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Ich lasse dich darum flehen!

von

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Lass dich… ach verdammt, sei einfach glücklich! Teil 1

27. Kapitel

Lass dich… ach verdammt, sei einfach glücklich!
 

Die Sonnenstrahlen kitzelten ihn schon lange, daher hatte er sich vor einer Weile auf die andere Seite gedreht und die Decke teils über den Kopf gezogen. Noch war Lily nicht wach, er wollte jede Minute auskosten, die zwischen diesem Gedanken und dem Hereinstürmen dieses kleinen Engels lag. Mit ihren drei ein Halb Jahren fand sie immer einen Weg aus ihrem Bett und seit sie laufen konnte, bekam sie die Tür geöffnet. Offensichtlich hatte Dracos Art zu Zaubern eine sehr negative Folge… Lily schien sie intuitiv zu verstehen. Zumindest vermuteten das die beiden, immerhin bekam die Kleine schon lange jede Tür auf.

Warte, warum hörte er seinen Freund nicht? Es war unglaublich still im Raum und außer seinem Atem nahm er auch nichts weiter wahr. Wie spät war es? Wie von einem Blitzschlag getroffen brannte die Panik in jeder Zelle seines Körpers auf und er riss die Decke zurück. Er lag schon eine ganze Weile hier und döste entspannt vor sich hin. Zu lange, als dass es noch früh am Morgen sein konnte!

Mit diesem Gedanken starrte er auf die Uhr und nun packte ihn die geballte Angst! Es war schon 7:42 Uhr!!! Das war viel zu spät! Lily kam immer zwischen 5 und 6 Uhr morgens in ihr Zimmer und weckte sie unendlich regelmäßig. Sie war also beinahe 2 Stunden überfällig! Tief atmete er ein, versuchte sich zu beruhigen und erinnerte sich an Dracos Fehlen. Sein Blick über die Schulter machte deutlich, dass er nicht hier war. Vielleicht hatte er sich um Lily gekümmert, damit… scheiße! Er war ja gar nicht da! Draco war diese Nacht ja gar nicht hier! Er hatte doch die Nacht in Russland verbracht, weil es dort gerade auffällig vielen Erkrankungen in dem kleinen Dorf bei Jelena gab.
 

Nun war er gänzlich von diesem erschütternden Gefühl ergriffen. Wo war seine Tochter? Mit diesem Gedanken sprang er aus dem Bett, griff nach der Hose, die er gestern ausgezogen hatte. Er hatte sie gerade erst angezogen, als er schon in sein T-Shirt geschlüpft war. Was auch immer geschehen sein musste, er hatte es verschlafen! Zu der ihn erfüllenden Panik kam nun eine gewaltige Portion Schuld, die ihn beinahe zu ersticken versuchte.

Ein Schrei! Die grünen Augen weiteten sich und ruckartig drehte sich Harry dem Fenster zu, welches hinter den roten Vorhängen verborgen lag. Die Sommersonne schien hinter den Stoffen und erhellte den Raum deutlich. Einen Moment lang hörte sein Herz auf zu schlagen und sein Verstand begriff, um welche Stimme es sich handelte.

Gerade noch konnte er seinen Reflexen widerstehen und drehte sich zum Nachttisch um, auf dem sich noch immer seine Brille befand. Mit zusammengekniffenen Augen beugte er sich vor, suchte das gestern nur unachtsam zur Seite gelegte Stück. Kaum hatte er die schwimmenden Umrisse entdeckt, griff er auch schon danach. Er musste sich beeilen! Seine kräftigen Finger umgriffen den Zauberstab und mit noch immer vor Angst klopfendem Herzen rannte er zur Tür.

Ein Lachen? Irritiert hielt er inne, die Türklinke schon umgriffen. „Nicht so laut, Lily!“ Mahnte eine ihm sehr bekannte Stimme, die nicht minder geräuschvoll war. Ein erneutes, quietschendes Lachen war die Antwort und nur bruchstückweise begriff Harry die Bedeutung dieser Worte. Wie in einer Trance gefangen wendete er sich von der Tür ab und bewegte sich starr auf das Fenster zu.
 

Es wirkte beinahe so, als betrachtete er sein eigenes Handeln nur aus der Perspektive des Zuschauers, als träfe er selbst keine eigenen Entscheidungen und mit zitternder Hand legten sich seine Finger um den Stoff des Vorhangs. Langsam, beinahe behäbig zog er an dem Stoff und blinzelte, als das helle Sonnenlicht sein Gesicht traf. Es dauerte, bis er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte. In der Zeit ertönte noch einmal die vertraute, junge Stimme im Garten. „Lily, bitte, sei nicht so laut. Du weckst deinen Vater noch auf!“ Nun war eine gewisse Verzweiflung zu hören und die kleine Hexe kicherte nur noch halblaut vor sich hin.

Blinzelnd wurde langsam das Bild des blauen Himmels und der dunklen Hecke im hinteren Teil des Gartens sichtbar. Sie verteidigte das Grundstück gegen die Nachbarn der parallel verlaufenden Straße. An diesem Punkt trafen die Grundstücke der Cervine-Street und der Windhover-Street aufeinander, ein an sich nicht weiter tragischer, nicht zu erwähnender Tatbestand, außer bei näher Betrachtung des dahinter liegenderen Gartens. Mrs. Mary Clark war der Drache der Nachbarschaft, der von allen belächelt und gefürchtet wurde. Sie hasste die beiden Männer, die in solch unsittlicher Beziehung zueinander standen und dann auch noch ein kleines Kind aufzogen. Er konnte hören, wie sie wütend die Terrassentür zu schlug und wahrscheinlich ihrem Mann zorngerötet vorhielt, dass aus diesem Kind nie etwas werden würde. Sie regte sich sicher über die Lautstärke auf, mit der Lily im Garten tobte.
 

Tief atmete er ein, sah den kleinen Gartenteich, der von einer großen Rabatte umgeben war. In ihm schwammen drei Goldfische, tummelten sich mit einem kleinen Frosch, der gerne auf den Seerosenblättern saß. In der Nähe standen zwei alte, kräftige Bäume, die noch immer stark genug waren um eine Hängematte zu tragen. Es war ein grober, dennoch weicher Stoff, der in heller Farbe zwischen zwei festen Holzstäben gespannt war, sodass die Liegefläche breiter wurde.

