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Something Strange

Vanished
von

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Chapter 12

„Hey.“

Dieses Mal riss Randall die Stimme nicht aus irgendwelchen tiefengründigen Überlegungen; er war viel zu angespannt gewesen um sich in seine Gedankenwelt zurückzuziehen, hatte stattdessen einfach stumm dagesessen, mit gesenktem Kopf und auf die Tischplatte fixiertem Blick, und hatte versucht die wirren, lauten Stimmen um sich herum so gut wie möglich auszublenden.. Ein wenig überrascht blickte er nun auf, seine Mimik drückte eine Mischung aus Verwirrung und Argwohn aus. Er war es nicht gewohnt, angesprochen zu werden, zumindest nicht, wenn der Gesprächspartner dabei nicht klang, als hege er ihm gegenüber eine abgrundtiefe Abneigung. Jedoch wirkte Roger, der da vor seinem Pult stand und ihn, ein wenig unsicher, musterte, nicht im geringsten unfreundlich.

Das änderte jedoch nichts an Randalls Misstrauen. Im Gegenteil.

„Hey.“, gab er knapp zurück, den Blick wieder auf seine Tischplatte fixierend, wobei er Roger weiter aus den Augenwinkeln beobachtete. Wartete darauf, dass er noch etwas sagte, ihm mittelte, was er wollte.

Es dauerte einige Sekunden, bevor Roger schließlich weitersprach, und noch immer klang er kein bisschen gehässig oder derart: „Du hast noch keine Gruppe, oder? Ich wollte nur fragen, ob wir zusammen arbeiten wollen…“

Jetzt wandte sich Randall ihm doch wieder zu. Seine eigene Stimme klang in diesem Augenblick ebenso abwertend, wie er es normalerweise von seinen Mitschülern ihm gegenüber gewohnt war, und das war wohl alles andere als fair, doch er konnte nichts dagegen tun. „Willst du mich verarschen?“

Ja. Es war wirklich unhöflich. Doch war es gleichzeitig eben auch der erste Gedanke, der Randall gekommen war. Und der einzige, den er für logisch hielt.

Roger schien es da jedoch ganz anders zu gehen, vollkommen perplex starrte er Randall an, und da war wirklich nichts anderes als Überraschung in seinem Blick zu erkennen. „…Was?“, fragte er, und vielleicht bildete sich Randall das bloß ein, doch er glaubte, in der Stimme seines Gegenübers ein Zittern zu hören.

Er schloss die Augen. Atmete einmal tief durch. Ja, vielleicht wurde er mal wieder verarscht, wahrscheinlich sogar, aber trotzdem konnte er sich ein wenig Mühe geben, nicht derart aggressiv zu sein. Einfach ruhig bleiben. So, als würde ihn das Ganze gar nicht weiter tangieren.

Also setzte er zu einer Erklärung an, darauf bedacht, ruhig und gefasst zu klingen, was ihm, soweit er selbst das beurteilen konnte auch weitestgehend gelang: „Ich hab doch gesehen, dass du vorhin mit Janet gesprochen hast! Also wage ich doch sehr zu bezweifeln, dass du ernsthaft mit mir zusammenarbeiten willst, wenn sie dir von mir erzählt hat!“

„Ich… wollte nicht…“, versuchte Roger, sich zu erklären, brach dann jedoch ab, als müsse er erst seine Gedanken ordnen.

Ein wenig tat er Randall nun leid. Er machte wirklich nicht den Eindruck, als habe er irgendwelche Hintergedanken, aber was wie sollte Randall sich da sicher sein, er kannte ihn schließlich überhaupt nicht.

Und immerhin hatte Roger mit Janet geredet.

Nichtsdestotrotz, es war wirklich nicht fair, wie er reagiert hatte, das wusste er selbst, und grade hatte er sich entschieden, zumindest etwas ähnliches wie eine Entschuldigung hervorzubringen, als Mrs. Santiagos Stimme die allgemeine Unruhe der Klasse durchschnitt. „Dann setzen sich jetzt alle mal so zusammen, dass ich erkennen kann, wer in welcher Gruppe ist, damit ich euch eure Themen zuteilen kann, und dann holen wir die Laptops zum recherchieren!“

Allmählich ebbte das Stimmengewirr ein wenig ab, Stühle wurden über den Boden gerückt und die Schüler nahmen Platz, und während dieses Prozesses war Randall der festen Überzeugung, dass Roger sich nach seiner schroffen Reaktion doch noch eine andere Gruppe suchen würde. Doch dem war nicht so.

Stattdessen zog Roger sich einen der freien Stühle an Randalls Tisch und setzte sich, wobei er Randall beobachtete als befürchtete er, dass dieser ihn jeden Moment anschreien würde. Allmählich fühlte sich Randall wirklich schlecht.

