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Kontrolle

Urban Fantasy Thriller
von

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Rache

Pakhet hatte schlimmeres befürchtet. Vor allem hatte sie befürchtet, dass Li, wie die meisten in dieser Stadt, in einem Apartment lebte. Doch nein. Er war ein reicher Schnösel. Reich wahrscheinlich von seinen Drogengeschäften. Statt einem Apartment hatte er ein Haus am südöstlichen Rand der Stadt. Kein besonders großes Haus, doch ein edles, sogar mit einem Garten – und einer Mauer, die diesen umgab.

Pakhet hatte den Leihwagen einige Straßen entfernt abgestellt und war den Rest der Strecke gelaufen. Sie wollte nicht riskieren, dass jemand Ausschau nach dem Wagen hielt – denn waren ihr die zwei Typen unten entkommen. Und wahrscheinlich hatten andere Leute sie beobachtet.

Die Frau war tot. Aber wenigstens hatte sie diese Adresse herausgerückt. Wenn sie denn die Wahrheit gesagt hatte. Eigentlich sollte sie gewusst haben, dass Pakhet sie nicht würde gehen lassen. Nicht nach dem was sie ihr angetan hatte.

Bevor sie den Wagen zurückgelassen hatte, hatte Pakhet die Wunden an ihrem Hals und ihrer Seite mit Pflastern verarztet. Sie würde zurück in Südafrika jemanden daraufschauen lassen müssen. Wenigstens waren die Nägel der Frau nicht vergiftet gewesen. Was auch immer die Frau eigentlich gewesen war. Dämon? Fae? Vampir? Jedenfalls kein Mensch und recht sicher auch kein Gestaltwandler – sonst hätte sie ihre Gestalt spätestens im Kampf angenommen.

Eigentlich hätte Pakhet sich eine weitere Waffe gewünscht. Ihre (Waffe) war klein, hatte nur fünfzehn Schuss, selbst wenn sie ein weiteres Magazin dabei hatte. Sie wusste nicht, mit wie viel Sicherheit sie würde rechnen müssen.

Zumindest waren hier wenig Leute unterwegs. Kein Wunder. Wolken verdeckten den Himmel und es nieselte bereits seit knapp zehn Minuten. So würden ihr vielleicht etwaige Wachen schneller auffallen.

Sie blieb nicht an der Mauer des Grundstücks stehen, betrachtete diese nur aus den Augenwinkeln, während sie daran vorbeilief. Nicht sehr hoch. Gerade einmal zwei Meter. Sie kam locker darüber. Dennoch würde sie es nicht von der Straße aus versuchen.

Gemäßigten Schittes ging sie bis zum Ende der Straße, bog nach rechts ab und verharrte dann zwischen zwei Bäumen die in dieser besseren Gegend die Seiten der Straßen begrünten. Sie holte das Amulett hervor, das sie für viel zu viel Geld gekauft hatte. Es sollte ihr keine komplette Unsichtbarkeit geben, doch zumindest viele Augen über sie hinweggleiten lassen. Komplette Unsichtbarkeit hätte sie fast das Fünffache gekostet.

Also gut.

Sie aktivierte das Amulett indem sie einen kleinen Stoß ihrer Energie hineinleitete und hängte es samt dem Band dann um ihren Hals. Gemeinsam mit einem Schutzamulett, dass zumindest einen Teil von Angriffen abwenden sollte, war es ihre beste Chance. Irgendwann sollte sie wirklich in eine magische Rüstung investieren.

Vor Blicken zumindest etwas geschützt schlängelte sie sich zwischen den Bäumen hindurch auf das nächste Grundstück, das nicht ummauert war. Sie schlich durch einen kleinen Garten, aktivierte ein Licht, ließ sich davon nicht beirren. Die meisten Leute würden hier nichts erwarten – sofern nicht sämtliche Nachbarn bei den Triaden waren. Weiter zum nächsten Grundstück. Dann zum nächsten, das wenigstens umzäunt war. Sie sprang über den Zaun, schlich weiter.

