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the world outside

Magister Magicae 9
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ihr Lieben, jetzt hänge ich doch ein wenig zurück. ToT
Anlässlich der LBM wird es hier über´s Wochenende vielleicht ein wenig ruhiger. Aber danach geht´s wieder schneller voran, versprochen. :) Komplett anzeigen

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Hausierer

Safall hörte auf, Gitarre zu spielen und griff nach einer Strähne seiner langen Haare. Irgendwas war ihm aus den Augenwinkeln komisch daran vorgekommen. Sie war plötzlich weinrot geworden. Alle seine Haare! Auch die Körperbehaarung auf den Armen hatte die Farbe gewechselt. Von der Bassistin kam mit ein paar Sekunden Verzögerung gleichfalls ein empörtes Aufbegehren. Die Musik brach komplett ab. Safall sah sich um. Sie und der Schlagzeuger hatten ebenfalls beide weinrote Haare.

Salome lachte sich scheckig. „Wie geil. Das funktioniert!“, stellte er fest. Er hatte als einziger keine roten Haare bekommen.

„Warst du das?“, wollte Safall säuerlich wissen. Er fand das gar nicht lustig, wenn andere Leute mittels Magie an seinem Aussehen herumpfuschten.

„Mh, eigentlich sollten die Haare orange werden, und nicht dunkelrot. Da muss ich wohl nochmal etwas am Text feilen. Aber im Großen und Ganzen ... ja, passt schon.“

„Was für ein Text?“, mischte sich ihr Drummer ein.

„Mein neuer Songtext. Das Lied, das wir gerade gespielt haben. Das ist ein Fluchtext.“

„Du schreibst Fluchlieder? Bist du von allen guten Geistern verlassen!?“

„Was glaubst du, warum ich überhaupt in ner Band singe?“, grinste Salome. „Das ist genau das, was ich schon immer wollte: Fluchlieder komponieren. Die Fluchwissenschaft mit Musik kombinieren. Das war mein Traum, seit meiner Kindheit.“

„Du bist ja nicht ganz sauber!“, entschied Safall. „Mach das sofort wieder rückgängig! Ich will nicht mit roten Haaren draußen rumlaufen.“

„Der Fluch verpufft in einer Stunde ganz von selber wieder, keine Angst. Und ich habe nicht vor, böse Flüche zu singen. Ich will mein Publikum ja nicht ernsthaft verfluchen, ich will nur ein bisschen Schabernack treiben. Damit werden wir eine abgefahren coole Band, glaubt mir! ... Nagut, noch bin ich in der Experimentierphase. Aber ich konnte gerade beweisen, daß es tatsächlich möglich ist, Fluchlieder zu schreiben! Das hat noch keiner vor mir geschafft.“

„Weil´s noch keiner vor dir versucht hat! Weil´s auch Schwachsinn ist!“, grummelte ihr Drummer nur genervt. Er fand, daß Flüche beim besten Willen nichts mit Kunst zu tun hatten. Und wenn, dann war es eine verdammt morbide Kunst.

Salome angelte nach zwei Flaschen Bier aus dem Bierkasten, den sie immer hier im Probenraum herumstehen hatten, und reichte sie weiter. Bei echten Rockern ging es halt häufig um nichts anderes als die Vernichtung von Alkohol. „Los, das feiern wir!“, legte er euphorisch fest und griff nach den nächsten Flaschen.

„Ich bin mir noch nicht so sicher, ob das feiernswert ist.“, schlug nun auch der Schützling der Bassistin mit in das gleiche Horn. Er hatte wie immer am Rand gesessen und zugehört, während seine Genia Intima mit Proben beschäftigt war. Auch auf ihn als bloßen Zuhörer hatte der Rotschopf-Fluch durchgeschlagen. Er schnappte sich ungefragt eine Flasche Bier. Er fand, wenn er mit als Testobjekt herhalten musste, hatte er die nicht weniger verdient als die Band.

Der einzige, der halbwegs begeistert zu sein schien, war Salomes Fuchsgeist. „Kannst du diesen Fluch dauerhaft wirksam machen?“, wollte er wissen. „Das wäre mal nützlich! Nie wieder Haare färben!“
 

Hedda schaute hoch, weil ihr Kater plötzlich mit gespitzten Ohren vom Bett aufsprang und neugierig davontrabte. Da erst hörte sie es auch. Die Tür zu ihrem Zimmer stand offen, sonst hätte Hedda es überhaupt nicht gehört. Sie legte langsam ihr Buch zur Seite. Leise, scharrende Geräusche an der Wohnungstür. Safall war das nicht. Der hatte einen Schlüssel. Und für gewöhnlich gab er sich nicht so viel Mühe, leise zu sein. Aus dem toten Winkel sah sie einen Schatten an der Wand entlang huschen und zu Sewill weitergehen. Schleichenden Schrittes. „Was zur Hölle ...!?“, flüsterte Hedda fassungslos und stand auf, um hinterher zu gehen.

