Zum Inhalt der Seite

Wie Hund und Katze

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

17. Kapitel

Mycroft gab dem Doktor mit einem unechten Lächeln auf den Lippen das Handy zurück. Harriet, die inzwischen hinzu gestürzt gekommen war, ruffelte Johns Kopf und schimpfte liebevoll:

„Was hast du nur wieder angestellt!“

Mycroft hatte sich ebenfalls hinuntergebeugt und kraulte das Köpfchens seines Katers.
 

Einen kurzen Blick nur hatte er auf das Handydisplay geworfen, doch er hatte das Bild sofort erkannt. Was zum Teufel machte ein Schnappschuss vom jungen Perrish auf dem Handy des Doktors? So ein Hintergrundbild, da hatte man doch im Allgemeinen nicht irgendjemanden, sondern einen Menschen, der einem etwas bedeutete. Oder?
 

Und dann begannen die Puzzleteile in seinem Kopf auf den richtigen Platz zu fallen.

Mrs. Wilson und Perrish Junior, die beide in der selben Tierfutterfirma gearbeitet hatten.

Das Futter, das vergiftet worden war.

Perrishs Foto auf dem Handy des Tierarztes.

Perrish, der anscheinend zu dem Arzt in einer näheren Beziehung stand.

Neues Tierfutter, das der Arzt vermarkten würde.

Mycroft war noch jung, sehr jung. Aber er war verdammt klug. Und Sherlock sah seinen Augen an, dass er verstand.

Tiefe Erleichterung durchflutete den Kater, und er empfand im Augenblick Dankbarkeit für sein „Herrchen,“ und war fest überzeugt: der würde schon wissen, was jetzt zu tun war.
 

Dr. Miller entschuldigte sich noch mal dafür, dass John vorhin weggelaufen war und gab ganz den bestürzten, um Wiedergutmachung bedachten Arzt. Harriet und Mr. Watson entschuldigten sich für Johns Eskapaden.

Schließlich schied man voneinander, Mr. Watson trotz allem noch ein wenig verärgert.
 

Kaum waren sie auf die Straße getreten und alle gemeinsam, auch die beiden Tiere, ins Auto eingestiegen, Sherlock erwartungsvoll auf Mycrofts Schoss, John zu Harriets Füßen, als Mycroft seine Hand auf Mr. Watsons Arm legte und ihn bat:

„Mr. Watson, bitte, fahren Sie noch nicht. Wir müssen die Polizei rufen. Sofort. Bitte!“

Harriets Vater sah ihn mit größtem Erstaunen an.

„Die Polizei? Warum? Was ist denn los?“

„Nun, ich glaube, ich bin da zufällig auf etwas gestoßen!“

Und er begann, Mr. Watson die verschiedenen Fakten zu erklären und seine Schlussfolgerungen auseinanderzusetzen.
 

Der Mann war reichlich verblüfft.

„Dr. Miller? Der soll mit all dem zu tun haben? Das kann ich mir zwar kaum vorstellen, aber so wie du es schilderst, Mycroft, muss man automatisch zu dem Schluss kommen ...“

Und da Mr. Watson ein Mensch war, der Tatsachen als Tatsachen nahm und nicht nach seinem Gusto zurechtbog, nahm er sein Mobiltelefon zur Hand und wählte die Nummer des Detektiv Inspektor Lestrade, den er als kompetenten und geduldigen Mann kennengelernt hatte.

Er sprach kurz mit ihm und gab das das Handy an Mycroft weiter, der dem Inspektor die ganze Sache schilderte.
 

„Bleiben Sie bitte dort. Haben Sie ein Augen auf Dr. Miller. Und falls er das Haus verlassen will, versuchen Sie ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Wir sind in wenigen Minuten da,“ sagte Lestrade, bevor er das Gespräch beendete.

Sie blieben im Auto. Aus der Tür traten nur ein paar Leute mit ihren Tieren, andere gingen hinein, der Doktor jedoch zeigte sich nicht. Er musste seine Sprechstunde abhalten, und wollte wohl nicht riskieren sie vorzeitig zu beenden, um nicht aufzufallen.

Als das Polizeiauto eintraf, trat Lestrade mit zwei uniformierten Polizisten zu ihnen. Mycroft musste abermals schildern, was ihm aufgefallen war und wie es dazu gekommen war.

Lestrade sah ihn ernst an.

„Nun, wenn das stimmt, was hier zu vermuten ist, dann hast du uns einen großen Dienst erwiesen“, sagte er.

„Ich wäre aber nie von alleine darauf gekommen. Wenn die Tiere nicht gewesen wären ... manchmal glaube ich, die wissen mehr, als sie uns sagen können“, sagte Mycroft mit einem schiefen Lächeln.

John kläffte leise und Sherlock verdrehte die Augen und maunzte.

Wie recht du hast, Mycroft, wie recht du hast. Und das macht die ganze Sache so kompliziert
 

* * *
 

Nun ging es Schlag auf Schlag. Die Polizisten holten den Doktor aus seiner Praxis und nahmen ihn mit auf die Wache. Im offiziellen Jargon hieß es, damit er sie bei ihren Ermittlungen unterstütze.

Innerhalb kürzester Zeit hatte man aus ihm heraus, was er mit dem jungen Perrish zu tun hatte und wo dieser sich aufhielt. Man holte also auch ihn zu Scotland Yard.

