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Teenage Love

von

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Prolog

„Aber der war nicht für dich!“

 

Kaum, dass ihr Ruf im Gang verhallt war, wurde es still. Zu still. So still, dass sie ihren Herzschlag hören konnte, der immer noch viel zu laut, viel zu schnell war.

Nicht mehr aus Aufregung, aber aus Ärger.

Sie konnte es einfach nicht fassen. Wieso?! War sie nicht genug gestraft?! Allein dafür, dass sie mit Trey von allen Menschen in einer Klasse war, hätte sie alles Liebesglück der Welt verdient!

 

Stattdessen war Kurasame längst wieder wer wusste schon wo, und der Brief, den er eigentlich jetzt gerade schon in der Hand halten sollte, befand sich immer noch in Sices Besitz.

Und Seven stand vor ihr.

Sah sie an, immer noch mit diesem verwirrt-überforderten Blick, den sie auf dem Gesicht spazieren trug, seit sie dem dämlichen Irrglauben erlegen war, der verdammte Brief wäre für sie.

Immerhin hatte sie aufgehört, vor sich hinzubrabbeln. Das hatte ja kein normaler Mensch aushalten können! Sice vor allem nicht, die ganz sicher kein Interesse an ihrem Gegenüber hatte. Sie stieß entnervt die Luft aus, öffnete den Mund, um noch einmal zu beteuern, dass das alles nur ein dummes, peinliches – und wie peinlich es war! – Missverständnis war, doch es schien überflüssig zu sein.

Bevor sie dazu kam, einen Ton von sich zu geben, fand Seven ihre Sprache wieder:

„Oh.“

Es war mehr ein Seufzen als ein tatsächliches Wort. Die Verwirrung aus ihrem Blick verschwand, wurde ersetzt durch die vertraute Ruhe, und noch einen Moment später zupfte tatsächlich ein Lächeln an ihren Lippen.

Sice konnte es einfach nicht fassen.

Gar nichts von dieser ganzen Sache.

 

„Ich hab mich schon gewundert“, murmelte sie kopfschüttelnd. Sie legte nachdenklich eine Hand an die Wange.

„Ich meine, das war so völlig aus dem Nichts… Ich kenne euch doch besser als das, dachte ich immer.“

„Tust du“, schnaubte Sice, absolut nicht überzeugt – sie hatte gesehen, wie gut Seven sie kannte, oh ja! Gar nicht nämlich, sonst hätte sie doch sofort geblickt, dass sie niemals einen Liebesbrief an sie schreiben würde!

Es war zum Aus-der-Haut-Fahren.

„Können wir das Thema einfach beenden?! Hier – wir haben das doch jetzt alles etabliert, oder? Der Brief ist nicht für dich, es betrifft dich nicht, und ich brauch übrigens auch keine tollen Ratschläge, danke.“

Bei Seven wusste man ja nie, auf was für Ideen sie noch so kam, nur weil sie glaubte, sie könnte vielleicht helfen.

Sice zweifelte an ihren Kompetenzen, nachdem ihre Menschenkenntnis sich vorhin schon so effektiv ins Aus geschossen hatte.

 

Immerhin, das musste sie Seven fast lassen: Sie merkte, wenn sie unerwünscht war.

„In Ordnung“, willigte sie mit einem kaum hörbaren Seufzen ein, nickte. Statt aber ihren Worten Taten folgen zu lassen und tatsächlich einfach zu gehen und zu tun, was auch immer sie eigentlich hatte tun wollen, bevor sie wie aus dem Nichts zwischen Kurasame und Sice aufgetaucht war, suchte sie nur wieder ihren Blick, eine Spur von Besorgnis in den Augen.

„Wenn du doch Hilfe brauchst–“

„Nein! Ich brauche keine Hilfe! Ich brauche einfach nur Ruhe, verdammt! Zieh Leine, damit ist mir schon genug geholfen!“

Seven stieß leise die Luft aus. Das Schlimmste daran war, dass es nicht einmal genervt klang.

Sice hatte lieber mit Leuten zu tun, die sich aus der Fassung bringen ließen.

 

Andererseits, Seven war ihr eindeutig nicht lieb, wenn sie aus der Fassung geriet. Es war gut, wie es war.

Wirklich.

Ehrlich.

 

„Mein Angebot steht jedenfalls“, bekräftigte sie noch einmal unbeirrbar, und dann – endlich! – wandte sie sich aber wirklich ab.

Sice knurrte. Sie konnte das nicht so stehen lassen!

 

„Ich verzichte dankend!“

„Du siehst zutiefst betrübt aus, Sice.“

Sice seufzte. Sie sparte es sich, auch nur hochzuschauen, sondern wedelte nur mit einer Hand, als könne sie Trey damit vertreiben wie eine lästige Fliege, die ihr ums Gesicht surrte.

„Zieh Leine, Streber, das geht dich überhaupt nichts an.“

 

Es waren die falschen Worte.

 

Eigentlich war es ihr schon bewusst in dem Moment, als sie ihr über die Lippen kamen, aber da war es auch schon zu spät: Trey, ganz wie gefürchtet, schluckte den Köder und ließ sich mit dieser schmierigen Eleganz, die sie noch nie hatte leiden können, auf einem Stuhl ihr gegenüber nieder.

Sie stöhnte, noch bevor er den Mund aufgemacht hatte; es war nicht, als müsste sie ihm wirklich erst zuhören, um zu wissen, dass sie unter seinem Gelaber leiden würde.

„Studien haben erwiesen, dass es gesünder ist, über seine Probleme zu sprechen. Du solltest dem Folge leisten: Weniger Stress erhöht die allgemeine Lebensqualität und verbessert das Ich-Gefühl. Das wurde belegt in der Studie von–“

Sice stöhnte gleich noch einmal gequält.

 

Sie wusste, sie war gefangen.

Ohren zuhalten? Half nicht.

Trey von seinen Vorträgen ablenken? Absolut unmöglich. Wenn dieser Idiot sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann – dann war es vorbei. Dann redete er. Und redete. Und redete. Und redete selbst dann noch, wenn jedem normalen Menschen längst die Worte und die Puste ausgegangen wären.

Sie konnte jetzt die nächsten Stunden damit leben, dass er ihr auf Schritt und Tritt folgen würde, bis er mit seinem Lament fertig war.

Oder…

Resigniert fiel ihr Kopf auf die Tischplatte. Der dumpfe Schmerz des Aufpralls war wie eine Erlösung

verglichen mit dem Leid, das Treys Geschwätz brachte.

 

„Hältst du die Schnauze, wenn ich es dir sage?“

 

Sie hatte ihn noch sie so schnell verstummen gehört.

 

 

 
 

***

 

 

 

Es war vielleicht nicht die ganze Wahrheit, die Sice am Ende erzählte.

 

„Ich hab nen Brief abgeben wollen. Ne ganz wichtige Sache. Mir ist Seven mitten reingestolpert, und jetzt hab ich keine Ahnung, wann ich nochmal ne Gelegenheit bekomme, um das Teil loszuwerden.“

Sie fand aber, es war eine gute gekürzte Version – etwas würdevoller als das, was tatsächlich passiert war vor allem, und Trey war der letzte Mensch in ganz Orience, vor dem sie sich freiwillig irgendeine Form von Blöße geben wollte.

Nicht, dass sie das überhaupt jemals tolerieren könnte, egal vor wem.

 

„Ah. Nun, das klingt doch gar nicht so dramatisch, Sice. Nein, warte. Ich verstehe natürlich, dass es dich unter Druck setzt, dass dein Plan nicht funktioniert hat. Es ist schon lange erwiesen, dass Menschen nicht gut auf spontane Änderungen in ihrem Tagesablauf reagieren. Wusstest du–?“

„Komm zum Punkt. Komm. Zum. Punkt.“

Hoffnungslos.

Trey plauderte einfach weiter, so als hätte er ihre Worte gar nicht gehört. Erzählte irgendetwas von psychologischen Studien, die er sich, Sices Meinung nach, genauso gut gerade aus dem Hut gezaubert haben könnte, als dass sie tatsächlich existierten, und nach dem dritten Fachwort, dessen Bedeutung sie nicht gegen Geld hätte nennen können, gab sie komplett auf, ihm folgen zu wollen.

 

So viel dazu, dass Trey die Fresse hielt, wenn sie ihm von ihren Problemen erzählte.

 

So viel zu der irrationalen, strunzdummen Hoffnung, dass Trey zur Abwechslung sogar mal etwas Sinnvolles mit seinem ach so klugen Schädel machen und ihr helfen würde.

Nein.

Er nutzte ihr Leid nur aus, um sich wieder einmal selbst reden zu hören. Wie immer.

Warum hatte sie sich überhaupt darauf eingelassen?

 

Ich hätte genauso gut Seven um Hilfe bitten können, dachte sie sich resigniert, während sie ihren Kopf über den Tisch rollen ließ.

Er hörte einfach nicht auf.

Inzwischen war er nicht einmal mehr bei Stress und unerwarteten Problemen und ihrer Wirkung auf das menschliche Wohlbefinden, sondern bei irgendeinem anderen Schwachsinn, von dem Sice noch nie gehört hatte und auch nie hören wollte.

Womit habe ich das verdient?

Ist es wirklich so verwerflich, dass ich auch ein Mensch mit Gefühlen bin?!

Sie hatte sich den falschen Typen ausgesucht. Den falschen Typen, um mit ihm zu reden. Den falschen Typen, um sich zu verknallen.

Warum musste Kurasame auch fast immer von einer Traube giggelnder Mädchen umgeben sein?

Warum konnte der Kerl nicht irgendeinen Lieblingsplatz auf dem Akademiegelände haben, auf dem er gut erreichbar war?

Warum konnte er nicht irgendeinen Freund haben, der nicht auf irgendeine Art creepy war, dem man den Brief zustecken könnte?

 

Warum konnte er nicht einfach von sich aus auf Sice zugehen.

 

„–ne bescheidene Meinung hören willst–“ – Nein, wollte sie nicht, aber es war nicht, als ob sie eine Wahl hätte – „–dann solltest du versuchen, den Stress in deinem Alltag zu reduzieren. Eigne dir tägliche Rituale an. Konstanten helfen dabei, sich wohl und sicher zu fühlen. Du wirst merken, dass du dich innerhalb kürzester Zeit wie ein neuer Mensch fühlen wirst. Und versuche es mit Lavendel vor dem Einschlafen.“

Weil das so sehr helfen würde. Sie stieß genervt die Luft aus.

„Hör zu, Streber.“

Als ob er das könnte.

Aber tatsächlich hielt Trey gerade wirklich in seinem Gelaber inne, wenn auch wohl kaum, weil er sich für ihre Meinung interessierte, sondern viel mehr deshalb, weil er garantiert irgendeine Form von Lob oder Anerkennung für seinen Müll erwartete.

Er grinste schon so.

Beim Kristall, sie wollte ihm so gerne einfach ins Gesicht schlagen.

Aber hart.

„Das hilft mir nicht. Ich will nen Brief loswerden, keine Stressfalten vermeiden.“

Doch, wollte sie natürlich – aber dabei half Trey noch weniger als bei ihrem Briefproblem.

 

Für einen Moment war Trey still. Dann sah er sie an, schüttelte seufzend den Kopf und fasste sich in einer geradezu tragischen Geste an die Stirn.

„Warum hast du das denn nicht gleich gesagt?“

„DAS HABE ICH, VERDAMMT NOCHMAL!“

Und dann hatte dieser Mistkerl sie nicht mehr zu Wort kommen lassen. Das war absolut nicht ihre Schuld!

Ein Schlag reichte so langsam nicht mehr.

Eine ganze Prügelei. Ein Schulpult im Gesicht. Irgendetwas in der Richtung.

Wo war der verdammte Kaktor, wenn man ihn mal brauchte? Der würde sich auch gut in Treys Visage machen – und wo er so ein Fan von stresshemmendem Zeug war, Akupunktur fände er doch sicherlich auch super.

Da waren tausend Nadeln gerade gut genug.

 

„Wohlan. Wenn es dir so wichtig ist, den Brief persönlich zu überbringen, solltest du erst einmal in Erfahrung bringen, wie du den Empfänger am besten erreichen kannst. Es ist nicht zielführend, wenn du darauf hoffst, ihm einfach auf dem Gang zu begegnen.“

Ach nein. Hätte ich ja gar nicht gedacht.

Auch, wenn sie nicht viel an anderer Wahl hatte. Nach dem Unterricht konnte sie ihm den Brief sicher nicht geben! Viel zu peinlich – und es waren viel zu viele Leute in der Nähe, die sie dabei sehen könnten, und von denen sie nicht gesehen werden wollte.

 

Cinque würde es der ganzen Schule erzählen.

Jack auch.

Queen würde ewig süffisant darüber grinsen, dass sie dieses Geheimnis kannte – um es auszuplaudern, sobald es irgendwann einmal Thema wurde. Sie mochte ja sonst noch so vernünftig sein, aber in Punkto Liebestratsch war sie genauso schlimm wie jedes andere Weib.

Nein.

Konnte sie nicht riskieren. Wollte sie nicht riskieren.

Würde sie nicht riskieren.

 

„Um wen handelt es sich überhaupt?“

Sice seufzte.

„Einen Lehrer“, kommentierte sie nichtssagend. Trey gab ein langgezogenes, nachdenkliches Brummen von sich. Sie war sich sicher, er tat es nur, weil er seine Stimme so gern hörte.

„Es würde sich natürlich anbieten, seinen Klassenraum aufzusuchen. Ich gehe aber davon aus, dass das wohl keine Möglichkeit ist, sonst hättest du das längst getan – und sehr wahrscheinlich Erfolg damit gehabt.“

Sie nickte zerknirscht.

„Und was ist mit anderen Orten, an denen er sich oft aufhält? Sicherlich hat diese Lehrperson auch private Rückzugsorte… Davon bietet Akademia schließlich ein regelrechtes Übermaß. Bei dem Thema fällt mir ein–“

 

Es war der Moment, in dem Sice sich wieder ausklinkte.

Es half nicht. Trey half nicht. Er redete nur ein unendliches Maß an unnützem Blödsinn, der sie im Leben nicht interessierte, kam ständig vom Thema ab, und alles, was er erreichte, war, dass Sice sich in den buntesten Farben vorstellte, wie es wäre, ihn mit dem Gesicht voran ins nächste Schulpult zu drücken.

Oder gegen die Tafel.

Den Fußboden.

Den Kaktor.

