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Die Lektion des Verlierens

Es war einer dieser perfekten, faulen Tage, von dem man sich wünschte, er würde nicht enden, und jeder Tag könnte so sein. Der Himmel war strahlend blau und wolkenlos, es duftete nach Blumen, die Sonne wärmend und hell. Bienen und Käfer summten im hohen Gras und zwischen Feldblumen, und nur ganz weit entfernt war das tuckern eines Traktoren zu hören, sonst wirkte die Landschaft, als gäbe es keine Menschen.
 

Keine Menschen, abgesehen von Elsbeth und Liselotte, die es sich am Rande eines Feldes, direkt neben einem klaren Bächlein, gemütlich gemacht hatten. Dort lagen sie nebeneinander, ließen sich die Sonne auf die Gesichter scheinen, und taten sonst nichts, bis der laue Wind von weit her das Läuten von Kirchturmglocken zu ihnen trug.

„Ganze Stunde.“, stellte Elsbeth nach den ersten vier Schlägen fest. „Eins… Zwei… Drei… Drei Uhr. Wir sollten zurück. Sonst kommen wir noch zu spät zum Kaffee.“

Liselotte seufzte. „In Ordnung. Aber lass uns den weiten Weg nehmen. Am Wäldchen vorbei.“ Sie rappelten sich auf, klopften sich das Gras und den Staub von den Kleidern, sprangen über das Bächlein und gingen los.

Einträchtig nebeneinander, wie beste Freundinnen das eben so tun. Dabei unterhielten sie sich, kicherten, beobachteten ein Mal, wie ein Reh mit seinem Kitz durch das Gras davon sprang. Nach nur kurzem Weg erreichten sie das besagte Wäldchen. Als sie durch die Zweig spähte, stutzte Liselotte: „Else, sag mal, hast du gewusst, das hier ein Haus steht?“ Die Freundin schaute sie verwundert an. „Nein. Wo denn? Zeig‘s mir!“ Liselotte deutete in den Wald. „Da, ganz da hinten. Man sieht es kaum, so zugewachsen ist es!“ Sie blickte wieder zu ihrer Freundin, deren Augen strahlten. „Komm Lotte!“ rief sie, „Das schauen wir uns an.“ Und schon war sie losgestürmt.
 

Lotte blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen, doch ganz geheuer war ihr dabei nicht. „Komm zurück! Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist… wir verspäten uns doch nur, und dann gibt es einen Riesenärger!“ Doch Else machte erst Halt, als sie schon kurz vor dem Haus stand.

Als Haus mochte man es kaum mehr bezeichnen, es war eher eine Ruine, gänzlich in Wilden Wein und Efeu eingewachsen. Aus der Nähe war die Sache für Liselotte nur noch ungeheuerlicher, etwas an dem Haus machte ihr Angst, und der Blick, mit dem Elsbeth die Ruine betrachtete, gefiel ihr ebenso wenig. „Bitte!“, beschwor sie ihre Freundin, und zog am Ärmel ihrer Bluse. „Wir müssen heim! Wir können ja ein andermal wiederkommen.“ Doch nur widerstrebend lies Else sich mitziehen.

Mit jedem Schritt, den sie von dem unheimlichen Haus weg kamen, verging das mulmige Gefühl in Lotte mehr, und als sie den Wald endlich verlassen hatten, atmete sie tief durch. Sie griff sich aus Erleichterung an die Brust doch… „Meine Kette!“ Ihre Hand fand die Kette nicht, die sie noch am Mittag getragen hatte. Else drehte sich zu ihr. „Du wirst sie doch nicht verloren haben? Komm, wir müssen den Weg zurück und schauen, ob wir sie wiederfinden!“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und sprang den Weg zurück, den sie gekommen waren.
 

Doch nirgends lag die Kette. Nicht auf der Stelle, an der sie am Bach gelegen hatten, wo sich die Abdrücke ihrer Körper noch im Gras abzeichneten, nicht auf dem Weg zum Wald, nicht auf dem Waldboden, und nicht auf der Strecke die sie gelaufen waren, nachdem sie den Wald wieder verlassen hatten. So genau sie auch suchten, die Kette blieb verschwunden.