Lily stand hinter einem der Bäume, grinste breit über ihr noch immer rundes Gesicht und kaum war ihr Verfolger dem Baum näher gekommen, zu nahe, rannte sie aufrecht unter der Hängematte hindurch. Sie war nicht besorgt, nicht in Gefahr, nicht verängstigt, sie spielte! Sie war gesund, glücklich und wohl auf. Vielleicht zu wohl auf, denn als der 16 Jährige leise fluchend um die beiden Bäume rannte, schrie sie vergnügt auf und rannte auf ihren kurzen Beinen so schnell zur Terrasse zurück, dass Harry lächeln musste. Es ging ihr gut! Erleichtert kam dieser Gedanke endlich in seinem Verstand an und löste die Anspannung seines Körpers. Es ging ihr gut!
 

„Hier draußen seid ihr also. Na, spielst du wieder „Wie ärgere ich am besten Scorpius?“ oder soll das doch eher Fangen sein?“ Neckte eine tiefe Stimme die kleine, rothaarige Hexe, die nun voller Begeisterung rief. „Daco! Daco! Du bist wieda da!“ Harry trat näher an das Fenster heran und beobachtete, wie erleichtert der Blonde stehen blieb. Der Slytherin atmete tief ein und aus, fuhr sich mit beiden Händen durch die kurzen Haare. „Ich glaube, dass es ihr Lieblingsspiel ist. Sie hat es vermisst mich zu ärgern. Wenn Harry jetzt nicht wach ist, dann wäre das wirklich ein Wunder.“ Brummte Scorpius noch immer so laut, dass es Harry hören konnte. Er hatte das Fenster leise geöffnet und sich auf die Fensterbank gesetzt.

„Warum? Wolltest du ihm heute etwas mehr Schlaf gönnen?“ Klang wieder die tiefe Stimme, die Harrys Herz sanft berührte und ein warmes Kribbeln in seinem Bauch auslöste. Es war schön zu bemerken, dass dieses nach den chaotischen Jahren, die sie miteinander verbracht hatten, noch immer der Fall war.

„Ja, heute ist doch wieder der erste Samstag in den großen Ferien. Du kennst ihn doch, heute rennt er wieder wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Gegend!“ Scorpius war nun auch unter das große Sonnensegel getreten, welches die Terrasse überspannte. Harry zog beide Augenbrauen in die Höhe, als er Draco lachen hörte. „Oh ja, da hast du Recht!“ Antwortete dieser und leicht beleidigt schloss Harry die Augen, um ihnen weiterhin zu lauschen.
 

„Dann bin ich ja gespannt, wann er aufgedreht hier unten ankommt und sich beschwert, dass wir ihn an einem so wichtigen Tag so lange haben schlafen lassen! Oder er kommt hier unten mit gezücktem Zauberstarb angerannt und erwartet, dass Lily etwas zugestoßen ist, weil sie ihn heute nicht geweckt hat!“ Stichelte nun der Kräuterkundige.
 

„Bei Merlin, daran habe ich ja noch gar nicht gedacht. Aber ja, das sähe ihm ähnlich. Ich will ihn mir gar nicht vorstellen, wenn seine kleine Prinzessin mal einen Freund hat, wenn sie sich das erste Mal verliebt! Eine Glucke ist nichts dagegen!“ Antwortete Scorpius, der sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Es klang in seiner Stimme mit.
 

„Oh ja, ich bedauere den Jungen jetzt schon, der ihr das erste Mal das Herz bricht.“
 

„Kann man ein Herz bechen?“ Fragte nun Lily und klang dabei erstaunt und verwirrt zugleich. Mit einem Seufzen bemerkte Harry doch auch die Verlegenheit, die nun auf seinen Wangen brannte. Ja, doch, er war vielleicht etwas zu… engagiert? Er versuchte sich ja immer zurückzuhalten und Lily ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen. Aber sie war nicht einmal vier Jahre alt!
 

„Wenn ein Herz bricht, dann verletzt man nicht den Körper, sondern die Gefühle. Erinnerst du dich noch daran, dass du vor ein paar Tagen unbedingt Schokolade wolltest und dein Papa ja sagte und dann keine mehr da war? Das war so richtig enttäuschend oder?“

Nun konnte er regelrecht vor seinem geistigen Auge sehen, wie sich das rosige Gesicht verspannte, die kleinen Ärmchen voller Enttäuschung vor der winzigen Brust verschränkt wurden und sie schließlich empört rief. „Oh ja! Das war gans, gans gemein!“ Das folgende Prusten musste von Scorpius kommen.
 

„Das, nur noch viel, viel schlimmer, so ist es, wenn einem das Herz gebrochen wird.“ Erklärte nun Draco und der schwarzhaarige Auror verkniff sich den Gedanken, er wäre genauso unsensibel und hätte es ihr erklärt. Dreijährige kleine Mädchen mussten nicht wissen, was ein gebrochenes Herz war.
 

„Heilt das wieda?“ Fragte die kleine Stimme nun nach, doch bevor es zu einer Antwort kam, kreischte sie voller Freude auf. „Noi! Noi! Noi!“ War nun ein verständlicher Teil des Kreischens und er hörte das Heulen eines Wolfes. Harrys Blick fiel wieder in den Garten und nachdem sich die Kinderstimme wieder auf einem normaleren, verträglicheren Ton eingestellt hatte, kam das Gespann zum Vorschein. Lily rannte lachend auf den Rasen, gefolgt von einer schwarzen Wölfin, deren Fell immer grauer geworden war. Das Alter hatte sie gezeichnet und trotz der Tatsache, dass sie eine halbwilde Wölfin war, zog es sie immer stärker in die Ruhe dieser Kleingärten. Das einst einmal wilde, stolze Tier, welches zwischen diesen mächtigen Kiefern Hasen zerriss und dessen scharfe Zähne sich selbst bis in das Fleisch unter das Fell eines fetten Rehes gebohrt hatten, humpelte nun mit erhobenen Ohren dem kleinen Menschen hinterher und liebte es sie vom Wasser fortzuscheuchen, ihr das Gesicht abzulecken, wenn sie weinte, in der Sonne mit ihr zu dösen und sich um den kleinen Körper zu rollen. Noir hatte ihr kleines Rudel, welches einst nur aus Draco und der Baba Jaga bestand, auf viele weitere Personen erweitert.

Lily hingegen war mehr für sie. Einmal hatte sie sogar Draco angeknurrt, als die Kleine weinte und der Kräuterkundige offensichtlich angespannt und genervt, versucht war sich im Ton zu vergreifen. Ihr Knurren, das Fletschen ihrer Zähne hatte deutlich gemacht, dass sie Lily sogar gegen ihn verteidigen würde.
 

