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Die dunkle Ritterin

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
An dieser Stelle eine kleine Erklärung zu meinem Erzählstil, der sich erst zu diesem Zeitpunkt der Geschichte klar entwickelt hatte: Ich schreibe die gesamte Story rein aus Dolettes und Marialles Sicht. In den meisten Kapiteln wechseln die Sichten mehrmals (ausser im Flashback, der rein aus Maris Sicht erzählt wird). Eine Leerzeile verdeutlicht den Wechsel zur jeweils anderen oder einen Zeitsprung der meist mit einem Sichtwechsel einher geht. Das kann hier noch recht verwirrend sein, man gewöhnt sich aber wohl recht schnell daran, wie man mir sagte. ^^
Viel Spaß bei diesem Kapitel eure Dolli :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Für alle Freunde von Plaggi, dem platten Untoten, und Susi, der sexuell orientierungslosen Sukkubus, ist das für einige Kapitel erstmal der letzte Auftritt, da im nächsten der große Flashback ansteht, der sich über mehrere Kapitel ziehen wird. Aber ich vergesse meine beiden Spaßbolzen nicht! ;)
viel Spaß beim Lesen, eure Dolli! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Huhuchen ich wollte an dieser Stelle einfach mal um die ein oder andere Review bitten, da ich, unerfahren wie ich bin, keine Ahnung habe, wie ich mich mache und wie der Lesefluss mittlerweile ist. Es wäre lieb wenn das ein oder andere Feedback käme, damit ich lernen kann.
Danke im Voraus und Gruß Dolli :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich verusche mich in der Regel ja möglichst nah an der Lore zu halten und von den Ereignissen, Namen etc ist das auch bisher hoffe ich der Fall gewesen. Natürlich entwickelt sich meine Geschichte dennoch wie von selbst weiter und so habe ich mir mit den Informationen die Blizz bisher darüber Preisgab, kurzer Hand eine Schöpfungsgeschichte ausgedacht. Korrekt ist, dass die Tauren glauben, dass Mu'sha und An'she das linke und rechte Auge, der großen Erdenmutter waren, durch die eh schon vorhandenen Parallelen (Elune und Mu'sha scheinen dasselbe zu sein), habe ich diese Schöpfungsgeschichte auf die Nachtelfen übertragen, da sie in meinen Augen zusammen mit den Tauren, Trollen und Zwergen eins der ältesten Völker auf Azeroth darstelln und der Kern der Geschichte bei diesen Völkern gleich sein könnte. Davon ausgehend, dass die Nachtelfen auch an diese Geschichte glaube, aber halt nur noch Elune verehren habe ich das thalassische Wort für Sonne (Belore) etwas abgewandelt und somit das Gegenstück zu Elune geschaffen, nämlich Belare. Vielleicht tauchen die beiden auch noch auf, aber das weiß ich noch nicht.
Soviel zum Verständnis ;D
viel Spaß bei diesem Kapi eure Dolli Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Huhu meine lieben Leserchen,
es gab eine kleine Pause aus mehreren Gründen, aber ich hoffe es geht nun wieder etwas flüssiger weiter. ^^"
Viel Spaß mit dem neuen Kapi
LG
Dolli Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben,

endlich, endlich geht es weiter! Ich habe dieses Kapi in kurzer Zeit geschrieben, kurz nachdem ich die Überarbeitung abgeschlossen habe. Ich bin zuversichtlich, dass ich wieder zu meiner alten Form zurück finde und es endlich wieder flüssig voram geht mit der dunklen Ritterin.
Im Zuge der Überarbeitung habe ich doch einiges geändert, wem meine Story rihtig gut gefallen hat wird vielleicht Freude daran haben nochmal von vorne anzufangen.
So viel Spaß beim neuesten Kapitel! :)

Eure Dolli

PS: achso ich suche einen neuen Betaleser, wer Interesse hat schreibt mir eine PN bitte. ^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Endlich wieder etwas action!
Dieses Kapitel ist leider etwas kürzer als gewohnt, aber ich konnte mir den Cliff einfach nicht verkneifen. Ausserdem wollte ich einfach wieder uppen, weil es noch recht schleppend von der Hand geht.
Hinterlasst mir doch bitte Reviews, ich brauche konstruktive Kritik zur Motivation und Inspiration.
Desweiteren ist der Betaleser Platz noch immer frei. Falls jemand Interesse hat. PN an mich.
Viel Spaß mit diesem Kapitel ^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben,

ein neues Kapitel, wie ich mich freue, dass es tatsächlich, in zwar unregelmäßigen Abständen, aber immerhin, weiter geht.
Ich bin so begeistert, seit es weiter geht sind viele Favos und natürlich einiges an Aufrufen neu dazu gekommen! Danke, dass ihr der dunklen Ritterin und mir weiter die Stange haltet.
Ich habe endlich wieder eine Beta! Ich hoffe, dass es uns zur Qualität gereicht.
An dieser Stelle, ein liebes Dankeschön an Shiori Shinebi-san, die mein wirres Geschreibsel von nun an entwirren wird.

Es würde mich mal interessieren wie ihr die kleine Emarielle so findet, ich überlege nämlich Umstände einzubauen und sie vielleicht mit auf Reisen zuschicken.
Lasst mir doch eure Meinung dazu und allgemein da.

Viel Spaß mit diesem Kapitel :) Komplett anzeigen

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Nachts im Silberwald

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Nachts im Silberwald
 

Silbern glomm das blasse Mondlicht durch das dichte Wirrwarr der Nadelbäume und tauchte den Silberwald in ein unwirkliches, traumähnliches Leuchten. Nah einer Lichtung zeichneten sich die Umrisse einer schlanken, in einen schwarzen Umhang gehüllten Gestalt in die magisch anmutende Landschaft. Ihr Gesicht umspielte ein bläulicher Schimmer, als sie behände in den Schatten glitt.

Das Knacken von brechenden Zweigen, unter unbeholfenen Füßen, ließ ihre langen Ohren kurz zucken und sie zog sich noch tiefer in die, ihr vertraute, Dunkelheit zurück. Sie vernahm leises Fluchen, in der dreckigen Gossensprache, unverkennbar ein Untoter, das der Wind zu ihr trug. Sie zog völlig ruhig ihren kunstvoll verzierten, goldenen Stiefeldolch und wartete die wenigen Herzschläge, bis er nah genug an ihr vorbeitrat.

"Bash'a no falor talah!", zischte sie ihm zu, die blutleeren Lippen nah an seinem zerfetztem Ohr und die Klinge dicht an seiner Kehle. Die thalassische Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht im Geringsten.

"Warum verfolgt ihr mich, Abschaum?"

"Als wärt ihr auch nur einen Deut besser, hochnäsiges Spitzohr. Lasst ab! Die Bansheekönigin schickt nach euch.", entgegnete der Verlassene deutlich angespannt ob der, für ihn anmaßenden, Drohung. Den Dolch gesenkt, stieß sie ihn grob von sich ohne den, zwischen Abscheu und mäßigem Interesse behaftetem, Blick von ihm zu lassen.

"Ihr befindet euch wahrlich nicht in der Position mich herauszufordern, Faulfratze. Was will Sylvanas?", fragte sie gleichmütig, den Dolch immer noch fest in der Hand haltend. Träge erhob sich der zerfallene Körper und richtete sich langsam zu seiner vollen gebeugten Haltung auf, als wäre ihm sein Kopf zu schwer. Er trug eine purpurfarbene Robe mit schwarzen Applikationen. Was von seinen Haaren noch übrig war, fiel ihm kraftlos auf die fahle, graue Haut seines Gesichtes.

"Bei allen verfluchten Dämonen, was weiß denn ich? Bewegt einfach euer dürres Hinterteil zu ihrem Sitz und wir müssen uns nicht mehr miteinander herum ärgern!" Ein unterdrücktes Knurren verließ ihre Kehle während sie, ohne den Verlassenen weiter zu beachten, umdrehte und sich schnellen Schrittes von ihm abwand.

Er blickte ihr einen Augenblick nach und als er an diese eiskalten, blau leuchtenden Augen dachte, die ihn sofort in ihren Bann zogen, lief ihm ein eisiger Schauer über den Rücken. Als er drohte sie aus den Augen zu verlieren, straffte er seine gedrungene Statur so gut es eben ging und eilte ihr nach. Eine ganze Weile stolperte er schweigend hinter ihr her, bemüht dem Tempo ihrer langen, durchtrainierten Beine zu folgen. Nach einiger Zeit durchbrach er jedoch die Stille und fragte:

"Was hat euch eigentlich in dem Silberwald geführt?" Ruckartig blieb sie stehen und sah ihm direkt, mit ihren leblos schimmernden Augen, in die seinen, die von nicht mehr Leben zeugten. Er glaubte für einen Herzschlag einen Funken Zorn, oder Verwirrung, darin zu erblicken. Doch wieder trat Stille ein als sie ihn, jetzt ausdruckslos, anstarrte. Überlegte sie etwa was sie erwidern soll?

"Wie nennt man euch, Abschaum?" Kurze Verblüffung durchzog ihn bis er eine kleine Verbeugung andeutete und mit klarer Stimme antwortete:

"Plagg Kinnab, Hexenmeister. Zu euren Diensten, Mylady." Sie zog eine Augenbraue hoch.

"Auf einmal so schwülstig, Gerippe? Nun, schleimig seid ihr ja von Haus aus!" Er glaubte den Mundwinkel ihrer blassen Lippen, für die Winzigkeit eines Augenblicks, zucken zu sehen, als sie geendet hatte und so huschte ihm der Anflug eines Lächelns über seine labbrige Oberlippe.
 

'Kinnab? Wie passend.', dachte sie bei sich, als sie das untote Gesicht musterte, dem gänzlich der Unterkiefer fehlte. Sie konnte sich mit diesen Untoten einfach nicht anfreunden. Die zerfetzten Körper, der faulige Geruch der sie umgab. Das war einfach nicht ihre Welt, obwohl sie ihrem verfluchten Selbst doch wohl noch am ehesten ähnlich waren. Ihr Körper verfaulte nicht, warum sie fand, dass sie sich als Todesritterin doch halbwegs glücklich schätzen konnte. Ihren Ekel herunterschluckend und bedacht die Maske der Gleichgültigkeit nicht abzulegen ließ sie ihren Blick auf den trüben, grauen Augen ruhen.

"Nun Lady Glutklinge, weicht ihr meiner Frage etwa aus?" Wieder zog sie sich in ihren Geist zurück. Tja was wollte sie überhaupt im Silberwald? Wenn, sie das selbst so genau wüsste.

"Ich war offensichtlich auf der Durchreise, Kinnab. Ich wüsste aber beim besten Willen nicht, was das, ein wandelndes, stinkendes Skelett, wie euch anginge!" Die Leblosigkeit glitt zurück in ihre matt glühenden Augen und sie wandte sich ab, den Marsch fortzusetzen. Sie hörte wie auch er wieder hinter ihr her trottete, noch immer bemüht dem Tempo ihrer langen, an Märsche gewöhnten, Beine zu folgen.
 

Sie erreichten die Ruinen, der ehemaligen Stadt Lordaerons, als der Mond sich schon deutlich gesenkt hatte und das Firmament anfing sich in Orangetöne zu färben. Es war ein Ehrfurcht gebietender Anblick. Zeugten die Ruinen doch von der brachialen Gewalt mit der Arthas Menithil, einst Thronfolger Lordaerons, mit seinen Untoten Anhängern, der Geißel hier gewütet hatte. Etwas Friedliches umgab die zerfallenen Mauern der ehemals prunkvollen Stadt. Das war etwas was ihr gefiel. Anders war es im Inneren.

An den Geruch, der hier mittlerweile in den undurchschaubar verworrenen Gängen der Unterstadt Lordaerons herrschte, würde sie sich wohl genauso wenig gewöhnen, wie an ihre, von Fäulnis zerfressenen, Bewohner, die untoten Verlassenen. Zusammen mit Plagg betrat sie schließlich einen Raum der eine Mischung aus Audienz- und Thronsaal zu sein schien. Einige Leuchter und Fackeln an den Wänden sorgten für genug Licht, um den Blick auf eine lederne Karte zu lenken, die auf einem Holztisch, in Mitten des Raumes, ausgebreitet lag.

Gedankenverloren stand Sylvanas Windläufer über sie gebeugt bis sie von einer Wache auf die Neuankömmlinge aufmerksam gemacht wurde. Sie erhob sich zu ihrer vollen, anmutigen Größe. Scharfe, rot scheinende Augen überflogen die beiden unterschiedlichen Gestalten, die den Raum soeben betreten hatten. Ihre lederne Waldläuferrüstung bedeckte nur wenig ihrer toten, grauen Haut, betonte ihre Figur dafür äußerst schmeichelhaft.

"Spart euch die Höflichkeiten, Glutklinge! Auch wenn meine Verlassenen mich wie eine ansehen, empfinde ich mein untotes Ich keines Wegs als königlich." Ehrliches Bedauern und große Verbitterung sprachen dabei aus ihrer dunklen, schweren Stimme.

"Und du Kinnab versuch es lieber gar nicht erst, sonst läufst du noch Gefahr gar nicht mehr in die Position zurückzufinden, die du als aufrecht bezeichnest!", ließ sie verlauten als die beiden Anstalten machten sich zu verbeugen.

"So ungelenk wie ihr meint, bin ich gar nicht, meine Königin!", flötete Plagg heiter und kugelte sich kurzer Hand die Schulter aus und ließ seinen Arm rotieren, bis er einer Scheibe glich.

"Lasst diesen widerwertigen Unsinn Kinnab, sonst reiße ich euren Arm höchstpersönlich aus und schlage damit euren Allerwertesten grün und blau! Nach euren Späßen steht mir in diesen Zeiten wahrlich nicht der Sinn!", zischte Sylvanas gereizt und wandte sich nun der Anderen zu, die das Treiben mit gleichgültiger Miene verfolgte.

"Verehrung, Lady Windläufer. Was ist euer Begehr?" Die blauen Augen und die helle, aber unterkühlte Stimme zeugten von einer Trostlosigkeit, die die ehemalige Waldläufer-Kommandantin bei noch keinem ihres untoten Gefolges je gesehen hatte. Höchstens mit Ausnahme von sich selbst. Kurz verlor sie sich in diesen erkalteten Augen, ehe sie sich fasste und begann zu erläutern.

"Ihr müsst für mich in den Norden des Waldes von Elwynn ziehen, dort steht der Turm der Kirche des heiligen Lichts. Er ist laut meinen Spähern nur spärlich, durch eine Hand voll Kleriker, bewacht. Einige Priesterinnen leben dort und lernen von der Hohepriesterin. Varimathras braucht sie für Putress' Experimente, er hat eine Seuche im Sinn die in der Lage sein wird eine ganze Armee der Geißel auf einen Schlag zu vernichten! Ich will meine Rache an Arthas nicht noch länger als nötig hinaus zögern. Also nehmt Kinnab mit und bringt mir diese Priesterin so schnell es geht!" Das Rot ihrer Augen leuchtete bedrohlich auf und färbte sich noch eine Nuance dunkler, beim Gedanken an ihre kommende Vendetta.

"Und ihr vertraut diesem verräterischem, Dämonenlord?", war die unbeeindruckte Antwort der dunklen Ritterin, die sich auf Varimathras bezog. Rote Augen funkelten auf, als die Bansheekönigin die Luft geräuschvoll einsog und scharf erwiderte:

"Selbstverständlich nicht, aber eine solche Durchschlagskraft kann ich mir nicht entgehen lassen! Er steht unter Beobachtung, das soll euch genügen. Ruht euch jetzt aus, der Weg zum Wald von Elwynn ist weit!" Mit einem angedeuteten Nicken drehte sie sich um und verließ zusammen mit Plagg den Raum, deutlich die glühend roten Augen, der aufsteigenden Herrscherin der Verlassenen, auf sich spürend.
 

Vor den Toren der Stadt hatte sie ihr Lager aufgeschlagen. Auf die Frage des Hexenmeisters, ob sie in seiner Unterkunft nächtigen wolle, hatte sie nur die Nase gerümpft und ihm mitgeteilt, dass er sich vor den zerstörten Stadttoren einfinden solle wenn die Sonne ihren höchsten Punkt verlässt. Daraufhin war sie schnellen Schrittes nach draußen geeilt. Jetzt saß sie auf ihrer Felldecke und fragte sich weshalb ihr dieser Auftrag so auf das, eh schon betrübte, Gemüt schlug und was Varimathras wohl von der, im Wald von Elwynn residierenden, Hohepriesterin wollte, dass dieser Seuche einen so großen Machtgewinn einbringen sollte. Heiliges Licht und die Seuche, wie sollte das miteinander vereinbar sein?

Doch schließlich kam sie zu dem Schluss, dass es ihr eh mehr als schleierhaft war wie diese Seuchen überhaupt funktionierte und so glitt sie schließlich in einen traumlosen Schlaf über.
 

Plagg wurde bereits von seiner neuen Herrin erwartet als er aus den Toren der zerstörten Stadt trottete.

"Mylady Glutklinge, es ist mir ein Vergnügen noch eine Weile an eurer Seite verweilen zu dürfen." Argwöhnisch betrachtete sie sein zerschlissenes Gesicht und zischte:

"Eure Schleimereien spart euch für Sylvannas auf, bei mir könnt ihr damit nichts gewinnen, Schlabberfratze! Und haltet gefälligst gebührenden Abstand, wenn ihr nicht mein Frühstück von euren Stiefeln kratzen wollt!", als sie das Lächeln auf seinem Oberkiefer entdeckte. Nach einer kurzen Pause fügte sie noch hinzu.

"Und nennt mich Dolette!"

Von Sukkuben und Königen

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Von Sukkuben und Königen
 

Die Sonne stand schon tief am Himmel als die beiden unfreiwilligen Gefährten die Grenze zum Vorgebirge des Hügellandes erreichten. Die verschlungenen Pfade, die durch die Bergkette führten, machten es dem Verlassenen beinah unmöglich mit der hochgewachsenen Elfe Schritt zu halten. Als es schließlich dämmerte, nahm er sich nach dieser Ewigkeit des Schweigens ein Herz.

"So wartet doch, Lady Dolette! Sonst muss ich zu anderen Mitteln greifen!" Sie beachtete ihn nicht. Stur weiter marschierend, hing sie ihren verwirrenden Gefühlsregungen nach. Sie spürte noch immer diesen Sog, der sie immer weiter südlich durch die Östlichen Königreiche zu ziehen schien, stets begleitet von einem gewissen Grad der Vertrautheit. Ihre aschfahlen Lippen zogen zwar eine grade Linie, doch innerlich belächelte sie sich selbst. Gefühlsregungen? Vertrautheit? In ihr erschallte ein spitzes Gelächter.

'Du bist eine Todesritterin! Solch Gedusel kennst du nicht!', verhöhnte sie ihre innere Stimme. Und als der kleine, golden schimmernde Funke in ihrem Geist wieder erlosch, riss sie ein ungewöhnliches Geräusch aus ihrem tranceähnlichen Zustand. Plop.

".... Meisterchen?", erklang eine helle, fast grelle Stimme. Sie schmerzte der Untoten in den feinen Ohren. Aus einer Nebelschwade erstand offensichtlich grade der Sukkubus von Plagg. Stilgerecht mit ledrigen Schwingen, Hufen statt Füßen und aufreizender, knappen Bekleidung, und klebte sogleich an ihrem Meister.

"Meisterchen, so lange hat Susanne nicht zu sich gerufen! Susanne traurig, ja, ja.", beklagte sie sich, einen verführerischen Schmollmund aufgelegt und hakte sich an seinen Arm.

"Susi, nun lass doch meinen Arm los, verdammt. Ich hab dich gerufen damit du mich trägst! Meine neue Herrin Dolette, dort hinten, rennt mit ihren äußerst grazilen Beinen nämlich einfach viel zu schnell für mich armes, gebrechliches Wesen.", versuchte er sich loszureißen und rief den letzten Satz so laut, dass seine Gefährtin ihn nicht erneut zu überhören vermochte. Der Blick des Sukkubus folgte seinem Ruf und entdeckte die schlanke, in einen Umhang gehüllte, Gestalt der untoten Elfe, die den sofort entflammten Augen, der Dämonin, mit eisiger Kälte entgegnete.

"Herrin von Meisterchen?" Einige Herzschläge lang brauchte sie offensichtlich zum Nachdenken.

"Herrin von Susanne?" Fragend und widerstrebend ließ Susanne den Blick hinunter zu Plagg schweifen.

"Ja, ja, Susi! Erst Herrin Dolette, dann Meisterchen, ehhhh Meister Plagg und dann du Susi." Dolette beäugte die Szene mit Argwohn und wollte sich grade wieder umwenden, da erklang die Stimme, nun weniger schrill, fast rauchig, direkt neben ihr und raunte:

"Susanne Herrin Dolli tragen?" Mit einem viel sagendem Lächeln auf den vollen, lilanen Lippen.

"B-bitte was?", stieß die Todesritterin hervor.

"Kinnab! Seht zu, dass ihr dieses frivole Ding an eine Leine nehmt, sonst fehlt euch ganz schnell etwas, das ihr mit sicherheit vermissen würdet." Die Drohung saß im wahrsten Sinne des Wortes tief.

"Und trichter ihr ein, mich nicht Dolli zu nennen, beim Licht!"

Nanu?!

Beim Licht?

Was zum...?

"....könig, Gnade euch der Lichkönig wenn ihr diese Dämonenbraut nicht bei Stange zu halten vermögt.", berichtigte sie stirnrunzelnd den typischen Ausruf der Anhänger eben jener Kirche deren Hohepriesterin sie im Begriff war zu entführen.

"Dolli kuscheln?" Das Gespräch augenscheinlich nicht verfolgend, hob Susanne die, im Vergleich zu ihr, federleichte Elfe auf ihre Arme und machte Anstalten sich in Bewegung zu setzten. Dolette, sich windend, entwich ein Geräusch des Ekels, während der Hexenmeister nun im strengen, Befehlston rief:

"Bei allen verdammten Dämonen, Susi! Du lässt die Herrin sofort runter und kommst zu mir, sonst schicke ich dich zurück in den Nether und lege mir einen wadenbeißenden Wichtel zu!" Endlich war der Hexer zu seiner Dienerin durchgedrungen, sie schmiegte ihre Wange einmal sehnsüchtig an die, der Elfe und ließ diese dann einfach fallen.

"Nicht do...." Der Verlassene war nicht in der Lage zu enden, als er beobachtete wie geschmeidig die Todesritterin sich während des Fallens so drehte, dass sie in einer anmutigen knienden Haltung landete. Der finstere Blick ihrer blau schimmernden Augen ließ ihn sich jedoch sofort seiner Sukkubus zuwenden und die untote Schönheit wandte sich schnell, den Weg weiter voran zu schreiten.

Sie erreichten ein kleines Plateau und errichteten darauf ihr Lager.

"Dann komm Susi, sammeln wir uns etwas Holz und schauen ob wir uns etwas Essbares, hier oben besorgen können." Die Dämonin machte einen Laut der Freude und so gingen sie zu der Baumgruppe die auf dem Plateau gewachsen war. Derweil stand die schlanke Gestalt der Elfe im warmen Schein der untergehenden Sonne und ließ ihren Blick über das Tal schweifen, ohne wahrzunehmen was sie dort eigentlich sah. Ihre Augen, in milchigem Blau, gedankenverloren schimmernd, fixierten einen unsichtbaren Punkt am Firmament. Äußerlich wirkte sie völlig ruhig aber in ihr huschten ihre Gedanken hin und her. Dass sie nicht die blutrünstigste ihrer Art war, war ihr durchaus bewusst, aber dass ihr der Ausruf, dieser gläubigen Narren über die Lippen kam, wühlte ihren eh schon unruhigen, Geist noch mehr auf. Hatte es mit diesem unwiderstehlichen Sog zu tun, den sie derzeit verspürte? Immerhin war diese Hohepriesterin einer eben dieser Narren.

Sie schob die störenden Gedanken rasch beiseite, als sie die anderen beiden hörte wie sie sich ihr diskutierend näherten.

"....einziges Mal das tun würdest, worum ich dich gebeten habe, müsste ich nicht schon wieder mit dir schimpfen!"

"Aber Susanne einen großen Geier gefangen, lecker!", erwiderte die Sukkubus, die ihren Meister nicht nur fliegend um fast zwei Köpfe an Größe übertraf.

"Susi, beim Dämon, ich sagte du sollst runter fliegen um einen Hasen oder so etwas zu fangen, nicht hinauf um ein Geiergelege zu zerpflücken, Papa Geier fa..." Dolette unterbrach ihren Diener scharf.

"Genug! Im Gegensatz zu euch und mir, war der Geier bis eben noch immer lebendig und wird seinen Zweck schon erfüllen. Anstatt euch weiter mit diesem dümmlichen Wesen rum zu plagen, solltet ihr lieber zu sehen, dass ihr was genießbares daraus macht!" Bei diesen Worten fragte sie sich wieder mal warum Schlafen und Essen für ihresgleichen überhaupt nötig waren.

'Anscheinend müssen selbst Untote Kräfte regenerieren', dachte sie bei sich.

'Welch sinnloses Unterfangen, sich darüber Gedanken zu machen.', schalt sie sich selbst. Da kam die Dämonin auf sie zu gestürmt.

"Ohhhh, Herrin Dolli betrübt? Susanne trösten!"

Jetzt reichte es aber!

In einer einzigen fließenden Bewegung, lichtete die Todesritterin ihren Umhang, unter den schwarze Platten an Schultern, Brustkorb, Handgelenken und Beinen zum Vorschein kamen, und zog geschmeidig ihr, im Verhältnis zu ihrem Körper, riesiges Schwert, das durch die gravierten Runen rot schimmerte, von ihrem Rücken und hielt es vor sich. Die Dämonin musste ihren Lauf scharf abbremsen um nicht in die Spitze der Klinge zu rauschen. Eisige, blaue Augen funkelten die Sukkubus herauszufordernd an.

"Meisterchen brauchen Hilfe?", sagte sie zittrig, bevor sie kehrt machte.
 

Klopfen riss die schöne Menschenfrau, die bei Kerzenschein an ihrem Arbeitsplatz saß aus ihren Gedanken.

"Herein!" Sie erhob sich gelassen. Ihre wohlgeformte Figur in, eine weiße, mit goldenen und silbernen Stickereien verzierte, Robe gehüllt und schritt auf die Tür zu.

"Herrin, ein Bote aus Sturmwind brachte euch diesen Brief." Die deutlich jüngere, in eine ähnliche, weniger kunstvoll verzierte, Robe gekleidete Frau, übergab das Schreiben und verbeugte sich ehe sie den Raum wieder geräuschlos verließ. Die Menschenfrau wendete ihn in ihren Händen, wog ihn ab, während sie zurück zu ihrem Schreibtisch schritt und erblickte das, blaue Siegel des Königs.

Routiniert öffnete sie den Brief und ließ sich wieder auf ihren Stuhl sinken. Sie strich sich noch eine hellbraune Strähne aus dem Gesicht, die ihrer kunstvoll gesteckten Frisur entsprungen war, bevor sie den Brief mit ihren wachen bernsteinfarbenen Augen überflog. Ein leises, besorgtes Stöhnen entwich ihrer Kehle, als sie sich zurück lehnte.

'Dieser ungestüme Idiot!'

Bernsteinfarbene Augen

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Bernsteinfarbene Augen
 

Ein roter Schimmer funkelte in den sonst so frostigen, blauen Augen der Todesritterin , während sie am Lagerfeuer vorbei auf Plagg sah, der eng umschlungen von seiner irren Sukkubus Susanne, ruhig zu schlafen schien.

Sie selbst fand keinen Schlaf. Der undefinierbare Sog den sie in ihrem Inneren verspürte, der sie immer weiter in eine Ungewissheit zog, beherrschte ihre Gedanken mehr und mehr.
 

"Putress mein Freund." Mit klobigen Schritten betrat der Schreckenslord das riesige Hauptlabor des Großapothekers. Auf der einen Seite, des hell erleuchteten Raumes standen viele, verschieden große Käfige, mit den merkwürdigsten Wesen, angereiht. Auf der anderen diverse Tische auf denen allerlei Flaschen mit den farblich unterschiedlichsten Flüssigkeiten befüllt waren. Reagenzien blubberten und hie und da stiegen Rauchschwaden auf, die dem Raum einen stinkenden und fauligen Geruch verliehen.

"Ich habe absolut keine Zeit für euch, Varimathras! Das Licht, das die verlassenen Priester in sich tragen reicht einfach nicht. Sie sind zu verdorben, sie sind verdammt noch mal untot! Das Licht, das ich aus ihnen gewinne ist einfach nicht rein genug." Putress bedachte den Nathrehzim, der mit seinen ledrigen Schwingen und den großen Hörnern auf der Stirn, seinem Dämonendasein alle Ehre machte, eines abfälligen Blickes, wie er dort ungeduldig in der Türe stand.

"Also muss es wirklich diese Priesterin sein. Sylvanas hat ihre neuste Errungenschaft, diese Todesritterin, ausgesandt. Sie schien äußerst überzeugt von ihrem Erfolg, bei dieser Aufgabe." Der Apotheker schnaufte nur verächtlich. Varimathras hingegen bleckte grinsend die scharfen Zähne.
 

Sie erreichten Süderstade um die Mittagsstunde. Dolette wandte sich einer Straße zu und befahl ihrem Gefährten:

"Ich kümmere mich um die Überfahrt. Verhaltet euch unauffällig und sorgt dafür, dass eure aufdringliche Dienerin und ihr kein Aufsehen erregt. Wir brauchen ein Menschenschiff um so schnell wie möglich nach Sturmwind zu kommen. Was wir am wenigsten gebrauchen können ist ein Mob von Bauern die hinter euch herlaufen und 'oh du böser Untoter' schreien!" Sie bedachte die beiden mit einem verächtlichen Blick, drehte sich um und setzte sich in Gang.

"Herrin Dolli nicht ohne Susanne gehen!" Die Dämonin machte Anstalten ihr hinterher zu eilen, der Hexenmeister hatte alle Mühe sie zurückzuhalten, doch Dolette setze ihren Weg unbeirrt, mit einem noch finsteren Blick fort.

Etwas außerhalb der Stadt an einem kleinen Pier, vor einem größeren Kutter, fand sie wen sie suchte. Einen Menschen mittleren Alters, der gerade fest gemacht hatte.
 

Nachdem Plagg, zwar unter seiner Kapuze gut verhüllt, einige misstrauische Blicke, der Bewohner von Süderstade, erntete, beschloss er lieber außerhalb der Stadt auf seine Herrin zu warten und gönnte sich, an einen Baum gelehnt, ein Nickerchen. Seine Sukkubus hatte er zur Sicherheit wieder in den Nether geschickt.

Er erwachte erst, als er bemerkte wie er an seiner Robe durch das Unterholz geschliffen wurde. Erschrocken sah er die Reihen Zähne, die sich in den Stoff verbissen hatten, die unverkennbar zu einem riesigen Bären gehörten, einem verseuchten noch dazu. Er machte Anstalten sich zu befreien doch der Griff des, von Speichel überlaufenden, Mauls war unerbittlich. Einen kleinen grünen Feuerball kanalisierend, drehte er sich soweit wie möglich, um ihn dem Bären entgegen zu schleudern und so wurde der Untote unsanft zu Boden geschleudert. Er vernahm ein lautes Jaulen.

Benommen richtete er sich auf und sah sich schwankend nach dem Ungetüm um, das ihn sogleich mit den großen Pranken niederrang und nun kurz davor war dem Untoten jeden Augenblick den Kopf abbeißen.

Da wurde der Bär plötzlich von einer riesigen, lilafarbenen, mit Blitzen durchzogenen Hand von ihm gezogen. Er vernahm die glockenklare Stimme seiner Herrin:

"Nichtsnutzige Schlabberfratze! Man lässt euch kurz alleine!", stieß die dunkle Ritterin entnervt aus und schleuderte dem verseuchtem Geschöpf eine heulende, eisblaue Böe entgegen. Sie riss das Tier einige Körperlängen fort. Der Hexer, noch immer benommen, versuchte zu seiner Herrin aufzuschauen.

"Verzeiht mir, Lady Dolette. Ich bin wohl eingenickt.", erklärte der Hexenmeister schuldbewusst. Die untote Elfe bedachte ihn eines Blickes, der ihn erstarren ließ und preschte dem Bären entgegen.

Das Zischen einer rasanten Klinge war zu vernehmen. Gefolgt von zwei dumpfen Aufschlägen.

Plagg hatte sich noch gar nicht wieder zu seiner vollen Größe aufgerichtet da lag das Monstrum schon, alle Viere von sich gestreckt und enthauptet, auf dem Boden. Grüngelbes Blut schoss aus seinem Hals und der Hexenmeister wandte seinen Blick fasziniert der Gestalt zu, die ihn errettet hat.

"Dummes Geschöpf, als wäret ihr bei seiner Größe mehr als ein kleiner Happen gewesen. Lachhaft! Wollt ihr hier nun Wurzeln schlagen, Kinnab? Schlagt lieber dort hinten unser Lager auf, damit macht ihr euch wenigstens halbwegs nützlich. Morgen bei Sonnenaufgang legt unser Schiff ab." Sie deutete in Richtung einer großzügigen Lichtung und machte sich direkt zu dieser auf. Der Hexer war fasziniert von der eiskalten greifbaren Macht, die von der dunklen Ritterin stoßweise, in steten Wellen ausging.
 

Die Sonne war noch nicht lange untergegangen, beide lagen bereits auf ihren Felllagern. Dolette war überaus froh als sie die sehnlichst erwartete Müdigkeit doch schon so früh in sich aufsteigen fühlte und es dauerte nicht lange, bis sie in den Schlaf überging.
 

Keuchen und heiße, ausgestoßene Luft drangen an ihre Ohren, die Augen genießend geschlossen, fühlte sie seidig, weiche Haut auf ihrer, überall... sie war nackt, genau wie der Körper auf ihr, der sich langsam und rhythmisch über ihr bewegte. Ihre Beine waren ineinander verschlungen und ihre eigenen Bewegungen passten sich dem anderen Körper an. Sie fühlte wie sich sanfte Lippen auf die ihren legten und zärtlich um Einlass baten. Dolette gab nach, unfähig sich auch nur gegen irgendetwas zu wehren was hier geschah. Die Zungen tanzten im Takt der beiden Leiber.

Als der Kuss jäh beendet wurde öffnete sie lächelnd ihre Augen und blickte in bernsteinfarbene, fast goldene Augen, in denen ein silberner Funke zu glänzen schien...
 

Das Knacken des Feuers riss sie unsanft aus ihrem Traum. Immer noch schwer atmend sah sie sich um, alles war ruhig nur Plaggs Schnarchen und das Vogelgezwitscher, das das Morgengrauen ankündigte, waren zu hören. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Was war das nur? Einfach nur ein Traum? Mit solchen Auswirkungen? Es brauchte schon einiges um einem Todesritter den Schweiß auf die Stirn zu treiben. Aber dieses vertraute Gefühl das in ihr loderte, das Wissen diese Augen schon einmal gesehen zu haben zerrte an ihr, so dass sie es beinah physisch quälte. An das Gesicht, das zu dem Augenpaar gehörte erinnerte sie sich in keinster Weise, es war verschwommen, aber diese Augen...

'Reiß dich zusammen! Woher sollten mir diese wunderschönen Augen bekannt vorkommen? Es war einfach nur ein Traum, konzentriere dich auf deinen Auftrag!', hallte es unerbittlich in ihr wieder.

Und erneut erlosch das seichte goldene Glimmen in ihrem Geist.

"Kinnab, Wacht auf! Die Sonne wird bald aufgehen, wir sollten zügig aufbrechen!" Verschlafen blinzelte der Verlassene ins Feuer und setzte sich auf.

"Ohne Frühstück?"

"Ohne Kopf, falls ihr diskutieren wollt, Gerippe!", zischte sie gereizt. Er ließ sich kein zweites mal bitten und schickte sich an sein Lager zusammen zu räumen.
 

Die beiden betraten die Silbersee als die ersten Strahlen, der Sonne, auf dem Meer zu glitzern begannen. Augenblicke später legte der Kutter, mit samt kleiner Mannschaft und seinen untoten Passagieren, ab. Ein guter Wind trieb das Schiff zügig voran und Dolette hoffte, als sie sich ihren Gefährten ansah, dass die Reise wirklich nur, wie angekündigt, bis zur Mittagsstunde andauern würde.

"Wieso habt ihr nicht gesagt, dass ihr auf dem Meer seekrank werdet? Als würdet ihr alleine nicht schon genug stinken, übergebt ihr euch auch noch jeden dritten Wellengang. Und ich muss hier mit euch unter Deck verweilen." Mürrisch drehte sie sich von ihm weg.

"Als hätte ich das vorher gewusst! Ich war noch nie auf hoher See!" Erst schmollte er, bis sich ein weiteres mal geräuschvoll ein Schwall aus seinem unterkieferlosen Mund auf dem Boden ergoss. Sie wollte sich grade wieder in ihren Geist zurück ziehen, um davon so wenig wie möglich mitzubekommen, da hörte sie wie jemand den Lagerraum betrat.

"Dole, wir legen gleich an, warte auf mein Zeichen!"

Sie nickte dem Mann zu, dann verschwand er wieder.

"Du hast es gehört Kinnab, halte dich bereit und zieh deine Kapuze so tief es geht!"
 

Der Kapitän führte sie zu einer menschenleeren Gasse.

"Weiter kann ich dir nicht helfen, Dole. Möge das Licht dich beschützen." Als er sich umdrehte, um sich zurück zu seinem Kutter zu begeben.

"Ja" Sie blinzelte etwas verwirrt.

"...ja, dich auch Cid, mein Freund."

sie schaute ihm noch eine Weile nach. Immer noch irritiert von den vertrauten Worten. Die Stimme ihres Begleiters riss sie jedoch aus ihren Gedanken.

"Woher kennt ihr den überhaupt, Herrin?"

Sie brauchte noch einen Moment bevor sie antworten konnte.

"Ich habe ihm mal das Leben gerettet." Weitere Erläuterungen brauchte es nicht, also fragte Plagg etwas anderes:

"Wieso ist hier eigentlich kaum einer?"

Sie überlegte, zwang sich wieder ins hier und jetzt, doch sie brauchte wieder einige Herzschläge bis sie erwiderte:

"Vielleicht ist hier ein Fest oder so etwas Ähnliches, das könnte uns von Nutzen sein."

Die beiden Gefährten durchstreiften die engen Gassen Sturmwinds bis sich ein riesiger Platz vor ihnen erstreckte. Unmengen von Menschen tummelten sich auf ihm. Dolette ließ ihren Blick über die Menge schweifen. Die, die ihnen am nächsten waren, waren Bewohner, aber davor, näher an der Kathedrale, standen etwa 500 uniformierte Männer, die alle in Richtung des Gotteshauses schauten. Auf den obersten Stufen der Treppe, vor der Kathedrale, standen ein Dutzend Gestalten, die meisten Menschen, aber auch zwei Zwerge sowie eine Hochelfe. In der Mitte der Gruppe unverkennbar Varian Wrynn, der König von Sturmwind, leicht zu erkennen an der auffälligen Narbe, die von Wange zu Wange über seinen Nasenrücken verlief. Und direkt neben ihm augenscheinlich eine Priesterin.

Ein unsichtbares Band, um die Brust der Todesritterin, schnürte ihr die Luft ab. Die Priesterin war in eine äußerst elegante, weiße Robe gekleidet. Die feinen Applikationen funkelten golden und silbern in der nachmittäglichen Sonne. Eine verirrte Strähne, ihres hellbraunen Haares, umspielte ihr Gesicht und verfing sich immer wieder zwischen ihren vollen, blassrosanen Lippen. Ein unbändiger Drang, ihr diese widerspenstige Strähne zärtlich aus dem Gesicht zu streichen, stieg unbarmherzig in der dunklen Ritterin auf, bis sie augenblicklich erstarrte, als sie schließlich die Augen der Priesterin entdeckte.

Bernsteinfarbene, fast goldene Augen strahlten Gütigkeit und Liebe aus, als sie in die vielen Gesichter vor sich sah und dann die bläulich schimmernden der toten Elfe erblickten, die ihren Blick festzuhalten schienen.

Auf den Fersen der Hohepriesterin

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Auf den Fersen der Hohepriesterin
 

Für den Bruchteil eines Herzschlags entglitten der Hohepriesterin ihre Gesichtszüge, als sie weit hinter der riesigen Menschenmenge eine vermummte Gestalt entdeckte, deren Gesicht unter der tiefgezogenen Kapuze bläulich beleuchtet schien. Unzählige Erinnerungen strömten augenblicklich auf sie ein und drohten sie nieder zu ringen. Ein glasiger Schimmer trat in ihre Augen und sie hatte große Mühe sich von diesem eiskaltem und doch vertrautem Blick abzuwenden, um sich wieder dem hier und jetzt zu widmen. Sie blinzelte entschlossen die Tränen weg.
 

"Dole…Lady...Dolette? Herrin…?" Plagg trat vor die Elfe und fuchtelte mit den fauligen Händen vor ihrem Gesicht herum.

"Mylady, habt ihr einen Geist gesehen?" Sie zuckte leicht zusammen, als sie ihn endlich bemerkte und zog dann scharf die Luft ein, froh ihre Fähigkeit zu atmen doch nicht ganz verloren zu haben.

"Ja, eh…was?" Sie konnte ihren Blick noch immer nicht abwenden und beobachtete die Priesterin, wie sie offenbar einen Segen für die Armee des Königs sprach.

"Ich fragte ob ihr einen Geist gesehen habt! Meint ihr nicht wir sollten unser Chance nutzen und den Platz schnell überqueren, solange die Aufmerksamkeit auf die Priesterin gerichtet ist?", fragte er nun leicht gereizt und verzog das zerfledderte Kinn.

"Nein! Den Weg zum Turm können wir uns sparen, Kinnab. SIE ist es! Nicht irgendeine sondern eben diese Priesterin die wir suchen." Erstaunt sah der Verlassene von der Priesterin zu seiner Herrin und wieder zurück. "Woher…seid ihr sicher?"

Ihre Miene verdunkelte sich, als diese Erkenntnis erst jetzt gänzlich in ihr Bewusstsein sickerte, heiß loderte und sie zu verbrennen drohte.

"Ist es euer Problem, ob wir mit der richtigen Priesterin zurück kehren, Klappergestell?", presste sie zwischen ihren Lippen hervor. Plagg verdrehte nur die Augen. Sie hatte den Eindruck, dass sie sich einmal ganz um sich selbst drehten, bevor er ernst fragte:

"Wie gedenkt ihr nun vorzugehen, Lady Glutklinge? "

Sie überlegte, die Priesterin noch immer fixierend.

"Wir verstecken uns dort hinten..." Sie deutete auf eine kleine Baumgruppe.

"...und warten bis die Massen den Platz verlassen haben und die Hohepriesterin sich zurück zu ihrem Turm begibt. Wir ergreifen sie sobald sie sich weit genug von den Stadtmauern entfernt hat." Er überdachte den Plan und nickte bestätigend.

"Dann sollten wir uns dort hin begeben solange die Aufmerksamkeit der Masse noch auf der Priesterin ruht." Sie nickte ebenfalls, jedoch abwesend, während sie sich nochmal umsah, dann zog sie der Blick der Priesterin wieder in ihren Bann. Die Todesritterin wartete eine gefühlte Ewigkeit, bis die schöne Menschenfrau ihre Aufmerksamkeit wieder der Menge vor sich schenkte und gab Plagg dann das Zeichen um los zu schleichen.
 

"…nun zieht los und befreit uns vom Antlitz der Geißel. Möge das Licht euch beschützen." Die Menge und die Soldaten tobten. Die Hohepriesterin spürte noch die Reste einer vertrauten Präsenz, bevor sie in die Vorhalle der Kathedrale schritt. Sie schenkte dem König von Sturmwind einen Blick der ihm einen Schauer über den Rücken jagte und wandte dann das Wort an ihn.

"Beim Licht. Ihr verurteilt sie alle zum Tode, euer Hoheit. Ohne ein festes Bündnis mit der Horde wird euer Heer von der Geißel niedergemetzelt!"

Er funkelte sie missgünstig an, als er zu einer Erwiderung ansetzte. Sein Gesicht verzog sich zu einer hämischen Maske und die quer darüber verlaufende Narbe verstärkte diesen Ausdruck noch.

"Bei allem gebührenden Respekt, Hohepriesterin. Ich denke Kriegsführung ist eher mein Hoheitsgebiet. Außerdem besteht ein solches Bündnis und wir werden, gemeinsam mit der Horde, durch die Pforte des Zorns einfallen! Und nun kümmert euch wieder um eure Gebete, damit ist uns allen mehr gedient, als dass ihr eure Nase in Dinge steckt, von denen ihr nicht den Hauch einer Ahnung habt!"

Unterdrückter Zorn loderte in ihren Augen, doch sie verbeugte sich nur knapp und sah ihm gedankenverloren zu wie er sich an Hochlord Tirion Fordring wandte und ihm Instruktionen zum Aufbruch seiner Armee gab.

'Unwissender Narr! '

Immer noch von dieser vertrauten Präsenz berauscht schaute sie sich unbewusst in der Vorhalle um doch es war niemand zu sehen, der nicht hier hin gehörte und so trat sie noch einmal an Varian heran.

"Ist meine Aufgabe, zu eurer Zufriedenheit erfüllt, euer Hoheit? "

Abwesend nickte er und machte mit der Hand eine wegwischende Bewegung.

"Ja, ja sicher Hohepriesterin, ihr dürft euch zurück zu eurem Turm begeben, betet für den Erfolg unserer Truppen!"

"Selbstverständlich, eure Majestät." Sie verbeugte sich erneut und nickte ihrer Begleiterin Therez zu, der jungen Priesterinnen-Auszubildenden, die ihr am Abend zuvor Varians Brief übergab, als Zeichen, dass sie aufbrechen würden. Diese folgte ihr und sie traten auf die Stufen vor der Kathedrale ins gleißende Licht der schräg stehenden Sonne.
 

"Da ist sie, Herrin!", flüsterte Plagg an Dolette gewandt.

"Ich sehe es selbst Kinnab, wir halten einen gebührenden Abstand ein, bevor wir die Verfolgung aufnehmen, haltet euch bereit!" Erklang ihre Stimme, mittlerweile wieder gefestigt und gebieterisch. Das goldene Glimmen in ihrem Geist war kurze Zeit nachdem die Hohepriesterin die Kathedrale betrat, wieder verschwunden und die gewohnte, kühle Scharfsinnigkeit war an seiner Statt an dessen Platz getreten, was die Todesritterin sichtlich zufrieden stellte.

"Jetzt!", zischte sie ihm leise zu und mehr oder weniger behände glitten die beiden Gestalten zwischen den Bäumen hervor. Schritten langsam hinter den beiden Menschenfrauen her.
 

Die Hohepriesterin schenkte den beiden Wachen am Nordtor ein strahlendes lächeln, als sie Sturmwind zusammen mit Therez verließ und dem Weg richtung Norden folgte. Die ganze Zeit seit sie die Kathedrale verlassen hatten, beschlich sie wieder dieses Gefühl von vertrauter Nähe.

Was ist das nur?

'Marialle!

Deine Sinne spielen dir Streiche, sie kann es nicht gewesen sein!

Du bist zur Zeit die einzige Hohepriesterin im Königreich und kannst dir solche Sperenzien nicht erlauben', rief sie sich selbst zur Ordnung.

"Varian wird uns noch alle umbringen mit seinen vorschnellen und impulsiven Entscheidungen!", sprach sie gedämpft zu ihrer Schülerin.

Therez sah in das Gesicht ihrer Herrin. Die junge Frau hatte immer schon diesen aufmerksamen Ausdruck auf ihren Zügen, wann immer sie den Worten ihrer Meisterin lauschte. Ein Umstand den Marialle insgeheim zu weilen genoss, wenn auch sie das niemals zugestehen würde.

"Meint ihr das Bündnis zwischen Allianz und Horde wird nicht halten?" Eine berechtigte Frage, wie die Hohepriesterin fand. Feinfühlig hatte die junge Frau die Geschehnisse analysiert und war zu diesem Schluss gekommen. Therez war allgemein in vielen Punkten so manchem Vertreter ihrer Fraktion vorraus..in Sachen Nachhaltigkeit und Toleranz, obwohl sie dennoch Angst vor der anderen Seite hatte.

Marialle rang mit ihrer Konzentration und suchte nach den Worten die sie ihrer Schülerin entgegnen wollte.

"Nun Therez, das kommt ganz darauf an wie stark dieses Bündnis tatsächlich ist und selbst wenn es das ist, so wirkt das Ganze auf mich doch mehr wie ein Himmelfahrtskommando, als wie eine gut durchdachte Strategie."

Die Hohepriesterin verlor sich wieder in den verwirrenden Gefühlsregungen, die sie seit ihrer Ansprache auf dem Vorplatz der Kathedrale vereinnahmten, als sie plötzlich einen dumpfen Schmerz am Hinterkopf spürte und dann von Dunkelheit und Stille umhüllt wurde.

Wohin solls denn gehen?

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Wohin solls denn gehen?
 

Die Luft roch salzig als sie erwachte und es war dunkel. Leise Stimmen drangen an ihr Ohr doch sie vermochte nicht sie zu verstehen.

"Beim Licht, wo bin ich?"

Was war geschehen?

Die Hohepriesterin versuchte sich zu setzen, erst da bemerkte sie, dass sie gefesselt war. Sie lag auf dem Bauch, die Arme hinter dem Rücken, an den Handgelenken zusammen gebunden und versuchte sich umzusehen. Alles um sie herum war aus Holz.

War sie in einer Hütte?

Eine Kerze in einem Glas war die einzige Lichtquelle. Um sie saßen zwei vermummte Gestalten, eine von ihnen machte sich bedachten Schrittes zu ihr auf und sprach mit gedämpfter Stimme:

"Wenn ihr nicht leise seid müssen wir euch knebeln, also tut uns allen einen Gefallen und senkt eure Stimme." Als ihr die Gestalt half sich in eine sitzende Position zu begeben, versuchte sie das Gesicht zu der kühlen, klaren Stimme über ihr zu sehen, doch die abgewandte Haltung, des offensichtlich weiblichen Wesens, machten ihr dies unmöglich.

"Wasser?", kam es knapp und sie nickte nur.

'Wo bleibt die Angst?', dachte sie bei sich.

'Wieso gerate ich nicht in Panik?' Als die Frau, der Priesterin den Wasserschlauch an den Mund führte, erschrak sie.

Im Inneren der Kapuze glomm ein sanftes, blaues Licht, von den Augen ausgehend, anscheinend die einer Todesritterin. Augen wie diese sah man in jüngster Zeit immer öfter und auch die Priesterin hat schon einige dieser Wesen gesehen und zum Teil bekämpft. Jedoch in Form und Ausdruck war dieses spezielle Augenpaar unfassbar vertraut und dasselbe Gefühl, wie am Nachmittag vor der Kathedrale, als sie weit hinter den Massen, Umrisse einer verhüllten Gestalt ausmachte, stieg unerbittlich in ihr hoch. Es dauerte höchstens den Bruchteil eines Herzschlags bis sie wusste wen sie vor sich hatte.
 

"Eure Gefährtin schläft noch, sie scheint euren Fähigkeiten um einiges nachzustehen, aber dass ihr so schnell erwacht, hätte auch ich nicht erwartet. Seid unbesorgt es waren nur ein paar Kräuter, die euch schlafen ließen. Es geht ihr gut."

Dolette zog den Schlauch wieder zu sich und folgte dem besorgten Ausdruck in den bernsteinfarbenen Augen der Hohepriesterin, bis zu der jungen Frau die ruhig atmend auf der Seite neben ihr lag. Weder Angst noch Panik lagen im Antlitz der schönen Priesterin, was die Elfe nur noch mehr, als eh schon, irritierte. Sie sah dieses Menschenweib heute Nachmittag definitiv zum ersten Mal und dennoch viel es ihr schwer ihren Blick von ihr abzuwenden, da doch jede Einzelheit an ihr so vertraut auf die Todesritterin wirkte.

"Wo sind wir?", fragte die Priesterin erneut.

"Auf einem Kutter Richtung Süderstade, Mylady.", erwiderte Dolette knapp und wandte sich um, zur Kerze zurück zu kehrend und sich wieder zu Plagg zu setzen.

"Und dann?", bohrte die Priesterin weiter und die bernsteinfarbenen, wachen Augen schienen sie regelrecht zu durchbohren. Dolette fühlte sich nackt, als könnte dieser Mensch, den sie vorhin so grob gefangen genomen hatte, wissend in die tiefsten Abgründe ihrer verstümmelte Seele sehen, frei von Angst und Abscheu noch dazu. Die Stimme in ihr rief sie unvermittelt zur Ordnung.

'Sie ist verdammt noch mal eine Priesterin, sie hat höchstens Mitleid. Vielleicht bildet sie sich sogar ein, dich auf irgendeine Weise läutern zu können. Lachhaft, dummes Menschenweib! Am Ende will sie dich eh nur aufs Kreuz legen um sich zu befreien!' Und so ließ sie ihre Augen gefährlich lange auf dem perfekt geformten Körper der Priestrin ruhen, bis sie endlich zu einer Antwort fähig war. Als aber noch einige Momente mehr vergingen, schaltete sich Plagg ein und sagte:

"Danach geht es weiter nach Unterstadt, Mylady Hohepriesterin. Wir brauchen euch um der Geißel einen vernichtenden Streich zu spielen." Seine mühsam, durch dem zerfallenen Kiefer gepressten, Worte zeugte von Missgunst, aber offenbar kam auch der Hexenmeister nicht umhin diesem heiligen Geschöpf mit Respekt und Ehrlichkeit gegenüber zu treten.
 

Diese labberige Art zu reden, als wenn am Mund irgendwas nicht mehr richtig funktionierte…oder fehlte, ließ sie aufhorchen. Sie brauchte nur einen weiteren Herzschlag , als sich die zweite, gedrungene Gestalt leicht in ihre Richtung drehte, um zu erkennen, dass es sich hierbei um einen Untoten handelte.

"Euch beiden ist bewusst, dass Allianz und Horde seit kurzem ein großes Bündnis miteinander geschlossen haben um den Lichkönig zu bezwingen? Meint ihr nicht, dass diese Aktion hier den Frieden, der nach einem Sieg über Arthas, bestehen bleiben könnte, massiv bedroht?", richtete sie nun scharf und angewidert das Wort an ihre Entführer.

Der Untote schnaubte und die Augen der Priesterin verengten sich. Sie spürte den Blick der anderen auf sich, heiß und forschend, während sie mit dem Untoten stumm einen Kampf mit den Augen ausfocht.

"Mir ist nicht daran gelegen, den beginnenden Frieden zwischen den Fraktionen zu gefährden, Mylady. Aber selbst zusammen werden sie die Geißel nicht ohne weiteres besiegen können. Die Verlassenen aus Unterstadt und Anhänger Lady Windläufers werden die nötige Geheimwaffe liefern. Ihr seht also, es ist das Risiko wert.", schaltete sich die Todesritterin wieder ein.
 

Was machte sie da?

Wieso erklärte sie sich dieser Frau?

Ihr Blick, ungeduldig wartend und erhaben, hielt Dolette unbarmherzig gefangen und ließ ihr keine andere Wahl, als ehrlich und ausführlich zu erklären, was ihre Beweggründe für dieses Unterfangen waren.

"Und da meint ihr, die letzte Hohepriesterin des Königreichs Sturmwind zu entführen ist eine gute Idee?" Sie betonte ihren Satz merkwürdig und hob die Stimme gereizt an, als hätte sie ihm eine verschlüsselte Nachricht mitgegeben, die Dolette jetzt ohne weiteres hätte entschlüsseln müssen.

"Mylady, ich wiederhole mich nur ein einziges mal. Wenn ihr weiter so viel und laut redet werden wir euch wirklich knebeln müssen! Ich denke ihr wollt schon, dass der Rest der Reise nicht mit unnötigen Strapazen erschwert wird."

Die Drohung klang viel weniger gefährlich als sie es beabsichtigt hatte und so sprach die Priesterin unbeirrt weiter.

"Also ist unser Ziel Lordaeron? Und dann? Was wollt ihr von mir?" In Dolette arbeitete es heftig, sie war von dem sturen Stolz und der Selbstsicherheit, die die Priesterin ausstrahlte, wie gelähmt und unfähig ihrer eben noch ausgesprochenen Drohung auch nur den Hauch von Nachdruck zu verleihen.

Da die Erwiderung noch immer auf sich warten ließ ergriff Plagg erneut das Wort.

"Mylady, was genau die Apotheker hoffen durch euch zu Endecken oder zu entwickeln versuchen, wissen auch wir nicht."

Auch ihr untoter Gefährte schien leicht eingeschüchtert, ob der unnachahmlichen Präsenz der Priesterin, aber die Auswirkungen waren bei der Elfe um einiges heftiger.

Die Priesterin setze schon wieder zu einer Erwiderung an, wurde allerdings von leisem Stöhnen unterbrochen.

"Therez?" Sie beugte sich so gut es ging zu ihr rüber und musterte ihre junge Schülerin besorgt.

Sofort befahl sie:

"So helft ihr doch sich aufzurichten, beim Licht!" Die Menschenfrau erschrak als Dolette, kaum dass sie geendet hatte schon neben ihr stand, Therez vorsichtig in eine sitzende Position bugsierte und ihr den Wasserschlauch hin hielt.

Das amüsierte die Elfe jetzt doch. Stieg der geschätzten Hohepriesterin etwa grade die Röte ins Gesicht?

"Meisterin Marialle? Herrin wo sind wir? Seid ihr verletzt? Beim Licht, bin ich verletzt?" Der Hauch Eines Schmunzelns, der auf den blutleeren Lippen lag, verschwand schnell als der Name fiel. Marialle..., er hallte unendliche Male in ihrem Geist wieder.

Als sie sich endlich wieder gefasst hatte, sprach sie beruhigend auf die junge Frau ein:

"Wir sind auf einem Schiff Richtung Süderstade und dann geht es weiter nach Unterstadt. Außer einem dröhnenden Kopf, sollte es dir gut gehen. Wir brauchen deine Meisterin um die Geißel zu besiegen. Das ist die Kurzfassung" Grüne, unschuldige Augen trafen auf eiskalte, blaue und Therez spürte Angst in sich aufsteigen, das sah man ihr an, doch sie nahm sich ein Herz und fragte gereizt:

"Und warum sind wir dann bitte schön gefesselt?"

"Hättet ihr uns begleitet wenn wir einfach nur gefragt hätten?", mischte sich Plagg nun ein, worauf die Priesterin missgünstig in das fahle Gesicht des Untoten schaute.
 

"Natürlich hätte ich das! es ist auch in meinem Interesse eine Möglichkeit zu finden, die Geißel und den Lichkönig zu besiegen. Und ich hätte mir zumindest den Plan hinter dieser ganzen Hauruckaktion hier anhören wollen!" Dass das auch zu mindest gleichen Teilen mit der Anwesenheit der Todesritterin zusammenhing, verschwieg sie, aber vielleicht konnte sie so dafür sorgen, dass Therez frei gelassen würde.

Die Hohepriesterin wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen, als das Holz des Schiffes laut anfing zu knarren und der Wellengang urplötzlich stark zugenommen hat.

"Festhalten meine Da..." Die Schiffskonstruktion krächzte ohrenbetäubend, der Kutter schwankte heftig in den hohen Wellen und dabei brach eine Planke, die durch den nächsten Ruck der das Schiff durchzog, zu einem gefährlichem Geschoss wurde. Sie flog genau auf Plagg zu und durchbohrte seinen Oberkörper. Er sakte augenblicklich zusammen und sofort trat schwarzes Blut aus der Wunde.

"Kinnab! Verdammt ihr steht aber auch immer an genau der falschen Stelle.", brüllte die Elfe entnervt, aber auch ein wenig besorgt.

Er atmete schwach und konnte nicht antworten. Anscheinend drückte ihm die Planke gegen die Lunge, was immer davon übrig sein mochte. Die dunkle Ritterin war schnell zu ihm geeilt, glich dabei nur einem schwarzen Schatten und schien nun fieberhaft zu überlegen wie sie ihm helfen konnte. In diesem Moment schritt Marialle leicht stolpernd zu den beiden und stellte sich neben die Frau.

"Ich helfe euch!" Ehrlichkeit lag in ihrer Stimme. Ein kleines Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie die Überraschung im Gesicht der knienden Frau sah.

"Ich hoffe ihr habt Kraft, Lady Todesritter!" Der Kutter fing an sich wieder gleichmäßiger rauf und runter zu bewegen. Das war doch kein Unwetter? Der Gedanke wurde wieder rasch vom beunruhigenden Anblick, den der Hexer bot, abgelöst und rauschte in die hintersten Ecken von Marialles Geist.

Das blau erleuchtete Gesicht nickte nur sachte als Antwort.

"Gut, dann zieht auf drei so fest ihr könnt, ich werde die Wunde mit meinen Kräften verschließen, aber ihr solltet sobald wir in Süderstade angekommen sind Verbandszeug und Tinkturen besorgen, sonst springt euer Freund hier doch noch von der Klippe. Wärt ihr dann so lieb?" Sie drehte sich um, kaum ein Herzschlag verging und hinter ihr wurde behände ein Dolch gezückt um die Fesseln zu lösen. Marialle rieb sich kurz die Handgelenke bevor sie ihre Hände prüfend über den Brustkorb des Verwundeten gleiten ließ.

"Es eilt, er bekommt kaum noch Luft, also auf drei! Eins…zwei…drei!"

Mit einem gewaltigen Ruck wurde die Planke aus dem Verlassenen gerissen und sofort sprudelten Unmengen Blut in alle Richtungen aus der Wunde. Ein sanftes silbernes Leuchten glomm auf als sie ihre Hände langsam über die Wunde gleiten ließ und man konnte zusehen wie sie sich, der silbernen Spur folgend, verschloss.

Der Untote zog die Luft tief ein und fiel augenblicklich in eine tiefe Bewusstlosigkeit.

Die beiden Frauen atmeten ebenfalls tief durch und ließen sich aus der knienden Haltung zurück sinken. Blaue, leuchtende Augen schauten sie dankbar, aber vor allem immer mehr verwundert, an.

"Habt Dank.", kam es zögerlich.

Sie nickte der Todesritterin nur zu, immer noch schwer atmend aufgrund des hohen Manaverbrauchs. Ein kurzer Blick zur Seite verriet der Priesterin, wie wenig Verständnis ihre Schülerin für sie auf bringe konnte. Vielleicht war Therez doch nicht ganz so tolerant wie ihre Meisterin sie bisher eingeschätzt hatte. Die Frauen fuhren herum als sie Schritte hörten und dann eine männliche Stimme leise anfing zu sprechen:

"Dole, alles in Ordnung? Dieser Walhai, dieses Ungetüm war der Meinung unbedingt mal in die Luft springen zu müssen. Hat uns alle ganz schön durchgeschüttelt. Bei dir alle heil geblieben?"

"Wie mans nimmt, Cid. Eine deiner Planken hat meinen Diener mal eben aufgespießt, hast du Verbandszeug an Bord?" Er nickte eifrig und verschwand sofort wieder.

Eine Todesritterin besorgt um einen Untoten? Besorgt um einen Freund? Vielleicht ist es bei ihr ja anders als bei den anderen? Vielleicht ist sie….

Cid erschien erneut und übergab Dolette das Verbandszeug.

"Hier, wir kommen auch gleich an, beeilt euch." Die Todesritterin bedankte sich bei ihm und er ging wieder. Gemeinsam verbanden die Frauen dem Hexenmeister den Brustkorb und warteten darauf, dass sie diesen Kahn endlich verlassen konnten.

Leuchtende Augen, in denen sie kurz zu versinken drohte, sahen sie direkt an, als sie die Frage von ihrem Gegenüber vernahm.

"Wartet ihr hier während ich das Pferd und den Karren hole?."

Die Todesritterin brachte ihr Vertrauen entgegen. Sie musste hart schlucken und brachte nur ein Nicken zustande. Ja sie würde auf jeden Fall warten.

Die dunkle Ritterin schnitt nun auch die Fesseln von Therez auf, die sich kleinlaut bedankte und eilte geschwind vom Schiff. Marialle sah der Frau nach und verfiel augenblicklich wieder in ihre aufgewühlte Gefühlswelt.

Als die Sonne unterging

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Als die Sonne unterging
 

Die Sonne war schon fast untergegangen, was die Landschaft unter ihnen in atemberaubende Orangetöne tauchte.

Der Marsch mit den beiden Menschenfrauen ging zügig voran. Dolette war es selbst, die wegen ihrem verwirrten Geist, immer wieder überlegen musste wo es lang geht und dadurch die Ankunft oben auf dem Plateau doch etwas hinaus zögerte. Plagg schlief die ganze Zeit, ruhig auf dem Karren liegend, den nun, anstelle eines Pferdes ein Esel, zog. Sie hatte ihn zusammen mit Marialle vom Wagen gehoben und ihn in sein Felllager gebettet.

Die beiden heiligen Frauen saßen nah bei einander am Feuer und aßen vom Fisch, den Dolette, Stunden vorher, in einem See gefangen hatte.

Sie selbst stand etwas abseits, nah der Klippe und blickte gedankenverloren auf das Farbenspiel, das sich am Horizont abzeichnete. Ihr Umhang und die Kapuze flatterten stoßweise im Wind, einige Strähnen ihrer, fast weißen, hellblonden Haare umspielten ihr aschfahles Gesicht, was es beinah kindlich wirken ließ.

Sie seufzte, als sie an die Geschehnisse des vergangenen Tages dachte. Dieses Gefühl, was sie in letzter Zeit verspürte, sollte es sie speziell an diesen Punkt führen? Auf den großen Platz vor der Kathedrale, als sie die Hohepriesterin zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatte.

Im Grunde war dieser Gedanke schon weit in den Hintergrund geraten, bei dem was sich im Laufe des Tages in ihr abgespielt hatte. Sie konnte ihre undefinierbaren Gefühle der Priesterin gegenüber aber einfach nicht in Schach halten.

Sie traf, für sie untypische Entscheidungen, stand neben sich, sie war besorgt um ihren Gefährten Plagg, den sie noch Tags zuvor eher als Plage, denn als Freund betrachtete. Und zu guter Letzt schenkte sie einem Wesen blindlings vertrauen, das in jeder Hinsicht im Widerspruch zu ihr selbst stand.

Ein Teil in ihr sehnte sich nach der Kälte und Abgeklärtheit, in ihrem Herzen. Wäre so doch alles viel klarer und leichter. Doch das kleine goldene Flimmern wurde zu einem steten Scheinen und fing langsam an sie von Innen zu wärmen.

Ein Schauer lief Dolette über den Rücken und sorgte dafür, dass sich die feinen Haare auf ihrem Nacken aufstellten. Dem Impuls folgend drehte sie sich, um sich zurück ans Feuer zu setzen und erschrak als sie Marialle vor sich stehen sah.

Die Atmosphäre des Sonnenuntergangs schmeichelte einfach jedem Aspekt ihrer Erscheinung. Die eng anliegende Robe umspielte ihre weiblichen Rundungen äußerst elegant. Ihre Haare, mittlerweile offen, standen zwar wild, von den strapazen des Tages, ab, aber verliehen ihrem Gesicht einen kecken, jugendlichen Glanz. Die verbliebenen Strahlen der Sonne spiegelten sich in ihren Augen, wodurch diese nun in einen sinnlichen Goldton getaucht waren.

Dolette war augenblicklich gefesselt. Versucht nicht zu starren, wandte sie ihren Blick von den sanften Augen ab. Doch das winzige Zucken der Mundwinkel ihres Gegenübers, verriet ihr sofort, dass ihre Bemühungen sinnlos waren.
 

Sie musste innerlich schmunzeln, nachdem die Todesritterin sich zu ihr umdrehte und sie so unverhohlen anstarrte, aber Marialle beschloss sie, einige Herzschläg später, zu erlösen. Die Hohepriesterin trat neben die Frau.

"Wunderschön.", sprach die Heilige erhaben und blickte auf das Farbenspiel, das sich vor ihr erstreckte.

Das war mehr eine Feststellung als eine Frage, dennoch erwiderte Dolette ein geistesabwesendes "Ja…" und ein leiser Seufzer entwich ihr. Woraufhin sie ihre Schultern straffte und sich dem Sonnenuntergang zuwandte

"Ihr solltet euch ausruhen, Mylady.", lies die dunkle Ritterin zwar leise, dennoch glockenklar verlauten.

"Wieso sprecht ihr mich eigentlich immer so förmlich an?", fragte Marialle ehrlich interessiert.

"Ihr seid eine Hohepriesterin!", kam die Antwort direkt. Die Menschenfrau zog eine Augenbraue hoch und machte eine Pause um ihren folgenden Worten die nötige Tiefe mitzugeben, damit sie vielleicht die verborgenen Windungen im Geiste der Untoten erreichten.

"Nun, das bin ich sehr wohl, aber sicher nicht eures Glaubens, Lady Todesritter. Wir gehören ja nicht mal derselben Fraktion an, geschweige denn der gleichen Art."

Bei den letzten Worten hob sie eine Hand an, um der Untoten die Kapuze vom Kopf zu ziehen. Als sie in der Bewegung die Wange der untoten Frau zart streifte, geschahen mehrere Dinge auf einmal.

Marialle erschrak, als sie meinte einen goldenen Schimmer an der Stelle, an der sie die gräuliche Haut berührt hatte, zu sehen. Die andere zuckte verwirrt zurück als ihre Kapuze runter rutschte und ein lauter Schnarcher, gefolgt von den kichernden Worten, "Susi, was machst du denn da?" die Stille durchbrach.

Der untergehenden Sonne den Schimmer zuschreibend, maß die Priesterin ihm keinerlei weitere Bedeutung zu. Fing an zu schmunzeln und sah das, nun offenbarte, Haupt der Elfe vor ihr freundlich an. Die hellen blonden Haare fielen ihr in Wellen, verspielt bis kurz unter die Schultern und umrahmten sanft die eigentlich harten Züge ihres, über jeden Makel erhabenen, Gesichtes.

Ein seichter Goldton, der letzte Zeuge der schwindenden Sonne, lag in den blauen Augen und nahm ihnen das bedrohliche Leuchten.

"Bitte verzeiht! Ich… Berührungen dieser Art…also ich wurde so… Ich bin so etwas nicht gewohnt. Ich wollte euch nicht erschrecken.", stotterte sie und ihre Wangen schienen doch tatsächlich eine rosa Verfärbung anzunehmen. So wich das Schmunzeln der Menschenfrau einem ehrlichen Lächeln das sich bis zu ihren Augen ausbreitete.

"Nicht doch, Lady Todesritter. Der Ausdruck der Verwirrung steht wahrlich den wenigsten Wesen auf Azeroth, euch dagegen wirklich ausgesprochen gut." Erst noch verwirrt und beinah erschrocken, konnte Dolette, Herzschläge später, ein kaum merkliches Schmunzeln auch nicht länger unterdrücken.

"Nennt mich doch bitte Dolette. Lady Todesritter ist so, nunja..." Als kannte sie diesen Namen nicht. Wie oft war er Marialle in all den Jahren über die rosigen Lippen gekommen? Hallte zärtlich in ihrem Inneren wieder.

