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Silvester

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hi,

viel Spaß. Komplett anzeigen

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Silvester

Silvester
 

Besorgt starrte Harry auf die Karte des Rumtreibers aber an dem Bild, welches er seit über vier Stunden anstarrte. Dass längst der Jahreswechsel an ihm vorbei gezogen war, war ihm völlig egal. Sein Blick ging über den Kartenausschnitt. Zwei Fußabdrücke liefen seit genau vier Stunden auf und ab, Albus Dumbledore stand an den Abdrücken. Direkt daneben standen, oder saßen wohl eher, zwei Fußspuren, ebenfalls seit vier Stunden an genau der gleichen Stelle. Minerva McGonagall. Auf der anderen Seite des Büros, direkt am Fenster, zwei weitere Fußabdrücke, deren Besitzer sich seit vier Stunden nicht vom Fenster weg bewegt hatte. Alastor „Mad-eye“ Moody.

Harry seufzte schwer, die Vier waren aus dem gleichen Grund wie er selber besorgt, Severus Snape. Er war heute beim Abendessen plötzlich erstarrt, seine rechte Hand war, wahrscheinlich unwillentlich, zu seinem linken Unterarm gewandert. Er hatte einen Blick mit Dumbledore gewechselt, wissend, ein kurzes Nicken und dann war Snape aufgestanden und hatte den Raum fast schon fluchtartig verlassen. Es hatte der rasender Kopfschmerzen nicht bedarf um Harry zu sagen, wo er so schnell hingerufen wurde. Er hatte den sorgenvollen Blick von Dumbledore kurz erwidert bevor er den Raum ebenfalls verlassen hatte, ihm war schlagartig der Appetit vergangen. Seine Freunde hatten ihn außerhalb der Halle noch abgefangen um zu fragen was los war, er hatte ihnen seinen Verdacht mitgeteilt. Sie konnten zwar seine Sorgen zwar nachvollziehen aber sie konnten ihm nicht helfen, sie versuchten ihn mit der geplanten Silvesterfeier abzulenken aber es war sinnlos. Harry hatte die Feier vor vier Stunden verlassen und seitdem saß er hier in diesem kalten, leeren Gang im Kerker und starrte auf die Karte des Rumtreibers. Sein Tarnumhang lag zusammen gefaltet neben ihm, er war gerade unnötig. Die Korridore rund um ihn herum waren leer, die meisten Schüler waren mittlerweile in ihren Betten oder feierten in ihren Gemeinschaftsräumen noch eine Party. Harry seufzte leise, sein Blick ging wieder auf die Karte, es hatte sich nichts geändert. Also hieß es wohl noch weiter warten.
 

Ein langer, großer Saal, voll mit Menschen und leisem Stimmengewirr. Der Beobachter sah sich verwirrt um, wie war er hierher gekommen? Wo war er hier überhaupt? Er sah sich um und auf den zweiten Blick war sehr offensichtlich wo und vor allem bei wem er war. Dunkle Umhänge, silberne Masken vor den Gesichtern und eine Atmosphäre der Angespanntheit und Angst. Wie war er hierher gekommen? Sein Blick ging zur Front, wo die Todesser einen Bereich frei gelassen hatten und das aus gutem Grund. Dem Beobachter lief es kalt den Rücken runter als er den Mann, das Ding erkannte, dass da auf dem einzigen Stuhl im Raum saß. Gerade näherte sich ein Todesser dem dunklen Lord, der Beobachter folgte ihm und er bekam ein sehr, sehr ungutes Gefühl.

„Mein lieber Severus, ich bin etwas enttäuscht von dir“, säuselte der Dunkle Lord während er demonstrativ mit dem Zauberstab spielte.

Wenn der Todesser davon beeindruckt war, ließ er es sich nicht anmerken denn er trat näher, kniete nieder und beugte den Kopf als wolle er den Saum der Robe küssen. Der Beobachter runzelte die Stirn, das war grausam für diesen stolzen Mann.

„Mein Lord, ich bin mir nicht sicher ob ich verstehe, womit ich Euch enttäuscht habe“, klang Severus' Stimme unter der Maske hervor.

„Severus, worin bestand deine Aufgabe?“

„Informationen aus dem Phönixorden umgehend an Euch weiter zu geben“, sagte Severus sofort.

„Genau. Leider ist dieser Informationsfluss in den letzten Wochen sehr zum Erliegen gekommen“, sagte Voldemort kalt, „und das ist eine Tatsache, mit der ich absolut nicht einverstanden bin. Kannst du mir dieses Erliegen erklären?“

„Ja, mein Lord, kann ich.“

In Voldemorts Gesicht erschien so etwas wie Überraschung, nur die wenigsten Todesser klangen so selbstsicher in dieser Situation. Er war wirklich gespannt auf seine Ausrede. „Sprich“, forderte er kalt.

„Der Phönixorden vertraut mir nicht mehr, ich bin aus dem Hauptquartier ausgeschlossen worden weil Moody die Anderen lange genug bequatscht hat. Dumbledore versucht meine Integrität gerade wieder herzustellen“, erklärte Severus mit fester Stimme aber gesenktem Kopf.

„Sieh mich an“, knurrte Voldemort, schwarze Augen sahen ihn sofort an. „Legilimens.“

Der Beobachter schüttelte sich, er wollte IHN niemals in seinen Gedanken haben aber er war sich sehr sicher, dass sein Aufenthalt hier nicht beabsichtigt war. Wenn ER jemals herausfinden würde, dass er hier war, würde ihm auch der Okklumentikunterricht nicht mehr helfen. Sie mussten den Unterricht dringend fortsetzen. Er konzentrierte sich wieder auf das Geschehen.

Mit sehr geteilter Meinung zog sich Voldemort aus den fremden Gedanken zurück, es war ein Leichtes gewesen. Nun, er war auch ein ausgezeichneter Legilimentiker und Snape war bei weitem nicht so stark, wie er immer dachte. Er hatte, leider, die Wahrheit gesagt und konnte wirklich nichts für seine fehlenden Informationen. Doch das machte Voldemort wütend bis ihm eine Idee kam. Ein kaltes Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Du hast wirklich die Wahrheit gesagt.“

„Natürlich, mein Lord, ich würde es nie wagen Euch anzulügen“, schleimte Severus.