Vor allem den Kaktor.

Vielleicht brauchte sie aber eher auch einen ganzen Behemoth, um mit diesem Typen fertig zu werden. Oder einen Bomber, den sie ihm hinten in den Kragen stopfen konnte…

Verzweifelt vergrub sie das Gesicht in den Händen, erstickte so zumindest ein bisschen ihren wütenden Schrei.

Es störte Trey nicht.

Wie er einfach ohne Punkt und Komma weiterschwafeln konnte, während neben ihm gerade der letzte Funke gesunder Menschenverstand erlosch – seinetwegen! –, war ihr einfach schleierhaft.

Dieser ganze Kerl und sein aufgeblasenes Besserwisserego waren ihr absolut schleierhaft.

 

Schlimmer als Aces Vorliebe für diese dämlichen Flauschvögel.

Oder Jacks hirnlos schlechte Ideen für Bandnamen.

Kings Frisur.

Nines gnadenlos schlechte Noten, obwohl er die besten Nachhilfelehrer überhaupt zur Hand hatte.

Alles.

 

„–spielsweise Kurasame seine Freizeit gerne auf einer der Himmelsterrassen der Akademie.“

Sice rumpelte ruckartig aus ihrer halb auf dem Tisch liegenden Position auf.

„Was hast du gerade gesagt?!“

„Ich sagte“, begann Trey, und allein sein Tonfall ließ wieder Wut in ihr aufkochen, nachdem die gerade erst verraucht war, „dass die meisten Lehrer bekanntermaßen den Großteil ihrer Freizeit auf dem Akademiegelände verbringen. Wie du wissen dürftest, ist das Schulpersonal hier genauso untergebracht wie die Schüler selbst. Selbst in der Schulordnung ist vermerkt–“

„BEIM KRISTALL, KOMM ZUM PUNKT!!!“

„Wenn du mich einmal ausreden lassen würdest, dann könnte ich das auch tun, Sice!“

Sice schnaubte.

„Ich habe dich die ganze Zeit ausreden lassen, du aufgeblasener Schwachkopf! Und ich habe nichts davon gehabt. Nichts! Jetzt ist endlich mal genug mit deinem Gelaber! Sag mir einfach, was zum Henker du gerade wegen Kurasame gesagt hast und dann verschwinde!“

 

Stille.

Wohltuende, allumfassende Stille, in der Sice sich endlich zur Abwechslung wieder einmal selbst denken hören konnte.

Schwer atmend ließ sie sich auf ihrem Stuhl zurückfallen, kippte den Kopf in den Nacken.

Ich will nicht mehr.

Ich geb auf.

Alles, um diese Folter loszuwerden.

„Du hättest einfach sofort sagen sollen, dass du Kurasame suchst“, erwiderte Trey schließlich aber doch mit einem Kopfschütteln. Er fuhr sich mit einer Hand über die Stirn und sah schon wieder so tragisch aus, als hätte sie gerade seinen wunderbaren Intellekt verschmäht.

Okay. Hatte sie. Das war aber kein Grund, sich aufzuplustern, fand sie.

„Er ist in seiner Freizeit oft auf den Himmelsterrassen der Akademie. Vor allem die Nordseite scheint es ihm angetan zu haben.“

Die Ecken, die den Schülern oft zu schattig und zu trist waren. Weniger Leute, die nerven konnten.

 

Sice konnte ihn so sehr verstehen.

 

Ein Seufzen aus Treys Richtung unterbrach ihre Gedanken beinahe augenblicklich wieder.

„Ich würde das Thema nun zu gerne noch vertiefen, aber ich muss jetzt los.“

Und er hatte ernsthaft die Kaltschnäuzigkeit, dabei bedauernd zu klingen.

Nicht nur ein Behemoth. Eine ganze Herde.

„Ich bin nach der Bandprobe aber gerne wieder da, um mir deinen Kummer anzuhören.“

Für einen Moment war Sice so perplex, dass sie kein Wort herausbekam. Sie konnte nur zusehen, wie Trey davonstolzierte, selbstüberzeugt wie eh und je.

Als sie sich endlich wieder unter Kontrolle hatte, warf sie ihr Federmäppchen nach ihm, auch wenn es längst zu spät war, um noch zu treffen. Es prallte klatschend an der wieder ins Schloss gefallenen Klassenzimmertür ab und fiel zu Boden.

 

„NUR ÜBER MEINE LEICHE!!!“

 

 

 
 

***

 

 

 

Dieses Mal würde es klappen.

Dieses Mal musste es klappen.

 

Sice stand vor dem Torbogen, der hinaus zur Terrasse führte und versuchte, das heftige Herzklopfen zu ignorieren, ihren nervösen Magen – alles.

Immerhin hatte sie Glück.

Bei so gutem Wetter kam niemand auf die Idee, sich irgendwo in den Schatten zu verstecken; so ziemlich die gesamte Schülerschaft fläzte irgendwo draußen in der Sonne herum. Sie hatte es mit eigenen Augen gesehen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sie jetzt in irgendein Fettnäpfchen treten würde, war verschwindend gering. Inexistent, könnte man sagen.

Sie holte tief, bebend Luft.

 

Keine Panik. Du hast schon Schlimmeres durchgestanden. Du hast Trey überlebt. Und jetzt sieh, wie weit es dich gebracht hat.

 

Sie konnte Kurasame in Begleitung seines Tonberry schon von ihrer Position aus sehen, wenn sie hinauslugte.

Er war wirklich da. Ohne lästige Mädchentraube. Ohne belebten Schulflur, auf dem alle Nase lang jemand dazwischenrennen konnte. Sie hörte auch keine Stimmen – es war also unwahrscheinlich, dass da noch jemand dort draußen war und die Ruhe des Nachmittags genoss.

Das hier war ihre Chance.

 

Es war nur traurig, dass sie das allen Ernstes Trey zu verdanken hatte.

 

Noch ein letztes Mal atmete sie tief durch, dann setzte sie sich in Bewegung, trat mutig hinaus in die warme Sommerluft.

Entspannt bleiben. Selbstbewusst. Sie wollte nicht herumstammeln vor ihm. Ihr Blick fixierte nur ihn, seinen Hinterkopf, die breiten Schultern. Die atemberaubende Aussicht über die Welt, die man von hier oben aus hatte? Unwichtig.

Alles war unwichtig gerade außer Kurasame.

In Reichweite blieb sie stehen, räusperte sich vernehmlich. Hielt den Brief von sich gestreckt zu ihm hin in der sicheren Erwartung, dass er sich herumdrehen würde, ihn sehen, und ihn dann auch entgegennehmen. Kurasame mochte von vielen als unnahbar bezeichnet werden, aber sie war sich sicher, dass auch Unnahbarkeit Grenzen hatte.

Niemand schlug Liebesbriefe aus.

„…“

Stille. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass er sich tatsächlich herumgedreht hatte, doch jetzt stand er nur da und schwieg. Sice schluckte hart.

„Der ist–“

für Sie, aber auf halbem Weg zum Mund verlor sie die Worte wieder, und ehe sie sie wiederfand, schwebte Kurasames schwarz behandschuhte Hand in ihr Blickfeld. Kräftige Finger schlossen sich um den Brief.

Sice blieb das Herz stehen, ihre Augen wurden groß.

 

„Der ist wohl für dich.“

 

„Eh?“

Halt. Moment.

Was?!

Verständnislos ruckte Sices Kopf hoch, und sie betrachtete fassungslos die Szene, die sich vor ihr abspielte: Kurasame hatte ihren Liebesbrief angenommen.

Aber nicht, um ihn selbst zu lesen.

Er hatte nicht einmal begriffen, dass er für ihn war.

 

Jetzt war der hübsche Umschlag nicht mehr in seinen Händen, sondern wurde von einer mehr mitleidig als verwirrt aussehenden Seven gehalten, die von der Situation am Ende genauso überrumpelt war wie Sice.

Zumindest bekam sie den Mund genauso wenig auf.

 

„Ich sollte jetzt gehen.“

 

Was auch immer Kurasame in das allgemeine Schweigen hineininterpretierte, es war falsch! Sice sah verzweifelt zu ihm hinauf, aber – zu spät. Er marschierte längst zurück ins Gebäude, sein Tonberry wackelte eifrig an seiner Seite neben ihm her.

„Ich fass das nicht“, murmelte sie, ihre Stimme zitterte an der Grenze zur Hysterie.

„Ich fass das nicht!“

 

Wieso? Womit hatte sie das verdient?

Das war, verdammt nochmal, nicht fair!

Mit einem Schrei der Verzweiflung warf sie die Hände in die Luft, nur um sie dann resigniert und ruckartig wieder fallen zu lassen. Sie verließ gerade alle Kraft.

„Sice. Setz dich kurz.“

Sie gehorchte, wenn auch nur, weil ihr die Energie zum Widerstand fehlte. Stundenlang hatte sie sich von Trey bequatschen lassen. Sie hatte sich seinen Schwachsinn angehört, um es bis hierher zu schaffen.

Und was hatte sie davon?

Nichts.

Die Erkenntnis, dass Kurasame ihren ersten, missglückten Auslieferungsversuch des Briefs viel zu gut mitbekommen hatte.

Und falsch interpretiert hatte.

Seven setzte sich neben sie, legte tröstend einen Arm um ihre Schultern. Der Brief landete behutsam in Sices Schoß.

 

„Entschuldige. Ich habe es dir wieder vermasselt.“

„Ja verdammt, hast du!“

Sice stöhnte verzweifelt, raufte sich durchs Haar. Sie verspürte das dringende Bedürfnis, irgendjemandem an die Gurgel zu gehen, und gleichzeitig fühlte sie sich einfach nur noch resigniert und müde. Mit einem weiteren unseligen Laut ließ sie den Kopf hängen.

„Was musst du auch unbedingt hier herumhängen?“

Ihre Gesellschaft ließ sich von ihrer Laune überhaupt nicht aus dem Takt bringen. Seven blieb ruhig, blieb gefasst. Ihr Blick war hinaus ins Nirgendwo gerichtet.

„Es ist hübsch. Ich mag die Aussicht. Und manchmal tut die Ruhe ganz gut.“

„Die Aussicht ist doch überall die Gleiche“, murrte Sice, „Du hättest dir ne andere Terrasse als Kurasame aussuchen sollen!“

 

Irgendwo war ihr selbst bewusst, wie dämlich der Vorwurf eigentlich war. Wenn sie einen halben Moment länger darüber nachdachte, dann war es überdeutlich, dass nicht Seven Schuld an ihren Dilemmata trug, sondern – sie selbst.

Sie hatte es bisher jedes Mal verbockt, weil sie nicht gut genug aufgepasst hatte, was in ihrer Umgebung vor sich ging.

Aber sie wollte nicht fair sein.

Sie wollte lieber ihren Frust loswerden, und nicht einmal dazu fiel ihr etwas ein. Nine. Sie konnte sich sicher eine Runde mit Nine prügeln. Der Trottel ließ sich doch von jedem Schwachsinn provozieren.

 

„Weißt du, Sice…“

Weiter kam Seven nicht, da schüttelte Sice schon heftig den Kopf.

„Nein. Nein, ich will es nicht hören. Ich hab für heute genug von guten Ratschlägen. Ich hab mir stundenlang Treys sinnloses Geschwafel anhören dürfen, um überhaupt mal herauszufinden, dass Kurasame hier rumhängt! Und der Kerl besitzt auch noch die Kaltschnäuzigkeit, mich anzumaulen, dass ich ihn ja nicht ausreden lassen würde! Ich hab sowas von genug von guten Ratschlägen, das kannst du dir gar nicht vorstellen!“

„Dann eben anders.“

Es machte sie rasend, wie überhaupt nicht Seven sich aus der Ruhe bringen ließ von allem. Sie sollte sich ruhig etwas schuldiger fühlen!

Sie hätte auch gern einen sinnvollen Ratschlag haben dürfen, aber nicht jetzt. Vielleicht auch eher nie. Es war nicht, als bräuchte Sice das wirklich.

Sie brauchte nur endlich mal eine Situation, in der sie niemand boykottierte! Wenn das so weiterging, hatte sie ihren Schulabschluss schon zwanzig Mal in der Tasche, bevor dieser Brief endlich seinen wirklichen Empfänger fand!

 

Mitten in ihre stille Litanei hinein stand Seven auf, griff einfach nach ihrer Hand, um sie ebenfalls hochzuziehen.

„H-hey!“ – „Komm mit.“

Sie wollte protestieren, schüttelte schlussendlich aber nur den Kopf und erhob sich, um zu folgen. Seven führte sie bis an die Brüstung der Terrasse.

„Die Aussicht ist überall anders“, erklärte sie leise, beinahe andächtig.

„Und diese hier ist mir die Liebste. Sieh hin.“

 

Sice hätte es aus Prinzip am liebsten gelassen – Ablenkung von ihrem Leid klang aber gut, also hob sie den Blick doch von dem Brief, den sie gerade noch angestarrt hatte.

Sie wusste, dass einige der Terrassen hinaus aufs Meer blickten. Dass sie sich also mit einem Teppich aus ewig weitem Blau konfrontiert sah, erstaunte sie nicht im Geringsten. Was dafür umso faszinierender war, waren die Landmassen, die sich in östlicher Richtung vor ihr erstreckten, bis sie sich irgendwann ein der Ferne verloren.

So einen klaren Blick auf die Grenze zwischen Land und Meer zu haben, war atemberaubend. Sah sie nach Westen, verlor die ganze Welt sich in tiefem Blau. Sah sie nach Osten, sah sie Rubrum, das sich aus dem Meer erhob, sah Land, das sich bis in die Unendlichkeit zu erstrecken schien.

Und von all dem war sie so weit entfernt, dass es absolut still wirkte.

Von hier oben sah man den ewigen Gang von Ebbe und Flut nicht. Man hörte das Rauschen des Wassers nicht. Selbst die salzige Seeluft schien mehr ein halbvergessener Nachhall zu sein.

Es war–

„–beruhigend, nicht wahr?“, fragte Seven sanft.

„Hier wirkt alles so grenzenlos. Das Land, in dem wir leben. Das Meer. Als könnte alles einfach ewig weitergehen und würde nie aufhören.“

 

Sevens Lächeln hatte etwas Seltsames an sich. Unlesbar. Wie dieses Gemälde, von dem sie irgendwann im Unterricht einmal gehört hatte, dessen Gesichtsausdruck auch über Jahrhunderte hinweg von niemandem hatte entziffert werden können.