"Aber nur wenn ihr mich im Gegenzug bei meinem Vornamen ansprecht.", erwiderte Marialle kokett und streckte ihr zwinkernd die Zunge raus.

"Wie ihr wünscht, Marialle."

Als der gute Plagg, im Traum wieder nach seiner Liebsten rief, fingen beide leise aber herzlich an zu lachen, da musste die Priesterin einfach fragen:

"Sagt Dolette, wer ist denn diese Susi?"Sie lächelte beinah sanft als sie offenbar an die beiden dachte und antwortete dann wieder schmunzelnd:

"Seine Sukkubus selbstverständlich! Wahrlich ein frivoles Ding." Beide verfielen wieder in seichtes Gelächter bis ein trauriger Glanz in Marialles Augen trat und sie sich wieder zur, mittlerweile untergegangenen, Sonne drehte.

"Was habt ihr?", erkundigte sich die Todesritterin unbeholfen.

"Du erinnerst dich wirklich an überhaupt nichts, oder?" Sie schaute ihr tief in die, nunmehr nur noch blau leuchtenden Augen und suchte nach einer Spur des Erkennens. Und sie glaubte auch einen goldenen Funken in ihnen zu sehen, die Antwort die darauf folgte ließ sie allerdings enttäuscht zurückweichen.

"Wie meint ihr das? Ich habe euch heute zum ersten Mal gesehen, vielleicht verwechselt..." Maraille vollendete die Frage sarkastisch für ihr Gegenüber.

"...ich euch mit einer anderen Todesritterin? Macht euch nicht lächerlich!" Ihre Stimme klang plötzlich kühl und analytisch.

"Ich rede nicht von der Todesritterin! Ich rede von Lady Dolette Glutklinge, Paladin der silbernen Hand, Dienerin des Lichts!"
 

Die Augen der Elfe weiteten sich und das stete Schimmern in ihrem Inneren schien sich langsam zu einem heißen Lodern auszubreiten, doch es legte sich jäh ein Schatten darüber und so herrschte wieder Dunkelheit.
 

Marialle beobachte das Wechselspiel, das den Kampf im Geiste der erbleichten Gestalt vor ihr, widerspiegelte. Ihre Hoffnungen zerfielen als sie den finsteren Ausdruck, auf dem fahlen Gesicht, sah und Dolette kalt zu ihr sprach:

"Wer sich hier wohl lächerlich macht? Ich bin eine Todesritterin, ich bin nur dazu da, Tod und Verderben in die Welt zu bringen! Hütet lieber eure Zunge, sonst verliert ihr sie vielleicht, Hohepriesterin!"

Um Fassung bemüht hielt sie dem eiskalten Blick der dunklen Ritterin nur mit Mühe stand und sah ihr zu wie sie sich drehte, um an die Feuerstelle zu treten und sich auf ihrem Fell nieder zu lassen. Die Priesterin musste den Blick abwenden, um ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen, doch eine stumme Träne, die ihre Wange hinab rann, konnte sie dennoch nicht mehr aufhalten.
 

Sie hörte genau wie die Priesterin sich einige Augenblicke später auch auf ihrem Schlafplatz sinken ließ, doch sie beachtete sie nicht.

Es dauerte noch eine Weile, bis der Zorn verrauchte und eine Spur von Traurigkeit zurück ließ. Ein unbekanntes, betäubendes Gefühl. Einmal mehr rief sie sich zur Ordnung.

Was sollte sie auch besseres tun? Es galt die Hohepriesterin bei Putress abzuliefern und das war alles was zählte. Vielleicht würde Sylvanas sie dann auch zur Pforte des Zorns schicken, das würde sie von diesen "Gefühlen" ablenken und sie wieder zu dem machen was sie wirklich war.

'Andererseits sollte ich mich vielleicht bei ihr entschuldigen?', dachte sie bei sich.

'Wozu wenn du sie eh nur noch einen halben Tag lang ertragen musst?'

So ging es in ihrem Geist hin und her bis die Sonne wieder aufging. Sie stand geschmeidig auf, ohne ein Geräusch dabei zu verursachen und ging ruhig zu der Quelle die nicht weit entfernt von ihrem Lager war, um sich etwas zu erfrischen und zu waschen.

Angekommen, entledigte sie sich ihres Umhangs sowie Rüstung, Stiefel und dem wenigen Stoff darunter und ließ sich langsam ins kalte Bergwasser gleiten. Einige Momente trieb sie, die Augen zum, noch dunkelblauen, Himmel gerichtet auf dem Rücken, bis sie ein plätscherndes Geräusch aus ihrer entspannenden Ruhe riss.

"Ihr? Seid ihr denn überall?", zischte sie gereizt und ihre leuchtenden Augen verengten sich zu Schlitzen.

Die Priesterin errötete leicht erschrocken und schlang die Arme um ihren Brustkorb.

Die empörte Menschenfrau spottete zurück:

"Was bildet ihr euch ein? Ich war doch zuerst hier! Tut nicht so als hättet ihr nicht gewusst, dass ich hier bin! Ich dachte die Sinne von Todesrittern sind so unfassbar scharf?" Der Elfe blieb die Luft weg und sie erstarrte wieder auf der Stelle. Eben noch aufgebracht und erzürnt, fühlte sie sich plötzlich beschämt und ertappt.

"Ich...eh...es tut mir leid, ich wollte nicht..." Sie spürte wie ihr heiß und kalt wurde, passend zu ihren wankenden Gefühlen und Launen, während sie schon wieder verzweifelt versuchen musste den Blick von der entblößten Silhouette der Menschenfrau abzuwenden.

"Dreht euch gefälligst um!", warf sie der Untoten entgegen, die sofort gehorchte.

"Ja...ja natürlich, verzeiht.", stotterte die sonst so abgebrühte Todesritterin.

Sie konnte vernehmen, wie Marialle noch einmal kurz abtauchte und dann aus dem Wasser trat und sich wieder bekleidete.

Dann rief sie ihr zu:

"jetzt könnt ihr euch wieder umdrehen!" Band dann den breiten Stoffgürtel zurück um ihre schmale Taille und ließ sich ins Gras sinken.

"Was ich euch an Anstand entgegen bringe, verwehrt ihr mir nun, Marialle?", rief Dolette über das stille Gewässer, bis hin zu der am Boden sitzenden, die zu kichern begann. Merkwürdig. Die Reaktionen der Menschenfrau schienen ebenso wankelmütig wie Dolettes eigene.

Sie sah immer noch zu ihr rüber, doch machte sie keine Anstalten zu Antworten, oder sich umzudrehen und schon gar nicht aufzustehen und zu gehen.

"Was solls, wenn's euch Freude bereitet.", sagte sie mehr zu sich selbst als zu der Hohepriesterin. Stieg gelassen aus der Quelle und trat auf ihre Rüstung zu.
 

Schmunzelnd beobachtete Marialle das Schauspiel, das sich ihr bot und dachte nicht im geringsten daran ihren Blick auch nur einen Deut zu senken. Sie betrachtete jeden Teil des wohlgeformten, ihr so vertrauten Körpers. Und schließlich, als die Todesritterin ihr den Rücken zudrehte, verweilte ihr Blick, Herzschläge andauernd, auf ihrem schönen Hintern bis ihre Augen die Narben absuchten, bei denen sie von jeder einzelnen wusste wo genau sie zu finden waren. Bei einigen dieser Spuren aus längst vergangener Zeit, störmten Erinnerungen unaufhaltsam auf die mittlerweile, gestandene und erhabene Hohepriesterin ein. Sie ließen Marialle kurz zucken, ehe sie dem Anblick der Elfe wieder ihre volle Aufmerksamkeit widmen konnte.

Als Dolette sich wieder gänzlich eingekleidet hatte, richtete sie sich auf um sich Richtung Lager zu begeben. Marialle drehte sich und schritt voran, der Ruf der Untoten ließ sie allerdings gleich wieder stoppen.

"Ach mich anstieren könnt ihr, aber zusammen mit mir zu den anderen zurückkehren lehnt ihr ab?"

Während sie sprach bewegte sie sich auf die Priesterin zu und machte nur wenige Längen vor ihr Halt.

Sie sog den vertrauten Geruch der Elfe, direkt vor sich, begierig ein und schloss einen Augenblick lang genießend die Augen.

Unvermittelt legte sie ihr einen Finger auf die blutleeren Lippen, wodurch diese sichtlich an Farbe zu gewinnen schienen und raunte ihr verführerisch zu:

"Ich wollte ja nur, dass du mich zurückhältst, damit du mir endlich mal etwas näher kommst! Dafür muss man dir ja immer erstmal einen gewissen Reiz anbieten."

Marialle schmunzelte und beobachtete amüsiert wie die Gesichtzüge der Elfe entglitten und diese sich nicht zu rühren wagte. Die Menschenfrau beugte sich vor, bis ihre Lippen genau neben ihrem langen Ohr waren und ließ Dolette daran ihren heißen Atem spüren. Leise begann sie zu flüstern:

"Vielleicht wollte ich ja auch aufgehalten werden, damit wir noch nicht so bald zu den anderen zurück müssen, Dole." Sie schaute der dunklen Ritterin mit Verzückung zu, wie sie immer wieder hart schlucken musste, bis sie endlich einen Ton heraus brachte.

"Ihr seid aber schon eine echte Priesterin, oder?", kam es zögerlich und Marialle prustete los. Es dauerte etwas bis sie sich wieder einbekam und die Todesritterin mit den leicht rosa Wangen ansah, um ihr zu antworten.

"Na kommt, eiskalte Todesritterin. Lasst uns zurück gehen."
 

Der einzige Gedanke den sie hatte war: 'Oh nein!', als sie die wild gewordene Sukkubus auf sich zu stürmen sah. Dolette überlegte auf einen Baum zu klettern, oder sich über die nicht allzu weit enfernte Klippe zu stürzen, doch verwarf die Gedanken schnell wieder, schließlich hatte die Dämonin ja Flügel.

"Ahhh, versteckt mich, Marialle!", bat sie ernsthaft.

"Wie? Was?", kam es verdutzt von der Priesterin zurück.

Zu spät. Susanne stürzte sich auf die Untote und schmiegte ihre Wange, genießend an der ihren.

"Susanne, Herrin Dolli so sehr vermisst! Jetzt bleiben? Nicht mehr weggehen!"

Die Dämonin sah sie mit hoffnungsvollen und verlangenden Augen an, dabei schob sie ihre Unterlippe vor und legte den Kopf etwas schief. Die dunkle Elfe wagte es kaum sich aus ihrem Blick, oder gar der Umklammerung, zu befreien.

"Ja, ja sicher lass uns zum Lager gehen, ich brauche etwas Frühstück!" Sie wurde aus der engen Umarmung entlassen und war froh, wenn nicht sogar erleichtert zu sehen, wie die Sukkubus begeistert nickend vor eilte. Marialle grinste verheißungsvoll.

"Dieses Wesen bestimmt also die Träume von unserem untoten Freund?" Sie betrachtete schmunzelnd wie die ledrigen Schwingen, genauso wie der üppige Vorbau, bei jedem Schritt der Dämonin wippten und sprach weiter:

"Sie für ihren Teil, träumt dafür von euch, wie es scheint." Die Hohepriesterin, wenn sie denn wirklich eine war, zwinkerte verschwörerisch und sah Dolette tief in die leuchtenden, blauen Augen.

Ihr Grinsen wurde noch um einiges breiter und in ihrer Betonung lag amüsierter Spott als sie ihre Ausführung beendete:

"Also Herrin Dolli. Sagt mir, von wem träumt ihr?"

Verzögerungen

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Verzögerungen
 

"Schön euch wach zu sehen, Kinnab! Ich hoffe es geht euch besser, damit wir endlich wieder in vernünftigem Tempo voran kommen.", ließ die dunke Ritterin sarkastisch verlauten, drehte sich um und setzte sich dem Hexenmeister gegenüber ans Feuer.

"Danke Lady Glutklinge, mir geht es schon wieder ganz gut. Ich wusste gar nicht, dass ihr so bewandert in der Heilkunst seid.", erwiderte der Verlassene gut gelaunt.

Sie schmunzelte und warf einen Blick auf Marialle.

"Das war nicht mein Verdienst, Kinnab. Die geehrte Hohepriesterin hat das vollbracht.", erklärte sie wieder anteilnahmslos.

"Dann ist mein Dank wohl der Eure, Mylady. Und wie ich sehe, haltet ihr die Fesseln nicht mehr für nötig, Herrin?" Missfallen lag irgendwo in seinem verklärten Blick und er verzog das Gesicht ein wenig, was seine untoten Züge zu einer gruseligen Fratze wandelten. Dolette knurrte kaum merklich. Marialle schmunzelte nur.

"Ohne ihr beherztes Eingreifen wäret ihr jetzt vermutlich nur noch ein Haufen Knochen, nicht dass es einen nennenswerten Unterschied machen würde." Ihr Blick zeugte von Missgunst, seiner Undankbarkeit gegenüber, aber es war vielleicht auch zu viel von dem Hexenmeister verlangt, es zu verstehen. Er betrachtete die Hohepriesterin und schien die Angemessenheit seiner Worte tatsachlich zu überdenken.

"Lassen wir das. Hast du auch schon etwas gegessen Therez?", fragte sie die Schülerin, die den Untoten immer noch finster musterte. Die junge Frau war leicht zu lesen und das Wechselspiel, das sich auf ihrem Gesicht abzeichnete amüsierte Dolette irgendwie. Ihr Gemüt schien von Hass über Angst und Ablehnung zu einer gewissen Dankbarkeit den Untoten gegenüber, Verständnis und vielleicht sogar einem kleinen Zuspruch zu springen und wieder zurück. Das hatte die dunkle Elfe am Abend zuvor schon beobachtet und als der Verlassene wieder zu Bewusstsein kam, verstärkte sich dieser Anblick auf ihren Zügen noch enorm.

"Eh ja, habe ich, Todesritterin. Herrin, wie soll das denn hier weiter gehen?" Therez Antwort brauchte einige Augenblicke. Die Priesterinnenanwärterin fühlte sich sichtlich unwohl, nicht wissend wohin mit ihren Gedanken und suchte nun bei ihrer Lehrmeisterin nach einer Lösung.

Marialle schien aus einer Trance zu erwachen als sie angesprochen wurde und sammelte sich die Worte zusammen, die sie ihrer Schülerin als Antwort geben würde.

"Es ist so, dass die Verlassenen mit meiner Hilfe eine Seuche erschaffen wollen, mit der die Armee der Geißel stark dezimiert, wenn nicht gar ganz vernichtet werden soll. Und damit haben wir ein gemeinsames Ziel. Ich habe mich dazu entschlossen diese Reise nicht als Gefangene zu unternehmen. Das ist im Grunde schon alles, Therez." Ihr Ton klang sanft und bemüht ihren Standpunkt der jungen Frau verständlich zu machen.

Die nickte sachte, aber in ihrem Antlitz war deutlich abzulesen wie wenig sie mit der Entwicklung der Dinge einverstanden war.

"Also brechen wir gleich auf nach Lordaeron?", fragte sie nun wieder an die Elfe gewandt.

"Marialle, wenn ihr auch noch Frühstücken möchtet? Danach würde ich aufbrechen wollen, damit wir nachmittags in Unterstadt eintreffen." Die Priesterin sah sie an, schien aber immer noch einen verträumten Funken in ihrem Blick zu haben.

"Wenn ihr euch dazu gesellt, würde ich gern eine Kleinigkeit zu mir nehmen, Dolette." Ihre Irritation verdrängend wies diese mit der Hand auf ihr Felllager. Setzte sich nach der Frau dazu und sie fingen an sich an den Resten des Fisches und etwas Brot zu bedienen.
 

Therez musterte die Todesritterin und ihre Meisterin, verblüfft. Sie waren so vertraut miteinander als würden sie sich schon Jahre lang kennen, dabei waren sie doch in vielerlei Hinsicht Todfeinde. In der Visage des Verlassenen sah sie dieselbe Ungläubigkeit, was sie nur bedingt beruhigte. Diesen Gedanken hing sie noch die ganze Zeit nach bis sie ihr Lager abbrachen und sich anschickten ihre Reise fortzusetzen.
 

Die Morgenröte, tauchte die Ruinen, der Hauptstadt des einst blühenden Landes Lordaeron, in ein unnatürliches Licht das ihnen fast wieder Leben einzuhauchen schien. Die Ehrfurcht gebietede Gestalt Sylvanas Windläufers stand vor einer kleinen Armee Verlassener und hatte grade ihre Rede beendet.

"....also lasst uns nach Nordend einmarschieren und die Geißel und den Lichkönig zu Fall bringen!" Die Untoten jubelten und stießen ihre Hände in die Höhe, als die Bansheekönigin ihnen den Befehl gab los zu marschieren. Varimathras schaute ihnen zufrieden nach. Sein Plan ging auf.

"Jetzt muss Lady Glutklinge nur noch mit dieser Priesterin zurückkehren und wir haben tatsächlich gute Chancen es diesem Scheusal zurückzuzahlen." Hörte er sie mehr zu sich selbst, als zu ihm sagen und auch er hoffte darauf, dass diese Todesritterin bald hier auftauchen würde, denn das war das letzte Puzzelteil was noch fehlte.

Die derzeitige Herrscherin von Unterstadt, denn mehr war sie in seinen Augen nicht, nickte ihm zu und setzte sich in Bewegung, ihren Truppen zu folgen.

Der Schreckenslord verbeugte sich tief und sah ihr, mit einem verschlagenen Lächeln hinterher. Als sie aus seinem Sichtfeld verschwanden, wandte er sich um in sein Arbeitszimmer zurück zukehren und weiter an seinem Putsch zu feilen.
 

Sie wusste nicht, ob es an dem geschwächten Untoten in ihrer Begleitung, oder an ihr selbst lag, aber sie kamen heute einfach nicht gut voran.

Unterbewusst nutzte Dolette jeden auch noch so kleinen Tümpel, um etwas Wasser aufzufüllen oder blieb unnötig lange an Weggabelungen stehen. Es waren diese wirren Gefühlsregungen die sie dazu trieben. Das war ihr mittlerweile gewahr geworden, dennoch unternahm sich nichts zwingendes um sich diesen zu erwehren.

Auch wenn sie die Veränderung die damit einher ging nicht gut hieß, genoss sie diese unbekannten Gefühle doch irgendwie.

Die ständigen Zwiste zwischen Plagg und Susi, Plagg und Therez und natürlich auch die zwischen ihr selbst und der aufdringlichen Sukkubus hätte sie vorher als lästig empfunden, doch heute waren sie sehr amüsant und erhellten das sonst so abgekühlte Gemüt der Todesritterin. Sie spürte eine ungekannte Wärme in sich aufsteigen und dass dieses Gefühl ein so jähes Ende nehmen sollte, stimmte sie melancholisch.

Und so blieb die dunkle Elfe einige Schritte zurück und beobachtete die Gruppe wie sie sich immer noch angeregt unterhielten und diskutierten.

Therez stritt äußerst lautstark mit Plagg darüber, dass Lordaeron und somit seine Heimat Unterstadt, ja an die Menschen zurück gehen müsste. Gehör fand sie damit, aber bei dem Verlassenen selbstredend, nur wenig bis gar keines. Daneben schwebte die Sukkubus, leicht abwesend und mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen. Dolette wagte es nicht sich auszumalen was der Dämonin dieses seichte Lächeln auf die vollen Lippen zauberte.

Dieses Dämonenwesen war der jungen Schülerin erst recht ein Dorn im Auge und sie beschwerte sich immer wieder über deren Anwesenheit generell, die sie einfach nicht verstehen wollte. Dolette musste abermals schmunzeln.

Als sie ihren Blick schließlich abschweiften ließ, um sich nach dem Stand der Sonne zu erkunden, bemerkte sie nicht, wie sich die Hohepriesterin ebenfalls zurück fallen ließ und nun neben ihr her ging.

"Passt euch am Stand der Sonne etwas nicht, Dolette?" Etwas überrascht sah sie in die bernsteinfarbenen Augen der Frau und entdeckte mit Gefallen, dass ihre Augen anscheinend immer, sobald sie in die Sonne schaute sofort einen sanften Goldton annahmen. Jetzt grade, so fand sie, verlieh ihr das einen überirdischen Anblick und sie fragte sich ob sie eine wunderschöne Göttin vor sich hatte.

Dolette schickte sich rasch an räuspernd zu antworten, als sie das Schmunzeln auf den Lippen der Priesterin sah und wusste, dass sie ein weiteres mal ertappt wurde.

"Nein, ganz und gar nicht. Ich dachte nur, dass wir etwas schneller wären, aber die Verletzung von Plagg scheint ihn doch stark auszubremsen. "

Das Schmunzeln wandelte sich in ein verheißungsvolles Grinsen als Maraille nur zu bedenken gab:

"Klar Plaggs Verletzung...Ihr seid euch aber schon darüber im Klaren, dass ihr es seid, die die ganze Zeit hinterher trottet?"

Diese Frau las in ihr wie in einem offenen Buch und das ärgerte die Elfe. Aber gleichzeitig gab es ihr auch das Gefühl von Freiheit. Sich nicht verstellen zu müssen, einfach jede Gefühlsregung ausleben zu können und in ihrem Gegenüber nie mehr als pures Verständnis und ein zauberhaftes Lächeln zu erblicken. Berauscht von diesem Gedanken brachte sie nicht mehr als, "Ja, schon, aber..." zu Stande.

"Vielleicht hätten wir zur Mittagszeit doch eine richtige Rast einlegen sollen.", sprach Marialle und wieder lag dieses wissende, aber auch warme Lächeln auf ihren Lippen.

"Warum eigentlich nicht? He da vorn, habt ihr Hunger? Wollen wir doch lieber eine Rast einlegen?"

Die drei drehten sich um und nickten allesamt.

"Uiiii Herrin Dolli achtet darauf, dass wir nicht vor Erschöpfung umfallen, sie ist einfach die Beste!", witzelte Therez ironisch, die offensichtlich mittlerweile etwas besser mit dem Hexenmeister und seiner Dienerin auszukommen schien.

Susanne grinste begeistert und rannte zurück zu Dolette um sich bei ihr unterzuhaken und sie einfach mit sich zu ziehen, bis zu einem Platz der sich zum Ausruhen eignete. Sie sah verzweifelt zu der Priesterin, als sie weggeschliffen wurde und rief dieser noch zu:

"Irgendwie geht das immer so aus sobald ich euch nachgebe, Marialle!" Doch ein kleines, verspieltes Lächeln legte sich auf ihre aschfahlen Lippen.
 

"Susiiii, zerr doch nicht immer so an Lady Dolette!", rief Plagg als er den beiden hinterher eilte, so gut er konnte.

Marialle beobachtete das Geschehen mit einem verträumten Lächeln, bis sie die Stimme ihrer Schülerin neben sich vernahm.

"Irgendwie haben sie was von Kindern.", sagte diese schmunzelnd.

"Und dann wirken sie wieder so als würde das Schicksal der Welt auf ihren Schultern lasten. " Mit einem nachdenklichen Blick sah die Meisterin ihre Schülerin an.

"Weißt du Therez, in gewisser Weise ist das ja auch so. Wir wissen es natürlich nicht, aber vielleicht hängt vom Gelingen dieser Mission der weitere Verlauf des Kampfes, gegen den Lichkönig und die Geißel ab. Vielleicht steht und fällt eben unser aller Schicksal mit diesen beiden dort hinten."

Melancholisch glitten ihre Augen wieder von der Priesterinnenanwärterin zu ihren Begleitern und sie begann sich zu fragen ob diese Reise in der Unterstadt Lordaerons ein jähes Ende finden würde.

"Und vor Allem von der verrückten Dämonin, die sich nicht zwischen den beiden entscheiden kann!", gab Therez lachend zurück, Marialle stimmte mit ein.

"Schon bemerkenswert so eine Sukkubus. Dass sie Männern gegenüber so lasziv sind ist bekannt aber bei Frauen?", fragte die Schülerin und fügte noch hinzu.

"Gibt es nicht eigentlich auch eine Dämonenart die dasselbe mit Frauen macht?"

"Ja richtig, Therez . Das männliche Pendant zum Sukkubus ist der Inkubus, aber die Sukkubi sind über die Inkubi erhaben, beherrschen und versklaven sie für die Brennende Legion. Soweit ich weiß ist es unseren neutralen Hexenmeistern der Allianz und Horde gar nicht möglich Inkubi zu beschwören. Also ist es gar nicht so verwunderlich. Sukkubi sind vielleicht viel weniger unterwürfig als sie uns glauben lassen wollen. Und dieser spezielle Sukkubus ist vielleicht einfach der undefinierbaren Anziehungskraft zum Opfer gefallen, die von Dolette ausgeht." Marialle blickte lächelnd in das wissensdurstige Gesicht ihres Schützlings, die die Worte anscheinend erstmal sortierte und Stolz stieg dabei in ihr auf. Kurz glitt die Hohepriesterin dabei in Erinnerungen, an eine etwas jüngere Version ihrer Schülerin ab und eine Flut unterdrückter Trauer drohte in ihr hoch zu kriechen, doch mit eisernem Willen schluckte sie es hinunter und zerrte sie wieder ins hier und jetzt. Die Schülerin starrte zu der Todesritterin rüber. Das Gesagt beschäftigte sie offenbar doch etwas mehr, was Marialle erneut wissend grinsen ließ. Dolette hatte wirklich etwas unbeschreibliches an sich, das wusste sie besser als jeder andere.

"Na komm Therez wir gucken uns das lieber wieder aus der Nähe an."
 

Es war ruhig geworden in der Gruppe und jeder hing offenbar seinen eigenen Gedanken nach. Dolette saß auf ihrem ausgebreiteten Umhang, und ihre schwarze Plattenrüstung schimmerte bläulich in der Sonne. Erst jetzt konnte Maraille sehen, wie viel nackte Haut sie doch unverhüllt ließ.

Sie setzte sich neben die Elfe und legte sich rücklings hin. Schweigend genoss sie eine ganze Weile die Anwesenheit der Anderen und ließ sich die Sonne in das Gesicht scheinen.

Unvermittelt durchbrach die Todesritterin die Stille und sprach leise zu ihr:

"War ich das wirklich mal? Das was ihr heute Nacht gesagt habt?"

In ihren Augen lag viel mehr ein bedrückter Schimmer, der sich nach der Wahrheit sehnte, als ehrliches Interesse. Aber ihr Blick hielt stand, es war ihr ernst, das war deutlich. Die Priesterin atmete geräuschvoll aus, sie war durchaus überrascht, dass die Elfe das Thema von sich aus anschnitt, aber sie selbst wollte eigentlich nicht grade jetzt nochmal darüber sprechen, schließlich blieb ja auch nicht mehr so viel Zeit und sie fand, dass diese mit dem Thema vergeudet würde, da es ein viel ausgiebigeres Gespräch brauchte um der Todesritterin zu vermitteln wer sie einst war. Und vor allem wer sie einst für die Hohepriesterin war.

Und deshalb antwortete sie mit einer gespielt frechen Art.

"Ohhhhh, ich finde das ist ein wirklich guter Grund sich nach unseren Pflichten, die in Unterstadt warten, noch einmal zu treffen. Selbstverständlich nur um euch über euer vorangegangenes Leben zu berichten."

Tatsächlich glitt ein Lächeln über Dolettes Gesicht, auch wenn sie nicht zufrieden aussah, schien sie die Aussicht, die Priesterin noch nicht aus ihrem Leben streichen zu müssen, als durchaus reizvoll zu empfinden und so nickte sie sachte.

"Nagut. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass man das nicht auch jetzt eben hinter sich bringen könnte, aber wenn es euer Wunsch ist, komme ich dem natürlich nach."

Etwas enttäuscht sah sie zwar drein aber dennoch lag immer noch ein seichtes Lächeln auf ihren blutleeren Lippen.

"Und an was für ein Treffen habt ihr gedacht, wenn wir diese Geschichte hinter uns gebracht haben?" Marialle dachte nach. Ihre Gedanken und Gefühle waren etwas abgedriftet und sie hatte Mühe darauf zu antworten also sagte sie schlich:

"Das sehen wir wenn es so weit ist." Sie grinste zwar doch konnte sie am Blick der Todesritterin sehen, dass sie erkannte was in ihr vor ging.

"Was denn? Keine zweideutige Antwort? Kein freches Grinsen für mich?" Sie schenkte ihr ein ehrliches und aufmunterndes Lächeln und gab ihr einen freundschaftlichen Knuff, wie Marialle es bei der dunklen Elfe noch nie erlebt hatte und war der Fähigkeit zu Sprechen beraubt. Sie starrte ihr in die leuchtenden, blauen Augen,

"Na was...?" jetzt lag ein erwartungsvoller Ausdruck darin. Marialle musste schwer schlucken und räusperte sich um ihre Sprache wieder zu finden, ehe sie gedämpft zu sprechen begann:

"Manchmal ist Schweigen nun mal wirklich Gold und reden nur Silber."
 

Dolette musterte die schöne Frau neben sich, verneigte ihren Kopf theatralisch, verfiel dann aber in ein leichtes Lachen.

"Danke, Mylady Hohepriesterin. Eure Weisheit färbt schon langsam auf mich ab!"

Da konnte auch Marialle nicht mehr an sich halten und fing ebenfalls an zu lachen. Die Wärme in ihrem Inneren verteilte sich in ihren ganzen Körper und sie dachte bei sich, dass es doch manchmal viel leichter sein kann die trüben Gedanken eines anderen zu bekämpfen, als die eigenen. Das war etwas was sie jetzt, in diesem Moment als Glück bezeichnet hätte.

Dass es ihr aber vorallem deshalb so erging weil sie grade der Priesterin ihre Melancholie nehmen konnte, war ihr zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst und so ließen sie die kostbare, unbeschwerte Zeit ungenutzt verstreichen.
 

Die Sonne stand mittlerweile schon schräg am Himmel und so ließ es sich nicht weiter hinauszögern die Reise fortzusetzen. Dass ihre Gefährten ebenso schweigsam den Weg weiter führten, verwunderte und erfreute Dolette zugleich. Ein Gefühl der Verbundenheit stieg in ihr auf, wie sie es sich nicht hätte vorstellen können. Einzig die Dämonin plapperte immer wieder, mehr oder weniger verwirrendes und zusammenhangsloses Zeug, unterbrach damit die Stille.

Und so hatten sie die Strecke recht schnell zurück gelegt, als sie kurz vor Einbruch der Dämmerung die Ruinen Lordaerons erreichten.

"Es hat wirklich nichts mehr mit dem prunkvollen Reich gemein, das Lordaeron einst war." Erklang die erstaunte und gedämpfte Stimmer der Priesterin.

"Wer weiß ob Sylvanas die Stadt wieder aufbauen lässt. Momentan hat wohl keiner hier einen Sinn dafür. Außerdem scheinen sich die Verlassenen in der Unterstadt recht wohl zu fühlen, oder Kinnab?", sprach Dolette und wandte sich dem Untoten zu.

"Das kann man so sagen, aber ich habe keine Ahnung was in Zukunft hier geschehen wird. Lady Windläufers vorrangiges Ziel, neben dem Sturz Arthas', ist es erstmal ihr Gebiet auszuweiten. Die Verlassenen sind schon fast bis Süderstade vorgedrungen und wenn das Bündnis mit der Allianz nicht hält werden sie die Stadt einnehmen. Dann hat sie noch ein Auge auf das Königreich Gilneas geworfen, was auch immer uns dort erwarten mag."

Marialle und Therez machten beide eine besorgte Miene, doch es war jetzt nicht die Zeit um über derlei Konflikte zu diskutieren, also sagte sie nur:

"Hoffen wir, dass ihr das Bündnis so viel Wert ist, wie eurem Kriegshäuptling." Alle nickten zustimmend, nur Susanne starrte verträumt ins Leere.

Sie erreichten den Eingang zur Unterstadt.

"Nach euch, Myladys.", sprach Plagg und deutete eine Verbeugung an, als er die Frauen vorbei ließ.

"Uhm, hier stinkt es ja wirklich fürchterlich!", ließ sich Therez vernehmen, die Zustimmung im angeekeltem Gesicht ihrer Meisterin fand.

"Ich würde ja sagen man gewöhnt sich dran..." Kam es gedämpft von der Elfe. Sie erhöhte das Tempo um schneller ans Ziel zu gelangen, nicht dass es dort angenehmer sein würde.

Eine große Gestalt baute sich vor ihnen auf, als sie in den nächsten Korridor abbogen. Dolette stoppte sofort und kurz darauf auch die anderen, nur Susanne stieß gegen ihren Meister. Ihrem Laut der Klage gebot die Todesritterin mit einem kurzen Blick augenblicklich Einhalt.

"Lady Glutklinge, schön, dass ihr es auch endlich geschafft habt! Man wartet schon sehnlichst auf..." Die Gestalt unterbrach sich als sie mit Missfallen sah, dass die beiden Menschenfrauen nicht gefesselt waren.

"Varimathras, es gab eine kleine Verzögerung auf See. Deshalb hat sich die Rückreise etwas verlängert."

"Und deshalb bringt ihr diese Menschenweiber her als wären sie Sylvanas Privatkonkubinen?" Sie knurrte unterdrückt und sah, dass ihn das zu amüsieren schien.

"Was? Sie sind freiwillig mit uns gekommen! Auf ganz Azeroth wünscht man den Tod des Lichkönigs!" Der Schreckenslord nickte und seine Augen funkelten gefährlich. Dolette konnte diesem verräterischem Dämonen nicht das geringste abgewinnen und fragte sich immer noch wie Sylvanas ausgerechnet ihn an ihrer Seite dulden konnte, als Majordomus, die Gesetze und Bücher der Stadt verwaltend.

"Ihr da! Begleitet Lady Glutklinge ins Hauptlabor des Großapothekers!", befahl er zwei Wachen die am Eingang eines weiteren Ganges standen. Sie eilten augenblicklich an die Seite der Elfe und bedeuteten ihr loszugehen. Sie drehte sich noch einmal um, als Varimathras gebieterische Stimme erneut erklang.

"Ach Glutklinge? Richtet Putress aus, dass ich bald nach komme und Ergebnisse erwarte!"

Sie nickte nur und setzte ihren weg fort.

Im Labor angekommen, wurde die Gruppe hocherfreut in Empfang genommen und der untote Herr über die Laboratorien stürmte ihnen entgegen. Die beiden Wachen gesellten sich zu den Vieren, die am Eingang des Labors standen und unterhielten sich mit gedämpften Stimmen.

"Mylady Glutklinge, ihr habt es geschafft, wie überaus erfreulich!", sprach er mit überschwänglichem Gehabe auf die Todesritterin ein. Ihr Gesichtsausdruck wurde daraufhin kalt und reglos.

"Selbstverständlich, Großapotheker. ", entgegnete sie knapp, mit dem Respekt, den sie grade so aufbringen konnte.

Er schickte sich schon wieder an, zu seinen Instrumenten zurückzukehren und ließ, "Die Hohepriesterin hier hinein!" verlauten und wies auf einen Käfig, der mitten im Raum stand.

"Die andere steckt irgendwo zu denen da und zieht den Käfig dann neben den der Priesterin!", fügte er hinzu und zeigte in eine Ecke des großen Raumes, in der ein Dutzend mannshoher Käfige standen. Ein Laut der Entrüstung entwich den zarten Lippen von Marialles Schülerin.

"Das ist nicht nötig Putress, sie sind freiwillig hier!" Unterbrach Dolette das Treiben der Wachen, die die beiden Menschenfrauen schon an den Armen packten. Die Augen des Apothekers funkelten, als er gefährlich leise, zischend erwiderte:

"In meinem Labor gebe ich die Befehle, Lady Glutklinge!" Und als die Frauen eingesperrt waren fügte er boshaft grinsend hinzu.

"Außerdem würde ihre Mitarbeit sicher ein jähes Ende nehmen, wenn sie wüssten, was ich mit ihnen vorhabe." Er lachte widerwärtig und laut auf, was die vier besorgte Blicke tauschen ließ.

Dolette fasste sich als erste und nun flackerten ihre Augen bedrohlich auf. Feine Rauchschwaden stiegen aus dem kalten Blau ihrer Augen auf und verliehen der Todesritterin einen angsteinflößenden Anblick.

"Ihr überschreitet eure Kompetenzen bei weitem, Putress, wenn ihr meint, das Bündnis, zwischen Horde und Allianz, ungehindert so mit Füßen treten zu können!" Sie schob ihren Umhang bei Seite und ließ ihre Hand zum Heft ihres, am Rücken ruhendem Runenschwerts wandern.

Er grinste nur verhöhnend als sich ein stechender Schmerz auf ihrem Hinterkopf ausbreitete und sie in eine unruhige Ohnmacht riss.

Im Schreckenslabor

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Im Schreckenslabor
 

Ihr Kopf hämmerte, als die dunkle Ritterin langsam aus ihrer Benommenheit erwachte. Der Raum war viel heller erleuchtet als vorher. Das ließ die blutende Wunde, wie sie grade ertastete, an ihrem Hinterkopf noch mehr dröhnen.

Sie schaute sich um, im Käfig neben ihrem entdeckte Dolette ihren untoten Begleiter, der bewusstlos am Boden lag, ebenfalls mit einem klaffenden Riss am Kopf. In der Mitte des Raumes in einem großen Käfig, stand Marialle, daneben Therez in einem kleineren. Die Wachen standen mittlerweile wieder versammelt am Eingang des Labors, weitere hatten sich dazu gesellt, sowie einige Laborassistenten und Varimathras, der sich angeregt mit Putress unterhielt.

"...saugt die Vorrichtung die Kraft ein und speist sie direkt in dieses Gefäß." Der Großapotheker deutete auf einen Flacon, der an einen langen Schlauch, der bis in den Käfig der Hohepriesterin führte, gesteckt war. Diese verfolgte das Gespräch ebenfalls mit finsterer Miene.

"Fabelhaft Putress! Und wie gedenkt ihr sie dazu zu bringen ihre ganze Macht auszustoßen?" Varimathras trat an den Käfig der Priesterin und musterte diese interessiert.

"Es reicht wenn sie das Licht einmal freisetzt, sobald der Kontakt da ist, wird die Maschine das Licht aus ihr raus saugen, bis sie nur noch eine leere Hülle ist."

Therez stieß einen spitzen Schreckenslaut aus und ihre Meisterin warf Dolette einen erschütterten Blick zu. Die Gesichtszüge der dunklen Elfe verzerrten sich vor Wut und glichen immer mehr einer Maske des Hasses.

"Es wird euch beide den Kopf kosten, wenn Sylvanas das erfährt!", rief sie erzürnt quer durch den Raum.

"Mylady Glutkling! Der geehrte Großapotheker hat mir schon berichtet, dass ihr von unserer Vorgehensweise wenig erfreut seid. Das tut mir wirklich furchtbar leid. Ich bin sicher Lady Windläufer wird keine Zeit mehr haben, sich über unsere Methoden zu beschweren, wenn sie unsere Seuche an der Pforte des Zorns, vor Ort und am eigenen Leibe erfahren wird. Und so werden wir der Geißel, Horde und Allianz allen auf einmal einen vernichtenden Streich spielen!" Ein hämisches Grinsen lag auf den Lippen, des Nathrezims.

"Wisst ihr, ich sehe das ganz einfach. Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich. Seid gewiss, der gute Putress wird ganz sicher auch für euch noch Verwendung finden." Der Apotheker fing ebenfalls boshaft an zu grinsen.

"Das hier wird nicht ungestraft bleiben, dafür sorge ich, Abschaum!" Ihre hell erleuchteten, blauen Augen funkelten gefährlich als sie diese Drohung aussprach.

Varimathras brach nun in verhöhnendem Gelächter aus.

"Ihr findet also, ihr wäret in einer Position, die es euch erlaubt Drohungen auszusprechen, Glutklinge?" Als Antwort bekam er nur ein hasserfülltes Knurren.

"Nun denn Putress, wie bekommt ihr die Priesterin dazu ihre Macht freizugeben?" Der Untote grinste wieder.

"Ich gebe ihr einen Anreiz, Majordomus. Ich denke nicht, dass sie es lange ertragen kann wie die andere Priesterin gefoltert wird." Dolette fühlte wie sich alle Muskeln in ihrem Körper anspannten, sie musste doch irgendetwas tun können.

Der Hohepriesterin wich jegliche Farbe aus dem Gesicht und Therez begann leise zu schluchzen. Angst spiegelte sich in den grünen, tränengetränkten Augen wieder.

Zwei Wachen bugsierten die junge Frau aus dem Käfig, setzten sie auf einen Stuhl und fesselten sie an diesen.

"Dann wollen wir mal, braucht ihr eigentlich eure Hände um das Licht wirken zu lassen, junge Priesteranwärterin?" Erschrocken sah Therez zu dem Großapotheker auf. Das boshafte Grinsen wurde immer breiter, als Putress zu Marialle linste. Diese warf Dolette einen hilfesuchenden Blick zu, bevor sie hasserfüllt zu dem Apotheker blickte. Die Todesritterin fing an verzweifelt an den Gitterstäben zu zerren und zu reißen und diese knarrten und knackten bedrohlich, als sie anfingen unter ihrer Kraft nachzugeben.

Putress nickte hastig einem seiner Assistenten zu, der bei den Wachen gestanden hatte. Dieser verstand, eilte geschwind zu dem Käfig und warf eine Phiole auf die Elfe, die an ihrer Schulter zerbarst.

Die dunkle Ritterin spürte die Flüssigkeit heiß an ihrem Oberarm hinab rinnen und wie ein stechender Schmerz in ihrer ganzen rechten Körperhälfte einsetzte und sie zu Boden rang. Der Schmerz ließ sie erstarren.

"Dolette!", hallte der besorgte Ruf der Priesterin, deren Augen silbern leuchtend, zu flackern begannen, durch die Halle. Ein Schmerzenslaut verließ die Kehle der Todesritterin, bevor sie, durch den Schleier des Zorns, zu den beiden Gestalten rüber brüllte:

"Was für ein Teufelszeug ist...." Sie sackte noch weiter zusammen, hörte den Großapotheker gehässig lachen und einen kurzen besorgten Aufschrei von Marialle.

"Seht nur Putress, wir haben anscheinend noch einen Trumpf im Ärmel, falls das kleine Menschenweib zu schnell stirbt.", schaltete sich Varimathras ein und nickte zu der Hohepriesterin.

"Wie nett, dann müssen wir ja nicht allzu vorsichtig sein. Folter wird doch eh vollkommen überschätzt, sie ist so furchtbar zeitraubend." Unvermittelt ließ der Großapotheker einen Dolch aus seinem Gürtel erscheinen. Im Gesicht der jungen Schülerin zeichnete sich blankes Entsetzten ab und sie schaute verzweifel zwischen Marialle, Dolette und dem Dolch hin und her. Die verzweifelten Schreie der Hohepriesterin drangen dumpf an die langen Ohren der Elfe, doch mit jedem Herzschlag, den sie länger in die angsterfüllten grünene Augen von Therez blickte, schienen sich die Schreie weiter zu entfernen.

Scheinbar in Zeitlupe zog Putress die Klinge unbarmherzig von einem Ohr zum anderen über die Kehle der jungen Schülerin. Ein gurgelndes Wimmern erklang. Ihre Augen sahen flehentlich zu ihm auf, als ein Schwall roten Blutes, aus der tiefen Wunde quoll und sich zu den Füßen des grinsenden Apothekers ergoss. Marialles Schreie waren für den Augenblick in Schockstarre verklungen, bis Therez' Kopf leblos nach vorne kippte. Der Großapotheker beobachtete mit Genuss, wie sich das dunkle Blut der jungen Menschenfrau um die vier Stuhlbeine ausbreitete und lachte dann schallend auf.

"Nein!", keuchte Dolette atemlos und schaute direkt voller Anspannung zu Marialle. Das silberne Flackern war zu einem Lodern geworden und breitete sich, von ihren Augen ausgehend, um den zierlichen Körper der heiligen Frau aus, der schließlich in einem sanften Silberton glomm.

"Thereeeeeeez!", schrie sie ihren Schmerz heraus. Das Grinsen auf Putress Gesicht wurde immer breiter in freudiger Erwartung.

Marialle rannen silbern glänzende Tränen die Wangen hinab und ihr Brustkorb hob und senkte sich heftig. Das Licht, das sie umgab, leuchtete grell auf, als sie einen weiteren markerschütternden Schrei ausstieß der einige Herzschläge lang andauerte und schmerzhaft in den Ohren der Todesritterin widerhallte.

Die Vorrichtung über ihr setzte sich in Gang und saugte das Licht beständig ein und Marialle erschrak als sie es endlich spürte. Zu spät.

"Hahaha jetzt könnt ihr es auch nicht mehr aufhalten, Lady Hohepriesterin!", lachte Putress noch gehässiger und Varimathras stimmte erfreut mit ein. Dolette sah der Szenerie mit entsetzter Miene zu und spürte gleißende Wut in sich aufsteigen, als die Priesterin kraftlos in ihrem Käfig zusammenbrach.

"Das ist es, jetzt ist die Seuche perfekt!" Die Stimme des Großapothekers, erregt vor Aufregung, drang aus scheinbar riesiger Entfernung zu ihr, sie konnte es aber kaum noch hören. Dolette wurde beim Anblick der in sich gesunkenen Priesterin von einem goldenen Leuchten umschlossen und ihre Miene wurde frei von jeglicher Gefühlsregung, als sie sich wie in Trance erhob und ihrer Kraft freien lauf ließ. Einer Explosion gleich, brach sich die goldene Energie durch den Raum.

'Marialle...' hallte es in ihrem Geist unerbittlich wieder.

Der Käfig um sie herum zerbrach und die Gitterstäbe flogen in alle Richtungen. Trafen unvermittelt drei Wachleute, die sofort leblos zu Boden sackten. Sie stieß einen lauten Schrei aus und eine weitere Welle goldener Energie ließ den Boden des Labors erzittern.

"Putress! Nehmt die Seuche und vollendet unseren Plan!", schrie Varimathras gegen den Lärm der Zerstörung an, der in dem Labor herrschte. Der Apotheker nickte, nahm den Flacon an sich und eilte an den Käfigen und Wachen vorbei. Die dunkle Ritterin schritt langsam aus dem, was von ihrem Gefängnis übrig geblieben war, auf das von Marialle zu. Die Gitterstäbe verzogen sich wie von selbst und sie kniete sich zu der Menschenfrau nieder, schloss den leblos wirkenden Körper in ihre Arme und die Vorrichtung die mittlerweile nur noch einen schmalen Strom Energie aus ihr heraus zog, zersprang in tausend Teile. Sie hatte noch nie einen solchen Schmerz gespürt und die Trauer über die sterbende Frau in ihren Armen brach sich plötzlich und ungehindert Bahn. Golden schimmernde Tränen liefen über das ausdruckslose Gesicht der Todesritterin.

'Marialle...!'

Erneut strömten Massen goldener Macht im Labor umher, rissen Käfige, Körbe und diverse Forschungsutensilien mit sich. Einer der Käfige flog ungehindert auf Varimathras zu der das Schauspiel bisher gebannt verfolgte. Er duckte sich grade noch rechtzeitig, als der Käfig über ihn hinweg, direkt durch eine Wand flog und ein gewaltiges Loch hinterließ, den Blick auf einen tiefen Abgrund freigebend.

Die goldene Energie von Dolette schien sich mit dem abgetrennten, silbrig leuchtenden Faden von Marialles, zu verbinden, um sie schließlich beide in einem Farbenspiel aus Gold und Silber zu hüllen.

Als sie wieder zu sich kam und die Brust der Priesterin sich wieder kräftig hob und senkte, wusste Dolette gar nicht wie ihr geschah. Verwirrt und ungläubig schüttelte sie die platinblonden Wellen.

"Wie...?" Sie drückte die Priesterin mit sanfter Gewalt, ein Stück von sich weg, um ihr in die Augen zu schauen und war noch überraschter in ihren wachen, traurigen Augen einen satten Goldton zu erblicken.

"Beim Licht was ist nur...Dolette? Wie konntet ihr euch befreien?"

"Ich...ich habe keine Ahnung. Das ist jetzt aber auch nicht wichtig. Marialle, könnt ihr aufstehen?" Sie prüfte sich selbst und war überrascht.

"Ja es...es geht mir ausgezeichnet!" Gemeinsam erhoben sich die Frauen und das Leuchten ebbte schlagartig ab, ohne dass es eine der beiden registrieren konnte. Dolette schien erst jetzt wieder gänzlich Herrin ihrer Sinne geworden zu sein. Schaute kurz auf den leblosen Körper der jungen Schülerin, ehe sie ihre Statur straffte und ernst zu der noch lebenden Priesterin auf sah.

"Dann lasst uns hier jetzt erstmal aufräumen." Marialle nickte ihr entschlossen zu. Sie zog ihr Schwert, dessen Runen blutrot aufleuchteten und stellte sich, Rücken an Rücken mit der Hohepriesterin, in Kampfposition.

"Tötet sie, verdammt noch mal!", fand Varimathras seine Stimme wieder, sprang aus dem riesigen Loch in der Wand und wurde von seinen Schwingen davon getragen. Die Wachen sahen sich unschlüssig an, kamen letztendlich jedoch langsam näher. Marialle flüsterte leise Worte. Silberne pfeilähnliche Geschosse flogen auf die untoten Männer zu und streckten den ersten erbarmungslos nieder, dann noch zwei weitere. Dolette vollführte einen mächtigen Streich und enthauptete gleich zwei der Wachleute auf einmal. Der nächste wurde abgewehrt und sie musste einige Hiebe, anscheinend vom Hauptmann der Wachen, parieren. Er drängte sie auf das Loch in der Wand und den dahinter liegenden Abgrund, zu. Hieb um Hieb wurde der Abstand immer geringer und sie konnte sehen, dass da unten nur Schwärze herrschte, anscheinend eine Höhle die neben der Unterstadt ragte.

Hinter dem Hauptmann sah sie Marialle wie sie unter geschicktem Einsatz ihrer Macht, den letzten untoten Wachmann ausschaltete und sich jetzt auf leisen Sohlen in ihre Richtung begab. Dolette bedeutete der Priesterin mit den Augen, ihm einen Stoß zugeben und bückte sich zu Boden. Die Frau tat wie ihr geheißen und gab dem Hauptman einen kräftigen Tritt.

Der Mann stolperte über die am Boden kauernde Elfe und fiel auf den Abgrund zu.

Im Fallen schaffte er es jedoch, einen Zipfel von Dolettes Umhang zu packen und riss sie mit sich. Sie wurde von der Lasst auf die Kante zu gezogen und schaffte es grade so die Hand der Hohepriesterin zu ergreifen.

Als sie sich berührten, fingen ihre Hände augenblicklich an, sanft gold und silber zu leuchten. Verwirrt blickte sie auf ihre verschränkten Hände und in die silbernen Augen der Hohepriesterin, die sie verzweifelt fest hielt. Überraschung suchte sie in Marialles Gesicht allerdings vergebens.

"Lasst mich los ihr stinkender Haufen Gedärmeüberreste!" Dolette trat nach ihm, doch erreichte ihn nicht, was ihr ein bitteres Grinsen übers Gesicht huschen ließ.

"Ich wusste immer, dass dieser Umhang zu lang ist!"
 

Marialle sandte ein Stoßgebet zum Licht das augenblicklich erhört wurde. Das Schimmern um ihre Hände breitete sich über den Körper von Dolette aus und ließ den Umhang an der Stelle wo er festgehalten wurde entzünden. Der Hauptmann ließ vor Schreck los und fiel mit einem lauten Schrei in den Abgrund.

Marialle half der Elfe sich wieder hoch zu ziehen und zog sich zusammen mit ihr etwas von der Kante zurück.

"Was war das denn, Marialle?", fragte Dolette schwer atmend.

"Hm, was denn?" Auch ihr Brustkorb senkte und hob sich heftig und ihre Miene zeugte von der niederschmetternden Trauer die sie erfasste sobald Marialle ihre Fixierung loslassen konnte.

Therez.

"Na dieses Geglitzer an unseren Händen eben. Schaut doch mal!" Die dunkle Ritterim hielt ihr, ihre Hand hin, die zwar nicht mehr leuchtete, aber dafür einen gesunden rosa Farbton angenommen hatte. Das überraschte sie nun doch, aber der Schmerz des Verlusstes zog ihr unerbittlich die Brust zusammen.

"Habt ihr von sowas schon mal gehört?", drängte Dolette weiter auf eine Reaktion seitens der Heiligen.

"Nein davon das sich die Hautfarbe einer Todesritterin wieder lebendigem Fleisch angleicht nicht, nein.", erwiderte die Priesterin wahrheitsgemäß, aber leicht abwesend. Sie machte Anstalten aufzustehen. Dolette griff nach ihrem Handgelenk und sofort begann es genauso wie die Hand der Elfe wieder zu leuchten.

"Ach dass zwei anfangen zu glitzern wie eine Bordeltür in Silbermond, sobald sie sich berühren, aber schon?" Dolettes Stimme erklang leicht gereizt und auch ihr Blick war ernst und ungeduldig. Marialle schaute beschämt und zugleich wütend zu Boden.

Sie war tot. Therez.

"Ja! Natürlich! Stellst du dich eigentlich mit Absicht so blöde an, Dole? Dass unsere Leben miteinander verwoben waren, als du noch eines hattest, ist dir doch mittlerweile schon klar geworden, oder nicht? Meinst du nicht, dass dann auch die Möglichkeit besteht, dass diese Verbindung zwischen uns schon länger besteht, ich aber nach dem Tod meiner Schülerin, die ich wie eine Tochter geliebt habe, nicht über so etwas reden will?" Es sprudelte förmlich aus ihr raus. Die Wut war ein willkommenes Ventil für die schmerzlichen Gefühle, die in der Hohepriesterin tobten. Ihre Stimme hob sich immer weiter an, während sie sich gereizt in Rage redete, bis sie zum Ende anfing zu schreien.

"Verzeiht Marialle, aber ich dachte über ein Thema zu reden was euren Verstand fordert, würde euch die Gedanken des Verlustes für den Moment vergessen lassen, oder zumindest davon ablenken. Ich habe nicht nachgedacht." Die Elfe schien ehrlich betrübt zu sein und so veränderte sich die Miene der Priesterin schlagartig von kalter Wut, zu tiefer Trauer.

"Dieses Thema fordert ganz sicher nicht nur meinen Verstand, Dolette! Vielmehr rührt es an Emotionen die ich bis gestern in die entlegensten Winkel meiner Seele zu verbannen vermochte! Und Therez sie..." Sie sprach nun wieder ganz leise, mit zitternder Stimme und musste sich unterbrechen als die Trauer sie zu übermannen drohte. Tränen begannen stumm über ihre Wangen zu laufen.

"Bitte vergebt mir Marialle ich...." Im Gesicht der Todesritterin lag Scham und Mitleid, was Marialle dazu veranlasste sich wieder zu fassen.

"Lasst uns lieber schauen, ob Plagg wenigstens in Ordnung ist und dann von diesem verfluchten Ort verschwinden!" Dolette nickte stumm, senkte den Blick und half der Priesterin auf. Gemeinsam gingen sie zu dem aufgebrochenen Käfig rüber in dem der Untote immer noch ohne Bewusstsein lag. Prüfend ließ die Priesterin ihre Hände über ihn gleiten und dann breitete sich der silberne Schimmer über seinem Kopf aus und langsam begannen seine Augen unter seinen Lidern zu zucken.

"Keine Zeit für Erklärungen, Kinnab. Lasst uns erstmal hier raus." Ohne zu verstehen nickte er und stand langsam auf. Marialle sah Dolette zu wie sie den leblosen Körper ihrer Schülerin auf ihre Arme hob und gemeinsam verließen sie diesen Ort des Schreckens.

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Überall liefen Verlassene scheinbar ziellos umher und wurden von anderen bewaffneten Untoten gejagt und gefangen genommen. Bis jetzt hatten die ungleichen Gefährten es geschafft, ohne kämpfen zu müssen, durch die Unterstadt Lordaerons zu gelangen und atmeten vor der nächsten Weggabelungen erst einmal durch.

"Beim verdammten Dämon, dieser Varimathras will sich Unterstadt unter den Nagel reißen.", ärgerte sich Plagg, der mittlerweile von den dreien, noch den gefasstesten und abgeklärtesten Eindruck machte.

'Er hatte den Tod der jungen Priesterin ja aber auch nicht mit ansehen müssen.', dachte Dolette bei sich.

"Dämon? Susanne?", quietschte die Sukkubus fröhlich. Susanne schien von allem was um sie herum geschah vollkommen unberührt. Irgendwie ein Segen.

"Ja, aber hier ist es grade zu gefährlich, außerdem müssen wir Putress aufhalten, das ist grade das vordringlichere Problem.", sprach Dolette eindringlich, an den Untoten gewandt und drehte sich dann zu Marialle und ergänzte:

"Wir können euch noch nach Süderstade begleiten, wenn ihr das wünscht, dann müssen wir aber nach Nordend und zur Pforte des Zorns, vielleicht können wir das Bündnis noch bewahren." Marialle schaute irritiert in das fahle Gesicht der Todesritterin. Es missfiel ihr zusehen, dass die Priesterin offenbar von Rache gesteuert wurde, auch wenn sie es verstehen konnte.

"Was soll ich denn in Süderstade? ", fragte sie.

"Therez nach Sturmwind bringen, dachte ich." Dolette und Plagg waren gleichermaßen verwirrt. Die Priesterin überlegte.

"Nein, das hatte ich eigentlich nicht vor. Sie würde auch nicht wollen, dass ich mit diesem Wissen, tatenlos zusehe." Aus überrascht wurde fassungslos.

"Ihr könnt sie, aber doch nicht einfach hier lassen?", ließ sich jetzt der Verlassene vernehmen.

"Susanne hier bleiben?" Sie schlug die dämonischen Augen, wie ein Kind vor einem Süßwarenladen, auf.

"Susanne bei Herrin Dolli bleiben!"

"Susi kannst du dich nicht ein mal....bei Herrin Dolli? Und was ist mit mir?" Er zog die Dämonin mit seinem funktionierenden Arm ein Stück von den Frauen weg um das mit ihr auszudiskutieren.

"Er hat recht, ich kann sie nicht einfach hier lassen." Sie schaute Plagg nachdenklich bei seinem sinnlosen Unterfangen zu und dann auf das Antlitz der jungen Frau, die in den Armen der Todesritterin lag.

"Wir könnten sie auf dem Weg nach Tirisfal dem Feuer übergeben. So könntet ihr ihre Asche immer noch nach Hause bringen, Marialle." Dolette war leicht bedrückt, auch wenn unbeholfen eher beschrieb wie sie sprach und sich gab. Sie trauerte ehrlich um die junge Frau, obwohl sie sie gerade erst kennen gelernt hatte, aber der Ausdruck in Marialles Gesicht machte ihr Sorgen. Die Tatsache, dass sie vergessen hatte was sie mit ihrer toten Schülerin anfangen sollte, verfielfältigte dieses Gefühl ins Unermessliche. Doch dann erhellte sich die Miene der Hohepriesterin augenblicklich.

"Ja. Das ist eine gute Lösung, so werden wir es machen. Und das beste ist, wenn es sich abzeichnet, dass es keinen Weg zurück gibt, kann ich die Asche mit einem Boten nach Hause schicken." Keinen Weg zurück? Das klang mehr und mehr nach Selbstmordkommando. Die dunkle Ritterin schluckte ihre Sorge runter. Dafür war grade keine Zeit.

"Gut, dann lasst uns zusehen, dass wir erstmal heil aus der Stadt kommen.", sagte Dolette schließlich und linste um die Ecke der Kreuzung. Am Ende des Ganges standen eine Gruppe aufgeschreckter Wachen die sich unterhielten.

"Da hinten ist zwar ein Ausgang, aber auch einige Wachen. Wir sollten uns einen anderen Weg suchen."

Sie wollte schon zu dem Gang gegenüber schreiten als Marialles Stimme sie aufhielt.

"Nein, wir bleiben hier keinen Moment länger als nötig!" Darauf lief die Priesterin den Gang entlang und schleuderte nur so mit Zaubern um sich. Es wäre beeindrucken gewesen, doch Dolette fand es grade eher beunruhigend. Alle Wachen lagen tot am Boden. Kaltblütig, so hatte sie die Menschenfrau bisher nicht eingeschätzt. Wer weiß was ihr sonst schon geschehen war, dass sie zu so etwas fähig war. Sie eilte ihr mit der Toten auf den Armen, so schnell es ihr möglich war hinterher, gefolgt von dem Hexenmeister samt Sukkubus, bis sie endlich nach draußen kamen.
 

Marialle schritt unermüdlich voran, ließ die Stadt so schnell es ging hinter sich. Sie schaute an ihre Seite, betrachtete Dolette, wie sie ihre Schülerin behände trug und suchte nach einer Gefühlsregung in sich, aber da war nichts. Sie fühlte rein gar nichts seit dem sie die Laboratorien hinter sich gelassen hatten und sie war dankbar dafür.

Das Schweigen der anderen hatte etwas Tröstendes, aber im Endeffekt war sie einfach nur froh, dass sie nicht reden musste.

Die Zeit verging bis sie an eine große Lichtung, vor einem See kamen auf der sie Therez' Leichnam verbrennen wollte. Der Mond war schon aufgegangen und nach Tirisfal würde es auch nicht mehr lange dauern. Das Feuer musste sicher die halbe Nacht brennen ehe sie die Asche der Jungen Priesterin abfüllen konnten, aber dies duldete grade keinen Aufschub.

Dankbar hatte Marialle das Einmachglas entgegen genommen, das die Todesritterin als provisorische Urne mitgenommen hatte. Sogar der Sukkubus hatte geholfen Holz zu suchen und gemeinsam schichteten sie einen großen Haufen Holzscheite auf.

Die Hohepriesterin schaute Dolette ausdruckslos zu, wie sie die Frau behutsam auf den Holzhaufen bettete und ließ sich einen Ast vom Hexenmeister entzünden.

Therez war wahrlich nicht die erste die sie zu betrauern hatte und Marialle wusste, dass die Taubheit die sie bisher umgab schon bald abgelöst werden würde. Von Trauer und Schmerz. Gefühle für die es in Zeiten wie diesen keinen Platz gab.

Langsam trat sie näher an die tote Priesteranwärterin heran und hielt inne als Plagg das Wort an sie richtete.

"Möchtet ihr, dass ich ein paar Worte sage, Lady Marialle?" Sie nickte stumm. Eigentlich war es ihr egal, aber wenn sie es ablehnte, würde sie es im Nachhinein vielleicht bereuen. Und so machte Plagg sich so gut es ging grade und fing mit ruhiger und feierlicher Stimme an zusprechen:

"Wir betrauern heute Nacht den Tod von Lady Therez, die uns viel zu jung genommen wurde. Sie war mutig und wissbegierig und hätte eine bedeutende Persönlichkeit werden können. Wir wünschen dir viel Glück auf deiner weiteren Reise. Dein Leben werden wir nicht vergessen und in unseren Gedanken wirst du weiter verweilen. Machs gut Therez irgendwo sehen wir uns wieder."

Er trat einige Schritte zurück und senkte den Kopf.

Sie nickte ihm zu, ließ den brennenden Ast in den Haufen fallen und sah wie die zügelnden Flammen den Körper, der viel zu jungen Frau, umringten und verschlangen.

"Susanne Feuer? Susanne tanzen?", flötete die Dämonin und machte Anstalten sich in Bewegung zu setzten um zu tanzen, doch der Verlassene packte sie am Arm und zerrte sie mit sich.

"Nein Susi, das ist kein Fest!"

"Aber Feuer! Susanne tanzen!"

Er hatte Mühe sie weiter weg zu bugsieren, aber ließ sich auf keine weitere Diskussion ein und so verschwand er schließlich aus dem Sichtfeld der Priesterin, die ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Feuer richteten.

Dolette stand stumm und steif neben ihr und tat es ihr gleich. Sie war sichtlich mit der Situation überfordert, aber das war Marialle egal.

Einige Momente schaute sie stumpf ins Feuer, doch dann brachen sich doch die Erinnerungen in ihr Bahn und sie begann leise zu reden.

"Ich erinnere mich noch genau wie ich sie in Sturmwind traf, sie war noch ein halbes Kind, keine elf Winter alt. Erst wollte ich sie nicht unterrichten, aber sie stellte unglaublich intelligente Fragen und hatte diese wachen Augen. Da konnte ich ihr den Wunsch nicht mehr abschlagen. Mein Meister betrachtete sie als Segen, da er in ihr einen Anker sah ohne den ich womöglich nicht zum Turm zurückgekehrt wäre. Und so war es. Seit dem waren wir Tag und Nacht zusammen, wann immer ich im Turm war, bis es keinen Grund mehr gab ihn wieder zu verlassen. Ich sah wie sie so schnell Fortschritte machte und war mir sicher, irgendwann würde sie mir in meinen Fähigkeiten in nichts mehr nachstehen. Vielleicht würde sie mich sogar überflügeln können." Sie machte eine Pause

"Klingt es komisch, dass sie mir Trost gespendet hat? Durch sie fühlte ich mich nicht mehr so allein."

Die Elfe sah sie an, das Feuer hinterließ einen unwirklichen Schimmer in den leuchtenden Augen.

Sie wirkte irgendwie weich. Von der kühlen Todesritterin hatte sie grade nicht viel und so war Marialle auch nicht verwundert als sie ihre Antwort in sanften und mitfühlendem Ton erhielt.

"Ich könnte mir gut vorstellen, dass das reine Wesen eines Kindes oft viel tröstender sein kann als alles andere, Marialle. Bewahrt euch diese Gedanken in euren Erinnerungen und ihr ehrt Therez' Andenken." Die Priesterin nickte sachte.

"Ich habe ihr nie gesagt, was mich so sehr bewegte, doch seit dem ersten Tag an dem sie bei mir war, hat sie vermocht, es immer vorher schon zu bemerken und jeden trüben Gedanken zu verscheuchen. Sie war es die sich unbewusst wie eine Hülle um meine zerschundene Seele gelegt hat und sie vor den Abgründen die sie umgaben bewahrte." Sie brach ab, schluckte schwer und fügte mit tränen erstickter Stimme hinzu:

"Was soll ich denn jetzt machen? Wie soll ich meine Gefühle im Zaum halten?" Unvermittelt drehte sie sich zu Dolette um, die offenbar nicht in der Lage war zu reagieren. Sie spürte die Tränen heiß ihre Wange hinab laufen.

"Sagt mir Dolette, wie soll ich das machen? Ich spüre wie diese ganzen Gefühle drohen aus mir raus zu brechen und ich weiß nicht was ich dann im Stande bin zu tun." Sie schluchzte nicht mehr, aber sie vermochte die stummen Tränen auch nicht zu stoppen. Die Todesritterin trat etwas näher und schaute ihr direkt in die Augen.

"Wisst ihr, ich habe von sowas keine Ahnung, aber wenn ich sauer bin, stell ich mich an eine Übungspuppe oder wenns nicht anders geht, schlage ich halt mit der Faust auf den Boden. Ich denke, dass man so etwas kontrolliert herauslassen muss wenn man es sich grade erlauben kann. Versteht ihr? Es ist wie mit einem vollen Becken, wenn man es immer weiter befüllt läuft es nun mal irgendwann über. Und dann ist das immer eine Sauerei." Der unbeholfene Versuch Trost zu spenden ließ die Menschenfrau schmunzeln und den Schmerz kurz verklingen.

Sie schauten sich eine ganze Weile einfach nur in die Augen und Marialle hatte das Gefühl einen Teil ihrer eigenen Trauer in den blau schimmernden Augen der Elfe zu entdecken. Eine längst vergessen geglaubten Szenerie prasste erbarmungslos auf sie ein:

Die Priesterin erbleichte als das Bild eines Blutelfenmannes in ihr Bewusstsein drang.

'Wir hatten eine Menge Verluste zu beklagen, Mylady.' Sagte er, als er ihr ein fein gearbeitetes Amulett in die Hand legte.

Es zwang sie in die Knie und zog ihre Brust schmerzhaft zusammen, während die Tränen weiter hinab kullerten.

Dolette ließ sich ebenfalls auf ein Knie sinken und legte vorsichtig beide Hände auf die Schulter der Hohepriesterin und übte sanften Druck mit kreisenden Daumen aus. Zögerlich begann sie zu sprechen:

"Marialle, wenn ihr könnt, dann lasst es jetzt raus! Es wird euch bestimmt helfen." Sie blickte auf in das fahle, makellose Gesicht und vor ihrem inneren Auge wurde es rosig. Die Augen hörten auf zu leuchten und das Haar nahm einen satten blondton an.

Dolette...

Eine Flut von Bildern erschien ungehindert vor dem inneren Auge der Priesterin. Aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln betrachtete sie die schöne Hochelfe wie sie von ihr angelächelt wurde, mit ihr sprach, neben ihr kämpfte oder einfach nur in ihrem Blick zu versinken drohte.

Dolette...

Marialle fing hemmungslos an zu schluchzen und weinte bitterlich. Sie schmiss sich in die Arme der Todesritterin, an die kalte Rüstung, die ihren heißen Kopf kühlte.

Die Elfe ließ es geschehen, legte ihre Arme um die verzweifelte Frau und hielt sie einfach nur.

Einige Zeit verharrte sie so, ließ sich sanft übers Haar streichen und halten. Geborgenheit breitete sich in ihr aus. Und als das Schluchzen langsam weniger wurde und die Tränen verebbten, ließ die Anspannung nach. Die Menschenfau sackte in die Umarmung der Todesritterin und riss sie sanft mit sich, rücklings auf den Boden. Den Kopf auf ihrer Brust ruhend, ließ sie sich weiter mit zurückhaltenden Berührungen besänftigen und konnte anfangen diese zu genießen.

"Seid ihr in Ordnung?" Erklang viele Augenblicke später die unsichere Stimme von Dolette, woraufhin sich die Priesterin noch enger an sie schmiegte.

"Ja ich denke schon, ich danke euch." Sie schloss genießend die Augen und vernahm noch ein, "Immer wieder Mylady." und sank in einen traumlosen Schlaf.
 

Die ersten warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut spürend, erwachte Dolette und erblickte die Priesterin immer noch ruhig, in ihrem Arm liegend. Ein warmes Lächeln umspielte ihre blutleeren Lippen und sie war froh, Marialle aus ihrem Tunnel herausbekommen zu haben.

Aber für weitere Träumereien blieb jetzt keine Zeit, der Scheiterhaufen, war niedergebrannt und Tirisfal war nur noch einen kurzen Marsch entfernt. Sie mussten weiter und so beschloss sie die Priesterin aus ihrem Schlaf zu erwecken.

Die dunkle Elfe strich ihr sanft mit der freien Hand über die Wange und erschrak kurz als sich ein goldener Schimmer an ihrer Hand bildete. Die Augen unter den Lidern der Menschenfrau begannen sich zu bewegen. Marialle öffnete sie für den Bruchteil eines Herzschlages und schloss sie augenblicklich wieder.

"Guten Morgen, Dole. Wird es schon Zeit?", sagte sie verschlafen und zog die Elfe mit einem Arm wieder hinab in die Umarmung.

"In der Tat, wir sollten aufbrechen.", erwiderte die dunkle Ritterin etwas irritiert ob dem Spitznamen, den die Hohepriesterin nutzte.

