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Racheengel

Du entkommst ihr nicht!
von

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The First

6. The First

 

„Alles ok bei dir, Temari?“, fragte Shikaku sie, als sie aus Asumas Büro kam. Temari nickte einfach nur. Was sollte sie auch schon sagen? Ihre große Liebe war gestorben und sie hatte gerade erfahren. Dass er nie Gerechtigkeit erfahren würde. Trotzdem konnte sie nichts daran ändern. Sie konnte nur versuchen mit den Bildern, die sich in ihren Kopf gebrannt hatten, fertig zu werden. Erst dann würde es ihr vielleicht wieder gut gehen.

 

„Soll ich dich dann wieder nach Hause fahren?“, fragte Shikaku führsorglich weiter. Dieses Mal schüttelte Temari den Kopf.

  „Ich würde mir gerne noch ein wenig die Beine vertreten“, erklärte sie. Ein Lächeln huschte über Shikakus Lippen. Vermutlich freute er sich, dass sie sich nicht mehr in ihrem Zimmer einschloss und ihrer Trauer hingab. Würde er aber wissen, dass sie auch jetzt nur die Bilder von seinem toten Sohn vor Augen hatte, würde er sich sicher nicht so freuen.

 

So nickte er einfach nur und sagte: „Wenn etwas ist, kannst du dich gerne an mich wenden. Ruf einfach an.“ Wieder nickte Temari nur, bevor sie sich von ihm und Asuma verabschiedete. Erhobenen Hauptes verließ sie das Revier, ohne noch einen Blick auf die Vitrine zu werfen. Zumindest versuchte sie das. Am Ende gelang es ihr schließlich nicht. Aber wenigstens bekam sie so nichts von den mitleidigen Blicken mit, die ihr die Polizisten zuwarfen …

 

Als sie raus auf die Straße trat, ließ sie sich von ihren Füßen treiben. Ihre Gedanken waren schon lange wieder bei Shikamaru. In den letzten Tagen hatte sie Stunde um Stunde damit verbracht, den schlimmsten Moment ihres Lebens Review passieren zu lassen. Sie hatte überlegt, was sie hätte anders machen können, um ihn zu retten. Doch jedes Mal wieder starrte sie völlig bewegungslos in den Lauf der Waffe. Sie konnte sich einfach nicht rühren, konnte einfach nur zuhören und zusehen wie ihre Liebe, ihr Leben, sie langsam verließ, ohne etwas tun zu können.

 

Ja. Die Hilflosigkeit. Es war die Hilflosigkeit, die sie langsam aber sicher immer mehr von innen zerriss … Zerbrach an der Hilflosigkeit und Einsamkeit. Ja, sie war nicht alleine. Sie hatte ihre Brüder, ihre Freunde und sogar Shikamarus Eltern. Trotzdem fühlte sie sich so einsam wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Einsam und Leer. Nein, es war nicht die Einsamkeit, die sie zerfraß. Es war diese unendliche Leere, die sie in ihrem Herzen spürte …

 

Eine einzelne Träne stahl sich aus ihrem Augenwinkelt, rollte ihre Wange herunter und riss sie aus den Tiefen ihrer Gedankenwelt. Schnell fuhr sich Temari über ihre Wange, um die verräterische Spur zu verbannen, wollte sie doch nicht noch einmal weinen. Shikamaru hätte sicherlich nicht gerne gesehen, wenn sie wegen ihm weinte. Ja, er hätte auch nicht gewollt, dass sie all ihren Schmerz in sich hinein fraß, aber so war sie nun mal …

 

Um die Gedanken abzuschütteln, blickte sie sich um. Dabei versuchte sie zu ergründen, wo sie überhaupt war. Lange musste sie aber nicht nachdenken. Jeder kannte diesen Ort. Jeder kannte ihn, weil fast alle ihn mieden. Ihre Füße hatten sie direkt zu dem Eingang des gefährlichsten Viertel der Stadt geführt. Ein Viertel, in dem nur das Schlechteste zusammen kam. Mord. Armut. Gewalt. Prostitution. Drogenhandel. In diesem Viertel versammelten sich die gefährlichsten Menschen der Stadt.

 

Normalerweise würde sie gleich wieder umdrehen und diese Gegend verlassen. Doch etwas sagte ihr, dass ihre Beine sie nicht umsonst hierher getragen haben, weshalb sie endschied einfach weiter zu gehen. Angst hatte sie dabei nicht. Was hatte sie auch schon zu verlieren? Ihr Leben hatte ihr schon jemand genommen. Sie war eigentlich nur noch eine leere Hülle.