Sice schüttelte den Kopf.

„Du übertreibst.“

„Vielleicht.“

„… Aber es ist wirklich entspannend.“

 

Auf lange Sicht war vor allem entspannend, dass Seven, im Gegensatz zu manch anderem ihrer Klassenkameraden, wirklich den Mund halten konnte, wenn es angebracht war.

So war es erträglich, einfach hier zu stehen, hinaus auf die Welt zu schauen, zuzusehen, wie sich nach und nach der Himmel dunkler färbte, bis die ersten Sterne im schwindenden Tageslicht sichtbar wurden.

 

Vielleicht wäre es auch länger erträglich gewesen, wenn Sice nicht langsam Hunger bekäme. Mitten in die Stille hinein seufzte sie herzhaft, streckte sich – und merkte erst jetzt so recht, dass sie immer noch wie zwei kleine Mädchen auf dem Weg zum Klo Händchen gehalten hatten.

Wie dumm.

„Okay. Genug von dem Kitsch. Ich brauch ein Abendessen und ne Prügelei.“

Seven neben ihr lachte leise.

„Zum Abendessen komme ich mit. Sei so gut und prügel dich nicht zu sehr, du kennst die Schulordnung.“

 

Und wie Sice sie kannte. Sie hatte oft genug Nachsitzen wegen dem Drecksstück von Papier.

 

Sie schwieg die Mahnung aus, wandte sich ab und trottete los. Zurück in die Akademie, raus aus der Ewigkeit und hinein in den Alltag. Ein paar Schritte später hielt sie aber doch noch einmal inne, warf einen stirnrunzelnden Blick zu Seven hinüber.

„Was war das vorhin eigentlich für ein schlauer Ratschlag?“

 

„Sag es ihm. Ich habe nicht den Eindruck, dass Kurasame ein Mann ist, der es wertschätzt, wenn man ihm seine Gefühle nicht einmal ins Gesicht sagen kann.“

 

„Das sagst du so leicht!“

„Duuu, Sice? Siiiiiiiiice~! Siceysice!“

 

„Was willst du?!“

„Hehe~“

Cinque grinste wie der Sonnenschein persönlich, während sie vor Sices Pult stand und fröhlich hin und her wackelte.

„Also weiiiiiiißt du… Ich hab da was gehört! Mh-hm! Von Cater.“

„Hey, lass mich aus dem Spiel!“, rief es vom vorderen Teil des Klassenzimmers aus, wo Cater gerade dabei war, die Tafel zu putzen. Die Schmiereien, die Jack und Nine dort in einem Zeichenwettbewerb hinterlassen hatten, waren noch halb zu sehen.

Sie waren alle beide grauenhaft schlecht gewesen – wobei Sice sich nicht sicher war, ob Jack das nicht mit voller Absicht gemacht hatte. Er schien seine krüppligen Strichmännchen und absolut nicht erkennbaren Monster zum Brüllen lustig zu finden.

Allem Gelächter nach zu urteilen hatte ein guter Teil der Klasse das ähnlich gesehen.

Sie nicht.

 

Sie war aber auch anderweitig beschäftigt gewesen.

 

Mit dem Liebesbrief in ihrer Schultasche, von dem sie einsehen musste, dass er wohl seinen Zweck verfehlt hatte und sie ihn genauso gut entsorgen konnte.

Irgendwo, wo ihn niemals jemand fand. Vielleicht verbrennen.

Denn so ungern sie das einsah, vermutlich hatte Seven recht – sie musste mit Kurasame sprechen, wenn sie auch nur den Hauch einer Chance bei ihm haben wollte.

Sie würde mit ihm sprechen.

Nur war das Ganze einfach immer noch viel leichter gesagt, als getan.

 

Sie hatte keine Ahnung, wie.

Wann.

Wo.

Zu welcher Gelegenheit.

Mit welchen Worten.

 

„Siiiiiiiiiice!“

Cinques Quengeln unterbrach ihre Gedanken. Mit einem desinteressierten Heben ihrer Augenbraue stützte sie das Kinn auf die Handfläche. Hey, wenn das Mädel reden wollte, sollte sie gefälligst reden. Sie brauchte mal gar nicht zu erwarten, dass Sice ihr irgendetwas aus der Nase zog!

Aber genau das schien sie zu erwarten, denn sie sprach nicht weiter, sondern stand nur ungeduldig da, drückte die Fingerspitzen in einem unregelmäßigen Takt aneinander und schwenkte ihren Oberkörper hin und her.

Immerhin war sie still.

Noch.

Sice wusste, dass Cinque sich genauso wenig abwimmeln ließ wie Trey. So grundverschieden die beiden auch waren, darin waren sie sich viel zu ähnlich – und beide viel zu nervig.

„Sice!“

Da. Da war es wieder. Gleich würde sie gar nicht mehr aufhören damit, ihren armen Namen auf die schrecklichste Art zu verunstalten und zu jammern, bis Sice ihn gar nicht mehr hören konnte und die nächsten fünf Tage das Bedürfnis haben würde, jeden zu meucheln, der sie rief.

„Siiiiicey…“

„Was, verdammt?! Sprich, wenn du was zu sagen hast, oder zieh Leine und lass mich in Frieden!“

 

Cinque verzog das Gesicht zu einer Schmollschnute, während sie träge hin und her schwankte, wie ein Fahnenmast im Wind.

„Hättest du mir zugehört, dann wüsstest du, was ich will…“

Sice schnaubte entnervt. Wenn sie nicht strenggenommen gerade Unterricht hätte – und auch ein eigenständiges Lernen ohne Lehrbegleitung wurde als solcher gewertet. Wenn sie jetzt draußen auf dem Gang erwischt wurde, sie wäre sowas von mit Nachsitzen gestraft –, dann würde sie einfach abmarschieren.

Aber so hatte sie keine Wahl.

Und bevor Cinque nachher einen ganz kleinkindlichen Wutanfall hatte, der noch die restliche Aufmerksamkeit all ihrer Klassenkameraden auf sie zog…

Sie seufzte geschlagen.

„Du hast was gehört? Na und? Ich hör täglich ne ganze Menge Schwachsinn.“

So wenig sie überhaupt mehr hören wollte, sie machte schon einmal eine mentale Notiz, Cater für den Tratsch zu verprügeln.

 

„Also. Cater hat gesagt–“ – „Cinque! Lass mich gefälligst da raus! Das war so nicht abgesprochen, du olle Petze!“

Sice sah schon den Tafelschwamm fliegen, doch irgendwas – Kings mahnender Blick, Queens Räuspern, oder auch nur Aces blanke Anwesenheit – hielt Cater schlussendlich doch davon ab und sie wandte sich mit einem beleidigten Schnaufen wieder ihrer Arbeit zu.

Cinque grinste unbekümmert.

Sie hatte viel zu viel Spaß. Verdammte Unruhestifterin.

Was hat Cater nun gesagt?“

„Gar nichts hab ich gesagt! Das ist auf Cinques Mist gewachsen!“

„Was auch immer“, murmelte Sice, machte eine wegwerfende Geste. War es nicht am Ende auch egal, wer jetzt genau welchen Mist verzapft hatte? Sie würde ihre schlechte Laune sowieso an jedem auslassen, der ihr zu nahe kam, egal, ob schuldig oder nicht.

„Sie hat gesaaaaaaaaaagt“, begann Cinque, und sie hibbelte immer noch vor dem Pult herum. Ihr unschuldiges Gesicht täuschte absolut nicht über den Schalk hinweg, der in ihren Augen blitzte, „dass Sice und Seven draußen auf der Terrasse Händchen gehalten haben.“

 

Sie würde Cater definitiv verprügeln.

 

„Und dann hat Queen gesagt–“ – „Cinque! Ich habe gar nichts gesagt! Ich habe lediglich eine Theorie aufgestellt.“

„Queen hat dann also gesagt“, fuhr sie einfach unbeirrt fort, jeden Einwurf ignorierend. Sie verschränkte die Hände hinter ihrem Rücken und lehnte sich vor, bis ihre langen Ringellocken beinahe Sices Nase kitzelten.

Wie einfach es wäre, sie an diesen ollen Haaren zu packen und mal gepflegt–

„Dass sowas nur Pärchen machen. Seid ihr jetzt ein Paaaaaaaar?“

 

„NEIN!“

 

Dass ihre Empörung missverständlich sein könnte, merkte Sice erst, als sich sämtliche Augenpaare in der Klasse zu ihr wandten. Zweifelnd. Skeptisch. Spöttisch. Sogar Nine grinste dämlich.

„Weißt schon, je mehr du’s verleugnest, desto wahrer isses!“, lachte er dreist. Dass der Gedanke leider nicht nur seinem Erbsenhirn entsprungen war, sondern auch den Anderen gekommen war, machte die ganze Sache dazu auch noch viel, viel schlimmer.

 

Mit Nines Blödheit konnte sie leben.

Der Trottel hätte die ganze Sache morgen eh wieder vergessen. Oder eher, in fünf Minuten.

Aber Jack, der Mistclown, der merkte sich alles, womit er noch einen dummen Scherz machen konnte.

Queen merkte es sich. King würde es sich merken, um ihr besorgt zur Seite zu stehen, wenn sie das brauchte – was sie nicht tat, danke auch!

Eight würde es sich merken. Grundlos, außer, sie ärgerte ihn zu sehr, dann wusste sie jetzt schon, was zurückkommen würde.

Deuce würde es sich merken. Alte Tratschtante. Und dann würden sie und Cinque und Cater und Queen das verdammte Thema wieder und wieder aufwärmen, weil irgendeine von ihnen sicher wieder darauf zurückkam.

Trey. Beim Kristall, von Trey wollte sie gar nicht erst anfangen. Trotzdem sah sie zu ihm hinüber, und sie sah, wie es in seinem verdammten Streberhirn arbeitete, wie er die nächste unnötig lange Laberei vorbereitete.

Vielleicht würde sie doch einfach abmarschieren.

 

Es war zum Kotzen.

 

„Muss ich euch wirklich daran erinnern, wer hier alles schon Händchenhalten mit mir hinter sich hat?“

 

Sevens Einmischung kam unerwartet – aber nicht unerwünscht. Sice warf ihr einen kurzen, beinahe dankbaren Blick zu. Wie sie da auf ihrem Pult saß, die Beine überschlagen, selbstbewusst und die Ruhe in Person, sah sie als einzige in diesem Raum noch aus, als wäre sie tatsächlich Herrin der Lage.

„Cinque, du alleine hältst doch gern Händchen.“

„Ja aaaaaaaber…“

Ihre Enttäuschung, dass ihr wunderschöner Tratsch gerade wegrationalisiert wurde, war beinahe greifbar.

„Und Cater, was war denn letztes, als du nach der Übernachtungsparty nachts ins Bad musstest?“

Caters Blick entgleiste. Jack grinste. Sice war einfach nur erleichtert, dass der Troll ein anderes Opfer gefunden hatte als sie selbst – und ein bisschen schadenfroh. Vielleicht würde sie sich die Sache mit Cater und Gruselgeschichten und nächtlichen Klogängen auch merken.

„Nine, deine letzte Erkältung.“ – „D-das war total was anderes, Mann!“, protestierte er, im gleichen Moment, in dem aus Eights Richtung ein verdächtiges Husten kam, das verblüffend nach Männerschnupfen klang.

Seven hob nur die Augenbrauen. Sie sah Nine einen langen Moment an, als wollte sie sagen Soll ich weitermachen?, dann wandte sie sich mit genau dem gleichen Blick auch an die Anderen.

 

Es folgte Stille.

Wohltuende, wunderbare Stille, in der Nine sich brummend abwandte, Queen zu ihrem Wälzer zurückkehrte, und Eight Jack einen Schlag auf den Hinterkopf verpasste für sein dummes Grinsen, das von irgendeinem Geheimnis erzählte, das Sice nicht verstand – Eight dafür, offensichtlich, umso besser.

Danke, formte sie wortlos in Sevens Richtung. Das Mädchen schüttelte mit einem sanften Lächeln den Kopf, ehe sie sich selbst wieder abwandte, um was auch immer zu tun. So genau sah Sice dann auch wieder nicht hin.

Lieber funkelte sie Cinque an, die immer noch vor ihrem Pult stand und herumwippte, so enttäuscht, dass sie beinahe schon aussah, als würde sie in Tränen ausbrechen.

„Aber…“

„Kein. Aber. Du hast Seven gehört. Hör endlich auf zu nerven und geh irgendwas Nützliches tun! Wir haben Schularbeiten bekommen, schon vergessen?!“

Auch wenn hier fast niemand seine Schularbeiten machte; die Streber waren schon fertig, und alle anderen hatten gar nicht erst angefangen. Wozu auch? Kontrolliert wurde es sowieso nicht, und für die Prüfungen pauken konnte man bekanntermaßen doch wunderbar auch erst am Abend vorher.

Länger blieb der Schulstoff zumindest bei Sice eh nicht hängen.

Cinque ließ extra geknickt den Kopf hängen.

„Aber Cinque will keine Schularbeiten machen…“

„Dann mach was anderes“, seufzte sie entnervt, „Geh was an die Tafel malen, jetzt wo die wieder sauber ist.“

Cater, die noch den Rest der Woche den Tafeldienst übernehmen durfte, sah so sehr nach Protest aus, dass Sice gehässig grinsen musste. Natürlich protestierte sie nicht.

 

Ihr war gut genug bewusst, dass das noch eine verdammt glimpfliche Rache für ihren Mist war.

 

Und der Vorschlag half – wahrscheinlich auch deshalb, weil Cinque damit noch ein bisschen mehr Ärger machen konnte. Sie nickte nach einem kurzen Moment, und all die Tragik in ihrem Blick wich dem üblichen Kleinmädchenschalk.

„Okay! Ich geh jetzt einen Nine malen!“

„Oi!!! Lass das, Weib, du kannst das gar nicht!“

„Kann ich wooooooohl~ Ace sagt, ich male den besten Nine!“

 

„Aber um auf ein anderes Thema zurückzukommen“, begann Cater plötzlich, als sie sich von der Tafel abwandte, um Cinque und ihrem künstlerischen Ausbruch Platz zu machen, „Für wen war der Liebesbrief denn dann?“

„Liebesbrief?“

 

So viel zur Ruhe. Sices Kopf fiel geschlagen auf ihren Tisch.

„Könnt ihr nicht einfach alle die Fresse halten?“

„Nein. Wir wollen dir doch nur helfen.“

Sie glaubte Queen kein Wort.