Entmutigt lies Lotte sich ins Gras sinken, aber Else war ruhelos. „Sie muss doch irgendwo sein. Ja! Vielleicht wohnt bei dem Haus ja doch jemand! Vielleicht gibt es ein Nebengebäude, und wer immer da wohnt hat uns gehört, nachgeschaut wer da ist, und dabei die Kette gefunden! Wir müssen da nochmal hin!“ Doch Lotte wollte ganz und gar nicht nochmal in die Nähe des Hauses. Bei der Sache war ihr nicht wohl, ein Nebengebäude hatte sie nicht gesehen, und wer sollte freiwillig so abgeschieden leben? Sie war elf, viel zu alt um an Geister zu glauben, doch das Haus und wer oder was auch immer dort sein könnte, machte ihr Angst.

Else packte sie am Arm, zog sie hoch und auf den Wald zu, und immer näher an das Haus, zu dem Liselotte unter keinen Umständen gehen wollte. Elsbeth hielt auch nicht an, als sie schon am Haus angekommen waren, sie zog Lotte weiter hinter sich her, um das Haus herum, und suchte nach dem Gebäude, das sie dort vermutete. Dieses Gebäude gab es nicht.

Statt dessen erkannten sie, dass ein ganzer Flügel des Hauses noch intakt war, die Tür und einige Fenster frei von Bewuchs, und manches an diesem Haus durchaus den Eindruck machte, als könnte dort jemand leben. Doch das ungute Gefühl blieb, denn, so dachte Lotte, wer immer so weit weg von allem lebte, wollte mit Sicherheit die Gesellschaft anderer nicht, und was sollte so jemand mit ihrer Kette tun? Warum sollte er sie aufgehoben und mit genommen haben?

Sie war elf, zu alt um zuzugeben, dass sie an Geister glaubte.

Und Else ging auf die Tür zu, deren Messinggriff sauber glänzte, und nahm den Griff, und drückte die Tür auf, die so leicht aufschwang, als wäre sie frisch geölt.

„Komm schon, du Hasenfuß!“, wisperte sie, und zog Lotte weiter mit sich, hinein in das Haus, das zugewachsen mit Wildem Wein und Efeu fern ab des Dorfes stand, von dem sie bis vor kurzem nichts gewusst hatten, und dessen Bewohner sicher nicht von dieser Art Besuch begeistert war.
 

„Hallo!“, rief Else in die Stille des Hauses, und ihre Stimme hallte von den Wänden und hohen Decken wieder. „Entschuldigen Sie, können Sie uns vielleicht helfen?“ Doch es blieb still, niemand antwortete, niemand kam, nirgendwo schien sich etwas zu rühren.

Vorsichtig begann Lotte sie umzuschauen. Bis auf einen Teppich auf dem Fliesenboden und einen beschlagenen Spiegel an der Wand schien der Flur leer zu sein. Eine einfache Lampe hing an einer mit Stuck verzierten Decke, wer immer dieses Haus hatte bauen lassen, war sicher wohlhabend gewesen, aber schon lange fort. Spinnweben hingen in den Ecken, Staub und Blätter bedeckten den Boden, doch mitten durch den Flur war ein schmaler Streifen sauber.

„Irgendjemand war hier.“, meinte Lotte und wies auf die Spur Sauberkeit. Else nickte, „aber er ist wohl jetzt nicht mehr hier.“ Sie ging vorsichtig weiter und Lotte folgt, wenn auch mit einem noch immer unguten Gefühl. Geister hinterlassen keine Spuren im Staub.

Der Flur zog sich, von außen hatte das Haus kleiner gewirkt. Links und rechts des Flurs gingen Türen ab, und vorsichtig schob Else eine davon auf. Ein großer Raum erwartete sie dahinter, mit einem großen Tisch in der Mitte, Stühlen, die darum standen, einem Kamin an der Seite, doch alles verdeckt von einer dicken Schicht Staub und Spinnweben.