Die Augen immer noch geschlossen haltend, schmiegte sie sich immer enger in ihre Arme und nuschelte, "Nur noch ein paar Augenblicke!" in die Halsbeuge der anderen.

"Ich denke wir sollten wirklich...." unbeirrt drückte sich, die schlaftrunkene Frau, etwas zurück, linste durch zwei Augenschlitze und sagte verspielt:

"Dann muss ich dich wohl überreden."

Unvermittelt spürte sie die weichen, vollen Lippen der Priesterin auf ihren. Dolette brauchte einige Herzschläge bis sie wusste wie ihr geschah und ließ sich zaghaft darauf ein. Ihre Lippen begannen unter der zärtlichen Berührung zu glühen. Eine Hand der Priesterin strich langsam über ihren Arm und hinterließ eine heiße Spur, als wären Flämmchen darüber gezüngelt.

So plötzlich wie er begann wurde der Kuss beendet. Marialle löste ihre Lippen von den ihren und schaute überrascht in die strahlend blau, leuchtenden Augen, der dunklen Elfe. Die Verwirrung stand ihr ins Gesicht geschrieben, jedoch sagte sie weder etwas noch wich sie zurück. Dolette hingegen lag unter ihr mit entgleisten Zügen und einer Spur Enttäuschung im Blick. Sie brachte nur ein "Ehm." heraus

"Ich...verzeih." Sagte die Menschenfrau schlicht und ihr Blick huschte zwischen den Augen und dem Mund der Elfe hin und her, als müsste sie an sich halten, nicht gänzlich über sie her zufallen.

"Nein, ich...nicht doch. Ich meine ich, ich weiß doch..."

Das Gestammel der Todesritterin ließ Marialle schmunzeln.

"So, du weißt also?" Dolette konnte nun ihre Augen nicht mehr von den vollen, rosa Lippen abwenden, die sich in Zeitlupe zu bewegen schienen, während sie sprach. Und unbewusst zog sie Marialle sanft an ihrer Robe zerrend, wieder näher an sich.

Die Menschenfrau ließ es geschehen und grade als sich ihre Lippen beinah wieder trafen, erklang Plaggs stimme:

"Bleibst du wohl hier Susi! Meinst du nicht du hast heute Nacht schon genug gestört?" Torkelnd eilte er seiner Dienerin hinter her. Die Sukkubus ließ sich nicht mehr bremsen, als sie die beiden eng ineinander verschlungenen Gestalten sah und grell kreischend auf sie zustürmte.

"Herrin Dolliiiiiii!!!! Kuscheln?" Sie warf sich zwischen die beiden und presste ihren dämonischen Körper an den der Todesritterin. Marialle konnte sich ein Lachen nicht ganz verkneifen, doch Dolette versuchte Susanne von sich zu schieben.

"Ist ja gut Susi! Bitte, ich brauch auch noch Luft zum Atmen, außerdem müssen wir aufbrechen.", sagte sie um Atem ringend und erhob sich, als sie frei gelassen wurde.

"Kinnab, guten Morgen. Würdet ihr euch um was Essbares bemühen? Und nehmt Susanne mit!" Er nickte eifrig.

"Guten Morgen, Mylady. Natürlich gern. Komm Susi!"

Die Dämonin tat schmollend wie ihr geheißen und folgte ihrem Meister.

"Aber später kuscheln, Herrin Dolli!"

Die Elfe reichte Marialle die Hand und zog sie auf die Beine. Die Hohepriesterin wankte leicht, da stand sie auch schon wieder in den Armen der Todesritterin und ihre Blicke trafen sich. Die Herzschläge verstrichen.

"Verzeihung! Irgendwie scheint sich die Anziehungskraft heute auf den Kopf gestellt zu haben!", ärgerte sich die Priesterin über ihre wohl noch schlafenden Knöchel. Das verlangte Dolette ein seichtes Schmunzeln ab und sie gab leise zurück:

"Das wird es sein, Mylady."

Bevor sie wieder in den Augen der anderen zu versinken drohten, gab die Priesterin zu bedenken, dass sie sich nun wirklich auf den Weg machen sollten.

"Sonst stehen wir noch morgen hier."

Und ihr Blick richtete sich traurig auf den Scheiterhaufen.

Das Ding fliegt?

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Das Ding fliegt?
 

Nachdem sie gegessen hatten brachen sie auf nach Tirisfal und erreichten das Dorf von dem sie weiter Richtung Nordend reisen wollten, schon nach einem kurzen Marsch. Die meisten Verlassenen die hier waren liefen wirr durch die Gegend, sie schienen alle panisch und verängstigt zu sein. Das Bild ähnelte stark dem, das sie in Unterstadt hinter sich gelassen hatten.

Dolette hielt einen von ihnen am Arm und brachte ihn so zum Stoppen.

"Was ist hier los, mein Freund?" Der Untote beäugte sie misstrauisch. Der Ausdruck verstärkte sich als er die Menschenfrau in ihrer Begleitung erblickte, doch er rang sich dennoch zu einer Antwort durch.

"Varimathras hat Unterstadt eingenommen und Sylvanas ist mit dem größten Teil der Verlassenenarmee nach Nordend, niemand hält ihn auf und er macht keinen Halt vor Unseresgleichen! Und jetzt lasst mich durch, ich muss mein Habe zusammenräumen!" Sie nickte ihm nur verstehend zu.

"Ich danke euch." Die drei Gefährten sahen sich beunruhigt an.   "Wir können hier grade nichts tun, wir sind viel zu wenige und die Verlassenen die Sylvanas hier gelassen hat sind nur Kaufleute und Apotheker. Wir müssen zur Pforte und zusehen, dass wir den Hinterhalt dort verhindern und den Anführern bescheid geben." Marialle und Plagg nickten zustimmend, mit angespannten Gesichtern.
 

Nur Augenblicke später hatten sie die kleine Stadt durchquert und den Turm erreicht, von dem die Zeppeline starteten und landeten. Es herrschte reges Gedränge auf dem hohen Anleger und so schob sich die dunkle Ritterin durch einige Verlassene, um den Goblin zu erreichen um den sich alles scharte. Ein winziges Wesen, das der Todesritterin grade bis zur Hüfte ging. Die spitzen Ohren, die lange Nase und seine grüne Haut ließen ihn wie ein Reptil auf zwei Beinen wirken.

"Die Wolkenkuss vom Hafen der Vergeltung sollte jeden Augenblick eintreffen!", rief der Zeppelinmeister so laut, dass man es in der ganzen Umgebung hören konnte.

"Meister Goblin, sagt wie lange dauert die Überfahrt?", wollte der Hexer von dem Winzling wissen.

"Etwa anderthalb Tage, je nach Witterung etwas mehr." Dolette hoffte nur, dass Putress auch diesen Weg gegangen war und nicht einen schnelleren gefunden hatte, aber so oder so sie mussten zur Pforte des Zorns gelangen so schnell es eben ging.

Das riesige Ungetüm brach sich behäbig seinen Weg durch die dicken Nebelschwaden die Tirisfal einhüllten.

"Susanne mit diesem Ding da fahren, Herrchen?" Durchbrach die Stimme der Sukkubus die angespannte Stille, an Plagg gewandt und deutete mit einem zittrigen Finger auf das beeindruckende Flugschiff, das sich langsam an den Anleger schob.

"Selbstredend Susi, wir müssen ja übers nördliche Meer nach Nordend gelangen.", reagierte er sanft. Die Elfe wusste auch genau warum er so einen Ton anschlug. Der Dämonin stand nämlich das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben.

"Nein, nein, nein! Susanne nicht da einsteigen, nicht so hoch fliegen!" Sie machte Anstalten sich um zu drehen und wegzulaufen, aber Dolette packte sie am Handgelenk.

"Susanne, wir haben keine Wahl." Sie blickte hilfesuchend zu Marialle die gedankenverloren in den dichten Nebel starrte. Die stimmte aber ernst mit ein, nachdem sie sich losriss.    

"Ja Susi, wir müssen nach Nordend und das schaffen wir nur auf diese Art und Weise." Die Sukkubus schaute ihnen abwechselnd in die Gesichter.

"Susanne keine Wahl?"

"Nicht wenn du bei uns bleiben willst.", antwortete die Todesritterin wieder abgekühlt, jetzt hatten sie sie.

"Susanne bei Herrin Dolli bleiben.", sagte sie schließlich und ihre kleinen, dämonischen Augen funkelten entschlossen auf.

"Ja ja bleib mal schön bei deiner Herrin Dolli, glaub mir das Leben eines Ghuls willst du nicht führen!", maulte Plagg mürrisch.

"Dann kommt endlich, das Flugschiff wartet sicher nicht auf eine verrückte Sukkubus!" Die Unbeschwertheit aus den Morgenstunden war ihr komplett entglitten und die dunkle Ritterin hatte Mühe nicht jeden der ihr vor die Nase trat eine heulende Böe um die Ohren zu pfeffern. Warum war sie auf einmal so gereizt? Ihre verwirrte Gefühlswelt machte ihr mehr und mehr zu schaffen. Und als sie, kurz nachdem der Zeppelin gestartet war, alleine an der Reling stand und in den grauen Nebel starrte, kam sie nicht umhin an den Kuss am Morgen zu denken, den Marialle ihr so unvermittelt auf die Lippen gelegt hatte.

Es war das schönste Gefühl, das sie je erlebt hatte. Keine Kunst bei einem Todesritter, schalt sie sich selbst, aber etwas daran störte sie. Die Priesterin schien irgendwie nicht sie vor sich zu glauben und sie war erschrocken als sie sich aus dem Kuss löste und erkannte wen sie vor sich hatte. Das ließ ein merkwürdiges anderes Gefühl in ihr hochkochen, Eifersucht? Konnte das sein?

'Quatsch, sie hat doch mich angesprochen als sie aufwachte! Sie sagte Dole!'

Interessierte das überhaupt? Sie war schließlich eine Todesritterin, befreit von jeglichen Gefühlsregungen.

So wurde sie wieder von vertrauter Dunkelheit umhüllt und nahm sich vor es dabei zu belassen.

Plagg trat an sie heran und stellte ihr eine Frage die sie von ihren trüben Gedanken ablenkte:

"Mylady, habt ihr euch eigentlich schon einen Plan zurecht gelegt wie wir in Nordend vorgehen werden?" Daran hatte sie tatsächlich noch nicht einen einzigen Gedanken verschwendet. Deshalb antwortete sie ihm wahrheitsgemäß.

"Ehrlich gesagt noch nicht, Kinnab. Die Ereignisse der vergangenen Nacht bedurften meiner ganzen Aufmerksamkeit. Habt ihr einen Vorschlag?" Seine Miene war düster. Das zerfallene Gesicht schien resignierend seinen Dienst aufgegebem zu haben und hing schlaff von seinen Knochen. Dieses ganze unfreiwillige Unterfangen schien auch an seinen Nerven zu zehren.

"Nun, das habe ich zwar schon, aber ich bin noch nicht zu einem endgültigem Ergebnis gelangt. Sowohl die Drachenöde wie auch Zul Drak sind sehr gefährliche Gebiete, jedes auf seine Weise. Durch die Drachenöde wäre es der direkteste Weg, aber ich habe auch überlegt ob wir über den Kristallsangwald einen Abstecher nach Dalaran machen, um dort vorweg Alarm zu schlagen. Allerdings habe ich keine Vorstellung davon wie dort zur Zeit die Zustände sind, ob der Rat überhaupt helfen kann und will. Ob man uns dirt überhaupt anhört. Aber wir hätten da ja auch einen Trumpf dabei, der der Brisanz unserer Nachricht, an Nachdruck verleiht." Dolette sah ihn etwas verwirrt an.

"Was meint ihr, Kinnab?" Sein milchiger Blick war undurchdringlich, er hatte sich offenbar wirklich die ganze Nacht den Kopf zerbrochen.

"Unsere geschätzte Lady Hohepriesterin natürlich. Die Zusammenstellung unserer Gruppe spricht für sich und sicherlich wollen die Kirin Tor, die Leute die sie zur Pforte sandten auch nicht in den sicheren Tod schicken.", sagte er gefasst, überdachte die Erfolgschancen seines Planes und fügte dann hinzu:

"Und Magier können sich ja auch noch teleportieren. Vielleicht wäre das also unser Vorteil, oder die einzige möglichkeit überhaupt rechtzeitig einzutreffen.", gab er weiter zu bedenken. Sie ließ das gesagt auf sich wirken und überlegte, bis sie schließlich erwiderte:

"Die einzige Frage die sich dann noch stellt, ist ob wir diese Information überhaupt an einen Dritten weiter geben wollen. Ich meine wir wissen nicht wem wir trauen können. Gut wir sprechen von den Kirin Tor, wem wenn nicht ihnen vertrauen?" Der Untote nickte stumm.

"Wir werden erstmal diese Marschroute einschlagen, wer weiß was uns in Nordend alles erwartet."

"Wie geht es eigentlich Marialle?", wechselte er unerwartet das Thema.

"Was? Was weiß ich, Kinnab? Bin ich ihr Kindermädchen?" War die bissige Antwort und eine kalte nie gekannte Wut drang in ihr hoch.

"Ehm nein, Lady Glutklinge. Ich dachte nur weil, naja heute Morgen sah es nunmal so aus, als hätte sich eine gewisse Vertrautheit zwischen euch, aufgebaut. Nicht das man das nicht auch schon vorher hätte merken können, wenn ich das sagen darf?", sagte er leicht verwirrt ob der ablehnenden Haltung seiner Herrin. Dolette schaute nur finster in die Ferne. Sie hatten mittlerweile die Nebelwand hinter sich gelassen und ein strahlend, blauer Himmel erstreckte sich über ihnen. Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel und spendete wärme für Jedermann an Deck. Jedermann war gut. Es war übervoll mit Verlassenen. Wohl eher Flüchtlingen, doch jetzt wo sie das vertraute grau der Nebelwand hinter sich gelassen hatten, verschwanden die untoten Eimer nach dem anderen unter Deck.

"Nun, wenn ihr nicht darüber reden wollt...Aber wenn ihr es euch anders überlegt, zögert nicht." Sie sah ihn aus den Augenwinkeln an und nickte, mehr brauchte es nicht und er verstummte.

Eine Weile standen sie schweigend nebeneinander bis die Stille jäh von einem heran brausenden Sukkubus unterbrochen wurde.

"Juhuuuu Herrin Dolliiiiiii, hergucken! Susanne ganz von selbst an Deck rumlaufen!", quietschte die Dämonin fröhlich und war zwischen die beiden gestürzt.

"Guck Herrchen, guck! Susanne keine Angst mehr!" Plagg sah sie verwirrt an.

"Nanu Susi, wie hast du das denn geschafft?", fragte er lächelnd.

"Meisterin Marialle geholfen, Angst überwunden!" Sie strahlte und zog sein Gesicht fest zwischen ihren üppigen Busen und keuchte.

"Ist ja gut Susi, das freut mich für dich. Wie habt ihr das denn geschafft, Mylady Hohepriesterin?", erkundigte er sich erfreut bei der Hinzugetretenen und befreite sich ein wenig aus der Umarmung der Sukkubus.

Sie sah unheimlich schön aus im hellen Sonnenlicht. Der sanfte Goldton glizerte verspielt in den bernsteinfarbenen Augen. Dolette schluckte merklich, hing noch immer ihrer Verwirrung nach die einzig von kalter Wut verdrängt werden konnte. Die Strapazen hatten zwar ein paar Blessuren und dicke Augenringe hinterlassen, aber ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippen, auch wenn es nicht ihre traurigen Augen zu erreichen vermochte. Dolette rief sich zur Ordnung und blickte wieder auf den endlosen Horizont, als die Priesterin begann zu sprechen:

"Ach das war ganz einfach, Meister Kinabb. Ich habe ihr nur klar gemacht, dass es egal ist wie hoch das Luftschiff fliegt, ihr kann es egal sein, schließlich kann sie selber fliegen." Susanne nickte eifrig und der Verlassene legte ihr freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. Seine grauen Augen standen leicht hervor, was ihm einen widerwärtigen Anblick verlieh.

"So einfach und doch so effektiv! Mein Dank ist erneut der eure, Mylady!" Er musste ein wenig lachen, doch schien er ehrlich dankbar. Die Dämonin war augenblicklich, als das Schiff sich in die Höhe erhob, unter Deck geflüchtet und hat dort bitterlich geweint.

'Wegen so etwas weint dieses irre Wesen.', dachte Dolette. Ein Schmunzeln wollte sich auf ihre blutleeren Lippen stehlen, doch Bilder der sterbenden und toten Therez stiegen in ihr auf und ließen es sofort ersterben. Ihre Brust zog sich zusammen und ein dicker Kloß bildete sich in ihrer Kehle. Sie wandte sich etwas ab von der Gruppe und rang um ihre Beherrschung. Wie jedes Gefühl, das sie jüngst empfand, wollte es sofort von gleißender Wut niedergerungen werden.

Währenddessen zog Susanne den Untoten über das Deck, um ihm zu zeigen wie frei von Angst sie sich hier mittlerweile bewegen konnte. Die Todesritterin drehte sich noch etwas weiter, als sie bemerkte dass die Priesterin an ihre Seite trat.

"Dolette? Darf ich?", fragte sie sachte aber auch schwach. Eine gewisse Distanz und Vorsicht lag in ihrem Ton. Sie hatte ihre Fähigkeit in der Elfe zu lesen offenbar nicht eingebußt. Diese machte allerdings keine Anstalten zu antworten.

"Also ich wollte mich nochmal für heute Morgen entschuldigen und naja..."

'Der ach so tollen Hohepriesterin fehlen die Worte, wie amüsant.', dachte die dunkle Elfe bei sich. Aber sie riss sich zusammen, sie wollte ihre Gefühle nicht Preis geben, darum antwortete sie betont gleichgültig:

"Wieso seid ihr der Meinung, ihr müsstet euch für irgendwas entschuldigen, Mylady?" Leichte verwirrung umspielte die Gesichtzüge der heiligen Frau, als sie in die blauen Augen der dunklen Ritterin schauten, die unerreichbar fern flimmerten.

"Ich war heute Morgen nicht ganz Herr meiner Sinne, Dolette. Ich war noch aufgewühlt von der voran gegangenen Nacht, da wird man...", begann sie sich distanziert zu erklären, doch sie wurde unerwartet von Dolette unterbrochen.

"Ach und da ihr nicht ganz bei Sinnen gewesen sein konntet, seid ihr der Meinung so ein Unding wie mich, unverkennbar eine Todesritterin, zu küssen müsse unbedingt entschuldigt werden? Nicht dass sie sich noch was darauf einbildet? Entschuldigt euch bei euresgleichen,sie mögen euch für diese Untat verurteilen, ich nicht!" Eiskalte Verachtung lag in den Augen der Elfe und sie drehte sich um, wütend davon zu schreiten. Aber die Priesterin ließ sie nicht.

"Dolette! Nein, ihr missversteht! Ich würde mich nie dafür entschuldigen, euch geküsst zu haben, aber meine Gefühle heute Nacht und auch die am Morgen, das..." sie unterbrach sich, nach Worten ringend. Dolette stand steif im Griff der Hohepriesterin und es vergingen einige Herzschläge ehe sie ihre Sprache wiederfand.

"So versteht doch, ich habe heute Morgen nicht euch geküsst, was nicht heißt, dass ich das nicht wollen würde, aber heute Morgen da sah ich euer altes Ich vor mir und so entstand die Situation aus einem falschen Impuls heraus." Dolette verstand, ließ etwas locker und drehte sich mit einem resignierenden Ausdruck auf dem aschfahlen Gesicht zu der Menschenfrau um, die unbeirrt fort fuhr:

"Ihr seid immer noch ihr versteht ihr? Auch wenn ihr jetzt die dunkle Todesritterin seid, so ist noch so viel von eurem einstigen Ich in euch. Und als ich erkannte, wen ich vor mir hatte, erschrak ich und brach ab, schließlich erinnert ihr euch ja nicht an mich und ich..." Wieder musste sie aufhören zu reden, doch diesmal erschien ein feuchter Glanz in ihren Augen und sie schien einige Augenblicke mit sich zu kämpfen. Aber Dolette hatte es begriffen. Und so antwortete sie in ihrer schlichten Art.

"Vielleicht solltet ihr die Zeit die wir auf diesem Zeppelin festsitzen nutzen und mir endlich mal zu verstehen zu geben was das zwischen uns ist? Als ich euch heute Morgen weckte war da schon wieder dieses goldene Leuchten auf meiner Haut als ich euch kurz berührte." Marialle erbleichte bei diesen Worten kurz und die Reaktion blieb sehr zum Missfallen der Elfe aus.

"Was ist das nur, das euch zögern lässt? Ihr sagt doch selbst, dass ich irgendwo noch immer die selbe bin!" Wieder stieg Verachtung in ihr auf und sprach aus ihren Worten. Woher kam nur diese unbändige Wut? Sie wandte den Blick erneut ab, richtete ihn auf den Horizont und war bemüht sie selbst zu bleiben. Die Worte der Priesterin die nun folgten waren nicht mehr als ein Flüstern:

"Wenn ich euch alles erkläre, all alten Gefühle wieder zu Tage trage und ich euch dann vor der Pforte ein weiteres mal verliere dann...dann würde ich..." Leises schluchzen erstickte ihre Stimme.

Der goldene Funke, der wohl verschlossen im tiefsten Dunkel zu ruhen schien, breitete sich im Inneren der Todesritterin wieder aus und stimmte sie ruhig und verständnisvoll, aber dennoch wollte sie nicht mehr unwissend im Meer ihrer Gefühle umher treiben.

'Wenn es das ist was euch so bewegt, dann brechen wir hier alles ab. Dann ist es mir egal was an der Pforte geschieht, dann gehen wir einfach irgendwo hin, weit weg von hier!', wollte sie sagen, aber sie wusste genau, dass weder die Priesterin noch sie selbst jemals mit dieser Schuld, in ihrem Fall Stolz, leben könnten. Darum legte sie stattdessen eine Hand auf ihre Schulter und wischte mit der anderen die Tränen aus dem Gesicht der schönen Frau. Ihre Hand begann wieder golden zu schimmern, wodurch Marialles Augen sich weiteten und ihre Hand leicht zurück zuckte. Als sie sich einige Herzschläge später wieder konzentrieren konnte sprach sie so sanft es ihr möglich war:

"Ich kann euch nicht zwingen, doch glaubt mir, wie gern ich mich erinnern würde, wie gern ich wüsste wo diese Gefühle herkommen, die mein Handeln bestimmen seit wir uns trafen und vorallem..." sie unterbrach sich.

Das war doch alles ein Witz. Egal was zu ihren Lebzeiten zwischen ihnen war das war etwas zwischen der Priesterin und der lebendigen Dolette von einst. Wie konnte sie sich einbilden, dass sie mehr als ein Schatten von der sein konnte, die sie einmal gewesen war.

"Ach vergesst das! Das ist doch alles lächerlich." Marialles Augen wurden immer größer, als sie die freie Hand der Elfe ergriff und sie mit einer Mischung aus Verblüffung, Erkenntnis und aufkeimender Hoffnung an sah.

"Sag das nicht! Du hast Gefühle für 'mich'...? Obwohl du dich nicht an mich erinnern kannst?"
 

Die blau leuchtenden Augen schienen sie zu erforschen. Unglaube und Überraschung lagen in ihnen. Sie war offenbar allein schon von der Frage erschüttert. Aber was sollte sie sagen, ihr selbst erging es keinen Deut besser. Wie stark musste das Band zwischen ihnen sein, wenn es über den Tod hinaus weiter bestehen konnte? Die Hoffnung in ihr wuchs mit jedem Gedanken der hinzu kam.  

"Ich...Marialle, ich weiß es doch nicht! Todesritter kennen keine Gefühle. Aber in mir tobt ein Sturm und ich verstehe weder warum es in mir wütet, noch was das bedeutet. Das einzige was ich weiß, ist dass ihr die einzige seid die mir Klarheit bringen kann. Und mittlerweile weiß ich auch, dass ich unbewusst schon lange auf der Suche nach euch war!" Dolette atmete schwer, es schien sie sichtlich Überwindung zu kosten ihr Innerstes offen zu legen.

In Marialle selbst ratterte es, auch wenn sie nun die Hoffnung hegte etwas neu aufleben lassen zu können was sie irgendwo in ihrer Seele schon tief vergraben glaubte und vorallem verloren, so tat das ihrer Angst, die schöne Elfe gleich wieder verlieren zu können, keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil, die Angst stieg eiskalt in ihr hoch und ihr Griff um die Hand der Todesritterin verstärkte sich. Die kalte Haut in ihrer Hand schien sich auf wundersame Weise zu erhitzen und drohte ihre Haut zu versengen.

Dolette erkanne anscheinend in welchem Zwiespalt sie sich befand und erklärte wieder ruhiger:

"Ich kann dir nicht versprechen, dass uns vor Angrathar oder an irgendeinem anderen Ort, nicht der Tod erwartet, aber was ich dir verspreche, ist dass ich nicht von deiner Seite weiche, solange du es willst! " Allein die vertraute Anrede ließ jede Gegenwehr in ihr zu Staub zerfallen und wortlos lehnte sie sich an die Schulter der dunklen Ritterin.

Und so blickten sie auf den unendlich blauen Horizont und harderten gemeinsam der Dingen, die da kommen würden.

Begegnungen

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Begegnungen
 

Gemächlich, wie es schien, bewegte sich das Luftschiff hoch über den Wolken. Darunter nur das weite Blau des Meeres. Vor sich, viele Meilen entfernt, der Kontinent Nordend.

Marialle und Dolette hatten in eine der Kajüten zurück gezogen, um ungestört das Gespräch zu führen, welches für sie beide alles verändern würde.

Die Augen der Priesterin waren noch immer glasig von den aufwühlenden Worten, die sie Augenblicke zuvor noch an der Reling gewechselt hatten.

Vorher war sie sich noch absolut sicher, dass sie diese Frau nicht so gefährlich nah kommen lassen wollte, wie sie es einst gewesen war. Ihr Herz war so vernarbt, dass sie es nicht glaubte ertragen zu können, die Elfe ein weiteres mal zu verlieren. Doch die Todesritterin fand Worte, die ihr glauben machten, Unmögliches möglich machen zu können. Todesritter und Gefühle?

'Sowas gibt's nicht.', dachte sie da noch. Doch die Ehrlichkeit, die in den Worten und den Augen lag, gaben ihr Gewissheit. Nichts in der Welt hätte ihr Herz daran hindern können sich wieder zu öffnen und zu hoffen, dass sie von der Frau die sie einst über alles liebte, ob Todesritter oder nicht, auch wieder geliebt werden würde. So wollten sie beide nun alles auf eine Karte setzen und über alles was sie einst verband sprechen, um dann zusehen was sie daraus machten.

"Also?", holte die Elfe sie aus ihren Gedanken.

"Ja, bitte Verzeih. Also wo fang ich an....

Und vor dem inneren Auge der Priesterin begann sich ein Bild zu formen, aus längst vergessenen Tagen, es zeigte ein Arbeitszimmer von dem sie wusste, dass es einst ihr eigenes sein würde. Der zweite Krieg war vorüber, sie war grade zur vollwertigen Priesterin aufgestiegen und trat in das Zimmer ihres damaligen Mentors und Meisters Yskopaiah (ausgesprochen: Iskopeia), der sie herein bat.

"Ihr habt nach mir gerufen, Meister?", sprach sie ihn würdevoll an. Der Hohepriester des Turms der heiligen Kirche war eine beeindruckende Erscheinung, die einen Ehrfurcht gebietete. Hoch gewachsen und mit weisen blauen Augen in seinem von Falten durchzogenen Gesicht.

"Ja mein Kind, ich habe eine wichtige und durchaus gefährliche Aufgabe für dich. du hast vielleicht gehört, dass die Horde einen Großteil der Internierungslager angegriffen und die Gefangenen befreit hat?", fragte der betagte Man und strich sich dabei gedankenverloren durch seinen grauen Bart. Marialle nickte nur, sie wusste, dass diese Befreiungsaktionen der Horde, so nachvollziehbar sie auch waren, nur mit Blut bezahlt werden konnten. Und ja sie wusste, dass es dort sehr gefährlich zu gehen konnte.

"Du bist mit Abstand meine beste Schülerin gewesen, niemand vor dir schloss die Ausbildung zum Priester in so jungen Jahren ab. Und deshalb wirst du an meiner Statt, mit einem Paladin der Silbernen Hand und einem Trupp tapferer Krieger, nach Lordaeron reisen und dort helfen, wo es in deiner Macht steht. Entweder einen Angriff aufzuhalten, oder eben die Verletzten dort zu versorgen, je nachdem ob unsere Späher schnell genug waren. Die Zeit drängt, mach dich bereit für den Aufbruch, der Trupp soll jeden Augenblick eintreffen um dich abzuholen." Sein Ton ließ keine Widerrede zu, aber ihr war unwohl bei dem Gedanken als einzige Priesterin auf so eine Rettungsmission geschickt zu werden.

Sie straffte ihre Schultern, er hatte recht, sie war gut, sogar die Beste, sie würde das schon schaffen.

Sie verabschiedete sich würdevoll und verließ den Raum, um in ihre Gemächer zu eilen und ein paar Sachen zusammen zu packen. Es dauerte nur wenige Augenblicke bis sie fand was sie suchte. Materielle Dinge bedeuteten der jungen Priesterin nicht viel und so musste sie sich nicht mit einer großen Auswahl quälen. Auch jetzt trug sie eine schlichte Robe aus weißer Seide mit einem grauen Stoffgurt um die Taille. Ihr langes Haar war zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr locker auf der Schulter lag und beinah bis an den grauen Gürtel reichte. Sie schulterte ihre Ledertasche und verließ ihre Räumlichkeiten, um durch die Gänge zu eilen.

Als sie grade um eine weitere Abzweigung bog, wurde sie rücklings zu Boden gerissen, nachdem sie offenbar gegen einen Felsen gelaufen war.

"Beim Licht, verzeiht mir! Ich habe euch nicht kommen sehen.", sprach eine glockenklare Stimme zu ihr hinab.

"Ach was schon gut, ich bin mal wieder blind durch die Flure gerannt, ist ja nicht das erste...." Sie unterbrach sich als dunkelblaue, klare Augen in ihre bernsteinfarbenen sahen und für einige Herzschläge die Zeit still zu stehen schien. Goldblondes Haar umrahmte verspielt das makellose Gesicht und fiel in Wellen auf die Schultern der Elfe, die eine silberne Rüstung mit goldenen Applikationen und blauem Stoff darunter trug und ihr jetzt eine, im Handschuh verhüllte, Hand hin hielt, um ihr aufzuhelfen.

"...mal. Ich danke euch.", beendete Marialle ihren Satz und ließ sich von der unwirklich scheinenden Schönheit hochziehen. Ihre vollen Lippen wurden von einem kleinen Schmunzeln umspielt, welches ihrem Antlitz fast jugendliche Züge verlieh, was aber bei einer Hochelfe rein gar nichts zu bedeuten hatte, wie die frisch gebackene Priesterin wusste. Marialle vernahm ein Räuspern, was sie aus ihren Gedanken riss.

"Hättet ihr die Güte mir zu sagen wo ich Lady Marialle Lichtsprung finden kann? Wir sollen sie hier abholen.", fragte die Elfe würdevoll.

"Ihr steht vor ihr." Sie schien zwar überrascht, aber es lag keineswegs Missfallen in ihren dunkelblauen Augen. Irgendwie gefiel der ehrliche, forschende Blick der Elfe Marialle.

"Ihr seid sehr jung Mylady, wenn ich das Sagen darf." Man hätte das beleidigend empfinden können, doch sie lächelte charmant und ließ keinen zweifel daran, dass es ein Kompliment war.

"Ja, ich war immer die Jahrgangsbeste so geht es schnell voran. Wollt ihr den Vorteil, den ihr mir gegenüber habt nicht langsam zurückgeben Lady...?" Die andere verstand und straffte ihre Statur.

"Dolette Glutklinge, Paladin Meisterin der Silbernen Hand. Zu euren Diensten, Mylady." Marialle kicherte. Unwillkürlich musste sie sich fragen, ob die Elfe diese Worte einst vor dem spiegel geübt hatte.

"So, so, ihr seid also meine persönliche Hand des Schutzes, Lady Paladin?", zwinkerte die Menschenfrau und die hochgewachsene Paladin neigte ehrfürchtig ihr Haupt um theatralisch zu erwidern:

"Es wäre mir eine Ehre, Mylady." Die junge Frau kicherte noch mehr, bis sie merkte, dass sie sich noch immer an den Händen hielten. Als Marialle ihre Hand heraus zog, schoss ihr die Hitze ins Gesicht, die ihre Wangen rosa schimmern ließ. Sie war mehr als erleichtert, im Gesicht der Quel'dorei dasselbe zu entdecken.

"Nun, man sagte mir, ihr braucht einen lebendigen Schutzschild und jemanden der euch auch bei Wundversorgungen unter die Arme greifen kann und hier bin ich. Also habt ihr alles was ihr braucht? Wollen wir?"

Die Elfe schien geschwätzig zu werden sobald sie nervös wurde, bei Marialle war das Gegenteil der Fall, so nickte sie ihr nur schüchtern und stumm zu und schritt neben ihr hinaus ins Freie.

Die Sonne stand hoch am Himmel und blendete sie, als sie heraus traten. Vor den Toren des Turms, dem Ausbildungszentrum für Priester des heiligen Lichts, standen etwa zehn Krieger mit dem Wappen Sturmwinds auf ihren silbernen Rüstungen.

"Das ist Lady Marialle Lichtsprung, sie wird uns nach Lordaeron begleiten und unser, vom Licht gesegneter, Beistand sein."

Die Soldaten salutierten zur Begrüßung und Marialle nickte zurück. Die Röte auf ihren Wangen wurde eine nuance dunkler.

Sie holte ihren Schimmel vom Stallmeister ab, sattelte ihn und saß auf. Direkt neben ihr tauchte Dolette auf einer dunkelbraunen Stute auf, die in dieselben Farben wie sie selbst gerüstet war. Die Paladin gab den Befehl und der Trupp setzte sich in Bewegung. Wehmut überkam Marialle, als der Turm, der nun viele Jahre ihr Zuhause gewesen war, immer kleiner am Horizont wurde. Ihre Ausbildung war beendet. Die Schonzeit war vorbei.
 

Sie ritten den ganzen Tag lang bis die Sonne drohte unterzugehen. Als sie einen geeigneten Platz gefunden hatten, errichteten die Krieger ein Lager mit einem großen Lagerfeuer in der Mitte und einigen kleinen drumherum. Zwischen den Feuern stellten sie ihre Zelte auf.

Ein Krieger von breiter Statur und dichtem blonden Haar baute sich vor Dolette auf, die sich am großen Lagerfeuer neben der Priesterin niedergelassen hatte.

"Kommandantin Glutklinge, das Lager ist errichtet.", berichtete er steif und beäugte die beiden Frauen vor ihm.

"Danke Borigan, dann esst und ruht euch aus, morgen bei Sonnenaufgang geht es weiter.", antwortete sie ihm gut gelaunt.

"Darf ich euch etwas Eintopf zu reichen, Lady Lichtsprung?", fragte der Krieger höflich.

"Gern, Borigan." Sie hielt ihm die Hand hin und er führte sie zu dem Feuer an dem gekocht wurde. Während sie neben ihm her schritt spürte Marialle deutlich die forschenden Augen der Elfe auf sich, die sie erfasst hatten und nun verfolgten.
 

Sie unterhielt sich den ganzen Abend mit dem jungen Krieger. Er war etwas plump aber sehr nett und bemüht, doch schließlich entschuldigte sie sich und wünschte ihm eine gute Nacht. Ihr Felllager war genau gegenüber auf der anderen Seite der Feuer und die Priesterin ging grade an dem großen Lagerfeuer in der Mitte vorbei als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte, die zu der Hochelfe gehörte, die ihr ernst ins Gesicht sah.

"Guten Abend, Lady Lichtsprung. "

Sie lächelte, doch der besorgte Ausdruck in ihren Augen sagte etwas anderes.

"Lady Glutklinge, was kann ich für euch tun?" Sie schaute sie unverhohlenen Blickes an, ohne etwas zu sagen. Marialle drohte schon wieder rot anzulaufen, so lange wurde sie wortlos erforscht.

"Verzeiht, dass ich euch aufhalte, aber hättet ihr vielleicht noch einen Moment für mich übrig?" Ihre dunklen, blauen Augen waren in der Dunkelheit der Nacht fast schwarz, einzig das Spiegeln des Lagerfeuers ließ einen goldenen Schimmer in ihnen tanzen und die junge Priesterin hatte Mühe sich von dem Anblick loszureißen.

"Natürlich, worum geht es denn?" Sie ergriff die Hand der Menschenfrau und sprach eindringlich:

"Nicht hier, folgt mir!" Die Paladin zog sie einige Meter weg vom Lager an einen See, hielt inne und ließ den Kopf leicht hängen.

"Also was gibt es denn, Kommandantin?" Sie ließ ihren Blick über den See streifen, bevor sie wieder besorgt in die Augen der jungen Frau schaute.

"Ich wollte euch nur warnen, Mylady. Ihr solltet den Kriegern gegenüber nicht allzu vertrauensvoll sein, die werden dann schnell mal übermütig und schon habt ihr eine Hand auf eurem Hinterteil, oder unter eurem Rock, oder noch schlimmeres! Es geht mich selbstverständlich nichts an, aber die Ruhe im Lager muss bestand haben und das kann ich nicht gewährleisten, wenn ich einem meiner Männer den Kopf abschlagen muss, weil er euch unsittlich berührt hat. Also seid bitte einfach auf der Hut, dass es nicht zu solchen Situationen kommen kann." Sie überschlug sich regelrecht, mit ihrer Ausführung und plapperte nur so drauf los, was die Priesterin innerlich schmunzeln ließ.

"Ich will euch auch nichts verbieten, nur bringt euch nicht in Begebenheiten, die ihr später bereuen würdet. Bitte verzeiht, ich möchte euch wirklich nicht zu nahe treten." Unbemerkt stahl sich das Schmunzeln wirklich auf Marialles Lippen. Das klang so gar nicht nach mahnenden Worten einer Befehlshaberin.

"Lady Glutklinge,", begann sie beschwichtigend.

"Ich nehme eure Warnung durchaus ernst und verstehe eure Beweggründe, also seid unbesorgt ich kann schon auf mich aufpassen." Marialle schenkte der Elfe ein strahlendes Lächeln, in der Hoffnung, ihren besorgten Gesichtsausdruck damit etwas lösen zu können.

Dolette atmete geräuschvoll aus und schien sich tatsächlich etwas zu entspannen.

"Am besten halte ich mich einfach immer in eurer Nähe auf, dann wird sich doch eh keiner eurer Männer trauen, mir auch nur auf den Hintern zu schauen.", lachte sie und zwinkerte verspielt zu der Paladin rüber, der mittlerweile wieder eine gesunde Röte ins Gesicht gestiegen war.

"Ja...also das wäre wahrscheinlich ja wirklich das schlauste was man machen könnte. Ihr seid ja auch noch so furchtbar jung. Natürlich bedeutet das in keinster Weise, dass ich euch nicht zutrauen würde, dass ihr mit ihnen nicht auch allein zurechtkommen würdet, aber...also naja, wenn ihr es aushaltet, dann wäre es an meiner Seite für euch bestimmt am sichersten.", beendete sie schließlich den Schwall Worte, der aus ihr heraus schoss.

Marialle trat einen Schritt näher und beobachtete belustigt, was das in der Elfe auslöste.

"Ich habe schon 18 Winter auf dieser Welt erlebt, so jung bin ich gar nicht mehr! Aber sagt, Lady Paladin, wenn ich mich die ganze Zeit in eurer Nähe aufhalte, wer befehligt dann unseren Trupp?" Es machte ihr einfach einen heiden Spaß, Dolette so aus der Reserve zu locken und sie spürte eine Woge des Glücks in sich hochsteigen, immer wenn sie merkte, wie nervös die Elfe ihretwegen zu werden schien. Und jetzt sah sie in ihr eine Erkenntnis aufkeimen die ihr das restliche Blut, ihres gesamten Körpers ins Gesicht steigen zu lassen schien und dann sprach sie leicht ironisch lachend:

"Ich mache mich hier grade total lächerlich, oder Mylady Priesterin?" Marialle konnte nicht anders als ihr beruhigend eine Hand auf den Unterarm zu legen.

"Nicht doch, Lady Paladin. Ich finde ihr seid ganz zauberhaft.", sprach sie ehrlich und spürte wie nun auch ihr wieder die Hitze zu Kopf stieg.

"Zauberhaft? Ich bin ein Meister Paladin des heiligen Lichts! Ich bin ganz sicher alles, aber nicht zauberhaft.", prustete die Quel'Dorei immer noch lachend hervor.

"Glaubt mir. Jetzt und hier, am See, im Mondlicht und wie ihr so daher plappert...nichts ist zutreffender als Zauberhaft." Das Kichern erstarb und nur ein sanftes Lächeln blieb auf dem Gesicht der jungen Priesterin zurück. Dolette hingegen entgleisten die geröteten Gesichtszüge komplett und sie erstarrte.

Viele Herzschläge lang standen sie sich so gegenüber, schauten der anderen in die Augen, bis Unruhen aus dem Lager, an die Ohren der beiden drangen und sie aus diesem intimen Moment rissen.

"Was ist da los?" Die Elfe schaute noch einmal kurz in die bernsteinfarbenen Augen und setzte sich dann in Bewegung. Marialle eilte ihr nach.

Am großen Lagerfeuer angekommen standen sich zwei Krieger in kauernder Haltung gegenüber, umringt von den restlichen Soldaten. Einer der beiden war Borigan. Der Mann ihm gegenüber war drahtig und groß, hatte schwarze Haare und grüne Augen. Sie gingen grade wieder aufeinander los und Dolette blieb etwas abseits stehen, beobachtete die Szenerie.

"Wieso geht ihr nicht dazwischen, Lady Glutklinge?", fragte die Priesterin schockiert.

"Das sind einfache Soldaten, Mylady. Sie führen immer nur Befehle aus, da bleibt kein Platz für Rivalitäten, schon gar nicht auf gehobenerer Ebene, als der körperlichen. Deshalb sollen sie machen. Morgen liegen sie sich wieder in den Armen.", antwortete sie und Marialle erkannte, dass die schöne Elfenfrau ganz sicher schon viel Erfahrung auf diesem Gebiet haben musste. Unwillkürlich fragte sie sich auf welchen Gebieten das noch so war.

"Ihr weilt wohl schon sehr langen auf Azeroth, oder?" Sie bekam keine Antwort mehr, da die Paladin sich nun doch entschieden hatte, zwischen die Streithähne zu treten.

"Was geht hier vor sich?" Einige maulten nur, dass das Schauspiel unterbrochen wurde. Andere neigten den Blick, um ja nicht angesprochen zu werden. Ein schlaksiger, junger Mann trat an sie heran und deutete eine Verneigung an.

"Mylady Glutklinge, es sieht so aus, dass Gernodt, Borigan dabei erwischte wie er euch und Lady Lichtsprung, beobachtet hat. Da eskalierte die Situation als er sich mit dem Rest von uns diesbezüglich absprechen wollte." Die Elfe überlegte.

"Absprechen? Ist das wahr, Borigan?", wandte sie sich an den blonden und sah ihn fragend an.

"Ich fand es äußerst bedenklich, dass sie offenbar so schnell einen Sonderstatus bei euch eingenommen hat, Herrin." Sie sog scharf die Luft ein.

"Und da seid ihr der Meinung, dass das mein Urteilsvermögen, meine Fähigkeiten und was weiß ich noch alles, beeinträchtigt? Oder warum denkt ihr, dass das ein Problem darstellt? Wenn ich mich recht erinnere, habt ihr selbst einen Großteil des Abends mit Lady Lichtsprung verbracht, Borigan!" Dolette donnerte die Worte nur so hervor und ihr Gesicht verzog sich leicht vor Zorn.

"Nein! Das würde ich niemals! Nur grade weil ich schon Zeit mit ihr verbrachte, bekam ich den Eindruck, dass sie ein manipulatives Spiel spielt! Sie redet die ganze Zeit zweideutig und wenn man eindeutig werden will blockt sie ab! Das machen nur Weiber die einen für irgendetwas ausnutzen wollen!" Die Elfe sah mit einer hochgezogenen Augenbraue zu Marialle, die nicht recht wusste wie sie sich verhalten sollte.

"Zu lustig, genau das habe ich vorhin gemeint, Mylady. Jetzt hört mir mal zu, ihr alle!", erhob sie gebieterisch ihre Stimme und machte eine ausladende Handbewegung in Richtung der Priesterin.

"Lady Marialle Lichtsprung ist eine vom Licht geweihte Priesterin der Kirche des heiligen Lichts. Ihre reinen Absichten sind über jeden Zweifel erhaben. Mal abgesehen davon, ist sie eine Frau wie jede andere, die nein sagen darf! Ich verbiete mir Zwischenfälle, wie diese, in Zukunft! Und jetzt geht schlafen, wir brechen morgen früh auf!" Borigan und Gernodt verbeugten sich tief vor ihrer Kommandantin und verteilten sich wie die anderen auf ihre Lager.

"Habt Dank, Lady Paladin. Soviel vertrauen hätte ich gar nicht erwartet.", sagte Marialle mit einem breiten Grinsen auf den Lippen und zwinkerte.

"Wisst ihr genau diese Art hat uns diese Situation eingebrockt, Mylady.", gab die Paladin leise, aber schmunzelnd zu bedenken. Die Augen der Priesterin funkelten gefährlich als sie näher an die Elfe trat und flüsterte:

"Das sagt ihr doch aber nur, weil es genau diese Art ist, die euch selbst zu schaffen macht." Sie zwinkerte erneut und streckte ihr frech die Zunge entgegen. Dolette konnte ein Grinsen nicht mehr unterdrücken. Als sie sich zum Gehen wenden wollte, drehte sie sich noch einmal zurück.

"Und ihr seid wahrhaftig eine Priesterin, Mylady Lichtsprung?", fragte sie neckend, mit einer hochgezogenen Augenbraue.

Marialle lachte leise, als sie sich tief verbeugte und damit die Frage beantwortete.

"Gute Nacht, Kommandantin Glutklinge. Angenehme Träume wünsche ich euch." Dunkelblaue Augen fixierten lächelnde, bernsteinfarbene und auch Dolette verbeugte sich standesgemäß.

"Dasselbe wünsche ich euch, Mylady. Gute Nacht."

Lichtspiel

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Lichtspiel
 

Sie erreichten das Königreich Lordaeron Tage später. Seit der Ansage ihrer Kommandantin, hatten die Männer Marialle mit viel Respekt und Freundlichkeit behandelt, außer Borigan, von dem immer wieder missmutige Blicke auf ihr ruhten. Marialle fragte sich stets, ob er allgemein ein wenig umgänglicher Mann war, oder ob er nur ihr so sehr misstraute.

'So sind Männer halt wenn man sie bei ihrem Stolz packt', dachte sie schmunzelnd bei sich.

Ihr Blick huschte zu der anmutigen Elfe, die langsam neben ihr her ritt und sie erinnerte sich unwillkürlich an die Abende die sie am Lagerfeuer miteinander verbrachten. Sie lachten und erzählten. So hatte sie heraus gefunden, dass die mächtige Paladin einst eine Magierin, wie so viele ihres Volkes, war. Doch die Gier nach Magie wurde für ihre Seele irgendwann zum Problem. Und anders als die meisten, suchte und fand sie für sich eine Lösung im Glauben an das heilige Licht und so wurde sie erst Klerikerin und später dann Paladin. Marialle hatte mit ihrer Einschätzung also recht, die Hochelfe hatte schon viele Winter auf Azeroth gesehen.

Ihrerseits erzählte sie von ihren Eltern, die hier aus Lordaeron kamen und sie sehr früh in die Obhut von Meister Yskopaiah übergaben, da sie ihr Talent erkannten. Außerdem von ihrer Lehre, die sie an diesen Punkt geführt hatte. Da war ihr klar geworden, dass sie noch nicht allzu viel von der Welt gesehen hatte.

Die Kommandantin sah zu ihr rüber, als würde sie ihren Blick auf sich spüren. Sie lächelte.

"Der Hof eurer Eltern sollte hier ganz in der Nähe sein, oder Lady Lichtsprung?" Hitze stieg ihr ins Gesicht, als sie sich bei ihren Gedankengängen ertappt fühlte.

"Uhm, Ja richtig." Sie sah in die klaren, dunkelblauen Augen und spürte wie diese durch ihre unbedeutende menschliche Hülle direkt in ihre Seele zu blicken schienen.

"Verzeiht! Ich dachte nur es wäre eine gute Idee, auf dem Rückweg einen Abstecher dort hin zu machen."

Ihre bernsteinfarbenen Augen blickten warm in die der Paladin, um ihr zu zeigen, dass es nichts zu entschuldigen gab.

"Wisst ihr, ich bin so früh von zu Hause fort, immer wenn ich meine Familie besuchte, fühlte ich mich von mal zu mal fremder im Haus meiner Geburt." Dolette schluckte und nickte verstehend.

"Ich denke, dass das nicht ein Umstand ist, dem man sich ergeben sollte, Lady Lichtsprung. Vielleicht bräuchtet ihr ja auch nur jemanden als Begleitung, der euch etwas Sicherheit gibt." Wieder diese unverhohlene Neugierde im Gesicht der Elfe, der ihr einen so jugendlichen Ausdruck verlieh. Sie wartete gespannt, offenbar auf eine Antwort oder eine spitze Erwiderung. Marialle entschied sich für eine Mischung aus beidem.

"Denkt ihr da zufällig an einen bestimmten Schutzschild in meiner Nähe?", kicherte sie belustigt und fuhr dann ernster fort:

"Aber vielleicht habt ihr Recht. Ich sollte mich nicht aus Feigheit von meiner Familie abwenden. Und mit charmanter Begleitung wäre es unter Umständen vielleicht sogar spaßig!" Sie lächelte leicht verträumt in die Ferne und erwischte sich dabei wie sie es sich vorstellte.

"Also ist es abgemacht?", fragte Marialle nun unvermittelt und direkt.

"Was?"

"Na, dass ihr mich nach unserer Mission zu meinen Eltern begleitet!" Sie legte ein Lächeln auf, von dem sie hoffte, dass es unwiderstehlich war, bis die Paladin ihr begann zu antworten:

"Nun, Mylady. Selbstverständlich wäre es mir eine Ehre euch zum Hofe eurer Eltern zu begleiten, aber ihr wisst..."

Unwirsch wurde sie von der jungen Priesterin unterbrochen.

"Oh jetzt kommt! Setzt mir nicht diesen Floh ins Ohr und lasst mich dann hängen!" Ein Seufzen war zu vernehmen, als die Elfe den Kopf leicht schüttelte.

"Nein, natürlich lasse ich euch nicht hängen. Ich würde euch sehr gern begleiten wenn wir hier fertig sind, Lady Lichtsprung." Ein sanftes Lächeln umspielte ihre sinnlichen Lippen bis hoch zu ihren dunklen Augen. Marialle verlor sich in diesem warmen Lächeln und so ritt sie die restliche Zeit schweigend neben der Kommandantin her, bis sie erneut das große Lager aufschlugen. Morgen würden sie das Internierungslager erreichen.

Alles ging seinen mittlerweile gewohnten Gang und der gesamte Trupp würde zeitig zu schlafen.
 

Marialle wachte auf, einem Gefühl folgend verließ sie ihr Zelt und der Mond sagte ihr, dass es schon mitten in der Nacht war. Sie trat aus dem Lager auf eine Lichtung auf der die schmalen Umrisse der Elfe beschienen wurden und sie wie eine Erscheinung wirken ließen. Sie hatte ihre Rüstung abgelegt und war nur noch in das blaue Leinenhemd und eine weiße, halblange Hose gekleidet, die sie sonst darunter zu tragen pflegte. Die Kleider verbargen im Gegensatz zu der Rüstung, kein bisschen die wohlgeformte Figur der schönen Frau. Die Erscheinung hielt die Augen geschlossen und schien den Kopf, dem Mond entgegen zu recken. Was machte sie denn da?

Als hätte die Paladin den Gedanken gehört, öffnete sie ihre Augen und schaute ausdruckslos in die Richtung aus der die junge Priesterin kam. Da sie jetzt auch nicht mehr zurück gehen konnte, trat sie näher zu der Frau in das magisch anmutende Licht des Mondes. Unvermittelt begann Dolette zu sprechen.

"Wisst ihr, mein Paladin Meister hat mich gelehrt, dass Licht immer Licht ist egal ob es von der Sonne, oder vom Mond auf uns nieder scheint, oder aber auch aus uns heraus. Manchmal wenn ich nachts nicht schlafen kann, blicke ich zum Mond und eine tiefe Traurigkeit überkommt mich." Sie schaute wieder zu dem runden, silbern scheinendem Ball, hoch am dunklen Himmel und ein seichtes Lächeln umgab ihre Züge.

"Seit ich dem Licht so verbunden bin fühle ich mich manchmal viel machtloser, als ich es eigentlich bin. Ich versuche Gutes zu tun wo ich kann, aber es scheint nie zu reichen." Sie brach ab. Marialle sah auf die Gestalt der Frau, die grade so zerbrechlich wirkte. Die Quel'dorei blickte zurück in das Gesicht der jungen Menschenfrau und lächelte nun ehrlich, als sie offenbar eine Erkenntnis anheim suchte.

Marialle ihrerseits konnte nur über das Wechselspiel, das sich auf dem Gesicht der Elfe abspielte, staunen.

"Ihr redet von euren Brüdern und Schwestern, die Elune verehren? Es gibt sie wirklich?" Traurigkeit lag in ihren Augen, doch noch immer lächelte sie die Priesterin an und nickte ihr zustimmend zu.

Sie wandte nun auch ihren Körper in die Richtung der Frau und der Ausdruck auf ihrem Gesicht änderte sich wieder drastisch, von traurig, lächelnd zu interessiert und forschend.

"Was ist das nur an euch, Lady Lichtsprung?"

Überrascht sah sie in die tief dunklen Augen der Elfe, die sie durchbohrten.

"Wie meint ihr das, Lady Glutklinge?"

Der silberne Glanz des Mondes tanzte in den feuchten Augen der Paladin, sie suchte nach Worten, doch bleib die Antwort lange aus, bis sie ihren Blick wieder gen Himmel richtete und leise, fast flüsternd anfing zu sprechen:

"Wisst ihr, wenn man so lange auf dieser Welt herum wandert wie ich, dann hat man die schlimmsten Dinge gesehen, erlebt und auch getan. Man reflektiert sich selbst, bereut Dinge getan und gelassen zu haben. Die alten Wesen dieser Welt gehen auf die unterschiedlichsten Arten damit um. Manche verdrängen oder vergessen, andere zerfallen daran und fallen in ein tiefes Loch und wieder andere Stellen sich. Und dann gibt es welche, so habe ich zumindest gehört, dessen Seelen ein Stück weit heilen." Die glockenklare Stimme, die die Stille der Nacht durchbrach, endete jäh bevor sie beginnen konnte zu zittern. Marialle trat noch etwas näher an die Elfe und legte ihr sachte eine Hand auf die Schulter, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Als die, mit Tränen gefüllten, sehnsüchtigen Augen in das Gesicht der Priesterin schauten, erstarrte diese für einige Herzschläge. Die traurige Elfe sah im fahlen Mondlicht einfach unglaublich schön aus und sie schalt sich für ihre Gedanken, die sie grade als so unpassend empfand. Marialle rief sich zur Ordnung, damit sie sprechen konnte.

"Wisst ihr auf welche Art sie heilen können?" Sie schien auf diese Frage gewartet zu haben und gleichzeitig schien Dolette sich gegen die Antwort zu sträuben, was ging nur in diesem Wesen vor sich, das die ganze Last dieser Welt zu schultern schien.

"Man sagt, wenn man jemanden findet, dem man vertraut, der immer da ist wenn man schweißgebadet aus seinen Albträumen erwacht, mit dem man lachen und weinen kann...wenn man so jemanden findet, dann bindet man sich auf ewig an ihn und man teilt die Last und so wird sie nur noch halb so schwer." Dolette musste schmunzeln.

"Heilen ist also vielleicht ein etwas zu hochgestecktes Ziel, aber es wird auf diese Weise erträglich und vor allem hat man einen Grund zu leben." Aus dem schmunzeln wurde ein warmes Lächeln und sie ergriff die Hand der Priesterin, die auf ihrer Schulter ruhte und dann geschah etwas seltsames.

Aus den Augenwinkeln bemerkte die Menschenfrau wie ein seichtes Leuchten von ihren Händen ausging als Dolette die ihre ergriff. Ihre eigene leuchtete silbern wie der Mond und die Hand der Elfe, golden wie die Sonne. Sie wagte es nicht ihre Hand aus dem Griff zu lösen, als die Paladin sie langsam von ihrer schulter führte. Sie schaute ebenfalls voller Staunen auf die ineinander verschränkten Hände und dann in die Augen der Priesterin. Jetzt schien sie sogar erschrocken und auch Marialle erschrak als sie einen satten goldenen Schimmer in den Augen der Paladin erblickte.

"Was ist das? Leuchten meine Augen auch so silber?" Unterbrach die Elfe, unverhofft die bedrückende Stille.

"Bitte? Also eure leuchten golden. Aber wer ist denn hier die uralte, weise Elfe?" Unvermittelt fingen beide an zu lachen, wobei sich ihre Hände voneinander lösten und das Leuchten jäh erstarb, genau so wie das Lachen kurz darauf.

"Seltsam!", sagte die Paladin und hielt ihr wieder die Hand hin. Die Priesterin griff zu und das Leuchten erstrahlte aufs Neue.

"Jetzt mal im Ernst, Lady Paladin. Ihr müsst doch eine Idee haben was das sein kann.", ließ sich die Menschenfrau vernehmen.

"Mehrere um genau zu sein, eine unwahrscheinlicher als die andere." Sie ließen sich wieder los.

Dolette erhob ihre Hand und führte sie langsam zu Marialles Gesicht.

"Darf ich?" Die junge Priesterin schluckte schwer, die Berührung die nun folgen würde, jagte ihr jetzt schon Schauer durch den Körper, aber sie nickte.

Sie hatte nicht zu viel erwartet, als sie die warme Hand der Quel'dorei auf ihrer Wange spürte. Ein Schauer nach dem anderen lief ihr über den Rücken, ihre Nackenhaare stellten sich auf, sie bekam eine Gänsehaut und ganz nebenbei leuchtete ihre Haut silbern auf.

"Verblüffend!", kam es leise von der Paladin, die mit großen Augen ihre Hand betrachtete, aber keine Anstalten machte sie zurück zuziehen. Stattdessen strich sie sanft mit ihrem Daumen die Wange der jungen Frau auf und ab und fixierte ihren Blick mit den leuchtenden Augen. Marialle wagte es nicht sich zu bewegen und starrte nur stumm zurück. Sie verfolgte den Blick der Paladin, der nun von ihren Augen immer wieder hinab zu ihren Lippen huschte und auch die Priesterin konnte ihren Blick nicht von den vollen Lippen abwenden, die nur noch einen Herzschlag von ihren entfernt waren. Ihr Herz hämmerte rasend in ihrer Brust und so schloss sie in gespannter Erwartung, instinktiv die Augen bis sie die weichen Lippen der Elfe auf ihren spürte. Unter ihren Liedern konnte sie erkennen, dass auch diese Verbindung zwischen ihnen, ihre Haut aufleuchten ließ und plötzlich fand sie es ganz natürlich.

Dolette schlang ihre Arme um die schlanke Taille der Priesterin und drückte sie eng an sich. Marialle legte ihrerseits die Arme um ihren langen Hals und konnte die wohlgeformten Rundungen der Paladin deutlich auf ihrem Körper spüren. Die Elfe strich sanft über den Rücken der jungen Frau, bis sie ihre Hände hinab zu ihren Hüften gleiten ließ, auf denen sie zur Ruhe kamen. Sie löste sich zaghaft aus dem Kuss und das Leuchten erstarb, aber ein Schimmer schien in den dunkelblauen Augen zurückgeblieben zu sein, was der Priesterin ein leichtes Schmunzeln abverlangte.

"Was denn?", erklang Dolettes klare Stimme. Das Schmunzeln wurde zu einem milden Lächeln.

"Das goldene Leuchten in deinen Augen, es ist noch immer da, schwächer zwar, aber es ist noch da."

Der wissende Ausdruck im Gesicht der Paladin, verriet Marialle, dass auch ihre Augen noch eine Spur Silber aufweisen mussten.

"Und das amüsiert dich?" Die Priesterin zog eine Augenbraue hoch.

"Nur weil ich schmunzle, bedeutet das doch nicht, dass ich belustigt bin!"

"Sondern?", fragte Dolette und wieder lag dieser durchdringende, forschende Ausdruck in ihren Augen, dem Marialle nur schwer zu widerstehen vermochte.

"Nun." sie suchte nach passenden Worten für das was sie grade empfand.

"Also ich... ich hatte da grade so einen Gedanken, der mir sehr gefiel, als ich den Schimmer in deinen Augen entdeckte." Und plötzlich stieg ihr die vertraute Hitze ins Gesicht.

"Was denn für einen Gedanken?", wurde sie mit einem aufmunternden Lächeln zu einer Antwort gedrängt.

"Naja, ich dachte, wenn der Schimmer noch immer da ist obwohl wir uns nicht mehr berühren, dann ist etwas von mir in dir zurückgeblieben, grade als wir..." Weiter kam sie nicht, es war ihr furchtbar unangenehm ihre, wie sie wusste, äußerst naiven Gedanken so Preis zugeben. Aber alles im Antlitz der Paladin verlangte ihr stets die pure Wahrheit ab. Dagegen vermochte sie sich nicht zu wehren. Und so schaute sie unsicher, unendlich viele Herzschläge zu Boden, bis sich ein Finger sanft unter ihr Kinn schob, das mittlerweile vertraute Leuchten erscheinen ließ und sie drängte in die klaren dunklen Augen zu schauen die nun wieder golden aufleuchteten.

"Zauberhaft!" War das einzige was Dolette zu sagen vermochte, ehe sie die Menschenfrau wieder in eine enge Umarmung zog und ihr einen weiteren Kuss auflegte. Dieser war viel fordernder als der erste und so dauerte es nur den Hauch eines Herzschlages, bis sie der Elfe erlag und sich ihr hingab. Die Hände der Quel'Dorei schienen züngelnde Flammen hinter sich her zu ziehen und hinterließen glühende Spuren auf Marialles Haut. Ihre Lippen gewährten der drängenden Zunge der Paladin, Einlass und ihre eigene wurde von ihr in einen wilden Tanz verwickelt, der von den Händen der beiden Frauen ausgeweitet wurde. Sie erforschten und spürten einander, bis sie drohten vor Aufregung und aufsteigender Hitze zu verglühen. Die beiden Frauen lösten sich zögerlich und schwer atmend voneinander, den Tanz noch immer mit den wild flackernden Augen, fortführend. Dolette fing sich als erste.

"Ich weiß nicht was ich sagen soll, verzeih mir." Die Priesterin war etwas verwirrt ob dieser entschuldigenden Worte.

"Wieso denn? Ich fände es grade schlimm, wenn du wüsstest was du sagen solltest!" Sie lächelte ehrlich und aufmunternd, doch die Paladin schien mit einem mal bedrückt zu sein.

"Du hast doch vorhin selbst gesagt, ich bin uralt und weise." Sie machte eine Pause, um der Menschenfrau schwach zuzulächeln.

"Ich sollte es viel besser wissen und deine Jugend und Naivität nicht so ausnutzen."

Marialle entgleisten die Gesichtszüge, sie fühlte grade alles mögliche, aber sich ganz bestimmt nicht ausgenutzt.

"Wieso sagst du das?" Ein Kloß setze sich in ihrem Hals fest, als sie die Möglichkeiten überdachte, weshalb die Paladin wohl so denken mochte.

"Marialle, du bist jung und das was zwischen uns grade geschehen ist, mag auf dich sicher wie Schicksal oder der Gleichen wirken und deshalb hätte ich mich besser zurückhalten müssen." Wo eben Trauer in ihr aufzusteigen drohte, trat nun Wut an ihrer Statt.

"Und weil dich der Moment so kalt gelassen hat, konntest du das auch so fabelhaft, oder was Lady Paladin?" Sie konnte erkennen wie die direkten Worte im Geist der Elfe ratterten.

"Nein du hast recht. Um ehrlich zu sein war ich selbst überwältigt und bin es noch, aber bitte denke doch einmal nach! Wir sind beide Frauen, Dienerinnen des Lichts, ich bin hundertmal älter als du und werde dich auch sicher überleben."

Der Zorn stieg immer weiter in ihr hoch, bei der ablehnenden Haltung die Dolette anscheinend ihren eigenen Gefühlen gegenüber hatte.

Wie konnte sie diesem Moment den sie grade teilten, etwas Negatives abgewinnen?

Wie konnte ihr nicht klar sein, dass sie etwas übernatürliches, befehlendes zueinander führte, dem sie sich nicht erwehren konnten?

"Andere würden dich mit Kusshand einfach mit in ihr Zelt nehmen und am nächsten Morgen wieder rauswerfen!", fügte die Elfe hinzu und ein Hauch von Verzweiflung lag jetzt in ihrer Stimme.

"Es interessiert mich nicht was andere mit mir gemacht hätten! Ich stehe hier vor dir! Und du hast Recht, wir sind beide Dienerinnen des Lichts nur scheint dein Vertrauen darin, weitaus weniger stark zu sein als das meine! Ich meine, selbst wenn wir nur meine Lebenspanne Zeit hätten und uns jeder Steine in den Weg wirft, hätten wir doch zumindest einander!" Jetzt viel es ihr auch wie Schuppen von den Augen, wie naiv sie tatsächlich klang und sie ließ ihren Kopf resignierend sinken. Wo dachte sie überhaupt hin? Ein Kuss und sie verplante ihr ganzes Leben?

Da erklang ein Ruf der sie beide zum Lager schauen ließ.

"Herrin uns hat so eben einer der Späher erreicht! Die Horde steht kurz davor anzugreifen!" Die beiden Frauen tauschten einen besorgten Blick aus. Rannten auf der Stelle ins Lager zurück und alles was von dem verzauberten Moment übrig blieb, war der Mond der auf die leere Lichtung schien.

Über Tod und Leid

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Über Tod und Leid
 

Sie ritten die ganze restliche Nacht hindurch und erreichten das Internierungslager, als der Sonnenaufgang kurz bevorstand.

Überall quollen dicke Rauchschwaden empor und die vier Reiter trieben ihre Tiere noch weiter an. Als sie das Lager erreichten brannte alles lichterloh. Keine Menschenseele war zu sehen. Einzelne Hütten krachten in sich zusammen und von überall drang das Knistern der Feuer an ihre Ohren. Erst als sie auf einen Platz in der Mitte zukamen, bot sich ihnen ein Bild des Grauens. Ein Berg von aufeinander gelegten, verbrannten Leichen, menschlicher Abstammung, türmte sich neben einem Balken auf, an dem drei Männer, offenbar die Lagerführung, an den Hälsen aufgehangen, baumelten. Es stank bestialisch nach verbranntem Fleisch und Marialle hatte große Mühe ihren schockierten Blick nicht abzuwenden, als sie den besorgten Ausdruck auf dem Gesicht der Kommandantin bemerkte, die sich ihr grade zugewandt hatte.

"Wir sind zu spät!" Hörte sie die Stimme des schlaksigen Soldaten, der Dolette an ihrem ersten Abend bei der Prügelei, die Situation erklärt hatte.

"Sucht alles nach überlebenden ab, haltet nach Orks Ausschau und dann begraben wir diese Menschen so ehrenvoll wie es noch möglich ist!", befahl die Paladin gebieterisch als der Rest des Trupps hinter ihnen auftauchte. Marialle ließ sich von ihrem Schimmel gleiten und ging zielstrebig auf eine der Hütten zu, aus der sie schon bei ihrer Ankunft ein leises Wimmern zu vernehmen glaubte. Es brannte nicht mehr, aber Asche flog in feinen Fetzen durch das Innere, als würde es in dem Häuschen schneien. Das Mobiliar war größtenteils umgeworfen worden und alles war schwarz vor Ruß. Das Wimmern war nun aber deutlich zu vernehmen und sie trat in den nächsten Raum in dem nur eine zerstörte kleine Kommode stand und ein umgeworfenes Bett, achtlos in der Mitte des Raumes lag. Sie spitze ihre Ohren, um heraus zu bekommen von wo das Geräusch kam. Ihr Blick fiel auf eine Klappe, die unter dem Bett hervorlugte und Marialle machte sich sofort daran das Bett anzuheben, damit die Luke von unten hoch gedrückt werden konnte.

"Schnell beeilt euch, ich weiß nicht wie lange ich das Bett noch halten kann!" Die Klappe öffnete sich knarrend und eine junge Frau, kaum älter als sie selbst, stieg zusammen mit einem kleinen Hund aus der Luke.

"Danke Mylady! Ihr habt mich gerettet, wie ka..." ein lautes Krachen unterbrach die Frau, als Marialle das Bett fallen lassen musste. Bedrohliches Knacken war nun über ihnen zu vernehmen und die Priesterin warf der Frau einen schockierten Blick zu.

"Raus hier schnell! Na macht schon!", rief sie ihr zu und sie rannte ihr, die wenigen Schritte bis zur Tür, hinterher und stieß die Frau grade noch rechtzeitig über die Schwelle, bevor das Dach der Hütte über ihr zusammen brach.

Sie wartete, doch spürte sie keinen Schmerz, war sie etwa direkt ins Licht gegangen?

Ein Keuchen über ihr riss sie ins hier und jetzt. Marialle sah, wie die blonde Elfe sich über ihr aufbaute, ein goldenes, schildähnliches Gebilde mit ihrem richtigen Schild empor stemmte und so einen Teil der Trümmer davon abhielt, die Priesterin unter sich zu begraben.

"Marialle!", stieß sie atemlos hervor.

"Bitte, raus hier!", befahl sie flehentlich. Die Priesterin gehorchte und kroch über die Schwelle und sah nur wie die zerstörten, niederfallenden Teile des Hauses die Paladin umhüllten und eine dicke Staubwolke aufstieg.

"Dolette!", schrie Marialle aus Leibeskräften. Und wie als Antwort rollten einige Trümmerstücke von dem kleinen Berg hinab bis er sich ganz aufbäumte und die mit Asche und Staub bedeckte Gestalt der Kommandantin preis gab. Sie stolperte aus dem Haufen hinaus und ließ ihren Schild zu Boden fallen, bevor sie auf ein Knie sank.

Die Priesterin stürzte augenblicklich auf sie zu.

"Beim Licht! Wieso habt ihr das getan, ihr hättet unter den Trümmern euer Leben lassen können!", schalt die Frau die Elfe, bevor sie prüfend mit ihren Händen über ihren Körper glitt und schließlich ein helles, silbernes Leuchten erschien, das die Wunde an der Schulter sofort verschloss.

"Ich fand es wäre ein guter Tausch. Mein Leben für das eure, Mylady Lichtsprung.", antwortete die Elfe schwach und sanft lächelnd.