Nachdenklich beobachtete Harry die beiden. Sie spielten im Garten und nun rannte seine Tochter hinter der Wölfin her, hielt sich an den langen, schwarzen Haaren ihres Schwanzes fest und wieder einmal wurde ihm diese unglaubliche Geduld bewusst, die Noir Lily gegenüber hegte. Hermine war damals skeptisch gewesen, ein wilder Wolf in einem Garten in Godric's Hollow?

Doch der Wölfin war es so schlecht gegangen, dass Draco sie nicht alleine lassen wollte. Sie hatte aufgehört zu fressen, schlief nur noch und war nicht bereit aufzustehen. Der Glanz war in den gelben Augen verschwunden. Auch hier in der Ceverin-Street lag sie nur unwillig vor dem Kamin und döste die meiste Zeit. Bis Lily Sophia Potter in einem Alter, so zart, dass sie gerade ihren eigenen Kopf halten konnte, in einer kleinen Wiege auf dem Boden liegend, zu schreien begonnen hatte. Sie schrie, als ginge die Welt unter und noch in der Tür zum Wohnzimmer stehend, erkannte Harry den schwarzen Schatten, der aufgesprungen war.

Draco und er schienen das gleiche gedacht zu haben, mit einem Satz waren sie losgestürmt, auf den Wolf zu, der wie von der Tarantel gestochen auf die Wiege zu hechtete. Das große Maul öffnete sich und… noch bevor Harry seinen Zauberstab ziehen konnte… wurde es still.
 

Die warme, feuchte Zunge leckte über das kleine Gesicht und Lily war so erschrocken, dass sie schwieg. Der große Kopf senkte sich, legte sich vorsichtig zwischen die Beine der Kleinen und sanft auf ihren Bauch. Die grünen Augen blinzelten und dann griffen die winzigen Finger zu. Die Herzen der beiden Männer, die das Schlagen vor Sekunden eingestellt hatten, lösten nun einen Schmerz in ihrer Brust aus. Spätestens jetzt musste alles vorbei sein!

Die kleinen Finger, die erstaunlich kräftig waren, erwischten die Lefzen der Wölfin und zogen an diesen.

Doch nichts geschah! Noir lag unbeschreiblich ruhig da, musterte aus ihren gelben Augen das kleine Wesen und zuckte nicht einmal mit einem der Ohren. Erst als ein weiterer Ausstoß schriller Töne, die ein Lachen darstellen sollten, die Luft erfüllte, atmeten die beiden Männer wieder. Jeder von ihnen hörte Hermines Stimme, die ihnen einen Vortrag über vorhersehbare Gefahren hielt. Wolf am Kamin plus Baby in der Wiege auf dem Boden gleich ganz und auf jeden Fall GEFAHR!

Anscheinend teilte Noir diese Meinung nicht. Sie schnaubte und das Quietschen darauf schmerzte beinahe in den Ohren. Für das große Tier müsste es beinahe unerträglich sein. Dennoch bewegte sie sich nicht, holte nur leicht Luft und schnaubte erneut. Seit diesem schrecklichen Lachen hatte Noir die kleine Lily Potter als ihre eigene Tochter adoptiert und niemand konnte sie vom Gegenteil überzeugen.
 

„Nein, ich weiß es nicht. Keine Ahnung. Ich wollte ihnen eigentlich nicht mehr schreiben. Irgendwie ja schon ja, ich meine, spätestens am Sonntag werde ich wieder viel zu erzählen haben, aber wenn du nicht einmal weißt, ob deine Briefe gelesen werden… irgendwie ist das jetzt nicht so… aufbauend?“ Mit einem Blinzeln lauschte er wieder Scorpius Worten. Anscheinend war ihm ein Teil des Gespräches entglitten, immerhin gehörte es sich auch nicht andere zu belauschen! Dennoch, es war doch irgendwie verlockend!
 

„Was soll ich dir sagen? Mein Vater spricht seit sechs Jahren nicht mit mir. Er hat es wirklich in den letzten sechs Jahren geschafft kein einziges Wort mit mir zu reden.“
 

„Ja, aber du triffst dich ständig mit deiner Mutter! Bei dir ist wenigstens ein Elternteil auf deiner Seite. Wahrscheinlich bereuen sie es nicht einmal, dass sie mich verleugnet haben.“ Wut und Enttäuschung schwangen in der jungen Stimme mit.
 

„Du meinst, weil du als einer der Besten Hogwarts verlasen wirst? Weil du es warst, der Rita Kimmkorn vor aller Augen im letzten Herbst gesagt hast: „Ich bin ein Malfoy, natürlich interessiert sich auch so ein stupider Tölpel für mich! Kann ich etwas dafür, dass mein außergewöhnliches, wenn auch noch kurzes Leben um so vieles bemerkenswerter ist als die 100 Jahre, die sie jetzt auf dem Buckel haben?“ Nein, deine Eltern sind bestimmt nicht stolz darauf.“
 

Eine Pause trat ein und als Draco weiter sprach, konnte Harry das Lachen in der Stimme seines Partners hören. „Selbst Lucius soll von dieser Antwort begeistert gewesen sein. Meine Mutter meinte, dass er dieses fiese, herablassende Lächeln hatte, während er abschätzig den Tagespropheten auf den Esstisch warf und meinte sowas wie: „Selbst mir wäre eine bessere Antwort schwer gefallen!“ Oh ja, sieh mich nicht so an, das soll er gesagt haben.“
 

Offenbar war Scorpius erstaunt. „Warum hast du das nie erzählt?“
 

„Ich habe es auch erst letzten Sonntag erfahren. Meine Mutter hat es verheimlicht.“ Verteidigte sich nun der Kräuterkundige und der 16 jährige Slytherin lachte erleichtert.
 

„Ich würde ihnen weiterhin schreiben. Wer weiß, vielleicht sammelt deine Mutter ja jeden deiner Briefe heimlich in ihrer schönsten Hutschachtel und manchmal geht sie heimlich hin und nimmt sie heraus. Sie alle sind nach Jahren sortiert, mit einem wunderschönen Schleifenband zusammengehalten und dann sitzt sie auf dem Bettende und ließ jeden deiner Briefe noch einmal durch.“
 

Ein spöttisches Auflachen kam von dem Jungen.
 