Soweit geschah nichts. Durch einige Fenster sah sie Familien beim Abendessen und einen müden Geschäftsmann, der vor einem Laptop in einem kleinen Wohnzimmer saß und sich die Schläfen massierte. Offenbar wirklich keine Mafiosi.

Schließlich erreichte sie die Mauer. Mit einem letzten tiefen Atemzug nahm sie Anlauf und sprang, landete direkt neben dem Gebäude, dass an dieser Seite nur zwei Meter von der Mauer entfernt war. Die Stadt war dicht bebaut. Selbst ein kleiner Garten war hier teuer – und selbst wenn Li ein reicher Schnösel war, war er wohl reich, aber nicht superreich.

Sie lugte um die Ecke des Hauses und verzog das Gesicht. Ja, da waren Wachen, die direkt beim Tor standen, dass das Grundstück von der Straße trennte. Zwei Stück. Ob weitere im Gebäude waren?

Wenn Li selbst magisch war, musste sie auf Magier gefasst sein.

Kurz zögerte sie. Normalerweise tötete sie nicht unnötig, doch konnte sie es nicht gebrauchen, dass diese Typen ihr am Ende in den Rücken fielen. Nein, dieses Mal würde sie kein unnötiges Risiko eingehen. Wer weiß. Vielleicht war der eine oder andere sogar da gewesen, während sie …

Wieder verdrängte sie den Gedanken, während die Galle ihr emporstieg.

Auch wenn sie es nicht mochte steckte sie ihre Pistole ins Holster zurück, zog stattdessen ihr Messer. Sie wollte unnötigen Lärm vermeiden.

In den Schatten der Mauer gedrückt eilte sie zu den beiden Männern, bis sie nur noch drei Meter entfernt war. Wenigstens wirkte der Zauber. Soweit schien keiner von ihnen sie bemerkt zu haben.

Dann sprang sie. Hätte sie beide Hände gehabt, hätte sie dem Mann den Mund zugehalten, doch so musste sie sich damit begnügen ihm das Messer in den Kehlkopf zu rammen und von dort aus zur Seite zu ziehen. Ein Zischen erklang, als sein Atem durch das Loch entrann. Blut spritzte.

Für einen Moment war sein Kollege zu überrascht, um wirklich zu verstehen. Dennoch griff er beinahe automatisch zu seiner Waffe.

Pakhet warf den Körper des sterbenden Mannes auf den zweiten, sprang hinterher. Wie beabsichtigt reagierte der Mann nicht schnell genug, stolperte zurück, schrie dabei aber. Er wollte schießen, doch bevor er es konnte versenkte sie das Messer in seiner Schulter. Sein Schrei wurde schriller, bis sie ihm mit einem weiteren Schnitt zum Schweigen brachte.

Nun aber erklangen Stimmen aus dem Haus. Rufe in Mandarin.

Das Haus war in einem mehr oder minder modernen Stil gebaut. Ein Stück des Gebäudes samt Balkon wölbte sich über den Eingangsbereich und wurde durch zwei schwarze Pfeiler gestützt. Pakhet stahl sich zu einem der Pfeiler hinüber, verharrte dort, während Schritte zur Tür eilten.

Einen Moment später schwang die Tür auf. Drei weitere Leute – zwei von ihnen Frauen – kamen heraus, alle drei in schwarze Anzüge gekleidet. Der Mann hatte eine offenbar Maschinenpistole in der Hand. Eine der Frauen war unbewaffnet. Eine Magierin? Sie würde es nicht darauf ankommen lassen.

Pakhet wartete, dass alle drei an ihr vorbei waren, hielt sich dann hinter ihnen.

Die drei sahen sich um, dann rief der Mann etwas und eilte zu den beiden Leichen hinüber.

Für einen Moment zögerte Pakhet. Es gab zwei Ansätze: Entweder sie nahm sich zuerst die eventuelle Magierin vor oder sie kümmerte sich zuerst darum, die Maschinenpistole aus dem Spiel zu nehmen. Der Mann war isoliert – aber auch im Sichtfeld der anderen beiden.

Verdammt. Sie nahm die Magierin, schlich sich von hinten heran, das Messer in der Hand.

Dieses Mal hatte sie weniger Glück.

