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Date oder Deal?

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Mittwochmorgen

 

Kapitel 33

Mittwochmorgen

 

Unbemerkt, geradezu völlig geräuschlos, schleicht sich Shredder aus dem Bett. Kurz bevor er den Raum verlässt, wirft er noch einen schnellen Blick zurück. Der Anblick des noch tief schlummernden Victors lässt ihn beinahe aufseufzen, doch er hält sich gerade noch rechtzeitig den Mund zu.

Leise huscht er hinüber Richtung Küche und wagt es erst ungefähr ab der Hälfte, dem Drang zu hinken nachzugeben. Es ist schon komisch: nicht der Sex als solcher ist das, was manchmal schmerzt, sondern irgendwelche Muskeln oder Gelenke, weil er sich dabei irgend etwas verrenkt oder angeschlagen hat. Dieser blöde, enge Sportwagen hat ihm einen schönen blauen Fleck am linken Knie eingebracht. Autsch.

Aber davon mal abgesehen - mit Victor wird es niemals langweilig. Himmel, er bringt es sogar fertig, ihn in einer völlig versifften Toilettenkabine allein durch Küsse und Streicheleinheiten dazu zu bringen, fast in seiner Hose zu kommen!

Das war ein Verlust der Selbstkontrolle, dem sich Shredder ausnahmsweise einmal gern hingab. Nicht einmal er weiß, wie viel von dem, was er da gestöhnt und gekeucht hat, echt oder gespielt war.

Und dennoch - trotz all der tiefen Emotionen, die da so offensichtlich zwischen ihnen sind, fühlt er sich jetzt plötzlich unsicher. Schließlich muß dieser Roger dich irgend etwas an sich gehabt haben, wovon sich Victor angezogen fühlte. Und solange Shredder das nicht weiß, kann er nicht anständig mit ihm konkurrieren.

Und als er dann auch noch sah, wie Victor die Fotoalben zum zweiten Mal durchblätterte - und sei es auch nur, um sich von ihrem einwandfreien Zustand zu überzeugen - um sie erst danach in ein Regal zu stellen, fühlte er diesen Stich im Herzen.

Und deswegen steht er jetzt auch zu dieser unchristlichen Zeit in der Küche und sucht die Zutaten für einen Pralinenkuchen zusammen. Denn soviel hat er in der letzten Woche gelernt: Victor Falco, der Rat King, steht unheimlich auf Pralinen.

Und dieser Kuchen wird ihm bestimmt gefallen.

Ganz bestimmt.

… Oder?

Zögernd starrt er auf die Mikrowelle, in der sich die Schüssel mit der Schokolade dreht und nagt dabei unschlüssig an seiner Unterlippe herum. Fatalerweise erinnert ihn das hier zu sehr an einen Teil seiner Vergangenheit, den er am liebsten für immer vergessen hätte:

Genauso hat er nämlich früher versucht, sich die Zuneigung seiner Mutter zu erkaufen. Brav sein, gute Noten und Pokale nach Hause bringen und ihr so viel Hausarbeit abnehmen wie möglich. Putzen. Aufräumen. Den Müll rausbringen. Einkaufen gehen. Ihr und seinem kleinen Bruder jeden Sonntag einen Kuchen backen.

Es hat nicht viel gebracht: seinen Bruder könnte er mit so einer Geste heutzutage nicht mehr versöhnen und seiner Mutter konnte und kann er sowieso nichts recht machen.

Victor ist anders, das weiß er, aber tief in seinem Inneren lauert dieses nagende Unbehagen, dieses Gefühl der Unzulänglichkeit.

Das leise „Pling" der Mikrowelle reißt ihn zurück ins Hier und Jetzt. Entschieden schüttelt er all diese düsteren Gedanken ab und macht sich an diesen Kuchen.

Aber schon wenig später stellt er fest:

Er scheint noch sehr müde zu sein, denn plötzlich geraten ihm da gewisse Details der Rezeptur im Kopf durcheinander. Waren es ein halbes Pfund Butter oder doch nur ein Viertel? Und wie war das mit dem Zucker? Verdammt.

Und schon holt er sich seinen Kommunikator und hofft, dass Krang nicht allzu genervt von ihm ist.

Keine fünf Minuten später könnte Victor, wenn er denn wach wäre, ein denkwürdiges Gespräch mitanhören und dabei sehr viel über seinen Ninja erfahren.

„200 Grad und höchstens 30 Minuten backen", selbst über eine Dimension hinweg gelingt es Krang, sehr generös zu klingen. Aber er beweist auch eine Engelsgeduld.

„Danke." Ehrlich erleichtert über diese Hilfe, heizt Shtedder erst den Ofen an und rührt dann weiter den Teig zusammen.