Immerhin aber – die Sache war einfach. Sie musste die Idioten, ihre Spekulationen und dummen Ideen einfach nur ignorieren, dann hatte sie Frieden. Niemand würde es erraten, Seven würde sie nicht verpetzen, und irgendwie würde sie das bis zum Ende der Doppelstunde überleben.

Und dann würde sie Cater verprügeln. Sie würde Cinque Trey auf den Hals hetzen – die Nachhilfe konnte sie immerhin brauchen. Sie meinte es ja nur gut –, und dann würde sie einfach nur darauf warten, dass das ganze Thema irgendwo versumpfte.

Notfalls würde sie nachhelfen.

Sie war zwar gar kein Fan von Klatsch und Tratsch, aber diese Schule warf genug ab, um etwas zu finden, das ihre dämlichen Klassenkameraden davon abhielt, weiter darauf herumzuhacken, in wen sie denn verschossen war.

Es war okay. Unbeantwortbare Fragen verloren schnell ihren Reiz, das wusste sie aus Erfahrung mit diesen Deppen.

 

Alles besser, als dass man ihr eine Beziehung andichtete. Sie brauchte es nicht, dass dieses Gerücht die Runde machte und Kurasame in seinem Irrglauben bestärkte.

 

„…aha. Jetzt verstehe ich. Das hat es also mit dem wichtigen Brief auf sich.“

 

Sie war nicht schnell genug, um Trey den Hals umzudrehen. Sie war gerade einmal aufgesprungen, um zu ihm hinüber zu hechten, da hatte der verdammte Dreckskerl schon weitergesprochen:

„Es muss Kurasame sein, zweifelsohne.“

Sie wollte protestieren.

Sie konnte nicht. So sehr sie es zu verhindern versuchte, ihr Gesicht entgleiste trotzdem verräterisch. Hilflos öffnete sie den Mund, ließ es dann aber doch bleiben.

Fiel energielos zurück auf ihren Stuhl.

„Ich gebe auf.“

Es war vorbei.

Konnte sie nicht einfach jemand begraben? Warum hatte niemand Gnade mit ihr?

Weil ihre Klasse ein Haufen mieser Sadisten war.

So verdammt mies, dass es am Ende King war. King, der die ganze Bande unter Kontrolle halten sollte, so als Ältester unter den Jungs. Sie zu Vernunft mahnen. All die guten Dinge eben.

Aber er tat es nicht.

Stattdessen verbrüderte er sich mit den Anderen, sah Sice mit einem mitfühlenden Blick an und sprach die Worte, die sie nicht hören wollte:

 

„Keine Sorge, wir helfen dir.“

 

 

 
 

***

 

 

 

„Wir könnten es einfach auf die Tafel schreiben“, schlug Cinque in einem munteren, nachdenklichen Singsang vor. Wie um ihre Worte zu illustrieren, malte sie ein großes Herz mitten auf die Tafel und schrieb in sauberer Mädchenschrift, die ihr in Klassenarbeiten immer abhandenkam, Sice + Kurasame hinein.

„Abgelehnt!“, erwiderte Cater heftig, „Da merk ja sogar ich, dass die Idee nicht taugt! Nein nein, sowas funktioniert nicht. Viel zu kindisch.“

„Oooooch. Ich würde es mögen…“

Genau das ist ja das Problem, Cinque.

 

Es war so dämlich. Sice konnte immer noch nicht recht fassen, dass ihre Klassenkameraden wirklich beschlossen hatten, ihr helfen zu wollen.

Oder so etwas Ähnliches zumindest – von Wollen konnte noch lange nicht bei jedem die Rede sein. Eight sah nicht aus, als wäre er begeistert von der ganzen Situation.

Nine konnte sich ganz offensichtlich auch Schöneres vorstellen, als hier herumzuhängen.

„Ich denke, wir können uns einig darin sein, dass es besser ist, direkt mit ihm zu reden, als Nachrichten zu hinterlassen, oder?“

Seven glitt von ihrem Platz auf ihrem Pult herunter, trat zur Tafel hinüber. Es war ein Balsam für Sices geschundene Seele, dass sie Cinques neuestes Kunstwerk wieder wegwischte.

„Wieso machen wir dann überhaupt Kriegsrat draus?“

„Sei kein Trampel, Eight. Bei solchen Sachen, da fehlen eben schon mal die richtigen Worte. Die richtige Situation. Du weißt schon. Romantik. Stimmung.“

Jack lachte herzlich, je entgeisterter und ablehnender Eights Gesicht wurde.

 

„Hier, ich hab sogar eine richtig gute, stimmungsvolle Idee.“

Hatte er definitiv nicht.

„Abgelehnt“, erwiderte Sice nur trocken – sie brauchte ihm nicht zuzuhören. Das war Jack. Jack hatte nie gute Ideen. Sie erinnerte sich noch an viele Pläne, die auf seinem Mist gewachsen waren, und sie erinnerte sich vor allem daran, wie oft sie Ärger, Nachsitzen oder Strafarbeiten eingebracht hatten – oder einen gepflegten Tritt in den Arsch.

„Och, Sicey… lass mich wenigstens ausreden. Hier!“

Er erhob sich schwungvoll, drehte sich zu seinen Klassenkameraden um und breitete die Arme aus.

„Wir schreiben einen Song! Das nächste Schulfest kommt doch sowieso, und dann können King, Trey und ich den auf die große Bühne bringen. Wenn das nicht romantisch ist?“

 

„Es ist vor allem peinlich. Würdest du wollen, dass die ganze Schule sowas mitbekommen würde?“

 

Cater, offensichtlich, wollte es nicht. Jack hingegen lachte nur und zuckte unbekümmert mit den Schultern, als er erklärte, er würde seine Liebe natürlich auch in die ganze Welt hinausschreien. Das gehörte doch dazu?

Nein, gehörte es nicht.

Abgelehnt“, stöhnte Sice noch einmal.

„Wir können hier auch gleich aufhören, da kommt eh nichts Gutes mehr bei rum.“

Und obendrauf: Sie wollte keine Hilfe! Wozu auch? Sie hatte sich längst entschieden, mit Kurasame zu reden. Auch wenn es stimmte, dass das Wie und Wo durchaus noch ausbaufähig waren – sehr ausbaufähig… –, mit diesen Idioten sammelte sie höchstens Ideen, was sie nie im Leben tun würde.

 

Aber sie kannte ihre Klasse – ihre Worte stießen auf taube Ohren. Und im Grunde hatte sie sich längst damit abgefunden.

Aus dieser Folter kam sie nicht heraus, bevor sie nicht vorbei war.

Und vielleicht, ganz vielleicht, war sogar so etwas wie eine taugliche Idee dabei.

 

„Nun, ein Song mag vielleicht etwas übers Ziel hinausschießen, aber du könntest es mit einem Gedicht versuchen. Keine andere Form der Sprache ist so stark mit Gefühlen verwoben wie Lyrik und Poesie. Schon in alten Zeiten–“

„ABGELEHNT!“, rief es im Chor. Sice konnte gar nicht sagen, wer alles beteiligt war, aber es war nachdrücklich genug, dass Trey tatsächlich den Mund hielt und sich mit fest zusammengekniffenen Lippen beleidigt zurücklehnte.

Sie seufzte, beinahe befriedigt.

Es geschah ihm sowas von recht.

 

Treys – eigentlich gar nicht so dummer, wäre sie ein Mensch, der irgendeine sprachliche Begabung und ein Bedürfnis nach kitschiger Romantik hätte – Idee folgte erst einmal nur Schweigen. Wer schon eine Idee vorgebracht hatte, schien nur noch darauf zu warten, was die Anderen sagen würden, während eben diese Anderen zumindest teilweise aussahen, als würden sie auch wirklich nachdenken.

 

Lange hielt die Stille nicht.

Cinque wurde es offensichtlich langweilig, zu langweilig, als dass sie sich weiter damit beschäftigen konnte, Kaktoren auf die Tafel zu schmieren, die etwas auf dem Kopf hatten, das vage an Nines Frisur erinnerte. Mit federnden Schritten durchquerte sie den Raum, bis sie direkt vor ihrem Opfer stand und sich zu ihm hinunterbeugen konnte, wo er auf dem Pult lümmelte.

„Niiiiiiiiiine. Und wie würdest du das machen?“

„Warum fragst du ausgerechnet mich?!“

Sie blieb ihm jede Antwort schuldig, grinste nur.

„Also?“

„Na ja…“

Nine kratzte sich am Hinterkopf, setzte sein bestes Denkergesicht auf – das Denkergesicht, das nichts weiter war als Alibi, während sein Hirn im Leerlauf lief.

Nach einer kurzen Weile, die er geradezu karikativ nachdenklich ausgesehen hatte, verschränkte er die Arme vor der Brust und reckte stolz das Kinn vor.

„Nach einem Trainingskampf natürlich!“

 

„Abgelehnt“, gab Queen sofort naserümpfend zurück. Sice hätte es sogar in Erwägung gezogen, hätte sie eine ansatzweise Chance gegen ihr Gegenüber – in irgendeiner Form von Wettkampf. Aber Kurasame war nicht nur älter und erfahrener als sie, er war auch einfach viel zu talentiert.

Es war ausgeschlossen, dass sie sich nicht total vor ihm blamieren würde.

„Du bist ein unromantischer Klotz.“

„Hah?! Dann mach’s doch besser, Streberin!“

Dass Queen grinste, während sie ihre Brille hochschob, war nicht besonders beruhigend.

„Nun, sie könnte ihn einfach küssen“, erklärte sie, und in ihrer Stimme schwang eine ganz unheilvolle Art von Zufriedenheit bei der Idee mit, die Sice so überhaupt nicht gefallen wollte. Ihr Magen krampfte nervös zusammen und Hitze schoss ihr in den Kopf.

Der skandalöse Vorschlag ließ Deuce die Hände vor den Mund schlagen und Cinque völlig fasziniert „Ooooooooh!“ machen.

Irgendein pubertärer Vollpfosten lachte.

 

„Ehrlich gesagt, die Idee ist gut; macht doch mehr Sinn, als an den eigenen Worten zu ersticken.“

 

„Kaum zu glauben, dass du so ne Skandalnudel bist, Eight“, flötete Jack vergnügt. Ein ausgesprochen unfreundlicher Blick schoss in seine Richtung und vorsorglich rutschte er noch ein Stück weiter aus Eights Reichweite.

Und sah dann grinsend zu Sice hinüber.

„Und was sagst du~?“

 

„NUR ÜBER MEINE LEICHE!“

 

Er lachte. Er war nicht der einzige. Sie hätte gerne jeden einzelnen von diesen Verrätern gepackt und einmal gepflegt vermöbelt.

Zu dumm, dass sie in der Unterzahl war.

Frustriert fuhr sie sich mit beiden Händen über das rotglühende Gesicht, versteckte sich für einen Moment hinter ihnen, bis sie wenigstens das Gefühl hatte, ihre Gesichtsfarbe würde sich wieder normalisieren.

„Noch mehr hirnlose Ideen? Oder können wir uns langsam den sinnvollen zuwenden?“

Als ob es in dieser Klasse sinnvoll gäbe.

„Du könntest es ihm durch die Blumen sagen“, schlug King vor.

„Zweifelhaft, dass er Blumensprache versteht“, entgegen Seven sofort, „Wirkt nicht so, als wäre das gerade Kurasames Fachgebiet.“

„Rote Rosen versteht jeder.“

„Trotzdem abgelehnt.“

Sice wollte keine roten Rosen! Oder grüne Rosen, oder was auch immer für ein Grünzeug! Das war ja noch peinlicher als ein Liebesbrief – und genauso wenig aussagekräftig genug.

Nein, sie würde nicht riskieren, dass Kurasame sie noch einmal falsch verstand.

 

„Hmmmm… Wie wäre es mit einem Spaziergang im Mondschein? Das Akademiegelände ist so schön bei Nacht. Besonders die Pärchenallee.“

„Dafür müsste sie ihn erst einmal um ein Treffen bei Nacht bitten, Deuce.“

„Oh. Ja, das könnte ein Problem sein. Und wir haben ja auch eine Ausgangssperre… jetzt im Sommer wird es vielleicht gar nicht früh genug dunkel, um das voll auszukosten.“

Sice seufzte müde.

„Also auch abgelehnt.“

Aber sie würde es sich merken – wenn sie im Winter immer noch einen Plan brauchte, dann konnte sie das mit dem Mondscheinspaziergang durchaus mal probieren. Es klang nicht ganz so schlecht.

 

Und im Dunkeln sprach es sich meist leichter.

 

Deuce entschuldigte sich, dass auch ihre Idee nicht gut genug war, gab die Frage danach, was man tun könnte, aber auch sofort weiter.

„Ich denke, es ihm einfach zu sagen, ist das Sinnvollste. Ohne großes Drumherum, ohne große Vorbereitung und Inszenierung.“

Seven war einfach zu pragmatisch. Und es war nicht hilfreich. Sice konnte nicht einfach sagen, worüber sie schon in Gedanken stolperte. Wenn sie wenigstens irgendetwas hätte, das ihr die Sache erleichtern würde!

Die Dunkelheit der Nacht.

Ein auswendig gelerntes Gedicht, das sie von spontanem, freien Sprechen befreite.

„Nah. Das ist viel zu platt. Aber… wie wäre es, wenn du ihm einfach was kochst? Liebe geht doch bekanntlich den Magen! Und ich muss ganz ehrlich sagen, ich würde mich ja viel eher auf einen Kerl einlassen, wenn er kochen kann.“

 

Vielleicht würde sie Cater doch nicht ganz windelweich prügeln.

Vielleicht.

 

„Hm? Kein abgelehnt?“

 

Korrektur, sie würde das süffisant grinsende Mädchen sowas von verprügeln!

„Sei nicht so selbstzufrieden“, schnaubte sie abwehrend, „Da ist auch nichts dabei, bei so viel Mist eine halbwegs taugliche Idee zu haben!“

„Die einzige taugliche Idee“, erwiderte Cater selbstzufrieden. „Und das wird so bleiben, wetten?“

Sie grinste nur noch breiter, trat zu Ace hinüber und baute sich selbstbewusst vor ihm auf.