„Und jeden neuen Brief legt sie wie ausversehen deinem Vater auf den Esstisch, den Schreibtisch oder in die Bibliothek, damit er ihn auch lesen kann und dann so tut, als ob er da gar nichts zu suchen hätte und ihn deiner Mutter wiederbringt.“
 

„Echt jetzt?“
 

„Scorp, wir sprechen hier von unserer Familie! Wir sprechen hier von reinem Malfoy Blut! Mein Vater würde sich die Zunge abbeißen, bevor er auch nur ein Wort mit mir spricht, aber jeden verdammten Sonntag verlässt er entweder gerade so passend das Haus, dass wir uns 30 Sekunden lang begegnen. Ich komme seit 6 Jahren jeden Sonntag um Punkt 16 Uhr zu meiner Mutter und ich war noch nie in meinem Leben so lange so pünktlich. Genau wie Lucius! Jeden Sonntag verlässt er entweder um eine Minute nach 16 Uhr das Haus oder ist kurz vor 18 Uhr wieder da, damit er mich noch einmal ganz kurz sehen kann.“
 

Schweigen herrschte und Harry konnte sich vorstellen, wie sich Scorpius fühlte. Und Draco!
 

„Wenn ich mit meiner Mutter irgendwo bin, ist er jedes Mal an diesem Tag zum Abendessen da, um kommentarlos den Erzählungen meiner Mutter zu lauschen, damit er ihr zum Schluss einen abschätzigen Blick zuwerfen kann. Wir haben einen Opernbesuch extra auf einen Tag gelegt, an dem seit Wochen ein Ministeriumstreffen angesetzt war. Das fiel unerwartet aus… Magenverstimmung bei den anderen Teilnehmern. Ich war sehr erstaunt, als mein Vater uns die Tür öffnete.“
 

„Aber er spricht nicht mit dir?“
 

Ein Räuspern. „Ja, er ist jedes Mal da, er liest jeden meiner Briefe, den meine Mutter immer auf seinen Schreibtisch legt, um ihn dann mit angewidertem Blick zurückzugeben und zu sagen, dass solch ein Unsinn nicht in sein Arbeitszimmer gehört. Er hat sie noch kein einziges Mal unterbrochen, wenn sie von unseren Treffen erzählt, aber er sieht mich eiskalt an und geht ohne ein Wort zu sagen an mir vorbei.“
 

Wieder schwiegen sie und Harry spürte, wie sein Herz wild und drückend pochte. Zu gut konnte er sich an Dracos Schmerz erinnern, er hatte lange nicht verstanden, nein, er verstand immer noch nicht, wie ein Vater so etwas tun konnte. Schon gar nicht, seit er selbst einer war.
 

„Ich erkläre es mir mit dem Starrsinn, der gewissen Dingen gegenüber in unserem Blut liegt. Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder eine annähernd vergleichbare Beziehung haben werde, wie damals, aber ich will daran glauben, dass all die kleinen Gesten Zeichen seiner Zuneigung sind. Deine Eltern haben keinen einzigen Brief zurückgeschickt. Vielleicht ist das ihre Art zu sagen, dass du weiter schreiben sollst.“
 

Ein Seufzen war zu hören und Scorpius setzte sich auf seinem Stuhl um. „Ja, vielleicht hast du Recht. Aber es wäre schon schön, wenn ich wenigstens wüsste, dass sie die Briefe auch lesen. Nur glauben, nur hoffen, ist manchmal wirklich schwer.“
 

Was der 16 Jährige meinte, verstand Harry sofort. Doch bevor er sich in diesen Gedanken verlieren konnte, hörte er einen ihm sehr bekannten Ruf, der ihn schon viele Male aus seinen Gedankengängen gerissen hatte. „Papaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!“ Erschrocken blickte er wieder hinunter in den Garten und begriff, dass er entdeckt worden war. „Guten Morgen, Lily!“ Rief Harry zu der Kleinen herunter, die wild mit den Armen fuchtelte und mit einem Lachen auf und ab sprang.

„Oh, er ist also wach!“ Kam nun unter dem Sonnensegel hervor und nur einen Herzschlag später tauchten beide blonden Haarschöpfe auf. Scorpius grinste, blickte kurz zu ihm hinauf und beugte sich dann zu dem kleinen, hüpfenden Mädchen hinunter, um sie auf den Arm zu nehmen. „Hm, was meinst du, siehst er so aus, als wäre er eben panisch aufgewacht?“ Scherzte Draco und bekam dafür einen vielsagenden Blick. „Hm, ein Bisschen blass ist er schon. Vielleicht sitzt er da ja schon eine Weile.“ Unterstützte ihn der junge Slytherin und wurde von Lily mit ihren kurzen Armen umarmt.
 

oooOOOooo
 

Ruhig blickte er in seine Zeitung und überflog den Text, der unter dem Titel „Die Erneuerung der Friedhofsmauer“ zusammengefasst war. Es war Samstag, dieser wunderbare Samstag, an dem nicht nur die Daily Times kam, sondern auch noch die Weekly Hollow. So verbrachte er nach dem Frühstück eine gesamte Stunde mit dem ausführlichen Lesen beider Zeitungen und genoss den Frieden, den er in diesem Hause fand. Doch im Sommer waren diese Samstage nicht immer so friedlich.

Er wusste, dass er seine Frau liebte, er liebte sie aufrichtig und ehrlich. Aber er wusste auch, dass er ein Esel war. Trotz der Ausmaße, die ihn in jeder Hinsicht zu einem Gleichnis Vernon Dursleys machten, war er deutlich intelligenter, als sein nicht bekanntes Gegenstück. Er war sich selbst darüber bewusst, dass das Verhalten seiner Frau in der Nachbarschaft immer wieder Anstoß nahm und sie sich besonders den beiden Männern gegenüber unverträglich verhielt, deren Grundstück an das ihre grenzte. Er wusste, dass sie sich nicht beherrschen konnte und er nichts dagegen tat. Dennoch liebte er sie.

Nun war heute wieder so einer diese Samstage, an denen er nicht wie gewohnt seine Ruhe hatte. Die Terrassentür wurde laut geschlossen und nur einen Moment später stand seine Frau wieder in der Küche. Er hörte ihre Stimme, bemerkte, über was sie sich beschwerte und ignorierte es. Sein Verhalten war wie immer gleich, er vertiefte sich noch etwas tiefer in seine Zeitung und sie empörte sich lautstark über das, was sie in den letzten drei Jahren störte, wobei sie exakt die gleichen Worte nutzte.
 