Ob die Magierin sie gehört hatte oder auf magische Art bemerkt hatte, konnte Pakhet nicht sagen. Auf jeden Fall fuhr die Chinesin herum, gerade als Pakhet das Messer hob. Sie machte eine Handbewegung und der Boden unter Pakhets Füßen geriet in Bewegung.

Sie stolperte rückwärts, bemüht das Gleichgewicht irgendwie zu halten. Der Boden unter ihren Füßen schien flüssig, gab nach und wollte sie festhalten.

Derweil rief die Magierin etwas, lenkte damit auch die Aufmerksamkeit der anderen beiden auf sie. Ein Messer war in ihrer Hand.

Scheiße.

Dann halt anders.

Pakhet warf ihr Messer, zielte auf die Brust der Magierin. Wie auch immer diese sie aufgespürt hatte, so hatte sie offenbar dennoch Probleme ihren Bewegungen zu folgen. Das Messer traf sie in der Brust.

Dann erklangen die ersten Schüsse.

Der Boden wurde langsam fester, erlaubte Pakhet zurückzuweichen, hinter dem Pfeiler Schutz zu suchen. Rasch zog sie die Pistole aus dem Holster und schaute am Pfeiler vorbei.

Schnelle Schüsse prallten gegen das Metall. Die automatisierte Waffe. Jetzt würde jeder mitbekommen haben, dass sie da war. Doch wie viele Leute würden schon noch hier sein?

Selbst wenn Li ein größerer Fisch war, als Pakhet gedacht hatte, so würde er ihr keine halbe Armee entgegenstellen können.

Ein Schuss streifte ihren Arm, durchriss auch ihre Jacke und hinterließ einen brennenden Streifen auf ihrer Haut. Sie zischte leise, wartete jedoch, nun an den Pfeiler gelehnt.

Sie wartete, bis die Schüsse verstummten. Die beiden Wachen tauschten Worte aus. Offenbar waren sie verwirrt. Eine gute Chance. Sie trat zur Seite, hob ihre Waffe, schoss zwei Mal auf den Mann mit der Maschinenpistole, zwei Mal auf die Frau. Einen Schuss je auf die Schultern, einen auf den Kopf. Der zweite Schuss auf die Frau verfehlte, der erste aber traf. Sie ging zu Boden. Vielleicht nur ohnmächtig.

Egal.

Pakhet wandte sich ab und rannte ins Haus. Jetzt war die Frage, wo Li war.

Sie sollte nicht zu lange warten.

Das erste Zimmer war eine recht breite Diele inklusive einer Garderobe zu ihrer linken. Hier war auch eine Tür. Wahrscheinlich ein Gäste-WC. Vorsorglich öffnete sie diese dennoch – nur um sicher zu gehen, dass er sich nicht versteckte.

Sie ging weiter. Am Ende der Diele waren zwei weitere Türen. Eine rechts, eine links.

Nach kurzem überlegen öffnete sie die linke mit ihrer Prothese. Ihre Waffe hielt sie auf der Höhe ihrer Schultern. Sie sah in eine recht geräumige, moderne Küche. Diese war jedoch leer.

Die andere Tür. Eine Art Wohn- und Esszimmer, dass in einer Fensterfront endete, die Blick auf den Rest des Gartens erlaubte. Dabei eine weitere Tür und eine Treppe, die ins obere Stockwerk führte.

Zuerst aber ging Pakhet zu der zweiten Tür hinüber, die sich in einen kurzen Flur öffnete. Pakhet kannte diese Art von Häusern, war sie doch selbst in einem ähnlichen aufgewachsen. Wahrscheinlich war hier ein Gäste- oder Kinderzimmer und das untere Bad.

Sie schlich den Flur entlang, öffnete die erste Tür – ein offenbar länger nicht gebrauchtes kleines Schlafzimmer, dessen Bett mit einem Staubschutz überschlagen war. Das nächste war tatsächlich ein kleines Bad. Dennoch blieb eine weitere Tür. Wahrscheinlich ein Abstellraum, der parallel zum Wohnzimmer lag. Von der Breite des Gebäudes her konnte es nicht viel mehr sein.