Hinter einer anderen Tür befand sich etwas, das wohl einmal eine Küche gewesen war, doch auch hier gab es keine Anzeichen auf Benutzung. Konnte wirklich jemand in einem Haus leben, ohne die Küche zu benutzen?

Andere Räume waren gänzlich leer.

Und so blieben den beiden Freundinnen zwei Wege; nach draußen, oder die Treppe am Ende des Flurs nach oben. Lotte war sich nicht sicher, welche Furcht überwog, die vor dem, was sie oben erwarten würde, oder die Furcht vor dem Ärger mit ihrer Mutter, den sie sicher bekämen wenn sie so spät und ohne die Kette nach Hause kommen würden.

Elsbeth hingegen schien entschlossen, die ging auf die Treppe zu, die sich breit und ausgetreten in die Höhe wand, und rief: „Entschuldigen Sie, aber wir suchen etwas. Vielleicht haben Sie es ja gefunden. Wir kommen jetzt hoch!“, und damit trat sie auf die unterste Treppenstufe, drehte sich zu Lotte um sie zu sich zu winken, und gemeinsam stiegen sie die knarzenden Stufen nach oben.

Liselottes Herz raste. Wer immer oben war, hörte sie jetzt sicher, und war bestimmt nicht erfreut über die ungeladenen Gäste, die durch das Haus liefen, in jeden Raum blickten, und nun auch in private Räume vorzudringen drohte. Ihre Mutter hatte ihr immer eingebläut, dass sie als Gast in fremden Häusern niemals unerlaubt einen Raum betreten, oder gar ins Obergeschoss gehen durfte. „Dort haben die Menschen ihre Schlafzimmer und privaten Räume. Niemand sollte einfach in einen solchen Raum spazieren, das gehört sich nicht!“

Sie waren als drauf und dran, gegen heilige Regeln zu verstoßen, und das alles wegen einer dummen Kette, genau genommen wegen ihrer eigenen Dummheit, diese Kette zu verlieren. Also hielt sie sich dicht hinter Else und hoffte, dass wer immer hier lebte entweder nicht zu Hause war, oder ihnen ihr Eindringen nicht übel nehmen würde.

Als sie am oberen Ende der Treppe angelangt waren änderte sich der Eindruck des Hauses schlagartig. Hatte es unten noch leer, verlassen und staubig gewirkt, so war es hier oben über alle Maßen voll, belebt, und irgendwie sauberer. Links und rechts des Flurs stapelten sich die Dinge, Kisten, Kästen, Schatullen, Schachteln, Dosen, Büchsen, in Regalen, auf Kommoden, auf dem Boden. Schränke standen dort, deren Türen sich nicht schließen ließen und aus denen Stoffe und Kleider hervorquollen. Auf dem Boden lag nicht ein Teppich, sondern gleich mehrere übereinander, An den Wänden hingen Haken, behangen mit Schmuckstücken, Besteck, Kochgeschirr, Schirmen, Mänteln, dazwischen hingen Bilder, Köpfe ausgestopfter Tiere, standen wieder Schränke. Hohe Regale ächzten unter der Last vieler, zu vieler, Bücher, weiterer Kisten und Kästchen, es lagen stapelweise Bücher auf dem Boden, standen Vasen und Gläser überall.

Durch dicke Vorhänge vor den Fenstern fielen schmale Lichtstreifen in denen glitzernd der Staub tanzte doch auf den Gegenständen, die den Flur verstopften lag nicht ein kleines Körnchen.

Staunend blickten die Mädchen sich um. Wer immer all dies angehäuft hatte… wenn er auch Liselottes Kette an sich genommen hätte würde dies die beiden nicht wundern, jedoch würde es auch schwer werden, sie unter all diesen Dingen wieder zu finden.

