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Something Strange

Vanished
von

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Chapter 11

„… du grade zugehört?“

Die Worte rissen Randall unsanft aus dem wirren Konstrukt aus Gedanken, in denen er sich im Laufe der aktuellen Schulstunde verloren hatte, und der verwirrte Blick, den er dem Verursacher der Worte zuwarf, war im Grunde Antwort genug.“…Entschuldigung. Wie bitte?“

Jemand kicherte. Mrs. Santiago, die Lehrerin für Biologie, erwiderte den Blick ihres Schülers indes mit Missbilligung, sich entschieden habend, eine künstliche Pause einzulegen, bevor sie schließlich ihre zuvor getätigte Aussage wiederholte.

„Ich sagte, dass ihr euch bitte in zweier- bis Dreiergruppen zusammenfinden sollt, in denen ihr die Themengebiete, die ich euch zuteilen werde, bis nächste Woche in Form eines Referates bearbeiten könnt!“ Ein missbilligendes Kopfschütteln, das der Pikiertheit der Lehrerin Ausdruck verleihen sollte. Irgendwo hinter Randall tuschelte jemand, es folgte weiteres Gekicher, und Mrs. Santiagos strenger Blick, den sie in die entsprechende Richtung warf, führte nicht dazu, dass Stille einkehrte.

Doch Randall kümmerte das kaum. Zu sehr war er damit beschäftigt, die in ihm aufsteigende Übelkeit zu bekämpfen, er merkte, wie sein Herz schneller schlug, heftiger pochte als habe es vor aus seiner Brust herauszuspringen. Gleichzeitig spürte er, wie ein Schwindelgefühl ihn überkam, und letztlich war es wahrscheinlich lediglich die Angst davor, beim Aufstehen umzukippen, die ihn davon abhielt, fluchtartig den Raum zu verlassen.

„Gibt es ein Problem?“ Mrs. Santiago musterte ihn erneut, dieses mal ein wenig irritiert, und wie automatisiert schüttelte Randall den Kopf. Mrs. Santiago nickte. „Gut! Dann mal los, wir hängen im Lehrplan schon hinterher!“

Als wäre normaler Unterricht nicht schlimm genug. Als würde es nicht vollkommen ausreichen, die Blicke im Rücken zu spüren und zu hören, wie über ihn geredet wurde, zu wissen, dass jeder sich größte Mühe gab, ihm aus dem Weg zu gehen.

Gruppenarbeit war die absolute Hölle. Es war keine Überraschung, dass Randall niemanden hatte, mit dem er gerne eine Gruppe bilden würde, und andersrum gab es ebenso niemanden, der ihn gerne dabei gehabt hätte. Es würde darin enden, dass Mrs. Santiago, genervt von der Inkompetenz ihrer Schüler, Gruppen zu bilden, ihn irgendjemandem zuteilen und so ein Konstrukt schaffen würde, mit der absolut niemand glücklich wäre, und die Woche bis zur Präsentation würde die Hölle werden.

Gruppenarbeit. Welcher Sadist hatte sich dieses Konzept überhaupt ausgedacht?

Leider war Mrs. Santiago auch niemand, der sich davon überzeugen ließ, dass man lieber alleine arbeiten wollte, aus irgendeinem Grund legte sie stets sehr viel wert darauf, dass ihre Schüler miteinander agierten. Was auch der Grund dafür war, dass Randall stets mit einem unguten Gefühl in ihren Unterricht ging. Am Besten war wohl, er wäre die nächsten sieben Tage krank…

Den Kopf gesenkt, die Hände nervös auf dem Tisch liegend verkrampft, beobachtete er aus den Augenwinkeln, wie Mitschüler sich zusammenfanden, und seine Gedanken schweiften wieder ab, zurück zu einer Zeit, in der es ihm noch nicht derart schwer gefallen war, einer im Grunde solch simplen Aufgabe wie dem bilden einer Gruppe nachzukommen… Als er in dieser Schule sogar noch so etwas wie Freunde gehabt hatte.
 

Im Gegensatz zu Randall war Gruppenarbeit für Janet das Einzige, was den Schulalltag einigermaßen erträglich machen konnte. Gruppenarbeit bedeutete, dass sie gemeinsam mit ihrer besten Freundin Beth quatschen, herumalbern und lästern konnte, und schließlich am Ende ein Ergebnis vorzuweisen, das Beth in Eigenarbeit in ihrer Freizeit angefertigt hatte – eine gute Note, ohne dass Janet etwas dafür getan hätte. Mrs. Santiago hatte ihren Satz noch nicht einmal beendet gehabt, das war Janet bereits aufgesprungen und hatte sich neben Beths Tisch platziert, dabei ihren Blick suchend durch die Klasse schweifen lassend.