Nachdenklich starrte er auf die Seite, die er nun erreicht hatte und überlegte sich, wie sein Name wohl in einer Todesanzeige aussehen würde. Er war nicht der Jüngste, noch zwei Jahre und dann würde er in Rente gehen. Noch zwei Jahre und er musste jeden einzelnen Tag hier verbringen und er würde mit seiner Frau viele dieser Situationen erleben. Vielleicht sollte er… nur so unter Umständen…

„Mary, warum fragst du nicht Elizabeth, ob sie und ihr Mann morgen zum Essen vorbei kommen wollen und machst uns dann diese wunderbaren kleinen Schaumtörtchen zum Nachtisch? Du weißt schon, diese kleinen Sünden, die ich so gerne habe.“ Henry hatte seine Zeitung aufgeschlagen auf dem Tisch ausgebreitet und lächelte seine Frau an. Sie hatte ihre blonden Haare locker hochgesteckt und ihre Wangen waren von diesem roten Schimmer der Erregung gefärbt. Kleine Falten tummelten sich um ihre Augen und um die Mundwinkel, sie trug ein biederes Sommerkleid mit einer Schleife auf dem Rücken.

„Liza?“ Fragte sie nun verwundert und blickte ihren Mann zuerst empört an. Doch gleichzeitig konnte Henry sehen, wie der Gedanke in seiner Frau Gestalt annahm und sie immer mehr Gefallen an ihm fand. „Du hast Recht, ich habe sie schon so lange nicht mehr gesehen. Oh, dann muss ich aber noch viel vorbereiten. Und wenn ich die Sorbet Törtchen machen soll, muss ich auf jeden Fall noch einkaufen.“ Mary Clark war eine kleine, schlanke Frau, die ihr Alter nicht leugnen konnte. Sie arbeitete schon seit Jahren nicht mehr, war dafür in der Gemeinde um so tätiger. Nicht jeder hier in Godric’s Hollow war darüber erfreut.
 

„Nun, dann ruf sie doch direkt an und frage sie, damit du noch genügend Zeit hast.“ Schlug er vor und nun kam das erste, flüchtige Lächeln auf den schmalen Lippen zum Vorschein. „Das ist eine gute Idee, mein Schatz. Das werde ich machen!“ Mit diesen Worten, welche ihr leicht flötend mit solch Freude entkamen, verließ sie die Küche und nur wenige Minuten später konnte er sie aufgeregt mit ihrer besten Freundin schnattern hören.

Beruhigt, diese Katastrophe wenigstens eine Zeit lang verschoben zu haben, nahm er die Zeitung wieder auf und vertiefte sich in die Todesanzeigen. Manche kannte er, doch die meisten gehörten zu den umliegenden Dörfern und so war wenn nur der Familienname bekannt. Mary würde nun erst eine Stunde mit der Planung, diesem hinreißenden Telephonat verbringen und dann Stunden mit dem Einkaufen, der Vorbereitung und dem Putzen des Hauses zubringen. Also eine lange Zeit, die sie sich nicht über Mr. Potter und Mr. Malfoy aufregen würde.

Nachdem er auch die Weekly Hollow gelesen hatte, seine Frau aus dem Haus war, erledigte Henry Clark noch ein paar Dinge, die schon länger auf der Liste standen. Das Mittagessen fiel sehr karg aus, es war ein flüchtig zusammengestellter Salat mit Schafskäse und etwas Hähnchen. Für einen Moment bereute er seine Tat und nachdem er eine dreiviertel Stunde gedöst hatte, trat er hinaus in den Garten.
 

Es war ihm eigentlich zu heiß, sein Umfang brachte ihm nicht nur einen geringeren Bewegungsspielraum ein, sondern auch noch eine Empfindlichkeit extremen Temperaturen gegenüber. Für ihn waren diese sommerlichen 27 Grad Celsius zu viel, doch hier im Schatten war es zu ertragen. Wenigstens kurz.

Nachdenklich hörte er das Lachen auf der anderen Seite der Hecke, offenbar war der Besuch angekommen. Kinderstimmen erfüllten die Luft und mit einem leichten Schmunzeln versuchte er sie einzuordnen. Er kannte kaum Gesichter, teilweise Namen. Lorcan und Lysander waren Zwillinge, die gerne zu Besuch kamen. Sie waren neben dem Jungen… Scorpius… die ältesten. Sie mussten um die sieben Jahre alt sein. Dann hörte er eine andere Stimme laut Tor schreien und mit einer leichten Bestürzung erinnerte er sich an den Patensohn. „Teddy“, wahrscheinlich Ted, musste nun ungefähr 12 Jahre alt sein, ihn hatte er vergessen.

„Nein, Lily, geh da weg!“ Rief nun einer der Zwillinge und dann erkannte Henry Clark die unverkennbare Stimme von Rose Granger-Weasley. „Jungs, müsst ihr immer so unvorsichtig sein? Könnt ihr nicht einmal besser aufpassen?“ Irgendwie mochte er die Kleine, die er immer älter als die Zwillinge eingeschätzt hatte. Im letzten Herbst hatte Lysander sie jedoch deutlich darauf hingewiesen, dass sie jünger war als die beiden. Ihr Bruder war einer derjenigen, von denen er den Namen nicht kannte. Rose musste ihn schon mehrfach genannt haben, aber irgendwie konnte sich Mr. Clark diesen Namen nicht merken.
 

Sieben Kinder spielten ausgelassen und wild in diesem unbekannten Garten hinter der Hecke. Traurig dachte Henry an seine eigenen Kinder, zwei Stück waren es. Mathew und Abigail waren nun auch schon lange aus dem Haus und sein Sohn war seit einem Jahr Vater. Henry Clark war nicht stolz auf das, was sie aus ihren Kindern gemacht hatten. Ihre Erziehung war deutlich zu einseitig und aus den süßen, niedlichen Babys waren nun zu oft weltfremde, selbstverliebte Menschen geworden, die ihr Gedankengut weiter in der Welt verbreiteten. Vielleicht hätte er das alles früher absehen können. Aber wie auch mit seiner geliebten Frau blieb er nur untätig daneben sitzen und beschwerte sich über den Salat, der seiner Figur sicher half.

Ob es jetzt zu spät war an seinen Fehlern zu arbeiten? Ob er nun noch eine Chance hatte die brachialen Vergehen, die er ungestraft zugelassen hatte zu verkleinern? Ihre Ausmaße zu verringern? Ausmerzen könnte er sie auf keinen Fall. Nachdenklich ließ er den Blick über den wohl gepflegten Garten schweifen und wartete auf eine geistige Eingebung. Oder eine göttliche?

