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Das Schweigen hat ein Ende

Ein Hiwatari hält sein Wort
von

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Hilflosigkeit

Sie hatte das Gefühl zu ersticken.
 

Diese unglaublich tiefe Trauer drückte ihr so schwer aufs Herz dass sie fürchtete vor den Augen der Anderen zusammenzubrechen. Sie schnappte vergebens nach Luft und versuchte dabei erfolglos ihre letzte, noch verbliebene Würde zu wahren. Ihr Blick war starr auf ihre Knie gerichtet, die zitternden, zierlichen Hände beklommen zwischen die Oberschenkel geklemmt. Yuriy nahm gar nicht erst wahr.
 

Der rothaarige Russe kniete noch immer vor ihren Füssen. Mit seinen beiden Händen umschloss er die Sitzlehnen ihres Stuhls, sein mitfühlender Blick war vollends auf sie gerichtet.
 

Ihre Hände schmerzten unsäglich. War es das verzweifelte Klammern am Bettgestell gewesen, oder doch die unzähligen Schläge welche Yuriy hatte einstecken müssen? Die letzten, 24 grausamen Stunden würden nun doch nicht etwa in diesem, noch sehr viel aussichtsloser erscheinenden Desaster enden? Oder?
 

Beinahe mechanisch hob sie ihren Blick, als ein Schatten über sie hinweg zog und eine warme Hand sachte ihre Schulter drückte. Es war Rei. Wortlos bot er ihr ein Glas Wasser an. Vor lauter Tränen konnte und wollte sie dem Chinesen nicht antworten – sie hatte das Gefühl ihre Stimme verloren zu haben. Sie verneinte mit einem schlichten Kopfschütteln, gefolgt von einem lauten Schluchzer.
 

«Nun nimm schon.» erwiderte er leise aber nachdrücklich.
 

Rei meinte es gut mit ihr. Das tat er immer.
 

So nahm sie das Wasserglas, gegen ihren Willen, entgegen und führte es mit zittrigen Händen zu ihren Lippen, um einen kleinen Schluck vom kühlen Nasse zu trinken.
 

Es tat gut.
 

Die Ablenkung liess ihren Körper entspannen und es folgte ein stiller Moment. Rei hielt noch kurz inne, ehe er sich anschliessend entfernte um Takao und Manabu beizustehen. Sie folgte dem athletischen Chinesen mit ihrem Blick, sah wie er zu den Anderen stiess, seine Hand tröstend auf Takaos Rücken legte und der Japaner mit seiner Fassung rang.
 

Erneut übermannte ihre Trauer sie in Form von dicken Tränen. Ihr Kinn bibberte und in ihren Händen hielt sie noch immer dieses Wasserglas, welches sie eigentlich gar nicht hatte haben wollen. Sie kniff die Augenlieder zusammen und dicke Tränen kullerten über ihre geröteten Wangen, als Yuriy ihr das Wasserglas sanft aus den Händen nahm und es neben sich zu Boden stellte.
 

Als sie ihre verweinten Augen öffnete, traf sie sogleich auf die blauen des Russen.
 

Er wusste nicht, was er ihr sagen sollte – das konnte sie in seinen Augen lesen. Als ein erneutes, unsäglich trauriges Wimmern ihrer geschundenen Kehle entwich, löste Yuriy sich jedoch aus seiner anhaltenden Starre.
 

«Oh Hiromi …» flüsterte er mit hilflosem und bemitleidendem Gesichtsausdruck, löste dabei seine rechte Hand von der Sitzlehne ihres Stuhls und legte sie auf das rechte Knie der Japanerin. Er versuchte der Lage in irgendeiner Form Herr zu werden, schaffte es aber nicht, die junge Frau zu beruhigen.
 

Hiromi war gefangen zwischen tiefster Trauer, einem Gefühl von Aussichtslosigkeit und erschreckender Furcht. Ja, es war schon oft genug vorgekommen, dass Kai ihnen das eine oder andere Mal berechtige Sorgen bereitet hatte – das war schon lange kein Geheimnis mehr. Aber nie, wirklich nie hatte sie in solch einem Moment irgendwelche Zweifel oder gar Hilflosigkeit seitens Yuriy verspürt. Die beiden Männer kannten sich ja bekanntlich in- und auswendig, waren Freude seit Kindertagen – beinahe Brüder. Und wenn Yuriy schon nicht weiter zu wissen schien, wie sollte sie dies können?
 

Erneut trafen sich die stechend blauen Augen des Russen mit den glasig Braunen von Hiromi. Sie kommunizierten nonverbal. Versuchten die Situation verzweifelt zu verstehen, und kamen dennoch keinen einzigen Schritt voran.
 

Für Hiromi fühlte es sich an wie eine Übersprungshandlung, als Yuriy sich überraschend vom Boden erhob, die Arme ausbreitete und sie, mit gebeugtem Rücken, in eine feste Umarmung zog. Augenblicklich liess sie den kleinen Rest ihrer noch verbliebenen Fassung fallen, wimmerte laut und kläglich als sie sich, in ihrer Trauer, vom Rothaarigen auffangen liess und ihr Gesicht in seiner Schulter vergrub.
 

Yuriy seinerseits war es egal, wie das gerade aussehen musste. Sie brauchte seine Hilfe, und dass auch wenn Umarmungen nicht seine, sondern eher Bryans Stärke waren. Er verstand sie, und hoffte, dass sie ihn auch verstand.



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