„Natürlich, mein lieber Severus“, tönte Voldemort bevor er sich erhob, „aber so nützt du mir natürlich gar nichts.“

„Mein Lord?“

Voldemort kniff die Augen zusammen, die Stimme war fest und kalt, nichts deutete darauf hin ob der Kerl auch nur annähernd Angst vor ihm hatte. So war es schon immer gewesen, alle Anderen waren durchschaubar aber Snape? Nein, der Kerl trug immer und zu jeder Zeit eine Maske und, so ungern es Voldemort auch zugab, diese Maske war sehr gut. „Du möchtest doch aber für deinen Lord weiter nützlich sein, oder Severus?“

„Natürlich, mein Lord.“

„Sehr gut, dann helfen wir deiner Glaubwürdigkeit doch etwas nach“, schnarrte Voldemort bevor er den Zauberstab auf ihn richtete, „Cruzio.“

Der Beobachter zuckte zusammen als der Fluch den Mann traf und er schreiend zu Boden ging. Verzweifelt krümmte sich Severus zusammen, die Arme um den Oberkörper geschlungen während er sich die Seele aus dem Leib schrie und sein Körper völlig unkontrolliert zitterte und zuckte. Der Beobachter wollte näher treten, wollte ihm helfen aber er konnte sich nicht bewegen. Er war zum Zuschauen verdammt.
 

Irgendwann hob Voldemort den Fluch auf, der Beobachter liefen längst die Tränen übers Gesicht und doch konnte er nicht wegsehen oder gehen. Er hatte es versucht aber er war fest in diesem Geist gefangen, in diesem Moment verfluchte er den fehlenden Unterricht. Das Erste, was er lernen wollte, war, dass er hier nie wieder hinein gezogen wurde. Schwach wischte er sich die Tränen weg und sah, was weiter geschah.

Severus hatte sich wieder auf die Knie erhoben, hielt den Kopf weiter gesenkt aber auch wenn sein Körper noch leicht zitterte, war sein Rücken gerade und seine ganze Haltung drückte weiterhin Stolz und Stärke aus.

„Glaubst du, dass du jetzt wieder etwas glaubwürdiger für den Phönixorden bis?“, fragte Voldemort liebenswürdig. Er trat näher, hob Severus' Kinn mit dem Zauberstab an und lächelte fast schon sanft.

Es gab nur eine Antwort auf diese Frage. „Nein, mein Lord.“

„Gut, dass du das einsiehst“, zischte Voldemort. Er hob den Kopf und nickte drei weiteren Todessern zu. Der Beobachter schluckte als die Männer vor traten, die Zauberstäbe erhoben. Alle Drei verbeugten sich und wartete dann stumm. „Sorgt dafür, dass seine Glaubwürdigkeit wieder hergestellt wird. Es sollte nicht allzu knapp sein aber Severus verträgt bestimmt Einiges.“

Zuerst verstand der Beobachter nicht bis der erste Fluch gesprochen wurde. Im ersten Moment glaubte er sich geirrt zu haben aber die schwarze Robe riss an immer mehr Stellen auf, Blut spritzte und tropfte auf den blanken Marmorboden. Severus' Schreie übertönten die Flüche, er ging erneut zu Boden doch er unternahm nicht einen Versuch sich zu wehren. Das hätte ihm wahrscheinlich auch nichts genützt. Fassungslos und wieder mit Tränen in den Augen musste der Beobachter mit ansehen wie sein Lehrer systematisch verflucht und verletzt wurde.
 

„Genug.“

Die drei Todesser hielten inne als die leise Stimme Voldemorts ertönte und traten zurück, ihre Blicke lagen fest auf ihrem Lord. Keiner von ihnen wollte ihren Kameraden ansehen, der verletzt und blutend auf dem Boden lag. Kein Schrei kam mehr über seine Lippen, nicht mal ein Wimmern war zu hören.

„Sieh mich an“, forderte Voldemort.

Zu aller Überraschung, vor allem der Beobachter konnte nicht glauben, was er gerade sah, hob Severus den Kopf. Die Maske war längst verschwunden, das Gesicht war zur Hälfte mit Blut bedeckt, das aus einem tiefen Schnitt floss, der quer über das rechte Auge ging. Der Beobachter hoffte, dass sein Auge nicht so schwer verletzt war, dass er es verlor.

„Mein Lord“, krächzte Severus.

„Du darfst gehen. Ich bin mir sicher, dass deine Glaubwürdigkeit jetzt wieder hergestellt ist“, höhnte Voldemort.

„Sehr wohl, mein Lord.“

Mühsam und unter Aufbringung seiner letzten Kräfte erhob sich Severus auf die Knie. Doch statt weiter aufzustehen, blieb er kurz hocken und für den Bruchteil einer Sekunde sah er zur Seite. Der Beobachter wusste, dass es unmöglich war, dass es einfach unvorstellbar war aber das eine, unverletzte, schwarze Auge sah ihn für diesen Bruchteil genau an. Nicht in seine Richtung, nicht durch ihn hindurch, er sah ihn genau an. Dann wandte er sich ab, rutschte auf den Knien zu Voldemort und küsste wirklich die Robe.

Der Lord sah ihn zwar seltsam an, es war ungewöhnlich, dass einer seiner Untergebenen so nah kam und ihn sogar noch berührte aber gut, der Mann war eh nicht normal. Wahrscheinlich hatte ein Fluch auch noch den letzten Rest Vernunft aus ihm raus geflucht. „Verschwinde endlich.“

„Sehr wohl, mein Lord“, flüsterte Severus bevor er sich mühsam aufrichtete und schwankend und schleppend daran machte den Raum zu verlassen. Der Beobachter spürte einen Zug, der immer stärker wurde und ihn schließlich zwang mit Severus mitzugehen. Wie war das möglich? Er war doch in SEINEM Geist, wieso konnte er dann den Raum verlassen während ER eindeutig zurück blieb? Dem Beobachter kam eine Idee, er beeilte sich Severus zu folgen und sobald er den ersten Schritt machte, ließ der Zug nach.
 

„Du solltest nicht hier sein“, flüsterte Severus als die schwere Eichentür hinter ihm zugefallen war und sie alleine in einer großen Eingangshalle standen.

„Ich bin es nicht freiwillig.“

„Dessen bin ich mir bewusst aber jetzt wissen wir, was wir als Erstes lernen.“ Langsam setzte sich Severus wieder in Bewegung.

„Kann ich irgendwie helfen?“

„Konzentrier dich auf deinen Körper, wünsch dir nichts sehnlicher als wieder dort zu sein.“

„Das habe ich vorhin schon probiert. Hat nicht geklappt.“

Severus lachte leise und qualvoll während er sich weiter einem Kreis auf dem Boden näherte. „Dein Unterbewusstsein wollte mir helfen, deswegen konntest du auch nicht gehen. Ich muss dich zurück schicken bevor ich appariere, das könnte deinen Geist sonst zerreißen. Los, geh endlich, dich hier zu behalten, kostet mich Kraft, die ich gerade dringender benötige.“

Der Beobachter sah ihn noch einen Moment hilflos an aber dann tat er, was Severus von ihm verlangt hatte. Er begann sich zu konzentrieren, wollte wirklich zurück denn wenn er in seinem Körper war, könnte er ihm vielleicht helfen. Er sah den erleichterten Blick aus einem schwarzen Auge nicht mehr als alles um ihn herum schwarz wurde.
 