Die Wohnungstür stand noch offen. Einen Moment lang unschlüssig überlegte sie, was sie tun sollte. Dann ging sie hin, schloss die Tür wieder und zog ihren Schlüsselbund hervor, um von innen abzuschließen. Was auch immer da gerade in Sewills und Safalls Zimmer hockte, würde ihr ganz sicher nicht entkommen. Sie bemühte sich, mit den Schlüsseln nicht allzu laut zu klimpern. Dann platzte sie forschen Schrittes zu dem weißen Selkie-Mädchen hinein.

Mitten im Raum stand der widerliche, gelbzähnige Hausmeister und gaffte sie erschüttert an. Er war zu Tode erschrocken über die Störung. „Was tust du hier?“, krächzte er entrüstet und trat einen Schritt zurück.

„Ich wohne hier, wenn´s genehm ist! Darf man fragen, was Sie hier tun?“, erwiderte Hedda und schaute sich weiter um. Sewill lag auf dem Bett und schien zu schlafen. Sicherlich mit einem mächtigen Schlafzauber ins Land der Träume befördert, sonst wäre sie schon längst aufgewacht.

„Warum bist du nicht bei den Vorlesungen?“, wollte der Hausmeister wissen und versuchte dabei hitzig zu klingen, als hätte er einen berechtigten Grund, ärgerlich zu sein. Als ginge ihn der Tagesablauf der Studenten sehr wohl etwas an.

„Ich wüsste nicht, was Sie das kümmern sollte.“

Er schaute sich nervös nach einem Fluchtweg um. „Safall hat mich gebeten, gelegentlich nach seiner Schwester zu sehen, wenn er nicht da ist.“, versuchte er sich herauszureden. Leider war er ein zu schlechter Schauspieler um glaubhaft zu wirken. Er merkte selber, daß er durchschaubar war.

„Lüge! Dafür hat er mich! Raus mit der Sprache! Was haben Sie notgeiler, alter Bock hier zu suchen? Karorinn hat mich schon vor Ihnen gewarnt, als ich hier eingezogen bin! Sie stellen jungen Mädchen nach, was?“

„Ja! Ja, das ist es!“, nickte er eifrig. „Hast mich erwischt!“, stimmte er zu und hechtete dann an Hedda vorbei, um das Weite zu suchen, wurde aber bereits im Flur wieder gestoppt, als er die Wohnungstür verschlossen vorfand.

Hedda verengte argwöhnisch die Augen. Diese Ausrede, die sie ihm vorgeschlagen hatte, hatte er etwas zu bereitwillig angenommen. Da war noch mehr. Sie schaute sich nochmal im Zimmer um, fand aber außer der nach wie vor fest schlafenden Sewill nichts ungewöhnliches. Also folgte sie ihm.

Der abgewrackte Hausmeister hatte sich inzwischen von seinem Schreck erholt und ging, da er keine Fluchtmöglichkeit fand, in den Angriff über. „Wenn ich´s mir recht überlege ...“, begann er böse, packte Hedda am Schlawittchen und schob sie rückwärts zurück in Sewills Zimmer. „... hab ich doch kein so großes Interesse an euch Mädchen. Aber ich glaube, du hast was, das mir gehört. Du bist doch die, die immer mit dieser japanischen Yôkai durch die Gegend zieht! Wäre ja ein schöner Zufall, wenn du grundlos hier bei diesem Mädchen wohnen würdest.“, meinte er mit Deut auf Sewill.

Hedda konnte gar nicht so schnell Zusammenhänge herstellen. Soleil, Sewill, und etwas, das ihm gehörte? Ihr fiel nichts ein, wie sie diese drei auf eine Gleichung bringen sollte. Sie hatte nichts, was diesem Kerl gehörte! Und der Umstand, daß er gerade in einen handfesten, tätlichen Übergriff überging und sie körperlich bedrängte, machte ihr ziemlich Angst. Vielleicht hätte sie die Tür doch nicht abschließen sollen!

„Du warst doch mit der Yôkai im Tee-Haus! Gib es zu!“

„Ja. Mehrfach!“, stimmte Hedda verwirrt zu.