„Sag doch mal, Herr Klassensprecher, was würdest du tun?“

„… Was?“

„… Oooh, komm schon! Sag nicht, du hast hier alles verpasst!“

„Ich war in Gedanken versunken.“

„Offensichtlich!“, Cater verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. „Egal, das heißt nicht, dass du vom Haken bist. Also erzähl. Wie würdest du jemandem deine Liebe gestehen? Und wo?“

Ace sah nachdenklich drein, zuckte dann aber mit den Schultern. Er schien mehr darüber nachzudenken, ob die Information nun wirklich notwendig war, als darüber, was er eigentlich antworten wollte.

 

„Auf der Chocobo-Ranch, irgendwo zwischen Federpflege und Kükensitting.“

 

Sice wusste nicht, was an der Aussage eigentlich das Schlimmste war.

Es war eine Schnapsidee gewesen.

 

Also nein, eigentlich war es eine gute Idee.

Etwas zu kochen, das sie Kurasame in Form einer Lunchbox in die Hand drücken konnte, gab ihr nicht nur einen klaren Grund, mit ihm zu reden – das Essen verdarb sonst nur, und ernsthaft, dafür rackerte sie sich bestimmt nicht ab! –, sondern dem ganzen Gespräch direkt auch einen unkomplizierten Aufhänger.

In ihrer Vorstellung lief das Ganze wirklich gut: Ihn irgendwann nach dem Unterricht aufsuchen zum Abend hin, ihm die Lunchbox geben und fragen, ob sie nicht gemeinsam zu Abend essen wollten.

Kein Problem. Ein gemeinsames Essen war noch keine Liebeserklärung, also sollte sie das wohl hinbekommen, ohne über ihre Zunge zu stolpern.

 

Und zugegeben, sie hatte auch nicht mehr vor, direkt mit der Tür ins Haus zu fallen. Das war jetzt bereits zweimal schief gegangen, also war eine Planänderung wohl nicht verkehrt.

Also wollte sie versuchen, Zeit mit ihm zu verbringen. Privat, außerhalb des Unterrichts. Unverbindlich.

Vielleicht noch einmal eine Lunchbox zubereiten. Oder ein paar Mal. Und über die ungezwungenen Gespräche, die sie beim Essen führen würden, würde sie dann auch den Mut finden, ihm von ihren Gefühlen zu erzählen.

Es war ein guter Plan.

 

Es war eine Schnapsidee.

 

Es war eine Schnapsidee, weil die ganze Sache an einem winzigen, unwichtigen Detail scheiterte: Sie konnte nicht kochen.

 

Sie konnte nicht kochen, und auch wenn die Lunchbox, die gerade gefüllt vor ihr auf dem Tisch stand, wirklich appetitlich aussah, war sie alles andere als zufrieden.

Ihr Anteil daran war mickrig gewesen. Gemüse waschen. Zutaten kleinschneiden. In einem Topf rühren. Alles nach Anleitung von Seven, bei der sie Hilfe gesucht hatte, weil sie haargenau gewusst hatte, alleine hätte sie höchstens etwas hinbekommen, das selbst Nines Magen aus Stahl verätzen würde.

 

Die Vorstellung, das noch öfter zu machen… Jedes Mal ihren Stolz runterschlucken und Seven um Hilfe bitten zu müssen… – es war keine besonders erquickliche Aussicht.

Und eigentlich war das ja nicht einmal das Schlimmste.

Sie seufzte schwer, frustriert. Sah hinunter auf ihre Finger, von denen mehr als die Hälfte von Pflastern geziert waren.

„Das ist so lahm“, sprach sie ihren unzufriedenen Gedanken eher unabsichtlich laut aus. Sie drehte die Hände, betrachtete die lädierten Finger von allen Seiten.

„Ich seh aus wie ein kleines Kind, das die Messerschublade gefunden hat.“

Es war peinlich. Für Sice, deren Stolz schlussendlich den größten Teil ihres Lebens definierte, war es eine verdammte Schmach, dass sie nicht einmal ein Abendessen zustande bekam, ohne dass sie danach aussah wie – ja. Wie ein kleines Kind, das zu dumm war, mit scharfen Gegenständen zu hantieren.

 

„Sei nicht so streng mit dir. Als ich angefangen habe, kochen zu lernen, sah ich nicht besser aus.“

Seven meine ihre aufmunternden Worte ohne Zweifel nur lieb, aber sie halfen nicht dabei, das Gefühl von kleinkindlicher Unfähigkeit abzuschütteln. Dass das andere Mädchen obendrein mit einer solchen Selbstverständlichkeit am Herd herumfuhrwerkte, dass der Gedanke, es könne je anders gewesen sein, absolut unglaublich war, half da auch nicht.

„Und?“, gab Sice mit einem abweisenden Schulterzucken zurück, „Ich bin nicht du.“

Sie schnaubte ihren Frust heraus, ballte die gepflasterten Hände zu Fäusten.

„Außerdem ist das zweierlei. Ist natürlich scheißegal, wenn du aussiehst wie der letzte Trottel, wenn’s dir nur darum geht, ein Essen auf den Tisch zu kriegen. Aber ich–“

Mit einem Kopfschütteln brach sie ab.

„Ach vergiss es.“

„Nein. Ich verstehe schon.“

Gar nichts verstehst du, dachte Sice säuerlich. Seven lächelte trotzdem, und sie sah aus, als würde sie verstehen. Mit misstrauischem Blick verfolgte wie, wie die junge Frau von ihrem Platz am Tisch aufstand und zu ihr hinüberkam. Schlanke Finger hoben eine ihrer Hände an, strichen liebevoll über die Pflaster.

 

„Es ist erbärmlich, wenn du ihm in diesem Zustand eine Lunchbox bringst, nicht wahr? Was soll er denken, wenn er all die Pflaster sieht? Dass du nicht einmal kochen kannst in deinem Alter. Kein guter Ansatz, um ihn von deiner Attraktivität zu überzeugen.“

Sice öffnete den Mund zu einem Protest, presste dann aber nur die Lippen aufeinander und wandte ertappt den Blick ab. Ihre Ohren brannten.

Natürlich hatte Seven recht.

Und das machte sie wütend. Warum musste dieses blöde Weib auch noch ernsthaft mitkriegen, was in ihr vorging?! Es war auch so schon peinlich genug!

„Aber.“

Sanfte Finger tippten auf ein Pflaster, nicht fest genug, um Schmerz zu provozieren, aber auch nicht unnötig behutsam – zum Glück. Sice war kein Porzellanpüppchen!

„Ich finde das beeindruckend.“

„Beeindruckend“, echote sie, schnaubend, „Beeindruckend, wie schlecht man sein kann?“

 

Seven schüttelte den Kopf.

„Beeindruckend, zu sehen, wie viel Mühe ein Mensch sich machen kann für einen anderen. Niemand fordert von dir, dir selbst aus dem Weg zu gehen und neue Dinge auszuprobieren, um ihm zu imponieren – und du tust es trotzdem. Weil es dir so wichtig ist. Weil er dir so wichtig ist. Ist das nicht schmeichelhaft? Schmeichelhafter vielleicht sogar noch als ein Abendessen von jemandem, dem der Herd sowieso schon zweite Heimat ist.“

Sice zog unzufrieden die Nase kraus, achtete penibel darauf, bloß nicht mehr in Sevens Richtung zu schauen, weil sie einfach gar nicht wusste, wie sie damit umgehen sollte.

Das war das dämlichste Lob, das sie je gehört hatte.

 

Es freute sie trotzdem, insgeheim. Dass zumindest Seven ihre Bemühungen anerkennen konnte, egal, wie wenig perfekt sie waren.

Vielleicht konnte Kurasame es also auch.

 

„In Sachen Liebe… da geht es mehr um den Weg als das Ziel“, fuhr sie schließlich nach einer kurzen Pause fort. Sice hob fragend die Augenbrauen, warf einen kurzen Seitenblick zu ihrer Kameradin hinauf.

Das klang ihr jetzt schon ein bisschen zu Trey für ihren Geschmack. Zu sehr nach endlos langer Erklärung, die sie nicht verstehen würde – oder nicht verstehen wollte.

„Die Bereitschaft, verstehst du? Die Bereitschaft, Neues auszuprobieren. Kompromisse einzugehen. Das gehört alles zu einer Beziehung dazu. Und zu wissen, dass diese Bereitschaft da ist, ist viel mehr wert als ein perfektes Abendessen oder ein makelloses Image.“

 

Es wurde keine endlose Predigt – verstehen konnte Sice es trotzdem nicht, wenn sie ehrlich war. Aber Sevens Worte waren voller Zuversicht und Wärme, und ihr Lächeln so überzeugt, dass sie kaum anders konnte, als es trotzdem zu glauben.

Und für den Moment war das genug.

 

„… Danke.“

 

 

 
 

***

 

 

 

Mit Sevens gutem Zuspruch war ihr gekränktes Ego schließlich wieder beruhigt genug, dass sie sich doch dazu aufraffen konnte, trotz Pflaster an viel zu vielen Fingern die Lunchbox zu nehmen und sich aufzumachen, um Kurasame zu finden.

 

Das für sich war nicht schwer: Treys Information von der Himmelsterrasse erwies sich wirklich als Gold wert, denn der Mann stand wieder einmal da draußen, sah stoisch hinaus in die Ferne – zumindest vermutete Sice es; ihr Gesicht konnte sie von ihrer Position aus nicht sehen.

Schwer war dann nur der Punkt, sich tatsächlich zu überwinden, die letzten Schritte zu tun, um hinaus auf die Terrasse zu kommen und ihm dann das Essen anzubieten.

Was sollte sie sagen? Was würde sie überhaupt über die Lippen bringen?

 

Hallo! Ich dachte, wir könnten zusammen zu Abend essen?

Nein. Vielleicht war das zu aufdringlich. Zu lässig, zu respektlos. Zu kumpelhaft.

Guten Abend. Würden Sie mit mir zu Abend essen?

Viel zu gestelzt – und überhaupt nicht Sices Stil. Solche Worte würde sie nicht überzeugend über die Lippen bringen, selbst wenn man sie dafür bezahlte.

Ich hab zu viel gekocht. Würden Sie mir beim Essen Gesellschaft leisten?

Das war doch schon fast besser.

Gut, es war nicht ganz die Wahrheit, aber damit klang es immerhin auch nicht ganz so aufdringlich.

Auch wenn sie in dem Fall auch jeden anderen hätte fragen können.

Was, wenn Kurasame dieser Gedanke auch kam? Hatte sie eine Ausrede?

„Du solltest es ihm direkt sagen“, erinnerte Sevens Stimme sie. Direkt, ehrlich, ohne Umwege. Für jemanden wie Seven war das leicht zu sagen.

 

Ich möchte aber mit Ihnen zu Abend essen.

 

Sice war aber nicht Seven.

Vielleicht brauchte sie trotzdem keine Ausrede. Sie konnte es zumindest darauf ankommen lassen. Im besten Fall hinterfragte Kurasame schließlich gar nicht erst.

 

Entschlossen holte sie tief Luft. Straffte die Schultern. Zupfte mit der Hand, die nicht die Lunchbox hielt, ihre Kleidung noch einmal zurecht, völlig überflüssigerweise.

„Ich hab zu viel gekocht. W-würden Sie mir beim Essen Gesellschaft leisten?“

Nein. Nein, so nicht! Viel zu zimperlich. Stammelei ging gar nicht. Sie schüttelte energisch den Kopf.

Reiß dich zusammen, Sice!

Sie wurde doch auch nur nervöser, je länger sie hier stand.

Entschlossen setzte sie einen Fuß vor den Anderen, steuerte auf den Torbogen zu, der sie von ihrem Ziel trennte.

Es könnte kein günstigerer Zeitpunkt sein: 

Die Terrasse war leer bis auf Kurasame und seinen Tonberry.

Niemand, der sie stören könnte.

Keine Seven, die zu unangenehmen Missverständnissen führen konnte.

 

Das laue Abendrot, das den Himmel langsam dunkler färbte, war auch nicht übel. Sice war definitiv nicht romantisch genug, um das wirklich zu wertschätzen, aber es war in jedem Fall ein guter Anblick.

Besser, als es graue Sturmwolken gewesen wären.

 

„Kommandant Kurasame.“

 

Für einen Moment blieb ihr Herz stehen, als der Mann sich umdrehte, und sie vergaß zu atmen.

Sice. Reden! Jetzt!

Sie hatte eine Chance. Eine Chance, nicht wie ein Idiot dazustehen, von niemandem boykottiert zu werden, ohne Missverständnisse und Möglichkeiten von Fehlinterpretation.

Sie zwang sich dazu, das Atmen wieder aufzunehmen, und öffnete dann den Mund–

 

„Hier versteckst du dich also wieder.“

 

Sofort klappte ihr Mund wieder zu. Ihre ganze Körperhaltung schrie Enttäuschung, doch Kurasame schien es – zum Glück? – gar nicht zu bemerken, denn der Neuankömmling zog all seine Aufmerksamkeit auf sich.

Sice hatte ihn schon ein paar Mal gesehen. Ein Kerl aus der Forschungsabteilung, aus dem Rüstungslabor, wenn sie sich recht erinnerte.

Seinen Namen hatte sie sich nicht gemerkt. Brille. Schmierige Frisur. Nach dem Unterricht war er ihr hin und wieder im Gang aufgefallen.

 

Ohne überhaupt Notiz von ihr zu nehmen marschierte der Kerl auf Kurasame zu, legte einen Arm um seine Schultern und lachte.

„Wird dir das nicht irgendwann einsam? Du weißt doch, du kannst jederzeit zu mir runter in mein Labor kommen.“

Er klang heiter. Freundschaftlich. Auf eine Art vertraulich, die Sice bewusst machte, wie wenig sie Kurasame eigentlich kannte.

„Ich bin gerne hier“, erwiderte der trocken, tonlos. Sie konnte nicht erkennen, ob er sich von der übermäßigen Vertraulichkeit des Anderen belästigt fühlte oder nicht; sein Pokerface war so undurchschaubar wie eh und je.

Die Brillenschlange ließ sich von der abweisenden Antwort nicht aus dem Takt bringen.

„Ich weiß doch, ich weiß doch. Aber! Selbst ein Forschungsfreak wie ich weiß, dass jeder Mensch auch mal menschliche Nähe braucht. Emina macht sich auch schon wieder Sorgen, dass du ständig alleine herumlungerst. Ach, was red ich. Die Anderen machen sich alle Sorgen. Sogar Orto ist letztens bei mir vorbeigekommen in der Hoffnung, dass ich wüsste, wo du rumhängst!“

 

„Sollen sie selbst herkommen, wenn sie was wollen. Es ist kein Geheimnis, dass ich hier bin.“

„Ja, aber im Gegensatz zu mir respektieren sie deine Privatsphäre.“

Der Mann lachte unbekümmert.