Verwirrt sah Harry in den Korridor bevor ihm alles siedend heiß wieder einfiel. Schnell schaute er auf seine Karte aber es hatte sich nichts geändert, doch, da, Dumbledores Fußspuren hielten inne, Moody drehte sich um und McGonagall sprang auf. Fast sofort huschten Harrys Augen über das Pergament, suchten die Ränder ab und da, da waren zwei Fußspuren mit dem Namen Severus Snape daran. Harry atmete erleichtert auf, er hatte es geschafft. Aber warum bewegte er sich nicht? „Natürlich“, murmelte Harry während er sich mit der Hand vor die Stirn schlug. Das Apparieren musste seine restlichen Kräfte verbraucht haben. Sein Blick huschte über die Karte, die Fußspuren der drei Wartenden bewegten sich rasend schnell durchs Schloss. Severus wusste wahrscheinlich, dass er sofort Hilfe bekam und sparte seine Kräfte deswegen. Schnell packte Harry seine Sachen zusammen, warf sich den Umhang über und machte sich auf den Weg. Doch dieser Weg führte ihn nicht zum Schloss hinaus sondern hinauf in den ersten Stock. So verletzt wie Severus war, würden sie ihn garantiert in den Krankenflügel zu Madame Pomfrey bringen und genau da würde Harry auf ihn warten.
 

Er wartete doch nicht genau im Krankenflügel, gerade noch rechtzeitig hatte er sich an das magische Augen von Moody erinnert und ihm fiel partout keine Ausrede ein, die seine Anwesenheit auch nur annähernd glaubhaft erklären würde. Daher hatte er sich einen Raum weiter eingerichtet, er hoffte, dass die Mauer und der Tarnumhang reichen würden um ihn weiter zu verbergen. Er klappte die Karte auf, suchte fast schon panisch nach dem bekannten Namen und fand ihn schließlich, zusammen mit McGonagall und Dumbledore. Wo war Moody hin? Ein schneller Blick zeigte ihm, dass die Fußabdrücke von Moody sich Richtung Appariergrenze bewegten, er würde Hogwarts also verlassen? Wahrscheinlich um den Orden zu informieren. Harry überlegte kurz, raffte aber dann seine Sachen zusammen und machte sich auf den Weg nach nebenan. Er wollte das Risiko doch eingehen.
 

„Poppy, schnell“, rief Albus während er die Flügeltür zum Krankenflügel aufstieß. Hinter ihm betrat Minerva den Raum, den bewusstlosen Severus mittels Schwebezauber zwischen ihnen.

Die Medihexe brauchte nur wenige Momente um aufzutauchen und fast noch weniger Zeit um die Situation zu überblicken. „Schnell, auf das Bett da“, wies sie an, „Minerva, geh bitte gleich nach nebenan und hol ein paar Tränke. Rot, blau und weiß.“

Minerva ließ den Bewusstlosen vorsichtig ins Bett schweben und ging dann nach nebenan.

„Was ist passiert?“, fragte Poppy während sie den Zauberstab zog.

„Ich weiß es nicht, wir haben ihn so an der Appariergrenze gefunden aber ich befürchte, er hat es dem Dunklen Lord zu verdanken“, sagte Albus mit besorgter Stimme. So schwer war sein Tränkelehrer noch nie verletzt gewesen, was war nur geschehen? „Und?“

„Die Zauber sind noch nicht fertig“, sagte Poppy leise während neben ihr eine magische Feder übers Pergament kratzte.

Minerva war in der Zwischenzeit wieder gekommen und stellte die gewünschten Phiolen schweigend auf den kleinen Nachttisch neben dem Bett. Dann trat sie beiseite, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen gepresst und pure Sorge im Blick. Keiner störte Poppy bei der Arbeit, nur sorgenvolle Blicke wurden gewechselt.
 

Für Harry, der versteckt in der hintersten Ecke unter seinem Tarnumhang stand, begann die wohl längste Nacht seines Lebens. Er atmete so flach, dass er Angst hatte zu ersticken aber er hatte Angst, dass ihn eine normale Atmung verraten würde. Sein Blick lag fest auf dem bewusstlosen Lehrer, der jetzt seiner Todesserrobe beraubt wurde und damit das ganze Ausmaß seiner Verletzungen offenbarte. Harry musste sich die Hand vor den Mund schlagen um sich nicht zu verraten, es gab so gut wie keine Stelle, die nicht irgendwie verletzt war. Hemd und Hose, zumindest das, was davon noch übrig war, waren nass und schwer von Blut und wurden kurzerhand per Zauber entfernt. Jetzt wandte sich Harry ab, zum Einen weil er die Privatsphäre von Severus nicht verletzen wollte und zum Anderen weil er sich sonst wohl sehr geräuschvoll hätte übergeben müssen.
 

Viele Stunden später war Poppy fertig. Erschöpft deckte sie ihren Kollegen zu und bedeutete dann den Anderen ihr zu folgen. Erst als alle in ihrem kleinen Büro saßen und jeder eine Tasse Tee in den Händen hielt, brach sie ihr Schweigen. „Er wird es überleben.“

„Merlin sei dank“, flüsterte Minerva.

„Wie geht es ihm?“, fragte Albus, dem man die Erleichterung genauso ansah.

„Schlecht. Er hat sehr viel Blut verloren, einige Knochen waren gebrochen und innere Organe verletzt. Irgendetwas hat seine Magie fast völlig erschöpft, es wird Wochen oder sogar Monate dauern bis er auf magischem Level wieder der Alte ist“, erklärte Poppy.

„Was kann einen solchen Magieverlust verursacht haben? Abwehrzauber?“

„Nein. Er hätte extrem lange zaubern müssen um diesen Verlust zu erreichen aber dann hätte er nicht solche Verletzungen. Ich tippe eher auf geistige Verteidigung, er muss irgendetwas mit der Okklumentik vertuscht haben, oder es versucht haben.“

„Kann es sein, dass er aufgeflogen ist?“, fragte Minerva. Sie wurde fragend angesehen und erklärte, „es würde passen. Angenommen Severus wurde geistig von IHM angegriffen, wir wissen alle was für ein guter Okklumentiker er ist. Der Kampf hat seine Reserven erschöpft, ER hat gesehen, dass Severus eigentlich für uns spioniert und hat ihn dann förmlich hinrichten lassen. Vielleicht konnte er mit dem Rest seiner Kräfte entkommen.“

Nachdenkliches Nicken, das würde passen aber leider warf das mehrere Probleme auf. Das Schlimmste war natürlich, dass er so extrem schwer verletzt worden war aber auch die Tatsache, dass er aufgeflogen war, stellte den Orden vor ein neues, sehr ernstes Problem. Es gab keinen anderen Spion in SEINEN Reihen und Severus' Informationen hatten schon so manches Ordensmitglied gerettet. Ohne seine Informationen könnte der Krieg viele unnötige Opfer fordern, etwas, was Albus immer hatte verhindern wollen.