Sie öffnete die Tür und musste sich korrigieren. Eine Treppe offenbar in einen Keller hinab.

Für einen Moment zögerte sie.

Sie hörte niemanden hier im Haus. Hatte Li sich schon abgesetzt? Er hatte mit ihr gerechnet – wahrscheinlich weil die komische andere Frau bescheid gesagt hatte, dass Pakhet ihr gefolgt war. Pakhet kannte Leute wie Li. Sobald jemand entkam wurden sie nervös, paranoid. Die Information, dass sie noch in der Stadt war, musste ihn alarmiert haben. Vielleicht war er abgehauen, saß vielleicht in einem Flieger nach Peking, Hongkong oder ganz aus dem Land heraus.

Egal. Sie würde das Haus durchsuchen. Dass war sie sich schuldig.

Sie trat auf die Treppe und ging langsam hinab. Die Wand zu ihrer rechten öffnete sich zu einem fein verzierten Netz aus Metallstreben, durch die das Licht eines Swimmingpools schimmerte. Das Haus war feiner als sie angenommen hatte.

Vorsichtig bückte sie sich um nach unten schauen zu können. Dann erstarrte sie.

Er war hier.

Und nicht allein.

Natürlich nicht.

Aber er war hier. Li kniete auf der anderen Seite des Raums mit einer Hand im Wasser. Natürlich. Er war Magier. Er bereitete etwas vor. Verflucht. Sie würde sich nicht noch einmal von ihm überwältigen lassen.

Außer ihm waren noch vier andere hier. Zwei von ihnen saßen ebenfalls am Rand des Pools. Magier wahrscheinlich auch. Die anderen beiden waren Männer mit Schusswaffen.

Scheiße. Das hier war deutlich eine Falle. Sie hatten etwas vorbereitet. Vielleicht einen Zauber. Oder eine Beschwörung. Sie hatten sie noch nicht bemerkt, Eventuell konnte sie noch abhauen. Aber es war keine Option. Sie musste dieses Mal nur besser sein, als er. Schneller. Dieses Mal würde er sterben.

Kurz schloss sie die Augen und sammelte sich. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Doch sie war nicht feige. Sie brauchte das hier. Ihre Rache.

Also schlich sie weiter die Treppe hinab, bemüht darum keinen Mucks zu machen. Dann hob sie ihre Waffe, zielte auf die eine Frau, die sie für eine Magierin hielt, und schoss. Zwei Mal. Sie zielte auf den Kopf. Überlebende Magierinnen konnte sie sich nicht erlauben.

Rot öffnete sich die Wunde auf der Stirn der Frau, ehe sie vornüber in den Pool fiel, während sich das Wasser rosa färbte.

Alle zuckten zusammen. Die beiden bewaffneten Männer fuhren herum, während Pakhet auf die andere Magierin zielte.

Dann aber bewegte sich etwas im Wasser. Also doch ein Geist. Scheiße. Sie hasste Geister, weil es so wenig gab, was Messer und Kugeln gegen sie ausrichten konnten. Ihr blieb nur eine Chance.

Sie rannte weiter in den Raum hinein, zielte wieder auf die andere Frau und schoss, während sich das Wasser zu einer Gestalt formte, in deren Zentrum eine leuchtende Kugel schwebte. Elementargeist auch noch. Womit hatte sie das verdient?

Einer der bewaffneten Männer rief etwas, hatte sie offenbar nun gesehen. Ihr Zauber schützte sie nur bis zum ersten Schuss. Doch verdammt, sie hatten eh gewusst, dass sie kam.

Beide Männer zielten auf sie, während Li zu ihr herübersah. Aus seinem Blick sprach eine Mischung aus Angst und Hass. Zumindest darin waren sie verbunden.

Schüsse durchschnitten die Luft, ließen Pakhet zur Treppe zurückweichen. Das Geländer wäre ein relativ guter Schuss. Es war sehr schwer, Menschen zwischen Metalstreben zu treffen.

Auch der Blick des Geistes folgte ihr. Arme schossen aus der Gestalt heraus. Arme aus Wasser, das durch die Streben spülte und sie gegen die Wand drückte, bevor sie verstand, was geschah. Sie hasste Geister.

