seiner besonderen Fähigkeit erzählen: Wenn ich ein Monster von meinem Friedhof verbanne, erhält mein König der Schatten vierhundert Angriffspunkte dazu. Und - nehmen wir mal an - ich würde zwei Monster verbannen", er entfernte zwei Karten aus dem Spiel, "dann erhält mein Monster sogar achthundert weitere Punkte." Der anfänglich schwache Unterweltler baute sich zu seiner vollen Größe auf, bis er mit 2500 Atk das stärkste Monster auf dem Spielfeld war. Mit zusammengepressten Lippen betrachtete Rin den aufgeboosterten König. Sein Schnauben war zu einem röchelnden Laut übergegangen, dass sich ihr der Magen drehte.

"Und es kommt noch besser", rief ihr grünhaariger Kontrahent und offenbarte allen Anwesenden seine verbliebene, verdeckte Karte. "Flucht aus der finsteren Dimension!"

"Das-"

"Schön, du kennst sie", Yuta hob seine Augenbrauen, "dann weißt du ja, was jetzt kommt." Vor seinem Haupt tauchte ein schwarzer Wirbel auf, wuchs, dehnte sich aus, bis ein Teil von Hii dahinter eingeschlossen wurde. Wind blies durch die Bikerjacke, plusterte diese auf, dass er die Sicht auf das Amulett freigab, welches mit Orichalcos eins zu sein schien. Der kleine, tropfenförmige Stein war genauso intensiv, genauso einnehmend wie die holographische Projektion der Spielfeldzauberkarte selbst.

Rin hielt den Atem an, als der Wirbel Gestalt annahm, jenes Ungeheuer erschuf, vor dem selbst die junge Frau einen Heidenrespekt hatte.

Der oberste Herrscher des Horrors - der Erzunterweltler Kaiser

Yutas gefürchtetes Monster steckte sein Territorium ab. Es suhlte sich geradezu in der Dunkelheit, während es sein schwarz-rotes Breitschwert schwang, einen tiefen, grollenden Ton von sich gab, das jeden Horrorstreifen vor Neid erblassen ließ und sich letztendlich auf seinem selbst erbauten Thron aus totgeweihten Unterweltlern niederließ. Als dann auch noch Orichalcos die Power dieses ohnehin schon gewaltigen Riesen weiter aufstockte, hatte der Erzunterweltler das gesamte Spielfeld für sich eingenommen. 3500 Atk - doch damit nicht genug.

Der hat mir gerade noch gefehlt

Egal, wie viele Stunden sie vor dem Rechner zugebracht hatte, um Hii Yutas Duellfähigkeiten auf die Schliche zu kommen - erst jetzt wusste sie, wie gefährlich er wirklich war, wie gefährlich sein Erzunterweltler Kaiser für sie werden konnte.

"Als erstes", damit riss Yuta sie aus ihrer Starre, "aktiviere ich den Effekt von Erzunterweltler Kaiser! Indem ich einen Erzunterweltler von meiner Hand verbanne, kann ich eine beliebige Karte auf dem Spielfeld zerstören." Seine Augen zeigten auf Rins Blizzarddrachen. Natürlich. Schließlich könnte die Kreatur Yuta gefährlich werden. Nicht wegen seiner Angriffsstärke; die lag weit unterhalb der Power, die der Herrscher des Horrors mit sich brachte. Tückisch war Blizzarddraches Effekt, der Yutas Erzunterweltler einfach mal für eine Runde außer Gefecht setzen konnte. Bevor Rin auch nur in die Nähe ihres eigenen Zuges kam, setzte ihr Gegenüber die besondere Fähigkeit seines Erzunterweltlers frei. Ihr Drache sackte zusammen, zerfiel zu einer einzigen Wasserlache, die von der Finsternis aufgesogen wurde. Übrig blieben Klingenritter, sowie dessen Besitzer. Die junge Frau ließ den Blick zwischen ihrem Monster und denen ihres Gegners hin und her schweifen.

Mit Orichalcos hatte sie gerechnet. Aber dass auch Yutas stärkste Karte innerhalb der ersten drei Runden erscheinen würde, war ihr weit weniger in den Sinn gekommen.

Natürlich. Darauf hätte ich gleich kommen müssen. Erzunterweltler Kaiser ist einer der Gründe, warum Yuta seine Karten zwischen Spielfeld und Verbannung hin und her schiebt.

Ein tiefer Atemzug drang aus ihrer Kehle.

Nicht ich habe Yuta seine Fallenkarten ausspielen lassen. Sein Plan war von Anfang an, dass ich meine verdeckten Karten ausspiele…

"Bist du bereit, Yamamori?", Hii Yuta zeigte auf die junge Frau, welche nicht auf seine Frage antwortete.

"Prometheus", befahl er seinem ersten Monster, ohne von seinem Gegenüber abzulassen, "greif' Yamamoris Klingenritter an - Klaue der Finsternis!" Der Unterweltler flog auf seinen Gegner zu. Sein Umhang flatterte, während seine linke Hand dem Klingenritter einen heftigen Schlag verpasste, dass diesem das Schwert zu Boden fiel, bevor aus dem Monster selbst aberdutzende von kleinen Splittern wurden und Klingenritter vom Spielfeld verschwand. Die Punkteanzeige ratterte Rins Lebenspunkte nur so nach unten, bis sie bei 3100 zum Stehen kam. Der Verlust ihrer Lebenspunkte war ein geringer Preis im Vergleich zu der leeren Monsterzone, die nun ihre Spielfeldseite schmückte. Ohne Verteidigung war Rin selbst zur Zielscheibe des nächsten Angriffs geworden. Flüchtig huschte ihr Blick zu der verdeckten Karte.

Wenn ich sie einsetze, bringt das nichts gegen seinen Erzunterweltler Kaiser... Yuta weiß das nicht. Vielleicht-

"So. Kommen wir zu dir", Yuta zeigte auf die junge Frau, die leicht in die Hocke gegangen war, "du sagtest, mein Gott würde mir in diesem Duell nicht beistehen. Falsch! Er wird es sein, der dich die Fehler deiner Selbstsucht spüren lassen wird. Rin Yamamori, mach' dich auf sein Urteil gefasst. Erzunterweltler", seine Augen waren so groß als würden jeden Moment die Augäpfel aus ihren Höhlen treten, "greif' Yamamoris Lebenspunkte direkt an. Zeig' ihr, was wir mit solch unreinen Seelen wie ihren machen. Klinge des Untergangs!"

Der Herrscher des Horrors war nur eine Armlänge von Rin entfernt, als das Breitschwert seine Energie freisetzte und auf die junge Frau zielte. Eine Druckwelle genügte - und schon hatt es Rin den Boden unter den Füßen gezogen.



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