"Danke für die prompte Heilung."

Marialle sah ihr nur verblüfft in die dunklen Augen und wusste einfach nicht wie sie grade empfinden sollte.

Dolette stand schließlich auf und sprach leise zu der jungen Menschenfrau.

"Wir sollte uns beeilen und schauen, dass wir noch mehr überlebende finden!" In dem Moment drangen Kampfgeräusche an die Ohren der beiden Frauen und erschrocken rissen sie ihre Leiber in die Höhe. Es war nichts zu sehen, aber auch ihre Soldaten waren nicht mehr auszumachen.

"Weicht nicht von meiner Seite!", befahl die Paladin ernst und hob ihr Schild vom rußbedeckten Boden auf. Die Priesterin reagierte nicht. Brauchte sie auch nicht. Der feste Griff um ihr Handgelenk verdeutlichte, dass Dolette keine Widerrede duldete.

"Versteck dich Mädchen!", befahl die Elfe nun der jungen Frau, die nickend mit dem Hund auf dem Arm zwischen einigen Trümmern verschwand. Die Kampfgeräusche waren mittlerweile verklungen. Kein gutes Zeichen.

Marialle ließ sich weiter von der Anderen ziehen. Dolette bewegte sich zügig und behände, ohne groß Geräusche zu produzieren.

Die blonde Paladin linste um eine Trümmerecke und hielt sich den Zeigefinger ihrer freien Hand auf die vollen Lippen, als sie der Priesterin ernst ins Gesicht schaute. Die junge Frau riskierte ebenfalls einen Blick und sah gut ein Dutzend Körper reglos auf dem Boden liegen.sowohl Menschen als auch Orks. Lediglich ein Mensch, an dem blonden Schopf erkannte sie, dass es sich um Borigan handelte, stand noch aufrecht. Sein großes Zweihandschwert vor sich haltend, schien er auf alles gefasst zu sein. Ihm gegenüber lauerten drei Orks unterschiedlicher größe und Statur. Allesamt leicht bekleidet und ohne Rüstung. Ihre grüne Haut schimmerte durch die Flammen die sie umringten und verächtliche Lächeln zierten ihre wulstigen Lippen.

Dolette ließ das Handgelenk der jungen Priesterin los und umschloss das Heft ihres Schwertes. Die dunklen Augen hielten Marialle für den Bruchteil eines Herzschlages gefangen, ehe sie sich um wandte, ihre Klinge zog, das Schild erhob und mit einem gewaltigen Satz vor die drei Orks sprang.

Marialle brauchte keine Anweisungen. Auf leisen Sohlen eilte sie zu den verletzten Männern und einige Körperlängen von ihr entfernt entbrannte der Kampf zwischen der Kommandantin und den Orks. Dolettes Klinge und Schild parrierten einige mächtige Streiche von Äxten und einem Morgenstern, die unnachgiebig versuchten ihre Verteidigung zu durchbrechen. Erst da schien Borigan sich der Situation gewahr zu werden und eilte an die Seite seiner Herrin.

Die junge Priesterin wandte sich ab und nur noch das Klirren der Metalle drang an ihre Ohren während sie, einer nach dem anderen, ihre Hände auf die Körper legte und ihr heiliges Licht Wunden verschloss. Bei dem letzten ihrer Gefährten sank sie kraftlos zusammen und wurde nun ihrerseits von dem Krieger, den sie zuletzt geheilt hatte, gestützt.

Müde schauten ihre Augen auf und suchten die Paladin die, mit Borigan an der Seite, grade dem letzten Ork einen mächtigen Schildstoß gab. Der grünhäutige Krieger taumelte daraufhin und Borigan nutzte seine Chance. Er ließ sein riesiges Schwert niederfahren und enthauptete den Ork.

Noch ehe die junge Frau sich versichern konnte, dass alle Soldaten ihres Trupps wohlauf waren, eilte die Paladin an ihre Seite und schaute besorgt zu ihr herab. Feine Linien roten Blutes verliefen aus ihrem blonden Haaransatz bis zu ihrem Kinn, doch die dunklen, blauen Augen waren wach und fixiert.

"Seid ihr wohl auf Marialle?", fragte sie atemlos. Marialle nickte entschlossen. Erhob sich, dankte dem Krieger und wandte sich zu den anderen, die teils stöhnend und sich krümmend am Boden lagen.
 

Es war schon spät in der Nacht als sie alle Leichen und Überlebenden geborgen hatten und ihr Lager aufschlugen. Aber immerhin gab es Überlebende und Marialle kam sich so nicht ganz so nutzlos vor. Ihr graute eh vor dem morgigen Tag, wenn sie alle Verstorbenen beerdigt hatten und sie die passenden Worte, für die Hinterbliebenen und die tapferen Soldaten, finden musste. Und so saß sie, Trübsal blasend, am großen Lagerfeuer in der Mitte des Lagers und versuchte grade nicht daran zu denken.

Die junge Frau die sie aus dem Kellerraum befreit hatte machte grade Anstalten sich neben sie zu setzen und die Priesterin nickte ihr freundlich zu.

"Ich wollte euch noch einmal danken, Mylady Lichtsprung. Mein Name ist Nadice, meine Eltern haben ein paar Jahre auf dem Hof eurer Eltern gearbeitet, vielleicht erinnert ihr euch? Als wir klein waren haben wir ab und an miteinander gespielt, wenn ihr daheim wart." Das Bild eines süßen rothaarigen Mädchens tauchte vor dem inneren Auge der Priesterin auf und sie nickte lächelnd.

"Natürlich, Nadice ich erinnere mich gut. Deine Eltern....?" Sie unterbrach sich als sie sah wie sich der Ausdruck der jungen Frau verfinsterte.

"Wir haben gemeinsam hier im Internierungslager gearbeitet, sie sind nicht unter den Überlebenden." Ein feuchter Schimmer legte sich in die grünen Augen der rothaarigen. Marialle legte ihr mitfühlend eine Hand auf den Unterarm.

"Das tut mir sehr leid, Nadice."

"Schon gut sie hatten ein glückliches Leben und...." Ihre Stimme wurde von Tränen erstickt und die Priesterin nahm sie tröstend in die Arme, in denen die junge Frau hemmungslos zu weinen begann.

Marialle spürte derweil einen vertrauten, forschenden Blick auf ihrem Rücken der zu wandern schien und schließlich hörte sie Schritte die an ihr vorbei, vor sie traten und die Hochelfe kniete schließlich vor ihnen nieder.

"Kann ich irgendetwas für euch tun?" Begann sie mit besorgtem Ausdruck auf dem makellosen Gesicht.

"Wenn ich eine übertrieben fürsorgliche Paladose brauche die mich bemuttert sage ich euch schon bescheid, Kommandantin!", zischte sie zurück und Dolette stand sofort wieder auf und schritt eilig auf ihr Zelt zu um Augenblicke später darin zu verschwinden.

Die rothaarige drückte sich sanft aus der Umarmung und sah die Priesterin verwirrt an.

"Nanu, was war das denn?"

Marialle funkelte noch immer auf die Stelle wo die Paladin grade verschwunden war.

"Was denn?", fragte sie bemüht gleichgültig, doch ihr Blick strafte ihre Worte lügen.

"Wieso seid ihr die Kommandantin denn so angegangen? Sie schien doch sehr freundlich und ehrlich besorgt um eure Person. Außerdem hat sie euch in der Hütte das Leben gerettet." Die Augen der Priesterin verengten sich, zu verletzt war sie um die Edelmütigkeit der Paladin grade jetzt einzugestehen. Denn das, war das was sie am wenigsten von ihr wollte, diese verdammte Nächstenliebe, die die Diener des Lichts allesamt teilten.

"Ach sie ist so...argh!" Ihr fehlten die Worte, um dem Ausdruck zu verleihen, was in ihr tobte.

"Es liegt doch in ihrer Natur so vorsintflutlich zu sein! Sie behandelt doch jeden so!", platzte es energisch aus ihr raus.

"Ach das ist euer Problem." Die junge Frau zog frech eine Augenbraue hoch und fuhr dann fort.

"Ich denke absolut nicht, dass sie in euch dasselbe sieht, wie in allen anderen hier. Im Gegenteil ihr fehlt zu euch jegliche Distanz." Marialle sah sie, nicht ganz überzeugt, an.

"Mag sein, aber dafür wahrt sie die Distanz doch ziemlich gut. Ach und sie hat ja eigentlich auch recht damit! Nur dann will ich davon am liebsten nichts mitbekommen!" Die rothaarige nickte verstehend.

"Dann werdet ihr wohl oder übel mit ihr darüber reden müssen, sonst wird sich nichts daran ändern." Nadice schenkte Marialle noch ein aufmunterndes Lächeln.

"So ich werde mich nun aber hinlegen, ich bin mehr als erschöpft."

Marialle stand höflich auf, als die junge Frau es ihr gleichtat.

"Dann danke ich dir für das Gespräch und wünsche dir eine angenehme Nacht."

"Für euch ebenso, Mylady. Lasst den Kopf nicht hängen, es wird sich schon alles fügen." Die Priesterin nickte dankbar und schaute der jungen Frau zu wie sie in eins der Zelte verschwand.

Sie überdachte das Gesagte, sie könnte auch einfach die Tage die noch übrig waren, versuchen zu überstehen und der Paladin aus dem Weg gehen, doch würde sie sich das Verzeihen können? Sie war zwar noch nie zuvor verliebt gewesen, dennoch war sie sich absolut sicher, dass sie die Elfe über alles liebte, darum konnte sie sich einfach nicht vorstellen, es nicht zumindest noch einmal zu versuchen. Und mit dieser Gewissheit begab sie sich dann auch auf ihr Lager und hatte eine traumlose und doch unruhige Nacht vor sich.
 

Am nächsten Tag war alles damit beschäftigt Gräber für die vielen Verstorbenen auszuheben und sie darin zu betten. Als alle Gräber zugeschüttet waren, stand die Sonne schon tief am Horizont und man versammelte sich, um den Toten die letzte Ehre zu erweisen.

Marialle stand vor der versammelten Gruppe Soldaten und Überlebender. Sie war aufgeregt, doch ließ es sich nicht anmerken.

"Wir haben uns heute versammelt um den vielen Opfern zu gedenken, die im Internierungslager, hier in Lordaeron, ihren Tod fanden. Sie alle hatten besseres verdient und ihre Opfer werden wir nie vergessen. Von hier unten blicken wir zu euch hinauf und wünschen euch eine gute Reise bis wir uns irgendwo wieder sehen. Möge das Licht eure Seelen leiten." Ausnahmslos alle senkten den Kopf, viele der Hinterbliebenen fingen an zu weinen.

Sie standen so noch eine ganze Weile, bis sich die Menschen langsam in ihre Zelte oder an die Feuer verteilten. Es wurde zu Ehren der Verstorbenen gefeiert und die Stimmung im Lager war relativ gelöst.

Sie fand Dolette an einem der Feuer, die etwas abseits lagen.

Diese straffte ihre Haltung, als sie die Priesterin an sich heran treten sah.

"Mylady Lichtsprung, das waren bewegende Worte.", sagte sie steif.

"Wenn ihr das sagt, Lady Paladin." Sie musterte die Elfe. Sie war deutlich gezeichnet vom letzten Tag, aber dennoch war sie immer noch eine atemberaubende Erscheinung.

"Darf ich dich etwas fragen?", begann die Menschenfrau und versuchte die intime Schwelle, der Ansprache schnell zu überbrücken.

"Selbstverständlich darfst du." Wurde sie nicht enttäuscht.

"Ich möchte morgen gern dein Versprechen einfordern und dich mit zum Hof meiner Eltern nehmen." Dolette schluckte schwer. Sie machte den Anschein, als hätte sie mit diesem Thema im Leben nicht gerechnet.

"Ja natürlich, versprochen ist versprochen.", sagte sie mit leichtem Missfallen in der Stimme. Da wäre sie wohl lieber drum rum gekommen, aber so einfach würde Marialle es ihr nicht machen.

"Gut ich hatte schon mit Gegenwehr gerechnet." Ein seichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

"Sag, wie geht es dir, alles in Ordnung?" Wieder dieser forschende, alles durchdringende Blick, bevor Dolette antwortete.

"Das sollte ich wohl lieber dich fragen! Ich habe nicht zum ersten Mal Tod und Zerstörung gesehen."

Marialle schaute herab, um sich die aufkommende Trauer nicht anmerken zulassen, als sie zu einer Erwiderung ansetzte:

"Ich wünschte du hättest recht, aber ich war bei der Zerstörung der Festung Sturmwind dabei, glaub mir ich habe schon einiges an Leid und Tod gesehen in meinen jungen Jahren." Auf dem Gesicht der Elfe zeichnete sich Entsetzen ab.

"Beim Licht, verzeih mir! Hätte ich das gewusst...", sprach sie leise und zaghaft. Die Priesterin sah ihr in die klaren, blauen Augen und schmunzelte etwas.

"Nicht doch, wir tragen alle unsere Vergangenheit mit uns. Sie ist ein Teil von uns. Ich denke das weißt du viel besser als ich." Nun war es an der Paladin einmal mehr ihr schönes Lächeln zu offenbaren.

"Nun Lady Paladin, wenn ihr mich morgen zu meinen Eltern begleiten wollt, solltet ihr ausgeruht sein. Also husch, husch, ab ins Körbchen." Marialle zwinkerte ihr verschmitzt zu, wandte sich zu ihrem Zelt und spürte deutlich die Augen der Elfe auf sich ruhen, bevor diese sich zu Borigan begab, um ihm Instruktionen für den Rückmarsch zu geben. Sie würden dann später zu ihnen stoßen. Und so nahm dieser traurige Tag ein versöhnliches Ende.

Auf dem Hof der Lichtsprungs

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Den Weg ebnen

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Den Weg ebnen
 

Eine warme Hand strich sanft ihre Wange auf und ab und zog sie so aus ihren Träumen. Oder war es umgekehrt?

Marialle linste durch ihre halb geöffneten Augen und erblickte das makellose Gesicht der Paladin, umrahmt von wild abstehendem, blond gewelltem Haar. Die junge Priesterin seufzte wohlig, als ihr bewusst wurde wo sie sich befand.

"Guten Morgen, Dole. Wird es etwa schon Zeit?", fragte sie während sie sich wieder eng an die Geliebte schmiegte. Sie vernahm ein wohlklingendes Schmunzeln.

"Du weißt doch was ich übers Schlafen denke und da fallen mir doch viele andere Dinge ein, die man stattdessen tun könnte."

Die Priesterin musste Grinsen als die Bilder des Morgens dabei in ihr hoch stiegen.

"Doch da die Sonne mittlerweile schon hoch am Himmel steht sollten wir vielleicht lieber zurück zu deiner Familie, bevor man uns anfängt zu vermissen." Marialle zog die Elfe in einen innigen Kuss bevor sie ihr antwortete:

"Stimmt schon." Die Menschenfrau schob schmollend die Unterlippe vor und öffnete erst jetzt die Augen. Dolette hatte recht es war schon Mittag und so wollte sie nicht unbedingt von einem Mitglied ihrer Familie vorgefunden werden. Sie schaute in die Augen der Paladin die noch immer satt golden leuchteten und eine Woge unendlichen Glücks stieg in ihr auf.

"Beim Licht! Ich bin in dir.", sagte sie verblüfft und zu gleich liebevoll. Und im Gesicht der Paladin las sie, dass sie in ihren Augen, dasselbe sah.

"Und ich in dir.", kam es daher glücklich lächelnd von der Elfe zurück.

Marialle gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Wange und machte Anstalten sich zu erheben. Doch Dolette hielt sie mit sanfter Gewalt zurück, unvermittelt spürte sie ihre weichen Lippen auf ihren eigenen und sie ließen die Zeit noch einen Moment länger stillstehen, bevor sie sich gemeinsam erhoben, ihre Kleider zusammen suchten und diese anzogen.

Als sie damit fertig waren legte Marialle noch einmal die Arme um den Hals der Elfe und schmiegte ihren Kopf an ihre Schulter. Dolette umschlang zärtlich ihre Taille und so verharrten sie weitere Herzschläge.

"Meinst du eigentlich, dass wir auch mal wieder aufhören, wie Glühwürmer zu leuchten?", fragte sie in die Umarmung.

"Um ehrlich zu sein, ist mir das ganz egal, am liebsten wäre es mir, wir würden damit nie wieder aufhören.", gab sie zwinkernd zu und die Priesterin strahlte.

"Wir fangen mal damit an, uns auf dem Weg zu den Wohnhäusern nicht zu berühren und vielleicht sollten wir auch einfach zu Fuß gehen? Dadurch hätten wir mehr Zeit und naja es sollte eh nicht zur Gewohnheit werden, dass du mich ständig trägst.", lachte Marialle.
 

Als sie beim Haupthaus ankamen, hatte das Leuchten tatsächlich soweit abgenommen, dass nur noch ihre Augen sanft in ihren Farben schimmerten und davon zeugten, was am Morgen zwischen ihnen geschehen war.

Ihr Vater saß auf der Veranda im Schatten eines Baumes und schnitzte etwas für die Kleinen, die ihm ungewohnt schweigsam zusahen. Als sie allerdings Dolette und Marialle entdeckten kamen sie auf die beiden zugerannt.

"Dolette, Tante Mari! Verbringt ihr heute den Rest des Tages mit uns? Bitte!"

"Jaaa bitte!", bat Leah ebenfalls. Sie und ihre Schwester legten ihren besten Hundebabyblick auf. Die Priesterin und Paladin nahmen je eins der Mädchen auf die Arme und sahen sich dann gegenseitig prüfend an.

Dolette zuckte lächelnd die Schultern.

"Wir werden unsere Truppe schon rechtzeitig einholen, auch wenn wir erst morgen aufbrechen.", erklärte sie den beiden lächelnd, die so gleich wieder in aufgeregte Schwärmereien verfielen.

"Das wäre so toll! Erzählt uns eine Geschichte!", freute sich Larah.

"Und erzählt uns wie dieser Zauber funktioniert hat, gestern Abend beim Tanzen.", forderte Leah die beiden auf.

Marialle konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, ihre beiden Nichten waren einfach zu niedlich, wie sie so interessiert und neugierig versuchten die beiden Frauen auszuquetschen. Dolette legte ihren Handrücken auf ihre Stirn wobei sie gespielt drohte die kleine Leah fallen zu lassen.

"Ohh, Kinder es ist gar kein Zauber! Es passiert einfach so, wir haben gar keinen Einfluss darauf und wissen nicht warum das passiert. Seht nur!", sprach sie theatralisch und hielt Marialle ihre Hand hin. Sie griff lächelnd zu und das Licht begann augenblicklich zu erstrahlen. Das Leuchten schien stärker geworden zu sein, so blendete es jetzt am Tage fast, wo es bisher abends noch immer, nur angenehm schimmerte. Die Mädchen stießen Laute des Staunens aus und konnten ihre Augen nicht von dem Lichtspiel nehmen.

"Ist das denn nur an den Händen?" fragte Larah mit großen, runden Augen.

Die Paladin senkte andächtig ihren Kopf, sodass nur die Zwillinge sie hören konnten.

"Überall!" Und sie lachte in das Gemurmel der beiden hinein. Dann gab sie Marialle einen kleinen Kuss auf die Wange. Als Beweis. Worauf die beiden anfingen wilde Theorien auszutauschen. Und schließlich kam ein interessanter Gedanke von der kleinen Leah, der die beiden Frauen dazu brachte sich verwundert und grübelnd anzusehen.

"Vielleicht sind ja ihre Lebensflüsse auf merkwürdige Weise miteinander verwoben?", überlegte sie laut.

"Willst du etwa Schamane, oder Druide werden wenn du groß bist?", fragte Larah neckend, worauf sie als Antwort nur eine rausgestreckte Zunge bekam. Innerlich schmunzelte Marialle, als wäre es den kleinen Menschenkindern überhaupt möglich.

"Mädchen, jetzt lasst die beiden doch wenigstens erstmal ankommen und etwas zu sich nehmen!", rief der Alte den Vieren zu.

Als die Mädchen von ihren Armen gerutscht waren liefen sie an dem Haupthaus vorbei und waren verschwunden. Marialle und Dolette tauschten einen Blick aus und die junge Frau konnte in den Augen der Elfe sehen, dass sie dasselbe dachte wie sie selbst. Sie würde nach einer Antwort suchen wollen, was das ist das sie so einzigartig miteinander verband. Sie bedankte sich, mit einem Kuss auf die Stirn, bei ihrem Vater und ging dann gemeinsam mit Dolette in die Küche, in der ihre Mutter mit Meredith und Katrice tätig war.

"Da seid ihr ja, Mädchen! Ihr habt sicher Hunger mitgebracht, Katrice hol ihnen doch bitte einen Laib Brot und eine der frisch geräucherten Würste." Wurden sie von Magereth begrüßt und Marialle registrierte, amüsiert das kurzzeitig, irritierte Gesicht der Paladin, die sicher schon ewig nicht mehr so genannt wurde.

"Gerne, wartet kurz ich bin gleich wieder zurück.", sprach die Angesprochene lächelnd.

"Meridith, reichst du mir zwei Teller und Becher? Die Milch findest du sicher noch selbst, Mari." Sie nickte und wandte sich zu dem Kühlraum, der von der Küche abging und einige Stufen hinunter führte.

"Setz dich!", hörte sie noch ihre Mutter sagen und als sie mit der Flasche Milch in der Hand wieder hochstieg, sah sie Dolette an dem relativ kleinen Küchentisch sitzen, das Geschirr vor sich verteilend. Marialle lächelte sanft als sie sich dazu setzte.

"Magereth ist wirklich die Herrin in der Küche, oder?", fragte sie nun als sie das Geschehen in der Küche beobachteten, während sie aßen.

Marialle ließ das Treiben in der großen Küche noch eine Weile auf sich wirken, bevor sie antwortete:

"Ja natürlich, sonst würde es auf dem Hof nicht tagtäglich seinen Gang gehen. Dasselbe gilt natürlich für meinen Vater, der aber an Gustav mittlerweile die meiste Verantwortung übertragen hat.", erklärte Marialle verträumt.

"Zum Glück!", erklang die Stimme ihrer Mutter.

"Sein Genörgel hat seit dem, auf ein erträgliches Maß abgenommen. Alle hier sind überaus dankbar." Die drei Frauen lachte laut und Marialle und Dolette stimmten mit ein.

"Reist ihr eigentlich noch heute ab oder bleibt ihr noch etwas?", fragte nun Charlotte die grade die Küche betrat.

"Wir werden morgen Früh abreisen, so wie es aussieht."

"Wie schön Mari, dann freut euch. Mutter kocht grade einen herrlichen Steckrübeneintopf, den musst du probieren, Dolette.", sagte sie lächelnd an die Paladin gewandt.

"Das werde ich mir nicht entgehen lassen, meine Damen!", gab sie gespielt höflich zurück und wieder lachten die Frauen heiter. Marialle spürt wie ihre Mutter ihr auf die Schulter tippte und ihr bedeutet ihr in den Flur zu folgen. Sie tat wie ihr geheißen.

"Du siehst glücklich aus, mein Kind." Prüfend sah sie ihre Jüngste an und ein Lächeln huschte ihr bei diesen Worten über die Lippen.

"Das bin ich Mutter, ich muss dir wirklich danken, und laut Dolette war Vater auch nicht ganz unbeteiligt, am glücklichen Ende dieser Geschichte." Sie spürte die sanfte Berührung der Hand von Magereth auf ihrer Wange.

"Das ist kein Ende, meine Tochter, das ist ein Anfang." Marialle spürt einen dicken Kloß in ihrem Hals aufsteigen und so nahm sie ihre Mutter nur nickend in die Arme. Wie recht die betagte Frau doch hatte.
 

Die beiden verbrachten, wie versprochen den Nachmittag mit den Zwillingen und Dolette erzählte einige ihrer aufregendsten Geschichten. Später saßen sie dann wieder im Kreise der gesamten Familie an der riesigen Tafel und genossen den Eintopf. Nachdem sie alle geendet hatten ließ Gustav der Ältere sich vernehmen:

"Sagt mir ihr zwei, werdet ihr denn nach dieser Mission weiter zusammen reisen? Oder beim Turm oder in Sturmwind bleiben?" Sie sahen sich an, darüber hatten sie noch nicht geredet, geschweige denn nur darüber nachgedacht. Dolette übernahm die Antwort:

"Nun, gewiss können wir das noch nicht sagen. Wenn wir den Turm erreicht haben, werde ich Meister Yskopaiah bitten Marialle in meine Dienste zu stellen und dann würde ich für meinen Teil am liebsten mit ihr durch Azeroth ziehen und im Sinne des heiligen Lichts handeln, wo uns der Wind grade hintreibt." Sie sah Marialle bei den letzten Worten prüfend an, doch diese nickte nur jedes mal zustimmend.

"Das klingt wunderbar, Dolette. Wir hoffen alle, dass es klappt, aber würdet ihr einem alten Mann einen Gefallen tun bevor ihr euch auf, in die Weiten Azeroths begebt?" Dolette war wieder schneller als Marialle und entschlossen erwiderte sie.

"Jeden, Gustav!"

"Welchen denn Vater?", mischte sich nun auch Marialle ein.

"Kommt uns noch einmal besuchen bevor ihr auf eure Reise geht, holt euch meinen Segen ab."

Er zwinkerte kaum merklich, aber Dolette und Marialle verstanden und erröteten beide leicht.

"Das wäre uns ein Vergnügen!", gab Dolette lächelnd zurück. Sie sah glücklich zu ihrer Liebsten die sich so gut mit ihrer Familie verstand und sie hoffte inständig, dass Yskopaiah ihr gestatten würde, sich Dolette anzuschließen.

Später am Abend tanzten sie noch ein paar Lieder lang, bis es Zeit wurde, heute etwas zeitiger zu Bett zugehen. Auch Dolette und Marialle wollten das heute Abend tun, denn sie wollten morgen in der Frühe die Lichtsprungländereien verlassen. Und so verteilte sich die Familie unter vielen Gute Nacht-Wünschen auf ihre jeweiligen Zimmer.
 

Marialle begleitete die Hochelfe auf das Gästezimmer, da sie in dem Haus alleine sein würden.

Gemeinsam standen sie am Fenster und sahen hoch zum Mond.

"Meinst du, dass Meister Yskopaiah mich ziehen lässt?", durchbrach die junge Priesterin schließlich die stille.

"Natürlich, mein Ruf ist hervorragend und seine beste Schülerin sollte so viel praktische Erfahrungen wie möglich sammeln und das würdest du an meiner Seite am Besten." Dolette grinste überzeugt und ließ eigentlich keinen Widerspruch zu dennoch ließ die Priesterin verlauten:

"Und wenn er nein sagt, dann begleite ich dich einfach trotzdem, schließlich bin ich ja jetzt ausgelernt."

Dies ließ die Paladin verständnisvoll lächeln.

"Es bedeutet mir unendlich viel, dass du das sagst, Mari. Jedoch bedenke, dass wir beide derselben Sache dienen und wir müssten uns schon beide von unserem Glauben lossagen wenn dem tatsächlich so kommen würde. Natürlich würde auch ich keinen Herzschlag zögern, aber dazu kommt auch noch, dass du deine glänzende Zukunft, die du im Dienste der Kirche des heiligen Lichts mit Sicherheit hättest, einfach so in den Wind schießen würdest und das würde ich nur ungern zulassen.", gab Dolette zu bedenken und lächelte verträumt. Anscheinend stellte sie sich grade eine gereifte Version ihrer Geliebten vor, erhaben und Oberhaupt des Turms. Diese kam der Träumerin jetzt ganz nah und legte ihr sanft, den Hauch eines Kusses auf die Lippen.

"Erwischt! Ich bin noch so jung und knackig und du träumst von Marialle der Oma!" Keck grinsend registrierte die Priesterin die Röte die der Elfe ins Gesicht geschossen war.

"Oma? Sowas! Quatsch, also ich hab nur grade daran denken müssen wie du, mir irgendwann Befehle erteilst, wenn du Meisterin, Hohepriesterin und Herrscherin über den Ausbildungsturm der Kirche des heiligen Lichts bist.", plapperte sie drauf los und verneigte ihr Haupt mit geschlossenen Augen. Ihr Blick zeichnete Aufrichtigkeit ab, als sie ihn wieder anhob. Jetzt erschien eine leichte rosa Verfärbung im Gesicht der Menschenfrau und verriet wie gerührt und geschmeichelt sie war.

"So oder so, ich werde nicht von deiner Seite weichen komme was da wolle!"

Sie ließen den Abend noch in trauter Zweisamkeit ausklingen, bevor sie zeitig, zum ersten Mal, gemeinsam im selben Bett, einschliefen.
 

Süßer Atem strich sanft über ihr Gesicht und die zarte Berührung einer Hand, an ihrer Wange riss sie aus einem wundervollen Traum. Einem von ihr und ihrer Geliebten, deren schöne Augen, sie nun durch den Spalt ihrer eigenen erblickte.

"Guten Morgen, Dole. Wird es etwa schon Zeit?" Die Angesprochene lächelte sanft.

"Du wirst dich wohl daran gewöhnen müssen, dass es nach jeder gemeinsamen Nacht mit mir, morgens immer schon Zeit wird." Sie zwinkerte. Vor Marialles Augen erwachten die Bilder der vergangenen Nacht zum Leben und sie nahm die anzügliche Anspielung mit einem breiten Grinsen hin.

"Und du verbringst die restliche Zeit der Nächte immer damit mich anzustarren, oder sehe ich das falsch?" Die Paladin fühlte sich sichtlich ertappt und zog eine Augenbraue hoch als sie ihr eine Erwiderung schildern wollte. Doch Marialle fuhr ihr frech über den Mund und fügte hinzu:

"Ich weiß, ich weiß schlafen können wir wenn wir Tod sind, aber der Körper ruft nunmal nach Regeneration, Liebste. Ich kann doch nichts dafür, dass ich nur ein schwaches Menschenweib bin.", sprach sie mit gespielter Entrüstung.

Dolette brach in Gelächter aus und sagte, nach dem sie endlich wieder Luft in ihre Lungen ziehen konnte:

"Bis echt'n krasses Weibchen, maaan!" Marialle prustete nur so los.

"Beim Licht, helft mir eine Trollin ist in mein Gemach eingebrochen!"
 

Als sie sich schließlich gewaschen und angekleidet hatten, begaben sich die beiden ins Haupthaus in dem schon reges Treiben herrschte. Die Frauen deckten den Frühstückstisch und die Gatten schickten sich an die Kinder zu wecken, damit sie alle noch zusammen frühstücken konnten. Sie aßen und lachten zusammen an dem großen Tisch und der Abschied rückte immer näher.

Die gesamte Familie Lichtsprung versammelte sich auf dem Vorhof und es folgten unzählige Umarmungen und Küsse.

Als die beiden schon auf ihren Pferden saßen ließ sich das Familienoberhaupt noch ein mal vernehmen:

"Kommt gut beim Turm an und vergesst mir nicht das Versprechen, das ihr mir gegeben habt!", sagte er ernst, aber mit einem Grinsen im Gesicht. Sie blickten noch in die versammelten Gesichter, bevor sie Gustav dem Älteren zu nickten und dann ihre Stuten in Gang setzten. Die beiden Zwillinge liefen noch eine Weile neben ihnen her und winkten wild.

"Das nächste mal wenn ihr wieder da seid erzählt ihr uns noch mehr Geschichten, ja?" Dolette lächelte sanft zu ihnen herab.

"Natürlich Mädchen. Auf bald!"

Und so ließen sie die schöne Zeit hinter sich und ritten ihrem Trupp hinterher, den sie zwei Tage später einholen würden, um schließlich heil und vollzählig beim Turm anzukommen.
 

Als sie wenig später die Tore des Geländes erreichten, wurden sie schon von einigen Klerikern in Empfang genommen.

"Lady Marialle, schön euch wohlauf begrüßen zu können!", erklang die sanfte Stimme eines braunhaarigen gestanden Mannes in einer weißen, hübsch verzierten Robe.

"Danke Meister Hestian. Ist hier alles beim Alten geblieben während meiner Abwesenheit?", fragte sie den Mann.

"Aber ja, der Hohepriester bat mich euch und Lady Glutklinge unverzüglich zu ihm zu geleiten, sobald ihr hier eintrefft, er wünscht einen ausführlichen Bericht."

"Selbstverständlich, Mylord." Sie übergaben ihre Pferde dem Stallmeister und schritten hinter Hestian her bis zum Arbeitszimmer des Herrn des Turmes. Hier hatte sich rein gar nichts verändert und Marialle wurde bewusst wie kurz sie doch eigentlich nur abwesend waren. Angesichts der lebensverändernden Ereignisse, kam es ihr viel länger vor.

Der Hohepriester saß an seinem Schreibtisch und sah die beiden erfreut an, als sie das Zimmer betraten.

"Marialle mein Kind, schön dich wohl auf zusehen. Seid willkommen in meinem Turm, Lady Glutklinge. Ich würde mich freuen wenn ihr und eure Männer bleibt, bis ihr euch ausgeruht und eure Kräfte wieder aufgefüllt habt.", ließ er freundlich verlauten.

"Danke, Meister Yskopaiah. Das Angebot nehmen wir gern wahr." Der Alte machte eine ausladende Handbewegung in die Richtung Hestians, worauf dieser eilig verschwand.

"Marialle, du möchtest vielleicht erstmal in deine Gemächer? Lady Glutklinge kann mir von eurer Mission berichten." Sie nickte ihm ergeben zu und wandte sich zum Gehen.

"Selbstverständlich Meister, wünscht ihr mich danach noch einmal zu sehen?" Er sah sie sanft lächelnd an.

"Wir sehen uns heute Abend beim Essen, mein Kind. Ruh dich von der langen Reise etwas aus." Und so verließ sie das Arbeitszimmer ihres Mentors und machte sich auf in ihr Gemach. Dort angekommen ließ sie sich auf ihr Bett fallen, atmete den vertrauten Geruch ein, der hier vorherrschte und versank tatsächlich direkt in einen traumlosen, erholsamen Schlaf.
 

Die Sonne schien in prächtigen orangen und roten Tönen in ihr Zimmer und sagte ihr, dass sie kurz davor war das Abendessen zu verpassen, wenn sie sich jetzt nicht sputete. Also eilte sie los und als Marialle den großen Speisesaal betrat war dieser schon voller Menschen die aßen und tranken und sich dabei angeregt unterhielten.

Dolettes Männer hatten sich munter unter die Priester und Kleriker gemischt und fühlten sich offenbar pudelwohl. Yskopaiah machte eine Geste mit der Hand, als er sie entdeckte, sich zu ihm zu setzen. Zu seiner linken saß Hestian, der Kommandant der Kleriker, der Platz zu seiner rechten war frei. Ihm gegenüber saß Dolette, flankiert von Borigan und einer ihrer Priesterinnenschwestern mit der sie sich angeregt zu unterhalten schien.

Marialle fühlte die Winzigkeit eines Stiches in ihrem Herzen, ging aber unbeirrt auf den für sie bestimmten Platz.

"Hast du dich erholen können, mein Kind?", fragte der Alte und noch immer lag diese väterliche Sänfte in seinen Augen.

"Ja danke, Meister. Um ehrlich zu sein bin ich direkt eingeschlafen, als ich in meinen Gemächern war." Er lachte milde und betrachtete ihr Gesicht.

"Nachvollziehbar. Du hast dich verändert, Marialle. Ich hoffe ich habe dich nicht zu früh auf diese Mission geschickt." Sie lächelte sanft und es brauchte einen Herzschlag bis sie adäquat antworten konnte.

"Es war nicht zu früh, Meister. Aber wenn mich so eine Mission nicht verändern würde, hätte ich wohl meine Berufung verfehlt." Ein ehrliches und stolzes Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus bevor er sprach:

"Hört euch die weisen Worte dieser so jungen Priesterin an!", erklang seine Stimme jetzt laut, so dass sich die Aufmerksamkeit aller auf ihn richtete.

"Unsere Marialle hat ihre Aufgabe zu unser aller Zufriedenheit, wie erwartet erfüllt. Darauf möchte ich mit euch allen anstoßen!" Und alle erhoben ihre Krüge und Gläser, nur Dolette hielt die junge Priesterin mit einem wissenden Grinsen in ihrem Blick gefangen und so lief sie hoch rot an, als man auf sie anstieß.

"Nun iss, Kind! Du musst doch kurz vor dem Hungertod stehen!" Und sie tat wie ihr geheißen.

Als sich die meisten satt gegessen hatten und einige schon den Saal verließen, sprach Yskopaiah seine Schülerin wieder an:

"Wie du weißt, hat Lady Glutklinge mir Bericht erstattet, Marialle." Sein Ton war jetzt ernst und ein Hauch Missfallen lag in seiner Stimme, dennoch lächelte er aufrichtig.

"Und ich will dir noch einmal direkt sagen, wie stolz ich auf dich bin und dass ich es gern sehen würde wenn du hier im Turm bleibst und irgendwann meinen Platz einnehmen würdest." Fuhr er ungehindert fort.

"Das ist zu viel der Ehre, Meister.", sagte sie und senkte demütig den Kopf. Er legte ermutigend eine Hand auf ihre Schulter und bedeutete ihr so, wieder zu ihm aufzusehen.

"Nun, als Lady Glutklinge ihren Bericht zu Ende vorgetragen hatte, unterbreitete sie mir eine Bitte. Sie würde dich gerne mit sich nehmen und die Botschaft des Lichts in allen Winkeln Azeroths zu verkünden und Gutes zu tun. Das ist dir sicherlich nicht neu." Sie sah ihn gespannt an und nickte ihm als Antwort.

"Das habe ich mir gedacht. Ich habe ihr unter folgenden Bedingungen zugesagt, sofern das denn auch dein Wunsch ist." Ihr Blick wurde immer erwartungsvoller als sie zu ihm sprach:

"Ja Meister, das ist es absolut." Er nickte verstehend und brachte seine Ausführungen auf den Punkt:

"Ich wünsche, dass du jedes Jahr für zumindest drei Monate hier bist, um zu unterrichten. Eine so talentierte Priesterin wie du, muss ihr wissen an die nachfolgenden Generationen weiter geben. Außerdem, sollst du für eine Schülerin, Mentorin werden und die letzte Bedingung ist, dass du meinen Platz einnimmst sollte es an der Zeit sein." Marialle ließ das Gesagte auf sich wirken und schaute der Paladin ins Gesicht, die immer noch dieses wissende Lächeln auf den Lippen trug. Marialle strahlte zurück.

"Anders würde ich es mir nie wünschen, Meister Yskopaiah!" Er lachte erfreut ob der überschwänglichen Antwort.

"Dann ist es abgemacht! Meinen Glückwunsch, zu meiner fähigsten Priesterin, Lady Glutklinge. Ihr werdet euch sicher ausgesprochen gut ergänzen." Die Elfe erhob sich und hielt dem Hohepriester die Hand hin. Er ergriff und schüttelte sie, noch immer lachend.

"Danke Meister Yskopaiah, das ist gewiss!" Damit begannen die gemeinsamen Reisen von Dolette und Marialle.

Die Gefährten versammeln

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Die Gefährten versammeln
 

"Kommt bald wieder Herrin! Ich werde euch so vermissen.", erklang die pipsige Stimme ihrer jungen Schülerin. Die reinen, grünen Augen schauten flehentlich hinauf zu ihrer Meisterin und Marialle glaubte sogar ein paar Tränen darin aufsteigen zu sehen.

"Auf bald Therez, sei artig und mach mir alle Ehre." Sie zwinkerte ihr aufmunternd zu und strich ihr übers Haar, bevor sie sich auf ihr Pferd schwang, um los zu galoppieren.

Die drei Monate waren grade zu Ende gegangen und obwohl sie sich immer zwischenzeitlich treffen konnten, vermisste sie ihre Hochelfe sehnsüchtig und so trieb sie ihr Pferd weiter an, bis sie die Stute von Dolette auf einer Lichtung entdeckte und wenige Schritte weiter die Umrisse der Paladin, die sich wage im Wasser eines Sees abzeichneten.

Sie stieg ab und kniete sich an den Rand des Sees.

"Beim Licht, meine Geliebte ist keine Trollin, sondern ein Murlock!" Sie lachte bei ihren eigenen Worten und betrachtete die schöne nackte Elfe, wie sie sich leicht erschrocken umdrehte und etwas Wasser zu ihr spritzte.

"Komm rein und stell dich, freche Priesterin!" Sie machte Anstalten zum Rand zu schwimmen um die junge Menschenfrau ins Wasser zu ziehen, aber diese hatte das kommen sehen und sich ein paar Schritte rückwärts bewegt.

"Ah ah ah, meinst du ich bin nicht in der Lage mich zu waschen bevor ich auf eine Reise gehen? Außerdem kann ich dich so viel besser betrachten, Dole." Sie lachten beide gut gelaunt. Dolette stieg aus dem See und ließ sich einige Augenblicke von der Sonne trocknen. Sie hatte sich kein bisschen verändert, dachte Marialle, als sie die Paladin beobachtete, während sie sich anzog. Der wohlgeformte, durchtrainierte Körper. Das goldblonde, gewellte Haar das ihre Gesichtszüge noch immer verspielt und jugendlich aussehen ließ. Und schließlich die dunklen, blauen Augen in denen seit einer Weile dauerhaft ein goldener Schimmer lag, der von ihrer Verbindung zu Marialle zeugte.

Die Priesterin selbst trennte sich von einem Großteil ihrer hellbraunen Haarpracht und so zierte ein kecker Bob ihren Schopf, der hinten deutlich kürzer als vorne war. Und auch in ihren Augen verschwand der silberne Glanz, als Beweis ihrer einzigartigen Beziehung nun nicht mehr.

Seitdem sie die Zustimmung des Hohepriesters bekommen hatten, war jetzt eine ganze Weile vergangen. Anfangs waren sie noch etwas im Turm geblieben. Sie wollten es langsam angehen lassen und sich einen Trupp zusammenstellen der sie auf ihren Reisen begleiten sollte, der aus Wesen bestand, denen sie voll und ganz vertrauten. Einer der Kleriker, William. Ein junger blonder Mann, einige Winter älter als Marialle, wollte unbedingt mitkommen und Yskopaiah sandt ihn gern mit, er würde sicher viel von Dolette lernen können. Der junge Kleriker war still, aber freundlich. Schien immer ziemlich in sich gekehrt, doch bekam er viel mehr mit als man dachte.

Die junge Priesterin, die an dem Abend, als Yskopaiah Marialle ihre Reise erlaubte, neben Dolette saß, wollte auch unbedingt mit, was Marialle nicht ganz so gut gefiel. Ihr Name war Maxime sie hatte lange dunkelbraune Haare und Augen, sie war recht talentiert, also sagten sie nicht nein, obwohl ihr irgendetwas verschlagenes anheim war. Marialle vermochte ihre Bedenken jedoch nicht zu äußern, zu groß war die Angst ihr Gefühle für die Paladin würden sie beeinflussen. Sie fand die Dunkelhaarige viel zu ernst für ihr Alter. Ein Lachen hatte sie auf den vollen, dunklen Lippen wohl während ihrer gesamten Ausbildung nie gesehen.

Borigan und Gernodt wollten weiter bei ihrer Herrin bleiben und ihr dienen. Dolette erklärte, dass es von Vorteil wäre zwei solche Raufbolde als Anwärter auf den stellvertretenden Posten dabei zu haben. Sie würden sich bis ins Unermessliche anstacheln, um dem anderen immer einen Schritt voraus zu sein.

Sie reisten zu aller erst nach Sturmwind. Es war naheliegend sich dort nach geeigneten Kandidaten umzusehen.

Marialle traf in einer Schenke eine junge Magierin, Odessa, kaum älter als sie selbst. Dieser verhalf sie aus einer kleinen Misslage, mit dem angesenkten Bart eines Zwerges. Aus Dankbarkeit erklärte sie, sie wolle Marialle folgen und ließ sich nicht davon abhalten. Odessa wuchs Marialle schnell ans Herz. Ihr offenes und freundliches Gemüt war ein angenehmer Ausgleich zu ihren sonst eher in sich gekehrten Kameraden.

Sie wollten es nicht erzwingen, darum gaben sie sich erst einmal mit diesen Fünfen zufrieden und zogen weiter, ihrer alten Mission folgend, zu den Internierungslagern, um diese zu verteidigen wenn es nötig war.

Gleich das erste, war schon komplett niedergebrannt und sie fanden keine Überlebenden, dafür eine ungewöhnliche Gruppe Plünderer die in den Trümmern versuchten sich das ein oder andere Stück anzueignen.

Sie kampierten gemeinsam mit ihnen und ließen sich schießlich, tatsächlich von Dolette und Marialle überreden, edleren Werten zu folgen. Die Aussicht auf drei Monate Urlaub, zwischen den Wintern und ein anständiger Lohn taten ihr übriges, zumindest bei dem menschlichen Schurken und dem Zwergenjäger. Was aber den alten Menschenmagier veranlasste sich mit diesen beiden abzugeben, geschweige denn sich nun auch noch ihnen anzuschließen, war Marialle schleierhaft, aber es funktionierte. Genauso wenig verstand sie warum sich Dolette überhaupt um so zwielichtige Zeitgenossen bemühte, aber ihr bedingungsloses Vertrauen in die Kommandantin wischte jegliche Zweifel sofort bei Seite.

Malek Schattenschreiter war ein wirklicher Meister seiner Zunft. Einzig sein aschblondes Haar hob sich von seiner ansonsten schwarzen Kleidung ab, mit der er mühelos vermochte annähernd unsichtbar zu werden. Ein Schurke wie er im Buche stand. In seiner ganzen Art und Haltung spiegelte sich das wieder. Er war verschlagen und missmutig. Manchmal bemerkte man gar nicht, dass er neben einem stand, bis eine spitze Bemerkung seine schmalen Lippen verließ. Seine gebeugte Art zu gehen verstärkte den Eindruck, den man zwangsläufig von ihm haben musste, noch enorm. Einzig bei einem starken Bier zusammen mit dem Zwerg Bertak taute er plötzlich auf. War gut gelaunt und fröhlich. Kein Wunder. Die Stimmung des Zwerges steckte an und der Rest der Gefährten musste nicht betrunken sein um ein ums andere mal über den kleinen Mann zu schmunzeln. Er pflegte immer seinen roten Bart zu streicheln während er über irgendetwas nachdachte und sah dabei fast intelligent aus. Wenn er dann schließlich seinen Mund öffnete und eine Weisheit seines Volkes zum Besten gab, die so überhaupt nicht in die Situation passte, waren ihm einige Lacher gewiss. Dennoch war er ein begnadeter Schütze. Sein treuer Begleiter Bumer, ein Braunbär, war stets an seiner Seite, vornehmlich wurde er dabei von seinem Herren gestreichelt.

Und dann war da noch Orphan Dunkelschimmer. Seines Zeichens Magier. Er hatte helle Augen, die völlig seinem restlichen dunklen Äußeren widersprachen. Seine Haare waren dunkelbraun, fast schwarz und sein Gesicht zeichneten einige Narben die es sehr abstrakt wirken ließ. Er trug eine reich verzierte violette Robe, die ihn imposant und erfurchtgebietend wirken ließ. Eigenschaften die zweifelsohne seine Person ausmachten. Er war absolut schweigsam und wenn er dann mal sprach war es höflich und sachlich. Marialle bezweifelte, dass sie jemals gänzlich hinter seine Fassade würde blicken können.
 

Die folgenden Monate streiften sie durch die Königreiche der Menschen und retteten viele Leben. Bis sie schließlich nach Sturmwind zurückkehrten und sich ihren verdienten Urlaub nahmen. Marialle fand, in einem wie ihr schien, schicksalhaften Moment, die kleine Therez und nahm sie mit zum Turm wo sie von da an ihre Mentorin sein würde. Mitten auf dem Marktplatz vor der Kathedrale beobachtete sie das aufgeweckte Mädchen grade dabei wie sie versuchte einen alten Mann zu bestehlen. Etwas an ihr sagte der jungen Priesterin, dass dieses Mädchen genau das war was sie suchte.
 

Beinahe anderthalb Jahre war Marialle nun eine ausgelernte Priesterin und die drei Monate im Turm vergingen zäh, wenn sie auch für sich schön waren.

"Wenn du dich noch langsamer anziehst, zieh ich dich gleich wieder aus, Dole." Die Angesprochene grinste frech.

"So schlimm würde ich das gar nicht finden!", erwiderte sie und auch die Priesterin konnte ein wissendes Grinsen nicht verbergen.

Sie trat an die Paladin heran und zog ihr das Hemd, welches sie sich grade übergeworfen hatte, wieder aus.

"Den Augenblick haben wir doch sicher noch, oder?", fragte sie und legte ihre Lippen auf die der Elfe.

"Dafür haben wir immer einen Augenblick, Mari."
 

In Sturmwind angekommen schlenderten sie ruhig durch die Straßen der Stadt. Diese gewaltige, durch Menschenhand geschaffene, Stadt schüchterte Marialle noch immer ein. Mit ihren tiefen Häuserschluchten und den endlos scheinenden Gassen. Schließlich erreichten sie das Gasthaus in dem ihre Gefährten auf sie warteten.

"Myladys, schön dass ihr auch schon zu uns stoßt.", vernahm sie die höhnische Stimme des Schurken.

"Nachts ist's dunkler als draußen, Malek! Sie sind doch jetzt da. Trink lieber mal ein Bier!", wurden die beiden Frauen von Bertak in Schutz genommen. Marialle sah in die Gesichter ihrer Begleiter und war zufrieden. Sie kamen wirklich ausgezeichnet miteinander aus, nur die kleinen Seitenhiebe, die jeder hin und wieder von Malek einstecken musste und das beständige Schweigen des Magiers Orphan, hätten auf die Stimmung schlagen können. Aber unter Umständen war der Schurke auch einfach mal nett und unter Umständen hat der Alte auch mal geredet.

"Danke Bertak. Also erst einmal seid euch meines Dankes sicher, dass ihr pünktlich und komplett nach eurem Urlaub hier erschienen seid. Der Form halber an dieser Stelle die Frage ob jemand nicht mehr unter meinem Kommando dienen möchte?" Die Gefährten schwiegen allesamt, was der Paladin und der Priesterin ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen legte.

"Schön! Borigan, füll unsere Materialien wieder auf und du William unser Vorräte. Gernodt, nimm Maxime und Odessa mit und kümmer dich um die Pferde, ihre Hufe sollten vor unserem Aufbruch neu beschlagen sein. Bertak, schaust du dir noch einmal unsere Rüstungen und Waffen an? Wir treffen uns wenn die Sonne mittig steht, vor den Nordtoren der Stadt." Dolette verteilte an die angesprochenen etwas Gold und diese nickten ihr zu. Sie erhob ihren Krug und die neun anderen taten es ihr gleich.
 

Als die sechs sich aus der Gaststube verabschiedeten, um ihre Aufträge zu erledigen, erhob die Elfe das Wort an den Schurken.

"Malek, für dich habe ich einen Sonderauftrag. Schleich dich in die Burg, irgendwas liegt im Argen und weder Fordring noch Varian wollten mir sagen was vor sich geht, wir müssen wissen was im Königreich nicht stimmt." Auf dem Gesicht des schmächtigen Mannes bildete sich ein verschlagenes Lächeln. Das war ein Auftrag, ganz nach seinem Geschmack.

"Sofort Herrin, ich sehe zu, dass ich rechtzeitig vor den Toren der Stadt bin, wenn wir aufbrechen." Sie nickte ihm zufrieden zu.

"Gut, mein Freund. Lass dich nicht erwischen."

"Wenn ich mich beleidigen lassen will, gebe ich euch bescheid, Spitzohr." Murrend verschwand er in den Schatten. Es amüsierte Marialle, dass der Schurke, Sorge um sein Wohl als Beleidigung auffasste.

"Gut. Orphan, Marialle und ich möchten dir etwas zeigen, würdest du uns bitte begleiten?" Der Mann war mit Abstand der älteste der Gruppe, ausgenommen Dolette natürlich, aber davon abgesehen war er noch immer eine beeindruckende Erscheinung. Er nickte stumm und erhaben und so schritt er hinter den beiden Frauen hinterher.

Sie führten ihn auf eines der Zimmer, des Gasthauses, das sie für eine Stunde gemietet hatten, sollte die Barfrau doch denken was sie will.

"Du bist hier weil wir dir vertrauen Orphan, wir hoffen, dass du eine Idee hast was es hier mit..." sie zog ihren Handschuh aus und reichte Marialle ihre Hand, die diese augenblicklich ergriff. Sofort begannen ihre Hände hell in silber und gold zu leuchten und der Magier musste sich etwas abwenden.

"...auf sich hat." Als sie einander wieder los ließen, konnte man tatsächlich einen leicht erstaunten Ausdruck auf seinem Gesicht erkennen und es dauerte viele Herzschläge, bis seine klare, dunkle Stimme erklang. Er räusperte sich merklich.

"Könnt ihr mir noch mehr dazu sagen? Wie lange besteht dieses Leuchten schon? Ist es nur an den Händen? Hat es sich im Laufe der Zeit irgendwie verstärkt oder verändert?" Die beiden Frauen sahen ihn eindringlich an und es war Marialle die nun antwortete:

"Wir sind uns da zwar nicht eindeutig sicher, aber die Verbindung scheint zu bestehen, seit wir uns kennen. Das Leuchten erschien bei der ersten bewussten Berührung, das ist jetzt anderthalb Winter her. Es ist überall egal wo wir uns berühren. Unsere Augen leuchten bei jedem Kontakt mit auf und ja es hat sich verändert erst blieb nur in den Augen ein kleines Schimmern zurück. Mittlerweile kann es passieren, dass wir nun ja, am ganzen Körper einige Zeit lang leuchten und das Schimmern in den Augen ist eigentlich immer da. Insgesamt ist es auch heller geworden." Als Marialle geendet hatte rieb der Alte sich das Kinn, an dem ein feiner schwarzer Spitzbart wuchs und schien zu überlegen. Die Paladin und Priesterin warteten geduldig bis er irgendwann zu ihnen aufschaute.

"Erst einmal ist es äußerst interessant, dass ihr diese Erscheinung so lange vor uns verbergen konntet. Aber, ich habe von solch einer Verbindung auch noch nie gehört, Myladys. Wenn ihr mir eure Hände reichen wollt, versuche ich die Lebensströme von uns dreien zu verbinden und kann vielleicht auf diese Weise herausfinden was vor sich geht." Sie nickten ihm zu und er fuhr fort.

"Gut dann gebt erst mir jeweils eine eurer Hände, bevor ihr dann auf mein Zeichen, einander die anderen reicht." Er streckte ihnen jeweils eine Hand entgegen, die sie, wie geheißen, ergriffen. Um die beiden Handpaare erschienen rankenähnliche Leuchtgebilde die blau und lila schimmerten. Der Magier schloss seine Augen und die Ströme dehnten sich hoch bis über die Schultern der Frauen aus, schließlich auch über die Oberkörper bis zu den Köpfen und hinab, die Beine entlang.

Er öffnete seine Augen die nun in einem satten hellblau leuchteten.

"Jetzt reicht einander die Hände!", befahl er und als sie sich die Hände gaben, leuchteten sie in ihren Farben, die die blau-lilanen Ströme augenblicklich verdrängten. Ihre Augen leuchteten hell auf und die des Magiers fingen an zu flackern. Als sich, das Silber auf Marialles Haut und das Gold auf Dolettes ausweitete, hörten die Ranken auf sich zurückzuziehen und färbten sich stattdessen in die jeweiligen Töne. Das goldene und silberne Licht breitete sich immer mehr über die beiden Frauen und die Ströme aus, bis es eine mächtige Entladung gab, die den Alten rücklings umriss und auf das Bett hinter ihn schleuderte, das unter dem Aufprall bedrohlich knarrte.

Die beiden wollten grade auf ihn los stürzen, als er sich schon wieder von allein rührte. Er setzte sich auf und machte einen ausgelaugten Eindruck, erhob allerdings abwehrend eine Hand um zu signalisieren, dass er keine Hilfe benötigte.

"Orphan, seid ihr wohlauf?", platzte es aus Marialle heraus.

"Macht euch keine Gedanken, Lady Lichtsprung." Dolette sah auf ihn hinab, suchte offenbar nach weiteren Gefühlsregungen.

"Äußerst interessant, wenn ich das Sagen darf, Myladys.", sprach er noch immer leicht nach Atem ringend ind richtete sich langsam wieder auf.

"Also? Was sagst du jetzt?", wollte die Paladin wissen.

"Euer Lebensfluss ist sobald ihr euch berührt in soweit verbunden, dass er sich der anderen angleicht, also der stärkere, dem schwächeren. Aber eigentlich ist viel interessanter, das eure Macht, die ihr ja eigentlich aus dem Licht speist, sich undefinierbar steigert. Anscheinend multiplizieren sich die Mächte in euch einfach gegenseitig. Für jeden Schub, der das eine ansteigen lässt bekommt das andere einen weiteren und ich konnte da kein Ende erkennen. Wenn man bedenkt, dass ihr mich nur unterbewusst abgestoßen habt, möchte ich nicht wissen was passiert, wenn ihr diese Macht bewusst einsetzt." Sie sahen sich an, versuchten das Gesagte, nachzuvollziehen und zu verstehen. Orphan, indes fuhr unbeirrt fort:

"Es kann sein, dass ihr euch irgendwann nicht einmal mehr berühren müsst um diese Verbindung herzustellen. Telepathie, ungeahnte selbstheilerische Fähigkeiten könnten Ausmaße sein, die in Zukunft anzunehmen sind. Ich will mir gar nicht ausmalen was alles Negatives passieren kann." Die Priesterin sah die Paladin erschrocken. Negative Auswirkungen? Nein, sie hatten nie geglaubt, dass es etwas Schlechtes an dieser Verbindung geben könnte.

"Hast du eine Vorstellung davon was im negativen Sinne passieren könnte?" Dolette war direkt, anscheinend zu erschrocken, um drumherum zureden.

"Naja, natürlich ist es immer möglich das große Mächte von bösen Zwecken missbraucht werden. Es ist sich auch nur schwer auszumalen, was geschehen kann wenn Unfrieden zwischen euch aufkeimt, Myladys. Was auf jeden Fall in Bewegung ist, sind eure Lebensspannen, sie gleichen sich bereits aneinander an. Ich bin nicht sicher ob das endet wenn ihr auf einer gemeinsamen Ebene angekommen seid, aber davon gehe ich aus. Ein Druide oder Schamane könnte vielleicht noch die ein oder andere Ausführung verbessern oder ergänzen." Die Hochelfe schritt mittlerweile im Zimmer auf und ab und schien zu überlegen. Als sie irgendwann abrupt stehen blieb.

"Schön, so machen wir es, Mari." Zwei erwartungsvolle Augen sahen sie an.

"Wir reisen erst, wie versprochen, noch einmal zum Hof deiner Eltern und dann reisen wir weiter mit dem Schiff nach Süden und holen uns außenstehende Meinungen ein." Marialle nickte, ja wenn sie gen Süden wollten, würden sie ihr Versprechen nun einlösen, darüber hatten sie schon oft gesprochen.

"Nun denn, Orphan ruh dich noch etwas aus, ich bezahle das Zimmer für zwei weitere Stunden, dann finde dich wie die anderen an den Nordtoren der Stadt ein." Dolette gab ihr mit den Augen ein Zeichen, worauf Marialle gemeinsam mit ihr das Zimmer verließ.

Die beiden Frauen fanden sich ausserhalb in einer der kleinen Parkanlagen ein und setzten sich auf eine steinerne Bank.

"Was hälst du davon, Liebste?"

"Was soll ich davon halten? Das sind alles Dinge die wir eh schon angenommen haben, Vermutungen noch dazu. Also alles bis auf den Machtzugewinn, auch wenn das einiges erklärt.", antwortete sie, mit einem vielsagendem Grinsen im Gesicht. Dolette erwiderte es und sie schien es erstmal dabei belassen zu wollen.

"Brauchst du noch etwas? Einen Kampfstab vielleicht? Der Magier könnte dir sicher beibringen wie man damit umgeht." Marialle sah ihre Geliebte mit einem missgünstigen Blick an. Sie wollte im Grunde nie aktiv ins Kampfgeschehen eingreifen müssen. Trug für ihre Heilzauber stehts ihren Folianten mit sich, dessen Zaubersprüche ihre Mächte oft erheblich steigerten. Als sie den Vorschlag allerdings im Zusammenhang mit den jüngsten Erkenntnissen überdachte, kam sie zu dem Schluss, dass es wohl recht vernünftig wäre.

"Vielleicht hast du recht lass uns einen kaufen!" Die Paladin grinste zufrieden und reichte ihr galant die Hand.
 

Als die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hatte trafen sich der Trupp und ihre Kommandantin vor den Toren der Stadt, einzig der Schurke fehlte noch.

"Wir warten noch.", befahl Dolette gebieterisch.

"Wo ist der Schuft überhaupt?", fragte Odessa leise, während sie mit einem Feuerball fangen spielte.

"Das erfahrt ihr wenn er da ist.", antwortete die Elfe gereizt. Die Paladin mochte die junge Magierin nicht. Marialle fand das ausgesprochen schade, da sie sich ausgezeichnet mit ihr verstand, was unter Umständen der Grund für die Unsympathien sein konnte, die Dolette der blonden Frau entgegen brachte.

"Sollen wir die Pferde so lange wir warten von der Straße zum Grasen führen, Mylady?", fragte das dunkle Pendant ihrer selbst, wie Marialle die ältere Priesterin empfand. Jedes mal wenn das Thema aufkam, pflegte die Hochelfe zu sagen 'Liebste, du entscheidest nach Gefühl, wenn du Dinge auf deine ganz eigene Art zu bewältigen versuchst, erscheinst du einfach nur gesegnet. Alles was du tust ist heilig, wie vom Licht geführt. Maxime dagegen überdenkt alles viele Male und ist in jeder ihrer Handlungen von eiserner Disziplin geleitet.'. Und damit war das Thema Maxime dann schnell wieder für sie erledigt, aber einen bitteren Nachgeschmack hinterließ es jedes mal.

"Na schön. Dann lasst sie grasen.", kam es dann auch von der Kommandantin.
 

Als sich das Warten gelohnt hatte und Malek endlich erschien, war es schon fast Nachmittag, aber sie konnte auf dem Gesicht der Hochelfe einen erleichterten Ausdruck erhaschen.

"Da bist du ja endlich! Wurdest du aufgehalten? Hat man dich entdeckt?", stieß sie ungeduldig hervor.

"Selbstverständlich nicht,Herrin! Es hat nur gedauert, bis die Herren das Thema aufgriffen, weshalb zu lauschen ihr mich geschickt habt." Sie straffte ihre Statur, offenbar um Geduld ringend.

"Ich verstehe, aber letzten Endes gab es also etwas, das meinen Auftrag gerechtfertigt hat?"

"Ohja, Herrin und äußerst beunruhigendes noch dazu!" Aller Augen waren gespannt auf den Schurken gerichtet, den das nicht im geringsten zu beeindrucken schien. Er fuhr ungerührt fort:

"Prinz Arthas Menethil von Lordaeron hat seinen Vater ermordet. Hochverrat! Er hat die Stadt bis auf die Grundmauern zerstört! Seit dem greift die Seuche stärker denn je im Land um sich und die Geißel treibt dort offenbar auch ihr Unwesen. Desweiteren..." Weiter kam er nicht. Später erfuhr Marialle von Frostgram, ein Schwert so sagte man, dem eine eigene Seele innewohnte. Die des Lichkönigs. Schwer zu sagen, ob Arthas eigene Seele überhaupt noch in seinem Körper wohnte. Der Prinz war nach Nordend gereist und hatte das Schwert an sich genommen und damit sein eigenes Schicksal besiegelt. Marialle ließen ihre Gedankengänge erstarren und das veranlasste die Paladin zum Handeln.

"Sofern es nicht mit Lordaeron zu tun hat, erzähl mir alles weitere später! Sattelt auf, wir müssen auf der Stelle los!" Alle taten wie ihnen geheißen und am Ende der Allee, die von Sturmwind weg führte, sah man nur eine große Staubwolke.

Tod und Verfall

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Tod und Verfall
 

Die Gefährten trieben die Pferde tagelang, bis in die Erschöpfung und machten nur Rast, um sie nicht in den sicheren Tod zu führen.

Die Bäume, der einst prächtigen Allee, die zu den Wohnhäusern des Hofes der Familie Lichtsprung führten, waren graubraun und ohne Blätter. Eigentlich normal, da der Frühling noch etwas Zeit brauchte, um seine Pracht zu entfalten, doch diese Bäume waren nicht gezeichnet durch den Winter, sondern durch Tod und Verfall.

Sie hetzten an ihnen vorbei und stiegen eilig von ihren Stuten, nachdem sie das Haupthaus erreicht hatten.

"Ihr wartet hier!", befahl die Kommandantin den anderen und signalisierte Marialle sie zu begleiten. Sie stiegen die drei Stufen zur großen Tür hinauf und die Priesterin klopfte kräftig daran.

Die Tür wurde einen Spalt breit geöffnet und sie erkannte die hochgewachsene Gestalt ihres ältesten Bruders Gustav, der erleichtert lächelte, als er sie erkannte.

"Schwester! Es tut gut dich zusehen!" Marialle schloss ihn fest in die Arme und atmete tief durch. Es tat gut eines ihrer Familienmitglieder gesund und am Leben zu sehen.

"Gustav, sind alle wohlauf?"

"Ja, soweit schon, nur Vater geht es zusehends schlechter, er hatte letzten Herbst etwas mit dem Herzen und seit dem ist er nicht mehr derselbe. Dolette, es ist schön dich wieder zu sehen. Kommt rein!" Er reichte der Paladin die Hand und schüttelte sie kräftig.

"Dich auch Gustav. Wir sind mit unseren Leuten hier, kannst du sie unterbringen? Es sind acht." Er nickte, winkte den anderen und bedeutete ihnen, dass sie auch ins Haus kommen sollten. "Jazper, hierher! Bring die Pferde in unseren Stall!", rief er gebieterisch ins Innere des Hauses, worauf hin der jüngste Lichtsprungsohn auch schon grinsend und winkend an ihnen vorbeieilte und den Neuankömmlingen ihre Pferde abnahm. Bertak und Gernodt halfen ihm dabei.

"Frau! Komm zu mir, es eilt!", brüllte er mit seiner dröhnenden Stimme in die Küche und Katrice erschien nur wenige Herzschläge später.

"Was benimmst du dich wie ein wildes Tier, Gemahl? ...Mari, Dolette! Was...? Wie schön euch zusehen." Sie schloss die beiden Frauen überrascht in die Arme.

"Katrice, das ist der Trupp von Dolette, bring sie bitte ins Gästehaus, wir werden heute Abend zusammen speisen. Ich hoffe ihr kommt damit aus, euch die Zimmer zu teilen.", sagte er an das Gefolge der Paladin gerichtet.

"Damit kommen wir gut zurecht, Meister Lichtsprung. Habt Dank!", antwortete Borigan würdevoll, für alle.

"Dann folgt mir, Krieger und ihr anderen auch." Und so entfernten sich die restlichen Gefährten mit Katrice aus dem Vorflur und Dolette und Marialle folgten Gustav in die geräumige Stube, in der ein Tisch stand, der dem auf der Veranda in nichts nachstand. Auf der anderen Seite des Raumes waren einige Sessel vor einen großen Kamin gereiht. In einem davon saß Gustav der Ältere zusammen mit den Kindern, die vor ihm auf einigen Fellen auf dem Boden saßen.

"Vater, sieh nur wen ich dir gebracht habe." Aller Augen waren auf Dolette und Marialle gerichtet, die so gleich von den Zwillingen flankiert wurden und auch Beatrice und Patrice kamen, um die beiden zu begrüßen. Gustav schickte die Kinder allerdings zügig aus der geräumigen Stube.

Nachdem sie sich bei der Begrüßung kurz hielten, setzten sie sich an den Kamin, in die kuscheligen Sessel, zu Gustav dem Alten.

"Schön euch beide wohlauf zu sehen, mein Kind.", sagte der Alte. Er sah geschwächt aus, doch zierte ein Lächeln seine Lippen.

"Wie geht es dem Vieh, Vater? Habt ihr noch genügend Vorräte? Hat sich sonst etwas getan?", fragte Marialle ohne Umschweife.

"In der Tat sind uns schon viele Tiere weggestorben. Die Vorräte gehen langsam zu neige, aber das sollten sie zu diesem Zeitpunkt eh. Wir haben schon einige Angriffe der Geißel zurückschlagen müssen, aber bisher sind wir durchgekommen. Wisst ihr mehr?" Er sah die beiden Frauen abwechselnd an. Marialle erstarrte merklich, als der Alte auf die untote Armee zusprechen kam. Selbstvorwürfe drohten in ihr aufzusteigen, doch dafür war keine Zeit. Entschlossen drängte sie sie zurück.

"Es sieht nicht gut aus, Gustav. Prinz Arthas hat den König getötet und die Stadt Lordaeron zerstört. Dalaran soll von dem Dämonen Archimonde, dem Erdboden gleich gemacht worden sein und die Seuche nimmt im ganzen Land unerbittlich zu." Dolettes Miene war wie versteinert. Marialle sah ihren Vater an, in dessen Gesicht sich blankes Entsetzen abzeichnete.

"Was sollen wir jetzt eurer Meinung nach tun?", fragte er und sah seiner Tochter eindringlich in die bernsteinfarbenen Augen. Sie hielt dem Blick kaum stand. Angst machte sich in ihr breit. Angst um das Wohl ihrer Familie. Ihre Scharfsinnigkeit hielt dagegen.

"Vater, ich habe etwas Gold gespart. Ich möchte, dass ihr umsiedelt. Nehmt das Vieh, das ihr noch habt und baut euch einen neuen Hof, in der Nähe Sturmwinds, auf. Wenn es dort nicht mehr sicher ist, dann nirgendwo auf Azeroth." Er nickte bedächtig und straffte seine Statur. Seine stolze Haltung erschwerte es zwar, doch die junge Priesterin sah ihrem Vater an, dass auch er mit seinem Latein am Ende wahr.

"Kind! Hol mir deine Mutter!" So stand die junge Priesterin ohne Weiteres auf und ging in die Küche, um ihre Mutter zu holen.

"Die Begrüßung müssen wir überspringen Mutter, komm!" Ohne ein Wort zu verlieren kam sie der Aufforderung nach, gefolgt von Meridith und Charlotte, die auch in der Küche waren. Im Flur stieß sie auf Jazper und herrschte auch ihn direkt an.

"Jaz, hol die anderen, es gibt Familienangelegenheiten zu besprechen!"

"Jawohl, Lady Priesterin!", antwortete er neckend, bekam jedoch keine Reaktion. Sie eilte weiter mit den Frauen zurück in das geräumige Wohnzimmer.

"Bauer, was geht denn hier vor sich?", ließ sich Magereth vernehmen.

"Wir müssen hier weg, Mutter!", antwortete Gustav ohne Beschönigungen und fuhr fort:

"Lordaeron wird von der Geißel angegriffen und mit ihr gewinnt die Seuche immer mehr an Raum. Mari sagt wir sollen nach Sturmwind, sie hat etwas Gold für uns zurück gelegt, mit unseren Ersparnissen sollten wir dort einen neuen Hof aufbauen können. Wir müssen gehen solange noch etwas von unserem Vieh am Leben ist." Magereth wurde bleich, aber ihre Augen waren noch immer scharf. Dafür bewunderte die Priesterin ihre Mutter. Ihr Verstand arbeite immer auf Hochturen. Ließ sich nie von Emotionen in Beschlag nehmen.