 

Als sie aber ein paar Schritte gegangen war, wusste sie, warum ihre Beine sie direkt hier her getragen haben. In einer Gasse konnte sie ihn sehen. In den letzten Tagen hatte sie sein Gesicht immer wieder sehen müssen. Ja, sie war sich sicher, dass er es war. Sein Gesicht würde sie niemals vergessen. Er war es schließlich, der ihr ihr Leben geraubt hatte …

 

Lange stand Temari einfach nur da. Stand da und beobachtete ihn. Beobachtete ihn, wie er seine Drogen verkaufte, Leute bedrohte und mit den Prostituierten sprach. Während sie ihm dabei zusah, füllte sich ihre innere Leere Stück für Stück mit Hass. Hass und Wut. Eine Wut, die sie zugleich füllte und auffraß, ohne dass sie es bemerkte und hätte aufhalten können.

 

Von der Wut und dem Hass getrieben, setzte sich Temari wieder in Bewegung. Doch statt zu gehen und diesen grauenhaften Ort zu verlassen, ging sie auf ihr persönliches Monster zu. Dass es mittlerweile dunkel geworden war und kaum Laternen brannten, war für sie dabei vorteilhaft. Trotzdem führte ihr Weg sie um das Nachbarhaus herum, sodass sie plötzlich hinter ihm stand. Eine dicke Eisenstange, die sie auf dem Weg hierher gefunden hatte, ließ sie ohne mit der Wimper zu zucken auf seinen Kopf niederrasen. Dabei nutzte sie all die Wut und den Hass, den sie in sich trug. Ihr Monster ging augenblicklich zu Boden …

 

Temari fackelte nicht lange und zog das Objekt ihrer Wut tiefer in die Gasse hinein. Mit ihrem Gürtel fesselte sie ihn an ein Abflussrohr, bevor sie ihn durchsuchte und eine Pistole herausholte, damit er sie nicht gleich angriff, wenn er wieder zu sich kam …

 

Erst danach kam ihr wahres Bewusstsein wieder hervor. Erst dann realisierte sie, was sie getan hatte und was sie im Begriff war zu tun. Erst dann klang ihre Wut und ihr Hass langsam wieder ab …

 

Kalt lag dabei das Metall der Waffe in ihren Händen. Kalt und unsicher. Es war das zweite Mal, dass sie eine Waffe in ihren Händen hielt. Shikamaru hatte sie einmal mit zum Schießtraining genommen, damit sie sich selbst verteidigen konnte. Dabei war sie zwar ziemlich gut, aber schon damals hatte sie sich nicht wohl gefühlt. Sie hatte es gehasst. Hatte gehasst, wie sich das Ding in ihrer Hand anfühlte, hatte gehasst, welche Geräusche es von sich gab. Sie hatte gehasst, was sie damit alles anrichten könnte …

 

Nun aber war es schlimmer. Es war schlimmer, weil ihr bewusst war, dass dies wahrscheinlich die Waffe war, mit der er Shikamaru getötet hatte, mit der er ihr ihr Leben genommen hatte. Die Waffe in ihren Händen zu halten riss das Loch in ihrer Brust nur noch weiter auf. Genauso wie im Detail zu erzählen, was passiert war, ließ die Waffe in ihren Händen das Geschehene Realität werden. Doch mit der Realität kamen auch die Traurigkeit und der Hass wieder. Hass gegen den Mann, der ihr alles genommen hatte. Hasse gegen sich selbst, weil sie es nicht schaffte, sich zurück zu halten …

 

„Na wen haben wir denn da“, hörte sie plötzlich die Stimme, die sich zusammen mit den Bildern in ihren Kopf gebrannt hatte. Wieder stand sie in jener Nacht neben Shikamaru, sah in den Lauf und hörte den Schuss, ohne sich rühren zu können … Temari schluckte. Schluckte die Gedanken herunter, um die Kontrolle über sich und ihren Körper zurück zu bekommen. Es funktioniert nur dürftig. Die Bilder waren weg, doch der Hass, die Traurigkeit und die Frustration blieben.

 

„Ist das nicht unser kleines Prinzesschen mit dem Polizistenfreund“, lachte er laut. Lachte ähnlich wie in jener Nacht. Temari aber blieb unbeeindruckt. Zumindest äußerlich, innerlich riss ihr Herz immer mehr und an den freien Stellen nahm Hass den Platz der vergangenen Liebe ein.

  „Hast du dich so sehr nach mir verzehrt, dass du extra hierher zu mir kommen musstest, Süße“, feixte er lachend, wobei es ihn gar nicht kümmerte, dass er an ein Abflussrohr gefesselt war.

 

Temari aber blieb ruhig, zumindest ein wenig. Mit zittrigen Händen richtete sie die Waffe auf ihn.