Diesmal war es Lotte: „Ha- Hallo? Ist da wer? Ich heiße Liselotte, und das ist meine Freundin Elsbeth. Wir sind hier her gekommen, weil ich wohl im Wald meine Kette verloren habe, sie aber dort nicht wieder finden konnte. Haben Sie sie vielleicht gefunden?“ Es folgte wieder Stille, doch von hinter einer Tür, die zwischen einem Regal und einer Kommode kaum zu sehen gewesen war, hörten sie ein leises Klappern. Sie blickten sich an, Else griff nach Lottes Hand, und gemeinsam gingen sie, mit einem flauen Gefühl, auf die Tür zu. Lotte klopfte zaghaft. Einmal. Noch einmal. Es ertönte wieder ein leises Klappern. Else drückte die Türklinke.
 

Der Raum den sie vor sich sahen, war genau so voll wie der Flur in dem sie standen. Ein Bettchen voller Puppen stand dort, ein Sofa voller Kissen und Decken, viele Teppiche und Dinge auf dem Boden und Dinge an den Wänden, und zu viele Gardinen vor den Fenstern. Alles war bunt und wollte überhaupt nicht zusammen passen, und inmitten dieses Chaos stand ein Schaukelstuhl, auf dem ein altes Weiblein hin und her wippte. Dabei stieß die Lehne immer wieder an ein Mobile, welches dann klapperte.

Die Alte hatte die Augen geschlossen, doch etwas sagte Lotte, dass sie wach war, und die ganze Zeit gewusst hatte, wer da durch ihr Haus schlich.

„Guten Tag, entschuldigen Sie die Störung, aber wir dachten...“, begann Else, doch die Alte fiel ihr ins Wort. „Ich weiß, was ihr dachtet. Ihr dachtet, ihr könntet in mein Haus kommen, die Kette wieder finden und an euch nehmen, und damit eure Unachtsamkeit wieder ausgleichen.

Nun ihr beiden; ganz so funktioniert das mit dem Verlieren nicht.“ Ihre Stimme war leise und krächzend, und obwohl auch eine gewissen Wärme darin lag, jagten die Worte Lotte Schauer über den Rücken. Sie und Else blickten sich an.

„Wie meinen Sie das?“, ergriff Lotte das Wort.

„Nun.“, die Alte öffnete die kleinen Äuglein, und Liselotte sah, dass ihre Iris einen ungewöhnlich schillernden Ton besaß. Etwas an dem Weiblein war seltsam. „Zum Verlieren gehört auch immer eine Lektion.

Die Leute haben begonnen Dinge zu besitzen, nur um vor anderen gut da zu stehen. Dinge, an denen nicht ihr Herz hängt, nur ihre Prestige.

Und sie kaufen nur des Kaufens wegen, wollen mit aller Gewalt ihr Geld los werden, wie es scheint. Sie besitzen zu viel, und so vieles, das sie sich angeeignet haben, gerät ihnen wieder in Vergessenheit, denn sie nehmen ihren Besitz nicht wahr. Sie kaufen etwas und verstauen es, und vergessen, dass sie es je besessen haben, und dann kaufen sie das gleiche Ding nochmal.

Und was sie gestern noch mit Stolz ihren Freunden und denen, die sie für ihre Freunde halte, vorgeführt haben, ist heute schon nicht mehr interessant und es wird verstaut und vergessen. Es wird zum Staubfänger in ihren Regalen, und zur Platzverschwendung in ihren Schränken, und so kaufen sie mehr Schränke für mehr Dinge und brauchen mehr Platz für mehr Schränke.

Und sie glauben, sie bräuchten immer mehr und mehr, und wissen nicht, was sie schon haben. Und mit dem Wissen um die Dinge geht ihnen auch der Wert der Dinge verloren, und sie profilieren sich mit Besitz und vergessen darüber, dass es wichtigeres als das gibt. Sie nehmen ihre Umwelt und ihre Mitmenschen nicht mehr wahr, in ihrem Wahn nach Mehr.