Wer auch immer ihn erhörte, aber er bekam sie. Nicht ganz so, wie er sie erwartete. Doch war es im Leben mit den wahrhaft tiefen Erkenntnissen nicht immer so? Ein Schrei ließ ihn zusammenfahren und dann hörte er das Geräusch eines Gegenstandes, der mit voller Wucht die Hecke streifte. Sein Blick floh reflexartig hinüber zu der grünen Gartengrenze und da sah er den Ball, der über die hohe Kante flog.
 

„Scheiße!“ Rief Teddy laut und die Zwillinge kommentierten gleichzeitig mit einem "Oh nein!“ Rose zischte wütend, dass sie sich besser benehmen sollten und keine Schimpfwörter verwenden. „Ball weg.“ Meinte Lily traurig in halblautem Ton und dann fragte jemand, was sie jetzt machen sollten.

„Was ist denn passiert?“ Mit einem Schmunzeln konnte Henry diese Stimme ganz klar Mr. Harry Potter zuordnen, der von seinem Patensohn erfuhr. „Ich hab mit zu viel Kraft geschlossen und dabei ist der Ball über die Hecke geflogen.“ Die Nachfrage kam direkt. „Zu den Clarks?“ Darauf folgte wohl ein Nicken, denn es kam keine weitere Antwort. Nur ein „Scheiß... Scheibenkleister!“

Frustriert gab einer der Zwillinge von sich. „Den sehen wir nie wieder.“ Nachdenklich blickte Henry Clark den Fußball an, der in der Sonne auf dem Rasen lag. Drüben wurde gerade erörtert wie tot sie alle waren, und wie grausam ihr Ende wäre, wenn es die Blumen erwischt hatte. Sonderlich überrascht war Henry nicht über diese Gedanken, sein Blick wanderte zum Haus. Seine Frau dürfte noch nicht da sein.

„Man, sind wir erbärmlich!“ Stellte Scorpius plötzlich fest und dann erklang eine weitere Stimme. „Was ist denn hier los?“ Fragte Mr. Ronald Weasley, der Vater von Rose und bester Freund Mr. Potters. „Der Ball ist rüber zu den Clarks geflogen und wir fragen uns, wann und wie wir sterben werden.“ Antwortete Teddy auf seine typische Art und der älteste Sohn des Hauses kommentierte dazu noch einmal resigniert. „Und wir haben festgestellt, dass keiner von uns den Mut hat hinüber zu gehen und den Ball wieder zu hohlen. Wer weiß, vielleicht verwandelt sich die Furie da drüben ja in einen Drachen!“
 

Ein kurzes, entmutigtes Lachen kam von allen, bevor Mr. Weasley die Stimme wieder erhob. „Ich würde ja jetzt sagen, wie erbärmlich ihr seid, aber ich ändere das auf ein „wir“ um! Mich kriegen da auch keine 10 Drachen rüber!“ Ein ausführliches Seufzen folgte und mit einem verzweifelten Lachen meinte Mr. Potter. „Vielleicht ist sie ja eine Cousine von Dolores Umbridge!“ Nur einer schien in der Runde diesen Scherz verstanden zu haben und bei einer kurzen Nachfrage kam nur von Ronald als Entgegnung. „Eine alte Schreckschraube, die wahrscheinlich wahnsinnig gewesen ist. Wenn du die Wahl hast, eine Woche mit ihr oder einem Troll zu leben, nimm den Troll!“

Schmunzelnd setzte sich Henry in Bewegung und überlegte, ob das Schicksal ihm endlich einen Stoß verpassen wollte. Doch ob er damit richtig lag oder nicht, nun stand er vor einer großen Herausforderung. Langsam beugte er sich herab, ging leicht in die Knie und erkannte, dass er unumstößlich jeden Alkohol unter der Woche streichen musste, um weniger Kalorien zu sich zu nehmen. Auch der Nachtisch würde mit samt Kuchen zum Nachmittagstee gestrichen. Mit seinen fetten Fingern griff er nach dem Ball und schob seine Lagen überquellenden Fettes wieder in die richtige Position. Er war zu dick!

Die Vorstellung, dass er mit seiner kleinen Enkeltochter unterwegs wäre und ihr nicht einmal auf die Beine helfen konnte, ließ einen kalten Schauer panischer Angst in ihm aufsteigen. Er würde augenblicklich etwas an seinem Leben ändern! Er liebte die Kleine und so war er nicht in der Lage auch nur ansatzweise die Rolle zu übernehmen, die er als Großvater zu führen hatte!

Mit diesen Gedanken starrte er auf die Hecke, über die er den Ball nun befördern musste. Langsam hob er die Arme, schob sie mit dem Geschoss bis über seinen Kopf und schleuderte ihn dann so weit, wie er nur konnte. Die weißschwarze Kugel bekam gerade so viel Schwung, dass sie an ausreichender Höhe gewann und mit einem schrappenden Geräusch wieder über die Hecke flog. Erschöpft atmete der beleibte Mann aus und begriff, dass ein weiter, sehr weiter Weg vor ihm lag.
 

„Uhaaahhh!“ Kam erstaunt auf der anderen Seite der Gartentrennung hervor und dann herrschte Schweigen. „Das ist keine Falle oder?“ Fragte Scorpius und Teddy fügte an. „Der explodiert jetzt nicht gleich oder?“ Mit einem Schmunzeln sah Henry zufrieden zur Hecke hinüber und dann kam der zögerliche Ruf von Mr. Potter. „D… Danke!“

„Gerne! Das war übrigens ein guter Treffer, direkt in die Mitte des Rasens, weit von allen Blumen entfernt.“ Antwortete Henry nun mit einem wohligen Gefühl in der Brust, einem unbeschreiblichen Ausmaß an Glückseligkeit. „Mr. Clark?“ Kam von Scorpius, der anscheinend noch immer erstaunt und völlig fassungslos klang. „Schon ok, ich weiß von nichts. Schönen Tag wünsche ich euch noch!“

Ein einheitliches „Danke!“ kam von allen wie aus einem Munde und dann standen sie noch einen Moment dort, Harry hielt den Ball in beiden Händen, er war direkt auf ihn zugeflogen. Die Terrassentür wurde nicht laut, aber hörbar geschlossen und alle blickten sich reihum an. „Das ist jetzt wirklich passiert oder?“ Fragte Ron und bekam keine weitere Antwort. Mr. Clark, Ehemann der schrecklichsten Frau in diesem winzigen Dorf, der unter ihrer Fuchtel stehend nie ein Wort mit irgendjemandem gesprochen hatte, war nett, hilfreich und ein guter Nachbar? War Mary Clark gestorben? Hatte sie sich in Luft aufgelöst?
 