  „Wer hat Shikamarus Mord in Auftrag gegeben?“, fragte sie. Ihr Herz flatterte, während sie diese Frage stellte. Dabei war sie sich nicht mal sicher, was sie hier überhaupt tat. Sie ließ sich vollkommen von ihren Gefühlen treiben. Ließ sich von der Wut und der Verzweiflung treiben.

 

Der Fremde aber lachte.

  „Komm schon Kleines, du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir irgendwas sagen würde, selbst wenn ich irgendwas wüsste“, spöttisch sah er ihr in die Augen.

  „Du hast die Wahl. Entweder, du sagst es mir oder du hast bald eine Kugel in deinen Eiern“, erwiderte Temari völlig kühl. Jegliche Liebe war aus ihrem Blick und aus ihrer Stimme verschwunden. Um sich selbst zu schützen, hatte sie sie in den Überresten ihres Herzens verschlossen. Mit der Liebe aber waren auch die Unsicherheit und das Zittern verschlossen. Für sie zählten in diesem Moment nur die Information und der Wunsch, Shikamaru Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen.

 

Das Monster vor ihren Augen verkannte die Situation, glaubte er nicht an ihre Worte.

  „Als ob du das wirklich tun würdest. Dafür hast du viel zu große Angst“, erwiderte er hart, schien auch ihm langsam der Spaß an der Sache zu vergehen, weshalb er auch begann an den Fesseln zu zerren. Temari aber zuckte nur mit den Schultern und sagte völlig emotionslos: „Wie du willst“, bevor sie die Waffe ein wenig senkte und, ohne mit der Wimper zu zucken, den Abzug losließ. Der Knall des Schusses versetzte sie für einige Sekunden zurück zu jenem Abend, doch die Schreie ihres Monsters holten sie gleich wieder zurück und ließen das Gute in ihr nicht wieder an die Oberfläche …

 

„Wer hat Shikamarus Mord in Auftrag gegeben“, fragte sie erneut, völlig unterkühlt. Die Tränen, die ihr dabei über die Wange liefen, die sie aber gar nicht spürte, verstärkten das Bild von der verzweifelten Frau nur noch mehr. Das erkannte auch der Fremde so langsam.

  „Verdammte Scheiße!!!“, fluchte er, während ihm die Schweißperlen über die Stirn rannen und sich mit den Schmerzenstränen vermischten. „Ich weiß es nicht. Ich weiß absolut nichts. Also hör auf mit dem Scheiß, du verdammte Schlampe!“ Die Beleidigungen ließen Temari völlig kalt.

  „Ich werde nicht noch einmal fragen“, erwiderte sie, richtete die Waffe auf die andere Seite. „Du hast fünf Sekunden Zeit.“ Der Fremde schluckte.

  „Fünf … Vier …“

  „Verdammt, ich habe dir doch schon gesagt, dass ich es nicht weiß“, jammerte er.

  „Drei … Zwei …“, zählte Temari völlig unbeeindruckt weiter.

  „Man bau kein Scheiß, Mädchen!“

  „Eins …“

  „Ok, ok, ich sag dir, was ich weiß, aber bitte schieß nicht“, flehte er wie ein kleiner Junge.

 

Temari aber hielt die Waffe weiter auf sein Sack gerichtet.

  „Dann sprich“, sagte sie, bereit zu schießen, wie ihr seine Antwort nicht gefiel oder sie das Gefühl hatte, dass er log.

  „Ich weiß nicht, wer der Big Boss ist. Ich habe ihn noch nie getroffen. Dafür bin ich in der Nahrungskette zu weit unten. Ich kann dir nur sagen, wer mir den Auftrag gegeben hat. Vielleicht kennt sie ja den Big Boss oder kann dir zumindest sagen, wer ihn kennt“, erklärte das Monster völlig kleinlaut und wirkte so gar nicht mehr wie ein Monster auf sie.

  „Wer ist es?“, fragte sie.

  „Sie heißt Tayuya. Sie ist oft Dragon. Sie hat rosa Haare und eine ziemliche Autorität. Wenn du sie siehst, weißt du, dass sie es ist“, erzählte er.

 

„Ist das alles, was du weißt?“, fragte Temari. Der Fremde nickte und fragte seinerseits: „Lässt du mich jetzt bitte gehen?“ Temari legte den Kopf schief. Aus ihren emotionslosen Augen traten noch immer die Tränen, die sie nicht kontrollieren konnte.

  „Nein“, sagte sie schlicht. Der Fremde sah sie schockiert an.

  „Aber ich habe dir doch alles gesagt!“, fluchte er aufgebracht.

  „Dafür bin ich dir auch dankbar“, erwiderte Temari und hob die Waffe an, um auf seinen Kopf zu zielen. „Aber das ändert nichts daran, dass du Shikamaru getötet hast.“ Eine letzte Tränen rann ihr dabei über die Wange, bevor sie den Abzug losließ und alles damit beendete …



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