Das Wasser strömte über ihren ganzen Körper, fühlte sich zähflüssig an, schien sie festzuhalten. Es strömte auch über ihr Gesicht, wollte sie ersticken. Großartig.

Für einen Moment war da wieder die Panik, die sie zu übermannen drohte, aber sie kämpfte sie zurück. Wenn sie panisch wurde, würde der Geist sie umbringen. Sie schloss die Augen und dachte nach, während das Wasser versuchte in ihren Mund und ihre Nase zu kriechen.

Eine Idee kam ihr. Sie hatte noch einen der Luftzauber, mit dem sie sich abgefangen hatte. Er war nicht hierfür gedacht, aber hatte eventuell eine Chance, ihr zu helfen.

Die Flüssigkeit fühlte sich viskose an, kämpfte gegen sie an, als sie nach ihrer Tasche tastete. Sie musste ihre Waffe loslassen, dann aber bekam sie den Anhänger in ihrer Tasche zu fassen. Sie zerbrach ihn.

Ein Luftzug breitete sich vom Anhänger ausgehend aus, bildete eine Blase, die das Wasser verdrängte und schließlich den ganzen Arm des Geistes platzen ließ.

Pakhet ließ ihm keine Zeit, sich neu zu bilden. Stattdessen eilte sie die Treppe hoch. Den Geist von dem Pool zu trennen erschien ihr als eine gute Idee.

Wasser prasselte hinter ihr die Treppe hinauf. Sie spürte mehr, als dass sie sah, wie einzelne kleine Ströme nach ihren Füßen greifen wollten. Sie sprang, landete beim oberen Treppenabsatz. Da blieb nur noch die Frage, wie sie das Ding loswurde.

Doch eigentlich war es keine Frage, denn die Antwort war offensichtlich. Sofern der Geist nicht an einen Anker gebunden war, war seine Gestalt nicht stabil. Wenn sie Li tötete, würde er vielleicht wieder in die Geisterwelt verschwinden oder zumindest von ihr ablassen. Immerhin war es Lis Befehl, der das Vieh auf sie gehetzt hatte, nicht der Wille des Geistes selbst.

Sie stürmte ins Wohnzimmer, während das Wasser ihr hinterherströmte. Es war von den roten Schlieren des Blutes durchzogen. Es blieb zu hoffen, dass dies nicht reichte, um den Geist zu binden.

Im Wohnzimmer wich sie an die Wand zurück.

Schritte erklangen auf dem Parkett hinter ihr. Die beiden bewaffneten Männer. Sie zog ihr zweites Messer, machte sich bereit. Um dem Geist zu entkommen, blieb sie in Bewegung. Als der Mann aber die Tür durchtrat, stürzte sie sich auf ihn. Wieder durchschnitt sie seine Kehle. Er war zu überrascht, um sich zu wehren.

Anders sah es mit seinem Kollegen aus. Er hatte sie bemerkt, hob nun seine Waffe und gab gleich drei Schüsse in ihre Richtung ab.

Dieses Mal war sie nicht schnell genug. Einer der Schüsse traf sie – dankbarerweise jedoch an ihrer linken Schulter, an der nur ihr ohnehin recht nutzloser Armstumpf hing. Als sie nicht zu Boden ging, spannte sich der Finger des Mannes erneut an. Er war nur drei Meter von ihr entfernt. Nun dass er sie klar sah …

Sie sammelte ihre Energie und sprang. Mit dem einen Sprung erreichte sie ihn, verhinderte jedoch dennoch nicht, dass sein nächster Schuss sie in die Seite traf. Nicht gefährlich, aber schmerzhaft. Dieses Mal landete ihr Messer in seiner Brust. Mit ihrem Schwung riss sie ihn zu Boden, brachte ihre Knie zwischen sich und ihn. Noch einmal stach sie auf ihn an, als er in Wasser platschte, dieses Mal in seine Kehle. Dann hob sie seine Waffe auf.

Wieder nahm das Wasser, das nun ihre Füße umspülte, diese viskose Eigenschaft an. Scheiße. Wo war der eigentliche Kern des Geistes?