Und deshalb braucht es die Lektion des Verlierens.“, sie erhob sich langsam aus ihrem Schaukelstuhl, Else und Lotte erkannten, wie klein sie doch war, kleiner als die beiden Mädchen. Um ihre Schultern lag ein buntes Tuch, das wirkte, als hätte sie es aus hunderten kleiner Flicken zusammengenäht, und ihr Gesicht und ihre Hände waren runzliger als die der ältesten Großmutter, die Lotte kannte. Mit leise tappenden Schritte bewegte sie sich über die dicken Teppiche auf die Mädchen zu, dabei hing ihr Rock über ihren Füßen und berührte den Boden, schleifte ein wenig hinter ihr her. Sie blieb vor den Freundinnen stehen und blickte sie an. „Warum wollt ihr die Kette wieder haben?“

„Weil sie mir gehört!“, rief Lotte aus, lauter, als sie beabsichtigt hatte. „Ich meine: meine Mutter hat sie mir zum Geburtstag geschenkt, und sie wird sicher sehr böse sein, wenn ich sie nicht mehr habe. Sie hat immer wieder gesagt, wie wertvoll diese Kette sei, und dass ich gut darauf aufpassen muss. Und jetzt ist sie mir vom Hals gefallen, und Mutter wird außer sich sein, wenn sie das erfährt.“ Sie blickte beschämt zu Boden. Weder hatte sie die Alte anschreien wollen, noch hatte sie sich bis zu diesem Moment wirkliche Gedanken darum gemacht, was das Verschwinden der Kette bedeuten würde.

„Und du möchtest deine Mutter auf keinen Fall enttäuschen.“, schloss die Alte daraus. Lotte nickte.

„Verzeihung, aber, was meinten Sie mit der Lektion des Verlierens?“, fragte Else vorsichtig.

„Die Lektion des Verlierens ist es, mein Kind, dass man sich bewusst wird, was wirklich wichtig ist.

All diese Dinge hier wurden Verloren, doch niemand hat sie je vermisst.

Verlierst du etwas das du nur besitzt um vor anderen gut dazustehen, wirst du selbst den Verlust nicht einmal bemerken, es sind die anderen, denen er auffällt. Und es wird Menschen geben, die sich dann von dir abwenden, denn ohne dieses Ding bist du für sie nicht von Interesse. Also hast du kein Ding verloren, das ohnehin ohne Wert war, sondern Menschen, die falsch zu dir waren. Und du wirst lernen, dich vor solchen Menschen zu schützen.

Verlierst du jedoch etwas und vermisst es sehr, suchst es, weißt du, woran dein Herz hängt. Und so wirst du merken, welche Dinge in deinem Besitz für dich von wahrem Wert sind, oder aber, was das Ding für dich besonders macht.

So wie die Kette deiner Freundin. Es ist nicht die Kette, um die sie Angst hat, es ist die Liebe ihrer Mutter, die sie fürchtet zu verlieren.“, sie blickte zwischen Lotte und Else hin und her, schließlich blieb der Blick ihrer schillernden Augen auf Lotte hängen. „Wie alt bist du, Kind?“

Die Frage verwunderte Lotte. „Ich bin elf.“ Was hatte ihr Alter mit der Kette zu tun?

„Elf. Wie unvernünftig von deiner Mutter.“ Sie schüttelte den Kopf. „Lasst mich vorbei.“

Als sie zwischen den beiden hindurch auf den Flur trat, sah Lotte etwas, das sie nicht so recht glauben wollte. Das Schultertuch der Alten verrutschte, und gab kurz den Blick auf die Spitze eines Flügels frei, fein und durchscheinend wie der einer Libelle. Sie blickte zur Seite, suchte Elses Blick um herauszufinden, ob sie es auch gesehen hatte, doch nichts deutete darauf hin. Spielten ihre Augen ihr einen Streich? Da kam auch schon die Alte zurück, in der Hand die Kette, die sie Liselotte hinhielt.

„Ich will so nicht sein, du fürchtest den Zorn deiner Mutter zu recht, das spüre ich. Doch gib in Zukunft auf deinen Besitz mehr acht, und schätze den Wert der Dinge, die du hast.“ Dankbar schloss Lotte die Finger um die Kette, doch als sie den Mund aufmachte um etwas zu sagen, winkte die Alte ab. Damit ging diese zurück in ihr Zimmerlein, setzte sich wieder in den Schaukelstuhl und schloss die Augen.

Lotte und Else sahen zu, dass sie nach Hause kamen.



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