„Und du hast dort etwas gefunden! Rück es wieder raus!“

„Was!?“ Es dauerte noch eine Sekunde, dann kam der Gedankenblitz. „Das Amulett?“

„Ich sehe, du weißt wovon ich rede!“, griente der schmuddelige Hausmeister zufrieden. Inzwischen hatte er Hedda mit dem Rücken gegen den Kleiderschrank geschoben und baute sich drohend vor ihr auf. „Gib mir das Fluch-Medaillon zurück! Ich brauch es wieder, hörst du?“

„Ich hab es nicht mehr!“, wehrte Hedda eingeschüchtert ab.

„GIB ES HER!“, schrie er. War das schon mehr als Ungeduld? Schwang da schon Panik mit? Er schien das Ding wirklich dringend zu brauchen. „GIB ES MIR, SOFORT!“ Er schüttelte Hedda und wuchtete sie immer wieder rückwärts gegen den Schrank.

Hedda schnappte eine Sicherung raus. „Ich hab das blöde Ding nicht mehr!“, schrie sie zurück, holte aus und stempelte ihm in Notwehr die blanke Faust auf die Nase.

Getroffen ließ er sie los und taumelte zurück. Und hielt dann blöd glotzend inne, als er sich selber dort stehen sah.

Hedda hatte, da sie allein in ihrem Zimmer gesessen hatte, keine Handschuhe getragen. Der direkte Hautkontakt zwischen ihrer Faust und seinem Gesicht hatte bewirkt, daß sie mit ihm den Körper getauscht hatte. Der 'verfluchte Fluch' war ja nach wie vor im Gange. Ohne nachzudenken handelte Hedda affektartig weiter. Sie griff nach einem schweren Gegenstand vom Schreibtisch und zog ihn dem Hausmeister – also quasi sich selbst – über den Kopf. Der sackte, in ihrem Körper steckend, in sich zusammen und blieb reglos liegen.

Hedda atmete schwer durch und versuchte die Situation wieder unter Kontrolle zu bekommen. Was in Gottes Namen war hier gerade passiert? Sie bemerkte erst jetzt, daß sie im Körper des Hausmeisters steckte. Ihr eigener Körper lag ohnmächtig vor ihr auf dem Boden. Obwohl sie es aufgrund der häufigen Körpertausche mit Sewill inzwischen gewohnt war, war es immer wieder spooky, sich selbst ins Gesicht zu schauen. Ihr Blick wanderte zu dem Briefbeschwerer in ihrer Hand. Sie ahnte, daß ihr der beherzte Schlag später noch leid tun würde, wenn sie dann wieder wach war und wieder in ihrem eigenen Körper steckte. Aber jetzt hatte sie erstmal ganz andere Sorgen. Was wollte der Hausmeister mit dem Amulett, das die beiden Schläger im Tee-Haus verloren hatten? Was hatte der Alte mit den Schlägern zu schaffen? Kurzerhand beschloss sie, ein paar Recherchen zu betreiben. Wo sie ohnehin einmal mit dem Gesicht des Hausmeisters rumlief, sollte ihr das nicht schwer fallen. Sie zerrte ihren eigenen ohnmächtigen Körper an den Klamotten in ihr Zimmer, fesselte ihm die Hände und Füße und schloss ihn dann auch noch in ihrem Zimmer ein. Sie hoffte, das würde vorläufig genügen, damit der Hausmeister nicht türmte, solange sie weg war. Für Safall ließ sie eine kurze Nachricht da, was passiert war, damit er ihn nicht versehentlich frei ließ, wenn er zurück kam und ihn drinnen toben hörte. Für ihn sah er ja schließlich nach Hedda aus.
 

Keine halbe Stunde später stand Hedda in einer Seitengasse herum, beobachtete verstohlen das Tee-Haus und überlegte, ob sie da jetzt wirklich reingehen sollte. Tatsächlich hatte sie keine Ahnung, wie sie auftreten und sich geben sollte, um glaubwürdig zu erscheinen. Sie kannte den Hausmeister ja gar nicht. Man würde bestimmt sofort merken, daß mit ihm etwas nicht stimmte. Ihr Vorhaben kam ihr plötzlich gar nicht mehr so einfach vor. Eine schwere Pranke fiel unvermutet auf ihre Schulter und ließ sie quietschend herumfahren.

„Hey, Hausierer, mit dir haben wir ja gar nicht gerechnet. Bist ja zeitig dran.“, bellte einer grüßend und grinste ihn an.