"Ich verstehe, dann macht euch ran Mädchen. Packt die Küche und euer Habe zusammen! Wir können nur mitnehmen was unbedingt nötig ist, vielleicht können wir noch einmal zurück um den Rest zu holen. Wann gedenkst du aufzubrechen, Gemahl?"

"Morgen früh! Also macht euch auf eine kurze Nacht gefasst. Dolette können deine Leute helfen?", fragte er und sah nun wieder die Paladin an.

"Selbstverständlich, Gustav." Und weitere Worte waren nicht mehr nötig.

Nachdem Dolette den Gefährten Bescheid gegeben hatte, strömten alle in die verschiedenen Teile des Hauses und zur Scheune aus und packten und halfen. Es dauerte den ganzen Abend und die halbe Nacht, aber sie schafften alles zusammen zupacken, was sie nicht am nächsten Morgen noch brauchten. Auf dem Vorhof der Wohnhäuser standen mehrere große, vollgeladene Wagen mit denen sie morgen früh losziehen würden.
 

Der gesamte Hof schlief, als Marialle erwachte. Obwohl, nicht ganz der gesamte. Dolette war aufgestanden und trat ans Fenster.

"Dole? Was ist denn?" Sie stand auf, um zu sehen, was die Aufmerksamkeit der Elfe in Beschlag nahm. Diese legte nur einen Finger auf ihre Lippen und bedeutete ihr, aus dem Fenster zu schauen.

Was sie sah, ließ sie erstarren und kalter Schweiß trat ihr augenblicklich auf die Stirn. Auf den Feldern waren unzählige Untote, die sich langsam auf das Haupthaus zu bewegten. Wie konnte die Elfe nur so ruhig bleiben?

"Die Geißel!", stieß sie atemlos hervor. Sie spürte plötzlich wie eine Wärme sich in ihr ausbreitete und schlagartig wurde sie ruhiger. Die Paladin hatte ihre Hand ergriffen und ihre Ruhe strömte auf die Priesterin ein. Das war neu, sie konnten auch Gefühle übermitteln? Vielleicht hatten sie vorher immer nur dasselbe gefühlt und es ist doch nicht neu? Für solche Gedanken war jetzt keine Zeit. Sie drückte sanft die Hand ihrer Geliebten, als Zeichen des Dankes.

"Was machen wir denn jetzt?"

"Ich hatte gehofft sie ziehen vorbei, aber es sieht nicht gut aus und es sind wirklich unglaublich viele.", flüsterte Dolette und sprach nach einer kleinen Pause weiter.

"Weck deine Mutter und sag ihr sie soll die Familie auf den Dachboden bringen, wer kann soll mitkämpfen. Ich hole die anderen. Wir werden diese Kreaturen aufhalten. Ansonsten müssen wir ohne das ganze Habe flüchten." Marialle nickte stumm, warf sich ihre Robe über und griff nach Ihrem neuen Stab. Sie warf der Hochelfe noch einen entschlossenen Blick zu, den diese ebenso erwiderte, dann trennten sie sich auf dem Flur.

Im Schlafzimmer ihrer Eltern weckte sie ihre Eltern, gab ihrer Mutter die Anweisungen und eilte weiter zu ihren Brüdern, die sich alle fünf dazu entschlossen, mit gegen die Geißel zu kämpfen. Zurück in dem großen Flur traf sie wieder auf die Kommandantin, die den Trupp um sich versammelt hatte.

"...so lange es geht mit Fernkampfangriffen attackieren. Wenn sie näher kommen lockt sie ins Haus, da ist ihre Überzahl nicht so ein großer Vorteil." Alle nickten. Die Brüder hatten allesamt Bögen und Schwerter und sahen, je nach dem welcher, mehr oder weniger, bereit aus.

"Die Lichtsprungbrüder halten sich an Bertak, vielleicht kann er euch noch den ein oder anderen Tipp geben. Maxime du bleibst in ihrer Nähe, falls deine heilerischen Fähigkeiten gebraucht werden, Odessa und Orphan ihr geht auch in diese Gruppe. Marialle du bleibst mit dem Rest bei mir. Wir werden sie wenn sie ins Haus dringen zurückhalten, so dass die Fernkämpfer auch dann noch mitmischen können. Noch Fragen?" Niemand sagte etwas, Marialle sah in die angespannten Gesichter, ihrer Brüder und Gefährten und wusste, dass sich in einigen davon blanke Angst abzeichnete, aber niemand schien auch nur daran zu denken, sich zurück zuziehen.

"Gut dann raus, um so weiter sie noch weg sind, um so mehr können wir auf die Entfernung bekämpfen."

Sie traten raus auf die Veranda und hie und da brannten schon die Felder, dazwischen sah man in der Ferne die torkelnden Gestalten näher kommen. Dolette war die erste die ihre Kräfte sammelte und einen gewaltigen Hammer, vom Himmel auf die Untoten nieder schmetterte. Einen Herzschlag später war das Pfeifen von neun Pfeilen zu hören, die größtenteils nicht verfehlten. Ihnen folgte ein riesiger brauner Bär, der sich anschickte den ein oder anderen Gegner zu zerfleischen. Marialle sah, wie Odessa einen gewaltigen Feuerball zwischen den Händen formte und ihn los schleuderte, er ging in einer Explosion auf, die die Leiber nur so durch die Gegend schleuderte und zerriss. Der andere Magier streckte seine Hände in die Höhe und ließ einen Eisregen auf die Geißel los, der seinesgleichen suchte. Eine große Gruppe fror ein und zerbarst in tausend Teile.

Maxime und Marialle selbst bauten mächtige goldene Kuppeln um ihre Verbündeten auf, die die Zauber und Pfeile der Untoten in Schach hielten.

Pfeil um Pfeil, Zauber um Zauber schossen sie ihnen entgegen, von weitem hätte es sicher ein ansehnliches Lichtspiel abgegeben.

"Über'n Berg ist's kürzer als zu Fuß.", brüllte der Zwerg von hinten gut gelaunt und einige Mitstreiter kamen nicht umhin ihn verwundert anzuschauen, bevor sie sich wieder auf das Kampfgeschehen konzentrierten.

So dezimierten sie die Zahl der Geißel beträchtig. Als sie grade einmal durchatmeten, erklang die gefasste Stimme des alten Magiers.

"Gebt Acht! Es kommen noch mehr!" Dolette fixierte den Punkt auf den Orphan starrte und erbleichte. Die Priesterin folgte ihrem Blick.

"Wir machen jetzt weiter so lange es geht und dann ziehen wir uns zurück ins Haus!", rief sie laut und holte sich von jedem ihrer Gefährten ein Nicken ab.

Sie gaben alles was sie hatten doch schließlich kamen die Untoten zu nah.

"Jetzt! Zieht euch ins Haus zurück!" Bertak und die Lichtsprungs liefen als Erstes mit Maxime und Odessa ins Haus, Dolette und Marialle folgten mit ihrer Gruppe. Die Stube war schon komplett ausgeräumt und bot so Platz für den Kampf.

"Jaz! Geh und bring die Frauen ins Gästehaus! Wir sorgen für Ablenkung. Beeil dich." Er rannte augenblicklich in den Flur. Marialle und Maxime verschlossen einige Schürfwunden die von heran sausenden Pfeilen zeugten.

Jazper kam in dem Moment wieder, als die ersten beiden Geißelanhänger den Raum von der Veranda aus betraten. Borigan und Gernodt waren sofort zur Stelle, sie brauchten jeder nur einen mächtigen Schwertstreich, um sie zu enthaupten. Aus der Küche kamen nun auch welche, die augenblicklich von einer Pfeilsalve niedergestreckt wurden.

"Beim Licht! Ein Todesritter." Schrie die Paladin und stürmte mit erhobenem Schwert auf ihn los, nachdem sie ihren Schock abgeschüttelt hatte. Um sie herum wurde der Boden von goldenen blitzähnlichen Furchen durchzogen, die die große Gestalt, in der schwarzen Rüstung und die umstehenden Untoten, sich vor Schmerz krümmen ließen. Orphan ließ ihn mit einem Frostzauber erstarren. Ein Feuerball sauste auf den Todesritter und rang ihn zu Boden, bevor Dolette mit einem gewaltigem Satz auf ihn niedersauste und ihm ihr Schwert tief in die Brust trieb. Der dunkle Ritter sackte gänzlich zu Boden und blieb reglos liegen.

Malek schlich in die Schatten und griff sich eine humpelnde Gestalt nach der anderen.

Marialle sah wie einer der Untoten, dem Hieb Borigans auswich und ihm mit seinem Schwert diagonal über die Brust schnitt, Blut floss ungehindert zu Boden und der Krieger ging in die Knie. Und auch die anderen hatten mittlerweile schon die ein oder anderen Blessuren davon getragen. So blutete die Elfe aus einer großen Wunde am Oberschenkel, der Magier hatte eine klaffende Wunde an der Schulter und Gernodt schien seine Schulter gar nicht mehr bewegen zu können. Sie versuchte das alles auszublenden und sandte ein Stoßgebet zum heiligen Licht. Herzschläge später erschien ein goldener Ring und breitete sich im ganzen Raum aus. Ihre Gefährten strafften ihre Statur und führten den Kampf, von der frischen Energie beflügelt, fort. Die Geißel wurde allerdings immer zahlreicher und es wurde schwerer, mit jedem Untoten der dazu kam, der Lage Herr zu bleiben. Pfeile schossen noch immer unermüdlich durch den Raum. Die Feuerbälle der jungen Magierin erhellten immer wieder die Umstehenden. Das Klirren, aufeinander prallender Schwerter und Schilder war laut zu vernehmen, doch es wollten nicht weniger werden.

"Vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, die aktiven Fähigkeiten eurer Verbindung zu testen, Herrin!", rief der Magier, der einen Frostblitz nach dem anderen, aus seiner mittlerweile liegenden Position, auf die Untoten warf, seiner Kommandantin zu. Auch er rang mittlerweile um Atem. Marialle sah Dolette in die dunklen blauen Augen, sie war erschöpft und aus der Wunde am Oberschenkel drang unaufhörlich Blut, aber sie nickte.

"Versuchen wir es.", rief Marialle und reichte ihr die Hand. Die Paladin zog, das was von ihrem Handschuh übrig war aus und ergriff sie. Das Leuchten erstrahlte grell, umschloss sie beide sofort und erfüllte den ganzen Raum. Die Augen der beiden leuchteten hell auf und sie ließen eine gewaltige Druckwelle frei, die sich Richtung Veranda ausbreitete und alles auf ihrem Weg nieder riss. Sie sahen sich zufrieden an und glitten beide auf die Knie. Das Leuchten war nur noch ein schwaches Schimmern und sie sanken erschöpft gänzlich auf den Boden in sich zusammen, nachdem sie einander losließen.

Marialle konnte sich kaum bewegen, doch sie hörte wie Borigan schrie:

"Da kommen noch mehr! Lasst jetzt nicht nach!" Die junge Priesterin raffte sich wieder auf die Beine und sah zu Dolette, die schwach lächelte, während sie es ihr gleich tat.

"War ja nicht übel, aber wenn da immer mehr von denen kommen, bringt uns das auch nichts!" Die Priesterin erwiderte das Lächeln und rannte zur Tür. Was sie sah erstaunte und erfreute sie zu gleich. Ein riesiger Feuerstrahl aus der Hand einer blonden Magierin, nicht viel älter als sie selbst, zog eine gewaltige Schneise in die Reihen der Geißel. Ein großer Trupp Menschenkrieger folgte ihm und erschlug die Untoten reihenweise.

"Raus mit euch! Hier draußen gehts weiter!", brüllte Marialle schwankend, ihren Gefährten zu, die der Anweisung einer nach dem anderen folgten. Gemeinsam mit den dazu gekommenen Soldaten ging der Kampf unerbittlich weiter, doch gab es nun ein deutliches Übergewicht, welches die Geißel, Stück für Stück, dezimierte. schlussendlich waren die Untoten beinah gänzlich niedergestreck.

Am Ende des Kampfes schaute Marialle sich nach ihren Brüdern und ihren Gefährten um, die sich gegenseitig stützten. Noch immer flogen vereinzelt Zauber und Pfeile durch die Luft, um auch die letzten Gegner auszuschalten.

Letztlich war ausnahmslos jeder auf irgendeine Art verletzt, doch sie alle lebten, was die Priesterin erleichtert aufatmen ließ.

"Jaz, gehst du bitte nach den Frauen und Kindern sehen?" Er nickte stumm und humpelte schwach lächelnd los. Derweil kam die blonde Magierin näher, die diesen beeindruckenden Flammenwall auf die Geißel losgelassen hatte. Sie trug eine reich verzierte Robe, in blauen und lilanen Tönen, in der rechten Hand einen prunkvollen Stab mit einem blauen Edelstein auf die Spitze gefasst. Ihre augen eisblau und wissend. Sie umgab eine Erhabene Aura, die im völligen Widerspruch zu ihrem augenscheinlich jungen Alter stand.

"Lady Glutklinge? Seid ihr und eure Mitstreiter wohlauf?", fragte sie mit einer süßen, sanften Stimme. Die Angesprochene straffte ihre Haltung.

"Mylady Prachtmeer! Eure Hilfe kam in allerhöchster Not. Habt Dank. So wie es aussieht sind wir mit ein paar Blessuren davon gekommen. Was führt euch her?" Die Magierin musterte den zusammengewürfelten Haufen aus Bauern und Kämpfern, bevor sie antwortete.

"Ich floh aus Dalaran, das letzte Nacht von Archimonde dem Entweiher, fast gänzlich zerstört wurde." Ein Schatten, der Trauer und des Hasses, legte sich auf das Gesicht der schönen jungen Frau und sie musste sich offenbar sammeln bevor sie fortfahren konnte:

"Es ist nur einigen, sehr mächtigen Zaubern zu verdanken, dass die Violette Zitadelle und einige Straßen drum herum noch stehen. Arthas Menethil..." Sie machte eine Pause, ihre Züge waren nun deutlich von Trauer gezeichnet und schien sich erneut zur Ruhe rufen zu müssen.

"...hat sein Reich verraten, zerstört und seinen Vater ermordet. Er zog davor eine Schneise des Todes durch die Wälder vor Quel'Thalas, dort hat er den Sonnenbrunnen entweiht um Kel'thuzad zu erwecken." Marialle ergriff instinktiv die Hand, der erstarrten Hochelfe und ein schwaches Schimmern erschien, das von Jaina interessiert registriert wurde. Sie fügte noch hinzu:

"Ich habe eine Botschaft bekommen, die Antonidas, Arthas und mich vor dem Untergang Lordaerons warnte. Wir sollten unsere Leute nach Kalimdor führen. Die beiden hatten sie nicht ernst genommen und abgelehnt. Nun eines Besseren belehrt, riet Antonidas mir, Freiwillige für eine Flotte zusammen zurufen und nach Kalimdor zu reisen, doch weder Antonidas noch Arthas glaubten, dass Kalimdor wirklich existiert. Während des Angriffs auf Dalaran, hat Antonidas mich jetzt aber doch entsandt." Sie ließ ihre Worte auf die Umstehenden wirken. Der Blick von Marialles Geliebten hatte jedes Gefühl verloren und so sprach sie die Magierin tonlos an:

"Dürfen wir uns einen Moment darüber beraten, Lady Prachtmeer?", fragte sie abwesend und beachtete nur den Teil der die Zukunft betraf.

"Selbstverständlich, euch lässt das Schicksal der Quel'dorei sicher nicht kalt. Ich bezweifle allerdings, dass ihr dort noch etwas ausrichten könnt. Verzeiht, Lady Glutklinge." Die Paladin deutete ein Nicken an. Marialle wusste, dass Dolette sich mit den Magiesüchtigen ihres Volkes in Quel'Thalas kaum noch identifizieren konnte, dennoch war es ihr Volk. Man sah ihr den Zwiespalt deutlich an, aber die Magierin hatte recht, wahrscheinlich war dort nichts mehr zu retten und diese Erkenntnis schien so eben in der Elfe hochgestiegen zu sein.

"Ihr habt recht! Die Unterredung können wir uns sparen." Sie wandte sich ab und sah kurz Marialle an, diese nickte und antwortete für die Paladin und ihre Gefährten:

"Wir werden euch nach Kalimdor begleiten, Lady Prachtmeer." Die Augen der Priesterin und der Magierin trafen sich und diese stockte, Marialle konnte sich denken, dass es an dem Schimmer lag, der auch in den Augen der Elfe schwach flimmerte. Jaina nickte schließlich und ihr Blick schweifte nachdenklich auf die verbrannten Felder der Lichtsprungländereien. Dunkelgraue Rauchschwaden stiegen hie und da auf und die Feuer, die teilweise noch immer brannten färbten die tiefhängenden Wolken in schaurige Orangetöne.

"Gut! Wer weiß was uns in Kalimdor eerwarte? Es freut mich unsere Flotte vergrößern und verstärken zu können. Können wir direkt weiterziehen oder habt ihr hier noch etwas zu tun, Lady...?" Marialle erkannte die Frage im Gesichtsausdruck der blonden Frau, brauchte jedoch einen Augenblick zum Antworten.

"Lichtsprung, Marialle Lichtsprung, mein Licht ist das eure." Sie lächelte matt und deutete eine Verbeugung mit dem Kopf an.

"Die fünf Bauern dort hinten sind meine Brüder." Sie deutete auf die hinterste Ecke der Veranda, auf der die Lichtsprungsöhne noch immer neben dem Zwergenjäger standen.

"Das hier ist, oder besser war der Hof meiner Familie." Sie ließ ihren Blick über das gezeichnete Haupthaus schweifen und Wehmut stieg in ihr auf. Die Fassade bröckelte und brannte teilweise ein wenig. Überall steckten Pfeile im Gemäuer und beinah jedes der kleinen Fenster war zerstört.

"Der Rest, steht unter meinem Kommando und wird mich begleiten. Ich denke da eh das ganze Haus auf den Beinen ist, wird sich die Familie Lichtsprung jetzt auf den Weg machen, Richtung Sturmwind. Der Sonnenaufgang ist nicht mehr allzu fern. Wenn sie aufgebrochen sind, stehen wir zu eurer Verfügung, Mylady.", schloss sich Dolette der Erklärung an. Damit war Jaina zufrieden. Ihre Verbündeten, versorgten sich mit frischem Wasser aus dem Brunnen des Hofes. Frisches Wasser war in Lordaeron offenbar ziemlich schnell zur Mangelware geworden. Sie ließen sich von den Priestern und Priesterinnen heilen und regenerierten sich so gut es ging in der wenigen Zeit, die bis zum Aufbruch verblieb. Mit vereinten Kräften waren die letzten Reste der Habe, der Familie schnell auf einen weiteren, der acht Karren geladen, die von Kühen und Pferden gezogen worden. Danach gab es einen kurzen und bedrückten Abschied und die Familie Lichtsprung und die vereinten Kräfte Jainas und Dolettes, trennten sich. Marialle sah ihrer Familie noch eine Weile nach und hoffte inständig, dass sie unbehelligt nach Sturmwind kamen.

Und so ging die Sonne über einem verlassenen und zerstörten Hof der Lichtsprungs auf, der nur von Tod und Verderben zeugte.

Kalimdor? Das gibt's doch gar nicht!

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Kalimdor? Das gibts doch garnicht!
 

Überall, auf dem Weg zum Hafen von Menethil, lag das Land Lordaeron in Schutt und Asche. Die Vegetation war verdorrt und abgestorben. Es zerriss ihr das Herz, das Land in dem sie geboren wurde, so zerstört zu sehen und Marialle bezweifelte, dass es sich jemals davon erholen würde.

Der Bund von Jaina Prachtmeers und Dolette Glutklinges Gefolge brauchte ganze drei Tage, um sich durch das unwegsame Gelände des Sumpflandes zu schlagen, doch schließlich erreichten sie die Stadt an der Küste. Die Menschen waren hier nur noch spärlich besetzt und auch der Hafen von Menethil würde dem Ansturm der Geißel nicht mehr lange Stand halten können. Aber noch war die Stadt belebt und weigerte sich, sich geschlagen zu geben.

Eine Flotte von sechs Schiffen wartete auch schon, um die Magierin und die Freiwilligen, die sie zusammen gesucht hatte, nach Kalimdor zu bringen.

Die Sonne war schon untergegangen als sie die Schiffe betraten. Dolette und ihr Trupp, folgten Jaina auf das Größte und wurden von der Mannschaft direkt unter Deck geführt und Kajüten zugeteilt.

Jaina sagte der Paladin, dass sich erstmal alle ausruhen sollten, die Überfahrt würde lange genug dauern, man würde dann besprechen, was man in Kalimdor anfing.

Die Kabine war nicht groß, aber die Paladin und Priesterin waren endlich mal wieder allein. Dolette saß an einem kleinen Tisch mit zwei Stühlen und schaute ihrer Geliebten zu, wie sie sich grade ihrer Robe entledigte.

"Noch können wir umkehren, Dole." Die Angesprochene schaute auf und lächelte matt, als sie zu einer Antwort ansetzte:

"Ich weiß, aber ich habe das Gefühl, dass es wichtiger ist, jetzt hier zu sein. Da drüben wird etwas Schreckliches passieren und das gilt es aufzuhalten. Das habe ich im Gefühl." Marialle nickte nur. Sie kannte die Antwort, bevor sie auch nur die Frage stellte, aber seit sie, kurz nach dem Aufbruch vom Hof der Lichtsprungs, einen Späher aus Quel'Thalas getroffen hatten, sagte sie kaum noch ein Wort. Er berichtete, dass die Zerstörung unglaubliche Ausmaße annahm und ein Großteil der Hochelfen ihr leben gelassen hatten. Außerdem hatte Arthas Menethil den Sonnenbrunnen tatsächlich verderbt, in dem er mit seiner Hilfe Kel'thuzad widererweckte. Wie es mit den Überlebenden weitergehen würde, war ungewiss. So tat sich außerdem die Frage auf, ob die Hochelfen ohne den Sonnenbrunnen noch immer so ein langes Leben haben würden.

Sie selbst hing mit ihren Gedanken immer wieder ihrer Familie nach. Marialle konnte nur hoffen, dass sie es alle heil nach Sturmwind schaffen würden. Auch unter ihren Gefährten war die Stimmung gedrückt. Sie hatten zwar alle keine Verbindung zu Lordaeron, oder Verwandten dort, dennoch zeigte sich ehrliches Mitgefühl in ihren Mienen. Dolette und Marialle hatten einen loyalen und mitfühlenden Haufen um sich geschart und in diesem Moment war die Priesterin sich dessen zum ersten Mal richtig bewusst geworden.

"Komm, leg die Rüstung ab und leg dich zu mir. Du brauchst auch Erholung und ich will deine wunderschönen Augen wieder leuchten sehen.", bat sie lächelnd. Sie hatten sich seit dem Angriff der Geißel nicht mehr berührt und so war mittlerweile sogar das Schimmern in ihren Augen erloschen. Dolette sah einige Herzschläge in die bernsteinfarbenen Augen der Priesterin. Die der Paladin waren unglaublich dunkel. Marialle hatte fast vergessen wie diese Augen eigentlich aussahen. Aber so dunkel hatte sie sie nicht in Erinnerung gehabt. Wortlos öffnete die Elfe, die Verschlüsse ihrer Rüstung, legte sie geräuschvoll ab und legte sich kurz danach zu der Menschenfrau, die auf dem unteren des Doppelstockbetts lag. Sie streichelte sanft die Wange der jungen Frau und ihr Blick entspannte sich zunehmends.

"Es tut mir leid, Mari." Marialle legte ihr einen Finger auf die Lippen.

"Nicht doch. Ich kann gut nachvollziehen was in dir vorgeht, also mach dir keine Gedanken deswegen." Sie verschloss die vollen Lippen der Paladin, bevor sie noch irgendwas sagen konnte, mit ihren eigenen und verwickelte sie in einen gefühlvollen, sanften Kuss.

Tatsächlich gab es in dieser Nacht eine Premiere, so konnte sie die Elfe zum ersten Mal beim Schlafen beobachten und auch im Schlaf, war sie wunderschön, erhaben und anmutig. Die junge Priesterin versuchte sich das Bild einzuprägen. Wer wusste schon wann sie wieder Gelegenheit dazu bekommen würde.
 

Die Sonne stand hoch am Himmel als Marialle das Deck betrat, um sie herum war alles in demselben Blauton gehüllt, ob nun Himmel oder Meer. Sie war allein als sie erwachte und beschloss deshalb, sich auf dem Schiff etwas umzusehen. Borigan und Gernodt trainierten an Deck, sonst war von ihren Gefährten nichts zu sehen. Die Paladin fand sie schließlich am Bug des Schiffes. Ihre Augen waren geschlossen und sie schien den Duft des Meeres in sich auf zunehmen. In dem Augenblick sah sie sich zu der Priesterin um.

"Guten Morgen, Mylady Lichtsprung. Genießt ihr auch das fabelhafte Wetter?", begrüßte sie ihre Geliebte mit einem Zwinkern. Maraille trat an sie heran, nickte sanft lächelnd und hielt ihr Gesicht ebenfalls in den erfrischenden Wind. Eine wilkommene Abwechslung zu dem miefigen Schweißgestank Unterdeck, der von den Anstrengungen der Mannschaft zeugte.

"Hast du eine Idee wie lange es dauern wird?", fragte sie die Elfe ohne Umschweife, die nur in einem blauen Hemd und ihrer weißen Hose gekleidet war. Die Stoffe flatterten wild um ihre schlanke, durchtrainierte Gestalt und gaben ihr etwas burschikoses. Die Quel'Dorei schnaubte kurz.

"Wenn ich das nur wüsste. Wir wissen ja nicht mal ob wir überhaupt irgendwo ankommen. Laut vielen Schriften stammt mein Volk ursprünglich aus Kalimdor, dennoch ist es mehr eine Legende als Geschichte. Aber vielleicht finden wir etwas heraus, wenn wir Lady Prachtmeer einen Besuch abstatten?" Sie wollte sich schon in Bewegung setzten, doch die Priesterin hielt sie zurück.

"Wie geht es dir?", fragte sie vorsichtig.

"Alles in Ordnung Mari." Sie lächelte doch ihre Augen straften ihrer Worte Lügen. Darum legte die junge Menschenfrau den Kopf schief.

"Es geht schon, wir müssen nach vorne schauen." Sie strich ihr sanft über die Wange, als sie erkannte, dass sie durchschaut wurde und als dann das vertraute Leuchten erschien, empfing Marialle die Gefühle der Paladin und wusste, dass diese zwar immer noch traurig war, aber auch ruhig und gefasst. Eine Woge der Emotionen die, die Elfe für sie empfand, strömten in die Priesterin und ließ sie lächeln.

"Na gut, dann lass uns mal in Erfahrung bringen, was sie weiß.", gab sich die Priesterin letztenendes geschlagen.
 

Sie betraten die Kapitänskajüte, in der, auf einem großen Tisch eine Karte ausgebreitet lag. Auf ihr waren die Östlichen Königreiche verzeichnet und links daneben war alles frei. Die Kajüte war durchaus luxuriös eingerichtet, obwohl es gleichermaßen funktionell und prakmatisch anmutete. Das verwunderte nicht, der Hafen von Menethil und seine Flotten waren auf die Seefahrt spezialisiert.

"Lady Glutklinge, Lady Lichtsprung. Ich diskutiere grade mit unserem Kapitän Graustrom hier, welche Richtung wir am besten einschlagen. Er ist von der Existenz des Mahlstroms wenig überzeugt und ich versuche ihn grade dazu zu bewegen einen Umweg einzuschlagen." Die beiden lächelten der schönen Magierin und dem bärtigen Kapitän der Flotte zu.

"Nun Mylady, Kapitän Graustrom." Die Elfe nickte beiden zu.

"Da wir uns auf einer Reise nach Kalimdor befinden gehen wir augenscheinlich davon aus, dass alle alten Legenden stimmen und dann müssen wir wohl auch annehmen, dass der Mahlstrom existiert." Schlicht und klar analysiert. Ganz Dolettes Art, die keine Widerworte zuließ.

Jaina klatschte einmal in die Hände.

"Meine Rede, Graustrom! Da Kalimdor nicht über die Landmasse an die Östlichen Königreiche grenzt müssen wir davon ausgehen, dass die große Teilung vor 10000 Jahren so stattfand wie es überliefert wurde." Laut den Überlieferungen hieß es, dass es damals nur einen einzigen Kontinent auf Azeroth gab. Nämlich Kalimdor. Es gab ein großes Unglück, was sowohl zur Teilung der Kontinente, wie auch zur Teilung von Dolettes Volk führte. Ob es dort tatsächlich die mondverehrenden Kal'dorei, die Marialle nur als Nachtelfen kannte, gab, würde diese Reise hoffentlich auch ans Licht bringen. Der Kapitän, an dem diese Geschichten mit Sicherheit auch nicht vorbei gegangen waren, knurrte leise. Sein dunkelbrauner Bart war ungepflegt, seine Uniform stand im krassen Gegensatz dazu. Seine ganze Erscheinung wirkte unpassend auf die junge Priesterin und ein undefinierbares Unwohlsein breitete sich in ihr aus.

"Ist ja gut, Lady Prachtmeer. Es ist ja eure Flotte!", murrte er und marschierte hinaus.

"Ein unbequemer Vertreter seiner Art. Nun denn, sagt habt ihr euch ausruhen können?", wandte sich die Magierin wieder an die beiden Frauen.

"Ja danke, Lady Prachtmeer.", antwortete Marialle für sie beide.

"Das freut mich zuhören. Also wie sieht es aus, habt ihr eine Ahnung was auf der anderen Seite der Welt auf uns warten könnte?" Ein neugieriger Entdeckergeist zeichnete sich im Gesicht der blonden Frau ab und sie lächelte freundlich, als sie ihnen einen Stuhl bei einer kleinen Sitzgruppe, in der Ecke der Kajüte, anbot.

"Wenn die Legenden stimmen, dann auf jeden Fall die Nachtelfen und wer weiß welche Völker und Tiere noch.", sprach Dolette nachdenklich.

"Ich denke, dass dort viele Gefahren auf uns lauern und wir uns auf alles gefasst machen sollten. In meiner Vision habe ich ein Gebirge, weit im Westen gesehen, in dem eine Höhle ist. Das ist unser Ziel." Marialle sah etwas abwesend aus dem großen Fenster der Kajüte. Von hier aus konnte sie sehen was das Schiff hinter sich ließ, allerdings war nur der weite Ozean am Horizont zu sehen und die anderen Schiffe der Flotte die ihnen folgten.

"Und nun erzählt mir bitte was es mit euch beiden auf sich hat. Dieser Schimmer in euren Augen. So etwas habe ich noch nie gesehen, steht ihr unter einem Zauber?" Dolette sah die Priesterin an. Sie musste fast lachen und zuckte nur mit den Schultern.

"Das wissen wir auch nicht genau, um ehrlich zu sein, Mylady. Bisher haben wir noch niemanden getroffen der etwas Vergleichbares bisher erlebt, oder gesehen hat." Die Magierin schaute den beiden in die Augen, die noch immer seicht in ihren Farben schimmerten.

"Und was verursacht dieses Leuchten?", bohrte sie weiter nach.

"Es ist eine Verbindung zwischen uns beiden, reich mir bitte deine Hand, Marialle." Die Angesprochene tat wie ihr geheißen und schloss, die ihr gebotene Hand in ihre eigene. Die Hände leuchteten augenblicklich in silber und gold auf und ihre Augen erstrahlten.

"Am Anfang erlosch der Schimmer in den Augen immer kurze Zeit später, mittlerweile aber ist er fast dauerhaft da. Also auch die kleinste Berührung reicht aus, damit er sich sozusagen wieder auflädt. Aber das ist nur das was man sehen kann. Unsere Lebensströme verbinden sich und gleichen sich an, und wir haben auf dem Hof der Lichtsprungs zum ersten Mal unsere Energien so verbunden, dass wir sie gegen die Geißel einsetzen konnten. Mittlerweile ist uns auch bewusst geworden, dass wir die Gefühle der anderen wahrnehmen. Orphan, mein Magier, ist der Meinung, dass es noch weitere Ausmaße annehmen kann. Er spricht von Telepathie und dass unsere Lebensspannen sich einander angleichen werden. Das ist denke ich alles was wir selbst bisher wissen." Ein wissendes Lächeln breitete sich im Gesicht der Magierin aus und ihre hellen Augen begannen zu strahlen.

"Äußerst interessant! Und eure Augen schimmern also in der Regel die ganze Zeit, ja?" Sie zwinkerte und das Lächeln wurde noch eine Spur breiter, was der Priesterin die Röte in Gesicht steigen ließ. Jaina registrierte es amüsiert, fuhr dann aber fort:

"Ich habe so ein Phänomen auch noch nicht erlebt, oder davon gehört, aber vielleicht wissen die Mitglieder des Rats, sofern sie den Angriff auf Dalaran überlebt haben, etwas darüber, wir sollten sie bei Gelegenheit fragen, wenn wir in die Östlichen Königreichen zurückkehren. Vielleicht findet ihr aber auch in Kalimdor Antworten, wer weiß."
 

Die folgenden Tage strichen ereignislos, wie die Wellen, an ihnen vorbei. Ihre Gefährten hatten sich von ihren Wunden und den Strapazen erholt und versuchten die Tage irgendwie mit Training und der kleinen Bibliothek, die Jaina an Bord hatte, zu überbrücken. Marialle stand wie so oft, mit einem Buch in der Hand, an Deck und genoss die frische Luft und die gleichmäßigen Geräusche des Wellengangs.

Ein lauter Ruf zerriss plötzlich die gewohnte Geräuschkulisse.

"Land in Sicht!", ertönte es über ihr. Sie klappte ihr Buch zusammen und rannte mit Teilen der Mannschaft und ihrer Gefährten zum Bug, um sehen zu können, was der Ruf ankündigte.

"Beim Licht!", stieß die Priesterin aufgeregt hervor. Konnte das war sein? Keinen Augenblick zu früh, wenn sie an die Wasservorräte dachte, die langsam zu Neige gingen.

Tatsächlich, ein wunderschöner weißer Strand mit einem Palmenwald dahinter ragte am Horizont hervor und wurde Stück für Stück besser erkennbar.

Die Schiffe der Flotte ankerten allesamt, ließen eine Menge Beibote zu Wasser und diese ruderten nun auf den Strand zu. Einige sprangen ins Wasser und rannten auf den Sand zu, um ihn durch die Hände rieseln zu lassen. Marialle wurde von einem der Kommandeure der anderen Schiffe aus ihren Gedanken gerissen.

"Mylady Prachtmeer, mein Ausguck ist der Meinung, dass das hier nur eine Insel ist." Sie sah enttäuscht aus, aber Entschlossenheit wischte die Enttäuschung schnell aus ihrem Gesicht.

"Nun denn, dann füllen wir nur unsere Vorräte wenn möglich auf und segeln morgen früh weiter. Eine Insel so weit draußen lässt darauf schließen, dass wir dem Ziel nicht mehr weit entfernt sind. Sagt den anderen Kommandanten und dem Kapitän Bescheid, wir sehen uns hier mal um." Der Kommandant drehte auf dem Absatz um und stieg wieder in sein Beiboot um sich von Schiff zu Schiff rudern zu lassen.

"Wir werden ins Landesinnere gehen und sehen, dass wir eine Süßwasserquelle finden ", wandte sie sich an ihre Begleiter. Und so setzte sich der Trupp in Bewegung.

Die Palmen wichen bald einem dichten Dschungel, ihren Weg mussten sie sich mit ihren Schwertern Freischlagen.

"Mylady Glutklinge." Marialle richtete ihre Aufmerksamkeit auf Malek, der die Paladin ansprach.

"Dieser illustre Spaziergang durch diesen, nennen wir es mal Wald, macht ja wirklich Spaß, aber hier lauert irgendetwas, ich sehe Bewegungen in den Schatten. Ich denke...Aua! Verdammt Zwerg passt doch auf wo ihr stehen bleibt, ich kann doch nicht ständig hinab schauen, nur um nicht Gefahr zu laufen, über euren kugelgleichen Körper zu stürzen!" Bertak schwieg und fixierte eine Stelle tief hinten im Dschungel. Dolette folgte seinem Blick und ihre Augen verengten sich bedrohlich.

"Schweig Langfinger! Da hinten ist jemand." Er ahmte den Pfiff eines Vogels nach um die vor ihm gehenden zum Stoppen zu bewegen.

"Was ist das?", fragte Marialle.

"Trolle, Lady Lichtsprung!", ließ sich der alte Magier gedämpft vernehmen.

"Beim Licht! Trolle, diese widerwärtigen Kannibalen?", stieß Maxime angewidert hervor.

"Wir sind so weit weg, vielleicht haben sie ja gar nichts mit den Trollen, die wir kennen gemein?", gab Odessa zu bedenken.

"Deinen Optimismus möchte ich haben, Odi. Wir dringen hier in ihr Gebiet ein. Vermutlich wissen sie nicht einmal was für Wesen wir sind.", nahm der Kleriker, der jungen Magierin ihre Illusionen.

"Schweigt! Allesamt! sie haben uns bereits umzingelt." Der Blick des Schurken huschte im Kreis um sie herum, da trat Jaina an die Gruppe heran. Auch sie sprach leise und hatte instinktiv eine geduckte Haltung angenommen.

"Was ist los?"

"Lady Prachtmeer, wir sind von Trollen umzingelt, gebt euren Leuten Anweisung zu uns zukommen.", sprach nun auch Borigan mit gedämpfter Stimme. Sie nickte und machte grade ein Zeichen mit der Hand, als gut ein Dutzend Trolle aus allen Richtungen um sie herum, aus dem Dickicht sprangen und mit Speeren auf sie einschlugen und stachen.

"Verteidigt euch! Unsere Reise darf hier kein Ende nehmen!"

Augenblicklich flogen Zauber und Pfeile durch die Luft und rissen die Trolle zu Boden, die Nahkämpfer streckten sie einer nach dem anderen mit mächtigen Schwerthieben nieder und so schnell wie der Angriff begonnen hatte war er abgewehrt. Das war viel zu einfach.

"Lady Prachtmeer, einige von ihnen fliehen sollen wir ihnen nach?"

"Ja! Geschwind! Sie wollen sicher Verstärkung holen!", rief sie dem Fragesteller entgegen. Sie folgten den Trollen bis zu einer riesigen Lichtung auf der Hütten standen und viele andere ihrer Art auf sie warteten.

"Angriff!", schrie die Magierin und so wurde der Kampf im Dorf der Trolle fortgeführt.

Der Bund von Jaina Prachtmeer und Dolette Glutklinge, gewann erneut, schnell die Oberhand, bis Plötzlich ein Markerschütternder Schrei das Kampfgetümmel durchbrach.

"Orks!!!", schrie einer panisch. Eine Armada grünhäutiger Ungetüme stürzte auf die Menschen und drängte sie langsam zurück.

"Herrin, mein Volk sagt: 'Iss so lange es warm ist!' Das sind Unmengen von Orks!", rief der Zwerg rüber zu Dolette.

"Ich sehe es Bertak! Mylady Prachtmeer, es sind zu viele, wir sollten uns zurück ziehen, bevor wir noch mehr Verluste erleiden." Jaina verschaffte sich einen Überblick, nickte nur und schrie mit einer magisch verstärkten Stimme:

"Rückzug!" Unzählige Zauber und Pfeile schossen über die Nahkämpfer hinweg und gaben ihnen Luft, um sich den weg zurück zu erkämpfen.

"Rennt ins Dickicht! Bumer komm!", befahl der Zwerg, der Pfeil um Pfeil in die Reihen der Orks und Trolle jagte. Sie rannten allesamt so schnell sie konnten.

"Sie scheinen uns nicht zu Folgen, Mylady.", flüsterte William zu der Elfe, diese nickte und suchte den Dschungel mit ihren scharfen Augen Stück für Stück ab.

"Ja es scheint so. Lady Prachtmeer, ich denke wir sollten hier nun nicht mehr länger bleiben als unbedingt nötig. Wir brauchen den Rest unserer Leute, wenn wir in Kalimdor landen." Jaina schaute über ihren Trupp, er hatte sich in der kurzen Zeit etwas dezimiert.

"Ja ihr habt recht."

"Falls es die Damen Befehlshaber eventuell noch interessieren sollte: Ich habe auf dem Weg zum Dorf eine Quelle entdeckt, da können wir unsere Wasserreserven wieder auffüllen. Nicht, dass es nötig wäre...", ließ sich der Schurke sarkastisch vernehmen. Jaina und Dolette überhörten den Unterton, nickten nur und gaben ihren Leuten ein Zeichen, woraufhin sich alle in die Richtung begaben, die der Schurke vorgab.
 

Nachdem sie einige Fässer voll gemacht hatten und sich wieder zurück auf den Schiffen befanden, fiel die Anspannung von den Kämpfern ab. Man ließ sich heilen und stärkte sich, bevor der Großteil in ihre Kajüten verschwand. Jaina, Dolette, Marialle, Orphan und Malek saßen noch in Jainas Kajüte, die einen großen Tisch bot und ansonsten nur mit dem Nötigsten ausgestattet war. Sie hörten wie der Anker eingeholt wurde und atmeten erleichtert auf.

"Die Orks sind also auch auf dem Vormarsch, das gefällt mir nicht.", sprach der Schurke mürrisch.

"Ich finde es auch bedenklich. Womöglich habt ihr einen Spitzel in euren Reihen, Lady Prachtmeer. Und wir laufen nun alle in eine Falle." Die Magierin sah den älteren ihrer Zunft an.

"Darüber muss man durchaus nachdenken, Meister Dunkelschimmer, aber obwohl wir damit rechnen müssen, sollten wir dem dennoch nachgehen. Ich spüre einfach, dass der Urheber dieser Nachricht uns freundlich gesonnen ist. Ihr habt natürlich nur meine Einschätzung und mein Wort, aber ich denke, das war allen von vornherein klar, oder?" Sie erhielt von allen nachdenkliches Nicken als Reaktion.

"Nein, die Flucht ergreifen werden wir sicher nicht, wir sollten eher froh sein, dass wir den Orks jetzt schon begegnet sind. Wer weiß wie es auf Kalimdor ablaufen würde, wenn unsere ganze Armee unvorbereitet in ihre Arme laufen würde?", kam es zustimmend von der Paladin.

"Ich denke da sind wir uns einig, Dole. Wir sollten versuchen den Vorsprung den wir nun hoffentlich schaffen, in Kalimdor zu bewahren, damit wir nicht wieder an die Orks geraten. Es dezimiert nur unnötig unsere Truppen.", gab nun die junge Priesterin zu bedenken.

"Da ist was dran, wie steht ihr dazu, Lady Prachtmeer? "

"Ich sehe das genau so wie Lady Lichtsprung. Viel wichtiger ist mir derzeit, allerdings Kalimdor überhaupt zu erreichen!"

Und tatsächlich war von den Orks nichts am Horizont zu sehen und Tage später erreichten sie schließlich die Küste Kalimdors.

Pioniere

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Pioniere
 

Das Land auf dem sie landeten, lag brach. Es war karg und unglaublich heiß. Die Erde war rot und wurde, trocken wie sie war, vom beißenden Wind aufgewirbelt. Scharfkantige Felsen und verdorrte, kleine Bäume säumten das Bild. Ein Ort an dem man nicht einmal begraben sein wollte, wie Marialle fand.

"Teilt euch euer Wasser gut ein, wer weiß wann wir wieder welches auffüllen können. Bei Muradins Bart, ob ich wohl jemals wieder ein ordentliches Bier zu Gesicht bekomme?", erklang die Stimme des Zwerges, der abwesend seinen Bären Bumer streichelte, dem das Klima anscheinend ebenso zusetzte.

"Dennoch dürfen wir nicht langsam werden, wir dürfen die Orks nicht aufholen lassen!", gab die Paladin zu bedenken, nachdem auch sie sich die trostlose Landschaft besehen hatte.

"Spart euren Atem und marschiert! Wir alle wissen was in solch einer Wüstenlandschaft auf uns lauert. Als hättet ihr noch nie etwas außerhalb eurer eigenen vier Wände zu Gesicht bekommen. ", maulte der Schurke.

"Haltet eure Zunge im Zaun, Schattenschreiter. Sonst verliert ihr sie noch!", keifte Bertak missmutig zurück.

"Genug von der Zankerei! Sonst lasse ich euch zurück und dann seht zu wie ihr hier klar kommt!", mischte sich ihre Kommandantin gereizt ein.

So ging es ein paar Tage und die Stimmung wurde immer schlechter, bis sie schließlich ein Gebiet erreichten, das zwar noch immer karg war aber zumindest mussten sie einen großen Fluss überqueren an dem sie sich erfrischen und die Wasservorräte auffüllen konnten. Dort schlugen sie auch ihr Nachtlager auf. Marialle sah sich seufzend um. Verdorrtes gelbgrünes Gras machte das Bild aus.
 

Der große Platz war voller Lagerfeuer und unzähliger Zelte und seit langem herrschte wieder einträchtiges Gemurmel von den sich unterhaltenden Gefolgsleuten.

Von da an kamen sie besser voran. Das Land wurde immer satter und schöner.

"Lady Prachtmeer, vor uns ragt ein Gebirge auf!", ertönte die Stimme eines Spähers und die Miene der Magierin erhellte sich. "Endlich! Ich sehe es! Es ist das Gebirge, das ich in meiner Vision gesehen habe! Schlagen wir hier unser Lager auf, morgen gehen wir mit einem kleinen Trupp weiter." Dolette nickte.

"Einverstanden. Habt ihr eigentlich auch eine Ahnung was uns in dieser Höhle erwarten wird, Mylady?" Die Freude wich augenblicklich aus dem Gesicht von Jaina und nun sah sie die Paladin grübelnd an.

"Naja in der Höhle sind viele versteckte Zaubermechanismen, ansonsten bin ich mir unsicher was dort auf uns lauert." Sie sah ihr betreten in die Augen, Jaina schien ihr Unwissen sehr aufs Gemüt zu schlagen. Ihre langjährigen Studien in Dalaran hatten sie trotz ihrer Jugend intelligent und weise gemacht. Dieses ganze Vorhaben war zu unvorhersehbar.

"Lady Prachtmeer, was immer auf uns, in dem Gebirge und der Höhle, lauern wird, wir werden es zusammen durchstehen. Und selbst wenn wir mehr darüber wüssten, ist es nicht sicher, dass es stimmen würde. Macht euch keine Sorgen darüber." Marialle legte ein aufmunterndes Lächeln auf und von der Magierin schien die Anspannung tatsächlich etwas abzufallen.

"Danke, Lady Lichtsprung, wir sollten uns jetzt alle daran machen das Lager zu errichten, wir müssen uns ausruhen, bevor wir morgen Früh aufbrechen.", sprach sie nun deutlich gelöster.
 

Später am Abend, als das Lager aufgebaut war und die meisten schon in ihren Zelten lagen, saßen zwei schlanke Gestalten im Mondlicht an dem leise plätschernden Fluss, zwischen einigen Bäumen, die in Form und Farbe ihren Verwandten in den Östlichen Königreichen so gar nicht ähneln wollten. Marialle lehnte gegen die Schulter der Hochelfe und strich ihr abwesend über den Oberschenkel.

"Weißt du, irgendwie finde ich diese Reise ganz schön, auch wenn ich mir einen späteren Zeitpunkt gewünscht hätte." Sagte sie und betrachtete verträumt das Gewässer, das vor ihnen lag.

"Ja ich weiß was du meinst. Es ist schon spannend so einen neuen Kontinent zu erkunden, die Umstände könnten aber wahrlich besser sein." Dolette legte ihre Hand auf die der Priesterin und augenblicklich erhellte die schicksalhafte Verbindung ihre Körper und Gesichter. Die Priesterin sah ihrer Geliebten in die gold schimmernden Augen und sah darin den forschenden Blick den sie so liebte.

"Was denn, Dole?" Ihr fragender Blick sagte mehr als die mit Worten gestellte Frage.

"Du beeindruckst mich einfach. Ich weile schon so lange auf dieser Welt, aber du sitzt hier gelassen und siehst genau das was eigentlich wichtig ist. Du führst unsere Truppen mittlerweile genau so wie Lady Prachtmeer und Ich. Einfach nur durch deine Ausstrahlung und dein Auftreten. Niemand zweifelt an deiner Position und Autorität, unter uns Anführern. Das finde ich bemerkenswert und daran musste ich grade denken." Ihre Augen strahlten so viel Wärme aus und eine Woge des Glücks stieg in Marialle auf, die von der Paladin gesandt wurde. Sie wurde leicht rosa um die Wangen, doch sie lächelte. Sie vermochte rein gar nichts mehr vor der Elfe zu verbergen und wollte das auch nicht.

"Hör mal Dole, ich möchte dir etwas schenken. Das möchte ich schon seit wir von dem Hof meiner Eltern aufbrachen." Sie zog ein fein gearbeitetes Medaillon aus ihrer Tasche, an dem eine lange, dünne Kette hing und klappte es auf.

"Weißt du wir reisen nun schon so lange zusammen und nun ja unsere Verbindung besteht seit jeher. Ich bin dem Licht über alles dankbar, dass es uns zueinander geführt hat." Sie machte eine kleine Pause, betrachtete das filigrane Amulett und strich liebevoll mit einem Finger über die Konturen. Dolette sah ihr gebannt und neugierig zu. In ihren Augen herrschte ein Wechselspiel aus Farben, von dem tief dunklen blau, über das helle fast weiße Silber, das vom Mond zu ihnen nieder schien, bis zu dem schimmernden Goldton, dass von der Verbindung zu der jungen Priesterin zeugte. Sie hielt die Luft an und wagte es nicht zu sprechen. Die Wangen der Menschenfrau liefen nun vollends rot an.

"Im inneren sind zwei Worte graviert, Licht und Liebe. Ich habe es von meinen Eltern geschenkt bekommen, als ich meine Ausbildung im Turm begonnen habe und nun möchte ich es dir schenken und hoffe du verstehst, was ich dir damit sagen möchte." Ein feuchter Schimmer legte sich über das Farbenspiel und ließ die Augen der Quel'Dorei noch mehr leuchten.

"Marialle, ich..." Die Stimme versagte ihr und eine einzelne glitzernde Träne rann der Elfe über die Wange. Die Priesterin öffnete die Hand der Paladin und legte ihr das Medaillon hinein. Sie sah erwartungsvoll in die schimmernden Augen ihrer Liebsten, doch diese war nicht fähig etwas zu sagen. Stattdessen zog sie die junge Frau an sich und legte ihre Lippen sanft auf die der Anderen. Eine Welle der tiefempfundenen Liebe durchströmte Marialle und plötzlich strömten Bilder auf sie ein. Immer war sie selbst der Mittelpunkt. Aus den unterschiedlichsten Perspektiven sah sie sich selbst durch die Augen der Hochelfe und in jedem Blick lagen die verschiedensten Gefühle, unendlich tiefe Sehnsucht und gleichzeitig ein Gefühl von Freiheit und Geborgenheit, aber auch die große Angst die Priesterin früher oder später verlieren zu müssen, dazu der ausgeprägte Drang sie gegen alles Unheil beschützen zu wollen. Marialle war überwältigt und auch ihr liefen jetzt vereinzelt Tränen über das Gesicht.

Sich langsam aus dem Kuss lösend, betrachtete sie das makellose Gesicht der Paladin und fand es nie zuvor schöner. Alles was sie grade empfangen hatte spiegelte sich nun klar und deutlich in ihren feinen Zügen und den leuchtenden Augen ihrer Liebsten, ab.

"Wieso hast du nie etwas gesagt?" Tatsächlich bedrückte es sie, dass sie von Dolette noch nie einen Liebesschwur bekommen hatte, außer dem in ihrer ersten gemeinsamen Nacht, und so brachte auch sie es nicht über die Lippen.

"Hast du doch auch nicht.", war die schlichte Antwort und der Menschenfrau wurde bewusst, dass der Strom an Gefühlen nicht einseitig ausgesandt wurde. Die Erkenntnis umspielte ihre Lippen mit einem seichten Lächeln.

"Na wer ist denn hier die alte, weise Elfe? Da wird Frau ja wohl erwarten dürfen, dass ihr die ein oder andere, zu überwindende, Hürde abgenommen wird!" Marialle grinste und auch die Paladin konnte sich eines Lächelns nicht länger erwehren, aber ihr Blick ließ auch auf Wehmut schließen.

"Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber bei diesem Thema bist du um einiges besonnener und mutiger als ich. Wenn du nicht diese Eigenschaften an den Tag gelegt hättest, wären du und ich sicher nicht hier und auf keinen Fall zusammen." Nun lächelte sie aufrichtig und vor allem stolz.

"Ich sagte doch vorhin schon, du bist nun mal eine beeindruckende Erscheinung und du bereicherst nicht nur mein Leben, sondern das aller, die in deinem Licht wandeln dürfen." Sowohl im Blick wie auch in den Worten der Paladin lag Wärme und sie drückte sanft die Hand der Priesterin, die in einem Traum zu versinken drohte.

"Nein, das ist echt Mari, ich liebe dich über alle Maßen und mehr als mein Leben." Die Priesterin machte große Augen, als sie erkannte, wie tief der Einblick war, den Dolette in ihre Seele hatte und nun liefen die Tränen ungehindert.

"Ich liebe dich auch, Dole! Immer schon! Ich habe das Gefühl, dass ich einzig auf dich gewartet habe.", stieß sie, gegen das Schluchzen ankämpfend, hervor. Sie wurde von Armen umschlungen die sie in eine warme Umarmung zogen und so verharrten sie, eng aneinander geschmiegt, bis der Morgen graute.
 

Wie schon so oft spürte sie die warme Hand, die sanft über ihre Wange strich und sie so aus ihren Träumen holte. Ihr war es egal, kein Traum konnte mit der Realität Schritt halten.

"Guten Morgen, Dole. Wird es schon Zeit?" Sie blinzelte hoch in die leuchtenden Augen, die von kleinen Lachfalten umspielt wurden. Vernahm ein Schmunzeln und spürte einen zarten Kuss auf ihrer Stirn.

"Ich fürchte ja, schau nur wie die Sonne durch die Bäume scheint. Wir müssen wirklich ins Lager.", sagte die Paladin und Wehmut klang in ihrer Stimme mit.

"Na schön, dann lass uns jetzt, bevor ich es mir anders überlege."

So erhoben sich die beiden und schritten gemächlich zurück ins Lager, wo sie schon von Jaina erwartet wurden.

"Da seid ihr ja, ich habe schon nach den anderen rufen lassen, damit wir gleich aufbrechen können.", sprach sie freundlich zu den beiden anderen Frauen. Hinter ihnen tauchten Orphan, Odessa und Malek auf. Sie hatten am gestrigen Abend noch entschieden, wen sie mitnehmen wollten. Diese drei erschienen ihnen am geeignetsten um magische Fallen aufzuspüren und zu entschärfen. Jaina gab ihren Kommandanten noch letzte Befehle, dann brachen die sechs auf. Jeder führte einen Greifen mit sich, sonst würde der Anstieg äußerst gefährlich werden und unnötig lange dauern. Greife waren wahrhaft beeindruckende und vorallem treue Tiere. Der Körper eines gewaltigen Löwen, gepaart mit dem Kopf und den Schwingen eines Adlers, machte es ihnen möglich in schwindelerregende Höhen zu steigen.

Die kleine Gruppe brauchte fast einen Tag bis sie an den Ausläufern des Gebirges ankamen. Sie würden diese Nacht noch hier ihr Lager aufschlagen und am morgen mit den Greifen hoch zum Gipfel fliegen.
 

Als der Morgen anbrach war das Lager schon fast vollständig abgebrochen und Jaina rief ihre Gefährten zu sich.

"Ein Gewitter zieht auf, ich weiß nicht ob es ratsam ist, jetzt aufzubrechen." Die anderen sahen sich an. Die Magierin hatte recht, dunkle, fast schwarze Wolken zogen auf. Es war nicht abzusehen, welche Ausmaße dies annehmen würde.

"Die viel relevantere Frage ist doch, ob wir es uns erlauben können zu warten. Vielleicht haben wir ja Glück, es zieht am Gebirge vorbei und entlädt sich erst im Tal.", gab Orphan zu bedenken.

"Wir haben nicht einmal für diese Diskussion Zeit! Seht lieber zu, dass ihr euer restliches Habe zusammen packt, damit wir unverzüglich aufbrechen können!" Der Schurke knurrte, als er geendet hatte. Seine Miene war finster, wie der Himmel, aber er hatte recht.

"Irgendwann wird euch, eure forsche Art nochmal den Kopf kosten, Malek. Aber ihr habt dennoch recht, packt zusammen, wir können nicht warten.", befahl Dolette und die Gruppe tat wie ihr geheißen. Einzig die Magierin schaute betrübt drein.

"Wir werden es schon schaffen, Lady Prachtmeer.", versuchte Marialle sie zu beruhigen.

"Ja, ja sicher." Antwortete sie abwesend. Als sie alles zusammen gepackt hatten, schwangen sie sich auf die Greife und trieben die Tiere an, sich in die Luft zu erheben.

Eine ganze Weile kamen sie gut voran und das Gewitter war bis dato gnädig zu ihnen, aber schließlich schnellten die ersten Blitze nieder zur Erde.

"Fliegt in einer V-Form hinter mir!", befahl Marialle erhaben und sie ließ eine große goldene Kugel um sich und ihre Gefährten entstehen. Einige Blitze prallten an ihr ab.

"Ein abelhafter Einfall, Lady Lichtsprung!", rief Orphan ihr zu. Sie dankte dem Licht, dass es funktionierte, aber sie fühlte wie dieser mächtige Zauber an ihren Manareserven zerrte. Ihr trat der Schweiß auf die Stirn, aber sie waren mittlerweile schon mitten im Gewitter, es würde nicht mehr lange dauern bis sie über die Wolken aufsteigen würden, dann wären sie gerettet, zurück konnten sie nun nicht mehr.

'Weiter! Reiß dich zusammen! Weiter!' Sie wurde immer schwächer und spürte, dass sie drohte in Ohnmacht zu fallen. Die Kugel flackerte und schrumpfte etwas, so dass Malek nicht mehr unter ihrem Schutz stand.

"Lady Glutklinge! So helft ihr doch! Ergreift ihre Hand, spendet ihr eure Kraft!", befahl der alte Magier mit seiner tiefen Stimme, in gebieterischem Ton. Dolette sah die Priesterin erschrocken an, sie gehorchte sofort, trieb ihren Greifen an und umfasste ihre Hand. Augenblicklich spürte die junge Frau, wie die mächtige Energie der Paladin Meisterin sie durchströmte und die Kuppel sich wieder auf alle ausdehnte.

"Nur noch ein bisschen! Ich kann schon die Sonne sehen!", schrie Odessa aufgebracht.

"Haltet durch!", rief nun auch Jaina. Und ein lauter Knall zeugte von dem letzten Blitz, der von der goldenen Barriere abprallte. Und dann Ruhe. Unter ihnen war noch immer das Lichtspiel, des Gewitters in den Wolken zu sehen. Marialle fühlte wie sie endgültig das Bewusstsein verlor und glitt in die Dunkelheit der Ohnmacht, die sie bis hier hin nur hatte hinauszögern können.
 

Eine sanfte vertraute Berührung holte sie zurück. Sie blinzelte gegen die grelle Sonne an.

"Dole? Sind alle wohl auf? Hat die..." Sie versuchte das Gesicht über ihr zu erkennen, doch die Sonne ließ es nicht zu. Marialle fühlte einen Finger auf ihren Lippen, der sie zum Schweigen brachte.

"Alles ist gut, Mari. Du hast es geschafft. Bleib noch einen Moment liegen, komm in Ruhe zu dir."

Sie versuchte sich aufzurichten und spürte die starken Arme ihrer Geliebten, die ihr halt boten. Erst jetzt erkannte sie die besorgten Gesichter, die sie allesamt ansahen.

"Es geht schon. Ich danke dir, ohne dich hätte ich es nicht geschafft." Dolette nickte nur zaghaft. Die Priesterin konnte spüren, dass der Schock noch tief in der Elfe saß und so legte sie ihr die Hand auf die Wange und sah sie zärtlich an.

"Alles ist gut, Dole." Ein dankbares Lächeln huschte über die vollen Lippen der Paladin. Sie reichte der Priesterin die Hand um ihr aufzuhelfen.

"Ist das der Eingang, Lady Prachtmeer?", wandte sie sich an die Magierin, nachdem sie sich erhoben hatte.

"Allerdings, Lady Lichtsprung. Fühlt ihr euch schon wieder bereit?" Marialle nickte entschlossen, obwohl sie etwas wacklig auf den Beinen stand.

"Und ihr, Lady Glutklinge?", fragte nun Orphan.

"Ich? Ja, mir geht es gut, es hat nicht ansatzweise so sehr an meinen Kräften gezerrt wie an Marialles.", erwiderte sie leicht irritiert.

"Dann lasst uns herausfinden was in der Höhle auf uns wartet!" Die drei Magier ließen die Kristalle an den Spitzen ihrer Stäbe erstrahlen, dennoch war nicht viel in der Höhle zu erkennen. So tasteten sie sich Schritt für Schritt vorwärts. Eine Weile geschah gar nichts. Doch dann, plötzlich durchbrach ein Zischen, die angespannte Stille, gefolgt von einem leisen Schmerzenslaut.

"Verdammt! Haltet ein, keinen Schritt weiter!", befahl Malek harsch. Ihm steckte ein Pfeil in der Schulter, den er ohne groß mit der Wimper zu zucken abbrach, dann aber auf ein Knie niedersackte.

"Mylady, wärt ihr wohl so freundlich?", wandte er sich schwach lächelnd an seine Kommandantin, die darauf der Priesterin zunickte um ihr zu folgen.

"Beißt die Zähne zusammen, so schwer es euch auch fallen mag, Schattenschreiter. Auf drei. Eins, zwei..." Mit einem gewaltigen Ruck riss sie den Pfeil auf der anderen Seite durch die Wunde. Marialle ließ ihre Hände direkt danach über die Wunde schweifen und sie schloss sich augenblicklich.

"Ich wusste, dass ihr das tut, Mylady!", zischte der Schurke, durch sein finsteres Lächeln.

"Ich kenne diese Falle. Hier ist eine magische Barriere. Wenn man sie durchschreitet werden die Pfeile ausgelöst.", sprach er nun wieder abgeklärt und analytisch, obwohl ihm winzige Schweißperlen auf der Stirn standen.

"Und habt ihr auch eine Idee, wie man sie entschärft?", fragte ihn die Paladin.

"Selbstredend, es ist sogar denkbar einfach, wir erschaffen einfach ein Trugbild, dass die Barriere aktiviert, bis alle Bolzen abgeschossen sind.", erklärte er schmunzelnd in die Dunkelheit.

"Das klingt wirklich simpel, wenn ihr mir den Vortritt lassen würdet, Kolleginnen?", bat Orphan und erhielt von den beiden blonden Magierinnen ein deutliches Nicken als Antwort.

Sie traten alle ein paar Schritte zurück und der Magier fing an sich zu konzentrieren. Seine Hände begannen dunkelblau zu schimmern, von ihnen gingen fadenähnliche Gebilde aus, die in der Luft einen Menschen formten, der schließlich die Gestalt des Magiers annahm.

Alle traten einige Schritte zurück und Orphan ließ die Illusion nach vorne schweben. Bolzen um Bolzen zischte auf den falschen Magier zu und durchdrangen ihn spielend, bis nur noch ein leises Puffen zu vernehmen war. Die Bolzen waren aufgebraucht und der Mechanismus versuchte noch immer welche abzufeuern.

"Kommt, beeilt euch!", befahl er den anderen und von nun an kamen die sieben Gestalten gut voran. Sie lösten auf diese Art zwei ähnliche Fallen aus und kamen schließlich in ein großes Gewölbe. Es war stockdunkel, so dass man kein Ende erkennen konnte. Die sechs rückten näher zusammen, Orphan ließ sein Ebenbild verblassen.

"Hier stimmt etwas ganz und gar nicht!", ließ sich der Schurke vernehmen und duckte sich instinktiv. Dolette nickte ihm grade zu, als plötzlich von überall schlurfende Schritte zu hören waren. Das Schlurfen kam näher.

"Was ist das?", fragte Odessa und Panik schwang in ihrer Stimme mit.

"Mehr Licht!", befahl Dolette ruhig und gefasst und augenblicklich erstrahlten die Kristalle, an den Stäben der Magier und gaben den Anblick auf unzählige Untote frei, die von allen Seiten näher kamen.

"Macht euch bereit, das wird ungemütlich! Ich versuche ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken und dann werft ihnen entgegen was ihr habt!", rief die Paladin und reckte ihre Hand in die Höhe, um augenblicklich einen goldenen Schimmer um sich zu erschaffen. Sie stürmte, mit einem lauten Kampfschrei voran in die Menge, dicht gefolgt von Malek. Als sich der Großteil, der Untoten um sie geschart hatte, flogen Feuerbälle und Eisblitze auf sie und streckten viele Untote nieder. Marialle legte einen Schild nach dem anderen auf die Elfe, die immer wieder schnell durchstoßen wurden. Ein mächtiger Schwertstreich durchdrang den leuchtenden Schutz, bevor sie einen neuen erschaffen konnte, zertrümmerte Dolettes rechte Schulterplatte und Teile des Brustpanzers. Eine große Wunde klaffte an der Stelle, aus der Unmengen an Blut quollen und zwang sie in die Knie. Sie erhob schützend den Schild über sich und musste vor Schmerz für einige Herzschläge die Augen schließen.

"Marialle! Stell dich hinter mich!", befahl die Paladin schreiend, über das Klirren der Metalle, die auf ihren Schild prallten hinweg und die Priesterin gehorchte augenblicklich. Sie legte ihre Hand auf die freiliegende verwundete Schulter ihrer Geliebten und verschloss die Wunde. Die Elfe öffnete wieder die Augen und wandte ihr, für den Bruchteil eines Augenblicks, das Gesicht zu. In ihren Augen loderte die Farbe ihrer Liebe und eine goldene Kuppel bildete sich um die beiden, die von silbernen Blitzen durchzogen wurde und sich rasch ausbreitete. Jeder Untote der von ihr berührt wurde flog durch einen gewaltigen Stoß nach hinten und rührte sich nicht mehr.

"Gebt noch einmal alles!" Marialle sah aus den Augenwinkeln wie Jaina die Hände erhob und sie spürte auf einmal wie sich alles leicht verzerrte und dann eine riesige Kraft durch sie ströhmte. Davon hatte die Priesterin schon gehört, aber dass es tatsächlich einen Zauber gab, der die Energie wieder auffüllte, indem sie einfach einige Augenblicke zurück gesetzt wurden, hielt sie für einen Mythos. Den anderen erging es offenbar genau so und die Untoten fielen einer nach dem anderen. Das Lichtspiel, das die Höhle in den unterschiedlichsten Farben beleuchtete, erlosch jäh, als der letzte Untote vernichtet zu Boden sackte. Nur noch das sanfte Glimmen, aus den Stäben der Magier spendete etwas Licht. Dolette sank, wie Malek und Marialle, wieder vor Erschöpfung auf die Knie.

"Hahaha da weiß man doch, dass man noch am Leben ist!", kam es lachend und zugleich erschöpft von dem Schurken.

"Ihr sagt es Schattenschreiter.", stimmte Orphan ihm zu.

"Mir fielen da ein, zwei bessere Dinge ein um das zu spüren.", schmunzelte Marialle, die ein wissendes Lächeln von Dolette erntete.

"Und jetzt? Ich weiß nicht einmal mehr von wo wir gekommen sind. Wie sollen wir denn jetzt weiter gehen?", gab Odessa kraftlos zu bedenken.

"Immer mit der Ruhe, Mädchen! Um das Vorn und hinten kümmere ich mich, wenn ich wieder weiß wo oben und unten ist!", war die spitze Erwiderung von Malek, der immer noch heftig atmete.

"Ihr habt recht, wir sollten uns einen kleinen Augenblick ausruhen.", stimmte Jaina missmutig zu, auch sie trug einige Spuren des Kampfes davon.

"Zum Ausruhen bleibt keine Zeit, Mylady Prachtmeer!", erklang eine gebieterische Stimme, scheinbar aus allen Richtungen des nun endlos wirkenden Gewölbes.

Orks, Tauren, Trolle und Legenden

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Orks, Tauren, Trolle und Legenden    
 

"Seid ihr sicher, dass das der richtige Weg ist, Cairne?" Die sechs sahen sich um, als wäre die merkwürdige Stimme, die von allen Seiten zu hallen schien, nicht schon verwirrend genug, gab es hier offenbar auch noch andere.

"Ja, Kriegshäuptling. Wir betreten grade das Gewölbe, in dem sich das Orakel aufhalten muss.", erklang noch eine weitere Stimme.

"Kriegshäuptling? Das sind Orks!", quietschte die junge Magierin, erschrocken.

"Still, Odessa!", befahl Dolette gedrungen, tauschte einen Blick mit Marialle aus und ließ ihr Schwert in die Scheide gleiten.

"Licht!" Und die drei Magier ließen ihre Stäbe hell erleuchten.

"Ihr seid nicht alleine hier, Kriegshäuptling!" Die Paladin bedachte den Titel mit einem leicht sarkastischem Unterton.

"Wer da?", fragte der angesprochene in die Richtung aus der das Licht kam.

"Als Erstes solltet ihr vielleicht wissen, dass wir zu sechst sind, also lasst eure Waffen ruhen!" Die Drohung verfehlte ihren Zweck nicht und so glitten, die Hände des Orks und des Kuh ähnlichen Wesens, neben ihm, von den Waffen zurück.

"Beim Licht, ein Taure. Es gibt sie also wirklich!", flüsterte Marialle, so dass nur ihre Begleiter es hören konnten.

"Ich frage noch einmal, wer seid ihr?", fragte der Ork nun ruhig, aber mit Nachdruck.

"Mein Name ist Dolette Glutklinge, Paladin der silbernen Hand, in meiner Begleitung ist Jaina Prachtmeer, Magierin der Kirin Tor und Thronerbin von Kul Tiraz. Eine Vision führte uns her. Seid ihr der Anführer der Orks denen wir auf dieser Insel begegneten, als wir gegen die heimischen Trolle Kämpfen mussten?" Sie war ebenso ruhig und Marialle fragte sich unwillkürlich wie viele Verhandlungen vor Schlachten sie schon geführt haben musste, dass sie im Angesicht des Feindes so gefasst bleiben konnte.

"Ich bin Thrall, Anführer der neuen Horde. Mein Begleiter ist Cairne Bluthuf, Häuptling der, hier in Kalimdor lebenden, vereinten Tauren. Ja es war ein Teil meiner Leute, an die ihr auf dieser Insel geraten seid. Und auch mich führt eine Vision in diese Höhle."

"Genug der Höflichkeiten!", erklang wieder gebieterisch die Stimme, die aus allen Richtungen zu kommen schien.

