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Glühwürmchen und Kirschblüte

von

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Ich bin wirklich schrecklich

Der schneeweiße Vorhang versperrte ihr beinahe gänzlich die Sicht nach draußen, das Sonnenlicht drang nur durch einen winzigen Spalt in der Mitte zwischen den Stoffen in das düstere Zimmer hinein. Zog sich wie ein feiner, glühender Faden über den Boden bis zur gegenüberliegenden Wand, an der ein Himmelbett stand und von dunklen Schatten verschluckt wurde.

Seltsamerweise schotteten die weißen Vorhänge das Licht von draußen vollkommen ab, obwohl es trotzdem ein wenig durchscheinen müsste. Deshalb blieb für die Sonne alleine dieser kleine, unscheinbare Spalt die einzige Möglichkeit mit ihren Strahlen einen Blick in diesen Raum zu werfen, während das Mädchen, das darin lebte, ebenfalls auf diese Weise die Welt außerhalb ihrer vier Wände betrachtete.

Hotaru Tomoe stand neben den Vorhängen und wich dabei dem dünnen Lichtstrahl aus, als könnte sie sich daran verbrennen, sollte sie diesem zu nahe kommen. Auf die Art gestaltete es sich schwer, überhaupt etwas draußen erkennen zu können, aber inzwischen wusste sie genau wie sie stehen musste und welcher Blickwinkel am besten geeignet war, um etwas zu sehen zu bekommen.

Normalerweise blieb die Sicht auf das schwere, kunstvolle Gittertor vor dem Haus nämlich leider das einzige, was halbwegs interessant zu beobachten war, weil dort manchmal Menschen vorbeiliefen. Ansonsten stellte sich links und rechts jeweils ein hoher Baum hartnäckig in den Weg und besonders wenn die grünen Blätter im Frühling anfingen zu blühen konnte Hotaru nichts mehr sehen.

Also blieb ihr nur der Blick geradeaus auf den Eingangsbereich. Sie musste aufmerksam sein, sonst übersah man leicht jede Person, die am Tor entlanglief. Anfangs hatte sie noch viele junge Schüler beobachten können, ab und zu auch mal streunende Katzen. Mit der Zeit kamen aber immer weniger Menschen an ihrem Haus vorbei und eine böse Vorahnung sagte ihr, dass andere dieses Anwesen mittlerweile bewusst mieden.

Es würde in ihre bisherige Lebensgeschichte passen, falls diese Vermutung der Wahrheit entsprach. Trotzdem stand Hotaru jeden Morgen vor ihrem Fenster, beide Arme um ihren abgemagerten Körper geschlungen, und blickte hoffnungsvoll nach draußen. Für sie gab es sonst keinen anderen Weg, etwas zu erleben. Sobald nicht mal mehr diese – ohnehin schon trostlose – Beschäftigung ihr etwas Freude zu schenken vermochte, wüsste sie wirklich nicht mehr, wie lange sie ihr einsames Leben noch aushalten könnte.

Dieser Gedanke entlockte ihr ein leises Seufzen, doch es verhallte ungehört in der Dunkelheit. Auch heute schien niemand an ihrem Anwesen und dem Tor vorbeizukommen, sie wartete vergeblich. Oder war sie nicht mehr aufmerksam genug?

Auch das war möglich, wie sie zugeben musste. Vielleicht sollte sie mehr trinken, schon weil sie das sowieso zu wenig tat. Egal, welches Getränk, alles blieb ihr einfach im Hals stecken und schmeckte grauenvoll, genauso verhielt es sich mit dem Essen. Ihr war bewusst, wie ungesund es für sie war, deswegen auf beides zu verzichten, also zwang sie sich so oft wie möglich dazu.

Scheinbar aber doch nicht oft genug, dachte sie betrübt. Ich schaffe es immer nur, allen Sorgen zu bereiten. Tut mir so leid, Papa ...

Plötzlich löste dieser traurige Gedanke sich kurze Zeit später wie durch Zauberei in Luft auf, denn sie entdeckte endlich jemanden am Tor. Aus dem Nichts war diese Person aufgetaucht und hielt sie davon ab, sich in tiefe Depressionen zu stürzen. Ein Mädchen war da, das sogar vor dem verschlossenen Eingang stehenblieb und anscheinend neugierig das Anwesen dahinter in Augenschein nahm.

Aufgeregt schlug Hotarus Herz ein wenig schneller und sie wagte kaum zu atmen, weil sie nicht entdeckt werden wollte. In der Regel verscheuchte ihr Anblick die meisten Menschen nur, was sie bereits mehrmals erfahren musste. Daran dachte sie in diesem Moment aber nicht. Stattdessen bewunderte sie das rosafarbene Haar des Mädchens, die roten Augen harmonierten wunderschön mit dieser sanften Farbe.

„Wunderschön ...“, flüsterte Hotaru heiser.