Sie hob die Waffe, wohl wissend, dass es nichts brachte. Sie hatte nicht das Geld gehabt für einen Schutz gegen Geister und hatte zugegebenermaßen nicht damit gerechnet.

„Li!“, brüllte sie ins Haus. „Hast du so viel Schiss vor mir, dass du dein ganzes Haus unterwasser setzt wegen mir?“ Sie wusste nicht, wo er war. Wahrscheinlich versteckte er sich noch immer im Keller. Aber irgendwie musste sie ihn herauslocken. „Ich fühle mich geirrt.“

Sie versuchte den Fuß anzuheben. Vergeblich. Das Wasser war wie Treibsand, hielt sie an den Boden gefesselt und strömte nun ihren Körper hinauf. Verflucht. Das war nicht gut.

Sie hielt die Waffe vor sich, während ihre Gedanken rasten. Was konnte sie tun? Sie hatte zwar noch einen einfachen Schutzzauber, doch dieser war nur als Schutz gegen Waffen und Zauber, wie der, den Li vorher an ihr versucht hatte. Gegen einen Elementargeist ganz offenbar sinnlos.

Ihr Blick wanderte durch den Raum. Gab es etwas, woran sie sich festhalten konnte? Sie musste Li ausschalten, bevor dieser Geist sie erledigen konnte.

Sie sammelte all ihre Energie in den Beinen, in der Hoffnung sich so aus der zähflüssigen Wassermasse befreien zu können. Dann stieß sie sich ab.

Für einen Moment schien es, als würde das Wasser sie nicht loslassen, doch dann durchbrach sie das Wasser doch. Sie sprang, landete auf dem Tisch und fixierte die Tür, aus der sie vorher gekommen war.

Ach, was würde sie dafür geben, eine richtige Magierin zu sein? Magie konnte Geister verletzen. Anders, als ihre Möglichkeiten. Aber verdammt, sie musste in den Keller zurück. Sie musste Li ausschalten. Ob sie sich am Türrahmen festhalten konnte?

Schon kroch das Wasser in dünnen Fäden die Tischbeine empor. Was hatte sie für eine Wahl? Sie steckte die Pistole weg, sprang, streckte die Hand nach dem oberen Ende des Türrahmens aus. Irgendwie bekam sie ihn zu fassen, schwang sich weiter und landete am Ende des Flurs.

Auch hier war der Boden mit Wasser benetzt, doch sie schaffte es erneut zu springen, bevor es sie greifen konnte.

Eine der Leichen lag auf der Treppen, war wahrscheinlich vom Wasser mitgezerrt worden. Pakhet setzte über den Körper hinweg, schwang sich am Geländer herum und landete am Rand des Pools. Li sah sie. Ob ihr Zauber aufgehört hatte zu wirken oder er einen Gegenzauber parat gehabt hatte, vermochte sie nicht zu sagen. Seine Augen weiteten sich. Er rief etwas, das mit dem Schwappen von Wasser beantwortet wurde.

„Du feiges Arschloch“, knurrte sie. Die Droge war in ihrer Innentasche. Aber verdammt, sie hatte nicht die Zeit.

Er erwiderte nichts, sah sie an. Sein Blick spiegelte noch immer Angst und Hass wieder.

Wasser schwabte die Treppe hinunter, ließ ihr keine Zeit. Sie sprang, um den Boden so wenig wie möglich zu berühren, entging damit einer Welle, die in den Pool zurückschwappte. Dann zog sie die geklaute Waffe, landete auf dem einen kleinen Sprungbrett am Beckenrand.

„Nein!“, rief Li, doch es war für ihn zu spät. Sie schoss.

Im nächsten Moment ergriff das Wasser sie, zerrte sie in den Pool. Hart schlug sie mit dem Kopf gegen den Beckenboden. Ein wenig Luft wurde aus ihrer Lunge gedrückt. Wie eine unsichtbare Hand griff der Geist nach ihr, drückte sie weiter herunter, hielt sie fest. Sie bekam keine Luft mehr. Der Geist versuchte das letzte Bisschen aus ihr herauszudrücken.

Da waren wieder schwarze Punkte, die in ihrem Sichtfeld tanzten.