"Ihr seid beide meinem Ruf gefolgt und es ist unabdingbar, dass ihr eure unwichtigen Streitereien auf der Stelle bei Seite schiebt!", fuhr die Stimme fort und aus der entgegengesetzten Richtung, aus die der Ork und der Taure kamen, trat ein Mann aus dem Schatten, gekleidet in eine dunkle Robe, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen.

"Wer...?"

"Das tut hier nichts zur Sache!" Seine Stimme hallte erneut durch das ganze Gewölbe.

"Die Brennende Legion ist auf dem Vormarsch und ihr müsst sie aufhalten! Nur gemeinsam könnt ihr das Schaffen.", wandte er sich an Jaina und Thrall.

"Wir sollen mit diesen ungebildeten Haufen Drachenmist ein Bündnis schließen? Ihr träumt!", knurrte der Schurke, zwischen den Umstehenden hervor.

"Reißt euch zusammen, Schattenschreiter!", ermahnte die Paladin und bedachte ihn mit einem Blick, der keine Widerrede zuließ.

"Ihr habt keine Wahl! Ohne eine starke Allianz, zwischen der Horde und eurer Flotte, Lady Prachtmeer, steht Azeroth vor der Vernichtung." Jaina wechselte einen nachdenklichen Blick mit Dolette, die kaum merklich nickte.

"Gut, wir erklären uns dazu bereit!", sagte sie ruhig, der Schurke schnaubte leise.

Marialle beobachtete, wie der Ork mit dem riesigen Tauren einige Blicke austauschte, bis auch sie nickten.

"Wenn die ganze Welt auf dem Spiel steht, wird sich die Horde nicht dagegen stellen.", ließ Thrall verlauten.

"Ihr habt beide eine weise Entscheidung getroffen, so geht nun hin, zum Weltenbaum Norddrassil, auf dem Berg Hyjal. Verbündet euch dort mit den Nachtelfenfürsten Tyrande Whisperwind und Malfurion Sturmgrimm. Archimonde ist mit seinem Heer aus Dämonen und Untoten bereits in Kalimdor gelandet und will die Macht des Baumes an sich reißen, um Azeroth endgültig zu vernichten.", erklärte das Orakel. Die Gestalt glitt wieder zurück in die Schatten und war verschwunden.

Einige Herzschläge vergingen während alle in die Dunkelheit starrten in die der Vermummte getaucht war.

"Meine Truppen lagern am nördlichen Fuß des Berges, Lady Prachtmeer. Ich schlage vor wir treffen uns dort.", unterbrach Thrall ruhig die Stille, an die Magierin gewandt. Marialle bemerkte erst jetzt die wachen blauen Augen, die interessiert die Gesichter ihrer Gruppe inspizierten. Als sie aus den Augenwinkeln ihre Geliebte musterte, sah sie, dass auch sie es mit ihrem forschenden Blick bemerkte und ihn betrachtete.

"Unser Lager ist östlich, ich würde es begrüßen wenn ihr uns begleitet, Meister Bluthuf, damit wir das Lager der Orks nicht verfehlen. Seid ihr damit einverstanden, Thrall?" Der Ork nickte.

"In Ordnung, Cairne?" Auch der Taure nickte und ging zielstrebig in eine Richtung in der Marialle den Ausgang vermutete.

"Dann kommt, raus aus dieser Höhle.", befahl Dolette und alle gehorchten.

Es dauerte nicht mal halb so lange, wie der Hinweg, bis sie wieder Tageslicht erblickten. Draußen trennten sie sich von Thrall und sattelten die Greifen, wobei Marialle sich hinter Dolette schwang, um dem Tauren, ihr Flugtier zu überlassen.

Sie flogen zurück zu ihren Truppen und erreichten zwei Tage später das Lager der Orks und Trolle. Der Kriegshäuptling hatte gute Vorarbeit geleistet. Man erwartete sie und es gab eine kurze Aussprache mit den Trollen.

Thrall erklärte, dass einer der Orkclans, wenige Tagesreisen entfernt lauern würden. Der Kriegshymnenclan, angeführt von Grommash Höllschrei. Er habe sich erneute dem Einfluss des Dämonenblutes ausgesetzt, das ursprünglich für die Invasion der ersten Horde auf Azeroth verantwortlich war und somit Schuld trug an dem Zwist zwischen den Orks und den ansässigen Völkern der Östlichen Königreiche.

"Wisst ihr warum, Thrall?", fragte Marialle besorgt. Die Brennende Legion war ihr vorrangiges Problem, allerdings würden die Chancen auf einen Sieg, mit einer gespaltenen Horde, deutlich schlechter ausfallen.

"Meine Späher wissen nur, dass diese Orks unter dem Einfluss des Dämonenblutes stehen, mehr nicht. Grom ist mein Berater, Mentor und Freund. Mal abgesehen davon, dass er durchaus ein äußerst fähiger Krieger ist, genau wie seine Leute. Wir müssen ihn und seinen Clan, entweder wieder auf unsere Seite ziehen, oder sie aufhalten. Sonst laufen wir Gefahr, dass sie uns im entscheidenden Moment in den Rücken fallen." Die junge Frau überdachte die verzwickte Situation.

"Habt ihr schon einmal versucht sie zu reinigen?" Sie sah dem Ork gebannt in die klaren, blauen Augen.

"Natürlich, aber der Schamanismus ist nicht mehr sehr verbreitet unter den Orks. Wir sind grade mal fünf, das reicht nicht für die Anzahl, dieses großen Clans." Sie sah zu der Paladin, die offenbar ihre Gedanken lesen konnte.

"Zusammen mit der Macht unserer Priester könnten wir es schaffen, Thrall.", sprache sie diesen Gedanken nun aus.

"Lady Prachtmeer, wie viele Priester sind unter unseren Truppen?", fragte nun wieder die Priesterin und wandte sich an die blonde Magierin.

"Ich denke in etwa 20 sollten es sein, Lady Lichtsprung."

"Zusammen mit Maxime, William, mir und Euren Schamanen könnten wir es schaffen." Die Miene des Kriegshäuptlings hellte sich auf und ein Funken Hoffnung breitete sich in seinen klaren blauen Augen aus.

"Es wäre für uns alle von Vorteil, wenn wir diesen mächtigen Clan wieder in unseren Reihen wüssten.", stimmte er zu. Er schien zufrieden.
 

Es vergingen vier weitere Tage bis ein Späher berichtete, dass sie sich in unmittelbarer Nähe des Lagers der verdorbenen Orks befanden. Es war bis dato unklar, wie man vorgehen wollte. Die vereinten Streitmächte von Thrall und Jaina waren zahlenmäßig klar überlegen, aber man wollte die Orks unter Grommash Höllschrei wenn möglich nicht töten.

In diesen Teilen Kalimdors war das Land satt und dunkelgrün. Dicht bewaldeten und unwegsam. Dafür gab es Wasser und Wild im Überfluss.

Als sie ihr Lager in gebührendem Abstand aufgeschlagen hatten, fanden sich Dolette und ihr Gefolge, zusammen mit Jaina im geräumigen Zelt des Kriegshäuptlings ein, wo Thrall und Cairne Bluthuf auf sie warteten um sich auf eine Vorgehensweise zu einigen. Ein großer Tisch stand in der Mitte des Zeltes, auf ihm eine grobe Karte mit dem bisher entdeckten Teilen Kalimdors und einigen Ergänzungen des Tauren, beschienen von zwei Laternen. Mehr Lichtquellen gab es in dem Zelt auch nicht. Was der Atmosphäre, im Inneren, etwas Zwielichtiges verlieh.

"Sie werden sich nicht ergeben, das liegt nicht in unserer Natur. Schon gar nicht unter Einfluss, des Dämonenblutes.", erklärte Thrall gefasst.

"Dann sollten wir warten bis die Nacht herein bricht und die Wachen bewusstlos schlagen, dann können die Schamanen und Priester sie reinigen, wenn sie schlafen!", schlug Malek vor, dem ein verschlagenes Lächeln über die Lippen glitt. Eine Vorgehensweise ganz nach seinem Geschmack. Dolette sah von dem Schurken, zum Schamanen.

"Was meint ihr, ist das umsetzbar?" Der Kriegshäuptling ließ sich mit der Antwort Zeit.

"Wir müssen äußerst leise und schnell vorgehen, dann ist es machbar. Lady Lichtsprung, was meint ihr wie lange wir brauchen um den Reinigungszauber zu kanalisieren?" Marialle starrte abwesend auf einen unsichtbaren Punkt hinter Thrall, während sie überlegte.

"Schwer zu sagen, ich weiß ja nicht mal, mit Sicherheit, ob es funktioniert.", gab die Priesterin zu. Da schaltete sich die Hochelfe ein.

"Wir haben keine andere Wahl als es zu versuchen, Thrall. Ich werde zusammen mit Meister Bluthuf und einigen Truppen warten, falls die Reinigung fehlschlägt." Cairne nickte dem Ork zustimmend zu.

"Dann wird es so geschehen. Wir warten also bis der Mond hoch am Himmel steht und schlagen dann zu.", sagte Thrall dann schließlich. Sein Blick zeugte von Sorge, Marialle war unschlüssig, ob es die Sorge um seinen Freund, oder das mögliche Scheitern ihrer Mission war, was dies in ihm auslöste, aber es interessierte sie brennend, dass ein Ork zu solchen Gefühlsregungen fähig war.

"Ruht euch alle etwas aus, unter Umständen werden wir unsere Kräfte brauchen.", meldete sich nun auch Jaina, abschließend zu Wort. Einvernehmliches Nicken war die Antwort und so verließen die Anwesenden das geräumige Zelt. Draußen verabschiedeten Dolette und Marialle sich von ihren Gefährten. Die beiden gingen zusammen mit Jaina, zielstrebig auf das große Feuer in der Mitte des riesigen Lagers zu, dass zu je einer Seite von Menschen, Orks, einigen Tauren und Trollen umringt wurde. Am Feuer stand eine einsame Gestalt, mit blauer Haut, in eine spärliche Lederrüstung gekleidet. Seine roten Haare schienen, im Schein des Lagerfeuers, förmlich zu brennen. Wache, winzige gelbe Augen fixierten die drei Frauen, die zielgerichtet an seine Seite traten.

Der junge Häuptling der Dunkelspeertrolle straffte seine Statur und richtete sich zu seiner vollen, gebeugten Größe auf.

"Dürfen wir, Häuptling der Dunkelspeere?", sprach die Paladin ruhig an den Troll gewandt.

"Das war mein Vater, Sen'jin. Bitte nennt mich Vol'jin. Was kann ich für die Damen tun?" Marialle war überrascht wie überaus höflich dieser, in ihren Augen, Wilde war und dazu noch beinah akzentfrei zu sprechen vermochte. Vielleicht hatte sein Stamm nur noch wenig mit den Trollen, der östlichen Königreiche gemein. Geistesabwesend strich er über seinen roten Kinnbart und taxierte nun wieder die züngelnden Flammen des Lagerfeuers.

"Wir wollten euch gern von den Ergebnissen unserer Unterredung mit dem Kriegshäuptling unterrichten, vielleicht möchtet ihr euch der Sache anschließen, Vol'jin.", fragte die Elfe und kam seiner Bitte nach.

"Da seine Orks mein Volk vor dem sicheren Tod, durch euer Schwert bewahrt haben, ist ihm meine Unterstützung gewiss, Elflein." Seine Mundwinkel umspielten ein verschmitztes Lächeln und ließen seine gewaltigen Hauer in beide Richtungen abstehen. Offenbar war die unhöfliche Anrede, scherzend gemeint. Dolette konnte nicht umhin kurz finster zu grinsen, bevor sie der Priesterin aufmunternd zu zwinkerte, so dass sie zu sprechen begann.

"Meister Vol'jin, wir beabsichtigen den abtrünnigen Orkclan zu reinigen, unsere Priester werden sich dafür mit Thralls Schamanen zusammen tun und wir haben überlegt, ob eure Hexendoktoren auch über Möglichkeiten verfügen, uns in diesem Vorhaben zu unterstützen." Die stechenden gelben Augen musterten die Priesterin, mit einer Mischung aus Amüsement und unverhohlener Neugierde.

"Werdet ihr diesen Reinigungstrupp anführen kleines Menschlein?" Er zwinkerte der Priesterin zu und lächelte,. Komischerweise irgendwie charmant, dachte sie.

"So wird es sein, Meister Vol'jin." Er klatschte erfreut in die Hände. Aus den Augenwinkeln konnte Marialle den, mittlerweile leicht genervten Blick der Paladin erhaschen, was ihr ein Schmunzeln abverlangte.

"Na wenn das so ist, Mylady. So werden meine Hexendoktoren und meine bescheidene Wenigkeit selbst, euch äußerst gern bei diesem Vorhaben unterstützen.", ließ er hochtragend verlauten und verbeugte sich tief vor der schlanken Gestalt der jungen Menschenfrau.

"Dann ist es abgemacht Vol'jin?", mischte sich nun auch Jaina ein, die ebenfalls amüsiert lächelte. Einzig die Paladin blickte mürrisch drein.

"Bei meiner Ehre, magisches Menschlein." Und auch vor ihr deutete er eine Verbeugung an.

"Also dann, Vol'jin. Wir brechen auf sobald der Mond am höchsten steht, um die Orks im Schlaf reinigen zu können. Haltet euch bereit." Dolettes Stimme klang unterkühlt und ihre Augen waren, außer dem Schimmer des Feuers, der darin lag, bedrohlich und beinahe schwarz. Sie wandte sich zum Gehen, als der Troll erneut zu sprechen begann:

"Kleine Priesterin, habt ihr unter Umständen noch einen winzigen Augenblick für einen neugierigen jungen Häuptling?" Die Paladin erstarrte, doch konnte Marialle die Bitte nicht ausschlagen. Zu instabil war das frische Bündnis der verschiedenen Völker. Als die Elfe ihre Schritte fortsetzte, war der Priesterin klar, dass dies auch ihr bewusst war.

"Ach, auf einmal doch Häuptling, Meister Vol'jin?" Sie zog eine Augenbraue hoch.

"Aber ja, selbstverständlich habe ich einen für euch über.", fuhr sie fort. Sie vernahm das leise Schnauben der Hochelfe und spürte den überraschten Blick Jainas auf sich, aber sie konnte einfach nicht aus ihrer Haut, sobald sie herausgefordert wurde, saß ihr Zunge überaus locker. Vol'jin wartete mit seiner Antwort bis die beiden Frauen außer Hörweite waren.

"Für ein Menschenweibchen, seid ihr überaus, gewitzt und vorlaut, Mylady." Er lächelte wieder so, als wäre er der Meinung es wäre unwiderstehlich und seine Worte ein Kompliment gewesen.

"Ich lasse mich einfach nicht durch Titel blenden." Sie lächelte ebenfalls und doch hingen ihre Gedanken ihrer Liebsten nach, so aufgebracht hatte sie die Paladin wahrlich noch nicht gesehen und sie musste leicht schmunzeln, als sie daran dachte, dass sie offenbar auf einen Troll eifersüchtig war. Wie überaus abwegig, dass die Priesterin sich mit ausgerechnet so einem Wilden einließe.

"Weise Worte für ein so junges Wesen, das ehrt euch, Priesterweibchen." Mit den Gedanken, noch immer bei der Elfe, nahm ihre Geduld nun langsam ab.

"Genug des Schmalzes, Troll. Was kann ich für euch tun?" Das Grinsen des Dunkelspeerhäuptlings wurde breiter und augenblicklich bereute sie diese Richtung eingeschlagen zu haben.

"Haha, es steckt ja eine Raubkatze in euch, mein kleines Menschlein!" Er hofft auf eine weitere spitze Antwort, aber sie ließ ihn warten, also sprach er weiter:

"Schon gut, schon gut, Mylady. Ich wollte euch bitten, euch bevor wir aufbrechen, einmal mit mir und meinen Hexendoktoren zusammen zu setzten und eine Vorgehensweise abzusprechen. Vielleicht ist es euch möglich, eure Priesterchen und die orkischen Schamanen dazu zu holen." Sie fand überhaupt nicht, dass das nötig wäre, doch wollte sie nicht unhöflich sein, darum antwortete sie schlicht.

"Ich werde mit meinen Priestern eine Weile, vor Aufbruch am Treffpunkt sein, wenn ihr Wert darauf legt, dass Thrall und seine Schamanen ebenfalls daran teilnehmen, dann fragt ihn gefälligst selbst! Bis dahin." So dreht sie sich um und setzte sich in Gang, sie spürte deutlich die stechenden, gelben Augen auf sich ruhen, während sie davon eilte.
 

Marialle brauchte eine ganze Weile, bis sie die schöne Elfe an einem der kleinen Feuer am Rand, des Menschenlagers fand. Wortlos setzte sie sich zu ihr und wartete auf eine Aktion, um erahnen zu können was in der Paladin vorgehen mochte und sie wurde nicht enttäuscht.

"Hast du schon genug, von deinem Kuscheltroll?" Dolette schaute nicht einmal auf, ihr Blick war stur auf das kleine Feuer vor ihr gerichtet, in dem sie mit einem Zweig stocherte.

"Kuscheltroll? Bist du noch ganz bei Trost? Du weißt genau, dass ich seine Bitte nicht ausschlagen konnte, oder willst du alleine mit unseren Truppen gegen Archimonde ankämpfen?", stieß die Priesterin empört hervor.

"Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Meinst du ich hätte nicht gemerkt wie er dich mit diesen widerlichen Augen, ausgezogen hat? Dass an seinen Schweinehauern nicht der Speichel hinab getropft ist, verwundert mich mehr, als dass du ihm natürlich gern Rede und Antwort gestanden hast!" Zornesröte stieg in dem sonst so makellosen Gesicht der Hochelfe empor und ihre Augen waren zu Schlitzen verengt.

"Das ist doch lächerlich, Dole! Er hat mich nun mal auf seine Art herausgefordert! Was kann ich dafür, dass du bei solchen Bemerkungen kalt bleiben kannst?" Marialle fühlte sich äußerst ungerecht behandelt und so verzog auch ihr Gesicht, sich leicht vor Wut.

"Nur bei einer lässt es mich nicht kalt, vielleicht verstehst du nun warum ich mich so daran störe, wenn ich sehe wie sehr dieser Wilde, in der Lage ist, dich so zu reizen?" Und das tat sie tatsächlich, sie wusste nur zu gut, dass Dolette in Wortgefechten, mit der Priesterin alles andere als kühl war. Wenn sie also von sich selbst schloss, konnte es durchaus ein befremdlicher Anblick sein, wie Marialle sich auf dieses Spiel mit Vol'jin einließ.

"Ja, ich verstehe, aber bedenke bitte, dass ich nicht du bin! Wenn mich ein Skorpion sticht, steche ich zurück." Jetzt entspannten sich auch die Züge der Paladin. Instinktiv ergriff Marialle ihre Hand und sandte ihr eine Woge der Liebe, die sie für die Elfe empfand. Im Gegenzug empfing sie den Schmerz, den die schöne Kommandantin, bei der aufkeimenden Eifersucht spürte. Sie strich ihr sanft über die rosigen Wangen.

"Es tut mir leid, ich wollte dir nie weh tun, Dole.", sprach sie nun sanft und zärtlich, als sie das goldene Schimmern in ihren Augen erblickte.

"Eine schöne weise alte Elfe bin ich, habe nicht einmal ein so minderwertiges Gefühl, wie dieses unter Kontrolle. Mir tut es leid, Mari." Die Paladin lächelte leicht beschämt, als sie in die Augen der jungen Menschenfrau schaute und sich schließlich ihre Lippen zu einem zarten Kuss trafen. Das vertraute Leuchten um die beiden erstrahlte und beleuchtete sanft die Umgebung. Erst das Knacken von Schritten, ließ die beiden Liebenden auseinander fahren. Marialle erblickte die wachen, gelben Augen einer hochgewachsenen Gestalt, die sie sofort, als die von Vol'jin erkannte.

"Wat hat'n, der gute Vol'jin da entdeckt, maaaan? Ich hoff' ich stör' die süß'n Weibsch'n nich all zu sehr?", ertönte seine Stimme, nun ohne Zwang, mit dem durchaus verhöhnten trollischen Akzent. Dolette rollte demonstrativ mit den Augen und Marialle wollte grade zu einer Erwiderung ansetzten, als der Troll ungehindert fort fuhr:

"Nich doch, ich kam, mich zu entschuldig'n, kleines Menschlein. Ich wollt' euch nich in Bedrängnis bring'n oder euch sonst wie Ärger bereit'n.", sprach er erst an die Priesterin gewandt und endete mit dem Blick auf Dolette ruhend. Man hätte meinen können ein kurzes Grinsen über seine Lippen huschen zu sehen, doch zumindest der Paladin, schien es entgangen zu sein.

"Das ehrt euch Vol'jin, können wir sonst etwas für euch tun?", fragte sie und bedachte ihn mit ihrem forschenden Blick.

"Nun Myladys, um ehrlich zu sein, sehnte ich mich etwas nach Gesellschaft und dachte ich finde sie bei euch, bis wir gemeinsam aufbrechen. Ausserdem bin ich neugierig und möchte mehr über eure Völker erfahren. Also wenn ihr nichts dagegen habt würde ich mich zu euch setzen." Er sprach jetzt wieder akkurat, was die Priesterin nur mäßig beeindruckte und so war es nun an ihr mit den Augen zu rollen.

"Natürlich gern. Nehmt Platz, Häuptling.", bat Dolette und deutete auf den Platz auf der anderen Seite des Feuers.

"Habt Dank, Elflein..." Bevor er weiter sprechen konnte, wurde er unwirsch von Marialle unterbrochen.

"Sagt, Troll; ist es bei euch üblich seinem Gegenüber nicht die selbe Ehre zu erweisen und ihn bei seinem Namen zu nennen, so wie er es tut? Schließlich habt ihr vorhin noch darauf bestanden!" Vol'jin kam nicht umhin ein weiteres mal, über die gereizte Reaktion der Priesterin zu lachen.

"Ha, natürlich Lady Marialle, Lady Dolette, verzeiht meine Unhöflichkeiten. Wisst ihr zwei eigentlich, dass ihr grade geleuchtet habt wie der Mond und die Sonne zusammen, Myladys?" Ein weiteres Augenrollen folgte, doch die Paladin lächelte milde und erzählte bereitwillig alles, was sie über ihre einzigartige Verbindung wussten.

"Wie überaus aufregend! Da hat ja wohl das Schicksal seine Finger mit im Spiel gehabt, als ihr euch wieder gefunden habt! Wisst ihr bei meinem Stamm gibt es eine Legende um die Töchter der Lichtgöttinnen, vielleicht besteht eine Verbindung dazu?" Nun war auch das Interesse der Priesterin geweckt und sie blickte dem Troll geradewegs in die wachen Augen.

"Würdet ihr uns von dieser Legende erzählen, Vol'jin?", fragte sie ohne ihre Neugierde zu verstecken.

"Ich dachte schon ihr fragt nie!", erwiderte er zwinkernd und auch Dolette durchbohrte Vol'jin, förmlich mit ihren forschenden Blicken.

"Nun denn, mein Volk sagt, dass am Anfang, als noch die alten Götter Chaos über unsere Welt brachten, die Herrin der Sonne und die Herrin des Mondes, als einzige erkannten, dass Azeroth dem Untergang geweiht war. So gebaren sie jede eine Tochter, um der Welt die Hilfe zu bringen, die sie so dringend brauchte. Sie versiegelten ihre ureigenen Kräfte in den Töchtern und schickten sie in die chaotische Welt, um einander zu finden und ihr Schicksal zu erfüllen. Jede für sich musste großes Leid ertragen, um ihren Weg zur anderen zu finden und nach vielen gefährlichen und beschwerlichen Aufgaben, die es zu lösen galt, fanden sie einander schließlich. Als die Töchter sich dann die Hände reichten und die Siegel brachen, erstrahlten ihre Körper im jeweiligen Licht der Mütter von Sonne und Mond. Sie leuchteten immer heller und als die beiden erkannten, was ihre Verbindung so machtvoll machte, lösten sie sich mit tränenüberströmten, aber glücklichen Gesichtern in ihren Lichtern auf. Das vereinte goldene und silberne Licht, leuchtete heller als alle Sonnen und Sterne im Universum und so sandten die Töchter von Sonne und Mond, den ersehnten Hilferuf. Woraufhin die Reisenden, ich glaube ihr nennt sie Titanen, auf diese Welt aufmerksam wurden, die alten Götter versiegelten und Azeroth zu einem erblühenden, belebten Planeten machten. Man sagt, das jeweils ein Funken goldenes und silbernes Licht auf unsere Welt nieder fiel, um auf ihr erneutes erwachen zu warten und wieder miteinander vereint zu werden." Als er geendet hatte, sah Vol'jin verträumt zum Mond hinauf und Marialle meinte einen feuchten Glanz in seinen wachen gelben Augen gesehen zu haben. Dolette beobachtete ihn ebenfalls und ergriff die Hand der Priesterin ohne hinzusehen, woraufhin augenblicklich das gewohnte Leuchten erschien.

"Hälst du es für möglich, dass die Funken in uns erwacht sind, um einander wieder zu finden?" Der Troll ließ den Kopf wieder sinken und zuckte mit den Schultern.

"Wer weiß, vielleicht können die Spitzohren euch mehr dazu sagen, sie verehren schließlich Mutter Mond." Dolette nickte nur und schaute, ebenso wie Vol'jin und Marialle hinauf zum Mond und die Priesterin bat Elune im Stillen um ein Zeichen.

Der Held der Horde

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Der Held der Horde
 

Auf den ersten Blick waren sechs patrouillierende Orks und zehn Wachen zu sehen. Malek und Vol'jin waren noch weiter um das Lager des Kriegshymnenclans geschlichen, um dies zu bestätigen. Marialle wurde von Maxime und William flankiert, die ebenso auf das Lager der Orks starrten wie sie selbst. Es war ganz ähnlich aufgebaut wie ihr eigenes Lager. Auf einer kleinen Lichtung, die im silbernen Licht des Mondes sanft beschienen wurde.

"Lady Lichtsprung, die Zelte stehen alle sehr nah bei einander, was meint ihr? Gute Voraussetzung, oder?" Klare blaue Augen, sahen sie gespannt an. Die Priesterin mochte den Kriegshäuptling wirklich. Er hatte, trotz seines orkischen Aussehens, etwas Attraktives. Seine dunkle Plattenrüstung umspielte schmeichelhaft seine muskulöse Figur und auch die kleinen Hauer die zwischen seinen Lippen hervor lugten, taten seiner angenehmen Aura, keinen Abbruch. Er durchbohrte sie noch immer mit seinen blauen Augen.

"Ehm, ja ich denke, das macht es uns insgesamt leichter. Sobald die Wachen ausgespäht sind, verteilt ihr euch alle wie nach Plan, um das Lager herum und wartet auf das Zeichen." Marialle sprach gedämpft, dennoch vermochte auch der hinterste, ihre klar gesprochenen Worte zu verstehen.

"Sobald Vol'jin wieder da ist, fangen wir an. Wir drei gehen dann in die Mitte des Lagers zum Zelt von Höllschrei, einverstanden Thrall?" Der Ork nickte ihr zu und ein unsicheres Lächeln umspielte seine wulstigen Lippen, sie versuchte es zu erwidern. Eine Hand legte sich auf ihre Schulter und sie fuhr erschrocken herum.

"Beim Licht, Vol'jin. Müsst ihr euch so anschleichen?" Der Troll grinste verschlagen und zwinkerte dem Schurken zu, der ihn begleitete.

"Findet ihr zwei das etwa..." die Priesterin unterbrach sich, als sie sah wie sich die Gesichtszüge Vol'jins schlagartig, verzerrten. Er schob sie unwirsch in die Arme von William und fixierte etwas vor sich, das Marialle nicht sehen konnte, da ihre Sicht von Maxime versperrt wurde. Sie sah nur, wie der Häuptling der Dunkelspeere einen Pfeil aus seinem Köcher zog und ihn geräuschlos an seinem Bogen anlegte. Ein kurzes Zischen, gefolgt von einem dumpfen Aufprall erklang und schon stand der drahtige Körper des Trolls wieder vor Marialle und reichte ihre eine Hand um sie wieder in eine aufrechte Position zu ziehen.

"Verzeiht Menschlein, aber manchmal muss man handeln, nicht sprechen." Sie nickte ihm zu und sah den Ork am Boden liegen, dem ein Pfeil in der Wade steckte. Augenblicklich waren zwei Trolle zu ihm geeilt und knebelten ihn.

"Also sind es mehr als erwartet?", fragte nun Thrall an die beiden hinzugetretenen, gewandt.

"Ja Kriegshäuptling, vier nein nur noch drei weitere Patrollien und zwei Wachen die hinter dem Zelt Höllschreis sitzen." Thralls blaue Augen starrten abwesend in die gelben Vol'jins, bis der Ork sich fing.

"Gut, dann strömt nun aus und betäubt sie auf mein Zeichen, es ist wichtig, dass sie möglichst gleichzeitig ausgeschaltet werden, damit niemand Alarm schlägt. Vol'jin ihr geht bitte vor und kümmert euch um die Wachen an Groms Zelt." Der Troll nickte und glitt in die Schatten der Zelte, alle umstehenden setzten sich in Bewegung. Marialle und Thrall beobachteten ihre Leute und als sie in Position waren, ließ der Ork ein Totem erscheinen, dass einen Feuerball in die Luft schoss und augenblicklich wurde das Lager für den Bruchteil eines Herzschlages, hell erleuchtet als die Betäubungszauber durch die Reihen der Zelte flogen. Dumpf fielen die bewusstlosen Orks zu Boden und Thrall und Marialle sahen sich um, ob es irgendwo Komplikationen gab, bevor sie in die Mitte des Lagers, an die Seite von Vol'jin traten. Er nickte stumm als Zeichen, dass alle Wachen ruhig gestellt waren. Der Kriegshäuptling sah in die Richtung, aus der er und die Priesterin kamen und ein weiterer Feuerball flog über ihre Köpfe hinweg. Die drei nickten einander noch einmal zu und hoben die Hände, um ihre Zauber mit denen der anderen zu verbinden. Silberne, blaue und lilane Linien zogen aus allen Richtungen gen Himmel und trafen sich über den Köpfen der drei, wo auch ihre Energieströme sich mit denen der anderen verbanden und langsam eine riesige Kuppel über das Lager entstehen ließen. Als die Kuppel ringsherum den Boden berührte fielen bunt glitzernde Tropfen Energie von der Kuppel hinab, auf die Zelte und sickerten durch den Stoff. Marialle fühlte wie der mächtige Zauber anfing an ihren Reserven zu zerren, aber es war fast geschafft.

Plötzlich spürte sie eine gewaltige Hand an ihrer Kehle. Als sie herunter schaute, sah sie auf der Hand einige Tropfen des Energieflusses langsam in die grüne Haut eindringen.

"Was geht hier vor sich?", donnerte eine dunkle Stimme durch die Nacht.

"Grom, Freund! Halte ein! Warum auch immer ihr wieder Dämonenblut in euch habt, wir werden euch davon befreien." Sie sah den flehentlichen Blick in den tief, blauen Augen Thralls und eiskalte Panik überkam sie.

"Thrall?" Der Griff um den Hals der jungen Menschenfrau löste sich und sie sank zu Bode. Hustete leicht und rang nach Luft. Ein Markerschütternder Schrei ließ die Erde um sie herum erbeben. Als er ihn beendet hatte richtete sich Grommash Höllschrei wieder zu seiner beeindruckenden Größe auf. Er trug eine rote Lederrüstung, sein Unterkiefer war fast komplett schwarz tätowiert und zahlreiche Ringe zierten seine Ohren. Seine Augen leuchteten rot, verdorben vom Dämonenblut, aber sie waren nicht leer, das magische Ritual schien zu funktionieren und so hob sie wieder ihre Hände.

"Thrall versucht ihn aufzuhalten!",befahl sie dem Kriegshäuptling und er nahm seine Hände runter und ging in Kampfposition. Marialle spürte wie sie wieder eins wurde, mit den restlichen Energieströmen und konzentrierte sich. Grom sah Thrall einige Augenblicke an und so gewannen sie kostbare Zeit. Sie spürte, dass es fast geschafft war, als der riesige Ork sich erneut schreiend aufbäumte und dabei seine Arme grob durch die Luft schleuderte. Die Priesterin spürte einen stechenden Schmerz als sie unsanft von einem seiner muskelbepackten Arme durch die Luft gerissen und fort geschleudert wurde. Marialle sah wie der letzte Energiestrom in der Mitte des Lagers abbrach und wurde von zwei starken, dünnen Armen aufgefangen.

"Vol'jin, nein! Der Strom darf nicht abbrechen, dann war es umsonst!" Der Troll sah ihr erschrocken in die Augen und streckte einen Arm in die Höhe, aus dem Augenblicklich wieder der lilane Strom empor stieg und das Loch, was in der Mitte der Kuppel entstand war wieder verschloss. Marialle tat es ihm, so gut es ging und auch aus ihren Händen floss nun wieder der silbrige Energiestrom gen Himmel. Die Orks in den Zelten regten sich und traten verwirrt heraus und auch Grom machte nun einen ruhigen, aber verwirrten Eindruck. Er sah Thrall immer noch unbeirrt in die blauen Augen und schließlich sank er auf die Knie und seine Stimme zeugte von Bitterkeit, als er begann zu sprechen:

"Bruder, als wir zum Holzsammeln unterwegs waren, kam da diese merkwürdige Cenarius-Kreatur und wollte uns aufhalten, Bäume zu fällen. Schließlich kamen wir an einen Brunnen und du ahnst es. Mannoroths Blut war darin. Und ich wurde schwach, erneut. Wir erschlugen diesen Vierbeiner und sein Gefolge und kamen dann hier her. Verzeih mir Freund." Marialle und Vol'jin ließen ihre arme sinken und der Zauber verflüchtigte sich allmählich in der Luft. Thrall kniete zu dem gebrochenen Ork nieder und sprach leise:

"Dann komm jetzt mit mir und wir machen diesem verfluchten Dämonen endlich ein Ende, Bruder!" Höllschrei sah auf und ein schiefes Lächeln huschte über sein Gesicht, das von einem stummen Nicken begleitet wurde. Der Kriegshäuptling zog Grom mit sich hoch und warf Marialle und Vol'jin nur einen Blick zu. Sie verstanden und schauten den beiden Orkanführern zu wie sie in der Nacht verschwanden. Vol'jin brüllte einige Instruktionen und so kümmerten sich die Priester, Schamanen und Hexendoktoren um die verwirrten Orks des Kriegshymnenclans, die grade ihren eigenen Willen zurück erlangt hatten und führten sie schließlich ins große Lager der Verbündeten Völker. Marialle wurde erst jetzt bewusst, dass der Troll sie noch immer trug und erschrocken stellte sie fest, dass ihr Bein eine unnatürliche Krümmung aufwies. Sie wurde bleich und spürte plötzlich wieder deutlich den Schmerz in sich hochsteigen. Vol'jin schien zu bemerken, wie sich ihr Zustand rapide verschlechterte.

"Keine Sorge kleines Weibchen, ich bring dich schnell zu dem Elflein, dann werden wir dir schon helfen.", sagte er sanft zu ihr hinab und streichelte mit seinem Daumen ihren Oberarm.

"Das mit den Namen ist noch immer nicht zu dir durchgedrungen, was Troll?" Sie lächelte schwach, als Vol'jin sich wortlos, aber grinsend in Bewegung setzte und in rasantem Tempo durch die Bäume jagte. Die Priesterin, war schon der Ohnmacht nah als er schließlich stoppte.

"Was ist geschehen?", vernahm sie die besorgte Stimmer ihrer Liebsten.

"Dole?" Sie öffnete wieder ihre Augen und sah in die dunklen der Paladin, die hell golden aufleuchteten, als sie die Hand der Priesterin ergriff. Marialle fühlte sich augenblicklich besser.

"Legt sie bitte nieder Vol'jin.", bat sie den Troll und er kam der Bitte sofort nach. Er erklärte knapp was geschehen war, dann nickten sie einander zu.

"Wir müssen dein Bein erst wieder in die normale Ausrichtung bringen bevor wir es heilen können." Das Gesicht der Hochelfe hatte merkwürdige, unbekannte Züge angenommen und die Menschenfrau bereitete sich innerlich darauf vor, was gleich kommen würde.

"Bringen wir es schnell hinter uns, ich will diesen Gesichtsausdruck nicht noch länger sehen, Dole." Ein finsteres Lächeln glitt der Paladin über die Lippen und sie nickte Vol'jin ein weiteres mal zu. Er kniete sich am Kopf der Verletzten nieder und stemmte sich auf die Schultern von Marialle, bis diese keuchen musste. Dolette umfasste den Knöchel von Marialles linkem Bein und sah zu ihr auf.

"Komm bloß nicht auf die Idee zu zählen!" Die Elfe musste erneut lächeln, bevor sie mit einem kräftigen Ruck, das Bein in seine Ausgangsposition drängte. Ein ohrenbetäubender, greller Schmerzensschrei durchbrach die Stille um sie herum, der jäh endete.

Marialle sah noch wie die Hände der Paladin über ihrem Bein schwebend aufleuchteten und fiel in eine wohltuende Ohnmacht.
 

Leise Stimmen weckten sie und sie brauchte eine Weile um sie zuzuordnen, bis sie Dolette, Jaina, Vol'jin und Cairne erkannte, die offenbar außerhalb ihres Zeltes gedämpft sprachen.

"...den Berg Hyjal von hier aus schon sehen, wir sollten keine zu lange Rast einlegen." Sie erkannte die ruhige, dunkle Stimme des Tauren.

"Ich denke auch, dass wir so schnell wie möglich weiter reisen sollten, doch was ist mit den geläuterten Orks? Wir wissen nicht wie kräfteraubend die vergangenen Tage für sie waren. Ich würde sie nur ungern nach kommen lassen, wer weiß wie gut die Reinigung tatsächlich funktioniert hat.", gab die Paladin zu bedenken. Eine Pause entstand, offenbar wurde das gesagte, genau überdacht.

"Dann machen wir es anders rum, eine kleine Gruppe von uns reist vor um die Verhandlungen mit den Nachtelfen zu führen und der Rest bleibt hier und schaut wie die Kriegshymnenorks sich machen. Vielleicht ist Thrall bis zum Morgengrauen ja auch schon wieder da, dann beraten wir neu.", ließ nun Jaina verlauten.

"Gut, dann kann ich mich ja endlich'n bisschen aufs Ohr pack'n.", stimmte der Troll fröhlich mit ein und Marialle hörte wie sich die Schritte, außerhalb des Zeltes entfernten, alle bis auf einer. Dolette betrat behände das Zelt und trat langsam zum Lager der Priesterin. Als sie sah, dass diese wach war, lächelte sie zärtlich zu ihr hinab, bevor sie sich niederkniete.

"Wie fühlst du dich, Mari?" Die Elfe legte eine Hand auf ihre Stirn und so war eigentlich keine Antwort mehr nötig.

"Mir geht's gut, Dole. Mich nervt nur der Gedanke, dass ich jetzt ein paar Tage nicht vernünftig laufen kann." Das Gesicht der Paladin wurde sanft und weich, als sie ihre Hand an der Wange der Priesterin hinab gleiten ließ.

"Ich fühle mich wirklich nicht wohl, dich in so gefährlichen Situationen, nicht an meiner Seite zu wissen, wie soll ich dich so beschützen? Was hälst du davon wenn ich dich in nächster Zeit wieder trage?" Die dunkelblauen Augen waren traurig, da konnte weder der goldene Schimmer noch der kleine Scherz drüber hinweg täuschen.

"Du musst vertrauen haben, Liebste. Vielleicht tragen wir ja wirklich die Lichter, der Herrinnen von Sonne und Mond in uns. Ich denke nicht, dass sie sich so leicht wieder trennen lassen, nachdem sie Jahrtausende ihr Gegenstück gesucht haben." Die Menschenfrau sah die schöne Paladin warm an und die Angst schien aus ihren Augen zu weichen.

"Komisch, so eine Geschichte ausgerechnet von einem Troll zu hören, meinst du nicht?" Da hatte sie noch gar nicht drüber nachgedacht, aber die Paladin hatte recht, es war merkwürdig. Der glaube an die Lao, den Göttern an die die Trolle glaubten, schwang mit keiner Silbe in dieser Legende mit.

"Naja man sagt ja, dass die Trolle schon auf dieser Welt wandelten, noch bevor die alten Götter versiegelt wurden. Davon ausgehend, dass die ganzen alten Legenden wahr sind, ist diese hier viel mehr eine Geschichte, als eine Sage und wenn es sich so zugetragen hat, dann war es tatsächlich so, da können die Lao rumspuken wie sie wollen." Die Kommandantin schmunzelte bei diesem Gedankengang.

"Also gehen wir davon aus, dass diese Geschichte etwas mit uns zu tun hat?"

"Warum nicht? Ändert das etwas für dich?" Marialle überlegte kurz.

"Nicht im geringsten, aber es interessiert mich dennoch. Hast du eigentlich mal Gelehrte aus Silber..." Sie unterbrach sich, erschrocken über ihre Unachtsamkeit. Silbermond lag vermutlich in Schutt und Asche.

"Bitte entschuldige." Dolette sah sie sanft an, keine Spur missfallen oder auch nur Trauer lag in ihrem Blick.

"Schon gut, Mari. Wenn das hier vorbei ist gehen wir nach Quel'Thalas. Vielleicht tut es denen die von meinem Volk übrig geblieben sind, ja auch ganz gut ohne die Macht des Sonnerbrunnens leben zu müssen." Marialle wusste genau, welche Mühen die Paladin auf sich nahm, um nicht mehr von der Macht des Sonnenbrunnens abhängig zu sein und sie war froh, dass sie sich schon lange in der Kunst übte ihre eigene Sucht nach Magie, durch ihren Glauben und Meditation, in geregelte Bahnen zu lenken. Ansonsten würde die Hochelfe unter Umständen in Krankheit oder Wahnsinn verfallen.

"Wenn wir in dem Zuge auch kurz nachsehen könnten, wie es meiner Familie ergangen ist, kann mich keine Macht auf Erden davon abhalten dich zu begleiten."

"Dass du das überhaupt fragen musst, Mari." Sie lächelte die Paladin an und zog sie am Kragen zu sich hinab in einen sanften Kuss. Die Priesterin spürte Dolettes Hand, wie sie von ihrer Wange ihren Hals hinab strich und ein wohliger Schauer durchströmte ihren Körper, der ihren Kuss fordernder werden ließ. Die Paladin schmunzelte in den Kuss hinein.

"Spielt dein Bein hierbei überhaupt mit?" Ein frecher Schalk legte sich auf das Gesicht der Elfe, dem Marialle nicht zu widerstehen vermochte. Sie zog sie wieder zu sich und stoppte nah bei ihrem Ohr.

"Ich werde dir schon zeigen was es alles mitmacht!", hauchte sie verführerisch. In dem Moment spürte sie wie die langen Ohren der Hochelfe leicht zuckten.

"Was ist Dole?", fragte sie daher.

"Ach nichts.", sagte sie ausweichend, doch sie konnte ihrer Geliebten nur schwer etwas vor machen. Die Priesterin drückte sie von sich weg, um ihr in die gold leuchtenden Augen schauen zu können.

"Vergiss nicht mit wem du sprichst, mich kannst du nicht belügen, Dole." Dolette seufzte leise, sie wusste genau, dass die Priesterin damit recht hatte.

"Ich denke Thrall ist grade ins Lager zurückgekehrt und wie mir scheint, allein.", erklärte sie wehmütig und jetzt war der Menschenfrau klar, weshalb sie nicht sofort damit rausrücken wollte.

"Liebste, wir sollten hier so oder so bei der Sache bleiben, auch wenn wir ein Bündnis mit ihnen haben, ist es nicht unbedingt ratsam sich in einem Lager voller Orks, Tauren und Trolle auf diese Art fallen und gehen zu lassen." Sie zwinkerte ihr sanft zu, um ihren Worten ein wenig die bedrückende Brisanz zu nehmen und Dolette verstand. Sie nickte, reichte ihr die Hand um ihr aufzuhelfen und stützte, die junge Frau bis sie gemeinsam aus dem Zelt traten. Überrascht, blinzelten sie in den schon beginnenden Sonnenaufgang, als sie Thrall einige Körperlängen entfernt durch die Reihen der Zelte gehend, erkennen konnten. Über seine Schulter war der Körper des anderen Orks gelegt und Marialle überkam eine Vorahnung.

"Kriegshäuptling, lasst euch helfen, Freund!" Der Ork schaute auf, sein Blick war erschöpft, aber noch immer klar, ein schwaches Lächeln glitt über seine Lippen.

"Heute Nacht sind die Toten mir überlassen, Lady Glutklinge. Kümmert euch lieber um die Lebenden. Lady Lichtsprung hat es ganz schön erwischt, vorhin." Er ging ungehindert weiter, während die Frauen einen Blick austauschten. Die Gedanken der Priesterin lesend, hob sie diese in einer einzigen geschmeidigen Bewegung auf ihre Arme und eilte dem Kriegshäuptling hinterher. Das Schauspiel wiederholte sich einige male und schließlich kam Thrall, samt Gefolge, das mittlerweile aus Dolette, Marialle, Jaina, Malek, Cairne,Vol'jin und einem weiteren älteren Ork bestand, den Marialle als Thralls Stellvertreter erkannte, in der Lagermitte am großen Feuer an.

"Lasst mich euch erzählen was geschehen ist.", begann der Kriegshäuptling, nachdem er den toten Körper neben sich abgelegt hatte. Mittlerweile waren viele Orks und auch einige der anderen Völker, dazugetreten.

"Wir fanden etwas weiter im Norden einen Canyon, in dem sich der Grubenlord Mannoroth versteckt hielt. Er war wie einst schon in unserer Heimat, dafür verantwortlich, dass die Orks von dem Dämonenblut tranken. Wir griffen ihn sofort an, jedoch überwältigte er mich schnell, als ich wieder zu mir kam, sah ich grade, wie Grom, beseelt vom Blutrausch, seine Axt Blutschrei in den Dämonenlord trieb. Als der Grubenlord starb setzte er eine Menge Energie frei, die auch Grom letzten Endes verzehrte. Im Sterben liegend, erklärte er mir noch, dass er einmal mehr den Blutrausch spürte und die Macht des Dämonenblutes nutzte, um Mannoroth endgültig zu vernichten. Dann verschwand der rote Schleier endgültig aus seinen Augen und er konnte befreit hinüber zu seinen Ahnen gehen. Und jetzt bin ich hier."

"Freund, ich weiß gar nicht was ich sagen soll.", sprach Cairne ruhig. Thrall sah in die betretenen Gesichter seiner Verbündeten und lächelte wehmütig.

"Eure Anteilnahme ehrt Grom, genau so wie mich, Freunde. Wir wollen nicht Trauern, sondern dem ersten Helden der neuen Horde, die letzte Ehre erweisen und ihm den Weg zu den Ahnen bereiten." Er warf dem alten Ork einen Blick zu woraufhin dieser kurz verschwand und mit einer Trage wieder auftauchte. Zusammen mit Thrall legte er den Körper auf das Holz und hob es in die Flammen, die den Körper schließlich umringten.

"Danke, Varok, mein Freund." Der Alte nickte grimmig er trug eine graue stachelbewährte Rüstung und schwarzes Haar, ebenso wie Thrall.

"Grommash Höllschrei, war eine der wichtigsten Persönlichkeiten unseres Volkes, er brachte großes Unheil über jeden von uns, doch letzten Endes machte er seinen Fehler wieder gut. Führte uns in die Freiheit und befreite uns von der Last des Dämonenblutes. Freund, Bruder, Vater. Grom, geh hin in die Reihen unserer Ahnen, hab von dort ein Auge auf uns, bis wir uns irgendwann wieder sehen. Auf bald Gromash Höllschrei, Häuptling des Kriegshymnenclans, Held der Horde.", sprach der Ork namens Varok, würdevoll.

"Lok'tar Ogar, Bruder! Lasst das Lok'vadnod erklingen Brüder!", brüllte Thrall und einige Orks holten Trommeln, um sie Momente später ertönen zu lassen. Laut und donnernd formten sie einen langsamen Rhythmus. Augenblicke später erklangen die dunklen Stimmen der Orks und stimmten eine traurige Melodie in das Trommelspiel ein. Die Umstehenden schauten in das Feuer und lauschten dem Lied, das nur wahren Helden der Horde, bei ihrem Tod zu Teil wurde.

Die Verteidigungslinie wird errichtet

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Die Verteidigungslinie wird errichtet
 

Tage später erreichte das ungewöhnliche Bündnis aus Menschen, Orks, Tauren und Trollen die Ausläufer des dicht bewaldeten Berges Hyjal, an dem sie auf die ersten Nachtelfen stießen. Große aufrechte Wesen, die mit Dolette kaum noch etwas gemein hatten. Wo die Paladin in Größe, Statur und vor allem Hautfarbe beinah einem Menschen glich, unterschieden sie sich ganz prägnant. Die männlichen Wachen hier, waren sicher drei Köpfe größer als Marialle. Mit breiten Schultern und von muskulöser Statur. Die Hautfarbe war in unterschiedliche Blautöne bis hin zu violette getaucht und die Priesterin wunderte sich nun nicht mehr warum man die Kaldorei Nachtelfen nannte.

Sie waren kein bisschen freundlich gesonnen. Der Tod von Cenarius, einem Waldgott und Anführer der nachtelfischen Druiden, und ihren Brüdern und Schwestern die an seiner Seite sstarbe, hatte zu tiefe Spuren hinterlassen.

Nach einigen zähen Verhandlungen mit den Wachen, hatten sich die Nachtelfen jedoch schließlich bereit erklärt, eine kleine Gruppe zu ihren beiden Anführern auf den Gipfel des Berges steigen zu lassen und dort die Verhandlungen von ihren Oberhäuptern weiter führen zu lassen. Dolette, Marialle, Jaina, Thrall, Cairne und Vol'jin würden den Berg besteigen, um die Nachtelfenfürsten aufzusuchen, wie das Orakel es ihnen befohlen hatte.

Die sechs ungleichen Gefährten wurden von einem Dutzend Nachtelfen auf den Gipfel des Hyjal geführt.

Die Umgebung war satt und grün. Marialle fühlte sich von der Aura, die hier herrschte sofort in ihren Bann gezogen. Eine natürliche Magie schien hier in jedem Baum, jedem Busch und jedem Tier zu wohnen. Sie wurden in ein Haus geführt, das mit schönen Holzschnitzereien verziert war. Im Inneren wurden sie von zwei Nachtelfen erwartet, der Mann war von beeindruckender Größe, an seinen Armen hatte er Flügel und auf dem Kopf wuchs aus seinem grünen Haar, ein mächtiges Geweih, was ihn stark von seinen Artgenossen unterschied. Trotz seines Äußeren umgab ihn eine Sanftmut und Weisheit, die seinesgleichen suchten. Die Frau an seiner Seite war von atemberaubender Schönheit, schlank und Hochgewachsen, ihr Türkises Haar umspielte offen die filigranen Gesichtszüge und vollen Lippen.

Einige Körperlängen hinter ihnen Stand eine weitere Frau mit dunkelblauen Haare, aus denen, genau wie bei den beiden anderen, lange, blaue oder violette Ohren ragten. Sie trug eine dunkle Rüstung und den kunstvollen Bogen im Anschlag.

"Der Erzdruide Malfurion Sturmgrimm und die Hochpriesterin Tyrande Whisperwind.", wurden sie von einer der Wachen vorgestellt.

"Wir haben euch erwartet, Fremde.", erklang die ruhige, aber bestimmte Stimme, des Nachtelfenmannes.

"Wir sind zu Verhandlungen über ein Bündnis bereit, sofern ihr euch von den Mördern meines Shan'dos und der Verräterischen Hochgeborenen lossagt.", sprach er erhaben und bedachte Thrall und Dolette mit einem missgünstigen Blick. Hochgeborene war eine Bezeichnung für Dolettes Volk aus der Zeit, als sich die Quel'Dorei von ihren Brüdern und Schwestern lossagten. Das Volk der Kaldorei wurde gespalten. Großes Unheil für ganz Azeroth war die Folge dieser Entzweiung und es löste die Zerstörung des Brunnens der Ewigkeit aus, der ersten Quelle der Macht der Nachtelfen, die ihnen die Unsterblichkeit verlieh. Kalimdor riss es dabei auseinander und alles was davon übrig blieb war der Mahlstrom mitten im Meer.

"Meister Sturmgrimm, mit denen die euch, vor tausenden von Jahren betrogen haben, haben die wenigsten meines Volkes heute noch etwas gemein. Dazu kommt, dass ein Großteil von ihnen im Kampf gegen unseren gemeinsamen Feind, gefallen ist. Der Ork, der die Euren und den Halbgott getötet hat, stand unter einem mächtigen Fluch. Er und sein Gefolge wurden von unseren Priestern, Schamanen und Hexendoktoren in einem Ritual gereinigt. Bei dem Unterfangen, den Verantwortlichen dieses Fluchs zur Strecke zu bringen, ließ dieser Ork sein Leben. Ausserdem..." Dolette sprach ruhig und unterwürfig, nichts von der Erhabenheit, die ihre Worte sonst begleitete lag in ihnen. Und zumindest bei Tyrande schien sie nicht auf taube Ohren zu stoßen, doch sie wurde jäh vom krächzen einer Krähe unterbrochen, die zwischen ihnen landete und augenblicklich die Gestalt eines vermummten Mannes annahm.

"Das Orakel!", flüsterte Marialle, ehrfürchtig.

"Ihr!", rief Malfurion überrascht. Das Orakel nahm seine Kapuze ab und unter ihr kamen die grauen Haare eines gealterten Menschen zum Vorschein.

"Nun da ihr alle versammelt seid, hört ein letztes mal meine Warnung. Ich bin Medivh, Sohn Aegwynns und der letzte Wächter von Tirisfal. Nachdem mein Schüler Kadghar meiner verdorbenen Existenz ein Ende bereitet hat, gab meine Mutter mir mit der, ihr verbliebenen Kraft, ein neues Leben, wenn man es denn so nennen will. Und so schickte ich euch Visionen und Träume, um ein wenig davon wieder gut zu machen was ich dieser Welt und seinen Völkern einst antat. Hört meine Worte, die Legion wird kommen und den Weltenbaum Norddrassil in ihre Klauen reißen. Azeroth wird dies nicht überleben. Überdenkt eure Differenzen und errichtet lieber eure Abwehrlinien!" Wie schon in der Höhle, schien seine Stimme von allen Seiten zu kommen und direkt als er geendet hatte, verwandelte er sich zurück in die Krähe und flog davon.

"Mal, er hat recht. Wir müssen Norddrassil schützen, dabei ist jede helfende Hand wertvoll." Der Nachtelf sah hinab zu Tyrande und überdachte ihre Worte, dann trat er näher an Thrall heran.

"Sind eure Absichten ehrenvoll, Ork?", fragte er den Kriegshäuptling und sah ihm tief in die klaren blauen Augen.

"Bei meiner Ehre, Meister Sturmgrimm.", sprach er ruhig und der Druide schien überzeugt. Er trat einige Schritte, weiter zu der Paladin und sah auch ihr in die dunklen, blauen Augen in denen der sanfte, goldene Schimmer tanzte. Er stockte und starrte sogar einige Augenblicke, bevor er seine Stimme fand.

"Und ihr, Hochgeborene? Seid ihr bereit euer Leben zu geben um den Weltenbaum zu schützen?" Dolette senkte ihren Kopf.

"Mittlerweile nennen wir uns nicht mehr so, wir sind nun Quel'dorei und ich habe die Fehler meiner Ahnen weit hinter mir gelassen, Meister Sturmgrimm." Er nickte kaum merklich und ließ seinen Blick über die restlichen Gefährten streifen, dabei erstarrte er wieder einige Herzschläge lang, als er die Augen der jungen Menschenpriesterin entdeckte.

"Wenn es sich ergibt haben wir zu reden Myladys...", sagte er an die Hochelfe und Marialle gewandt. Diese schluckte hart. Was wollte dieses erhabene Wesen wohl von einem unbedeutenden Menschen, wie ihr? Sie nickten beide und er schritt zurück an die Seite Tyrandes.

"Vielleicht dürften wir erst einmal erfahren, wer unsere neuen Verbündeten sind?", sprach sie freundlich und lächelte sanft, was ihrer Erscheinung nur noch mehr zur Schönheit gereichte. Ihre Gefährten schienen alle irgendwie gefangen, vom Anblick der Hochpriesterin und so war Marialle überrascht, als die Stimme des Trolls erklang.

"Meine Bescheidenheit nennt sich Vol'jin, ich bin der jüngste Häuptling der Dunkelspeer Trolle, wenn ich mal mit mir selbst beginnen darf.", sprach er gelassen, offenbar schienen ihn die Auren, die die beiden Nachtelfen umgaben, völlig kalt zu lassen.

"Der große behaarte neben mir ist Cairne Bluthuf, er vertritt die herumstreifenden Tauren hier, dank Thrall hier,..." Er deutete auf den Ork.

"...dem Kriegshäuptling der neuen Horde und Anführer der Orks, werden die Tauren endlich wieder sesshaft werden können. Kommen wir zu den Damen; das blonde Menschenweibchen in der Mitte ist Lady Jaina Prachtmeer, Magierin der Kirin Tor, was immer das sein mag und Erbin des Reichs Kul Tiraz. Das junge Menschlein daneben ist Marialle Lichtsprung, Gesandte der Priesternschaft der Kirche des heiligen Lichtes, richtig so Kleine?", wandt er sich grinsend an Marialle die leicht errötete, während sie nickte.

"Und die dürre Elfe die ihr so wenig leiden könnt, ist Dolette Glutklinge, Paladin der silbernen Hand und gewählte Befehlshaberin unseres Bündnisses." Tyrande konnte sich eines kleinen Grinsens nicht erwehren und auch Malfurion wirkte nun nicht mehr ganz so steif.

"Der Troll gefallt mir!, kam es aus dem Dunkel der hintersten Ecke.

"Wir wurden ja bereits vorgestellt. Die junge Dame, dort hinten im Schatten, ist Shandris Mondfeder, Generälin meiner Schildwache." Die Nachtelfe trat aus dem Schatten und deutete eine Verbeugung an.

"Da wir die Formalitäten nun hinter uns haben, folgt mir bitte in den nächsten Raum, damit wir uns einigen können welches Heer, wo Stellung bezieht." Er ging voran durch eine große Flügeltüre. Der nächste Raum war verhältnismäßig klein, dennoch bot er Platz für eine große Tafel, an die sich alle setzten. Der Raum war hell, von vielen Laternen erleuchtet und ein Feuer wärmte ihn aus einem Kamin heraus. In der Mitte der Tafel lag eine riesige, lederne Karte, auf die der Berg Hyjal samt Umgebung eingezeichnet war.

"Meine Späher berichten von einer gewaltigen Armee von Dämonen und Untoten, die von Archimonde angeführt wird. Durch die größe seiner Streitmacht kommt er aber nur sehr langsam voran. Wir schätzen, dass er noch mindestens drei Mondzyklen braucht, bis er am Fuß des Berges eintrifft. Seit wir wissen, dass der Entweiher auf dem Vormarsch ist, speisen wir die Macht, die wir von Norddrassil erhalten haben und uns ewiges Leben gewährte, in den Baum zurück. Falls wir ihn nicht besiegen können, wird der Weltenbaum das können. Allerdings brauchen wir dafür Zeit, so viel es geht, darum schlage ich vor, dass wir Stützpunkte und Festungen an den Engpässen errichten, dadurch gewinnen wir die Zeit die wir brauchen. Die Naturgeister werden zu guter Letzt auf dem Gipfel, beim Weltenbaum, warten, um den vernichtenden Streich gegen die Dämonen und Geißel zu spielen. Die Engpässe sind hier, hier und schlussendlich hier." Erklärte der Nachtelf und deutete auf drei Punkte auf der Karte.

"Wir müssen das ganze so lange wie möglich in die Länge ziehen, nur dann können wir sicher sein, dass die Falle zuschnappt. Also wer übernimmt den Posten am Fuß des Berges?"

Er sah in die Gesichter seiner neuen Verbündeten und wurde nicht enttäuscht.

"Das werden wir übernehmen. Meine Flotte ist die größere Streitmacht.", sprach Jaina und holte sich ein Nicken von Dolette und Thrall, das die Entschlossenheit in ihren Augen noch weiter anwachsen ließ. Malfurion nickte ebenfalls.

"Dann bitte ich euch Thrall, zusammen mit Vol'jin und Meister Bluthuf, die zweite Festung zu errichten und zu verteidigen. Tyrande, du und deine Schildwache wartet dann am dritten Stützpunkt." Sie nickte Malfurion entschlossen zu, dann fuhr er fort:

"Ich werde mit meinen Druiden und den Naturgeistern direkt am Tor zu Norddrassil auf Archimonde lauern. Hat jemand einwände?" Nach einigen Augenblicken des Wartens ergriff nun Tyrande das Wort.

"Dann sollten wir es für heute dabei belassen und uns morgen für weitere Gespräche hier versammeln. Ihr und eure Leute, werden von meinen Schildwachen zu den Stützpunkten geführt und könnt eure Lager aufschlagen. Bis dahin eine angenehme Nacht euch allen." Die Nachtelfenpriesterin verbeugte sich. Die anderen taten es ihr gleich und verließen den Besprechungsraum. Im Flur wurden sie von einigen Wachen in Empfang genommen, die sie zu ihren Leuten zurück und schließlich zu den Stützpunkten führten.
 

Nachdem die Planungen fürs Erste abgeschlossen waren begannen die Arbeiten an den Festungen. Mit der Unterstützung der Nachtelfen, kamen die drei Stützpunkte schnell voran und bald waren die Festungen und viele Hütten für die verschiedenen Völker errichtet. So wurden die Tage zu Wochen und die Wochen zu Monaten. Es wurde ruhig in den Festungen, die Bewohner spielten sich langsam ein und gewöhnten sich an ihre provisorische Bleibe.
 

Es kam der Tag an dem Archimonde und sein Heer von einem der Menschenspäher gesichtet wurde und eine Versammlung der Befehlshaber einberufen wurde und so traf man sich, einmal mehr, in dem kleinen Besprechungszimmer. Diese Treffen waren mittlerweile ein festes Ritual geworden, dass alle paar Tage stattfand und so kam Dolette auch ohne jegliche Höflichkeiten zur Sache:

"Unsere Späher berichten, dass Archimonde ein paar Meilen entfernt eine Basis errichtet, er fällt Bäume, baut Erze ab und errichtet Gebäude, er will sich wohl länger hier einrichten." Die Paladin musste bei ihren Worten etwas schmunzeln und Malfurion tat es ihr gleich, auch wenn deutliche Bitterkeit in den Gesichtszügen der unterschiedlichen Elfen, mitschwang.

"Offenbar weiß er auf was er sich einlässt. Gut so, wir brauchen noch immer eine Menge Zeit."

"Unsere Festung wurd' vor'n paar Tag'n fertig gestellt, soll'n diese Viecher nur komm'n!", ließ der Troll verlauten, worauf hin er einige Klopfer auf dem massiven Tisch erntete. Vol'jin riss sich, was seine gute Aussprache anging, schon lange nicht mehr zusammen. Offenbar fühlte er sich recht wohl unter den Anführern der Völker.

"An meiner Festung wurden die Bauarbeiten heute ebenfalls beendet, es wäre mir eine Ehre euch zu einer kleinen Feier, heute Abend, laden zu dürfen.", berichtete Tyrande nun an alle Anwesenden gewandt.

"Wer weiß wie lange noch Leben in uns ist, da sollte man doch genießen was man hat. Außerdem stärkt es die Moral.", brummte der Taure ungewohnt fröhlich.

"Ich hätt' da noch das ein oder and're Gift, das ein' viel schöner berauscht als Met's jemals könnt'. Natürlich weiß ich nich, ob ihr zart'n Wes'n das vertragt, aber es wär sicher'n Spaß es raus zukrieg'n.", stimmte Vol'jin in die gelöste Stimmung mit ein.

"Das Gesöff, das einen Ork umhauen soll, muss erst noch gebraut werden, mein Freund.", lachte Thrall und klopfte dem Troll freundschaftlich auf die Schulter. Die drei Frauen schauten einander lächelnd an und nickten dann Tyrande zu. "Wie erfreulich! Dann findet euch zum Sonnenuntergang in meiner Festung ein."
 

Als die Sonne schließlich untergegangen war, fanden die Gefährten und einige ihrer Gefolgsleute, sich im Hof der dritten Festung ein. Der Platz war hell erleuchtet und überall herrschte reges Treiben, der unterschiedlichen Völker. Ein großer Grill schwang in der Mitte des Innenhofes über einem Feuer, der von drei Nachtelfen gleichzeitig bedient wurde. Die meisten der Gefährten wurden von ihm magisch angezogen. Cairne Bluthuf suchte nach dem Anführer der Druiden, die beiden verstanden sich auf Anhieb und der Nachtelfe hatte versprochen, ihm in den Lehren der Druiden zu unterweisen, damit der Taure sie unter seinem Volk verbreiten konnte. Dolette und Marialle entschieden sich erst einmal der Gastgeberin die Ehre zu erweisen. Sie deuteten eine Verbeugung an und Tyrande schenkte ihnen ein strahlendes Lächeln.

"Mylady Whisperwind, vielen Dank für die Einladung. Ihr habt ein wahrlich prächtiges Fest zustande gebracht.", begrüßte die Hochelfe die schöne Nachtelfe. Dolette war heute Abend wunderschön, wie Marialle fand, sie trug ein helles, beiges Hemd aus Samt, das je nach Lichteinfall eine Spur blau aufwies. Es lag eng an und umspielte die schmale Figur der Paladin, nahezu perfekt. Die Hose, war dunkelblau mit je einem weißen Streifen an der Seite und endete in den kniehohen, schwarzen Stiefeln. An dem breiten schwarzen Gürtel hing ihr Raseur, ein Schwert das sie mittlerweile nur noch zu Festivitäten trug. Ihre Haare waren wie immer offen und fielen in seichten Wellen herab.

Marialle trug passend zu ihrer Liebsten eine beige, kunstvoll verzierte Robe mit einem blauen Gürtelband, das ihr locker um die Taille gebunden war. Ihr kecker Bob war in den letzten Monaten deutlich länger geworden und so steckte sie ihr Haar meist hoch, wie auch am heutigen Abend.

Die Nachtelfe hielt es wie die junge Menschenfrau, schlicht in eine helle fast weiße Robe gehüllt war der einzige Blickfang, ein filigrane Halskette mit einem Mondanhänger, der jeden Betrachter wie ein funkelnder Köder in ihrem Antlitz gefangen nahm. Ihr türkises Haar war kunstvoll hochgesteckt und betonte ihren langen, schmalen Hals.

"Vielen Dank, Lady Glutklinge. Ich hoffe ihr und Lady Lichtsprung fühlt euch wohl. Habt ihr schon gegessen?"

"Wir sind grade erst angekommen, Mylady. Zuerst wollten wir euch unsere Aufwartung machen." Die Hochelfe neigte leicht ihren Kopf und Marialle musste grinsen als sie daran erinnert wurde wie charmant die schöne Frau doch sein konnte. Ihr entging nicht, mit wieviel gefallen die Nachtelfe das ebenfalls registrierte.

"Ich hatte gehofft mich heute Abend etwas mit euch unterhalten zu können. Es ist für mich persönlich äußerst spannend eine Quel'dorei kennen zu lernen. Ich möchte gerne wissen wie euer Volk sich entwickelt hat. Und zu gern würde ich auch wissen wie eure...Lady Lichtsprung?" Marialle wurde just in dem Augenblick, als sie angesprochen wurde von der jungen Magierin Odessa von den beiden Frauen fort gezogen.

"Sag mal Odi, spinnst du? Ich habe mich grade mit Tyrande Whisperwind unterhalten! Wie stehe ich denn jetzt da?" Die junge Frau schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, dem sie sich nicht erwehren konnte.

"Komm schon Mari, heute Abend hast du frei, lass uns Spaß haben!" Die Priesterin schüttelte, lächelnd den Kopf, doch ließ sie sich mitziehen. Sie wurde von der flippigen Magierin zu allerlei Ecken auf dem großen Platz gezogen, wo es die verschiedensten Köstlichkeiten gab, die die Nachtelfen zu bieten hatten.

Als der Abend fortgeschritten war und die Nachtelfen anfingen zu musizieren riss sie die Priesterin auch noch mit zum Tanzen, bis Marialle irgendwann die Geduld verlor.

"Odi! Jetzt reicht es mir aber, ich habe mich die ganze Zeit von dir, über den gesamten Platz ziehen lassen, obwohl du mich nicht mal gefragt hast und aus einer Unterhaltung gerissen hast. Jetzt würde ich gern auch etwas Zeit mit Dole verbringen.", rief sie ihr, gegen die Musik ankämpfend, zu. Die junge Magierin sah enttäuscht drein, doch nickte sie.

"Ja natürlich, entschuldige bitte, Mari." Die Priesterin war überrascht wie viel Autorität sie tatsächlich mittlerweile ausstrahlte. Odessa hatte schon des Öfteren die ein oder andere ihrer Grenzen, voller überschwänglicher Zuneigung überschritten, doch so einsichtig hatte sie die junge Frau noch nicht erlebt.

Der Anblick ihrer Geliebten, die ihren Kopf hinauf zum Ohr der Hochpriesterin neigte, um gegen die Musik an, ihre Unterhaltung weiter zuführen, riss sie jäh aus ihren Gedanken. Es freute sie, dass Tyrande ihr soviel Interesse entgegenbrachte. Die anfänglich, ablehnende Haltung Malfurions ließ sie schon befürchten hier einem dauerhaften Kampf ausgesetzt zu sein, in dem die Paladin ihre Glaubwürdigkeit ein ums andere mal hätte beweisen müssen. Doch dieser Anblick versetzte ihr dennoch einen kleinen Stich. Die beide Elfen sahen in diesem Moment auf und die Blicke der drei Frauen trafen sich. Marialle lief hoch rot an, sie fühlte sich ertappt. Das Gefühl wich so schnell wie es gekommen war, als sie erkannte wie ernst die beiden sie betrachteten, was sie veranlasste zu ihnen hinüber zu gehen. Sie sagten nichts, die Hochpriesterin drehte sich um und schritt durch einen Gang hinaus aus der Festung. Die Paladin legte einen Arm um die Taille der jungen Frau und führte sie hinterher.

"Stimmt etwas nicht, Dole?", fragte Marialle nun etwas verwirrt von der Einvernehmlichkeit mit der die beiden Frauen sie raus aus dem Tumult führten.

"Alles in Ordnung, Liebste. Bei der lauten Musik kann man sich, mit mehr als zwei Personen nur nicht mehr unterhalten, darum führt Lady Whisperwind uns an einen anderen Ort." Die Priesterin nickte abwesend, betrachtete die schlanken Konturen der Nachtelfe, die sich, trotz der hellen Farben die sie trug, perfekt in das Dunkel der Nacht, einfügten. An einem kleinen Teich der vor einer malerischen Lichtung lag, kam die Hochpriesterin an einem filigranen, weißen Tisch mit drei Stühlen zum Stehen.

"Wusstet ihr etwa, dass es heute zu diesem Gespräch kommen würde, Lady Whisperwind?", fragte die Paladin schmunzelnd.