„Vielleicht war es auch anders.“

„Wie? Was würde noch passen? Albus, ich weiß auch wie wichtig Severus als Spion ist aber wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass er wahrscheinlich aufgeflogen ist. Wir können froh sein, dass er die Aufdeckung überlebt hat“, sagte Minerva hart, „wir müssen einen anderen Weg finden und vielleicht sollten wir auch mal darüber nachdenken ob wir diese ganze Sache auf den Schultern eines Schüler austragen wollen.“

„Aber die Prophezeiung besagt, ....“

„Albus, ich kenne die Prophezeiung und nirgends, wirklich nirgends, wird gesagt, dass Mr. Potter das alleine machen muss. Er kann und so, wie ich ihn einschätze, will er auch kämpfen aber nicht alleine“, unterbrach Minerva ihn, „das ist Wahnsinn und das weißt du.“

Lange sah Albus sie an, von Poppy konnte er keine Hilfe erwarten denn die Medihexe würde Harry am liebsten wegsperren damit er in Sicherheit war. „Was schlägst du vor?“, fragte er schließlich als ihm selber kein passender Gedanke kam.

Minerva deutete auf die Tür, die zu den Krankenbetten führte und sagte, „Severus hat den Anfang gemacht, wenn auch nur auf dein Anraten hin. Er unterrichtet ihn. Wie soll der Junge kämpfen wenn er keine Ahnung davon hat? Ich weiß, dass du ihn am liebsten aus dem Krieg raus halten möchtest aber das geht nicht. Irgendwann wird er IHM gegenüber stehen und dann? Er kann nicht kämpfen, sich nicht verteidigen, wir haben gesehen was im Ministerium passiert ist. ER wird ihn einfach überrennen und dann war alles umsonst. Albus, wenn er kämpfen soll, dann richtig. Lass ihn uns unterrichten, richtig unterrichten. Bitte. Schick ihn nicht wie ein Lamm zur Schlachtbank.“

Er wusste keine Antwort darauf und das musste man Albus auch ansehen denn Minerva trank den letzten Rest Tee, stellte dann die Tasse weg und erhob sich.

„Minerva?“

„Ich gehe jetzt schlafen, der Unterricht hält sich morgen nicht von alleine. Du solltest in aller Ruhe darüber nachdenken und dann einiges ändern“, sagte Minerva ernst bevor sie Poppy zunickte und ging. Dass sie dabei nur haarscharf an dem jungen Mann vorbei ging, um den sich dieses Gespräch gedreht hatte, nahm sie nicht wahr.

Als Albus nichts mehr sagte, räusperte sich Poppy und auf seinen fragenden Blick hin, sagte sie, „wir sollten auch schlafen gehen. Ich habe einen Überwachungszauber auf Severus gelegt, er wird aber mindestens bis zum Morgen durch schlafen. Geh schlafen.“

„Das werde ich machen. Gute Nacht, Poppy. Wenn sich etwas ändert, informiere mich bitte umgehend“, bat Albus bevor er ging.

Poppy sah ihm noch einen Moment nach, sah dann noch einmal nach ihrem Patienten und überprüfte dort die Zauber. Erst als sie zufrieden war, begab sie sich auch zu Bett. Nicht wissend, dass sie neben ihrem Patienten auch einen zutiefst besorgten Jugendlichen im Krankenzimmer zurück ließ.
 

Erst als jedes Licht erloschen und jedes Geräusch verstummt war, näherte sich Harry dem Bett und setzte sich leise und vorsichtig auf den Besucherstuhl daneben. Er sah nur grobe Umrisse, der Halbmond spendete nur wenig Licht aber er musste auch nicht viel sehen. Er hatte die ganzen Verletzungen gesehen, vieles hatte Poppy nicht heilen können weil Severus' Körper einfach keine Magie mehr aufnehmen konnte. Sein Körper musste die fremde Magie jetzt erst umwandeln und verarbeiten bevor weitere Heilmagie angewendet werden konnte, das konnte mehrere Stunden bis Tage dauern. Harry hatte das Heute zum ersten Mal gehört. Sein Blick ging über das markante Profil seines Lehrers, dass zur Hälfte mit einem Verband verdeckt war, er schlief scheinbar sehr tief und ruhig. Hoffentlich wurde er wieder völlig gesund. Zögernd streckte Harry eine Hand aus, hielt aber kurz bevor er ihn berührte inne und zog sie wieder zurück. Es wäre ihm bestimmt nicht recht wenn er ihn berühren würde ohne, dass er es wusste. Vielleicht konnte er das irgendwann einmal, auch wenn das mit dem Silvester nichts geworden war. Seufzend erhob sich Harry, warf sich den Tarnumhang wieder über und verließ dann den Raum. Er würde später wieder kommen.
 

Die schweren Verletzungen forderten ihren Tribut, erst zwei Tage später, am Abend des 3. Januars erwachte Severus wieder aus seinem Schlaf und konnte allen Rede und Antwort stehen. Da er noch zu schwach war um irgendwo hinzugehen, und Poppy jedem sehr schwerwiegende Konsequenzen angedroht hatte wenn sie ihn irgendwo hin schleifen wollten, traf man sich im Krankenflügel. Severus mit mehreren Kissen im Rücken und seine Besucher ums Bett herum drapiert. Sie hörten ihm schweigend zu bevor sie anfingen Fragen zu stellen.
 

Weit nach Mitternacht beendete Poppy das Ganze und jagte die Besucher mit dem Zauberstab aus dem Raum. Sie war der Meinung, dass es für Severus reichte und verordnete zwei Tage Bettruhe und absolutes Besuchsverbot.

„Danke“, murmelte Severus als sie an sein Bett trat.

„Schon gut, du hättest längst was sagen sollen. Severus, du brauchst Ruhe, dein Magiehaushalt ist völlig am Boden. Was hast du nur gemacht?“, fragte Poppy während sie ihm half sich wieder hin zu legen. Normal würde er sich dagegen wehren aber er war schlicht und einfach zu schwach dazu und dieser Umstand machte ihr die meisten Sorgen. „Du brauchst viel Ruhe.“

„Ist mir bewusst. Warum lässt du mich dann nicht alleine?“, fragte Severus.

Kopfschüttelnd lächelte Poppy ihn an, wünschte eine gute Nacht und ging dann.
 

„Wie lange wollen Sie noch da hinten in der Ecke sitzen?“, fragte Severus irgendwann in die Dunkelheit der Krankenstation hinein. Kurze Stille und dann hörte er ein genervtes Seufzen bevor ein junger Mann zum Vorschein kam, der langsam auf ihn zu kam.

„Woher wussten Sie das? Woher wissen Sie immer wo ich bin?“, fragte Harry genervt.