oooOOOooo
 

„Mum, wenn ich es dir doch sage!“ Protestierte Teddy und ließ seine Gabel wieder sinken. „Er hat uns wirklich den Ball wieder zurück geworfen! Einfach so!“ Erklärte er und griff dann doch mit der rechten Hand nach seinem Glas, um einen Schluck zu trinken. In der Zeit war es Scorpius, der den Faden wieder aufnahm und weiter erzählte. „Er hat uns sogar einen schönen Tag gewünscht. Wir alle waren uns schon unsicher, ob er nicht einen Sonnenstich hat.“

Der große Tisch, der sonst vor der Glasfront des Wohnzimmers stand, war magisch verlängert worden und wurde im rechten Winkel zum Haus platziert, damit alle an ihm unterkommen konnten. Die Paare saßen alle wohl geordnet nebeneinander. Tonks und Remus, Hermine und Ron, Luna und Neville und als letztes Harry und Draco. Selbst Blaise hatte einen Freund mitgebracht. Die Kinder wollten sich nach Lust und Laune dazwischen verteilen, ballten sich dann aber doch irgenwie alle um eine Tischkannte. Während die Zwillinge Rose und Hugo zwischen sich und ihre Eltern gesetzt hatten, wurden sie auf der anderen Seite von Scorpius flankiert, Teddy saß neben seinem besten Freund und zwischen ihm und Hermine kam Lily. Tonks trug ihre bunten Harre wie immer kurz und warf einen vielsagenden Blick zu ihrem Sohn.

„Aber er hat Recht, der Ball kam wirklich wieder…“, begann Lysander und sein Bruder setzte für ihn fort. „…zurück und wir haben auch nichts gemacht.“ Er spielte darauf an, dass sie schon einmal den Plan umsetzen wollten, eine Nachbarin mit einem Zaubertrank zu vergiften. Dabei sollte aus ihr eine alte Kröte werden.
 

„Stimmt wirklich, Harry und ich wollten es auch nicht glauben. Aber uns ist auch nicht bekannt, dass er verhext wurde oder verflucht.“ Meinte Ron mit halbvollem Mund und schluckte dann erst. Nachdem Hermine ihrem Ehemann einen tadelnden Blick zugeworfen hatte, wendete sie sich an die gesamte Tischrunde. „Nun, vielleicht IST Henry Clark einfach ein netter Mensch! Seine Frau ist es doch, die immer all das Chaos verbreitet und gegen euch wettert.“

Anstelle einer gepflegten Diskussion kam im Chor von Draco, Ron, Harry, Teddy und Scorpius in unterschiedlichen Varianten, dass dieses auf keinen Fall sein könnte. „Aber hat er euch konkret schon etwas getan? Hat er gegen euch etwas gesagt oder seid ihr ihm überhaupt schon einmal begegnet?“ Damit hatte die brünette Hexe und Mutter von zwei Kindern eine unerwartete Stille verursacht. Nach einer Weile, einem Schmunzeln von Remus und einem unterdrückten Grinsen von Neville kam zögerlich von Scorpius. „Teddy und ich sind ihm schon mal beim Einkaufen begegnet. Er ist unglaublich dick und…“ Der Slytherin brach ab und sah zu seinem Freund, der auch nur mit den Schultern zuckte. „Na ja, er sieht ein wenig aus, wie ein aufgedunsenes Schwein.“ Kommentierte der Hufflepuff Schüler und zuckte noch einmal mit den Schultern.

„Also wirklich, Edward Lupin, so etwas sagt man nicht über andere Menschen!“ Fuhr ihn nun sein Vater an und dann musste Harry lachen. „Aber er hat ja Recht, Remus. Henry Clark sieht aus wie ein dickes Schweinchen. Er erinnert mich immer an meinen Onkel Vernon! Und meistens steht er auch nur da und starrt einen schweigend an, während seine Frau wie eine Furie in sich hinein poltert und so tut, als würde sie mit ihm sprechen.“
 

Der 12 Jährige blickte seinen Vater vielsagend an und wiederholte die Worte. „Er ist ein dickes Schwein!“ Danach stach er seine Gabel tief in den Fleischsalat und stopfte diesen in seinen Mund. Scorpius kicherte und bevor Remus noch etwas zu seinem Sohn sagen konnte, fiel der Slytherin ein. „Wer ist dein Onkel? Du hast nie von ihm erzählt!“

Bevor Harry zu dieser Aussage etwas beginnen konnte, lief ein Schauer über den Rücken seines besten Freundes und Ron posaunte hinaus. „Danke, ich hatte es beinahe vergessen!“ Er schüttelte sich und mit einem Grinsen kommentierte er diesen Tadel. „Stimmt, du bist ihm ja begegnet.“ Die blauen Augen starten zu Harry und der Rothaarige verzog den Mund. „Im zweiten Schuljahr haben mich Ron und die Zwillinge gerettet und haben das fliegende Auto ihres Vaters gestohlen, um mich bei meinen Verwandten heimlich nachts abzuholen.“ Nun kam doch wieder ein Zug euphorischer Freude in den Vater und schnell nahm er noch einen großen Schluck aus seinem mit Butterbier gefüllten Krug. „Das müsst ihr euch mal vorstellen, die haben wirklich ein Gitter vor sein Fenster gehängt und unser alter Ford musste richtig arbeiten, damit wir es aus der Wand reißen konnten.“ Mit einem breiten Grinsen warf der schwarzhaarige Auror einen Blick auf seinen Teller und schnitt sich ein Stück von seinem gegrillten Hähnchen ab, für welches Blaise eine fruchtig scharfe Marinade ausgesucht hatte. Ron erzählte voller Leidenschaft von dieser Nacht und seine Beschreibung von Vernon traf die Wirklichkeit mit erstaunlicher Präzision.

Er enthielt sich jeden weiteren Kommentars und lauschte beim Essen nur den entstehenden Diskussionen. Hermine empörte sich wie schon vor so vielen Jahren, ja, beinahe zwei Jahrzehnten, über diese Zustände und trotz der Nachfragen aus den jungen Reihen schafften es Luna, Hermine und Dylan, von dem vermutet wurde, dass er seit einigen Monaten der feste Partner Blaise war, über die Unmöglichkeit des in der magischen Welt vorkommenden Verhaltens magischen Wesen gegenüber zu diskutieren. Noch immer gab es Situationen, die alle drei als äußerst anstößig empfanden und trotz Hermines vehementer Arbeit im Ministerium nicht oder der Hoffnung nach nur noch nicht verändert wurden.
 