"Ich sage es mal so, ich habe es gehofft und bin einfach gut vorbereitet. Setzt euch doch Lady Lichtsprung.", bat sie die junge Priesterin und Marialle kam der Bitte sofort nach.

"Leider wurden wir vorhin ja recht unwirsch von eurer jungen Freundin unterbrochen. Einen Becher Wein, meine Damen?", begann Tyrande freundlich lächelnd, nachdem auch sie und die Hochelfe sich an den kleinen Tisch gesetzt hatten. Dolette nickte freundlich.

"Ja...ja, ich auch, warum nicht?", antwortete Marialle leise. Nachdem die Nachtelfe eingeschenkt und jeder einen Schluck genommen hatte, fuhr Tyrande fort:

"Ihr müsst euch nicht unwohl fühlen, Lady Lichtsprung. Ich bin sicherlich um ein beträchtlich Vielfaches älter als ihr, aber so wie mir Lady Glutklinge berichtet hat, störte das eure spitze Zunge bei ihr kein bisschen. Also versucht doch bitte eure Anspannung abzulegen. Ich habe nichts göttergleiches, oder ähnliches an mir. Ich bin auch nur eine Frau, so wie ihr." Die beiden ungleichen Elfen strahlten sich einvernehmlich lächelnd an, während die junge Menschenfrau die Hitze spürte, die ihr erneut ins Gesicht schoss. Ihr war schleierhaft, wie dieses Wesen einerseits von sich behaupten konnte, nichts Göttliches in sich zu haben und andererseits ihre Gefühle zu lesen schien, als stünden sie in ihr Gesicht geschrieben. Marialle hatte sehr wohl die Geschichten um die Mondpriesterin gehört. Auserwählt von der letzten Hochpruesterin, gilt sie als Elunes Ebenbild und Stimme auf Azeroth.

Sie spürte die Hand ihrer geliebten Paladin auf der ihren und entspannte sich augenblicklich. Sie sah Auszüge des Gesprächs, dass die beiden Elfen führten und musste seicht lächeln, als sie verfolgte wie Dolette der Nachtelfe von ihr erzählte.

"Nun, deshalb sind wir hier, nicht wahr?", sagte Tyrande sanft und deutete nickend hinunter zu ihren ineinander verschränkten Händen. Die beiden sahen einen kurzen Augenblick liebevoll auf das sanfte Leuchten, dass von ihren Händen ausging, ehe die Nachtelfe weiter sprach:

"Es ist wirklich faszinierend, Myladys. Ich sah Augen schon in den unterschiedlichsten Farben und auf die merkwürdigsten Arten leuchten, schimmern, Glimmern oder wie auch immer, aber das was sich in euren Augen abspielt ist so viel mehr. Vielleicht sind nur Malfurion und ich in der Lage zu sehen welch tiefe und alte Verbindung darin zu erkennen ist." Tyrande sah ihnen abwechselnd in die Augen. In ihren eigenen lag unendlich viel Wärme, aber auch kühle Intelligenz, jahrtausende alte Weisheit und ein klarer Verstand.

"Und, könnt ihr uns sagen was es damit auf sich hat?", fragte die junge Priesterin, die schmunzelnde ältere.

"Nun, vielleicht wisst ihr, dass wir Nachtelfen die Mondgöttin Elune anbeten. Die Tauren nennen sie übrigens Mu'sha. In gewisser Weise teilen wir also denselben glauben." Tyrande machte eine Pause und Dolette nutzte sie, um Marialle einen Blick zuschenken, der soviel hieß wie 'hätten wir mal den Tauren angesprochen'.

"Die Tauren glauben, dass Mu'sha das linke Auge und An'she das rechte Auge, der Erdenmutter waren, die einst die Welt formte und alles Leben schuf. Sie gab ihr rechtes Auge und erschuf die Sonne, ihr linkes Auge gab sie um den Mond zu formen. Noch lange bevor die Titanen auf die Welt kamen, gab die große Erdenmutter ihr Sein auf und verschmolz mit allem was uns umgibt. Mit der Erde, der Luft, dem Wasser und dem Wind, sie ist in allem was wir sehen können, in jedem Baum, in jedem Stein. Einfach überall, doch sie hat keine Macht mehr und so kam es dass ihre Kinder, die Alten Götter, sie verrieten und Chaos über Azeroth brachten. Belare und Elune, wie wir sie nennen, gebaren jede eine Tochter und schickten sie ins Chaos, um einander zu finden und ein Licht an die Titanen zu senden, auf dass sie die Welt vor dem Untergang bewahren. Das Licht zu erschaffen, kostete die Töchter ihre Existenzen und in der Trauer, sich grade erst gefunden zu haben, um sich gleich darauf wieder zu verlieren, ließen sie einen Teil von sich hier, um einander wieder zu finden und vereint zu sein, wenn die Welt droht wieder ins Dunkel gestürzt zu werden. So wurde die Geschichte uns und den Tauren überliefert und schließlich zur Legende." Tyrande verstummte und sah verträumt zum Mond hinauf.

"Nicht verwunderlich, dass die Hochelfen das Gegenstück zum Mond, als ihren neuen lebensbestimmenden Mittelpunkt erwählten.", dachte Marialle laut.

"Überhaupt nicht, Lady Lichtsprung. Die Legende war lange Teil unserer Kultur, bis unser Glaube immer mehr an Elune ging. Man kann darüber streiten ob die Verehrung der Sonne bewusst oder unbewusst im Geist der Quel'dorei verankert ist, aber es hat seinen Ursprung in dieser Legende. Tyrande und ich, wir glauben, dass ihr die verlorenen Teile der Töchter von Belare und Elune in euch tragt und euch schließlich zusammen führten. Und wir glauben auch, dass es kein Zufall ist, dass ihr jetzt hier seid, um uns im Kampf gegen Archimonde und seine Schergen beizustehen." Malfurion war hinzu getreten und beendete die Ausführungen der Hochpriesterin.

Die Paladin nickte gedankenverloren, doch Marialle konnte ihre Gedanken nicht für sich behalten.

"Das passt ja alles ganz wunderbar zusammen, aber eins stört mich daran. Wir sprechen hier von Sonne und Mond, Belare und Elune. Mein Volk glaubt nicht an diese Schöpfungsgeschichte. Wäre es nicht viel sinnvoller, dass Dole und eine Nachtelfe die Lichter in sich tragen? Ich meine allein schon meine kurze Lebensspanne. Ich kann mit dieser Macht, nur ein einziges Menschenleben lang tun wozu sie gedacht ist und Dole wird mich überleben und ist ohne mich machtlos? Kein besonders guter, göttlicher Plan. Ich meine, könnte es nicht sein, dass...ach ich weiß auch nicht." Sie sah resignierend zu Boden, das machte doch alles keinen Sinn, sie empfand sich als das einzige Glied was nicht in diese Kette passte. Tyrande lächelte sie verständnisvoll an, doch war es Malfurion der wieder das Wort ergriff:

"Lady Lichtsprung, es ist wahr, ihr seid ein Mensch und als solcher eine Schöpfung der großen Erdenmutter, so wie wir alle. Ich habe einige Theorien, darüber wie das Schicksal, oder wie auch immer man es nennen mag, zwei Seelen die zusammen gehören immer wieder zueinander führt, aber lasst mich euch zuerst eine Frage stellen. Spürt ihr die Veränderungen nicht, die mit eurer Verbindung einhergehen?" Er sah die junge Priesterin eindringlich an. Sie linste zu der Hochelfe, die den Druiden aber nur eben so gespannt ansah wie sie selbst grade noch.

"Doch, eine Menge sogar, aber das sind alles Dinge die eh schon durch die Verbindung entstanden." Er lächelte müde, so dass sie sich ein wenig dumm vorkam.

"Mein Kind, wir wissen selbst nicht wie alt wir ohne unsere Unsterblichkeit werden, die vom Weltenbaum und bei den Quel'dorei vom Sonnenbrunnen ausgeht, aber eins ist sicher, euer Lebensstrom hat sich schon ganz massiv verändert und hat nichts mehr mit dem eines Menschen gemein. Vielleicht habt ihr sogar eine Weile die Unsterblichkeit von Lady Glutklinge geteilt, bis dieser Menschenprinz den Sonnenbrunnen zerstört hat. Das kann ich euch nicht sagen, aber eines ist gewiss, eure Seelen wurden zueinander geführt und Mutter Sonne und Mutter Mond, haben dafür gesorgt, dass ihr euch in diesem Leben nicht direkt wieder verliert. Bei ihrem ersten Besuch auf der Welt, mussten die Töchter ihren Weg noch alleine gehen, das sollte nicht noch mal geschehen." Ein warmes Lächeln umspielte nun seine Gesichtszüge und Marialle war versucht in seine Arme zu springen und ihren Kopf an seine Brust zu schmiegen, doch sie riss sich zusammen und sah in das erkennende Gesicht ihrer geliebten Paladin. Sie reichte ihr die Hand und das Leuchten in den Augen der Hochelfe war nie so warm und dem der Sonne gleich.

Malfurion stellte sich hinter den Stuhl auf dem Tyrande saß, legte seine Hände auf ihre Schultern und gemeinsam betrachteten sie die beiden Lichtgestalten die ihnen das Schicksal gesandt zu haben schien.

Die erste Festung fällt

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Die erste Festung fällt
 

Noch immer hallten die Worte der beiden Nachtelfen in ihr wieder. Sie fand den Gedanken, dass das Schicksal sie und die Paladin zusammen geführt hatte immer überaus tröstend. Aber nachdem sie nun die ganze Geschichte gehört hatten, die das Geheimnis um das sanfte Leuchten, das sie bei jeder Berührung umgab, gelüftet zu haben schien, fühlte sie die Last, die es mit sich brachte. Sie saßen noch immer an dem kleinen weißen Tisch, am Teich und Marialle konnte in den Augen der Hochelfe sehen, dass auch sie diese Eröffnung bedrückte.

"Ich bin mir nicht sicher, ob ich die sein möchte, auf die man wartet wenn die Welt vor dem Untergang steht, Dole.", sprach sie leise über den Tisch und die Gläser Wein, zu ihrer Liebsten.

"Wärst du enttäuschst von mir, wenn ich dir sage, dass es mir nicht anders geht?" Dolette sah ihr in die silbern schimmernden Augen. Sie war unsicher, ein Blick den die Priesterin nicht mehr bei ihr gesehen hatte, seit sie sich so schwer tat, ihre Gefühle zu der jungen Menschenfrau einzugestehen. Ein Anflug von Panik stieg in ihr auf. Sie war versucht vor der Elfe niederzuknien, ihr ihr innerstes vor die Füße zu werfen und sie anzuflehen, sie möge sie nicht verlassen. Doch sie wagte nicht sich zu rühren.

"Ich bin nie enttäuscht von dir, Dole und ich..." Sie musste sich unterbrechen, um den Kloß, der sich in ihrem Hals zu bilden drohte, runter zu schlucken.

"...ich könnte verstehen, wenn du diesen Weg nicht mit mir weiter gehen möchtest." Die Paladin erstarrte und sah ihr erschrocken in die Augen. Es vergingen einige Herzschläge, bis sie sich zu fassen schien. Sie erhob sich von ihrem Stuhl, trat um den Tisch, kniete nun ihrerseits vor der Priesterin nieder und ergriff ihre Hand. Marialles Herz setzte einen Herzschlag aus, als der Strom aus Gefühlen in sie eindrang und in ihr loderte. Heiß stiegen die ersten Tränen in ihre Augen und brachen sich ungehindert, über ihre Wangen Bahn. Die Elfe schüttelte den Kopf und sah leicht verzweifelt zu ihr auf.

"Wie kannst du denken, ich könnte auch nur einen Augenblick ohne dich Leben, Mari? Bevor du in mein Leben getreten bist, war es leer. Tag ein Tag aus, viele Jahrhunderte, war ich auf der Suche nach etwas, dass mich erfüllt und allem einen Sinn gibt. Ja, auch ich habe Angst, aber ich würde es mir nicht anders wünschen." Sie strich der jungen Frau die Tränen aus dem Gesicht und gab ihr einen sanften Kuss auf die Hand.

"Ich liebe dich und werde nicht von deiner Seite weichen, solange das dein Wunsch ist." Die Priesterin fiel ihr um den Hals und gab ihr einen Kuss, in den sie all ihre Gefühle und Ängste legte. Die Arme der Paladin umschlangen sie und drückten sie fest an sich. Als sie sich schließlich voneinander lösten, fand Marialle ihre Stimme wieder.

"Ich will, dass du immer bei mir bist, jetzt und in Zukunft und über den Tod hinaus.", sagte sie ernst und wurde wieder in die leidenschaftliche Umarmung gezogen. Wären sie nicht so aufeinander fixiert gewesen, hätten die Paladin und die Priesterin mitbekommen, wie das sich Licht das sie in ihren Farben umgab, veränderte, in steten Wellen vermischt von den Füßen hinauf zu den Köpfen waberte und den Eindruck erweckte, die zwei stünden in goldenen und silbernen Flammen.
 

Die Anspannung in den Reihen des Bündnisses der unterschiedlichen Völker nahm von Tag zu Tag an, denn Archimonde war noch eine ganze Weile damit beschäftigt seine Angriffslinie aufzubauen. Die Menschen, die den Dämonen und der Geißel als Erstes gegenüber stehen würden, waren besonders von dieser Anspannung betroffen. Marialle machte sich vor allem Sorgen um ihre jungen Gefährten, die anders als die meisten anderen noch nie auf einem Schlachtfeld waren. Nachdem sie mit Dolette über ihre Befürchtungen gesprochen hatte, haben die beiden sich darauf geeinigt, dass die Priesterin mit Maxime, William und Odessa diesen Nachmittag frei machen würde. Heute würde Archimonde nicht mehr angreifen.

"Sag mal, ich finde die Idee ja an sich gut, aber was macht dich glauben, dass du ihnen die Angst nehmen kannst? Du bist doch selbst noch nie in einer Schlacht gewesen und Maxime und William sind sogar älter als du.", hatte Dolette sie noch scherzend gefragt, doch Marialle antwortete ihr ganz ernst.

"Du hast selbst gesagt, dass ich in letzter Zeit viel reifer und autoritärer geworden bin. Ehrlich gesagt fühle ich mich oft viel älter als die drei und die Ruhe die ich empfinde möchte ich einfach mit ihnen teilen. Ich habe diese Ruhe immer an dir bewundert, wenn du auf deine erhabene und würdevolle Art mit den Anführern sprichst, oder wie du ohne zu zögern mutig keinen Kampf scheust und ich glaube, dass ich durch unsere Verbindung mittlerweile einen Teil davon abbekommen habe." Dolette hatte strahlend gelächelt, als die Priesterin ihr dies eröffnete und ihr erklärt, dass das mit Sicherheit kein Effekt ihrer Verbindung sei. Marialle selbst fühlte sich, mit ihr dadurch noch viel mehr verbunden, als es eh schon der Fall war.

Als sie ihre jungen Gefährten dann am Nachmittag eingesammelt hatte, führte sie die drei an einen See, der zwischen dem ersten und zweiten Stützpunkt lag. Sie hatte einen Korb mit Obst und Brot und eine Decke dabei. Die vier jungen Menschen machten es sich schließlich auf der Decke bequem und nachdem jeder etwas für sein leibliches Wohl getan hatte, ergriff die schweigsame Maxime das Wort. Sie hatte ihre dunklen Haare zu einem Zopf zusammen gebunden, die wie immer einen schönen Kontrast zu ihrer hellen Robe abgaben.

"Wie kommen wir denn zu der Ehre, Marialle? Sonst hast du ja auch keine Zeit für das niedere Volk." Die Priesterin streckte ihr die Zunge raus, aber Marialle wusste, dass das nur in Teilen ein Scherz war, also versuchte sie ihre Beweggründe zu erklären:

"Naja wie ihr wisst sind wir ja so ziemlich die jüngsten, aber vor allem die unerfahrensten in unserem Heer, was Schlachten anbelangt und ich spürte grade in euch dreien eine wachsende Anspannung. Darum dachte ich wir vier Hübschen machen mal etwas was nicht mit Tod und Vernichtung zu tun hat.", erläuterte sie also und lächelte sanft in die drei jungen Gesichter. Grade von dem Ausdruck in Maximes Gesicht war sie überrascht, denn sie schien ehrlich dankbar.

"Achsooo und da DU ja keine Abwechslung nötig hast, dachtest du, du lässt dich dazu herab, uns ein wenig zu bespaßen, Mari?", warf Odessa zwinkernd ein.

"Nein, also ja ich meine, na hör mal ich dachte wir haben so was lange nicht mehr gemacht..." William unterbrach sie sanft, sie hätte aber eh nicht gewusst was sie weiter sagen sollte.

"Nicht doch Mari, du musst dich nicht rechtfertigen. Anders als wir, bist du völlig freiwillig und ohne Bezahlung hier. Und ich denke die Damen könnten etwas dankbarer sein. Außerdem schätze ich du hast selbst genug mit deiner eigenen Anspannung zu tun. Wir sollten uns glücklich schätzen eine Kommandantin zu haben die sich um mehr sorgt, als unser körperliches Wohl und dass wir immer einsatzbereit sind. Für mich stehst du Lady Glutklinge in nichts nach, Marialle.", sagte er freundlich und die Priesterin spürte wie ihr die Hitze ins Gesicht schoss. Natürlich schätzte er sie teilweise falsch ein, aber ihre jungen Gefährten mussten nicht wissen, dass sie der bevorstehende Kampf nahezu kalt ließ, denn das Gelingen oder Scheitern, dieses Unterfangens bedrückte sie viel mehr als der mögliche Verlust ihres eigenen Lebens.

"Hast ja recht, Will.", lenkte die junge Magierin ein.

"Was habt ihr eigentlich so vor wenn wir wieder nach Hause zurückkehren und Urlaub haben? Mari, du willst sicher erst einmal sehen wie es deiner Familie ergangen ist.", wechselte sie das Thema.

"Also ich werde mit meinem verlobten Urlaub machen, vielleicht in Westfall.", sprach Maxime gut gelaunt, Marialle wusste gar nicht, dass die andere Priesterin verlobt war und fragte daher:

"Du bist verlobt? Wieso hast du davon noch nichts erzählt? Wirst du denn nach unserer Rückkehr überhaupt wieder mit uns auf Reisen gehen?"

"Ihr habt doch nie gefragt oder? Mal unter uns, Marialle. Ich habe immer gesehen, mit welchen Blicken du mich bedacht hast, wenn ich mich mit Lady Glutklinge unterhalten habe. Das hat mich irgendwie immer etwas amüsiert, mal abgesehen davon, dass ihr über eure Beziehung auch nicht grade mit offenen Karten spielt, nicht wahr? Als wüssten wir nicht alle wie es um euch beide steht." Maxime zwinkerte ihr verschwörerisch zu, was Marialle noch mehr die Röte ins Gesicht schießen ließ. Die Brünette registrierte es schmunzelnd.

"Und ja es ist wahrscheinlich, dass ich nächstes Jahr nicht weiter mit euch reisen werde, Augustan und ich möchten Kinder.", gab sie nun lächelnd zu.

"Mensch Maxi und Mami? Na das kann ja was werden!", lachte Odessa und klopfte der Priesterin freundschaftlich auf die Schulter.

"Du lachst Odi! Was hast du denn vor?", fragte nun wieder William.

"Hm, keine Ahnung um ehrlich zu sein. Meine Mutter lebt in Sturmwind, ein paar Tage würde ich sicher bei ihr bleiben, danach kanns von mir aus direkt weiter gehen. Und was ist mit dir, Will? Was machst du im Urlaub und bist du danach noch weiter dabei?", sprach sie ernst. Marialle betrachtete ihre jungen Gefährten gedankenverloren und schalt sich für die finsteren Gefühle die sie bei Zeiten für die andere Priesterin empfand, wann immer diese na der Paladin war. Dafür war Odessa anscheinend von Anfang an leicht auf Marialle fixiert, was widerum Dolette etwas sauer aufstieß. Die Priesterin schmunzelte innerlich, als sie darüber nachdachte.

Die junge Magierin hatte ihren Vater verloren als sie noch ein Kleinkind war, ihre Mutter war alles was sie hatte, aber das Verhältnis zu ihr war gespannt. Sie war immer dagegen, dass ihre Tochter sich zur Magierin ausbilden ließ.

"Oh, ich weiß nicht recht. Aber ich bin nächstes Jahr auf jeden Fall wieder dabei." William und seine Familie stammten aus dem ehemaligen Königreich Alterac, seine Eltern und Schwester wurden von den Truppen der Allianz getötet, als das Land von dem Bündnis zwischen Orks und Lord Perenolde dem Herrscher Alteracs, zurück erobert wurde. Marialle fragte sich des Öfteren, was den sanftmütigen jungen Mann, ausgerechnet diesen Weg gehen ließ.

Eine betretene Stille trat ein, die jäh von herannahenden Schritten unterbrochen wurde.

"He, Ihr da! Was ist denn das hier für eine Zusammenkunft? Nur für die Jugend, oder wie?", erklang die donnernde Stimme des Zwergenjägers, der auf die Lichtung trat, gefolgt von Orphan, Borigan, Gernodt, Malek, Dolette und dem Druiden Efendral, der ihnen als Berater von Malfurion zur Seite gestellt worden war.

"Wir dachten nur, dass es euch mit uns Jungspunden, vielleicht etwas zu wild zuginge.", scherzte Marialle.

"Zu wild? Wir haben wild erfunden, ihr jungen Hühner.", maulte der Schurke als Antwort.

"Habt ihr noch etwas Platz für die ältere Generation? In unserem Alter ist das lange Stehen durchaus anstrengend.", fragte nun auch der alte Magier.

"Sicher, setzt euch zu uns, wir haben grade darüber gesprochen, was wir mit unserem nächsten Urlaub anfangen wollen.", erklärte die Priesterin.

"Urlaub? Oh ja ,ich möchte gern mal wieder nach Hause und ein ordentliches Bier trinken. Da wo ein Dach hoch genug jst, da ist dein Zuhause! Haha!"

"Wir reden von Urlaub und ihr denkt nur ans Saufen, Meister Zwerg! Zu trinken gibt es hier doch auch genug." Dolette war das Wesen der Zwerge schon immer ein Rätsel gewesen, immer gut gelaunt und doch mürrisch zur selben Zeit. Hausten unter der Erde und betranken sich jeden Tag. Aber dieses Exemplar mochte sie mittlerweile irgendwie.

"Das Gebräu hier...."
 

Die Umgebung verschwamm plötzlich vor den Augen Marialles, es war dunkel und von überall drangen Schreie an ihr Ohr. Sie wurde in unregelmäßigen Abständen geblendet, worauf immer ein dumpfes Grollen folgte. Ihr linker Arm und der Hinterkopf schmerzten höllisch und als sie endlich wieder klar sehen konnte, wurde ihr bewusst, dass um sie herum eine Schlacht tobte. Vor sich erkannte sie Malek. Der Schurke wehrte mit seinen grün schimmernden Dolchen zwei Untote ab, die ihm immer mehr zusetzten. Etwas weiter davor waren Borigan und Gernodt die jeder einen großen Dämonen mit ihren Schwertstreichen, versuchten zurückzudrängen. Jetzt erkannte sie auch was die Nacht so erhellte; riesige Feuerkugeln wurden von Katapulten in die Festung geschleudert und rissen große Löcher in die Gebäude und Abwehrreihen ihrer Truppen.

Die Priesterin versuchte aufzustehen. Aus dem Augenwinkel sah sie wie ein Untoter sie mit seinem Schwert angriff. Sie konnte es grade so mit ihrem Kampfstab abwehren und schleuderte ihm einen mächtigen Lichtblitz entgegen der ihn durch die Reihen der Gegner zurück schleuderte und gleich drei Dämonen mit zu Boden riss. Taumelnd fand sie schließlich ihr Gleichgewicht wieder. Maxime und William sah sie oben auf einer der Balustrade, zusammen mit den anderen Priestern, sie warfen einen Schutzzauber nach dem anderen über die am Boden kämpfenden. Warum war sie hier unten und nicht bei den anderen Priestern?

Dole!

Panisch sah sie sich weiter um, es musste einen Grund geben warum sie nicht bei den anderen war. In dem Augenblick stürzte ein riesiger tätowierter Bär an ihr vorbei, den Marialle als Efendral erkannte, gefolgt von einem kleineren der ganz klar Bumer, der Begleiter von Bertak war.

Druiden waren wahrlich faszinirrende Geschöpfe. So waren sie in der Lage ihre Gestalt je nach belieben zu verändern. Der Bär, dessen Gestalt Efendral grade annahm, war stark und gut geeignet für den frontalen Kampf. In der Gestalt einer großen Katze waren sie, ähnlich einem Schurken wie Malek, in der Lage aus dem Schatten heraus empfindsame Punkte zu treffen. Verwandelten sie sich in einen kleinen Baum machten sie sogar ihr, als heilende und beschützende Priesterin, Konkurenz. Und dann war da noch die Gestalt des Moonkin. Ein Wesen, das stark an eine große Eule erinnerte. In dieser Form vermochten es Druiden gewaltige Zauber zu wirken. All diese Verwandlungen ließen auf die starke Verbindung zur Natur schließen, aus der die Druiden ihre Macht speisten. Sogar fliegen und unter Wasser atmen konnten die Verwandlungskünstler, in dem sie ganz einfach die Gestalt eines Vogels oder eines Seelöwen annahmen.

Der Himmel verdunkelte sich kurz gänzlich, als eine große Menge Pfeile aus der Festungerst hoch und dann nieder sauste und unzählige Gegner zu Boden rissen. Gleich darauf wurde es taghell als Feuerbälle und Eisblitze über ihren Kopf hinweg weitere Dämonen und Untote nieder streckten. Als sie sich umdrehte erkannte sie Odessa und Orphan die bei den Jägern und Magieren, angeführt von Jaina Prachtmeer, auf einer anderen Balustrade, einen Zauber und Pfeil nach dem anderen auf die Gegnerscharen schossen.

Dann entdeckte sie endlich wonach sie so verzweifelt suchte. Dolette stand vor einer riesigen, giftgrünen Monstrosität. Einige Ketten, mit denen die unterstützenden Priester das Ungetüm belegt hatten, hielten es in Schach und die Paladin setzte einen Hieb nach dem anderen an, um ihm irgendwie beizukommen. Die Ketten gaben jedoch eine nach der anderen nach und der goldene Schutzschild, der die Hochelfe umgab, begann zu flackern. Die Monstrosität schlug auf sie ein, Hieb um Hieb wehrte sie nur noch geschützt von ihrem silbernen, mit goldenen Runen besetzten, Schild ab und sank schließlich auf die Knie.

Marialle legte geistesgegenwärtig eine goldene Kugel um die Paladin, die die nächsten Schläge abprallen ließ und das Ungetüm sogar einige Körperlängen zurück schleuderte.

Dolette warf ihrer Geliebten einen dankbaren Blick zu und brüllte über das Kampfgetümmel hinweg.

"Konzentriert eure angriffe auf die Monstrosität!" Sie ließ ihren goldenen Hammer auf das Sammelsurium aus Leichenteilen niedersausen und es schrie auf vor Schmerz. Auf den Hammer folgten Zauber und Pfeile und auch einige der vielen Nahkämpfer landeten einen Schwertstreich nach dem anderen. Das Monstrum sackte auf die nieder Knie, in dem Augenblick traf es eines der Katapultgeschosse und das Ungetüm wurde von der Explosion in tausende Teile zerrissen. Die Wucht der Explosion riss die Kämpfenden, im nahen Umkreis zu Boden. Marialle erstarrte als sie sah wie Dolette nieder geworfen und unter einer Masse Leichenteile begraben wurde. Zitternd rief sie sich selbst zur Ordnung und begann endlich zu laufen. Der Weg kam ihr unendlich lang vor, doch schließlich erreichte sie den Haufen und riss Arme und Beine heraus, bis sie endlich eine Hand ergriff die mehr Widerstand bot. Weitere Extremitäten und einen Torso zu Seite wuchtend erblickte sie das leblose Gesicht der Hochelfe.

"Dole!" Sie rüttelte an ihren Schultern, doch nichts geschah.

"Verdammt noch mal wach auf!", rief die Priesterin nun.

"Lady Lichtsprung! Da kommen drei weitere Monstrositäten! Wir müssen uns zurück ziehen.", brüllte ihr Borigan zu der sich grade erst wieder aufrappelte. Sie sah verzweifelt von ihm zurück zu der Paladin.

"Dole, wach aaauuuf.", schrie sie nun aus Leibes Kräften und ließ das Klatschen einer satten Ohrfeige ertönen, worauf die Paladin endlich die Augen öffnete.

"Mari? Bist du noch ganz bei Trost?", fragte Dolette verdutzt.

"Rückzug!", erklang die magisch verstärkte Stimme von Jaina Prachtmeer und hallte über das gesamte Schlachtfeld.

"Keine Zeit für Erklärungen. Wir müssen zum Sammelpunkt, komm schon!", befahl die Priesterin und zog ihre Geliebte zu sich in den Stand. Gemeinsam mit den anderen Überlebenden, rannten sie hinter die Verteidigungslinien, wo schon die Fernkämpfer und Priester unter den Balustraden warteten. Als sie sich umdrehte, sah sie wie die gegnerischen Bogenschützen anlegten.

Schneller!

"Beeilt euch, wir kanalisieren schon den Teleportationszauber!", schrie ihnen Odessa entgegen.

Schneller!

Marialle sah wie Borigan, Efendral und einige andere den Sammelpunkt erreichten. Sie hörte schon das Zischen der Pfeile, die die Luft über ihnen durchschnitten.

Schneller!

Sie sah Dolette an, als sie sich gemeinsam vom Boden abstießen und in das blaue Schimmern sprangen, das von den Magiern ausging. Hinter der Elfe erkannte sie noch Gernodt der auch gesprungen war und plötzlich Stille. Ein Harter Aufprall auf sattem grünen Rasen.

Die Priesterin sah sich um, viele von ihnen lagen am Boden, neben sich erkannte sie die Paladin und ihr Herz setzte einen Moment aus.

"Wir haben es geschafft!", hörte sie Jainas Stimme. Marialle sah sich um, zwischen den Magiern, Priestern und Jägern, erkannte sie ihre Gefährten, Maxime, William, Odessa, Orphan und Bertak, der glücklich seinen Bären Bumer kraulte. Sie ließ ihren Blick weiter wandern und erblickte Borigan und Efendral, der sich, wieder in seiner nachtelfischen Gestalt, schon erhoben hatte. Der einzige, der Ihren, der fehlte, war...

"Gernodt!", rief Borigan verzweifelt und auch die umstehenden sahen sich nach ihrem Kampfgefährten um. Doch Marialle wusste, dass er einen Herzschlag zu spät gesprungen war. Als der Blick des Kriegers den ihren traf, schüttelte sie leicht mit dem Kopf und er sank zurück auf die Knie.

"Nein!" Sie sah zur Seite als sie bemerkte wie Dolette sich erhob und schwere Verletzungen an ihrer gesamten linken Körperhälfte Preis gab. Sie schritt langsam humpelnd auf den Krieger zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

"Sein Tod, wie die vielen anderen, die wir heute zu beklagen haben, dürfen nicht umsonst gewesen sein, Borigan mein Freund. Wir müssen jetzt hoch in die zweite Festung steigen und ausruhen und kurieren. Dann ist es Zeit zu trauern. Jetzt erhebt euch, ihr alle! Wir haben überlebt, wir werden das Andenken unserer Kameraden nicht beschmutzen in dem wir uns jetzt hängen lassen." Die Paladin mutete ruhig und wahrlich erhaben an, wie Marialle fand, zum Ende wurde sie immer lauter und während sie sprach stand ausnahmslos jeder auf. Wer nicht vermochte allein zu stehen wurde von einem anderen gestützt.

"Die Priester mögen unsere Wunden schließen, damit wir schnell hinauf gelangen." Marialle und die anderen Priester kamen dem Befehl ihrer Kommandantin augenblicklich nach. Es wurde nicht gesprochen, man versorgte die zahlreichen Verwundeten und machte sich dann auf den Weg hoch zum Lager der neuen Horde. Die junge Menschenfrau ließ ihren Blick noch einmal zurück schweifen auf ihr eigenes Lager, das lichterloh brannte. Schwarze Wolken stiegen auf und von den Mauern war kaum noch etwas übrig. Marialle musste ihren Blick abwenden. Sie spürte wie ihre Hand ergriffen wurde, folgte dem Impuls und sah in die gold schimmernden Augen ihrer Liebsten. Ihr Gesicht war eine starre Maske, makellos und schön, aber auch kalt und ausdruckslos. In den Gefühlen, die die Paladin sandte lag etwas ganz anderes, pures Glück, dass sie es beide aus der brenzligen Lage, lebend heraus geschafft hatten. Dieses Gefühl überwog, auch in der Priesterin. Diee Trauer über die Verluste, die sie so eben erlitten hatten musste warten.

Dennoch schlich sich die verzweifelte Gewissheit dazwischen, dass das erst der Anfang war.

Wunden lecken beim Herrn Troll

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Wunden lecken beim Herrn Troll
 

"Lady Prachtmeer!" Der Kriegshäuptling der Horde stürmte der Gruppe Überlebender entgegen und bot der Menschenmagierin seinen Arm an.

"Na los holt tragen für die Verletzten! Sie können ja kaum noch laufen." , befahl er seinen Orkwachen.

"Beim Licht, habt Dank, Thrall. Mir kam der Anstieg nie so lang vor, wie heute." Jaina lächelte schwach und hielt sich an dem Arm des Orks fest. Wie nahezu alle anderen, war auch sie nicht von Verletzungen verschont geblieben.

Marialle dröhnte der Kopf, schon den ganzen Anstieg lang, aber jetzt wo Thrall laut Befehle in die Stille der Nacht rief, war der Schmerz fast unerträglich. Sie tastete ziellos an ihrem Hinterkopf herum und erschrak als sie die Feuchtigkeit fühlte die noch immer ungehindert aus einer großen Platzwunde drang.

"Verdammt, Dole!", wandte sie sich noch zu ihrer rechten, an die Paladin, bevor sie auf die Knie sackte.

"Marialle, was...?" Sie verstummte, offenbar war ihr grade das ganze Blut aufgefallen, das ihr, wie die Priesterin jetzt spürte, schon den Rücken hinab lief. Sie stürzte herab zu der Menschenfrau und legte ihre Arme um sie, bevor sie ganz umfiel. Dolette ließ ihre Hand über die Wunde schweben und Marialle sah es, aus ihren Augenwinkeln, kurz golden aufleuchten, doch der Ausdruck auf dem Gesicht der Paladin änderte sich von besorgt zu panisch.

"Thrall! Bitte helft mir. Marialle hat eine schwere Wunde am Hinterkopf, ich habe nicht mehr genug Kraft um sie zu schließen." Bevor der Kriegshäuptling auch nur reagieren konnte, schoss ein Schatten an ihm vorbei und die Priesterin erkannte die großen Hauer, des Häuptlings der Dunkelspeere, als Vol'jin sich über sie beugte. Er sagte nichts, legte seine Hand auf den linken Arm der Menschenfrau und die andere über die blutende Wunde. Ein lilafarbenes leuchten erstrahlte kurz und die Wunde schloss sich wie von selbst. Er tauschte einen eindringlichen Blick mit der Hochelfe und sie nickte kaum merklich. Marialle spürte wie die sanften Hände der Paladin, von den riesigen, des Trolls abgelöst wurden und er sie in die Höhe hievte

"Komm Elflein! Folge mir.", befahl er und Marialle kam das ganze nur allzu bekannt vor, aber sie war diesem ungehobelten Troll durchaus dankbar für seine Hilfe in diesem Moment. Er schritt schnell, sie hörte wie ihre Liebste alle drei Schritte laufen musste um an den beiden dran bleiben zu können.

"Öffne die Tür! Das is meine Hütte.", herrschte er die Elfe an, die augenblicklich gehorchte. Drinnen war es wunderbar warm, die Priesterin fühlte sich sofort besser. Es war karg eingerichtet, doch alles was man brauchte, gab es in dieser Hütte. Eine Bank und zwei Stühle, die an einem Tisch standen, einige Felle die auf dem Boden vor der Feuerstelle lagen, auf der ein Topf Hang, in dem Wasser kochte und weiter hinten gab es noch einen weiteren Raum in dem sicherlich ein Bett stand. Vol'jin legte die Priesterin auf die riesige Bank, auf der ausreichend Platz für sie war und wandte sich der Feuerstelle zu.

"Braucht dring'nd Schlaf, hat viel Blut verlor'n, die Kleine." Dolette beobachtete den Troll, der einige Kräuter und Blüten in das kochende Wasser fallen ließ.

"Sie hat fast die Hälfte der Überlebenden geheilt, aber achtet kein bisschen auf sich selbst." Die Paladin schüttelte leicht den Kopf, ehe sie sich umwandte als die Menschenfrau das Wort erhoba:

"Würdet ihr bitte nicht von mir reden als wäre ich nicht da! Ich bin bei vollstem Bewusstsein und könnte sicherlich noch den ein oder anderen Lichtblitz abfeuern. Außerdem passt ihr beide auch nicht viel besser auf mich auf, oder hat sich schon einer von euch um meinen Arm gekümmert?" Marialle funkelte die beiden abwechselnd an und da kam der junge Häuptling auch schon zu ihr gestürmt und kümmerte sich um die Wunde an ihrem Arm. Währenddessen linste sie an ihm vorbei zu der Paladin, die sich eines Lächelns nicht erwehren konnte. Die schöne Elfe ließ sich erschöpft auf einen der Stühle fallen, sie hatte selbst furchtbar viel Blut verloren und war bleich und ausgemergelt. Die Priesterin stupste den Troll an und nickte zu der Paladin hinüber.

"Dem Menschlein Vorwürfe mach'n, aber selbst bist' kein' Deut besser Elflein, ich hol eb'n Verbandszeug und dann lasst ihr euch erst'ma versorgen, damit das klar is." Sein Ton ließ keine Widerrede zu und so schwiegen die beiden Frauen, bis er den Raum verlassen hatte, dann fingen sie beide gleichzeitig an, leise zu lachen.

"Au au, ach der verrückte hat schon recht, verzeih Liebste." Marialle schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, als Antwort, da trat Vol'jin auch schon wieder herein.

Zu aller Erst verband er der Priesterin Kopf und Arm, dann half er der Paladin aus ihrer schweren Rüstung. Die Wunden waren zwar verschlossen, dennoch bot sie wahrlich ein erschreckendes Bild. Ihre linke Körperhälfte war übersät von zahlreichen Schnittwunden und ihre Kleidung war auf dieser Seite völlig zerschlissen.

"Elflein, Elflein, wie konn'st du überhaupt bis hier grade geh'n?" Er löste behutsam die Stoffetzen von der Blutverklebten Haut. Dolette schoss von Herzschlag zu Herzschlag mehr die Röte ins Gesicht, was die Priesterin kichernd registrierte.

"Hör mal Troll, beeil dich lieber anstatt hier sinnlose Fragen zu stellen! Und was gibt es da hinten eigentlich so viel zu lachen?", wandte sich die Paladin entrüstet an die Priesterin.

"Ach nichts, nichts, Dole. Ich frag mich nur immer wie man nach über eintausend Wintern auf der Welt noch so verklemmt sein kann.", lachte Marialle nun herzhaft, nachdem sie geendet hatte.

"Verklemmt? Ich denke du weißt am allerbesten, dass ich keineswegs verklemmt bin. Ich weiß nur was sich geziemt, offenbar im Gegensatz zu anderen Wesen in diesen Räumlichkeiten.", widersprach die Hochelfe, betont hochtragend. Die Priesterin hingegen amüsierte sich weiter, umso mehr sie sich aufregte und der Troll kam nun auch nicht mehr umhin schmunzelnd mit einzustimmen, woraufhin Dolettes Augen sich zu Schlitzen verengten.

"Wage es zu lachen, Troll und ich schwöre dir, du verlierst etwas, was du noch schmerzlich vermissen wirst!" Vol'jin, aber war nicht der Typ der sich von Drohungen, wie diesen abschrecken ließ und so lachte er herzhaft, während er den Verband um das Bein, der Paladin, vielleicht eine Spur zu fest schnürrte.

"Beim Licht! Pass doch auf.", beklagte sie sich, was das Lächeln des Trolls, genau so wie das der Priesterin, noch eine Nuance breiter werden ließ.

"Was wolltet ihr mir doch gleich abschneiden, Mylady Glutklinge?", grinste er frech.

"Komm her du!",sagte die Elfe nun gefährlich grinsend und knuffte den Troll gegen den Oberarm.

"Jetzt isses aber genug mit den Albernheiten, ihr müsst euch dring'nd ausruh'n, hier trinkt das." Er reichte jeder von ihnen einen Becher mit dem Kräuter-Blütentee, den er zubereitet hatte und schenkte dann sich selbst ein.

"Darf ich euch ma was frag'n?", bat Vol'jin nach einer Weile des Schweigens.

"Sicher darfst du, mein Freund." Antwortete die Elfe für sie beide.

"Könnt ihr ma erklär'n, wieso ihr nach so'ner Schlacht, bei so guter Laune seid?" Sie sahen sich nachdenklich an und die Stimmung kippte augenblicklich. Marialle konnte förmlich spüren wie die Bilder der vergangenen Nacht in der Elfe hochstiegen und sie eine tiefe Trauer überkam, genau wie es bei ihr selbst der Fall war. Da veränderte sich der Blick von traurig zu überrascht.

"Hast du das auch grade gespürt?", fragte Marialle ohne Umschweife und erntete einen verwirrten Blick von Vol'jin.

"Allerdings!", stieß die Elfe genauso verwundert aus.

"Jetzt spüren wir unsere Gefühle also schon ohne uns anzufassen, wo soll das nur hinführen?", schmunzelte Dolette und schenkte der Priesterin einen liebevollen Blick.

"Nun also, wenn ich das grade richtig interpretiere, kann ich für uns beide sprechen, wenn ich sage, wir haben bisher die Bilder verdrängt, es war einfach nur grausam ,Vol'jin." Er nickte bedächtig. hatte offenbar auch schon viel Leid in seinem Leben gesehen und ließ sich das für gewöhnlich ebenso wenig anmerken.

"Und? Dürfen wir auch?" Nun sah er kurz wieder irritiert drein, als er aber erkannte worauf die Priesterin hinaus wollte nickte er nur.

"Wieso bist du immer so schnell zur Stelle, wenn es um uns geht, Vol'jin?", fragte Dolette ruhig für sie. Marialle war überrascht davon, dass die Paladin davon ausging, dass es um sie beide ging, schließlich war sie es gewesen, die von dem Troll nun schon zum zweiten mal durch die Gegend getragen wurde. Entsprechend überrascht sah auch er in das Antlitz der Paladin.

"Sag ma Elflein, wie kommst'n darauf, dass ihr beide irg'ndeine Sonderbehandlung bekommt?" Die Elfe schmunzelte nur.

"Schon gut, du musst deine Geheimnisse nicht lüften." Und da hatte sie ihn, Marialle war immer wieder davon überrascht wie die Paladin, die rethorische Waffe ebenso gut wie eine echte schwang.

"Wie kommst'n nu' drauf, ich hätt irg'ndwelche Geheimnisse Spitzohr?" Dolette musste jetzt herzhaft lachen, während der Troll ernsthaft verärgert schien.

"Spitzohr?" Ihr lachen erstarb augenblicklich und sie beugte sich zu ihm vor. Ihre Augen flackerten bedrohlich im Schein des Feuers und Marialle meinte zu sehen, wie Vol'jin einmal schlucken musste.

"Jetzt pass mal auf du rumschlawenzelnder, ungehobelter, benebelter Urzeitaffe! Meinst du ich merke nicht wie du um Marialle herum geschlichen bist? Zur Stelle warst als sie dich brauchte? Denkst du ich weiß nicht, dass du über sie versuchst auch mein Vertrauen zu gewinnen, weil du sie für schwächer hieltest? Weit gefehlt, Primat! Ein wenig Ehrlichkeit, wird da wohl nicht zu viel verlangt sein, oder?" Seine Gesichtszüge veränderten sich leicht, doch Marialle vermochte nicht zu deuten was sie aussagten.

"Is ja gut! Hast ja recht, Elflein. Das Orakel der Tauren hatt dem ries'n Ochs'n prophezeit, dass die Töchter von Mu'sha und An'she in Kalimdor eingetroff'n wär'n und einer vom Volk der ganz Alten soll euch beschützen. Bluthuf hat mich ausgewählt, das is schon alles. Und nebenbei kann ich euch beide auch echt leid'n, falls ihrs noch nich gemerkt habt." Die Paladin legte ihm eine Hand auf die Schulter und sah dem Troll eindringlich in die Augen.

"Ehrlichkeit ist keine Schwäche unter Freunden, Vol'jin." Sie lächelte als sie sich wieder zurück lehnte und auch die Mundwinkel des Trolls deuteten nun wieder ein Lächeln an.

"Ich schlag' vor ihr legt euch ma hin, bevor ihr mir hier in meiner Stube wegpennt." Sagte er schließlich und hob die Priesterin von der Bank.

"He, ich kann auch selber gehen! Hab mich doch mittlerweile ausgeruht.", protestierte sie.

"Schon gut, kleines Weibchen. Dein Elflein bring ich dir gleich hinterher." Und er schritt an der Paladin vorbei in den nächsten Raum, der ein ganzes Stück kleiner war als der andere, dafür stand ein großes Bett in der Mitte, in das Vol'jin, die junge Frau behutsam hinein legte. Er verschwand wieder und Marialle war verwundert keine Proteste von der Paladin zu hören, doch da kam der Troll schon mit der Elfe auf dem Arm zurück und kicherte der Priesterin zu.

"Da is das Elflein weggepennt." Er legte sie zu der jungen Frau, die sie zudeckte und dem Troll noch einen dankbaren Blick zu warf.

"Danke dir, Vol'jin. Gute Nacht."

"Nacht, Kleine."
 

Sie verbrachten die nächsten Tage im Haus von Vol'jin und er kümmerte sich wirklich herzzerreißend um die beiden. Sie erholten sich schnell und fanden sich schließlich in dem Konferenzzimmer, in dem sie schon so oft waren, mit den Anführern ein, um die aktuelle Situation zu besprechen.

"Die Späher berichten, dass Achimonde die Festung zu seinen Gunsten wieder aufbaut." Begann Malfurion ruhig.

"Dies' Gewarte macht ein' ja wahnsinnig, man.", erklang die Stimme des Trolls.

"Ja ihr habt recht, Vol'jin. Aber das was passiert wenn das Warten zu Ende ist, ist auch nicht viel besser.", ließ sich Jaina Prachtmeer vernehmen. Die anderen nickten.

"Also heißt es wieder warten?", fragte nun Thrall.

"Archimonde braucht nicht mal mehr annähernd so viel Zeit um sein Lager neu aufzubauen. Wir haben nicht mehr viel Zeit, bis die zweite Festung angegriffen wird, also seid lieber froh über die Zeit die wir noch haben. Er ist viel schneller als wir dachten, wir müssen es unbedingt irgendwie schaffen, dass sie nicht so schnell voran kommen.", meldete sich auch Tyrande Whisperwind zu Wort.

"Hat jemand eine Idee?", erkundigte sich Dolette.

"Wir müssen diese Katapulte nachbauen, damit wir ihre Ressourcen vernichten. Wenn wir die Feuerkugeln von innen mit Öl tränken könnten, wäre das Feuer fast unmöglich zu löschen. Archimonde müsste so zumindest vor dem dritten Lager noch mal von vorn anfangen."

"Sehr gut, Lady Lichtsprung, meine Orks sollten kein Problem mit dem Bau solcher Anlagen haben, vielleicht können wir sie dadurch ja etwas ausbremsen.", gab Thrall zufrieden zurück und alle, an der Tafel nickten anerkennend, was Marialle die Röte ins Gesicht schießen ließ. Dolette schickte ihr einen Auszug des Stolzes, der ihre Gefühlswelt für die Priesterin in diesem Moment beherrschte, was den Rotton noch um einiges dunkler werden ließ.

"Dann macht euch bitte an die Arbeit, Thrall. Der Entweiher wird nicht zögern.", bat der Druide. Der Kriegshäuptling nickte ihm entschlossen zu und die Gemeinschaft erhob sich. Malfurion warf Dolette und Marialle einen Blick zu, der ihnen sagte, dass sie noch bleiben sollten und als dann alle, außer Tyrande den Raum verlassen hatten, erhob die Paladin das Wort:

"Meister Sturmgrimm, was können wir für euch tun?"

"Wie geht es euch, habt ihr euch gut erholen können?" Die beiden Frauen sahen sich kurz an, bevor Maraille antwortete:

"Ja, Meister Sturmgrimm. Vol'jin hat sich sehr fürsorglich um uns gekümmert." Der Druide musterte sie eindringlich und es dauerte etwas bevor er wieder sprach.

"Wir haben eine Bitte an euch. Und zwar möchten wir nicht, dass ihr an der Schlacht im Lager der neuen Horde teil nehmt." Die beiden waren gleichermaßen verwirrt und er wartete keine Erwiderung ab.

"Ihr seid unser Trumpf, Archimonde weiß nichts über die Kräfte die in euch wohnen und daher wollen wir uns diesen Überraschungseffekt bis zum Schluss aufbewahren."

"Aber...", wollte Dolette protestieren, es lag ihr nicht, andere für sich kämpfen zu lassen, doch der Nachtelf fuhr ihr über den Mund:

"Es ist unser Glück, dass ihr ihm nicht schon eine Kostprobe davon, bei der letzten Schlacht gegeben habt und wir würden es gerne dabei belassen. Außerdem haben wir da noch eine weitere Legende von der wir euch berichten wollen." Die Paladin sah nun wirklich missgünstig drein, doch machte sie keine Anstalten ihn zu unterbrechen.

"Dann lasst hören, bevor wir es uns anders überlegen." Es war Tyrande die nun das Wort ergriff.

"Wie ihr vielleicht schon gehört habt sind die Tauren ebenfalls eins der ältesten Völker und man sagt, dass der Shan'do Malfurions, Cenarius die Tauren schon im Druidentum unterrichtet hat lange bevor er ihn als seinen ersten Schüler der Nachtelfen annahm. So war es Cairne Bluthuf der uns auf die Legende von Belare und Elune ansprach. Seinem Volk sind Lehren des Cenarius über die Jahrtausende zwar verloren gegangen, aber es gibt Riten, deren Herkunft er selbst nicht erklären kann, die eure Verbindung vielleicht stärken können. Und da hatten wir die Idee, dass ihr euch diesen Riten unterzieht, um eine machtvolle Geheimwaffe im letzten Kampf sein zu können. Was haltet ihr davon? Eine der Alten seines Stammes würde sich dazu bereit erklären die Riten an euch durchzuführen." Stille folgte und die beiden Frauen tauschten ihre gemischten Gefühle aus.

"Ihr meint also, dass das etwas bringen könnte?", fragte Dolette schließlich für sie beide.

"Es ist eine Möglichkeit und zweifelsohne würde es euch davon abhalten an der kommenden Schlacht teilzunehmen.", war die ehrliche Antwort des Druiden. Die beiden tauschten noch einen Blick aus und nickten dann.

"Wenn die Riten allerdings beendet sind, bevor die Schlacht beginnt, kann uns nichts davon abhalten der neuen Horde in diesem Kampf beizustehen." Malfurion nickte anerkennend.

"Ich hatte nichts anderes erwartet. Meister Bluthuf wartet draußen auf euch und wird euch zu der Schamanin geleiten."

"Dann ist alles gesagt, informiert den Kriegshäuptling und Jaina Prachtmeer, wir wollen keine Zeit verlieren.", befahl Dolette, ungewohnt ruppig und wandte sich zum Gehen. Shandris Mondfeder die wie immer tief verborgen im Schatten lauerte und natürlich alles mitangehört hatte, nickte finster und trat als erste hinaus. Marialle deutete eine Verneigung an und folgte ihr. Draußen wartete tatsächlich der schweigsame Taure auf die beiden.

"Also ihr zieht hier die ganze Zeit über die Strippen, Taure? Wo lang geht es zu eurer Schamanin?" Der Ton der Paladin, war noch immer äußerst scharf und so wunderte es die Priesterin kein bisschen, dass sie ungehindert weiter ging ohne eine Antwort abzuwarten. Er eilte den Frauen hinterher und machte keine Anstalten sich auf die provokante Art der Elfe einzulassen.

"Ihr habt den richtigen Riecher, Lady Glutklinge.", ließer sich ruhig vernehmen.

"Na dann beeilt euch, ich habe nicht vor mehr Zeit auf diese Riten zu verwenden als unbedingt nötig!" Er schickte sich an sie zu überholen, damit er die Führung übernehmen konnte. Sie schritten eine ganze Weile schweigend nebeneinander her, bis Marialle das Wort ergriff:

"Stopp!", befahl sie und der Taure und die Elfe gehorchten.

"Ich möchte jetzt wissen was eure Rolle in all dem hier ist, Meister Bluthuf."

"Ich bin unbedeutend, Lady Lichtsprung. Garta Quelltotem wird euch, soweit sie kann alles erklären. Ich folge nur ihrem Rat." Das musste ihr genügen, denn die Paladin marschierte schon wieder los.

Sie erreichten eine Höhle, vor der Vol'jin saß.

"Da seid ihr ja endlich, die Alte ist schon ganz ungeduldig.", begrüßte er die drei murrend.

"Was machst du denn hier?", fragte Marialle ruhig.

"Ich halte Wache damit die Riten nicht unterbrochen werden.", kam die Antwort prompt.

"Deine Leute ziehen in den Kampf und du bewachst hier zwei Weiber? Bist du noch ganz bei Trost, Troll?", herrschte ihn nun die Paladin an, ihr Blick war eiskalt, die Priesterin fühlte die Ablehnung ganz klar, die sie diesem ganzen Unterfangen gegenüber empfand.

"Ich denk' an all meine Leute wenn ich verhindern will, dass dieser Dämon die Welt vernichten will!" Er knurrte und wurde von der Paladin nur eines abschätzigen Blickes bedacht, bevor sie in die Höhle trat.

Sie mussten nicht besonders Tief in sie eindringen, bis sie fanden was sie suchten. An einem kleinen Feuer saß die alte Taurin und sah mit verklärtem Blick zu den Hinzugetretenen auf. Ihre Mähne war bereits ergraut und man sah ihr an, dass sie schon lange auf dieser Welt wandeln musste.

"Ich bringe dir die Töchter, Garta."

Was könnt ihr noch?

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Was könnt ihr noch?
 

Die Alte nickte Cairne zu, worauf hin er kehrt machte und die Höhle wieder verließ.

"Setzt euch, Töchter von Mu'sha und An'she!", befahl Garta, worauf Dolette und Marialle sich an dem kleinen Feuer niederließen. Die Schamanin warf etwas ins Feuer worauf bläulicher Rauch aufstieg.

"Hört mich an Ahnen. Geister unserer Welt, Kinder der großen Erdenmutter! Der Wolf!" Sie warf erneut etwas in die Flammen, worauf sich der Rauch wieder grau verfärbte.

"Der Falke!" Der Rauch wurde gelb.

"Der Fisch!" Aus gelb wurde blau.

"Und der Bär!" Jetzt nahm er einen satten grünen Ton an und schien nun die drei Frauen zu umströmen.

"Ihr alle seid verbunden, mit der alles erschaffenden Erdenmutter. Ohne ihre Augen könnte das Leben in eurer Welt nicht blühen und gedeihen, also hört mein Flehen und gebt einen Teil zurück, von dem was ihr einst erhalten habt! Wir stehen vor dem Ende und die Sonne-Mondkinder sind die Gefäße eurer Energien." Der Rauch umkreiste nun jede von ihnen einzeln, Marialle warf einen besorgten Blick zu ihrer Liebsten, nachdem sie sah wie Garta ihre Augen schloss und in ein monotones Summen verfiel, das von ihrem wippendem Körper begleitet wurde.

'Die Alte hat sie doch nicht mehr alle, Dole. Ich finde das ganze hier mehr beängstigend, als alles andere.'

'Ganz ruhig Liebste, das ist doch alles nur Schall und Rauch.' Die Paladin musste bei ihren Worten schmunzeln, doch erschrak  jäh als die Schamanin sich erhob und ihren reich verzierten Stab über das Feuer hielt.

"Spottet nicht! Es hat schon begonnen. Spürt wie die Mächte allen Lebens in euch eindringen." Da wurde Marialle klar, dass sie eben in Gedanken miteinander gesprochen hatten. Auch auf dem Gesicht der Elfe zeichnete sich die Erkenntnis ab und sie versuchten sich nun auf die Energien zu konzentrieren die plötzlich ganz deutlich zu spüren waren. Die Alte ließ sich wieder zurück auf ihren Platz sinken und fing erneut an zu summen und zu wippen.

Es kam den beiden wie eine Ewigkeit vor, in der sie von dem Rauch umhüllt wurden und die unterschiedlichsten Kräfte in sie strömten. Sie spürten alle möglichen Tiere in sich, die Luft, das Wasser, jeden Stein und jede Pflanze. Von allem was auf dieser Welt war schien ein Teil in sie über zugehen. Und dann sah sie wie Dolette zur Seite kippte und auch sie wurde augenblicklich von Dunkelheit umschlungen.

Als sie wieder zu sich kam war sie allein. Sie war nicht mehr in der Höhle und sie schien auch nicht mehr in ihrer Welt zu sein. Alles sah anders aus, der Boden schimmerte bläulich und war von kleinen silbernen punkten übersät. Am grünen Himmel waren eine Sonne und ein Mond zur selben Zeit zu sehen. Die Bäume und Sträucher um sie herum, waren in die unterschiedlichsten Gelb- und Rottöne getaucht. In einiger Entfernung sah sie einen großen weißen Baum und da er das einzige war, das sich aus dieser surrealen Umgebung abhob, beschloss sie dort hinzugehen. Jeder ihrer Schritte hinterließ Wellen die sich von innen nach außen ausbreiteten, als würde sie auf Wasser gehen.

In der Ferne erklang der Ruf eines Falken und hinter ihr hörte sie ein bedrohliches Knurren, was sie schneller gehen ließ. Von der Seite ertönte nun ein lautes Brüllen und obwohl sie rannte, schien sie dem Baum nicht näher zu kommen.

Sie hielt inne und schloss die Augen. Das hier konnte nicht echt sein. Das Knurren hinter ihr wurde lauter, doch sie machte keine Anstalten sich zu bewegen. Marialle erinnerte sich auf einmal, an das was in der Höhle geschehen war und plötzlich konnte sie den Wolf hinter sich spüren. Sie drehte sich um und sah ihm in die stechend gelben Augen, was ihn erstarren ließ. Er stand nur da und erwiderte ihren Blick, sie schloss wieder ihre Augen und konzentrierte sich.

Dole.

Als sie die Augen wieder öffnete, hatte sich nichts an der Szenerie geändert, nur dass von der Seite nun auch ein Bär bedrohlich nah kam und die Zähne fletschte, doch auch ihm konnte sie, nur mit einem Blick Einhalt gebieten. Sie schloss wieder die Augen.

Dole!

Der Schrei des Falken ließ sie wieder ihre Augen aufreißen, er stürzte vom Himmel, mit Sonne und Mond im Rücken, zu ihr hinab. Sie konnte seine Augen nicht erkennen, da sie stark blinzeln musste, um gegen das Licht sehen zu können. Der Vogel schoss auf sie zu und schien immer schneller zu werden. Einem Impuls folgend konzentrierte sie sich und ließ die beiden Himmelskörper aus dem Rücken des Tieres weg wandern, bis sie die Wärme des Lichts auf ihrem eigenen Rücken spürte und der Falke brach seinen Sturzflug ab. Sie schloss ein weiteres mal die Augen.

DOLE!

Und augenblicklich fühlte sie die Präsenz ihrer Geliebten.

'Wo bist du, Dole?'

'Ich bin bei dir!' Plötzlich spürte sie, wie sie von zwei Armen sanft umschlungen wurde und als sie die Augen öffnete, sah sie das golden schimmernde Gesicht ihrer Liebsten. Ihre Augen waren vollkommen in den vertrauten Goldton getaucht, nichts von dem Dunkel des Blaus war mehr darin zu finden und auch die Haare der Elfe schienen mehr denn je in ihrer ureigenen Farbe zu leuchten. Marialle spürte die unglaubliche Macht die von ihr ausging und machte große Augen.

'Glaub mir du bist grade auch mehr denn je eine Erscheinung, Mari.', sandte die Paladin und lächelte liebevoll. Sie erwiderte das Lächeln und streichelte sanft über ihre Wange, worauf hin Dolette genießend die Augen schloss.

'Wir sollten wohl aufwachen, man braucht uns.', kam es nun von der Priesterin.

'Dann wach doch auf, Marialle.'
 

"Mari, wach auf! Es ist vorbei." Sie spürte wie alles um sie herum von ihr gerissen wurde und schließlich auch die Präsenz der Paladin, nur damit alles hart auf sie zurück prallen konnte. Das erste was sie fühlte war Kälte, dann ein heißes Glimmen, ausgehend von Dolette. Je mehr Zeit verging um so mehr konnte sie ihre Umgebung wahrnehmen. Als nächstes war da die Schamanin. Um sie herum die Höhle, draußen Vol'jin der äußerst ungeduldig wartete, gefolgt von den unzähligen Tieren, Bäumen, Pflanzen, Steinen, der Luft und schließlich der weite Ozean und eine ungekannte Ruhe überkam sie.

Als sie endlich die Augen öffnen konnte, sah sie in die der Hochelfe die noch immer komplette in einen matten Goldton getaucht waren aber nicht mehr leuchteten.

"Mari? Liebste, alles in Ordnung?"

"Gib ihr noch einen Moment Elfe, eine Seelenwanderung für sich, ist schon zu viel für einen schwachen Menschen, von der Verbindung zu den Ahnen und allem Leben, das sie umgibt, ganz zu schweigen.", hörte sie die krächzende Stimme von Garta.

"Sie ist nicht schwach!", protestierte die Paladin ruhig und Missgunst schwang deutlich in ihrer Stimme mit.

"Schon gut, Dole. Hilfst du mir bitte auf?" Sie ließ sich von der Elfe in eine sitzende Position schieben.

"Wie geht es nun weiter, Schamanin Quelltotem?", wandte sie sich an die Taurin.

"Der Ritus ist beendet, mehr liegt nun nicht mehr in meiner Hand."

'Dann nichts wie raus hier!', sandte Marialle in Gedanken, worauf Dolette ihr nur kaum merklich zu nickte.

"Habt Dank, Schamanin. Wir werden mit diesem Geschenk den Dämonen, der unsere Welt bedroht, aufhalten." Die Alte nickte den beiden zu nachdem sie sich erhoben hatten.

"Dann geht, Töchter von Mu'sha und An'she und tretet eurem Schicksal mutig entgegen, denn die Welt wird euer Schicksal teilen." Sie spürten den Blick der Schamanin noch lange auf sich, bis sie endlich aus der Höhle traten.

Vor ihnen auf dem Boden lag der Troll und schnarchte in aller Seelen Ruhe.

"He Vol'jin! Wach auf, wir sind wieder zurück.", riss die glockenklare Stimme der Hochelfe, den Häuptling der Dunkelspeere aus seinem Nickerchen. Seine gelben Augen linsten durch die Schlitze seiner Lider.

"Elflein! Weibchen, ihr seid wieder da! Bei den Lao, endlich!" Er richtete sich etwas zu schnell auf, sodass er kurz ins Taumeln geriet, aber die beiden Frauen fingen ihn auf. Wie ein Blitz durchzogen die Priesterin plötzlich Bilder aus dem Leben des Trolls. Von seiner Geburt, über Kindheitserinnerungen, seiner Ausbildung zum Schattenjäger, über Schlachten bis zum heutigen Tag. Marialle wurde kurz übel als sie Bilder eines Rituals sah, bei dem er Teile seines Gegners verspeiste, um ihm die letzte Ehre zu erweisen und seine Kraft in sich aufzunehmen. Und sie sah wie lange sie in der Höhle waren.

"Zehn Tage...?", stieß die Paladin hervor und Marialle war froh, dass sie die Flut von Bildern offenbar nicht als einzige gesehen hat.

"Eh danke. Ja und?" Er sah die beiden Frauen abwechselnd an.

"So lange waren wir dort? Hat die Schlacht um Thralls Lager schon begonnen?", beendete die Priesterin, den Gedankengang von Dolette. Die Miene des Trolls verfinsterte sich schlagartig.

"Sie is schon vorüber, muss ich befürchten. Seht, der Rauch am Horizont ist schon weiß." Sie blickten in die Richtung in die er deutete und sahen ebenfalls den weißen Rauch.

"Verdammt, ich hatte so gehofft, es würde nicht so lange dauern. Kommt gehen wir zurück.", befahl die Paladin und Marialle und Vol'jin folgten.
 

Die Sonne stand kurz vor ihrem Untergang als sie die Festung der Nachtelfen erreichten. Sie wurden überschwänglich von Odessa empfangen, die einen Moment innehalten musste, während sie die beiden musterte.

"Beim Licht, da seid ihr ja endlich wieder." Die Magierin machte eine Pause und begutachtete die beiden Frauen einige Herzschläge lang, bevor sie fort fuhr:

"Die zweite Schlacht war noch so viel schlimmer als die voran gegangene. Wir haben Orphan verloren, er wurde von einem Pfeil erfasst während wir den Teleportationszauber gewirkt haben. Insgesamt halten die Verluste sich aber wohl in Grenzen. Heute Abend ist die Trauerfeier.", brachte die junge Frau ihre Kommandantinnen auf den neusten Stand, die beide schwer schluckten mussten. Alles in Allem nahmen sie es, aber eher gefasst hin, fast zu gefasst. Das mochte auch an der Veränderungen liegen, die die beiden Frauen durchliefen.

"Verstehe Odi, sei so gut und gib den Anführern Bescheid, dass wir zurückgekehrt sind, wir werden im Audienzsaal auf sie warten.", ließ die Priesterin verlauten und Odessa gehorchte.

Als sie in dem Konferenzzimmer ankamen, waren dort schon die beiden Nachtelfen und Jaina Prachtmeer.

"Willkommen zurück, Myladys. Thrall und Meister Bluthuf erholen sich noch von der Schlacht.", erklärte der Druide.

"Natürlich, Meister Sturmgrimm. Sagt wie ist die Schlacht gelaufen?", erkundigte sich die Paladin. Malfurion huschte ein Lächeln über das Gesicht, das ihm ungewohnte Züge verlieh.

"Abgesehen von den unvermeidbaren Verlusten, sehr gut, Lady Glutklinge. Die Scharen Archimondes haben mit unseren Katapulten nicht gerechnet. Ganze drei Tage dauerte die Schlacht. Der Entweiher hat erhebliche Verluste erlitten. Er und seine Schergen werden viel Zeit brauchen, um sich zu regenerieren und ihr neues Lager auf der Festung der neuen Horde aufzuschlagen.", berichtete der Nachtelf ruhig. Er schien tatsächlich äußerst zufrieden, mit dem Verlauf der Schlacht.

"Und Verluste auf unserer Seite?", fragte Marialle nun weiter.

"Erfreulicherweise sind sie relativ gering geblieben, es war die Erschöpfung, die uns nach drei Tagen zwang, unsere Leute aus der Gefahrenzone zu Teleportieren.", antwortete nun Jaina.

"Aber nun erzählt, wie ist es bei euch gelaufen, Myladys?", stieß Tyrande neugierig hervor, offenbar hatte sie sich bemühen müssen die Frage nicht schon viel früher zu stellen. Die unverhohlene Neugierde, der anmutigen Nachtelfe, ließ die beiden Frauen schmunzeln. Dolette fixierte sie mit ihren goldenen Augen. Die Hochpriesterin schien die Veränderung erst jetzt wirklich zu registrieren.

"Erstaunlich!", presste sie hervor. Malfurions Lächeln wurde hingegen nur noch breiter und der zufriedene Gesichtsausdruck verstärkte sich enorm.

"Allerdings, eine Verbundenheit wie die eure, mit der Natur und allem was euch umgibt, habe ich noch nie zuvor bei einem sterblichen Wesen gesehen. Wie hat die Schamanin das gemacht?" Nun spürten Dolette und Marialle auch die forschenden Blicke des Druide auf sich ruhen.

"Sie hat die Ahnen und Naturgeister angerufen und die sind dann irgendwie in uns gefahren. Wir sind dann in einen langen Traum verfallen in dem wir uns, denke ich, als würdig erweisen mussten.", erklärte die Hochelfe knapp.

"Faszinierend! Dürfen wir erfahren was in diesem Traum geschehen ist, Myladys.", fragte Malfurion höflich.

"Ich hatte gedachte, dass der Druide der Jahrtausende, mit seinem Gefolge, durch den smaragdgrünen Traum gewandelt ist, sich noch am ehesten vorstellen kann was uns dort widerfuhr.", schmunzelte Marialle.

"Aber das was wir erlebten, hat mit dem Schöpfungstraum nur wenig gemein.", fuhr Dolette fort.

"Es war ein verzerrtes Bild von dem, was wir als Wirklichkeit empfinden. Die Farben waren verdreht und wir schienen am Firmament zu wandeln. Die Naturgeister bedrohten uns. Erst als wir erkannten, dass wir aus der Umgebung Kraft schöpfen und sie nach unserer Vorstellung umformen konnten, hatten wir die Prüfung bestanden.", endete die Paladin und erntete verblüffte Blicke.

"Moment, ihr wisst, dass der smaragdgrüne Traum nicht so aussieht?" Marialle lächelte milde, sie empfand sich grade als ungemein erhaben, gegenüber dieser weisen und alten Wesen, die die beiden Nachtelfen doch eigentlich waren.

"Ja wir sehen ihn.", antwortete sie schlicht.

"Ihr seht ihn? Jetzt grade?", schaltete sich Tyrande ein. Jaina verfolgte das Gespräch gebannt, offenbar war sie sich darüber im Klaren, dass das Thema ihr Wissen bei Weitem überstieg.

"Wir sehen ihn als eine Art Überlappung, über der realen Welt. Hier an dieser Stelle steht zum Beispiel ein Busch, in dem einige Spatzen sitzen und sich an seinen Beeren laben. Auch hier treibt die brennende Legion übrigens ihr Unwesen, Meister Sturmgrimm. Ich fürchte, wenn wir unsere Aufgabe am Weltenbaum erfüllt haben, müsst ihr mit den Euren, wieder in den smaragdgrünen Traum zurückkehren und das was wir in der wirklichen Welt begonnen haben, dort fortsetzen." Malfurion nickte gedankenverloren.

"Wirklich faszinierend.", stieß er noch staunend hervor.

'Der gute Meister Sturmgrimm, ist ja wirklich von der Rolle, das hätte ich nicht gedacht.', sandte Marialle der Hochelfe.

'Das hält nicht lange an, glaube mir. Er hat in seinen über zehn Tausend Jahren, sicher schon so einiges gesehen, der fängt sich gleich wieder. Lady Prachtmeer bereitet mir da schon etwas mehr Sorgen.', gab Dolette mit einem Zwinkern zurück. Als fühlte sie sich angesprochen erhob die Magierin das Wort.