Der Kommunikator steht an die Wand gelehnt auf der Anrichte und Krang grinst ihn über den Bildschirm hinweg verschlagen an.

„Ich krame gerne in deinem Schreibtisch nach deiner Rezeptesammlung. Du warst also tatsächlich in einer Back-AG? Du warst ein komischer Oberschüler."

Shredder lächelt still in sich hinein. Ach ja, die Schulzeit. Zehn Jahre her und trotzdem … Manchmal scheint das Ganze schon Ewigkeiten her zu sein und dann, in Momenten wie diesen, kommt es ihm fast vor, als wäre es erst gestern gewesen, wo es ihm noch gelang, irgendwo hineinzupassen.

„Die Haiku-AG war schon voll.“

„Den Kurs hättest du sowieso nicht nötig gehabt."

„Danke...", erwidert Shredder errötend, zögert dann aber und wirft ihm einen schiefen Blick zu. „Glaube ich."

Krangs Grinsen wächst nur in die Breite. Kein Alien kann seine haifischartigen Beißerchen besser zur Schau stellen als er.

„Weiß Victor schon, dass er sich einen Dichter geangelt hat?" flötet er unschuldig.

„Ich bin kein..." wehrt Shredder sofort laut ab, hält dann jedoch inne und lauscht ängstlich Richtung Schlafzimmer. Als sich dort nichts regt, rührt er weiter und meint dann mit gedämpfter Stimme tadelnd:

„Das ist doch nur ein Hobby. Mach nicht mehr daraus, als es ist, Krang."

Krang ist nicht dieser Meinung, aber er ist bereit, dieses Thema fallen zu lassen. Es gibt noch andere Bemerkungen, mit denen er Shredder piesacken kann.

„Sag mal, stehst du nur um vier Uhr morgens in der Küche und backst diesen Pralinenkuchen, weil du deinem Victor beweisen willst, dass du besser bist als sein Ex?"

Shredder stockt kurz damit, den Holzlöffel in der Schüssel zu schwingen und beißt sich ertappt auf die Unterlippe. Verdammt. Wieso hat er Krang nur von heute Abend erzählt?

„Nein", erklärt er dann kühl und rührt mit doppelter Kraft und Geschwindigkeit weiter. „Er mag Pralinen, aber dafür fehlen mir die Zutaten, also bekommt er einen Pralinenkuchen. Wenn er ihm nicht schmeckt, friere ich ihn für euch Pappnasen ein."

„Ich hoffe, er schmeckt ihm nicht", feixt Krang sofort.

Shredder brummt nur und macht sich daran, den Teig in eine Springform zu gießen.

„Dir ist schon klar, dass du nichts beweisen musst, oder?" versucht Krang ihn derweil aufzumuntern. „Dieser Ro-geeer scheint die reinste Flachpfeife zu sein. Wie ich Victor einschätze, ist er nur aus Bequemlichkeit bei ihm geblieben. Ihr Menschen seid bereit, so viel zu ertragen, nur, um nicht einsam zu sein."

Shredder hält wieder inne und wirft ihm einen stirnrunzelnden Blick zu.

„Höre ich da einen versteckten Vorwurf heraus? Willst du mir das hier jetzt doch noch madig machen?"

Krang zögert eine Sekunde zu lange mit der Antwort und bemerkt seinen Fehler sofort. Er versucht gar nicht mehr, es abzustreiten.

„Bei jedem anderen außer dir würde ich jetzt etwas darüber sagen, daß du etwas in meine Worte hineininterpretierst, weil ich nur deine eigenen Gedanken ausspreche", beginnt er im Versuch, zu retten, was noch zu retten ist. „Aber du denkst immer negativ von anderen. Shredder ... Saki-chan... Wann kapierst du endlich, dass es Personen gibt, die dich um deiner selbst Willen mögen? Ich gönne dir deinen Victor, aber ich brauche dich hier. Du arbeitest für mich." Er zaudert kurz und fügt dann, nach einem schnellen Blick in Shredders irritierte und verlegene Miene, leise hinzu: „Das Technodrome ist dein Zuhause, vergiss das nicht."

Shredder schluckt schwer und räuspert sich einmal.

„Ich bringe euch einen Kuchen mit", verspricht er mit belegter Stimme.

Krang verdreht die Augen und klatscht sich mit einem Tentakel gegen die Stirn.

„Das ist nett", erklärt er trocken. „Und beweist nur, dass ich wie immer Recht habe."

Shredder stellt nur schweigend die gefüllte Backform in den vorgeheizten Ofen. Krang beobachtet ihn und seine Miene wird dabei ungewohnt weich.