Hedda schaute die beiden mit großen Augen an. Das waren die zwei Schläger von damals. Das ging ja schnell, daß sie auf die beiden traf. Wenn sie nur wenigstens gewusst hätte, wie die hießen, damit sie sie irgendwie anreden konnte. Sie würden sonst schnell Verdacht schöpfen. „Hi. Ja ... ähm ...“ Sie kratzte sich überfordert den strähnigen Kopf und überlegte fieberhaft, was sie sagen sollte. „Es gab da ein paar Probleme, wisst ihr? Mit dem ...“ Wie hatte der Hausmeister es genannt? „Mit dem Fluch-Medaillon.“

„Hast du´s immer noch nicht zurück?“, hakte einer der beiden nach.

„Nein.“

„Versager! Naja, egal. Los, lass uns endlich in irgendeine Kneipe gehen.“
 

Hedda würgte sich einen Schnaps herunter und hustete.

„Was ist denn heute los mit dir, Hausierer? Verträgst du den Sprit nicht mehr? Du kippst dir das Zeug doch sonst immer feste in die hohle Birne rein.“

„Ja, man, du bist heute voll komisch.“

Hedda schaute die beiden nicht an, von denen sie inzwischen immerhin wusste, daß sie Cord und Third Eye hießen. „Ich bin heute echt nicht auf der Höhe.“, grummelte sie nur, in der Hoffnung, den Hausmeister halbwegs gut zu imitieren.

„Wenn du das Fluch-Medaillon noch nicht wieder hast, hast du wohl auch den Zauber noch nicht erneuern können, oder?“, hakte Cord nach.

Hedda schüttelte den Kopf. „Nein.“

„Dann sieh zu, daß du´s wiederkriegst!“

„Das Mädchen hat es nicht mehr. Ich weiß nur noch nicht, wo es hin ist.“

„Dann finde es!“, trug Third Eye ihr auf, als ob das so einfach wäre.

„Wo-Wozu sagtet ihr, braucht ihr das Medaillon gleich nochmal?“, wollte Hedda vorsichtig wissen, aus Angst, sich mit dieser seltendämlichen Frage endgültig zu verraten. Sie schob das Schnapsglas von sich. „Verdammisch, ich hab heute schon zuviel von dem Zeug gesoffen. Ich bin ganz Banane im Kopf.“, fügte sie noch an, um ihr absonderliches Verhalten den beiden Schlägern irgendwie plausibel zu machen.

Third Eye schüttelte tadelnd den Kopf. „Du solltest echt mal weniger saufen, Hausierer. Auf dem Medaillon liegt ein Fluch, das weißt du doch! Aber weil der, der von dem Fluch eigentlich getroffen werden sollte, schneller tot war als wir gucken konnten, ist der Fluch auf uns zurückgefallen. Weil er sonst kein anderes Opfer außer uns als Ersatz finden konnte! Darum musst du dieses blöde Ding unbedingt wiederfinden, verstehst du mich!? Wir müssen den Zauber, der uns den Fluch vom Hals hält, so bald wie möglich erneuern, sonst schlägt er wieder durch!“

Hedda kratzte sich wieder am Kopf. Die verwilderten, ungewaschenen Haare waren echt unangenehm. Warum sahen eigentlich alle Verbrecher so aus? Cord und Third Eye hatten genau die gleichen verlotterten Haare. „Mit dem Selkie-Mädchen? Das wird euch aber nicht mehr lange nützen. Das ist schon halb tot.“, gab sie zu bedenken. Vielleicht suchten sich die beiden ja ein anderes Opfer. Das wäre zwar auch nicht schön, aber zumindest wäre Sewill erstmal gerettet. Für das neue Opfer hatte man dann ja wieder ein paar Jahre Zeit, um sich eine Lösung zu überlegen. Erst beim nochmaligen Nachdenken über die Sachlage fiel ihr auf, daß die beiden Gauner gar nichts davon gesagt hatten, daß Sewill für den Zauber von Nöten wäre. Sewill hatte lediglich das Fluch-Medaillon in die Hände bekommen, das die beiden wiederhaben wollten. Nicht mehr und nicht weniger konnte Hedda mit Sicherheit sagen. Mist. Hoffentlich war das jetzt nicht das Ende ihres Gespräches, weil sie endgültig aufgeflogen war. Sie griff nach der Schnapsflasche und goss sich schnell noch einen ein. „Ich glaube, das hängt alles irgendwie mit diesem Akomowarov zusammen.“, wechselte sie das Thema.

„Natürlich hängt das mit Victor zusammen, du Idiot! Wegen dem machen wir diesen ganzen Zirkus doch! Was ist denn heute bloß los mit dir!?“



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