„Mein Geheimnis“, sagte Severus, der auf einen Stuhl deutete, „setzen Sie sich. Was machen Sie hier?“

„Mich entschuldigen.“

„Wofür?“, fragte Severus während er die Nachttischlampe zum Leben erweckte. Er mochte es nicht wenn er seine Gesprächspartner nicht sah. Auch wenn er immer noch den Verband trug und damit eigentlich nur die Hälfte sah.

„Ich habe in den letzten zwei Tagen viel nachdenken können und es geht Ihnen nur so schlecht weil Sie mich aus SEINEN Gedanken raus geholt haben. Ich habe keine Ahnung wie Sie das gemacht haben aber Sie haben mich aus SEINEN Gedanken raus geholt und mit Ihren Gedanken mit genommen“, erklärte Harry, „deswegen ist Ihr Magiehaushalt im Keller und Sie müssen hier liegen. Also ist es meine Schuld.“

Sein Gegenüber lächelte leicht, schüttelte aber dann den Kopf und sagte, „so ehrbar Ihr Anliegen ist, es ist unnötig. Sie aus den Gedanken des Anderen raus zu holen, war ein Kinderspiel. Ich habe das mit der Kraft nur gesagt, damit Sie endlich gehen. Das Apparieren hätte Sie wirklich zerrissen. Mein Magiehaushalt ist nur deswegen aus dem Gleichgewicht weil das Abwehren eines so starken Legilimentikers wie ER es ist, einfach enorm viel Kraft kostet. So eine starke Attacke hätten jeden für mehrere Tage ins Bett gebracht. Dieses Mal sind Sie wirklich unschuldig.“

„Danke schön.“

„Nichts zu danken.“

„Werden Sie wieder zu IHM gehen?“

Etwas überrascht über die Frage, antwortete Severus nicht sofort sondern sah den jungen Mann neben sich einfach nur an. Dieser hielt den Blick gesenkt. „Ja, werde ich.“

„Warum? Das ist Wahnsinn, Sie wären fast gestorben.“

„Das war nicht das erste Mal und es wird nicht das letzte Mal sein. Mr. Potter, jeder von uns hat eine Aufgabe und dies ist meine Aufgabe“, erklärte Severus ruhig aber in dem Wissen, dass er es nicht verstehen würde. Er verstand es selber manchmal nicht aber er hatte diesen Weg gewählt und würde nicht davon abweichen. ER musste fallen, daran führte kein Weg vorbei.

„Aber es ist Wahnsinn.“

„Natürlich. Was ist Krieg sonst außer Wahnsinn?“

Harry hob den Kopf um ihn anzusehen, wurde aber aus dem ruhigen, sanften Blick nicht schlau. Er wollte etwas fragen, öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Ihm fiel einfach nicht ein, was er Sinnvolles sagen könnte.

„Sie sollten sich Ihren Kopf nicht darüber zerbrechen, es ist wie es ist“, sagte Severus, „Sie sollten ins Bett gehen.“

„Aber...“

„Mr. Potter, es ist fast ein Uhr, ich bin müde und Sie haben morgen Unterricht also haben wir Beide Grund zu schlafen“, sagte Severus gähnend.

„Darf ich wieder kommen?“

„Kann ich Sie davon abhalten?“

Grinsend schüttelte Harry den Kopf und fragte dann, „was ist mit Ihrem Auge, Sir?“

Eher unbewusst fuhr Severus mit den Fingerspitzen über den Verband über seinem rechten Auge, die Diagnose stand eher schlecht.

„Sir?“

„Ein hässlicher Fluch, der mich wohl einen Teil meines Augenlichtes kosten wird“, gestand Severus schließlich.

„Sie werden auf dem Auge blind?“

Etwas überrascht über die ernste Fassungslosigkeit seines Schülers sah Severus ihn an, er fühlte sich fast geschmeichelt, dass sich jemand solche Sorgen um ihn machte. Sollte es dem jungen Mann wirklich ernst sein? „Nein, ich werde nicht blind.“

„Was dann?“

„Kennen Sie den ungefähren Aufbau des menschlichen Auges?“

„Ja.“

„Sehr schön, das spart Zeit. Der Fluch hat mein Auge quasi gespaltet, Poppy konnte zwar den Augapfel und den Sehnerv retten aber für die Hornhaut und die Pupille kam alles zu spät. Die Hälfte ist einfach abgestorben und auf diesem Bereich werde ich nichts mehr sehen können“, erklärte Severus ruhig.

Schweigen.

„Mr. Potter?“

„Das ist furchtbar“, keuchte Harry, „wieso kann man das nicht heilen?“

„Weil auch Magie irgendwann Grenzen gesetzt sind, ganz einfach. Ein Körper kann nur eine bestimmte Menge von Magie aufnehmen und es gibt die Möglichkeit einer künstlichen Hornhaut und Linse, aber ob meine Magie die annimmt, steht in den Sternen.“

„Wie meinen Sie das?“

„Mr. Potter, es ist spät und ich bin müde. Was halten Sie davon wenn wir dieses Gespräch irgendwann anders fortführen? Für so ein umfangreiches Gespräch ist hier weder der richtige Ort noch die richtige Zeit“, sagte Severus bevor er verhalten gähnte.

„Natürlich“, sagte Harry schnell, „gute Nacht, Sir.“

„Ebenfalls.“

Damit machte sich Harry auf den Weg, den Tarnumhang um sich schlingend. Er hatte das Ende des Raumes fast erreicht als Severus' Stimme nochmal erklang.

„Es tut mir leid, dass wir Silvester nicht anstoßen konnten.“

„Kein Problem, das kann man nachholen“, sagte Harry, der stehen blieb und ihn ansah, „vielleicht zu meinem Geburtstag, oder zu Ihrem. Wann haben Sie eigentlich Geburtstag?“

Zögern, dann, „am 9. Januar.“

„Oh. Na dann stoßen wir dann an“, sagte Harry begeistert. Er wartete bis sein Lehrer genickt hatte und verschwand dann wirklich. Er hatte 6 Tage um ein Geburtstagsgeschenk zu überlegen.
 

Vier Tage später wurde Severus entlassen und zwei Tage später, also am Morgen des 9. Januars, tauchte er das erste Mal wieder in der großen Halle auf. Das allgegenwärtige Gemurmel verstummte als er die Halle durchquerte und Severus wusste genau, wieso. Seine Befürchtungen hatten sich bestätigt, sein Körper hatte die magische Linse abgestoßen, zweimal und damit würde er wirklich auf dem rechten Auge halbblind bleiben. Sie wollten heute Mittag noch einen weiteren Versuch unternehmen aber bis dahin musste er einen Verband tragen um den Rest des Auges zu schonen. Das war auch der Grund, warum die Schüler ihn noch mehr anstarrten als sonst. Für einen Moment sah er zum Gryffindortisch, auch hier herrschte Schrecken und Fassungslosigkeit vor und er begrub die wenige Hoffnung, die er gehabt hatte. Er hatte den Ekel im Gesicht des jungen Mannes durchaus gesehen. Nun, das würde auch erklären, warum er ihn in den letzten Tagen in der Krankenstation nicht mehr besucht hatte. Severus schnaubte innerlich während er sich setzte und Albus zunickte, er konnte nichts vermissen, was es nie gegeben hatte.
 