„Glaub mir, Oroku Saki - Victor Falco ist derjenige, der beweisen muß, daß er dich verdient hat. Nicht anders herum."

Shredder zieht ein zweifelndes Gesicht, aber bevor er darauf etwas erwidern kann, bemerkt er, wie sich Krangs Blick plötzlich auf etwas hinter ihm richtig und sich der Mund des Aliens zu einem stummen "oh" öffnet.

Schlimmes ahnend wirbelt Shredder herum. Dort am Türrahmen lehnt Victor, nur mit seiner Jogginghose bekleidet und mit vor der nackten Brust verschränkten Armen und mustert ihn mit ernster Miene.

„Victor!" stößt Shredder erschrocken hervor. „Was... Wieviel hast du gehört?"

Über Victors blaue Augen hat sich ein beunruhigender Schatten gelegt. Was ist das? Trauer oder - Wut?

Shredder spürt, wie ihm der Atem stockt und ihm wird fast schlecht, als er Victors Antwort hört:

„Ich habe genug gehört."

Shredder starrt ihn einen Moment nur geschockt an und streckt dann die Hand zum Kommunikator aus.

„Nein." Victor schüttelt den Kopf. „Laß ihn zuhören."

Krang und Shredder wechseln einen kurzen Blick und dann lässt Shredder zögernd die Hand wieder sinken.

Victor atmet einmal tief durch und kommt dann zu ihm hinüber. Auf dem Weg dahin wirft er einen anerkennenden Blick in den Ofen.

„Sieht lecker aus. Ich kann es nicht erwarten, ihn zu essen."

Kleinlaut senkt Shredder den Blick.

„Es sollte eine Überraschung werden..."

„Um diese Uhrzeit solltest du lieber neben mir im Bett schlafen", erwidert Victor scharf, bleibt dicht vor ihm stehen und funkelt ihn an.

Shredder schluckt einmal schwer, aber bevor er etwas zu seiner Verteidigung vorbringen kann, legt Victor ihm eine Hand an die Wange, sieht ihm tief in die Augen und haucht ihm dann einen Kuß auf den Mund.

„Aber ich weiß es zu schätzen." Seine Stimme ist nur ein leises Murmeln gegen Shredders Lippen, doch es genügt, um dessen Herz noch heftiger schlagen zu lassen. Ob aus Angst oder Erregung weiß Shredder selbst nicht so genau.

Victor mustert ihn einen Augenblick einfach nur und diese Unsicherheit, die er in diesen schönen Mandelaugen sieht, versetzt ihm einen Stich ins Herz.

Er faßt ihn an den Hüften und dirigiert ihn so auf einen der Hocker an der Küchentheke, während er sich selbst auf den daneben setzt.

Er nimmt die Wasserflasche, die dort steht und gießt etwas davon in die beiden Gläser, die noch vom Vorabend hier stehen. Eines davon schiebt er ihm auffordernd zu, das andere behält er für sich.

Er nimmt einen großen Schluck und kaut geradezu auf der Flüssigkeit herum, während er nach den richtigen Worten sucht. Ein Teil von ihm würde Shredder am liebsten durchschütteln und anschreien, aber das ist derselbe gemeine Teil, der ihm damals eine Lektion erteilen und ihn quasi vergewaltigen wollte. Man muss seiner dunklen Seite nicht immer nachgeben.

„Ich habe Roger bei einem Geschäftsessen kennen gelernt", beginnt er, stellt das Glas ab und greift stattdessen nach Shredders Hand. „Anfangs konnte ich ihn noch nicht mal leiden. Aber er kann sehr charmant sein, wenn er will und ich war gerade mal wieder seit zwei Jahren Single und ja", bestätigt er in Krangs Richtung, „ich war einsam und deshalb angreifbar. Nachdem wir ein paar mal freundschaftlich miteinander ausgegangen sind, hat er mir gesagt, dass er mich liebe und ich fühlte mich geschmeichelt. Aber", fährt er mit einem Schulterzucken fort, „ich wollte etwas langfristiges, er nicht. Und zu allem kam noch dazu, dass ich nicht in seine Community reinpasste."

An dieser Stelle holt er einmal tief Luft und starrt auf ihre verschränkten Hände. Ohne es selbst zu bemerken, hat sein Daumen damit begonnen, Shredders Handrücken zu streicheln. Für einen Moment ist er ganz hingerissen von dem Kontrast seiner eigenen hellen Haut und Shredders Goldbrauner. Jesses, er liebt diese Farbe.