Ja, Beth war eine angenehme Partnerin. Aber manchmal auch ein wenig sehr streberhaft und langweilig… Ein Lächeln zog sich über ihr Gesicht, als sie schließlich im Gewusel der Schüler fand, wen sie gesucht hatte. Ohne Rücksicht auf andere zu nehmen, wie es eben ihre Art war, schob sie sich durch die Tischreihen, rempelte dabei Schüler an die es nicht für nötig hielten, ihr aus dem Weg zu gehen, und blieb dann schließlich vor dem angesteuerten Tisch stehen.

„Hey!“, verkündete sie ihr Erscheinen mit einem Elan, als moderiere sie eine Mode Gala.

Roger, der bis eben damit beschäftigt gewesen war, Gedankenverloren auf seinem Block herumzukritzeln, blickte auf, wieder einmal fiel Janet nicht auf, dass ihr Auftreten ihn nicht sonderlich zu freuen schien. Sie wartete gar nicht darauf, dass er antwortete, fuhr einfach in ihrem typischen, viel zu lauten Tonfall fort: „Du kannst mit mi und Beth machen!“

Sie konnte nicht sehen, dass Beth hinter ihr das Gesicht verzog, und selbst wenn sie es mitbekommen hätte, hätte sie es wahrscheinlich ebenso wenig registriert wie die Tatsache, dass Roger sich eindeutig besseres vorstellen konnte als mit ihr zusammenzuarbeiten.

Beinah ein wenig hilfesuchend blickte er sich um. „Danke, aber…“

„Was, aber?“ Aber war ei Wort, das Janet stets verstand, und es gefiel ihr nur ausgesprochen selten. Was, bitteschön, hieß hier aber?

„Aber ich glaube, dann geht das alles nicht auf.“, beendete Roger seinen Satz, er stand auf und blickte an Janet vorbei.

Die runzelte argwöhnisch die Stirn. Der Gesprächsverlauf gefiel ihr ganz und gar nicht. So sehr sie auch grundsätzlich von sich selbst überzeugt war, so sehr verunsicherte es sie auch immer wieder, wenn jemand ein Angebot ihrerseits ablehnte. Und in ihren Augen war der Vorschlag, mit ihr und Beth zusammenzuarbeiten, ein ausgesprochen gutes Angebot.

„Du kennst doch sonst hier niemanden!“, stellte sie durchaus korrekt fest, wobei sie sich keine Mühe gab zu verbergen, dass sie gekränkt war. Falls Roger das bemerkte, ging er jedoch nicht darauf ein. „Ich weiß, und danke für das Angebot.“, erwiderte er, dann ging er an Janet vorbei und die war einen Augenblick lang sprachlos. Ein für sie äußerst untypischer Zustand.

Dann wandte sie sich ebenfalls um, ging in Richtung Beth, welche ihrerseits sofort eine freundlichere Mine aufsetzte als es zuvor der Fall gewesen war. Auch Beth hätte sich entspanntere Dinge vorstellen können, als mit Janet gemeinsam zu arbeiten. Oder eher, für Janet zu arbeiten.

„Gut, dann machen wir eben zu zweit!“, verkündete Janet viel zu laut, als dass es nicht jeder im Klassenraum gehört hätte, dabei darauf bedacht sich alle Mühe zu geben, vollkommen normal zu klingen. Sie zog ihren Stuhl zu Beths Tisch herüber, ließ sich darauf fallen und war grade im Begriff, ein Thema anzuschneiden das definitiv nichts mit dem Biologieunterricht zu tun hatte, als sie sah, wer anscheinend Rogers Alternative dazu gewesen war, das Referat mit ihr und Beth zusammenzumachen?

„Echt jetzt?“, stieß sie hervor, mit solch lauter und schriller Stimme, dass die neben ihr sitzende Beth vor Schmerzen das Gesicht verzog. „Was ist denn?“, fragte diese, den Blick dabei auf ihre unterlagen geheftet. Als Antwort bekam sie lediglich ein Schnauben. Anscheinend hielt Janet es nicht für notwendig, ihr den Grund ihrer aktuellen Aufregung zu erklären, und im Grunde war Beth das nur recht. Sie wünschte sich, Janet endlich einmal sagen zu können, dass sie ihre gesamte Art einfach bloß anstrengend fand, doch das brachte sie einfach nicht über sich. Und bis sich das vielleicht einmal ändern würde, war jedes Wort, das Janet nicht aussprach, wie ein Geschenk.



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