„Es tut mir leid, Severus“, murmelte Poppy wirklich betroffen. Sie reichte ihm ein Tuch, womit er sich schweigend das Blut aus dem Gesicht wischte. „Kann ich etwas für dich tun?“

„Nein, danke. Es war abzusehen, dass es auch beim dritten Mal nicht funktioniert. Ich werde damit klar kommen“, sagte Severus während er das Tuch auf sein Auge presste. Es hatte auch die dritte magische Linse abgestoßen. Erst als er spürte, dass kein Blut mehr aus seinem Auge floss, nahm er das Tuch runter. Ihm wurde sofort ein Frisches gereicht doch er schüttelte den Kopf.

„Es tut mir wirklich leid.“

„Ich weiß, Poppy, ich weiß. Es tut immer allen leid wenn es zu spät ist“, sagte Severus seufzend bevor er aufstand. „Es ändert nichts, außer, dass ich noch entstellter bin als vorher. Danke für die gute Pflege.“

Schweigend nickte die Medihexe, sie wusste nicht, was sie sagen sollte und dann war er auch schon weg. Sie hätte ihm gerne geholfen aber sie wusste aus Erfahrung, dass es nichts brachte. Severus ließ niemanden an sich ran, schmetterte jeden Versuch ihm zu helfen schon im Ansatz ab und baute förmlich eine Mauer um sich herum auf. Poppy seufzte leise und begann alles aufzuräumen, sie hatte gehofft, dass der dritte Versuch glücken würde aber dem Mann blieb auch nichts erspart. Und wofür das Ganze? Für einen sinnlosen Krieg, den man mit weit weniger Gefahren führen könnte. Aber Albus wollte es ja nicht hören. Vielleicht hörte er jetzt endlich mal zu.
 

Es war spät am Abend als es an Severus' Tür klopfte. Er sah verwirrt auf bevor er zur Uhr sah, es war kurz vor Sperrstunde also konnte es durchaus noch ein Schüler sein. Kurz kämpfte er mit sich, eigentlich wollte er nicht, dass ein Schüler ihn so sah aber er würde es nicht für immer verhindern können. Im Unterricht kam ihm keiner nah genug um auf sein Auge zu achten aber spätestens bei dem nächsten Nachsitzen würde man es bemerken und da die Schüler untereinander nicht die Klappe halten konnten, würde es eh bald die ganze Schule wissen. Also konnte er es auch jetzt schnell hinter sich bringen, dann hätte er den restlichen Abend noch Zeit um den Roman anzufangen, den er von Albus zum Geburtstag bekommen hatte. Das Klopfen wiederholte sich und er schnarrte, „herein.“

„Guten Abend, Sir“, sagte Harry als er eintrat.

„Was wollen Sie hier?“, knurrte Severus. Gerade diesen jungen Mann wollte er gerade absolut nicht sehen.

Sichtlich geschockt über den rauen Ton blieb Harry mitten im Schritt stehen, straffte sich aber dann und sagte, „wir waren für Heute verabredet, falls es Ihnen entfallen ist. Wir wollten Ihren Geburtstag feiern und anstoßen. Ich habe da etwas vorbereitet aber dazu müssten Sie mich auf den Nordturm begleiten.“

„Jetzt?“

„Ja, sonst würde es keinen Sinn machen“, sagte Harry Schulterzuckend. Als Severus ihn einfach nur still ansah, fragte er, „Sir, haben Sie es sich anders überlegt?“

„Das sollte ich Sie eher fragen.“

„Mich? Warum? Wegen Ihrem Auge? Wohl kaum.“

Misstrauisch hob Severus eine Augenbraue, erhob sich aber dann und strich sich beiläufig die Robe glatt. „Wir können.“

„Sie kommen mit?“

„Warum nicht? Wenn mir Ihre Überraschung nicht zusagt, kann ich Ihnen immer noch Punkte abziehen für nächtliches Herumschleichen“, sagte Severus mit einem feinen Lächeln.

„Das passt“, murrte Harry, „aber ich bin mir so gut wie sicher, dass es Ihnen gefallen wird.“

„Wir werden sehen“, war alles, was Severus sagte während er auf die Tür deutete. Er folgte dem jungen Mann und irgendwo in ihm schlich sich die Hoffnung wieder ans Tageslicht.
 

Der Turm war verlassen, was nicht verwunderlich war denn es war mittlerweile eine halbe Stunde nach Sperrstunde. Die meisten Schüler befanden sich längst in ihren Betten oder zumindest in ihren Schlafsälen. Nun, bis auf den jungen Mann vor ihm, dem Severus hier hinauf gefolgt war. Sofort war ihm der Korb an der Brüstung aufgefallen, sollte das hier etwa ein romantisches Date werden?

„Sir, sind Sie noch anwesend? Also mehr als körperlich.“

„Werden Sie nicht frech“, murrte Severus amüsiert, „aber ich bin noch anwesend. Also, was ist Ihre Überraschung?“

Harry grinste ihn an, holte eine Flasche und zwei Gläser aus dem Korb und stellte alles auf die Brüstung. „Wären Sie so freundlich einen Zauber zu sprechen damit nichts runter fällt?“, fragte Harry.

„Können Sie den etwa nicht?“

„Doch aber wir sollen doch nicht außerhalb des Unterrichts zaubern und so können Sie mir nicht noch Punkte für unerlaubtes Zaubern abziehen“, erklärte Harry während er den Sekt öffnete.

Mit einem Grinsen zog Severus den Zauberstab, sprach einen entsprechenden Zauber und beobachtete dann wie sich die Gläser füllten. Warum Sekt? Er war kein großer Sekttrinker und irgendwie passte es auch nicht zu Harry. Doch er wartete ab und ließ sich überraschen.

„Ich wollte Ihnen eigentlich etwas zum Geburtstag schenken aber mir ist nichts eingefallen. Ich weiß einfach nicht genug von Ihnen um ein passendes Geschenk auszusuchen“, begann Harry, „Hermines Vorschlag war ein Buch aber was lesen Sie? Garantiert nicht nur Zaubertrankbücher also fiel dieser Vorschlag auch raus. Von Ron kam die Idee irgendwelche seltenen Zutaten im Verbotenen Wald zu suchen aber dann hätte ich eine Schelte von Ihnen bekommen und wahrscheinlich hätten Sie mir noch Punkte abgezogen.“

„Zu Recht“, warf Severus ein, „Schüler haben im Verbotenen Wald nichts zu suchen, schon gar nicht für so etwas Lächerliches wie ein Geburtstagsgeschenk.“

Harry lächelte zynisch und meinte, „deswegen habe ich es auch nicht gemacht, außerdem weiß ich gar nicht ob Sie privat genauso interessiert an Zaubertränken sind wie beruflich.“

„Bin ich.“

„Gut zu wissen, merke ich mir für die nächste Gelegenheit. Wie wäre der Valentinstag?“, fragte Harry grinsend. Er hielt ihm ein volles Glas hin.

