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Die Karte

von

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Wenn Cifer Almasy auf sein bisheriges Leben zurück blickte, dann war er damit nicht unzufrieden: Er hatte gelacht, geweint, war seinen Träumen nachgelaufen, hatte für seine Ideale gekämpft und sich niemals selbst aufgegeben. Und trotzdem saß er nun hier allein in einer Bar und fühlte sich einsam…

Mit einer kurzen Handbewegung bedeutete er dem Mädchen hinter der Bar, dass sie sein Glas auffüllen sollte. Wie bereits den Rest des Abends, kam sie dieser Aufforderung wortlos nach. Mit einem Schluck exte er den Schnaps, der in seinem Hals brannte. Die Wirkung des Getränkes war längst nicht mehr zu verleugnen: sein Blick war unscharf und sein ganzer Körper schien in ein betäubtes Kribbeln getaucht zu sein.
 

Zum gefühlt 100. Mal an diesem Abend griff er in die Tasche seiner Hose und zog die zerknüllte Postkarte heraus. Heute Mittag hatte sie sich ganz unerwartet in seinem Briefkasten gefunden und seit er ihren Inhalt gelesen hatte befand er sich in diesem Zustand der Leere.

Er hatte gedacht, dass es ihm gut ginge. Dass er zufrieden -vielleicht sogar glücklich- mit dem Leben war, dass er sich hier in Winhill aufgebaut hatte.

Aber dieser bescheuerte Satz, war wie ein Schlag in den Magen gewesen. Es war als hätte man ihm sämtliche Wärme innerhalb von Sekundenbruchteilen aus dem Körper gesogen und es blieb nichts als eiskalte, schwarze Leere, die an ihm fraß. Das, was er die ganzen Jahre über verdrängt hatte, bereitete ihm nun fast schon körperliche Schmerzen.
 

Eigentlich hatte er ins Haus gehen, sich das Essen von gestern in der Mikrowelle aufwärmen und mit einem Bier vors Fernsehn knallen wollen.

Letztendlich hatte er die Karte in seine Hosentasche gesteckt und war, ohne seine Wohnung auch nur betreten zu haben, zur Bar gegangen und hatte angefangen zu Trinken.
 

“Freunde von dir?”, fragte das Mädchen an der Bar interessiert und riss ihn damit aus seinen Gedanken. Cifer kannte sie nicht. War neu hier, registrierte er am Rande. Sie hatte wohl die Karte gesehen. Er starrte sie nur mit hohlem Gesichtsausdruck an. Sie schaute lächelnd zurück. Dann schüttelte er den Kopf… “Keine Ahnung…” - “Hm…”

Ihr Lächeln erstarb. Ohne einen weiteren Kommentar füllte sie sein Glas erneut und er stürzte den Inhalt herunter.
 

"Squall und Rinoa haben geheiratet!", verkündete die Karte, auf deren Vorderseite ein Foto mit den Beiden zu sehen war.

Squall, grummelig wie immer, in seiner SEED-Uniform und Rinoa, strahlend wie der Sonnenschein, in einem wunderschönen weißen Kleid an seinem Arm klammernd und den Blick voller Liebe auf ihn gerichtet.

Es war eine übliche Danksagungskarte, dabei hatte er gar nichts getan, für das man ihm danken musste: er war weder anwesend gewesen, noch hatte er den beiden ein Geschenk gemacht.

Er hatte ja nicht mal gewusst, dass sie heiraten würden! “Ich dachte du sollst es wissen…”, stand in Rinoas verschnörkelter Mädchenschrift neben dem Standardtext.
 

Hinter seinen Augen fühlte er wieder dieses heiße Brennen, das im Kontrast zu der Kälte in seinem restlichen Körper stand. Schnell stopfte er die Karte wieder in seine Hosentasche, als könnte er damit alles ungeschehen machen. Wenn er nicht aufpasste, dann würde er heute wirklich noch heulen…
 

Er hatte Rinoa geliebt. Liebte sie vielleicht noch…

Squall war sein Rivale. Ein bisschen sowas wie ein Bruder…

Sie liebte Squall. Und nicht ihn…

Er hatte schon wieder verloren.

Sie waren glücklich und ihr Leben ging weiter.

Sie veränderten sich. Schritten voran…

Er hatte seit Jahren das Gefühl, dass sich nichts änderte.

Bis jetzt war das kein Problem gewesen, aber jetzt fühlte es sich an wie Stillstand.

Er hatte sich nicht weiterentwickelt, er war davon gelaufen…

Er hatte gelebt, sie hatten ihn dafür verurteilt und er hatte sein Leben auf Pause gestellt, um einen neuen Sinn zu finden.

Hatte er erwartet, dass sie mit ihm pausieren würden?
 

Tief in seinem Inneren musste er diese Frage mit einem eindeutigen “Ja” beantworten.

In seinen Gedanken hatte er sich gemacht, hatte sich vor allen bewiesen und war zurückgekehrt. Sie hatten sich gefreut. Rinoa war ihm in die Arme gefallen. Sie hatte bemerkt, dass sie nie Squall, sondern eigentlich immer nur ihn geliebt hatte.

Squall und er waren in seinen Träumen wieder Rivalen, wie in der Zeit im Garden. Er gewann jedes Mal. Aber er bedachte Squall mit einem wohlwollenden Lächeln und dieser schaute zu ihm auf, wollte sich immer wieder mit ihm messen.
 