Kirschblüten. Das Rosa erinnerte sie sofort an Kirschblütenbäume, unschuldig und rein. Von der Frisur war Hotaru allerdings erst etwas irritiert, denn das Mädchen trug ihr langes Haar zu zwei seitlichen Zöpfen hochgebunden. Zwei spitz zulaufende Haarknödel hielten das Ganze zusammen, was Hotaru zuvor noch nie gesehen hatte.

Nur flüchtig konnte sie anschließend noch einen Blick auf eine Schuluniform erhaschen, ehe das Mädchen auch schon wieder weiterlief und aus ihrem Sichtfeld verschwand.

„Warte“, entglitt es ihr automatisch, was natürlich nichts brachte. Niemand hörte sie.

Angespannt starrte Hotaru weiterhin auf das ihr vertraute Gittertor, in der Hoffnung, die Fremde käme doch nochmal zurück, doch das geschah nicht. Dieser Augenblick war nur von kurzer Dauer gewesen und zugleich äußerst eindrucksvoll. Ob es albern war, sich derart darüber zu freuen, eine fremde Person gesehen zu haben? Ein Therapeut hätte bestimmt gesagt, dass es daran lag, weil sie immerzu alleine war und sie daher so reagierte.

Nachdenklich trat Hotaru vom Vorhang zurück und schlich zu ihrem Bett zurück, um sich hinzusetzen. Allmählich machte sich bemerkbar, wie schwach ihr Körper war. Wenigstens lenkte das Bild von den rosafarbenen Haaren in ihrem Kopf sie davon ab. Wer mochte dieses Mädchen sein? Käme sie ab heute öfter morgens hier vorbei? Womöglich war sie mit ihrer Familie erst vor kurzem in diese Gegend gezogen und besuchte nun eine Schule in der Nähe.

Kraftlos ließ Hotaru sich auf ihr viel zu weiches Bett sinken und verweilte zunächst in dieser Position, bis sie überraschenderweise Lust darauf bekam, etwas zu zeichnen. Bevor dieser Drang wieder verschwinden könnte, beschloss Hotaru, dem einfach nachzugehen. Also richtete sie sich nochmal auf und schaltete eine Lampe auf ihrem Nachtschränkchen an, aus dem sie eine Art Notizbuch hervor zog, zusammen mit einigen Stiften.

Bauchwärts legte sie sich hin und begann, auf die nächste leere Seite etwas zu zeichnen, wofür sie ein paar Buntstifte verwendet, war jedoch überwiegend damit beschäftigt, ihr langes Haar zur Seite zu streichen. Gleichzeitig bemühte Hotaru sich darum, die Tatsache zu akzeptieren, dass sie dieses Mädchen garantiert niemals wiedersehen würde und nicht zu viel in dieses heutige Geschehen hineininterpretieren sollte. Nicht auf Besserung zu hoffen war wesentlich angenehmer, als doch nur enttäuscht zu werden.

Dennoch konnte sie ihre Sehnsucht nicht abstellen, mit der sie täglich zu kämpfen hatte und aus der auch ein Neid geboren wurde, für den sie sich selbst hasste. Schon bald ertappte sie sich dabei, wie sie innerlich darüber fluchte, dass solch niedliche Mädchen stets alles in den Schoß gelegt bekamen und sicherlich niemals ernsthafte Probleme hatten. Das war unfair.

Warum konnte solchen Menschen nicht auch mal etwas Schlimmes im Leben passieren?

Abrupt hielt Hotaru beim Zeichnen inne und legte ihre Stirn auf das offene Buch. „Ich bin wirklich schrecklich. Kein Wunder, dass niemand etwas mit mir zu tun haben will ...“

Eine lange Stille füllte den Raum und verbündete sich mit den dunklen Schatten, von denen Hotaru sich einnehmen ließ. Es gab nichts, was sie dagegen tun konnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Warum Hotaru hier noch "lange" Haare hat? Lasst euch überraschen. ;3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  CharleyQueens
2016-09-24T20:18:12+00:00 24.09.2016 22:18
Ohh, eine Chibiusa/Hotaru-FF ♥________♥
Ich liebe das Pairing schon ewig und freue mich immer darüber, wenn ich FFs zu den beiden entdecke. Sie sind so süß zusammen. ^^
Jedenfalls, ich bin gespannt, wie ihr erstes Treffen sein wird. Und Hotaru tut mir Leid T_T, nicht in der Lage zu sein um zu essen und zu trinken, stelle ich mir schrecklich vor. Oder auch, dass sie nur durch diesen dünnen Spalt etwas von ihrer Umgebung sehen kann.
Ich hab den Prolog wirklich gerne gelesen und bin gespannt, wie es weitergeht. Dein Schreibstil gefällt mir bisher und die Idee scheint auch interessant. ^^
 