„Als ich ihn heute wiedersah, wusste ich gar nicht mehr, was ich so toll an ihm fand. Wieso hatte ich mich in ihn verliebt? Nur, weil er mir das Gefühl gab, ich sei ihm wichtig? Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist das sehr traurig, nicht wahr?"

„Victor..."

„Bei dir ist es ganz anders, Saki", unterbricht dieser ihn sofort. „Bei und mit dir fühle ich mich einfach wohl. So etwas habe ich noch nie zuvor bei jemanden gespürt." Er hebt den Kopf und starrt Shredder eindringlich in die Augen. „Ich will nicht, dass du mir deinen Wert beweist, denke nie, dass du das musst. Den Kuchen nehme ich gerne an, aber nur als Geschenk, weil du mir eine Freude machen willst. Nicht, weil du glaubst, mir etwas beweisen zu müssen."

Das war einer der längsten und emotionalsten Monologe, den er je gehalten hat, und er fühlt sich fast ein wenig erschöpft.

Aber ein Blick in Shredders Miene und er weiß - es hat sich gelohnt.

„Du bist das Beste, was mir je passiert ist", erklärt er noch einmal ganz deutlich, bevor er sich zu ihm hinüberlehnt und ihn in einen langen, zärtlichen Kuß verwickelt.

Leise aufseufzend schmilzt Shredder regelrecht gegen ihn. Und ehe er es sich versieht, ist er vom Barhocker direkt auf Victors Schoß gerutscht, hat ihm beide Arme um den Nacken geschlungen, schmiegt sich fest an ihn und stürzt sich noch tiefer in diesen Kuß hinein.

Begeistert über Shredders Gewicht auf seinem Schoß, legt Victor seine Arme um ihn, stützt ihn mit einer Hand im Kreuz und legt die andere besitzergreifend auf Shredders Hinterteil. Er kann seine Körperwärme durch den dünnen Stoff seines Pyjamas spüren. Und er riecht wieder so gut! Diesmal sogar mit einem Hauch von Zucker und Schokolade.

Ich liebe dich, Saki.

Plötzlich reißt Shredder den Kopf zurück und starrt ihn aus dunkelglühenden Augen an.

„Ich liebe dich, Victor", keucht er, als hätte er Victors Gedanken gelesen.

„Ich liebe dich auch, Saki", lächelt Victor und wischt ihn zärtlich die Nässe aus den Augenwinkeln.

Für die Dauer eines Herzschlages starren sie sich nur an, um sich dann mit doppelter Intensität aufeinander zu stürzen.

Ein ungeduldiges Räuspern reißt sie schließlich aus ihrem süßen Nirwana.

Es ist Krang.

Er räuspert sich erneut und dann noch einmal, bis er sich ihrer Aufmerksamkeit ganz sicher ist. Tadelnd schnalzt er mit der Zunge und verschränkt die Tentakel.

„So gerne ich euch dabei zusehe, ihr solltet damit aufhören, bevor der Kuchen verbrennt. Wär echt schade drum. Schließlich habe ich dabei mitgeholfen."

Verlegen rutscht Shredder von Victors Schoß herunter, aber Victor ist damit nicht ganz einverstanden. Seine Hände ruhen weiterhin auf Shredders Hüften, bereit, ihn jederzeit wieder an sich zu ziehen.

„Macht weiter, wenn der Kuchen fertig ist", befiehlt ihnen Krang mürrisch, bevor er selbst die Verbindung unterbricht.

Normalerweise lässt sich Victor ja nicht von jedem Befehle erteilen, aber in diesem Falle stimmt er dem Alien ausnahmsweise mal zu.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Dollface-Quinn
2019-02-24T18:21:15+00:00 24.02.2019 19:21
Es ist so goldig. Wie man plötzlich anfängt den kindischten Kitsch zu machen, wenn man verliebt ist. <3
Es ist doch irgendwie klar, dass Victor sich nur mit jemandem wohl fühlen kann, der beide Seiten von ihm versteht. Victor/Rattenkönig und Saki/Shredder können einander ihre Launen einfach nachfühlen. Super schön.😍
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Aber jetzt will ich Schokoladenkuchen!
Antwort von:  MariLuna
24.02.2019 19:48
Dankeschön :-) Ja, die passen wirklich gut zusammen die beiden, langsam muss ich mir was ausdenken, dass es nicht zu langweilig wird...
na ja, noch befinden wir uns ja auf Victors Terrain (Wohnung, verlassene Subway-Station etc.), wie wird es wohl werden, wenn sie auf Shredders sind inkl. Krang & Co? Tja... ungewollt wird das wieder ziemlich lang... bin froh, dass du dran bleibst XD
Antwort von:  Dollface-Quinn
24.02.2019 19:55
Mir wird es irgendwie nicht langweilig.^^


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