Dieser Traum war nun geplatzt, wie eine Seifenblase. Squall hatte gewonnen… Er hatte den Ruhm, er hatte das Mädchen. Die Prinzessin schaute ihn verliebt an. Immer noch. Die Leute verließen sich auf ihn, während sie Cifer gegenüber immer misstrauisch waren. Er hatte seinen Traum für kurze Zeit gelebt und dann war alles in sich zusammengefallen wie ein Kartenhaus.
 

Er hatte die Blicke nicht ertragen. Er war davon gelaufen. Hatte sich selbst belogen, dass er es irgendwo auf der Welt zu etwas bringen würde. Dass er bewundernswerte Taten vollbringen könnte.
 

Eigentlich dachte er, dass er glücklich wäre, als Stadtwache hier in Winhill. Es hatte nur ein Übergangsjob sein sollen, aber da ihn die Leute hier nicht so misstrauisch angeschaut hatten wie sonst überall, war er geblieben. Er war bequem geworden. Hatte sich im Alltagstrott verloren. Die Illusion von Glück.

Hatte alles andere -selbst seine Träume- in den Hintergrund geschoben. Es war ja noch Zeit! Er bräuchte nur eine kleine Pause, bis sich die Aufregung gelegt hatte. Bis die Leute ihm wieder eine Chance geben würden. Auch abseits vom Ende der Welt.
 

In Wahrheit versteckte er sich hier nur vor den stechenden Blicken… Er war bemitleidenswert. Egal wie oft er Fu-Jin und Rai-Jin geschrieben hatte, dass er hier gebraucht wurde, unersetzlich und wichtig war… Am Ende alles eine Lüge. Eine Lüge, die er wie ein Mantra wiederholt hatte, bis er selbst daran Glaubte.

Der Glaube war zerbröckelt. Die Hoffnung auf seine Traum-Zukunft endgültig vorbei.
 

Squall war der Ritter. Er war der Ex, den man nicht einlud -ja nicht mal informierte bevor alles vorbei war- damit er kein Chaos erzeugte.

War es das was sie von ihm dachte? Dass er nichts besseres vorhatte, als direkt nach Balamb zu reisen und die Hochzeit zu sabotieren!? Eine unglaubliche Dreistigkeit. Wie konnte sie nur?!

...und doch musste er zugeben, dass sie ihn besser kannte als jede andere Person. Natürlich wäre er ohne Umwege zu ihr gefahren und hätte mit voller Überzeugung versucht sie von diesem Fehler abzuhalten. ...natürlich hätte er das…

Er, der verblendete Versager, der in einer Bar am Ende der Welt hockte und gegen die Tränen kämpfte…



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  tobiiieee
2018-12-31T14:54:40+00:00 31.12.2018 15:54
Hallo, liebe Amelia. (Huch, Shinra? Hab ich mich im FF-Teil vertan? ;D)

Ohne VIII jemals ernsthaft gespielt zu haben (Ich schätze, Kingdom Hearts zählt nicht?), hab ich wegen der vertretbaren Kürze deines One-Shots einfach mal reingeschaut; ich bin selbst auch eher der One-Shot-Typ. Wo wir gerade bei der Kürze sind: Man soll nicht mit den negativen Punkten anfangen, aber ich finde, ähnlich wie Kyo, dass sich das Kapitel irgendwie unvollständig liest.
Ich mochte den Anfang, er ist geordnet und einladend. Irgendwann ab der Hälfte verliert sich für jemanden ohne VIII-Kenntnisse natürlich die Verbindung zu jemandem, der schlichtweg im Selbstmitleid versinkt, hier liegt die Schuld, wenn man davon sprechen kann, aber natürlich bei mir. Ich bin mir sicher, und Kyos Kommentar bestätigt es ja, dass du Cifer gut getroffen hast.
Du erzählst gut, schlüssig, schnörkellos – aber vielleicht etwas oberflächlich, redundant, weswegen der unfertige Eindruck oder der Wunsch nach einer Fortsetzung entsteht. Außerdem solltest du nur ein bisschen mehr auf deine Sprache achten: Kommasetzung, die Karte hatte sich entweder befunden oder er hatte sie gefunden, Sprachregister, Modus; es sind kleine Fehler, die mir wahrscheinlich auch nur auffallen, weil ich einen Bachelor in einer Sprache gemacht habe, die aber schade sind, weil sie vom durchaus guten Kapitel ablenken.
Das klingt jetzt möglicherweise negativer, als es sollte. Ich hoff einfach, dass ich dir irgendwie behilflich sein konnte in deiner Entwicklung als Autorin.
Alles Gute weiterhin wünscht Tobie. (:

Von:  Kyo_aka_Ne-chan
2018-12-12T19:33:24+00:00 12.12.2018 20:33
Supertolle FF zu Cifer. Ich fand seine Gedankengänge gut dargestellt und nachvollziehbar, zudem hat es wirklich gut zu ihm gepasst. Ich würde mir eine Fortsetzung wünschen, muss ich zugestehen, weil es wie eine Art Intro klingt, aber muss ja nicht sein (ich bin nun mal der Typ, der lange Geschichten liebt xD).
Ich fand die Sichtweise, dass Cifer quasi auf ganzer Linie versagt hat, interessant und muss zugeben, ich habe selbst nicht in die Richtung gedacht. Aber gut, dass du es getan hast, denn sonst gäbe es diese FF wahrscheinlich nicht ;D Ich fand die Leere in ihm sehr glaubhaft und auch die trostlose Situation um ihn herum. Man konnte sich alles gut vorstellen und das ist für einen one-shot sehr gut. Mir gefällt die Geschichte, das gibt einen Kommi und einen Favo :) Gerne mehr davon und liebe Grüße *wink*

GLG
Kyo

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