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In Pissgelb und Rosé

von

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Padma hasste ihre Idee, seit sie angefangen hatte, sie umzusetzen. Sie hatte eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, bis sie hinter den ganzen Kisten endlich gefunden hatte, was sie suchte und bestimmt noch einmal so lange, bis das alte Schutzgitter endlich unter ihren Fingern nachgegeben hatte.

 

Nun lag sie auf dem Bauch in einem engen Schacht, der eigentlich der Belüftung diente und der sie hoffentlich irgendwann nach draußen führen würde. Sie konnte nur hoffen, dass sich das Gitter auf der anderen Seite auch ablösen ließ und das nicht gerade jemand darunter stand, wenn sie es versuchte.

Staub stieg ihr in die Nase und ließ sie unkontrolliert laufen. Ihre Robe konnte sie mittlerweile auch vergessen. Das Senfgelb, das ihr ursprünglich so gut gefallen hatte, war inzwischen zu einem ekligen pissgelb geworden. Sie war voller Staub, Spinnweben und dann war da etwas, das gut und gerne Rattenkötel sein mochten.

Padma drückte sich, so gut es ging, an einer solchen Ansammlung vorbei und kroch weiter. Sie wusste weder, wie weit es noch war, noch was sie erwarten würde. Ihre einzige Hoffnung war ein leichter Luftzug, der ihr wieder und wieder verheißungsvoll um die juckende Nase wehte.

 

Padma verlagerte ihr Gewicht und der Schacht quittierte es mit einem unheilvollen Ächzen. Ein klares Zeichen dafür, dass er nicht dafür gebaut worden war, dass Menschen durch ihn hindurchkrochen. Sie schob sich trotzdem weiter. Es knarrte unter ihr, als sie sich um eine enge Kurve schob und noch einmal, als sie plötzlich auf einen Widerstand stieß. Das musste es sein. Das zweite Schutzgitter.

 

Vorsichtig streckte Padma die Hand nach ihm aus und drückte. Das Metall ächzte, doch es rührte sich nicht. Beim ersten Gitter hatte sie sich mit ganzer Kraft daran gehangen, um es irgendwie abzukriegen, doch hier, in dem beengenden Tunnel, hatte sie nicht wirklich eine Wahl. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie es vielleicht schaffen würde, sich umzudrehen, denn wenn sie mit den Füßen dagegentrat, konnte sie sicher mehr Kraft aufbringen. Doch keine Chance. In dem engen Tunnel würde sie es nie schaffen, sich erfolgreich zu drehen.

Verzweifelt presste sie sich gegen das kalte Gitter. Sie konnte einen dünnen Luftzug von der anderen Seite spüren, doch das Metall gab einfach nicht nach. Tränen schossen ihr in die Augen, doch sie blinzelte sie entschlossen weg. Sie durfte jetzt auf keinen Fall aufgeben. Noch einmal presste sie sich gegen das unnachgiebige Metall, versuchte irgendwie es mit der Schulter wegzudrücken, schob mit ihren Füßen, so gut es eben ging.

Dann gab es einen Ruck, ihr Körper machte einen Satz nach vorne, es knallte und Padma fiel.

 

Der Aufprall riss ihr die Luft aus den Lungen und ließ sie wimmernd auf dem harten Betonboden zurück. Ihre Knie schmerzten, ihre Ellenbogen ebenso und vor ihren Augen tanzten bunte Flecken. Sie blinzelte mehrfach, um sie wegzubekommen. Doch als sie endlich aufsah, blickte sie direkt in die Spitze eines Zauberstabes.

«Стоять на месте!», knurrte eine männliche Stimme.

Padma erstarrte. Jetzt war es also passiert, man hatte sie erwischt. Ein unkontrolliertes Zittern lief durch ihren Körper. Ihre Augen begannen zu brennen, doch Padma kämpfte gegen das Bedürfnis zu weinen an. Sie würde sich jetzt keine Blöße geben.

Langsam hob sie ihren Blick, ließ ihn über den schlichten, braunen Stab gleiten und blieb schließlich am Gesicht ihres Gegenübers hängen. Markante Nase, schwarzes Haar, ein dünner Bart und —

«Parvati?»

Padma blinzelte verstört. Damit hatte sie jetzt nicht gerechnet.

Der Zauberstab vor ihrer Nase senkte sich. «Bist du das wirklich?»

Sie brauchte einen Augenblick um das dicke, schwere Englisch zu verstehen. Dann schüttelte sie erschöpft den Kopf. «Padma», verbesserte sie ihr Gegenüber, während sie versuchte, dem Gesicht einen Namen zuzuordnen. Vielleicht war er einer von Parvatis Kollegen, oder vielleicht ein alter Freund, oder ... «Daniil?»

Ein dünnes Lächeln erschien auf seinen Lippen, bevor er ihr die Hand hinhielt, um sie auf die Füße zu ziehen. «Das ist wirklich ewig her», stellte er fest. «Wie geht es dir? Was macht deine Schwester und was machst du hier? Es hat ausgesehen, als wärst du aus diesem Schacht gefallen.»

«Ich bin aus diesem Schacht gefallen», entgegnete Padma, mehr als bemüht, irgendwie auf den Beinen zu bleiben. «Daniil, da drinnen ist ein Phönix und kein Tee und dann — Ich habe meinen Zauberstab verloren. Und die Themse. Wo ist die Themse? Ich muss ins Ministerium. Ich muss das melden.»

Eine Hand legte sich auf ihren Arm. «Padma, nicht so schnell, ich verstehe nur die Hälfte. Die Themse? Ist das nicht ein Fluss in England? Du bist hier nicht in England. Der nächste Fluss hier ist die Newa.»

Padma erstarrte. «Newa», plapperte sie tonlos nach. Hieß das etwa ... «Die Kisten, die sollten heute noch nach Russland gehen», murmelte sie. «Aber die Zollpapiere, die waren nicht korrekt. Das war viel zu viel Tee und viel zu wenig Kiste. Ich dachte, es sei ein Tippfehler. Ich wollte das kontrollieren.»

«Willst du mir erzählen, du bist alleine losgezogen, um irgendwelche Teelieferungen zu überprüfen?», fragte Daniil nach.

Padma nickte matt. «Es war doch nur Tee», murmelte sie, «Ich dachte, ich werfe einen kurzen Blick auf die Kiste, verschiebe ein Komma und damit hat es sich erledigt.»

«Aber du hast kein Komma verschoben, oder?»

Padma schüttelte den Kopf. «Ich bin in das Lagerhaus und hab die eine Kiste aufgemacht und dann ...» Padma fuhr sich durch die Haare und Staub rieselte zwischen ihnen auf den Boden. «Als ich aufgewacht bin, war ich hier. Daniil, da ist ein Phönix drin. Sie haben ihn festgekettet. Das widerspricht diversen internationalen Statuten.»

Er schnaubte. «Das mit den Statuten wundert mich nicht. Padma, ich sag’s dir nicht gerne, aber das da drinnen, das ist ein Schmugglernest.



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