Mit einem Seufzen bat Tonks um den Brotteller und kaum hatte Harry diesen weiter gereicht, kam der Fleischteller von Remus über Draco in die andere Richtung zurück. Dem ehemaligen Slytherin sah man es nicht an, aber Harry hatte die kleine Reaktion bemerkt, die sich nur in einer leichten Anspannung zeigte. Als Vegetarierin schien Luna jedoch ihren Leidensgenossen intuitiv zu verstehen und gab ohne Aufforderung die Schale mit den Qinoa Bällchen auf die Reise zu Draco hinüber. Mit einem wissenden Lächeln nickte er ihr kurz zu und bediente sich an ihren kleinen Köstlichkeiten.

Das sommerliche Ferienauftakts-Grillen war eine vor drei Jahren eingeführte Tradition, in der sie sich alle in Godric’s Hollow einfanden. Jeder brachte etwas mit, Blaise als Koch meistens den größten Teil des Essens, doch bisher hatte sich immer alles ausgeglichen. Die Kinder spielten meist vergnügt miteinander und zwischen Teddy und Scorpius war eine gute Freundschaft gewachsen. Dieses war besonders durch die gemeinsame Schulzeit verstärkt worden. Erst durch diese Kombination wurden Harry und seinen alten Freunden bewusst, wie sehr sie damals alles verändert hatten. Teddy als Hufflepuff konnte mit einem Slytherin befreundet sein, ohne dass gleich ein Skandal die Schule erschütterte. Für die Lehrer war es nicht leichter geworden, denn nun arbeiteten die Schüler deutlich öfter zusammen, allerdings waren die Streiche zwischen den Häusern auch zu einer Tradition geworden. Selbst die alten Rezepte hingen noch im großen Gemeinschaftsraum und wurden stetig erweitert. Der damals installierte Zauber funktionierte noch immer, der alle gleichen Schriftstücke aussortierte.

Ob sein Leben nun ruhiger war? Nein, auf keinen Fall! Es war noch immer turbulent, hin und wieder gefährlich, auf jeden Fall chaotisch und uneingeschränkt unberechenbar. Er liebte es und so kompliziert es auch als Auror und Vater war, er wollte es nicht ändern. Es war auf seine Weise perfekt! Mit diesem Gedanken wollte er sich entspannt zurücklehnen, als ihn die nächste Katastrophe erreichte.

„Ach, Luna, ich würden übrigens gerne auf dein Angebot zurückkommen. Du bist doch in diesem Sommer in Brasilien.“ Das hinter dieser Frage nichts Gutes stehen konnte, war Harry gleich bewusst. „Das freut mich. Klar, die Zwillinge kommen auch mit. Das wird lustig werden.“ War die lockere Antwort der blonden Hexe. Selbst Neville zuckte zusammen, anscheinend wusste er noch nichts davon. Lorcan und Lysander grinsten breit und schlugen erfreut einander ein. „Cool! Jetzt wird es echt klasse!“

So langsam dämmerte Harry, um was es ging. Wollte Scorp wirklich mit nach Brasilien und Luna auf ihren Expeditionen begleiten? „Ich komme mit!“ Quietschte nun Lily und da war sie, diese unerwartete Katastrophe, die Luna mit einem seligen, unschuldigen Lächeln heraufbeschwor. „Ich will auch!“ Bekräftigte die 3 Jährige und bevor noch jemand etwas sagen konnte, griff Teddy ein. „Dann muss ich aber auch mit. Jemand muss doch auf dich aufpassen. Die Zwillinge setzen dir sonst nur Unfug in den Kopf!“ Remus und Tonks wirkten entsetzt, ihr 12 Jähriger wollte was? „Oh nein, wenn hier jemand auf Lily aufpasst, dann bin ich das!“ Rief Rose mit ihren 6 Jahren und Hermine verschluckte sich an ihrem Essen. „Klar, Rose, ohne dich fahren wir nicht. Du musst auf uns alle aufpassen!“
 


 

Und schon steckten wir mitten in einer Katastrophe, denn Luna schien die Besorgnis der anderen nicht zuteilen. „Oh, das wird so wundervoll. Wir werden auf jeden Fall mindestens zwei Wochen den Regenwald erkunden. Der brasilianische Dschungel ist atemberaubend.“
 

Bevor einer von uns etwas sagen konnte, schlug das unberechenbare Chaos wieder zu. „Oh, ihr seid am Essen? Dann sollten wir wohl lieber wieder gehen.“ Mein Blick fiel auf die 16 Jährige, die mit ihrer kleinen Schwester im Arm an der Hausecke stand. Ihren 5 Jährigen Bruder an der Hand haltend.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe Leserinnen und Leser,

natürlich sind wir erst beim ersten Teil des Finales, also noch keine Panik. Noch seid ihr die Bande nicht los. =)

Viel kann ich zu diesem Kapitel nicht sagen. Ich versuche die Charaktere zu nutzen, die unsere gute Schöpferin angedacht hat, wenn sie hier auch zeitlich etwas anders aufgestellt sind.

In zwei Wochen geht es weiter mit dem Chaos. ^^

Liebe Grüße
Traumfänger Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  little_butterfly
2017-01-16T08:57:47+00:00 16.01.2017 09:57
Oh was für ein wundervolles Kapitel! Sie sind so glücklich alle miteinander! ❤ ich freue mich schon sehr darauf, was nun im nächsten Kapitel noch passiert und was mit Henry clark wird... Er sollte seine Frau echt abschießen... Alte Furie...
Antwort von:  Traumfaengero_-
16.01.2017 13:21
Liebe Butterfly,

es freut mich, dass du immer so regelmäßig meine Kapitel kommentierst!
Danke für deine lieben Worte!

Ja, genau darum ging es, sie sollten solle glücklich sein. Natürlich nicht ohne Chaos, nicht ohne kleine bis mittlere Katastrophen. ^.~
Lass dich überraschen, in 14 Tagen geht es weiter!

Tja, Henry Clark ist eben nicht gerade der tatkräftigste und er liebt seine Frau! Liebe ist etwas… Heimtückisches. Manche rennen deswegen 7 Jahre einem anderen hinterher ohne zu wissen, ob sich der auch verliebt hat. =)
Mal sehen, ob Henry noch einmal einen Auftritt bekommt. In der Geschichte hier war es nicht gedacht, aber in den Extras werdet ihr ihn noch einmal sehen… oder eher lesen.

Außerdem… was ist so ein happy End schon ohne eine Furie als Nachbarin?

Liebe Grüße
Traumfänger


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