LG, Lilim
Antwort von: Platan
25.09.2016 01:50
Oh, ein wilder Kommentar! °//////°
Vielen Dank! ♥
Auf das Pairing Chibiusa x Hotaru bin ich ehrlich gesagt erst ganz spät gestoßen, als Kind/Jugendliche hatte ich das noch so gar nicht auf dem Schirm. XD
Ich freue mich auf jeden Fall, dass dir die Geschichte bisher gefällt. :D
Hoffentlich hast du auch weiterhin Spaß beim Lesen~. Großes Danke nochmal, für das Feedback. :3
Von:  Flordelis
2016-09-15T21:53:48+00:00 15.09.2016 23:53
Das ... ging wirklich schnell. :,D
*dümpelt noch an Titel und Cover herum und ist im Allgemeinen Q___Q*
Ich mag es jetzt schon, allein weil es zu Sailor Moon ist - und Sailor Moon war mein erster bewusst angesehener Anime und ich bin immer noch ein kleines Fangirl und *blubber*.
Und Hotaru ist ohnehin neben Setsuna mein kleiner Liebling, deswegen freue ich mich umso mehr. ♥
(Und AUs liebe ich ja ohnehin. Wie wir alle wissen. Besonders du, denn von mir hast du diese Liebe. ♥)

Zur Aufmachung muss ich kaum noch viel sagen, oder?
Sie ist gewohnt großartig, du machst das immer so toll - allein deswegen freue ich mich schon immer auf eine neue Geschichte bei dir. ♥

Okay, ich fange einfach mal mit dem Prolog an, bevor ich wieder zu blubbern beginne. D:

Woah, arme Hotaru. :<
Nur durch diesen Spalt etwas sehen zu können, stelle ich mir sehr schwer vor. Und anstrengend. Und frustrierend. Ich bin nicht gut darin, frustrierende Dinge auszuhalten. ... Außer es sind Alfheim-Portale. XD
Woah und dann stehen da auch noch Bäume, Alter! D:

Nicht mal trinken kann sie noch wirklich. =/
Da hat es aber jemanden ganz schlimm erwischt mit dem Leben. >_<
So eine Phase hatte ich mal für eine Woche im Krankenhaus, hab dafür auch jeden Tag Ärger bekommen, aber ich konnte einfach nichts trinken. D;
Daher kann ich ihn etwa nachvollziehen, wie mies das für die Arme sein muss.

Oh, ich stelle gerade fest, dass ich Hotarus Zimmer automatisch EWIG weit entfernt vom Eingang gesetzt habe. Ich bin nämlich gerade voll überrascht, dass sie Chibiusas Augenfarbe erkennt. XD
Ich übertreibe eben immer gleich zu sehr. :,D

Ein Therapeut hätte sich bestimmt vor allem darüber gefreut, dass sie noch so reagieren kann, wenn sie jemand Fremdes da vor dem Tor entdeckt. Hätte ja auch sein können, dass sie "Pff" denkt. >_<

Hotaru, sag deinem Papa mal, dass dein Bett zu weich ist. Wie kann man darin denn schlafen? >_<
... Also, klar, ich weiß schon, WIE das geht, aber ich mag es auch nicht, wenn mein Bett ZU weich ist. Ich versteh sie also.

Neeeeeeeeeeein! Hör nicht auf zu hoffen, Hotaru! D:
Hoff weiter! Immer weiter! TT___TT

Nein, keine Sorge, Hotaru, du bist nicht schrecklich. :<
Wir wissen doch alle, wie frustrierend es sein kann, wenn das Leben einem übel mitspielt und es einem vorkommt, als bekämen alle anderen einfach alles in den Schoß geworfen. >_<
Kieran: Ich kann da auch ein Lied von singen.
Faren: Ja, sing! =D
Kieran: ... Nein. =_=
Faren: :<

Also mir gefiel dieser Prolog gut. ♥
Er liest sich irgendwie erstaunlich leicht, so ... mühelos, wenn das irgendeinen Sinn macht.
Aber ich bin auch nicht überrascht, denn du bist großartig und awesome. ♥
Keep it up~.
Antwort von: Platan
16.09.2016 00:01
What, der Kommentar kam aber diesmal ziemlich schnell! °///°
Awww, vielen Dank dafür, Schatz. ♥
Ferris: Sie wollte sich bestimmt nur ihr Revier markieren. >:3

Ich habe gar nicht daran gedacht, dass es eigentlich schwer sein sollte, Augenfarben zu erkennen, weil es ja schon eine gewisse Entfernung hat ... aber Chibiusas Augenfarbe fällt doch ziemlich auf. XD *herausred*

In weichen Betten könnten ich auch nicht gut schlafen. ;<
Ich will Kieran auch singen hören. :3
(Sogar bei Sailor Moon sind die OCs dabei. ♥ Bestimmt hat Faren ihn hierher geschleppt. X3)

Ich freue mich sehr, dass sich der Prolog leicht liest. Ich habe ihn auch mit einer echt angenehmen Leichtigkeit geschrieben, kein Vergleich zu LsS, wo ich fast immer voll nachdenken muss. x_X

Es ist schön, dass du so mit Hotaru mitfühlst ... sie ist mein kleiner Liebling. Q___Q
Nochmal ganz dicken Dank für deinen Kommentar. ♥♥♥ *durchflausch*


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