„Du weißt doch, wie sie sind. Der kommt schon, wenn er was braucht.“

Kurasame warf ihm einen kurzen Blick zu. Hinter der Maske war es schwer zu erkennen, aber Sice glaubte, irgendetwas zwischen Zuneigung und Genervtheit in seinen Augen zu erkennen. Oder vielleicht war es auch etwas ganz anderes und sie bildete sich das alles nur ein.

„Du solltest auf sie hören.“

Brillenschlange fasste sich mit einem entsetzten Keuchen ans Herz.

„Aber, mein Freund! Wenn du nie da bist, um meine Liebe in Empfang zu nehmen, dann werde ich irgendwann platzen!“

„Das ist eine ziemlich unwissenschaftliche Behauptung. Und wie oft muss ich dir noch sagen, dass du endlich damit aufhören sollst?“

„Oft. Wenn es dich wirklich stören würde, du hättest doch längst etwas dagegen unternommen~“

 

Es gefiel Sice nicht, aber im Stillen gab sie der Brillenschlange recht.

 

Sie wollte nicht mehr davon hören.

Es war– frustrierend. Zermürbend. Unheimlich eifersüchtig machend, wie unbekümmert und locker dieser Kerl mit Kurasame umgehen konnte, während sie selbst jedes ihrer Worte sorgsam zurechtlegen musste, damit es auch so herauskam, wie es sollte.

Und wenn sie ihn so mit seinem Freund herumalbern sah, dann fühlte sie sich, als würden sie in zwei verschiedenen Welten leben.

 

Kein Gedanke, mit dem sie sich auseinandersetzen wollte.

 

 

 
 

***

 

 

 

„Oh, du bist früh zurück.“

Ist alles in Ordnung?, fragte Sevens Blick, doch sie hatte den Anstand, die Frage auszuschweigen. Sice warf sich mit einem schweren Seufzen zu ihr aufs Bett und streckte die Beine von sich.

Sie hatte einfach keinen Bock mehr.

„Hast du schon gegessen?“

„Nein, ich wollte gleich los, wenn ich mit den Hausaufgaben durch bin.“

Sie stöhnte gequält.

Streberin. Egal. Hier–“, schwungvoll drückte die sie Lunchbox auf Sevens Schoß, „Iss mit mir.“

 

Stille.

Mit einem beinahe angriffslustigen Blick beobachtete sie die Reaktionen ihres Gegenübers. Ein verdutzter Blick, der bald in Sorge umschwang, erst in ihrem Gesicht nach Antworten suchte und dann die Lunchbox ansah, als könnte sie erklären, was passiert war.

„Okay“, war schließlich alles, was sie sagte.

 

Sie fragte nicht nach.

 

Sice wusste selbst nicht, ob sie wirklich dankbar dafür sein sollte, oder eher wütend, weil sie so keinen Grund bekam, ihren Ärger irgendwo rauszulassen.

Vielleicht war es beides.

Vielleicht war sie aber auch wirklich froh, dass sie gerade nicht darüber reden musste, sondern sich einfach nur auf das Essen konzentrieren konnte – das übrigens wirklich gut schmeckte, Seven sei Dank.

Kurasame verpasste etwas.

 

Sie fragte sich, was er gerade tat. War sein brillenschlangiger Freund noch bei ihm? Nervte ihn mit seiner Aufdringlichkeit und wurde trotzdem nicht abgewiesen?

Oder hatte er es gar inzwischen geschafft, Kurasame mit zu seinem, wie es geklungen hatte, eigentlich ziemlich großen Bekanntenkreis zu schleppen?

Sice hatte ja nicht einmal eine Ahnung gehabt, dass Kurasame groß Freunde hatte.

 

Mit einem schweren Seufzen ließ sie ihre Essstäbchen nach ein paar Bissen schon wieder sinken.

„Sag mal. Hast du dich schon mal so richtig fehl am Platze gefühlt?“

Auch Seven hielt inne. Sice, ohne sie anzusehen, spürte ihren Blick auf sich.

„Kurz, nachdem wir an die Akademie gekommen sind. Nachdem wir unser ganzes Leben nur bei Mutter verbracht haben, war das ein zu großer Kulturcrash für mich. So viele Leute, die plötzlich meine Aufmerksamkeit gefordert haben. So viele Leute, die irgendwie… wichtig waren. Schulkameraden, Clubkameraden, Lehrer – all solche Sachen.“

„Und weiter? Wie bist du damit umgegangen?“

„Tja… gute Frage. Ich denke, ich habe gelernt, dass nicht jeder Mensch, den ich kennenlerne, auch direkt so wichtig sein muss, dass ich mich um sein Schicksal kümmere. Klar ist gegenseitiger Respekt und alles wichtig, aber ich muss nicht für jeden, den ich kenne, immer und überall da sein. Das erwartet auch keiner. Aber weil ich mein ganzes Leben lang so gelebt habe, dachte ich zuerst, genau das müsste ich tun, und so hab ich mich einfach gar nicht eingefunden.“

 

„Zusammenfasst – du hast deine eigene Weltansicht überdenken müssen, um dich nicht mehr fehl am Platz zu fühlen.“

Seven nickte. Sice stieß ein Seufzen aus, ließ sich auf dem Bett nach hinten kippen, bis sie an die Decke starren konnte.

In ihrem Fall half das nur nicht.

„Wusstest du, dass Kurasame einen Haufen Freunde hat?“

„Nein.“

Sogar Seven klang ein bisschen verblüfft. Irgendwie befriedigte das Sice ungemein. Es war also nicht nur ihrer dummen Unaufmerksamkeit verschuldet, dass es sie überrascht hatte.

Man traute es Kurasame einfach nicht zu, mehr als das Nötige an Bekanntschaften zu haben.

Die Zufriedenheit hielt aber nicht lange, und sie seufzte noch einmal, verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Sie spürte mehr, als dass sie es sah, wie Seven das Essen beiseite räumte, ehe sie sich so herumrückte, dass sie zu ihr hinabsehen konnte.

Sice fand, sie hätte es sich sparen können, drehte demonstrativ das Gesicht weg von ihr.

 

„Ich hab eigentlich überhaupt keine Ahnung, was das für ein Mann ist.“

 

Und die Erkenntnis störte sie.

 

„Du kannst ihn kennenlernen“, erwiderte Seven mit einem unbekümmerten Schulterzucken. „Oder ist das für dich Argument, ihn aufzugeben?“

 

Sice schwieg. Klar konnte sie ihn besser kennenlernen. Ihn und seinen Freundeskreis und sein Privatleben, das ihr bisher so gar nicht bewusst gewesen war.

In ihrem Kopf war Kurasame nicht mehr und nicht weniger gewesen als ihr Klassenlehrer, dieser unnahbare, coole Typ, den die halbe weibliche Schülerschaft der Akademie anschmachtete, weil er gut aussah und eine umwerfende Ausstrahlung hatte.

Und so langsam musste sie einsehen, dass sie nicht besser gewesen war als diese Mädchen, die schon das Kreischen anfingen, wenn er ihnen auf dem Flur grüßend zunickte.

Sie war oberflächlich gewesen.

Verdammt oberflächlich.

 

Nine-Ausmaße oberflächlich.

 

Seven hatte von Bereitschaft und Kompromissen gesprochen. War sie bereit, hinzunehmen, dass Kurasame ein ganz anderer Typ Mensch sein mochte, als sie es sich vorgestellt hatte?

Wollte sie so viel Energie in eine Sache stecken, von der sie gerade merkte, dass sie eigentlich keine Ahnung hatte, ob sie sie wirklich wollte?

Sie kam sich unglaublich dämlich vor gerade. Und sie wusste sehr genau, dass sie das Gefühl nicht würde abschütteln können. Sie würde sich immer nur daran erinnern, wie dumm und oberflächlich sie gewesen war – und eigentlich war das Antwort genug.

 

War das ein Argument, aufzugeben?

 

Langsam und sehr bewusst stieß sie die Luft aus, drehte den Kopf dann wieder so weit, dass sie Seven ansehen konnte. Aus ihrer Perspektive war ihre violette Augenfarbe irgendwie ungewohnt faszinierend.

 

„Ja.“

Sie erzählte nicht, dass die Kurasame-Sache sich erledigt hatte.

Es war sowieso schon peinlich genug, dass ihre Klassenkameraden davon wussten, aber jetzt auch noch zuzugeben, dass sie aufgegeben hatte, aus welchen Gründen auch immer – niemals.

Nur über ihre Leiche.

Da war es ihr bedeutend lieber, jeden Tag wissendes Grinsen und dumme Sprüche und gutgemeinte Ratschläge zu ertragen, die sie nicht brauchte.

 

Irgendwann würde Gras über die Sache wachsen. Irgendwann war es genug mit dem Drama, es würde ihnen langweilig werden, wenn keine Resultate kamen, und dann würden sie sich etwas Neues suchen, an dem sie sich exzessiv aufhängen konnten.

 

Und so enthusiastisch, wie ausgerechnet Queen ins Klassenzimmer stürzte, eine Pappkiste in den Armen und mit vor Begeisterung strahlendem Gesicht, schien etwas Neues sogar schneller zu kommen, als Sice je gehofft hätte.

 

„Hört mal alle her! Ich habe die besten Nachrichten!“

 

Sie ließ die Kiste aufs Lehrerpult fallen und blieb selbst dahinter stehen.

„Ihr wisst doch hoffentlich alle noch, dass ich beim Organisationskomitee für das Akademie-Fest bin, nicht wahr?“

„Natürlich doch.“

Cater schnaubte beleidigt.

„Deshalb lässt du uns ja auch hier alleine mit der Planung, was wir eigentlich mit unserer Klasse machen sollen.“

Planung, die sie übrigens noch nicht einmal angefangen hatten, weil sie alle keine Lust hatten – oder keine Ideen. Oder dumme Ideen, so wie Ace, der allen Ernstes vorschlug, mit den Züchtern gemeinsame Sache zu machen und einen Streichelzoo zu arrangieren. Oder weil sie auch einfach unterbesetzt waren, wo auch King, Trey und Jack fehlten, weil sie mit ihrer dämlichen Band und ihrem Auftritt auf dem Fest beschäftigt waren.

Aber wozu sollten sie auch anfangen? Sie hatten noch Wochen bis zum Fest, und sie bekamen genug Schulstunden in der Woche dafür freigestellt, sich damit zu beschäftigen. Und die anderen Klassen waren doch auch nicht weiter, von allem, was Sice so gehört hatte.

 

„Jedenfalls sind heute die Karten angekommen.“

„Was für Karten?“, fragte Cinque sofort neugierig. Sie brachte Queen damit dazu, breit zu grinsen. Mit viel zu viel Sorgfalt öffnete sie die Kiste und zog dann eine Karte hervor. Sie bestand aus zwei Teilen, und auf beiden Hälften war je ein halbes Herz zu sehen.

„Diese Karten“, begann sie aufgeregt, „Für den Akademie-Ball. Am Morgen des Festes werden ein paar Helfer am Eingang stationiert, wo die Karten an Gäste verteilt werden. Die Schülerschaft bekommt ihrer schon in der Aufbauphase.“

„Seit wann braucht man Karten für den Akademie-Ball? Davon hab ich ja noch nie gehört.“

„Alte Tradition, kommt alle Jahre mal wieder. Hab gehört, wie ein paar Lehrer mal drüber geredet haben, wie toll das mit den Karten doch ist, wenn es gemacht wird.“

Eight sah nicht aus, als hätte er ihre Begeisterung verstanden. Sice ahnte auch jetzt schon, dass sie dumm finden würde, was da noch kam.

 

„Wie ihr jedenfalls sehen könnt“, fuhr Queen fort und hob noch eine andere Karte hoch. Auch ein Herz, aber mit einem anderen Muster bedruckt, „ist jede Karte ein bisschen anders. Sie werden nach dem Zufallsprinzip verteilt, eine Hälfte an die Männer, eine an die Frauen, und auf dem Ball sollen dann jeweils die miteinander tanzen, die eine Kartenhälfte bekommen haben. Ist das nicht großartig?“

 

Es war nicht großartig. Für Sice zumindest. Eight sah auch alles andere als angetan aus.

Cinque fand es toll. Cinque fand alles toll, was Ärger schrie.

„Ernsthaft? Wir dürfen nicht einmal unseren eigenen Tanzpartner aussuchen?“, Cater verzog das Gesicht nur noch weiter, „Das ist ziemlich lahm, findet ihr nicht? Ich hab jedenfalls keine Lust, mit irgendeinem komischen Kerl zu tanzen.“

„Gleichfalls“, seufzte Sice sofort.

„Es könnte eine interessante Erfahrung sein“, gab Deuce zurück, „So lernt man schließlich auch neue Leute kennen.“

 

Queens Räuspern unterbrach die Diskussion.

 

„Wie ihr hier seht, habe ich eine Kiste voll mit Karten, die ich bei den Vorbereitungen verteilen soll. Genauso wie die anderen Mitglieder des Komitees. Und… nun ja. Es wäre nicht schlecht, wenn ich ein bisschen Hilfe bekommen könnte.“

Sie hob vielsagend die Augenbrauen, während sie ihre Brille richtete.

„Es liegt nicht in meiner Verantwortung, zu überprüfen, dass ihr nicht Sorge dafür tragt, dass die zweite Hälfte eurer eigenen Karte dort landet, wo ihr sie gerne hättet.“

„Oh!“

Cinque klatschte verzückt in die Hände und sprang auf.

„Das heißt, Sice gibt ihre zweite Kartenhälfte Kurasame! Hmmmm~ und wem geb ich denn meine~?“

 

Cinques Frage brachte neue Diskussionen mit sich – Sices klinkte sich komplett aus, während die Mädchen begannen, zu überlegen, mit wem sie denn gern tanzen würden.

Und natürlich plapperte auch Deuce munter mit, auch wenn sie immer wieder beteuerte, dass sie bei allen Vorlieben trotzdem den Zufall entscheiden lassen wollte.

Natürlich doch.

Zumindest so lange noch, bis ihr dann doch noch ein Traumtyp einfiel, den sie gern für sich haben wollte.