Äußerlich sehr ruhig nahm Severus das Glas entgegen und sagte, „nur wenn Sie den Mut aufbringen mir ein Geschenk zum Valentinstag in der Großen Halle zu geben.“

„Nein.“

„Doch nicht so mutig?“ So etwas wie Enttäuschung machte sich in Severus breit.

Jetzt lachte Harry, schüttelte den Kopf und sah dann in den klaren Sternenhimmel.

Leise trat Severus rechts neben ihm, sorgsam darauf bedacht, dass Harry auf seiner linken Seite blieb damit er sein Auge nicht direkt ansehen konnte. Er wusste selber, dass das irgendwo lächerlich war aber er konnte nicht einfach so aus seiner Haut. Stattdessen folgte er dem Blick und sagte, „ich dachte, es ist Ihnen ernst.“ Er rechnete mit vehementem Abstreiten doch er wurde, wieder einmal, überrascht.

Ohne ihn anzusehen, antwortete Harry, „mir ist das Ganze sogar sehr ernst. Ich weiß nicht ob ich Sie liebe, Sie mag oder sonst etwas aber da ist etwas. Ich möchte Sie gerne näher kennenlernen, privat, abseits der Schule und dem Unterricht. Aber es ist Privatsache und genau das soll es auch bleiben, privat. Nein, ich schäme mich nicht aber mein Leben wird schon von allen Seiten beleuchtet, jeder kleine Furz wird im Tagespropheten breit getreten und da muss es mein potenzielles Liebesleben nicht auch noch hinein schaffen. Außerdem sind Sie immer noch mein Lehrer, es könnte für Sie sehr starke Konsequenzen geben wenn man Ihnen eine Affäre mit mir andichtet.“

Da musste ihm Severus still schweigend zustimmen.

„Wenn ich mit der Schule fertig bin und aus uns vielleicht etwas geworden ist, habe ich keinerlei Einwände gegen eine Veröffentlichung aber jetzt, zu diesem Zeitpunkt, wäre es mehr als dumm. Weder Sie noch ich würden jemals wieder eine ruhige Minute haben, wenn man Sie nicht sogar kündigt“, sagte Harry.

Severus wollte gerade antworten als der erste Knall ertönte und eine rote Fontäne im Himmel explodierte. Verwirrt sah er dahin, rote und goldene Funken tauchten den Himmel jetzt in helles Licht und wechselten sich rasend schnell ab. Er brauchte ein paar Momente um zu verstehen, dass da ein Silvesterfeuerwerk in der Luft explodierte. „Wie? Was?“, stammelte er einfach nur.

„Sie haben das Feuerwerk verpasst also dachte ich mir, ich schenke Ihnen eines zum Geburtstag“, sagte Harry einfach und hielt ihm das Glas zum Anstoßen hin, „alles Gute zum Geburtstag, Professor Snape.“

„Severus, wenn wir unter uns sind“, schlug Severus vor.

„Gerne, dann Harry.“

Das leise Klirren als die Gläser aneinander stießen, ging im Knallen des Feuerwerkes unter. Nach dem ersten Schluck lehnten sich Beide entspannt an die Brüstung und verfolgten das Feuerwerk. Severus spürte ein warmes Gefühl in der Brust, dass er so schon sehr lange nicht mehr gespürt hatte. Er konnte nur hoffen, dass er nicht zu voreilig hoffte.
 

Das Feuerwerk war atemberaubend schön und es war viel zu schnell vorbei, fand zumindest Severus denn schnell war das letzte Licht erloschen. Noch immer sah er in den Himmel, die Sterne waren nur teilweise zu sehen aber er wollte sich noch nicht der Realität stellen. War es Harry wirklich ernst? Wenn ja, wie ernst? Das Schweigen war unangenehm, zumindest für ihn aber welches Thema sprach man jetzt, in dieser Situation an? Ein schmales Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Mal sehen was für Gerüchte morgen bezüglich dieses Feuerwerkes die Runde machen.“

„Gar keine. Man konnte das Feuerwerk nur von hier aus sehen“, sagte Harry.

Severus sah ihn aus dem Augenwinkel an doch er sah weiterhin in den Himmel, nachdenklich. „Wer hat dir geholfen?“

Jetzt grinste Harry, das Du klang zwar ziemlich holprig aber es war ein Anfang, und antwortete, „Hermine hat mir geholfen, wer sonst? Sie hat diesen Balkon verzaubert, sonst wäre ich aufgeschmissen gewesen.“

„Eigentlich müsste ich dafür Punkte abziehen.“

„Machen Sie...“

Ein scharfes Räuspern unterbrach ihn.

„Machst du aber nicht“, berichtigte sich Harry.

„Nein, mache ich nicht“, bestätigte Severus, „was jetzt?“

Harry zögerte einen Moment, zog aber dann den Zauberstab und sprach einen Lumos aus, das helle Licht ließ ihn kurz die Augen zukneifen. Er blinzelte mehrmals, drehte sich aber dann zu Severus um und fragte, „darf ich es mir mal ansehen?“

Er wusste sofort, was Harry meinte aber er zögerte.

„Ich lache auch nicht.“

„Der Weg nach unten ist auch sehr, sehr weit“, knurrte Severus bevor er sich zu ihm umdrehte, allerdings kniff er das rechte Auge zu.

„So sehe ich nichts“, sagte Harry sanft.

Severus atmete nochmal tief durch und öffnete dann das Auge, und wartete dann auf eine Reaktion.

Es war wirklich gespalten, das war Harrys erster Gedanke. Der Zweite war, dass es schade um die schöne Augenfarbe war. Severus' rechtes Auge war nur noch zur Hälfte schwarz, die andere Hälfte war milchig weiß, stark abgegrenzt, wie mit einem Messer gezogen.

„Denk dran, der Weg nach unten ist weit und ich werde es wie einen Unfall aussehen lassen“, warnte Severus als auch nach über zwei Minuten noch keine Reaktion kam.

Grinsend schüttelte Harry den Kopf und sagte, „ich finde es nicht so schlimm. Wie viel siehst du noch auf dem Auge?“

„Ich hatte Glück, dass ich zur Innenseite blind geworden bin. Da überkreuzt sich das Sichtfeld mit dem linken Auge und es ist nur halb so schlimm. An der Außenseite wäre es schlimmer“, sagte Severus.