Und dann verschwand der Druck plötzlich.

Pakhet brauchte einen Moment, um zu begreifen. Wild wedelte sie mit ihrem Arm durchs Wasser, bis sie die Orientierung wiederfand. Sie stieß sich vom Boden ab und durchbrach einen Moment später die Wasseroberfläche.

Keuchend sog sie die Luft ein. Sie hustete, schaffte es aber sich irgendwie zum Beckenrand zu paddeln.

Sie hatte Recht gehabt. Der Geist war nicht gebunden gewesen und hatte offenbar selbst nicht genug Lust, sich um sie zu kümmern. Sich an den Rand des Pools klammernd, sah sie sich um. Lis toter Körper lag auf der anderen Seite der nun trügerisch stillen Wasserfläche.

Mühsam zog sich sich aus dem Wasser. Für einen Moment erlaubte sie es sich, am Beckenrand sitzenzubleiben. Ihr Kopf dröhnte. Vorsichtig strich sie sich mit der Hand über den Hinterkopf und war nicht überrascht, als ihre Hand blutig zurückkam. Sie musste sich den Kopf am Boden aufgeschlagen haben.

Dennoch zwang sie sich aufzustehen und ging zu Li hinüber.

Er war nach hinten gefallen. Seine Augen starrten zur Decke.

Verdammt. Eigentlich hatte sie ihn langsam töten wollen. Aber offenbar sollten sie beide nicht bekommen, was sie wollten.

Sie schüttelte den Kopf und wandte sich ab. Sie sollte von hier weg, bevor noch Verstärkung herkam.

Ihr Blick glitt zu den anderen Leichen. Da war dieses dürckende Gefühl in ihrem Magen. Diese Menschen hätten nicht sterben müssen. Doch sie hatte es sich anders nicht leisten können …



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Thrawni
2021-04-17T15:04:13+00:00 17.04.2021 17:04
Okay, offenbar hat die Leibwächterin geplaudert - und jetzt werde ich misstrauisch, denn sie soll tot sein, aber ... Ist sie es auch wirklich? Letztes Mal war sie ja noch lebendig, auch wenn es da natürlich sein kann, dass sie da nicht wirklich tot ist. Aber ich denke, wenn da noch etwas kommt, werde ich das in den nächsten Kapiteln lesen. (Oder sie taucht in einer anderen Geschichte noch einmal als Antagonistin auf, aber ka.)

Jedenfalls fand ich hier wieder einmal die Kampfszenen sehr gut geschrieben. Dabei bringt der Geist auch eine Bedrohung mit sich, mit der Pakhet nicht gerechnet hatte, was eben auch Spannung mit reinbringt. Tatsächlich kommt Pakhet ja mit den magisch begabten Leuten sogar relativ gut klar bzw. kann sie ausschalten, bevor sie zu einem wirklichen Problem werden, aber mit dem Geist klappt das eben nicht so gut - was sie dann auch zwingt, Li anders auszuschalten als ursprünglich geplant. Möglicherweise wird das noch an ihr nagen, aber ... nun, wenigstens hat sie ihn erwischt.

Apropos "erwischt" - was ich hier noch mag, ist, dass Pakhet trotzdem nicht einfach Leute töten will. Oft ist es in solchen Actionszenen und wenn es um Rache geht, ja auch so, dass di:er Protagonist:in keinen Gedanken an die getöten Untergebenen der Person, an der si:er sich rächen will, verschwendet. Hier ist das aber nicht der Fall, und man merkt eben schon, dass Pakhet nicht einfach gerne Menschen umbringt, nur weil sie im Weg sind. Das finde ich einfach erfrischend.
Von:  Taroru
2020-06-02T16:11:51+00:00 02.06.2020 18:11
gott ey... spannung ohne ende o.o
also der aktion teil, kommt auch wie aktion rüber. hut ab!
auch die mischung, zwischen magischen angriffen, und 'normalen' angriffen, finde ich echt schlüssig, also ich konnte mir das jedenfalls alles sehr gut vorstellen!

Antwort von:  Alaiya
02.06.2020 18:14
Danke dir :D


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