 

„Das geht noch nicht einmal auf, oder? Es werden nicht exakt gleich viele Männer und Frauen zum Fest kommen.“

„Ace, verdirb uns nicht den Spaß! Außerdem ist das doch sicher kein Problem, oder, Queen?“

„Cater hat recht; außerdem kann es auch immer passieren, dass beim Verteilen ein Fehler gemacht wird. Nachdem es aber auch nur darum geht, neue Kontakte zu fördern, ist das doch auch kein Problem. Wir sind kein Kuppelservice.“

 

Die Art, wie Queen das sagte, ließ durchaus durchklingen, dass sie sich trotzdem genau so verhielten.

 

„Ihr werdet mir jedenfalls helfen. In dem Karton sind mehr Karten, als es aussieht. Wir werden aufteilen, wer sich um welche Ecke der Akademie kümmert während der Vorbereitungsphase. Ihr könnt selbst entscheiden, ob ihr euren Tanzpartner dem Schicksal überlasst, oder ob ihr selbst Schicksal spielt. Und was Jack, Trey und King angeht… Die werden mit ihrer Band wohl so beschäftigt sein, dass sie vom Helfen ausgenommen sind.“

Sice grinste. Plötzlich erschien ihr die ganze Sache so viel spaßiger.

 

„Queen, wenn du willst, dass ich dir ernsthaft helfe, sorg dafür, dass ich Treys bessere Hälfte abkriege.“

 

Endlich konnte sie sich rächen. Endlich.

 

 

 
 

***

 

 

 

„Hast du schon eine Idee, wem du deine Karte gibst?“

 

Die Frage hörte Sice in den letzten Tagen viel zu oft – offenbar hatten die anderen Organisationskomiteemitglieder es ähnlich wie Queen gehalten und ihren Klassenkameraden und Helfern selbst freigestellt, sich ihren Partner auszusuchen, also wurden die verdammten Karten das große neue Gespräch der halben Schule.

 

Dass man sie fragte, das war allerdings neu. Die, die es interessierte, glaubten doch alle, zu wissen, was sie tun würde.

 

Dass es nicht Seven war, die sie fragte, war noch viel erstaunlicher. Mehr als irritiert sah sie zu ihrem unerwarteten Gesprächspartner hinüber.

So viel zu einem entspannten Spaziergang draußen auf dem Gelände, ohne genervt zu werden.

„Was?“

„Ob du eine Idee hast, wem du deine Karte geben wirst“, wiederholte Ace noch einmal. Der knubbelige kleine Chocobo, den er auf den Armen spazieren trug, quäkte, als wollte er seinen Worten noch mehr Nachdruck verleihen.

Wahrscheinlich war dem Vieh aber nur langweilig, jetzt, wo Aces volle Aufmerksamkeit nicht mehr auf ihm lag.

 

„Ziemlich dumme Frage, findest du nicht?“

„Nein. Ich habe einfach nicht den Eindruck, dass du sie dem Kommandanten geben wirst.“

 

Manchmal vergaß sie, dass Ace, bei aller Wolkenkopfattitüde, die er beizeiten haben konnte, ein genauso scharfsinniger Beobachter war.

Und ehrlich – es wäre ihr lieber gewesen, es auch beim Vergessen zu belassen.

Aber jetzt war das Thema da, und im Grunde wurde es auch Zeit, dass sie sich mal damit auseinandersetzte.

 

Sie seufzte, zuckte mit den Schultern.

„Wenn du so fragst – keine Ahnung. Vielleicht werf ich die zweite Hälfte einfach versehentlich in den Müll.“

Die Idee war zwar komplett spontan, gefiel ihr spontan aber auch sehr gut. Das wäre was. Einfach gar nicht tanzen.

„Oder ich mach es wie Deuce. Wenn der Zufall mir irgendeinen totalen Vollhorst hinwirft, kann ich dem Kerl immer noch auf die Füße treten.“

Ob nun mit Worten oder wortwörtlich. Sie hatte da genug Optionen.

„Und du? Gibst das Ding deiner Flamme von der Chocobo-Ranch?“

 

Jetzt war es an Ace, mit den Schultern zu zucken. Er sah hinunter zu dem quäkenden Vogel auf seinem Arm, kraulte ihm behutsam den Kopf.

„Es wäre einfach, nicht wahr? Allerdings finde ich, dass Deuce nicht ganz im Unrecht damit ist, dass es eine gute Gelegenheit ist, neue Kontakte zu knüpfen.“

„Reichen dir deine Chocobo-Freunde nicht mehr? Bist doch sonst nicht so der soziale Typ.“

„Jemand sagte mir, es wäre nicht schlecht, wenn ich mir auch ein paar menschliche Freunde suche – so über meine Klassenkameraden hinaus.“

Sice war so frei jemand mit Flamme von der Chocobo-Ranch zu übersetzen.

Und hey, vielleicht war es ja wirklich gut für Ace. Für sie wäre das definitiv nichts, sich ernsthaft auf irgendeinen zufälligen Partner einzulassen und zu versuchen, ihn mögen zu lernen. Sie mochte keine Überraschungen, und vor allem solche nicht.

„Huh. Ich glaube, ich mach wirklich die Mülltonnenvariante.“

Ace sah sie mit einem Blick an, der ihr klar verständlich machte, dass sie damit nicht durchkommen würde. Irgendwer würde sie dafür drankriegen und ihr notfalls dann spontan noch einen Partner organisieren.

Sie wusste, wie nervig penibel das Organisationskomitee in allem, was es tat, war.

 

Sie warf ergeben die Hände in die Luft.

„Dann wird’s wohl doch Füßetrampeln werden.“

 

„Oder du gibst sie jemandem, mit dem du freiwillig tanzen würdest.“

 

Sice lachte. Laut. Aces kleine Begleitung quäkte sie empört an und plusterte sich auf beinahe doppelte Breite auf. Sie ignorierte den dummen Vogel, während sein Babysitter ihm beruhigend den Kopf tätschelte.

„Als ob es das gäbe.“

Sie konnte ja ihre Kameraden allesamt mehr oder minder gut leiden, aber tanzen wollte sie mit keinem von ihnen. Sie wollte an und für sich überhaupt nicht tanzen.

 

Aces einzige Antwort war ein Blick.

Ein ungläubiger Blick.

Sice erwiderte ihn missgelaunt, in Gedanken schon bei einem Konter auf die stille Implikation – und dann wechselte der blöde Kerl das Thema, indem er zwei Kartenhälften aus der Tasche zog und sie nachdenklich betrachtete.

„Ich weiß nur nicht, ob ich mir zutraue, das selbst zu verteilen und es dabei dem Zufall zu überlassen, wer mein Partner wird.“

„Wirf die Karte zurück zu den anderen und behalt am Ende eben die letzte Hälfte, die übrigbleibt?“

„Mh.“

Überzeugt sah Ace von der Idee nicht aus.

Mit Karten war er schon immer etwas eigenwillig gewesen; wahrscheinlich gefiel ihm einfach das Muster oder so etwas Dummes. Sice schüttelte den Kopf.

„Oder gib das Ding jemand anderem, der es für dich verteilt. Du könntest es mir geben. Ich verspreche dir auch, ich geb’s nicht Trey.“

Nein. Für Trey hatte sie längst einen viel besseren Plan. Sie hatte von diesem Streber aus Klasse 3 gehört, der sich zu gern selbst reden hörte.

Für sie klang das nach einem absoluten Traumpaar.

 

Ace schüttelte amüsiert den Kopf.

„Ich denke–“

Ein Krähen unterbrach ihn. Offenbar hatte der kleine Chocobo genug davon, immer wieder ignoriert zu werden. Wirklich genug. Bevor sein Aufpasser auch nur reagieren konnte, hatte das Vieh sich eine Hälfte der Karte geschnappt und war aus Aces Armen gehüpft.

„Joker!“

„Oooooooooder du lässt deinen Federlatz entscheiden, ganz genau“, kommentierte Sice belustigt. Ace warf ihr einen beinahe beleidigten Blick zu.

Sie hätte ihn nicht foppen sollen. Man foppte Ace nicht. Das war so eine Sache, die selbst die Lebensmüderen unter ihnen nicht taten. So, wie man Deuce nicht foppte.

Die beiden konnten jeder für sich auf andere Art ganz schön verstörend sein, wenn sie verärgert waren.

 

„Kümmer du dich lieber darum, dir einzugestehen, dass es durchaus Leute gibt, mit denen du freiwillig tanzen würdest.“

 

Oder auch einfach nur gemein.

 

Wäre Ace lang genug geblieben, Sice hätte ihm etwas an den Kopf geworfen – wortwörtlich. Doch er eilte im nächsten Moment schon davon und seinem dicken Federbüschel hinterher.

Hoffentlich kotzte der Vogel die Karte irgendeiner hässlichen Schreckschraube vor die Füße.

 

Nur nicht Trey. Der hatte einfach noch Schlimmeres verdient.

 

 

 
 

***

 

 

 

Je näher der Tag des Akademiefestes kam, desto hektischer wurde es.

 

Inzwischen hatten sie sogar so etwas wie einen Plan für ihre eigene Klasse – sie wollten ein Spukhaus aus ihrem Klassenraum machen. Cinques Idee. Cater hatte sich so lange vehement dagegen gewehrt, bis selbst Deuce unabsichtlich aufgelacht hatte.

Nach dieser Schmach knickte sie ein.

Nach dieser Schmach wurde sie zur größten Verfechterin der Idee.

 

Obwohl Sice sich ziemlich sicher war, dass Cater sich von allem, was sie selbst vorschlug, gedanklich in die Hosen machte vor Angst, trieb sie das ganze Projekt mit Feuereifer an, fand immer wieder neue Ideen, wie man den Raum noch ein wenig weniger einladend machen konnte, wie man Besucher erschreckte, wie man überzeugend mit billigen Tricks Geister und Monster darstellen konnte.

Es war eine großartige Sache. Seit man ihr die Rolle als Sensenmann zugesprochen hatte, war Sice jedes Mal bester Laune, wenn es an die Besprechungen und schließlich an die Vorbereitungen ging – auch wenn letztere sich ein bisschen dämlich anfühlten, wie eine Kunststunde, in der niemand Ahnung hatte, was er eigentlich tat.

 

Und zwischen all dem Chaos, in dem sie Kostüme nähten, Geister aus Leim und Käsetuch bastelten und Jack, King und Trey darum beknieten, sich irgendwie neben ihrer eigenen Arbeit noch um passende musikalische Untermalung zu kümmern, war der verdammte Akademieball natürlich auch immer noch Thema.

Was auch passierte, es war unmöglich, ihm zu entfliehen.

 

„Ich hab mich ja immer noch nicht entschieden“, seufzte Cater schwer.

„Shhh. Still“, mahnte Deuce sanft. Sie war gerade dabei, zu versuchen, den Jammerlappen halbwegs überzeugend zu einer Leiche zu schminken. Nachdem der Großteil ihrer Requisiten und Dekorationen inzwischen fertig war, erprobten sie nun das Make-Up, das sie passend zu ihren Kostümen spazieren tragen wollten.

Cater gab noch einen gequälten Laut von sich, hielt aber folgsam den Mund. Was für ein Segen.

„Cinque weiß auch noch nicht, was sie machen will.“

Das Mädchen seufzte schwer, sprang leichtfüßig von der Leiter hinunter.

Wieso man ausgerechnet den abgedrehten Zwerg mit Vorhänge Austauschen betraut hatte, war Sice schleierhaft, aber gut. Ihre eigene Aufgabe war auch nicht viel besser: Sie durfte die fertigen Käsetuchgeister mit Blut bepinseln.

Es war dämlich, es war monoton, und es bot ihr keine Gelegenheit, das Gelaber der anderen Mädchen zu ignorieren.

 

„Ich hab ja überlegt, die Karte einfach Moglin zu geben. Glaubt ihr, die Mogrys kommen auch alle zum Ball? Bestimmt, oder?“

„Häh? Die Viecher können tanzen?“

„Bestimmt besser als du, Nine!“

„Sag das nochmal, und ich zeig dir, wie ich tanzen kann!“

„Eeeeew, nein! Ich verzichte.“

 

„Hach.“

Und da sprach Cater doch wieder. Inzwischen war Deuce aber auch erst einmal fertig, suchte in dem ganzen Schminkzeug nach irgendetwas, das sie wohl noch brauchte.

„Sice und Nine haben’s schon echt gut. Wissen so genau, wo ihre Kartenhälften hinsollen… und wir armen Dinger sitzen hier und sind völlig überfordert von der Auswahl.“

„Ihr könntet immer noch den Zufall entscheiden lassen“, wandte Deuce ein. „Ah. Gefunden! Cater, halt jetzt bitte wieder still.“

Cater jammerte, aber gehorchte immerhin.

 

Die Diskussion verstummte trotzdem nicht.

Cinque plapperte weiter. Queen mischte sich ein. Seven bekannte sich ebenfalls zu der Fraktion von Zufallstanzpartner. Eight verkündete wieder einmal, wie dumm er die ganze Sache im Gesamten fand.

Und trotzdem war er ebenfalls dafür, sich seinen eigenen Tanzpartner auszusuchen.

Sice konnte es sogar nachvollziehen.

Wäre sie er, sie würde auch nicht riskieren wollen, mit einem Mädchen zu tanzen, das sie überragte.

 

Im Gegensatz zu Nine, der es schon einmal gewagt hatte, war sie aber nicht dumm genug, das laut auszusprechen.

 

Sie seufzte. Legte Pinsel und Käsetuchgeist weg und lehnte sich zurück. Sie entkam dem Thema einfach nicht. Ständig ging es um diese ollen Ballkarten, und so sehr sie versuchte, es zu ignorieren – sie wusste, sie musste sich doch irgendwann entscheiden, was sie mit ihrer zweiten Hälfte machen wollte.

Einfach irgendwem geben und irgendwen vergraulen.

Sie in den Müll werfen und die Rache des Organisationskomitees damit provozieren.

 

Auf Ace hören.

 

Sie wollte nicht auf Ace hören.

Sie wollte nicht einsehen, dass ja, es vielleicht wirklich Menschen in ihrem Leben gab, die wenig ätzend genug waren, um freiwillig mit ihnen zu tanzen.

 

Sie könnte die Karte auch immer noch Kurasame geben – aber wozu? Selbst wenn es irgendjemand hinterfragte, dass sie nicht mit Kurasame tanzte, es war einerlei. Sie konnte immer noch behaupten, dass sie einfach zu spät gekommen sei.

War eine realistische Sorge; sie wäre doch nicht das einzige Mädchen, das mit ihm würde tanzen wollen.