Harry warf noch einen Blick auf das zweifarbige Auge und löschte dann seinen Zauberstab, er war nicht mehr nötig. Er griff nach der Sektflasche und füllte die Gläser ungefragt auf. „Es ist Tradition, dass man im neuen Jahr zusammen anstößt“, sagte er vorsichtig, „und...“

„Gerne.“

Mit einem verhaltenen Lächeln hob Harry das Glas.

„Auf was trinken wir?“, fragte Severus, der das Glas ebenfalls hob.

„Auf ein mögliches Uns?“, schlug Harry vorsichtig vor.

„Du hast keine Ahnung, worauf du dich einlassen willst.“

„Lass es mich herausfinden.“

„Dann auf ein mögliches Uns“, stimmte Severus zu. Die Gläser stießen mit einem leisen Klirren gegeneinander.

Einen Schluck später zögerte Harry allerdings, er hatte noch mehr vor gehabt aber er traute sich nicht. Er sah kurz zu Boden, spürte aber dann sanfte Finger unter seinem Kinn, überrascht sah er auf.

„Das traditionelle Anstoßen beinhaltet noch mehr, Interesse?“

„Wäre ein guter Anfang für ein mögliches Uns, oder?“

„Wäre es“, stimmte Severus zu. Er beugte sich kurzentschlossen vor und küsste den jungen Mann, der ihm zu seiner Freude sogar entgegen kam.

Kurz sah Harry in die unterschiedlichen Augen bevor er die Augen schloss und den Kuss einfach nur noch genoss. Das war wirklich ein guter Anfang für ein mögliches Uns.
 

Der Weg hinunter in die Kerker wurde schweigend zurück gelegt aber dieses Mal empfand Severus das Schweigen nicht als unangenehm. Die Verabschiedung fiel sehr kurz aber sanft aus, ein weiterer Kuss auf ihrem Weg zu einem möglichen Uns, gemeinsam mit dem nächsten Termin für den Okklumentikunterricht und dann trennten sich ihre Wege für diese Nacht.
 

Langsam bewegte sich Severus durch seine Wohnung und blieb unwillkürlich vor einem kleinen Spiegel stehen. Sein Blick ging zu seinem rechten Auge, schwarz und weiß, sehend und blind, so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Vielleicht war es Zufall, vielleicht eine Art Prophezeiung aber er kannte da noch jemanden, der wie Tag und Nacht war. Aber gehörten nicht Beide zusammen um ein Ganzes zu bilden? Hatte dieses mögliche Uns doch eine stärkere Zukunft als er dachte? Mit einem schwachen Grinsen wandte sich Severus von dem Spiegel ab und ging Richtung Schlafzimmer, er war gespannt ob er wirklich ein Valentinstagsgeschenk bekam.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Alles Gute zum Geburtstag, Severus. =)

*Nimm den Zauberstab runter....* Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  ShadowPhoenix
2019-01-09T20:13:14+00:00 09.01.2019 21:13
Wuoah!!!
Ich saß schon jeden Tag heulend vor meinem Handy und dachte das nie mehr Silvester von dir kommt T.T
Aber es ist da! Es ist ENDLICH da!!!!
Hach das mit dem Auge find ich ja mal mega *-*.
Also nicht das er überhaupt blind is zum Teil aber dieses genau in der Mitte wie ein Messer zerteilt und die eine Seite schwarz die andere weiß die ist einfach mega.
Ich liebe dich und dein Schreibstil und feine Geschichten.
Ich freu mich schon auf den 14.2. *-*
Und wehe da kommt nix *grummel*

Ich hab dich lieb süße und ich Les dich am Freitag bei "Perfekt" wieder, wo ich im übrigen schon spätestens Freitag Nacht auf's nächste Kapitel hibbel xD.
Ich werd mal versuchen da auch mehr Kommis zu schreiben =*.

Bis dann
Deine Phoenix
Antwort von:  ShadowPhoenix
09.01.2019 21:16
Achja und die Idee mit dem Balkon und dem Feuerwerk war klasse und diese ganz natürliche Frage wer ihm geholfen hat xD.
Die Sache mit dem kuss war auch sowas von niedlich *-*.
Gut zum Anfang sag ich nix das war einfach nur T.T.
Antwort von:  demona1984
10.01.2019 19:16
Silvester hätte ich einfach nicht geschafft, mein Papa war da und da fehlte einfach die Zeit zum Schreiben aber ich habe euch nicht vergessen. :)

Das Auge war spontan, wirklich, das war nicht geplant aber ich fand die Idee dann im Nachhinein schon gut und immer schwarze Augen sind auch irgendwann langweilig. ;D

Vielen, lieben Dank für dein Review, weiß gar nicht was ich noch schreiben soll außer, dass ich mich freue dich immer mal wieder zu lesen. =)

Lg Demona
Von:  Ka-Sei
2019-01-09T18:25:36+00:00 09.01.2019 19:25
Wuuh~ \\^___^//
Super dramatisches aber spannendes Kapitel! Hab mich sehr drüber gefreut. Vermutlich ist es tatsächlich besser, eher nach innen und nicht nach außen blind zu sein, auch wenn ich das generell niemanden wünschen würde. Hoffentlich schränkt das unseren Großmeister der Tränke nicht ein.

Ich habe zwar keine Ahnung, wann Valentinstag ist (interessiert mich normalerweise nicht), aber ich bin auf das zukünftige "mögliche Uns" gespannt.
Antwort von:  demona1984
10.01.2019 19:13
Nach außen fehlt halt ein großer Teil des Gesichtsfeldes, nach innen ist noch das zweite Auge da, was da Informationen liefern kann. Aber ich denke, Severus wird sich irgendwie arrangieren.

Valentinstag ist immer am 14.2., also habe ich noch einen Monat Zeit. :D

Lg Demona
Antwort von:  ShadowPhoenix
10.01.2019 19:53
Ich hab mich noch nie im Leben so auf den Valentinstag gefreut wie diesmal xD.
Antwort von:  Ka-Sei
10.01.2019 23:56
Aha! Dann muss ich mir den 14.02. Mal rot im Kalender anmalen :'D

Ich freue mich wirklich schon riesig drauf :)
Von: abgemeldet
2019-01-09T18:20:52+00:00 09.01.2019 19:20
Ah, wieder ein fantastischer Oneshot. Wobei... ist es das denn noch? Allmählich schleicht sich immer mehr “Story“ in deine kurzen Geschichten, sodass längst ein roter Faden entstanden ist, den du nur zu gut aufnehmen und weiterspinnen könntest. Ich bin jedenfalls neugierig, wie es weiter geht und lasse mich gerne überraschen. ;)
Antwort von:  demona1984
10.01.2019 19:11
Ja, irgendwie ist der eine One-Shot zu Nikolaus aus dem Ruder gelaufen aber es waren so viele nette Reviews, da musste ich einfach weiter schreiben. =)
Wenn es weiter geht, dann in Form weiterer One-Shots zu entsprechenden Terminen. Ich denke mal, dass es im Februar weiter geht. ;)

Lg Demona


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