Und er, der sich selber nichts hatte zuschulden kommen lassen, war ganz schnell ein aufgelöstes Bündel und erzählte alles, was er wusste. Er hatte von allem, dem vergifteten Futter, dem Mord etc. erst mitbekommen, als es schon geschehen war, und das einzige, was man ihm vorwerfen konnte, war, dass er aus Angst und Liebe geschwiegen hatte.
 

Der Doktor war für das vergiftete Futter verantwortlich. Er hatte die Konkurrenz ausschalten wollen, um sein eigenes Futter promoten zu können und maximalen Gewinn heraus zu holen.

Er war auch für Mrs. Wilsons Tod verantwortlich. Sie hatte seine Machenschaften herausgefunden, weil der junge Perrish ihr in seiner Sorge das Herz ausgeschüttet und dabei Andeutungen gemacht hatte. Sie hatte Miller zur Rede gestellt und er hatte den Kopf verloren und sie erschlagen.

Dann hatte er seinen jungen Geliebten überredet, den Koffer mit dem vergifteten Zeug bei seinem Vater im Schuppen zu verstecken.

Er konnte sich nicht herausreden. Er kam in Haft, und es sah aus, als würde er die Freiheit lange, lange nicht wiedersehen.

Der junge Mr. Perrish kam mit einer Bewährungsstrafe davon wegen Behinderung der Justiz. Aber für ihn war viel schlimmer, zu erkennen, dass seine große Liebe ihn nicht wirklich geliebt sondern nur ausgenutzt hatte.
 

Clara war natürlich immer noch traurig über den Tod ihrer Mama, aber jetzt, wo sie wusste was geschehen war und dass der Täter hinter Gittern saß und seiner wohlverdienten Strafe zugeführt wurde, konnte sie das ganze besser verarbeiten. Harriet half ihr dabei, und auch Mycroft, denn der wich Harriet nicht mehr von der Seite. Er mochte sie eben, und auch sie hatte ihn inzwischen richtig gern.
 

Mycroft bekam von Mrs. Wilsons Firma ein großes Paket Katzen- und Hundefutter zugesandt, da er den entscheidenden Hinweis geliefert hatte.

„Das ist gut so“, sagte er, „denn eigentlich haben die beiden Tiere den Fall gelöst. Wenn sie nicht gewesen wären, wäre ich auch nicht hinter die Sache gekommen.“

Er gab das Hundefutter an Harriet weiter, doch einige Päckchen behielt er, um immer etwas für John im Hause zu haben.
 

* * *
 

Am Tage der Gerichtsverhandlung, nachdem der Doktor tatsächlich zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden war, kam Detektiv Inspektor Lestrade zu Besuch.

Harriet mit John waren auch da, und Sherlock schlich schnurrend um Mycrofts und des Inspektors Beine. Der Polizist berichtete, was sich alles im Gerichtssaal abgespielt hatte.

Schließlich sagte er:

„Tja, ohne unsere beiden Vierbeiner hier hätten wir den Fall möglicherweise nie gelöst. Ihr könnt wirklich stolz auf die beiden sein.“ Harriet strahlte, und ja, auch Mycroft freute sich.

Der Inspektor fasste in seine Manteltasche und förderte ein Halsband aus weichstem Leder zu Tage, an dem eine Polizeimarke hing. Er gab sie Mycroft.

„Die ist für Sherlock.“

Mycroft besah sich die Marke. Sie trug die Aufschrift „Consulting Cat“.

Mycroft strich seinem Kater über den Kopf. „Möchtest du?“

Sherlock sah ihn an und sagte: „Miau.“ Dann streckte er ihm sein Köpfchen entgegen und ließ sich das Halsband umlegen.

Gerade und hoch aufgerichtet saß er anschließend da, den Schwanz in einer Pose der Eleganz um den Körper gelegt. Seine Augen blitzten und man sah ihm an, dass er mächtig stolz auf sich war.

John wedelte aufgeregt, so dass sein kleines Hinterteil auf dem Boden zappelte. Denn natürlich hatte Lestrade auch für ihn ein Halsband. Auf seiner Marke stand: „Police Dog“.

John ließ sie sich ebenfalls gutwillig umlegen. Dann kläffte er vergnügt und drehte sich in einem Überschwang der Freude ein paar Mal um sich selbst.

Die Menschen lachten über die beiden und auch Sherlock konnte nicht umhin zufrieden zu grinsen.
 

Kurze Zeit später saßen die Menschen im Wohnzimmer der Holmes und genossen den köstlichen Kuchen der Haushälterin Mrs. Hudson sowie einen wirklich guten Tee.

John und Sherlock lagen auf einer weichen Decke, und während der Kater einfach nur die gemütliche Atmosphäre genoss, kaute der Welpe hingebungsvoll auf einem Kauknochen herum.

„Ich würde gerne...“, sagte er leise, während er kurzzeitig von dem Knochen abließ, „gerne mal wieder mit dir auf Verbrecherjagd gehen.“ Sein Schwänzchen klopfte auf den Boden.

„Ach, Jawn“, schnurrte der Kater, „ich glaube, Miau, ich glaube auch ich hätte durchaus Spaß daran.“ John grinste zufrieden und begann erneut, an seinem Kaustick zu nagen.
 

Ja, dachte Sherlock, mit einem Freund wie John würde er noch manches Abenteuer bewältigen können.

Er freute sich darauf.

Zutiefst zufrieden schloss „Consulting Cat“ die Augen und döste ein.



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Melmoth
2020-12-04T11:32:36+00:00 04.12.2020 12:32
Consulting Cat - das ist echt supersüß.
Tolle Story. Ich würde mehr von Sherlock the cat lesen.


Zurück