Nur, dass sie es wirklich nicht mehr wollte. Seit ihr so richtig bewusst geworden war, dass sie im Grunde nur in sein Gesicht verliebt gewesen war, nicht in ihn als ganze Person, hatte ihr Interesse deutlich abgenommen.

Sicher, vermutlich hätte sie auch feststellen können, dass sie Kurasame im Gesamtpaket attraktiv fand, aber ihre eigene Oberflächlichkeit wurmte sie viel zu sehr, als dass sie es drauf ankommen lassen wollte.

Lieber neu orientieren.

Irgendwann.

 

Seufzend ließ sie den Kopf in den Nacken kippen.

 

Es dauerte nicht lange, bis etwas – oder eher jemand – in ihrem Blickfeld erschien. Ace, die dumme Lesebrille auf der Nase, scheinbar auch mit seiner angedachten Arbeit schon fertig, wenn er Zeit hatte, herumzuwandern und Leute zu erschrecken.

„Was willst du?“, murrte sie. Überflüssige Frage, die eine überflüssige Antwort bekam:

„Hast du dich inzwischen entschieden?“

„Hast du die Karte von deinem Vogel wiederbekommen?“

Er schüttelte den Kopf. Sie grinste boshaft.

„Und? Was für eine neue Bekanntschaft wirst du zum Tanz nehmen müssen?“

Er schüttelte wieder nur den Kopf. Natürlich wollte er es nicht erzählen. Strenggenommen hätte seine Tanzpartnerin die Karte ja auch noch gar nicht haben sollen.

Sice seufzte unzufrieden, setzte sich wieder ordentlich auf. Weg von Ace und seinem aufmerksamen Blick.

 

„Ich hab’s eingegrenzt“, erklärte sie an den Käsetuchgeist gewandt, der direkt vor ihr stand. Sie sprach gerade laut genug, dass auch Ace in ihrem Rücken es hören würde.

Oder auch nicht.

War ja auch nicht ihr Problem.

„Worauf?“

„Füßetreten, Zorn der Organisation, oder auf den nervigen Kotzbrocken hinter mir hören.“

 

Ace lachte.

Blöder Dreckskerl.

 

„Klingt für mich nach einer Entscheidung.“

 

Sie hasste es, wie sehr es wirklich danach klang.

 

 

 
 

***

 

 

 

Der Morgen des Fests kam. Ihr Horrorhaus hatten sie am Vortag schon aufgebaut, damit sie genug Zeit hatten, ihren Job als Kartenverteiler zu machen, und ihre Attraktion trotzdem pünktlich fertig wurde.

Es war der dämlichste Job.

Sice hasste ihn.

 

Spätestens nach dem dritten Mal, dass sie erklären musste, wieso es die dummen Teile überhaupt gab, war sie schon so genervt, dass sie gar keine Lust mehr hatte, weiter zu machen.

Dem nächsten Idioten, der nachhakte, drückte sie die Karte einfach ins Gesicht.

„Behalt sie einfach, dann merkst du’s irgendwann.“

 

Immerhin hatte sie inzwischen entschieden, was sie mit ihrer zweiten Kartenhälfte machen wollte.

 

Und dieses Mal hatte sie einen Plan, der funktionieren würde.

 

„Hey, Seven!“

Auf halbem Weg durch ihre Route stolperte sie über ihre Kameradin – nicht verwunderlich, immerhin lagen die Ecken der Akademie, um die sie sich kümmern sollten, direkt nebeneinander.

„Sice. Kommst du voran?“

„Mäßig. Es nervt, wie vielen Idioten ich den ganzen Quark erst noch erklären muss. Und du?“

„Gleichfalls. Ich habe immer noch viel zu wenig geschafft vor lauter Erklärerei. Und dann sind da so viele, die plötzlich Sonderwünsche haben…“

Sice hob die Augenbrauen.

„Du hast sie hoffentlich nicht angenommen.“

Seven blinzelte so ertappt, dass sie schon fast fürchtete, dass sie es doch getan hatte, doch dann schüttelte sie den Kopf.

„Ich war aber kurz davor.“

Es war so typisch.

 

„Zeig mal, was du noch übrig hast.“

Mehr als Sice selbst noch. Es war aber auch eine absolute Pest.

„Du musst dich ranhalten.“ – „Ich weiß“, erwiderte Seven seufzend, „Ich versuche ja schon, die Erklärung so kurz zu fassen wie möglich.“

„Erklär es einfach gar nicht. Das hilft. Dann kommt auch niemand mehr auf Sonderwünsche.“

„Aber…“ – „Kein Aber!“

Seven öffnete den Mund zu einem erneuten Protest, schloss ihn dann mit einem leisen, amüsierten Laut aber doch wieder und lächelte einfach nur. Sices Mundwinkel zuckten, dann wandte sie den Blick ab, um in ihrer Tasche zu kramen.

 

„Ich hab übrigens noch was, das ich dir geben wollte.“

 

Die halbe Karte war schlicht, das aufgedruckte Herz einfach nur platt schwarz. Sice hatte es gefallen, also hatte sie die andere Hälfte für sich beansprucht. Sie hielt das Stück Papier unter Sevens Nase, sah sie mit erhobenen Augenbrauen abwartend an.

Ihr Herz klopfte.

Sie war nicht direkt nervös, aber die Situation war trotzdem doof. Peinlich?

„Ace meinte, ich soll wenigstens jemanden zum Tanzen suchen, dem ich nicht vorsätzlich auf die Füße trete“, fügte sie noch hinzu, als Seven einfach nicht antworten wollte. Das Mädchen sah einfach nur in stiller Überraschung auf die Karte hinunter.

Langsam hob sich ihr Blick, und genauso langsam nahm sie die Karte entgegen.

„Danke, dass du mir nicht auf die Füße treten willst?“

Sice schnaubte. Die Nervosität, die sie kurzzeitig übermannt hatte, verflog wieder, während sie Seven gegen die Schulter boxte.

 

„Bild dir nichts drauf ein.“

Epilog

Tanzen, stellte Sice fest, war absolut grauenhaft. Dieser ganze Ball war grauenhaft. Die Musik, die aus irgendwelchen Lautsprechern dröhnte, war grauenhaft. Die ganzen Leute, die sich lachend und schwatzend über die Tanzfläche bewegten, waren grauenhaft. Die Tänze, die sie tanzten, waren es noch mehr.

 

Alles war grauenhaft.

 

Trotzdem lachte sie, als sie zusah, wie Cinque tatsächlich den armen Mog durch die Gegend wirbelte, oder wie Nine über seine eigenen Füße stolperte, während er mit irgendeinem Mädchen tanzte, das sie nicht kannte.

Er hatte es offensichtlich nicht geschafft, Emina zu erwischen.

 

Wie irgendjemand hier wirklich Spaß haben konnte – an der Veranstaltung selbst, nicht am Leid der Anderen. Das war wirklich lustig – verstand sie nicht. Wenn es nach ihr ginge, dann wäre sie am liebsten nach dem Pflichttanz schon wieder von der Tanzfläche runtermarschiert.

War sie auch. Kurzzeitig.

Dann hatte sie Seven wieder zurückgeschleift, weil sie vom Rand aus viel zu wenig gut sah, was für Peinlichkeiten sich dort auf der Tanzfläche tummelten.

 

Eights Tanzpartnerin war so winzig, dass sie garantiert gemischtermaßen concordischer Herkunft war.

Ace tanzte mit einem Soldaten. Leider sah er nicht besonders leidend aus.

Deuce, die mit einem blonden Kerl mit einem peinlichen Stirnband tanzte, sah auch nicht unzufrieden aus.

Trey und sein Tanzpartner, der dauerschwätzende Kerl aus Klasse drei, waren jedes Mal, wenn sie einen Blick auf die beiden werfen konnte, in eine heftige Diskussion verzettelt. Und jedes Mal brach sie in schallendes Gelächter aus, das sie an Sevens Schulter ersticken musste.

Es war wunderbar. Noch viel besser, als sie es sich vorgestellt hatte.

Und Trey hatte es so sehr verdient.

 

Irgendwo zwischendrin sah sie ein Mädchen mit einem lächerlichen Hexenhut, das mit einem glatzköpfigen Typen aus der Magiefakultät tanzte.

Der riesige Typ aus Klasse fünf, der eindeutig Wurzeln in Lorica hatte, hatte eine Tanzpartnerin erwischt, die nicht einmal direkt winzig war, aber neben ihm einfach aussah wie ein Zwerg. Und die aussah, als hätte sie panische Angst vor ihm. Ihr Gesicht war göttlich.

 

Und dann sah sie wieder zwischen den tanzenden Paaren Trey und seinen Partner, sah, wie die beiden es schafften, einen harmlosen Paartanz wie einen Wettbewerb aussehen zu lassen, sah ihre intensiven Blicke und die Bewegungen ihrer Lippen, und ihre Stirn kollidierte in hilflosem Gelächter mit Sevens Schulter.

Wieder einmal.

 

„Man sollte meinen, es würde irgendwann langweilig“, kommentierte die erheitert. Sie ließ sich von Sices Ausbruch gar nicht stören, tanzte einfach weiter. Sie führte, schon die ganze Zeit. Sice konnte es aber auch einfach gar nicht – wollte es auch nicht können.

Wer wollte schon tanzen können?

„Niemals“, erwiderte sie. Sie hob den Kopf wieder und grinste Seven breit an.

„Das da hinten ist die Erfüllung all. Meiner. Träume. Die Rache für all die langen Jahre der Folter, die ich ertragen musste. Was glaubst du, wie gut ich heute Nacht schlafen werde?“

Jetzt lachte auch Seven, auch wenn sie den Kopf schüttelte dabei. Ihr amüsiert-mahnender Blick schien Sice darauf hinweisen zu wollen, dass sie nicht so viel Spaß am Leid ihrer Kameraden haben sollte. Sie zuckte nur unbekümmert mit den Schultern und grinste weiter. Über Sevens Schulter sah sie noch einmal zu Trey und prustete gleich wieder los.

 

Mit einem Seufzen manövrierte Seven ihren Tanz so, dass sie die beiden Streithähne nicht mehr sehen konnte.

„Hey!“

„Du hast genug gelacht, findest du nicht?“

„Sei nicht so grausam! Auf dieser ätzenden Veranstaltung muss ich mich doch irgendwie amüsieren!“

Seven hob die Augenbrauen. In ihren Augen blitzte Amüsement.

„Bin ich dir zu langweilig?“

„Ja! Ich meine – nein. Es geht. Du könntest ätzender sein. Das meine ich.“

„Ich weiß.“

Sice atmete tief durch. Tief und langsam und betont ruhig. Diese verdammte–! Warum fragte sie überhaupt, wenn sie es eh wusste?!

„Du könntest vor allem auch weniger ätzend sein und mir meinen Spaß gönnen.“

„Oder“, erwiderte Seven. Sie lachte. Sice blinzelte irritiert – vielleicht, weil sie Seven so selten lachen sah. Vielleicht, weil ihr gerade erst bewusst wurde, dass sie ein hübsches Lachen hatte. Vielleicht, weil sie selbst nicht verstand, dass sie sich ernsthaft davon so sehr ablenken ließ, dass sie sogar ihr Bedürfnis nach Schadenfreude dafür vergaß, „ich lenke dich von deinen Gemeinheiten ab.“

 

Und plötzlich wurde sie schneller.

 

Die neuen Tanzschritte passten überhaupt nicht zur Musik – aber das war bei vielen der Paare der Fall, also war das wohl das kleinste Problem.

Das Problem war eher, dass Sice überhaupt nicht mehr mitkam. Sie protestierte, doch es ging in ihrem eigenen Lachen unter.

 

Eigentlich wollte Sice wirklich nicht tanzen um des Tanzens Willen.

Sie wollte die anderen beobachten, wollte sie auslachen, wollte möglichst viel von ihrem Leid mitbekommen, um noch ewig lange darüber spotten zu können.

 

Aber eigentlich war es schön, wie viel Freude Seven daran hatte.

Mit einem Kopfschütteln schob sie die Gedanken beiseite.

Als sie den Blick wieder abwandte, war es weniger, weil sie die Meute um sie herum beobachten wollte – sie musste sich eh viel zu sehr aufs Tanzen konzentrieren –, sondern weil sie ein Lächeln versteckte.

 

Kompromissbereitschaft, huh?



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Von:  Valenfield
2019-02-13T21:28:45+00:00 13.02.2019 22:28
Okay, also Trey ist der nervigste Troll ever, aber auch wenn er nervt, versucht er es ja!! Irgendwie...ein bisschen...also, er hört sich WIRKLICH gern selbst reden, aber am Ende hat's auch was Gutes...irgendwie...irgendwo.
Sice, ich vergebe dir, dass du Chocobos beleidigst, aber nur, weil deine Situation herzergreifend ist. Ein bisschen.
(Aber auch ein bisschen lustig. ;_;)

Seven als idealer Ruhepol im Vergleich zu Sice ist!!! Voll!!!! Cute! Auch wenn sie das noch nicht einsehen will. <3
Antwort von:  Puppenspieler
28.02.2019 02:06
Trey ist super. Trey hat mega viel Spaß zum Schreiben gemacht - aber ich höre mich auch gern selbst reden.
Ich glaube, Sice ist es ziemlich egal, ob du ihr ihren Frevel vergibst oder nicht. Wenn sie über Chocobos fluchen will, dann tut sie das!

Das lernt sie ja noch~ Aber ich freu mich, dass du es magst! :D ♥
Von:  Valenfield
2019-02-13T21:19:47+00:00 13.02.2019 22:19
Okay HEUL DOCH!!!!!

Nein Spaß, ich nehme mir jetzt die nächsten acht Monate, um chronologisch (oder so) alles durchzugehen!!!!

Also, Seven, die viel zu geduldig ist, ist einfach süß!! Und Sice kann sich froh schätzen (tut sie ja auch), weil andererseits wär das gar nicht so witzig, weil, eine wütende Seven? Nein, nein, schlecht!!
Antwort von:  Puppenspieler
28.02.2019 02:06
UND WIE ICH HEULE FRAU DAS WAR NE MENGE LEBENSZEIT DIE IN DIE FICS GEFLOSSEN IST DA WILL ICH AUCH HANDFESTES FEEDBACK!!! XD

Acht Monate. XD Nice! So lang hab ich nichtmal dran geschrieben!

Seven in wütend möchte ich mir gar nicht vorstellen. Das klingt auf eine Art verstörend, die nicht mehr gut ist. Nein, gar nicht gut.


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