Als sich alle Gruppen gefunden und mehr oder weniger eindeutig auf ihren Stühlen platziert hatten, schaltete Mrs. Santiago den Beamer ein und eine Liste mit Themen erschien an der Tafel. „Ich gebe dieses Glas mit Zetteln rum, und aus jeder Gruppe zieht eine Person einen Zettel und sagt mir dann, welches Thema sie hat. Alles klar?“ Einzelne Schüler murmelten ihre Zustimmung - was war an dieser einfachen Tätigkeit auch nicht zu verstehen - und während das Glas seinen Weg durch die Gruppen machte, überflog Randall die Liste der Themen. Wenn er ehrlich war, dann hatte er zuvor noch nicht einmal mitbekommen, um welches Thema es überhaupt ging.

„Da!“, blaffte Stacey Holmes, die sich soeben zu Randall umgedreht hatte und ihm das Zettelglas entgegenhielt, ihn dabei mit einem Gesichtsausdruck musternd, als habe sie eine Kakerlake vor sich. Wortlos nahm Randall das Glas an sich, zog einen Zettel heraus und reichte den Behälter weiter nach links. Dann faltete er das Papier auseinander und las halblaut vor: „Zellteilung – Mitose und Meiose“. Na toll., fügte er in Gedanken hinzu und verdrehte dabei die Augen. Über dieses Thema hatten sie in gefühlt jedem Schuljahr mindestens ein Mal gesprochen; als ob es keine anderen Themen gäbe, die man behandeln konnte… aber schön. Zumindest erleichterte das die Recherche um einiges.

„Klingt spannend.“, kommentierte Roger mit leicht sarkastischem Unterton, und erinnerte Randall somit daran, dass er diese Aufgabe nicht alleine bearbeiten würde, was er in der Tat kurzzeitig vergessen hatte. Dieses Mal zwang er sich dazu, sich einen bissigen Kommentar zu verkneifen. Hätte er die Wahl gehabt, dann hätte er lieber alleine gearbeitet, das stand vollkommen außer Frage. Doch hatte er diese Wahl eben nicht, und dies hier war das erste Mal überhaupt in diesem Jahr, dass jemand sich freiwillig bereiterklärt hatte, mit Randall zusammenzuarbeiten. Und so suspekt ihm das auch war, so misstrauisch es ihn machte, so hatte er doch beschlossen nicht ganz so abwesend zu sein. Das war auch der Grund, weshalb er sich dazu durchrang, ein wenig Smalltalk zu halten. „Das Thema hatten wir bestimmt schon fünf Mal oder so. Sollte also nicht allzu schwierig werden…“ Freundlich war definitiv etwas anderes, aber im Grunde war Randall bereits froh darüber, dass es ihm gelang, nicht mehr ganz so aggressiv zu klingen.

Mittlerweile hatten alle Gruppen ein Thema gezogen, das nun leere Glas war zurück nach vorne gewandert und Mrs. Santiago machte sich nun daran, die Namen der entsprechenden Schüler in ihre Liste einzutragen.

Und jetzt konnte Randall nicht mehr anders; dafür, dass er so unendlich müde und gestresst und überhaupt nicht gut drauf war hatte er sich nun verdammt lange konzentriert, doch jetzt schweiften seine Gedanken wieder ab, der Klassenraum um ihn herum verschwand in den Hintergrund und Mrs. Santiagos Stimme wurde übertönt von seinen Gedanken, die so wirr und unstrukturiert waren wie gewohnt… Nur diesmal hatte sich zu den üblichen Fragen, Zweifeln, Vorwürfen und Schuldgefühlen noch eine weitere Überlegung gemischt.

Was würde ihn im Laufe dieser Gruppenarbeit erwarten?

So sehr es auch wirkte, als habe Roger keinerlei gemeine Hintergedanken, so ehrlich er auch wirkte, so wenig konnte Randall doch glauben, dass das wirklich der Wahrheit entsprach.

Roger hatte mit Janet gesprochen. Randall hatte es selbst gehört; hatte gehört, wie Janet all die Gerüchte, die es über ihn gab, in einer Art Best-Of komprimiert von sich gegeben hatte, in ihrer gewohnten überheblichen und gehässigen Art, und wenn man mit Janet über etwas gesprochen hatte, dann konnte man überhaupt nicht mehr unvoreingenommen daran herangehen. Also was sollte das werden?

Randall wusste es nicht, doch was er wusste war, dass es nicht angenehm werden würde. Und er würde sich alle Mühe geben, das, was auch immer passieren würde, mit Hilfe seines Misstrauens möglichst früh zu erkennen.



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