"Und was...was könnt ihr noch?", fragte diese zögernd.

"Was wir vorhin noch herausgefunden haben, ist dass wir das Leben von Vol'jin, in Auszügen sehen konnten, als wir ihn berührt haben. Wir wissen aber nicht, ob das bei jedem funktioniert. Voneinander können wir das Leben der anderen komischerweise nicht sehen.", fiel Marialle in dem Moment auf.

'Eigentlich schade, oder nicht?', sandte die Priesterin ihrer Liebsten zu. In dem Moment sah sie Dolette in einer prächtigen Stadt vor sich, die von Rot- und Goldtönen beherrscht wurde. Sie ging durch die Straßen, an allerlei Händlern und Tavernen vorbei, bis sie auf einen riesigen Platz, mit einem Pavillon in der Mitte trat, von dem eine lange Brücke abging.

'Wir können einander alles zeigen, wenn wir die Zeit dafür haben, Mari.' Sie lächelten einander an.

"Achso und wir können in Gedanken miteinander reden und das alles funktioniert mittlerweile ohne, dass wir uns berühren müssen.", ergänzte Dolette gedankenverloren und lächelte seicht einen unsichtbaren Punkt an.

"Das ist aber zugegebener Maßen, etwas das wir erwartet haben. Einige von euch hatten ja mit Telepathie gerechnet.", fügte sie außerdem hinzu.

"Was es mit unseren Fähigkeiten, im Kampf verändert hat, wissen wir allerdings noch nicht." Vol'jin zuckten bei diesen Worten die Ohren.

"Dann lasst's uns doch austest'n! Niemand'm is geholf'n, wenn ihr in der Schlacht überraschter seid, über eure gewachsen'n Kräfte, als es Archimonde am Ende is.", bot er mit einem breiten Grinsen an.

"Das ist eine fabelhafte Idee, Häuptling! Und der Einwand ist logisch.", kam es euphorisch von Malfurion.

'Na toll.'

'Was denn, Vol'jin hat doch recht, wir müssen uns doch einmal ausprobieren.', sandte die Priesterin zurück.

"Also schön, ein Trainingskampf hat noch nie geschadet, oder?", lenkte die Paladin dann auch ein.

"Fabelhaft, fabelhaft. Folgt mir alle zu den Übungsplätzen!", befahl der Druide äußerst fröhlich, fast kindlich. So hatte Marialle ihn auch noch nie gesehen. Der weise, alte Druide der sonst mehr an einen alten Mann erinnert, denn an ein kleines Kind, tänzelte verspielt voraus.

'Ist doch in jedem Mann noch drin, egal wie alt er ist.', kommentierte Dolette, den Gedankengang schmunzelnd.

Sie traten hinaus in die Dunkelheit und gingen nicht weit, bis sie auf einen großen, hell erleuchteten Platz traten, auf dem einige Strohpuppen standen und hie und da Nachtelfen trainierten. Mit einem Blick verwies Tyrande alle ihrer Schildwachen und so war der Platz nun frei. Einige Böen wirbelte den Sand, der überall auf dem Areal verteilt lag, auf, so dass kleine Wirbelstürme über den Boden entlang züngelten.

"Also dann Vol'jin, du hast es ja gewollt!" Die Hochelfe grinste gefährlich, als sie langsam, gefolgt von der Priesterin in die Mitte trat.

"Na das werd'n wir ja noch seh'n Elflein.", gab er mit funkelnden, gelben Augen zurück.

Vol'jin stand ein paar Körperlängen von Dolette entfernt, hinter ihr stand Marialle. Keine der Frauen machte Anstalten sich in Kampfposition zu begeben. Der Troll hingegen zückte seinen Bogen und spannte ihn.

"Seid ihr bereit?", rief der Nachtelf den Kontrahenten zu.

"Ja!" War die prompte Antwort des Häuptlings der Dunkelspeere. Dolette und Marialle nickten nur.

Sofort schoss der erste Pfeil auf die Paladin zu, die nicht die leiseste Regung zu machen schien, stattdessen erhob Marialle den Blick und fixierte sie, worauf ihre matt silbernen Augen, für den Bruchteil eines Herzschlags, erstrahlten. Der Pfeil prallte gegen eine Kugel die nur ganz kurz, bei der Berührung aufflackerte. Vol'jin gab einen trotzigen Laut von sich und feuerte direkt einen Zweiten, in Richtung der Priesterin ab, der genau so von einem unsichtbaren Schild abprallte, wie zuvor bei der Hochelfe.

Die stechenden, gelben Augen des Trolls verengten sich zu Schlitzen, als er seinen Bogen von sich schleuderte und seine Dolche zog. Wie ein Blitz stürmte er auf Dolette zu, die noch immer keine Anstalten machte sich auch nur einen Hauch zu bewegen, sie schaute nicht mal auf. Genau wie die Pfeile vorher, prallte jeder seiner Streiche mit den Dolchen an dem Schild ab, der immer wieder, unter den schnellen Attacken von Vol'jin, flackerte. Als der Troll Anstalten machte, sich der Priesterin zu zuwenden, erhob die Paladin ihren Kopf und fixierte den Troll. Ihre Augen erstrahlten golden. Eine unsichtbare Macht schleuderte ihn mit einer solchen Wucht nach hinten, dass er mehrere Körperlängen weit weg flog und hart zu Boden gerissen wurde.

"Was glotzt ihr drei denn nur? Helft mir halt!", befahl der Troll und die beiden Nachtelfen, sowie Jaina Prachtmeer gehorchten. Sie schleuderten jeder einen Zauber los, doch auch diese prallten nur wirkungslos an den flimmernden Schildern, der Paladin und Priesterin ab. Verblüfft schauten sich die drei an und der Trollt gesellte sich zu ihnen, um es gemeinsam erneut zu versuchen. Dolette zog ihr Schwert und bevor auch nur einer von ihnen, einen Zauber losschicken konnte, durchschnitt sie mit der Klinge die Luft vor sich, worauf sie eine mächtige, neumondförmige Sichel zu ihnen schickte, die sie alle zu Boden warf.

'Also das können wir uns doch sparen. Fühlt sich irgendwas von dem hier überraschend oder unnatürlich, für dich an?', fragte die Paladin in Gedanken. Benommen wollten sich die vier grade wieder aufrichten, als Marialle sie mit ihrem, leuchtenden Blick bedachte und sie nicht mehr los ließ.

'Nicht im Geringsten, Dole. Ich mache alles instinktiv. Ich muss nicht mal ansatzweise Nachdenken.'

"Was ist das? Ich kann mich nicht mehr bewegen!" rief Tyrande erschrocken, über die Macht die sie und die anderen am Boden hielt.

"Das reicht!", erklang eine donnernde Stimme befehlend.

Die Schlacht um den Weltenbaum beginnt

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Die Schlacht um den Weltenbaum beginnt
 

Der Mond stand schon hoch am Himmel, nachdem Varok Saurfang, der alte Berater von Thrall, seine Trauerrede beendet hatte und man ein Fest zu Ehren der gefallenen Mitstreiter feierte. In der Mitte, der großen Nachtelfenfestung, wurde ein riesiges Feuer errichtet, um das getanzt und gelacht wurde. Die lauten Trommeln der Orks durchbrachen, donnernd die Stille der Nacht.

Etwas Abseits stand die hochgewachsene Elfe, die sich grade angeregt mit dem Kriegshäuptling und seinem Berater unterhielt. Marialle beobachtete sie schon eine ganze Weile und folgte in Gedanken dem Gespräch, was sie mit den beiden Orks führte, obwohl sie währenddessen von der quirligen, jungen Magierin beständig versucht wurde in ein Gespräch verwickelt zu werden. Denn auch Odessa wollte unbedingt wissen, was in der Höhle, bei der alten Schamanin Garta Quelltotem vorgefallen war, doch die Priesterin war nicht besonders redselig. Viel mehr wollte sie, dass der lange Tag endlich ein Ende nahm. Sie gestand es sich nicht ein, aber die Geschehnisse der letzten Tage in der Höhle und zuletzt der Trainingskampf, gegen Malfurion, Tyrande, Jaina und Vol'jin hatten sie einiges an Kraft gekostet. Nicht körperlich, schließlich hatte sie die Fähigkeit errungen aus ihrer Umgebung Kraft zu schöpfen. Es war ihr Geist, der doch länger brauchte, als sie zugeben wollte, sich mit dieser neuen Situation, diesem neuen Sein, abzufinden.

'Wieso hast du das nicht gleich gesagt?' Erklang die vertraute, warme Stimme von Dolette in ihren Gedanken. Das war auch so was womit man sich erst einmal zurechtfinden musste.

'Ich weiß...es ist von deiner Willensstärke abhängig ob du deine Gedanken zurückhalten kannst, wir können das gerne zusammen üben.'

Innerlich knurrte sie leise, bevor sie der Paladin antwortete:

'Ich habe nicht mal direkt zu dir gesprochen, das ist einfach noch so neu für mich.', erklärte sie sich.

'Mari, ich versteh doch, du musst nichts erklären.'

'Wieso wirst du dann damit so leicht fertig?', fragte sie ohne Umschweife.

'Also, du weißt...ich bin schon so viel älter als du, aber ich denke was mir hierbei besonders zu Gute kommt, ist dass ich eh schon jeden Tag meditiere, um mein Verlangen, nach Magie unter Kontrolle zu haben. Dadurch ist mein Geist geübt sich zu kontrollieren.' Das war logisch. Die Hochelfe meditierte schon viele Jahre, um ihrer Sucht nach Magie, die alle Quel'dorei auf die ein oder andere Art bekämpften, Herrin zu bleiben.

'Eben und bis du deinen Geist auch soweit hast, verschließe ich meinen einfach bis du es kannst.' Eigentlich gefiel ihr der Gedanke nicht so besonders gut, aber Dolette hatte natürlich, wie so oft recht, mit ihren Ausführungen.

'Na schön, aber wir fangen gleich morgen an, ich möchte das selbst kontrollieren können.'

Die Paladin nickte einmal kaum merklich in ihre Richtung und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Gespräch mit den beiden Orks zu.

"...hat mir viel bei gebracht. Erst Gernodt und dann auch noch Orphan. Ich hoffe nur, dass es dabei bleibt.", riss Odessa die Priesterin aus ihren Gedanken.

"Ja ich auch, aber uns muss klar sein, dass die wichtigste und ebenso schwierigste Schlacht, erst noch geschlagen werden muss, Odi.", entgegnete sie der jungen Magierin.

In dem Moment entdeckte sie Cairne Bluthuf der an einer anderen Stelle des Platzes mit Vol'jin sprach. Er war es der den Kampf, vorher am Abend so bestimmt beendet hatte. Er war der Meinung man sollte in Zeiten des Krieges nicht auch noch gegeneinander kämpfen und sei es auch nur zu Übungszwecken. Marialle konnte sich vorstellen, dass der Troll noch immer darüber mit dem Tauren diskutierte. Sie hing so noch eine ganze Weile ihren Gedanken nach und war für niemanden ein wirklich guter Gesprächspartner.
 

Die folgenden Tage, vergingen friedlich und unspektakulär. Dafür machte die Priesterin gute Fortschritte im Umgang ihrer geistigen Willensstärke und so war es ihr bald möglich ihre Gedanken vor Dolette abzuschirmen, wenn sie ihr nicht direkt etwas mitteilen wollte. Dadurch verbesserte sich auch ihre Wahrnehmung enorm, so konnte sie in unglaubliche Entfernungen, genauso wie durch Wände blicken, sofern es denn ihr Wunsch war. Außerdem verspürte sie schon nach wenigen Tagen nicht mehr diese Müdigkeit, die ihr noch anfangs so zu schaffen machte.

Es kam der Tag, als einer der Nachtelfenspäher berichtete, dass die brennende Legion ihr Lager fast vollständig hergerichtet hatten und so trafen sich die Anführer erneut, um einen Schlachtplan aufzustellen.
 

Malfurion und Tyrande warteten, wie gewohnt, schon in dem vertrauten Zimmer auf ihre Verbündeten. Marialle trat zusammen mit Dolette und Jaina Prachtmeer ein, dicht gefolgt von Thrall, Cairne Bluthuf und Vol'jin.

"Gut, dass ihr da seid.", begann der Druide ohne Umschweife.

"Meine Späher berichten, dass das Lager der Legion schon so gut wie komplett errichtet ist. Ich fürchte wir haben nicht mehr viel Zeit.", fuhr er fort.

"Wie sieht es denn mit dem Ritual aus, Meister Sturmgrimm?", fragte der Ork.

"Wir brauchen noch ungefähr drei Tage Thrall.", antwortete der Nachtelf ruhig, aber ein Schatten glitt ihm dabei über seine Gesichtszüge.

"Ich weiß nich, ob die Katapulte noch mal so'n einschlag'nden Eindruck hinterlassen.", überlegte der Häuptling der Dunkelspeere laut. Thrall nickte.

"Das wage ich auch zu bezweifeln. Aber falls nicht einer von euch, noch einen Einfall hat, mit dem wir das Überraschungsmoment wieder auf unserer Seite wüssten, befürchte ich, dass wir so aushalten müssen solange wir können." Keine guten Neuigkeiten, im schlechtesten Falle hieße das drei Tage durchzukämpfen, ob das ein weiteres mal möglich war wusste keiner.

"Dann heißt es also durchhalten! So sei es dann!", presste der Häuptling der Tauren überraschend hervor.

"So ist es Meister Bluthuf. Dann wissen ja jetzt alle was uns bevorsteht. Wir werden so lange es geht mit den Katapulten und Fernkampfangriffen, versuchen die Dämonen von unserer Festung fernzuhalten. Wenn sie fällt, zieht sich alles zurück zum Tor von Nodrassil, wo ich mit meinen Druiden warten werde. Ist Shandris informiert, Tyrande?", sagte Malfurion und wandte seine Frage an die schöne Nachtelfe neben ihm.

"Selbstverständlich, Mal." Als sich die Anwesenden schon wieder erhoben, registrierte Marialle eine Welle der Erkenntnis, ausgehend von ihrer Liebsten, der offenbar ein Einfall, in diesem Moment, durch den Kopf schoss.

"Was ist eigentlich mit den Irrwischen?", stieß sie fast atemlos hervor und alle im Raum erstarrten in ihrer Bewegung. Im Gesicht des Druiden konnte man es förmlich arbeiten sehen, doch es war Tyrande die zuerst antwortete.

"Was soll mit ihnen sein, Lady Glutklinge? Sie dienen uns, aber sie können doch nicht kämpfen.", sprach sie verwirrt und gleichzeitig geistesabwesend, da sie anscheinend selbst überlegte, ob das der Zusammenhang war von dem die Hochelfe überhaupt sprach.

"Meint ihr sie könnten uns die Zeit verkürzen?" Ehrfurcht lag in der Stimme des Nachtelfen, aber auch eine Spur Ärger schwang deutlich mit.

"Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen?", fragte er noch, mehr zu sich selbst, als zu den anderen.

"Sie sind doch reine Energie, ich kann es deutlich spüren, Meister Sturmgrimm. Sie sind das, was übrig bleibt, sie sind unsere Ahnen." Nun war es die Paladin, die kaum merklich vor Ehrfurcht zitterte.

"Ja! Und es sind unheimlich viele. Sie werden uns helfen, Norddrassil die Macht zu verleihen, Archimonde und die brennende Legion zurückzuschlagen.", schaltete sich wieder die Hochpriesterin, begeistert von der Idee, ein.

"Meine Druiden und ich werden uns gleich mit den Irrwischen in Verbindung setzen!" War noch von Malfurion zu hören, als er sich abrupt umdrehte und den Raum durch die Hintertür verließ.

"Na dann kann ich heut' wohl doch nochma' in Ruhe pennen, was?", lachte der Troll ein wenig nervös.

"Ja unterrichtet die Kommandanten und dann seht alle zu, dass ihr noch ein wenig Schlaf bekommt!", befahl nun auch Thrall, der sich endlich aus seiner Starre gelöst hatte.

Darauf hin strömten die sieben Übrigen aus dem Konferenzzimmer und beeilten sich, jeden der es wissen musste zu informieren.
 

Einige Zeit später, tat Marialle sich unheimlich schwer einzuschlafen. In ihrem Kopf sausten die Gedanken hin und her. Sie fragte sich, welche Rolle die Hochelfe und sie in dieser Schlacht übernehmen könnten, oder sollten. Des Weiteren war ihr ein Gedanke gekommen, als Dolette, früher am Abend, das Thema auf die Irrwische lenkte. Sie fragte sich, ob es nicht ein riesiger Machtgewinn für Norddrassil wäre, wenn der Baum die gebündelten Energien, die Dolette und Marialle in sich trugen und vielleicht sogar noch umwandeln könnten, erhalten würde. Würde die Zeit die für das Ritual noch nötig wäre, dadurch bedeutend verkürzt? Könnten dadurch viele Leben gerettet werden? Sie vergrub diesen Gedanken tief in sich, denn sie wollte ihn nicht mit der Paladin teilen. Sie würde nichts unversucht lassen, um das Töten früher zu beenden wenn nur irgend möglich, aber Marialle hatte Angst. Die beiden wussten mittlerweile so viel über diese Welt und ihre Wesen, viel mehr als ein unbedeutendes Menschenleben erfassen könnte und so beschlich sie eine dunkle Ahnung was geschehen würde, würden sie und die Hochelfe ihre Energien ebenfalls in den Weltenbaum speisen. Die Nachtelfen würden ihre Unsterblichkeit aufgeben, in diesem Kampf. Welches Opfer mussten Dolette und Marialle erbringen?

Die Elfe regte sich neben ihr und blinzelte, ihre gänzlich goldenen Augen raubten der Priesterin noch immer den Atem. Ein Anblick den sie nie wieder missen wollte.

"Mari? Was hast du? Kannst du nicht schlafen?"

"Alles in Ordnung Liebste, schlaf weiter.", log Marialle und legte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Sie ließ sich wieder zurück gleiten, als sie die Berührung der Paladin spürte, die sie aufhielt und wieder zu sich zog. Die vollen, wohlgeformten Lippen der Hochelfe legten sich liebevoll auf die der Menschenfrau und verwickelten sie in einen leidenschaftlichen Kuss, der einige Herzschläge andauerte. Als sie sich voneinander lösten, sprach Dolette mit ihrer glockenklaren Stimme:

"Egal was morgen passiert. Ich liebe dich und ich werde um nichts in der Welt von deiner Seite weichen.", kamen die liebevollen Worte, ihrer Geliebten.

"Und ich nicht von deiner, Dole.", gab die junge Menschenfrau zurück und lächelte die Paladin an, bevor sie ihr einen weiteren zärtlichen Kuss auf die Lippen hauchte und sich schließlich zurück in ihr Kissen fallen ließ.

"Schlaf nun weiter, im Traum treffen wir uns wieder."

Die Priesterin brauchte lange, doch glitt sie schließlich doch noch in einen erholsamen, traumlosen Schlaf.
 

Morgens frühstückten sie gemeinsam und traten grade aus der kleinen Hütte, die ihnen von den Nachtelfen überlassen wurde, als ein lautes Dröhnen, offenbar ein Horn, die Stille durchschnitt. Es war so weit, die brennende Legion rückte an. Augenblicklich sahen die beiden die gesammelten Truppen, der Schildwache von Tyrande Whisperwind, die auf die Mauern der Festung zu stürmten. Ein Trupp Orks rannte aus dem Osttor, wo die neu errichteten Katapulte hinter einem flachen Wall auf ihren Einsatz warteten. Einige Tauren eilten nach Norden, dort würden sie zusammen mit den Furbolg einem Hinterhalt entgegen wirken, bis die Festung tatsächlich fiel.

Im Westen warteten schon die Druiden um Malfurion Sturmgrimm.

Sie selbst und die Hochelfe liefen den Schildwachen hinterher auf die Mauern, sie würden ebenfalls, so gut es ging mit Fernangriffen, versuchen die Dämonen auf Abstand zu halten.

Oben angekommen wurden die beiden von ihren Gefolgsleuten flankiert. Sie ernteten ernste und entschlossene Blicke, von William, Maxime und Odessa, an Marialles Seite, sowie Bertak, Borigan, Malek und Efendral auf der Seite von Dolette. Zwischen den lichten Bäumen marschierte die Armada der Dämonen langsam auf die Festung zu, sie waren noch sehr weit weg, doch Marialle und Dolette vermochten, zu sehen wie riesig das Heer, der brennenden Legion war. Die Paladin nickte deutlich hoch zu Jaina Prachtmeer die eine kleine blaue Kugel in Richtung der Orks abfeuerte. Das Zeichen die Kugeln der Katapulte zu entzünden.

Die Dämonen und Untoten begannen zu laufen und als die Stimme von Shandris Mondfeder erklang, war klar, dass nun auch alle anderen erkennen konnten was auf sie zu kam.

"Anlegen!" , rief die Kommandantin der Schildwache laut. Marialle warf noch einen Blick hoch, zu der Balustrade auf ihrer Seite, auf der Tyrande die vereinte Priesterschaft aus Nachtelfen und Menschen um sich geschart hatte und nickte ihr entschlossen zu, was diese sofort erwiderte.

Die junge Menschenfrau ergriff die Hand ihrer Geliebten und kurz darauf durchtrennte deren klare Stimme die Stille, wie ein Schwert als sie lauthals schrie:

"Feuer!" Als Erstes gab Jaina Prachtmeer von ihrer Balustrade einen Feuerball zu den Orks ab, der in hohem Bogen über ihre Köpfe nach Osten flog. Danach erklang das Zischen von hunderten von Pfeilen, der Schildwachen, Menschenkrieger und Jäger, gefolgt vom Aufleuchten, ebenso vieler Zauber die von Magiern und Priestern auf den Weg geschickt wurden, dem Feind einhalt zu gebieten. Mehrere grollende Geräusche zeugten vom durchschneiden der Katapultseile worauf einige große, brennende Kugeln, den Zaubern und Pfeilen hinterher sausten. Als die Geschosse beinahe gleichzeitig aufschlugen, schien die Erde zu beben und die Paladin und Priesterin konnten sehen welch riesige Löcher in die Angriffsreihen, der brennenden Legion gerissen wurden. Marialles Mundwinkel wagte fast sich zu einem Lächeln zu verziehen als plötzlich die Stimme Jainas erklang:

"Banshees!", schrie sie und ließ einen mächtigen Feuerball auf eine der fliegenden Frauen zu schießen, die hart erfasst und zurück geschleudert wurde, wobei sie eine zweite mit sich hinab riss.

"Jeder zweite dreht sich und kümmert sich um die Banshees!", brüllte Shandris Mondfeder.

Dolette erfasste eine Gruppe der fliegenden Frauen mit einer Sichel aus goldener Energie, die von ihrem Schwertstreich, erbarmungslos zu ihnen geschleudert wurde. Sie alle fielen augenblicklich zu Boden.

Die junge Frau, an ihrer Seite errichtete ihrerseits einen riesigen Schutzfilm, der die ganze Mauer, der Festung und Balustraden, samt der Wesen, die darauf standen, umhüllte. Grade rechtzeitig, wie sie wusste, denn fast zur selben Zeit fiel ein Pfeilregen über all ihre Köpfe nieder, der grade noch von dem Schild abprallte.

Die Zauber und Pfeile, schossen nur so in alle Richtungen, um sie herum, rissen löcher in die Angriffslinie der Legion und holten Banshees vom Himmel, von denen schon bald nur noch vereinzelt eine auftauchte. Lange Zeit konnte der Feind auf diese Weise zurück gehalten werden, doch es strömten unaufhörlich neue Dämonen und Geißel nach. Schließlich erreichten sie mit langen Leitern die fünf Mann hohe Mauer.

"Jeder zweite schießt auf die Leitern!", befahl die Kommandantin der Schildwache und so wurden die Gegner einer nach dem anderen von den Leitern geschossen. Dolette stand mittlerweile auf der Schutzmauer und schleuderte einen sichelförmigen Schwertstreich, nach dem anderen hinab zum Feind, jedes mal erfasste sie so, um ein Dutzend Dämonen oder Untote und immer wieder lichteten sich die Reihen der Legion, doch jedes mal schienen zwei weitere, für jeden erschlagenen Gegner nachzukommen.

Die Priesterin neben ihr hielt ihren Kampfstab, mit der einen Hand hoch, um den Schild über sich und ihren Verbündeten aufrecht zu erhalten. Mit der anderen ließ sie gewaltige Lichtblitze hinab sausen und zerstörte so Leiter um Leiter, bis es schließlich keine Leitern mehr gab. Doch das hielt die Legion auch nicht auf. Während weitere Bannshees aus dem Himmel herab strömten, türmten sich die Leichen am Fuß der Mauer immer weiter auf, so dass die Dämonen und Geißel bald daran hinauf klettern konnten. Plötzlich spürte Marialle einen mächtigen Windzug an ihrer Seite und da wo eben noch die Paladin stand, war Leere.

'Mari!' Sie riss ihren Kopf hoch und sah die Elfe, wie sie von zwei Banshees an je einem Arm, drohte auseinander gerissen zu werden.

"Dole!", brüllte die junge Menschenfrau und augenblicklich durchbohrten die Pfeile von Bertak und Borigan, die Schwingen der einen und Zauber von Odessa und Maxime, die der anderen Banshee. Die drei Gestalten fielen haltlos auf den Boden des Innenhofes, der Festung zu. Die Banshees schlugen hart mit einem Knacken auf nur Dolette wurde wieder ein Stück nach oben geschleudert. Die Priesterin richtete noch immer ihren Stab auf ihre Geliebte und die Kugel, die sie um die Paladin erschaffen hatte flackerte, als sie noch einige male vom Boden wieder abgestoßen wurde, bis sie schließlich zum stillstand kam und Marialle ein dankbares und weiter auf den Kampf begieriges Lächeln schenkte. Sie stieß sich kraftvoll vom Boden ab und landete mit einem mächtigen Satz wieder exakt neben ihrer Liebsten.

"Ich dachte schon ihr nehmt eine Flugstunde bei diesen Furien, Lady Glutklinge.", scherzte Bertak, während er weiter einen Pfeil nach dem anderen abschoss.

"Passt auf was ihr sagt, Zwerg! Sonst nehme ich euch das nächste mal mit.", grinste die Paladin zurück.

"Eine äußerst verlockende Idee wie ich finde, Bertak.", mischte sich nun auch noch Borigan ein.

"Haha, seht ihr!", feixte Dolette gut gelaunt.

"Wir stehen kurz vor dem Untergang der Welt und ihr spaßt hier rum!", rief Malek entrüstet und schleuderte einen Wurfdolch auf eine Banshee, die gerade kurz davor war dem Zwerg auf den Schultern zu landen. Die Hochelfe wollte grade wieder eine spitze Bemerkung abgeben, als eine gewaltige Schneise in die Reihen der Dämonen und Untoten gezogen wurde. Archimonde höchstselbst schritt zwischen seinem Gefolge hindurch als wären sie aus Butter und stieß sie mit Schlägen und Tritten vor sich her.

"Archimonde! Konzentriert eure Angriffe auf ihn!", befahl Dolette schreiend. Und nur wenige Herzschläge später prasselte ein Regen aus Zaubern und Pfeilen auf den Dämonenlord nieder. Sie hinterließen eine große bunte Wolke, doch er trat ungehindert weiter Richtung Mauer und erreichte sie schlussendlich. Der Dämon hielt seine Hand vor die Mauer und ein gewaltiger Strahl aus lilaner Energie riss ein riesiges Loch in den Schutzwall der Festung. Unzählige Schildwachen wurden in den Schlund aus Steinen gerissen und versanken in der Staubwolke, die einst die Mauer der Festung gewesen war. Behäbig kletterte der Dämon durch das Loch, das er geschlagen hatte, gefolgt von seiner Armee aus Dämonen und Untoten.

"Setzt ihm alles entgegen was ihr habt!", Schrie die Paladin erneut und so nahm die Schlacht um dem Weltenbaum ihren wirklichen Anfang.

Opfer, die wir brachten

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Opfer, die wir brachten
 

Das Bild was der Dämonenlord, in der Festung der Nachtelfen, hinterlassen hatte, zeugte von reinster Zerstörung. Überall lagen die Leichen von unendlich vielen Dämonen und Untoten, aber auch Nachtelfen, Orks, Tauren, Trollen und Menschen, herum.

Marialle hielt für den Bruchteil eines Augenblicks inne und machte sich vorwürfe, wie hatte sie es soweit kommen lassen können, wo sie doch eine Idee hatte, wie man das Abschlachten hätte verhindern können?

Als Archimonde durch die Südmauer der Festung brach, hatte Dolette alles versucht, mit ihren mächtigen Angriffen, dem Dämon beizukommen, doch die Attacken richteten einfach nichts aus. So war es den Streitmächten der Horde, Nachtelfen und Menschen, grade einmal möglich, ihn für vielleicht einen halben Tag in der Festung aufzuhalten, bevor die Paladin das Signal zum Rückzug geben musste. Die Magier, die noch übrig waren, teleportierten die Überlebenden hoch zum Tor von Nordrassil, wo Malfurion mit seinen Druiden, einigen Urtumen und den Furbolg auf Archimonde und den Rest seiner Armada wartete. Die Stille war erdrückend. Der idyllische Garten der das Tor zu Norddrassil umgab, vermittelte eine trügerische Ruhe.

Die Stimme des Druiden riss die Priesterin aus ihren düsteren Gedanken.

"...ihr schon hier?"

"Archimonde hat viel früher eingegriffen als wir erwartet haben, Mal.", antwortete ihm Shandris Mondfeder ohne mit der Wimper zu zucken.

"Nicht einmal Lady Glutklinge konnte dem Dämon etwas anhaben.", fuhr sie fort.

"Verdammt, er ist viel zu schnell, selbst mit den Irrwischen, brauchen wir noch mindestens einen weiteren Tag.", sprach Malfurion langsam und Bitterkeit schwang in seiner Stimme mit. In dem Moment erklang das laute Gebrüll des Dämonenlords.

"Er ist gleich hier! Hat irgendjemand eine Idee, außer dass wir alle unser Leben lassen?", ließ sich der mürrische Schurke vernehmen, der grade hinter Dolette vor trat.

"Naja wenn ich es mit Angriffen nicht schaffe, Archimonde zu verlangsamen, so kann vielleicht eine Lichtmauer aus der gebündelten Kraft von Marialle und mir etwas ausrichten?", sprach die Hochelfe ihre Gedanken laut aus.

"Versuchen wir es! Die Priester und ich werden unsere Macht auch in diesen Schutzwall fließen lassen. Wir haben gar keine andere Wahl.", kam es entschlossen von Tyrande Whisperwind. "Der Rest von uns muss sich dann um die Dämonen und Geißel kümmern. Die Priester und Lady Glutklinge müssen unantastbar sein." Die Anführer nickten einander entschlossen zu und verteilten sich. Befehle wurden durch die Reihen der Mitstreiter geschrien und Tyrande, Dolette und Marialle positionierten sich vor den Priestern. Weiter vor ihnen, die Kämpfer und Anführer dieses einmaligen Bündnisses.

Aus der verfallenen Festung strömten die Massen des Heeres, der Legion gefolgt von Archimonde, der behäbig hinterher schritt.

"Wartet noch!", brüllte Thrall. Die restlichen Schildwachen und Jäger spannten ihre Bögen.

"Wartet!", erklang seine Stimme erneut. Die Magier, Schamanen und Druiden, begannen Formeln zu flüstern, formten Zauber in ihren Händen.

"Wartet!", befahl er ein letztes mal. Die Krieger, Druiden in Bären- und Katzengestalt, sowie die Begleiter der Jäger machten sich bereit los zu stürmen. Der Dämonenlord und seine Schergen traten in Reichweite und Thrall brüllte aus Leibeskräften:

"ANGRIFF!!!" Die Pfeile und Zauber schossen los, rissen einen Gegner nach dem anderen zu Boden. Die Nahkämpfer sprinteten den Dienern der Legion entgegen, bereit ihr Leben in jeden Hieb zu stecken und Tyrande, Dolette, Marialle und die Priester hinter ihnen, formten eine gewaltige goldene Mauer an der die Pfeile und Zauber der Dämonen und Untoten abprallten.

Während ein unerbittlicher Kampf zwischen den Kontrahenten entflammt war, trat Archimonde an den Lichtwall heran und war verwundert nicht einfach durchschreiten zu können. Er erblickte die beiden Frauen mit den außergewöhnlichen Augen unter den Priestern.

"Wie ist das möglich, dass mich so kleine Glühwürmchen, wie ihr, aufzuhalten vermögt?", dröhnte seine dämonisch verzerrte Stimme an die Ohren der Hervorheber, der Lichtmauer. Dolette grinste nur herauszufordernd zu dem Dämonenlord hinauf.

"Du wirst die Macht des Weltenbaums nicht an dich reißen!", schrie die Hochpriesterin ihm zu.

"Das ich nicht lache!", erwiderte er siegessicher und lehnte sich mehr gegen den Lichtwall. Marialle spürte den Widerstand und einige der Priester, hinter ihr gingen vor Anstrengung in die Knie.

'Sie halten das nicht mehr lange durch, Dole.', sandte Marialle der Paladin im Geiste.

'Ich weiß, aber wir müssen es schaffen.' Sie konzentrierten sich wieder auf die Mauer aus Licht und der Dämonenlord musste etwas zurückweichen. Währenddessen tobte der Kampf, einige Körperlängen vor ihnen unerbittlich weiter. Borigan brachte einen Dämon nach dem anderen, mit seinen Schwerthieben zu Boden. Malek half ihm immer wieder aus dem Hinterhalt, durchtrennte Kniesehnen und stieß seine Dolche in die Rücken der Feinde. Odessa warf Unmengen Feuerbälle in die Reihen der Legion, genauso wie es Bertak mit seinen Pfeilen tat. Efendral und die anderen Druiden setzen den Dämonen und Untoten mit ihren Pranken und Krallenhieben zu, genauso wie die Anführer der Orks, Trolle, Tauren, Menschen und Nachtelfen. So dezimierten sich die Massen der Legion, doch Archimonde drängte unerbittlich gegen den Lichtwall. Marialle sah hinter sich. Maxime und William knieten, wie viele der anderen Priester bereits am Boden, einige lagen schon reglos am Boden. Einzig Tyrande machte noch einen gefassten Eindruck.

"Schont eure Kräfte! Wir werden die Mauer alleine aufrechterhalten!", schrie die Paladin über das Kampfgetümmel hinweg zu den Priestern.

"Unterstützt die anderen!", befahl sie dazu und Marialle spürte wie der Druck der gegen den Lichtwall drang, plötzlich übermächtig zu werden schien. Die anderen Priester hatten ihre Energien aus dem Schild zurück gezogen und rannten nun an Tyrande, Dolette und Marialle vorbei.

"Haha, wie hochmütig von euch, Elfenabschaum! Als hätte ich schon meine ganze Kraft, gegen euren erbärmlichen Schutzschild gesetzt.", verhöhnte Archimonde, die Hochelfe. Dolette riss die Augen vor Entsetzen auf, als sie spürte wie der Druck auf den Schutzwall erbarmungslos zu nahm.

'Närrin!', erklang plötzlich eine dritte Stimme im Geiste von Marialle. Die Miene der Paladin deutete auch auf Überraschung, als sie in ihr Gesicht blickte.

'Was?' Hörte sie nun die vertraute Stimme ihrer Geliebten.

'Meinst du dafür habt ihr das Geschenk der Erdenmutter erhalten?', fragte die Stimme, die die Priesterin als die der Schamanin Garta Quelltotem erkannte.

'Verschwendet nicht unsere Zeit Schamanin. Sagt uns lieber wie wir den Dämonenlord aufhalten können!', befahl Dolette ruppig.

'Ihr seid zwei mächtige Gefäße und sollte die Macht die euch innewohnt in diesem Kampf gar nicht verwenden.', erklärte Garta erbost und ihre Präsenz verschwand wieder.

'Was meint sie damit?', fragte die Hochelfe verwirrt, doch Marialle wusste was sie zu tun hatten, so sehr es ihr auch missfiel.

'Dole, sie meint, dass wir die Kraft von allem um uns herum aufnehmen sollen um sie dann an den Weltenbaum weiter zu geben. Darum haben wir die Fähigkeit erhalten aus jedem Stein, jedem Grashalm und jedem lebendigen Wesen die Kraft zu ziehen.' Der Funke, der Erkenntnis glitt über die Gesichtszüge der Paladin und augenblicklich gab sie ihren Widerstand auf, so dass Archimonde ungehindert an ihnen vorbeigehen konnte.

"Was tut ihr?", schrie Malfurion.

"Meister Sturmgrimm, nehmt die Ungetüme und alles was hier zu entbehren ist und versucht Archimonde aufzuhalten so lange es euch möglich ist! Wir versuchen es auf einem anderen Weg!", rief sie ihm zurück. Sein Blick verriet Unsicherheit, doch er tat wie ihm geheißen und eilte dem Dämonen hinterher. Dolette sah die Priesterin neben sich an und reichte ihr die Hand. Ihre goldenen Augen sprühten die Entschlossenheit, die ihnen innewohnte, förmlich heraus. Marialle legte ihre Hand in die, ihr dargebotene und fühlte auch in sich Entschlossenheit aufsteigen. Es gab nun keinen anderen Weg mehr, sie konnte sich nicht über das Schicksal dieser Welt stellen.

"Ich habe doch gesagt, egal was passiert, ich bin an deiner Seite. Borigan, wir brauchen Schutz!" Der Krieger nickte, rief seine Leute zu sich und sie bildeten einen Kreis um die beiden Frauen. Die Priesterin nickte der Paladin entschlossen zu und dann schlossen beide ihre Augen. Innerlich sahen sie alles was um sie herum geschah, ihre sieben Gefährten die jeden Feind, der an sie heran rückte, zurückschlugen. Die Schlacht, wenige Körperlängen weiter, die noch immer unerbittlich ausgetragen wurde. Malfurion, samt Urtume und seinen Druiden, die dem mächtigen Dämonen tapfer Stand hielten. Den umkämpften Berg Hyjal, mit dem riesigen Baum Nordrassil auf seinem Gipfel. Die Wälder drum herum. Den ganzen Kontinent Kalimdor, bis sie von der Ruhe des Meeres erfasst wurden. Sie spürten wie gewaltige Massen Energie in sie strömten und gaben sie direkt an den Weltenbaum weiter, doch sie spürten auch, dass es noch immer nicht genug war.

'Mari, es reicht nicht, was sollen wir nur tun?'

'Wir haben keine Wahl, wir müssen auch die Energie der Lebewesen nutzen, ich hoffe dann wird es reichen.', antwortete die Priesterin schwach. Und so reisten ihre Geister langsam den Weg zurück, nahmen die Mächte allen Lebens in sich auf und als sie schließlich wieder bei dem Schlachtfeld ankamen, sahen sie wie ihre Mitstreiter, einer nach dem anderen, kraftlos in die Knie sackte. Die Magier, Priester und Schamanen versuchten mit ihren Stäben und Hämmern, unbeholfen die Hiebe der Dämonen und Untoten abzuwehren und auch die vielen Nahkämpfer hatten der Legion nichts mehr entgegenzusetzen. Die Sieben wurden nun ebenfalls in die Knie gezwungen und Marialle sah nur noch wie ein Schwert direkt auf sie zu geschwungen wurde, als plötzlich die Erde erbebte und alles, was noch auf Beinen stand, nieder warf.

Ein unfassbar lautes Dröhnen erklang und ließ den Boden noch stärker erzittern. Darauf folgte eine unendlich mächtige Welle reinster Energie, ausgehend von Norddrassil, die alles Dämonische und Untote zu Staub zerfallen ließ. Ein markerschütternder Schrei zeugte vom Tod des Entweihers. Es war geschafft.

Es war totenstill geworden, einzig ein sanfter Wind wog die Bäume und leises Knistern war vom Blätterdach zu vernehmen. Kraftlos sank Marialle zu Boden und sah sich um, die meisten ihrer Mitstreiter schienen entweder tot, oder waren zumindest bewusstlos. Dolette lächelte ihre Geliebte schwach an. Auch sie war zu Boden gesunken und stützte sich auf den Knien und Händen ab.

'Wir haben es geschafft, Dole!', sandte die Priesterin, doch sie erhielt keine Antwort. Als sie, die Paladin nun genauer betrachtete, erschrak sie kurz. Sie sah, dass ihre Augen nicht mehr in den warmen Goldton getaucht waren, stattdessen leuchteten sie nun in einem befremdlichen giftgrün, aber zumindest das Lächeln war noch das alte. Es brach allerdings jäh ab, als die Hochelfe offensichtlich erkannte, dass die telepathische Verbindung zwischen ihnen verschwunden war. Marialle konzentrierte sich, aber auch keine der anderen Fähigkeiten, die sie jüngst erworben hatte, war geblieben.

"Naja, wenigstens ist es überstanden und wir haben ja uns." Die Paladin lächelte matt. Ihre Worte schienen sie nicht einmal selbst wirklich zu trösten.

Dolette schien wie in Zeitlupe nun gänzlich zu Boden zu sinken und auch Marialle spürt wie die Dunkelheit sie umringte und in eine tiefe Bewusstlosigkeit zog.
 

Um sie herum war Stille und nichts als Schwärze.

'Elarie!', erklang der warme Ruf einer weiblichen Stimme, aus schier unendlich weiter Ferne.

'Wer spricht da?'

'Tochter.', vernahm sie die Stimme erneut, nun ganz nah und noch viel sanfter als beim ersten mal. Doch dann wieder Stille.

'Mari? Mari bist du hier?', hörte sie nun ganz deutlich die Stimme ihrer Liebsten.

'Ja Dole. Ich bin hier!' Und augenblicklich schälten sich die Umrisse der Hochelfe, nur wenige Körperlängen von ihr entfernt in das Dunkel. Marialle durchströmte eine Welle des Glücks als sie in die warmen goldenen Augen der Paladin blickte.

'Wo sind wir hier?', fragte sie.

'Ich weiß es nicht. Ich glaube ich wurde gerufen.', antwortete Dolette ruhig. Plötzlich tauchten zwei riesige Augen vor ihnen auf, das eine strahlte silbern wie der Mond und das andere golden wie die Sonne.

'Töchter von Sonne und Mond, hört meinen Ruf!', ertönte eine undeutbare Stimme aus allen Richtungen. Es war nicht die Stimme, die Marialle noch Augenblicke vorher gehört hatte. Die beiden Frauen sahen sich verwirrt an.

'Wer bist du?', fragte die Paladin leise.

'Ich bin alles! Jedes Wesen, jedes Element, der Boden auf dem ihr wandelt!' Die Stimme dröhnte jetzt laut und gebieterisch, obwohl dennoch eine gewisse Wärme von ihr ausging.

'Elarie, Belurie ihr habt zig Jahrtausende auf diesen Moment gewartet und ihr habt alle Prüfungen hinter euch gelassen. Jedes eurer vielen Leben, wart ihr auf der Suche nach einander und eurer Bestimmung. Nun endlich habt ihr euch gefunden und euer Schicksal erfüllt, obwohl es euch, eurer ganzen Macht beraubt hat, die ihr einst von euren Müttern erhalten habt. Aber tröstet euch, denn jetzt seid ihr endlich frei.' Das ungleiche Augenpaar verschwand in der Dunkelheit und hinterließ nur je einen leuchtenden Punkt, groß wie eine Münze. Der silberne flog auf Marialle zu und drang langsam in ihre Brust ein, der goldene tat es, seinem Pendant, bei Dolette gleich. Die Priesterin sah irritiert in das Gesicht der Paladin. Enttäuschung durchzog sie, als sie sah, dass der Goldton, der eben noch da war, nun schon wieder dem satten Giftgrün gewichen war, das in den Augen der Elfe lag und ihnen doch einen leicht bedrohlichen, wenn nicht sogar dämonischen Ausdruck verlieh.

'Dole....'

Sie wurde unsanft aus diesem merkwürdigen Traum gerissen, jemand schüttelte sie grob.

"Lady Lichtsprung, nun wacht doch bitte auch auf!" Es war Borigan der sie so unsanft aus dem Traum holte, aber ein glückliches Lächeln zierte seine, von einem Mehrtagebart umrandeten, Lippen. Um sie saßen noch immer viele Mitstreiter kraftlos am Boden. Andere lagen und die Priesterin konnte nicht sagen, ob tot oder lebendig. Als sie sich weiter umsah, erblickte sie die Paladin, die sie schwach, aber warm anlächelte.

"Ihr habt es geschafft, Myladys.", erklang nun die Stimme von Malfurion hinter ihr. Ihre sieben Gefährten schienen alle wohlauf zu sein, was der Priesterin einen Stein vom Herzen fallen ließ. Und von der Seite traten Tyrande und Jaina an sie heran. Die beiden boten das gleiche Bild wie so viele andere hier, verletzt und entkräftet, aber über alle Maßen glücklich. Schlurfende Schritte kamen von der anderen Seite hinzu. Thrall und Cairne stützten Vol'jin beim Gehen, sein Bein war zerfezt, aber noch dran.

"Es ist vollbracht.", ließ sich der Kriegshäuptling leise vernehmen, auch ihm verlieh ein Lächeln, ungewohnte Gesichtszüge.

Dolette und Marialle erhoben sich,wie viele der Kampfgefährten, um sie herum. Ein buntes Gemisch aus Nachtelfen, Orks, Menschen, Trollen und Tauren stand auf dem Vorplatz zum Baum Nordrassil.

"Freunde, Verbündete, Mitstreiter! Es ist vollbracht. Die brennende Legion wurde zurückgeschlagen! Wer kann, hilft einem anderen! Jeder von euch hat sich tapfer geschlagen, die Welt dankt es euch.", verkündete der Anführer der Druiden laut über den Platz und es wurde überall, sofern es die Kräfte zuließen, verhalten gejubelt.

Es wurden Wunden versorgt und begonnen Lager aufzuschlagen, damit ein jeder sich ausruhen konnte. Später gedachte man noch gemeinsam, bei einem Fest, den vielen Opfern, die diese lange Belagerung und die vielen Schlachten, gefordert hatten. Es wurde viel geweint. Die Anspannung fiel endlich von den Überlebenden ab, aber es wurde auch wieder gelacht und gefeiert.
 

Es dauerte einige Tage bis die Kräfte ausreichend regeneriert waren um aufzubrechen, aber schließlich standen sich die Anführer gegenüber um sich zu verabschieden.

"Trotz unserer Differenzen, werden die Nachtelfen nicht vergessen, was ihr und eure Völker für die Welt geleistet habt.", sprach Malfurion feierlich.

"Wir ebenso, Meister Sturmgrimm.", erwiderte Thrall für die Orks, Tauren und Trolle.

"Dem können wir uns nur anschließen.", ließ auch Jaina verlauten, hinter der Dolette und Marialle standen.

"Es war ein Bündnis, das seines Gleichen suchte, ich hoffe inständig, dass es von Bestand ist.", schloss Tyrande Whisperwind. Sie reichten sich die Hände und brachen auf. Die Tauren konnten endlich wieder in ihrer Heimat Mulgore sesshaft werden, die sie mithilfe der Orks und Trolle von den Zentauren befreit hatten.

Thrall und seine Orks, würden sich eine Stadt in dem kargen Land errichten, die Zentrum seiner neuen Horde sein würde, in dem Land, das so brach lag würden die Orks, nichts ihrer Kampfkraft und ihres Überlebenswillens einbüßen.

Vol'jin würde schauen, ob er in der Nähe der Orks ein geeignetes Gebiet für sich und die Seinen beanspruchen konnte. Auch Jaina würde, begleitet von Dolette und Marialle, ein Gebiet suchen, in dem sie einen Stützpunkt der Menschen, hier in Kalimdor, errichten konnte. Danach würden sie gemeinsam nach Sturmwind zurückkehren.

Und so gingen sie alle ihrer Wege, gefolgt von den überlebenden ihrer Truppen, mit ihren unterschiedlichen Zielen, fest vor Augen.

Zu Hause ist, wo dein Herz ist

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Zu Hause ist, wo dein Herz ist
 

Die Priesterin saß an ihrem Schreibtisch, in dem kleinen Büro, des Hauses, dass sie und Dolette in der Stadt Theramore gebaut hatten und dachte zurück, an die Dinge die geschehen waren, seit sie die brennende Legion zurück geschlagen hatten.

Einige Wochen waren die Truppen um Jaina, Dolette und Marialle Richtung Süden durch Kalimdor gezogen und fanden schließlich die Insel, die sie Theramore nannten und begannen auf dieser eine Festung zu bauen. Seither waren viele Mondzyklen vergangen und Dolette und Marialle halfen tatkräftig bei der Errichtung der Festung und den Wohnhäusern drum herum. Die beiden hatten sich gut eingelebt und erlebten eine Phase der Ruhe, wie sie sie gemeinsam noch nicht erlebt hatten. Doch richtig glücklich war Marialle an keinem einzigen Tag, in der aufblühenden Stadt.

So viele hatten in der letzten Schlacht vor dem Tor zum Weltenbaum, ihr Leben lassen müssen und das nur, weil sie sich nicht dazu durchringen konnte, den Weg zugehen der ihr sowieso vorher bestimmt war. Auch die Paladin schien mit ihrer Rolle, die sie aufgrund ihres Hochmutes, vor dem Dämonenlord gespielt hatte, mehr als unglücklich. Und so durchlebten sie in Theramore vielleicht ihre ruhigsten, aber auch unglücklichsten Tage, seit ihres Kennenlernens vor einigen Jahren. Obwohl die Priesterin sehr genau wusste was in der Elfe vorging, vermochte sie ihr keinen Beistand zu leisten. Zu sehr lastete ihre eigene Schuld auf ihr. Auch die Beziehung der beiden litt unter den Vorwürfen, die sich jede still selber machte, enorm. Sie lebten nur noch nebeneinander her, Dolette half tatkräftig beim Aufbau der Stadt und Marialle unterstützte Jaina, bei den organisatorischen Aufgaben, die der Aufbau und später, die Führung der Festung mit sich brachten. Auch die neue Herrscherin von Theramore so wie ihre Gefährten bemerkten die Veränderung, die die beiden durchmachten, doch niemanden ließen sie an sich heran.

Gestern noch hatte Jaina die Priesterin angesprochen.

"Liegt es eigentlich, daran, dass die Verbindung weg ist, dass es so still zwischen euch geworden ist?" Hatte sie gefragt.

"Ich weiß es doch auch nicht, Jaina.", fiel ihre Antwort knapp aus. Die beiden Frauen waren in der Zeit des Aufbaus sehr vertraut miteinander geworden und so war die Magierin, die Einzige, der sich Marialle anvertraute. Sie hatte sehr verständnisvoll reagiert und der Priesterin versichert, dass das nichts zwischen ihnen ändern, oder ihren Beitrag, den sie am Sieg über die Legion hatte, schmälern würde. Doch auch das ließ das schlechte Gewissen, das die Priesterin hatte nicht ruhen. Sie wusste, erst wenn sie mit Dolette darüber sprach, würde die Last leichter werden, auch wenn sie ihr niemand gänzlich nehmen konnte. Aber Marialle hatte Angst. Es schien ihr eh schon, als würde ihre Beziehung nur noch auf wackligen Beinen stehen und sie wusste nicht, ob die Paladin es ihr so leicht verzeihen könnte, wie es Jaina tat. Schließlich müsste die Elfe nicht mit ihrer eigenen Schuld leben, hätte sie früher preisgegeben was ihr, in der Nacht vor der finalen Schlacht, klar geworden war. Abgelenkt von den düsteren Gedanken, kam sie mit ihrer Arbeit, die vor ihr auf dem Schreibtisch lag, auch nicht weiter, also beschloss sie etwas spazieren zu gehen.

Maraille schritt durch die Straßen, der jungen Stadt. Überall begrüßte man sie herzlich und jedes mal versetzte es ihr einen kleinen Stich. Das Haupthaus war schon lange errichtet und viele weitere drum herum. Aktuell gingen die Bauarbeiten um die Stadtmauer zügig voran. Aus der Ferne sah sie ihre Geliebte die grade, mit einigen anderen, einen Stein auf den anderen hievte. Obwohl sie ihre elegante Rüstung gegen eine robuste Hose und ein luftiges Hemd getauscht hatte, war sie noch immer ein wundervoller Anblick, einzig ihre Augen hatten an Schönheit verloren, seit dem sie weder blau noch gold waren. Sie hatte sich zwar schon daran gewöhnt, doch empfand die Priesterin, das leuchtende giftgrün, das jetzt in ihnen lag, noch immer als unbehaglich. Ihre eigenen Augen waren wieder in das ursprüngliche Bernstein getaucht und so konnte sie sich noch weniger erklären, was es mit dem grün in denen der Paladin auf sich hatte. Auch keiner der Anführer hatte dafür eine Antwort und so beließ, die Elfe es dabei.

Dolette schien den Blick der Priesterin zu spüren, denn in dem Moment schaute sie auf und winkte ihr gut gelaunt zu. Das waren die einzigen Augenblicke, in denen sie halbwegs glücklich aussah, sobald die Arbeit vorbei war und die Paladin Ruhe hatte verfiel sie in schweigsame Grübelei.

Marialle winkte ihr gedankenverloren zurück und schritt weiter.

Die Insel Theramore war klein, dafür so nah am Festland, dass Jaina plante irgendwann eine Brücke hinüber zu bauen, so dauerte es nicht lange bis die Priesterin den Strand erreichte. Die strahlende Sonne, die schon schräg am Himmel stand, spiegelte sich auf der glatten Oberfläche des Meeres, das die Insel umgab und Möwen zogen hoch oben ihre Kreise, Ausschau nach Fischen haltend.

Sie ließ sich in den Sand sinken und legte den Kopf resignierend, auf ihren Knien ab, die sie mit ihren Armen umschloss.

So konnte das nicht weiter gehen, sie musste mit Dolette reden, egal was das für ihre Beziehung bedeuten würde. Jaina plante, bald zu den östlichen Königreichen zurückzukehren und obwohl Dolette und Marialle hier etwas hatten, was einem Heim gleich kam, wollten sie unbedingt zurück, um zusehen wie es ihrer Familie ergangen war und was die Geißel in Quel'Thalas angerichtet hatte. Schritte, die leise im Sand versunken, rissen sie aus ihrer Gedankenwelt, vertraute Schritte. Als sie sich umsah, erkannte sie die schmale Gestalt der Elfe, die langsam auf sie zu kam.

"Was machst du hier? Darf ich?", fragte sie matt lächelnd und setzte sich neben die Menschenfrau, nachdem die kaum merklich genickt hatte.

"Ach ich konnte mich nicht mehr konzentrieren, da bin ich spazieren gegangen und schließlich hier gelandet." Dolette sah sie noch immer fragend an, die Antwort genügte ihr anscheinend nicht.

"Aha..." War daher alles was sie über die Lippen brachte. Und so saßen sie eine Weile schweigend nebeneinander, währenddessen sich die Sonne immer mehr ihrem Untergang näherte.

"Mari ich weiß, ich war in letzter Zeit...", begann die Paladin, doch Marialle unterbrach sie entschieden.

"Stop! Entschuldige dich nicht. Nichts von alledem ist deine Schuld, Dole. Es ist alles ganz allein meine Schuld!", kam es hektisch von der Priesterin und diese erntete nur verständnislose Blicke, für ihren plötzlichen Redeschwall.

"Was? So ein Blödsinn! Ich bin über eintausend Jahre alt und mich überkommt der Hochmut im Angesicht des Feindes, der die ganze Welt bedroht. Nein, es ist ganz sicher nicht deine Schuld, Liebste.", erwiderte die Paladin bedrückt.

"Das hätte alles nicht passieren müssen, nicht passieren dürfen, wenn ich nur meinen Mund früher aufgemacht hätte.", sprach Marialle nun ganz ruhig, aber endlos traurig. Dolette nahm die Hand der Menschenfrau in ihre und sah sie eindringlich an.

"Was redest du da nur? Nichts hätte all das verhindern können, ich hätte es nur früher beenden können, wenn ich nicht gedacht hätte, wir könnten Archimonde alleine, lange genug, aufhalten.", wehrte sie entschlossen, die Ausführungen von Marialle, ab.

"Dole, ich wusste es. Ich wusste was unsere Aufgabe in diesem Kampf war, noch bevor er begonnen hatte." Die Gesichtszüge der Elfe entgleisten und sie erstarrte, viele Herzschläge lang. Als sie schließlich ihre Stimme wieder fand, sprach sie leise:

"Das heißt niemand hätte sterben müssen?" Die Priesterin schluckte hart bei dieser nackten Wahrheit und nickte nur schwach.

"Ich weiß es nicht." Das war eine Tatsache, derer sie sich bewusst war, aber sie laut ausgesprochen zu hören ließ etwas in ihr zerbrechen und so strömten die Tränen ungehindert ihre Wangen hinab.

"Wa...warum, hast du nicht mit mir vorher darüber gesprochen?", fragte die Paladin, noch immer schockiert.

"Weil ich...weil ich genau wusste, dass du keinen Augenblick zögern würdest, aber ich hatte dieses Gefühl, dass genau das passiert, was dann auch wirklich geschah und schau doch was aus uns geworden ist! Die Verbindung zwischen uns ist abgebrochen und ich...ich habe das Gefühl, dass nichts mehr davon übrig ist. Wir sehen uns nur noch zum Essen und zum Schlafen, ich habe das Gefühl du gehst mir aus dem Weg.", überschlug sie sich schluchzend.

"Was? Du weißt ganz genau, dass ich mich nur deshalb so zurück gezogen habe, weil ich dachte, ich hätte so viele Leben verschwendet! Hätte ich das früher gewusst! Mari, ich versteh dich doch, aber diese Annahme hat alles doch nur noch viel schlimmer gemacht!" Sie klang furchtbar enttäuscht und Zorn spiegelte sich in ihrem Gesicht.

"Das weiß ich doch! Davor hatte ich ja Angst, deshalb konnte ich es dir ja auch so lange nicht sagen." Marialle war verzweifelt und weinte bitterlich, der Paladin schien das ganz offenbar, keineswegs egal zu sein und so strich sie ihr einige Tränen von den Wangen.

"Wenn ich bedenke welche Vorwürfe ich mir mache, welche musst du dir erst machen? Kein Wunder, dass du mir kaum noch in die Augen sehen kannst." Die Priesterin sah überrascht auf, der sanfte Ton, der Elfe, ließ ihr Schluchzen verstummen, die Tränen rannen allerdings weiter erbarmungslos hinab.

"Kannst du mich noch immer lieben, Dole?" Sie machte kurz große Augen, doch ihr Blick wurde augenblicklich wieder weich, als sie die Antwort in sich fand.

"Mari, ich werde dich immer lieben ganz gleich was geschieht. Wir haben getan was wir für richtig hielten und dürfen uns das nicht vorwerfen.", versuchte die Paladin, sie sanft zu beruhigen.

"Das hat Jaina auch gesagt."

"Jaina weiß es?" Die Priesterin nickte sachte und wischte sich nun selbst die Tränen aus den geröteten Augen.

"Siehst du. Wenn wir zu den östlichen Königreichen zurück kehren, werden wir das alles hinter uns lassen, Liebste. In Ordnung?" Dankbar warf sich die Menschenfrau, als Antwort, in die Arme von Dolette.

"Ich liebe dich, Dole. Es tut mir alles so leid, bitte vergib mir." Die Paladin sagte nichts, stattdessen zog sie die Priesterin näher an sich und legte vorsichtig, fast zurückhaltend die vollen Lippen auf ihre. Er dauerte eine ganze Weile, als küssten sie sich zum ersten Mal, doch Marialle spürte schnell das vertraute Verlangen in sich aufsteigen und wie als Antwort auf ihren wilder werdenden Kuss, zog die Elfe sie auf ihren Schoß und vergrub ihre Hände in den halblangen, offenen Haaren der jungen Frau. Ihre Zungen trafen sich zu einem Tanz, der auch erst zaghaft und tastend begann, dann aber wild und leidenschaftlich wurde. Marialle presste ihren Körper gegen die wohlgeformten Rundungen der Elfe und ließ ihre Hände verspielt über ihren Rücken gleiten. Mit Befriedigung bemerkte sie, dass sie noch immer in der Lage war, Dolette auf diese Weise, Schauer über den Rücken zu jagen und ein Seufzer entfuhr ihr dabei, sehnsüchtig nach mehr.

"Beim Licht, du hast mir so unglaublich gefehlt.", presste die Paladin nach Atem ringend hervor, als sich ihre Lippen trennten.

"Du mir auch Dole.", kam die Antwort im Flüsterton und Marialle ging direkt vom Flüstern in sanfte Küsse über, mit denen sie den Hals ihrer Geliebten bedeckte. Die Nackenhaare der Elfe stellten sich ein weiteres mal auf, was ihr ein leises Stöhnen entlockte und sie sprach, leise wie ein Hauch.

"Ich liebe dich, Mari."

"Ich liebe dich auch."

Die Sonne war kurz davor unterzugehen und bestrahlte die beiden aus Richtung des Meeres, in den schönsten Orange- und Goldtönen. Hinter ihnen erschien grade der Mond am Himmel und so wurden die beiden Frauen, zur selben Zeit in das silberne Licht getaucht, das der Szenerie eine überirdische Erscheinung verlieh.
 

Endlich hatten die beiden ihr Lächeln wieder gefunden und so verging die Zeit bis zur Heimreise verblüffend schnell.

Die Stadtmauer war grade fertig gestellt und so stand ein großes Fest zur vorläufigen Vollendung der Feste Theramore an. Jaina hatte auch Thrall und Vol'jin geladen, Cairne war mit Malfurion irgendwo, wo genau konnte keiner genau sagen und ließ sich in den Tugenden und Bräuchen der Druiden unterweisen, die sein Volk einst verloren hatte. Dafür war aber Tyrande Whisperwind zusammen mit Shandris Mondfeder gekommen und so saß man gemeinsam an einer riesigen Tafel und aß und trank.

"Wie kommt ihr mit euren Bauarbeiten voran, Thrall?", ließ sich Jaina vernehmen. Marialle hörte allerdings nur halb zu, seit der Aussprach und ohne die Auswirkungen ihrer schicksalhaften Verbindung sah sie ihre Liebste auf einmal in ganz neuem Licht. Es war als würden sie sich neu kennenlernen und sie genossen es, hatten nur noch Augen für einander.

"Danke Jaina, sehr gut. Nicht in so beeindruckender Geschwindigkeit, wie ihr eure Stadt hier errichtet habt, aber dennoch sehr gut." Jaina nickte lächelnd.

"Und bei dir Vol'jin? Wie gehen die Arbeiten voran?", ließ sich nun auch Marialle vernehmen. Der Häuptling der Dunkelspeere grinste siegessicher, was seinen gelben, stechenden Augen einen verschlagenen Anblick verlieh.

"Also ich weiß ja nich' was ihr hier alle rumdocktort aber wir sin' schon lange fertig. Ich muss mit meinen Leutchen schon beim großen Kriegshäuptling aushelfen!", sagte er, als wäre es das normalste der Welt.

"Jaja, Vol'jin. Du musst aber auch dazu sagen, dass ihr eure Hütten so baut, dass sie den nächsten Sturm eh nicht überstehen!", lachte Thrall und erntete viel Gelächter von der restlichen Gesellschaft.

"Und wie geht's hier weiter, Lady Prachtmeer?", fragte nun die schöne Nachtelfe lächelnd.

"Da wir hier eine gute Basis in Kalimdor geschaffen haben, werden wir Theramore in Zukunft als Handelszentrum nutzen. Darum werden wir uns Morgen mit dem Schiff zurück nach Sturmwind begeben. Unsere Leute wissen ja noch nicht mal, dass wir noch am Leben sind.", scherzte Jaina, mit in die gelöste Stimmung. Tyrande nickte noch immer lächelnd.

"Und ihr beide?" Sie wandte sich an Dolette und Marialle.

"Hm? Achso, ja. Wir werden natürlich mit zurück reisen. Einerseits weil wir nicht wissen wie es der Familie von Marialle geht und andererseits, weil ich in Erfahrung bringen möchte wie es den Hochelfen ergangen ist. Ich habe viele alte Freunde in Quel'Thalas und muss wissen wer überlebt hat, falls es überhaupt Überlebende gibt.", schloss sie gedankenverloren. Sie lächelte seicht, aber man sah ihr eine gewisse Trauer an.

"Mein Meister im Turm der heiligen Kirche wird nicht begeistert sein, dass wir so lange weg waren. Ich hoffe es wartet nicht der Küchendienst auf mich, nach unserer Rückkehr.", lachte die junge Priesterin, um die, zusinken drohende Stimmung, wieder zu heben und tatsächlich wurde gelacht.

"Also wärt ihr eine von Tyrandes Priesterinnen, Gnade euch Elune!", scherzte Shandris Mondfeder und nun konnte auch die schöne Paladin sich eines Lächelns nicht weiter erwehren.

"Das klingt ja durchaus interessant, Lady Whisperwind. Vielleicht sollten wir beide uns mal genauer über dieses Thema unterhalten?", stimmte sie nun mit ein, was ihr ein Schmollen Seitens Marialle einbrachte.

"Komm du mir mal nach Hause!", zischte sie so, dass nur Dolette es hören konnte, musste dann aber auch wieder grinsen.

"Wenn es euch an Einfallsreichtum, für disziplinarische Maßnahmen mangelt, Lady Glutklinge, so hätte ich ganz sicher die ein oder andere Anregung für euch.", gab Tyrande zurück und zwinkerte wissend, was der Hochelfe die Röte ins Gesicht schießen ließ.

Alle lachten herzhaft.

Später erklang noch fröhliche Musik. Man tanzte, lag sich glücklich in den Armen, bekräftigte Friedensvereinbarungen. So verging dieser gelöste Abend und man konnte die Geschehnisse vom Berg Hyjal endlich hinter sich lassen.
 

Der nächste Tag begann spät, sie ließen sich Zeit mit dem Aufbruch, denn auch wenn es sie nach Hause drängte, fühlten sich die beiden Frauen in Theramore durchaus heimisch, seit sie sich ausgesprochen hatten. Sie packten die Sachen, die sie mitnehmen wollten, ließen aber den Großteil hier. Sie würden wieder kommen wollen, deshalb würde das kleine Haus auch leer bleiben, so versprach es Jaina.

Als die Taschen gepackt waren, traten sie aus ihrem gemeinsamen Haus und drehten sich noch einmal wehmütig um.

"Ich werde Theramore vermissen.", sprach die Priesterin leise und lächelte verträumt zurück auf das Haus.

"Ja ich auch, Mari." Dolette nahm ihre Hand und sie blieben noch einen Augenblick stehen bevor sie sich zum Anleger in Gang setzten. Jaina war schon an Bord und ihre Gefährten warteten am Steg auf ihre beiden Herrinnen.

"Habt ihr alles, Freunde?", fragte die Elfe ihr Gefolge. Alle nickten, außer William, er wollte bleiben. Er verstand sich ausgezeichnet mit der jungen Frau, die die Stadtverwaltung übernahm, so lange Jaina abwesend sein würde. Es wartete eh nichts auf ihn, in den östlichen Königreichen, hatte er noch am Vorabend erklärt und sie verstanden ihn. Marialle nahm den Kleriker in die Arme.

"Ich werde Meister Yskopaiah von dir grüßen, Will."

"Danke Mari, passt auf euch auf, Freunde und danke für alles. Ich hoffe wir sehen uns irgendwann wieder.", sprach er feierlich in die Runde.

"Das werden wir, William.", bestärkte ihn Dolette und gab ihm gleichgestellt die Hand.

"Pass für uns auf die Stadt auf.", sagte nun Maxime und lächelte ihn strahlend an. Die junge Priesterin war deutlich reifer geworden, seit dem Antritt dieser Reise und Marialle spürte einen gewissen Stolz, als sie ihre beiden Glaubensgeschwister so nebeneinander stehen sah.

"Das werde ich!", beteuerte er.

"Pass auf dich auf, Will.", kam es gedämpft von Odessa. Der Kleriker schluckte hart.

"Odi..." mehr brachte er nicht heraus. Malek, Borigan, Bertak und Efendral, der sie in die Östlichen Königreiche begleiten wollte, schüttelten dem jungen Mann die Hand und so stiegen die Gefährten auf das Schiff.

Der Anker wurde gelichtet und viele derer, die in Theramore blieben, standen mit William zusammen am Steg und winkten ihren Kameraden zu, die sich auf machten, nach Hause zu reisen.

Dolette und Marialle standen am Heck, umringt von ihrem Gefolge und blickten zurück auf das, was sie zusammen mit Jaina Prachtmeer geschaffen hatten. Odessa vergoss eine stumme Träne, Marialle wusste, dass es sie mitnahm, dass William hier bleiben würde und deshalb verabschiedete sie sich so distanziert von ihm.

Nach und nach verschwanden die Gefährten in ihre Kabinen unter Deck, bis nur noch die Paladin und die Priesterin an der Reling standen und dahin schauten, wo man noch Augenblicke vorher, die Umrisse Theramores sehen konnte. Marialle ergriff die Hand ihrer Liebsten und sah ihr liebevoll in die grünen Augen. Die Elfe erwiderte den Blick und fragte:

"Endlich nach Hause?" Die Priesterin lächelte sanft und antwortete leise:

"Ich bin immer da zu Hause wo du bist, Dole."

Zurück zu den Wurzeln

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Zurück zu den Wurzeln
 

Der Wind wehte stark und wirbelte das hellbraune Haar, der Priesterin, auf, so dass es wild Abstand. Die Sonne war vor wenigen Augenblicken aufgegangen und der strahlend, blaue Himmel verriet, dass sie auch heute gut voran kommen würden. Die junge Frau lehnte allein an der Reling und starrte auf den weiten, leeren Horizont. Die Reise war lang, es kam ihr deutlich länger vor als der Hinweg, auch wenn der Kalender etwas anderes verriet. Der Wind stand bisher die ganze Zeit in ihren Diensten und jeden Tag waren die Segel, des Dreimasters dick aufgebläht gewesen. Aber die Reise war unspektakulär an ihr vorbeigezogen, hier und da langweilte Marialle sich.

Sie spürte wie sich zwei Hände zärtlich auf ihre Hüften legten und sich ein warmer Körper sanft von hinten an sie schmiegte. Sie lehnte sich etwas zurück und neigte ihren Kopf hoch zum Himmel, was ihren langen, schmalen Hals frei gab. Einige Küsse wurden sanft auf den dargebotenen Hals gelegt, was die junge Frau dazu brachte, genießend ihre Augen zu schließen.

"Wieso stehst du immer vor mir auf, Mari?", erklang die glockenklare Stimme von Dolette, hinter ihr. Marialle schmunzelte.

"Na weil ich es kann. ich erinnere mich noch an Zeiten in denen ich dich nie schlafend erwischen konnte. Weißt du ich habe auf dieser Reise erkannt, dass ich diese Zeit, ein mal am Tag für mich brauche, damit ich nicht in ein Loch falle. Außerdem, wenn du mich auf diese Weise aus meinen trüben Gedanken holst, lohnt es sich doch, sich jeden Morgen aus unserem Bett zu schleichen." Ein Hauch Verzückung lag in ihrer Stimme und auch auf ihrem Gesicht, mit den noch immer geschlossenen Augen, spiegelte sich dieser Ausdruck. Sie ließ eine ihrer Hände nach hinten gleiten und wühlte sich durch die blonden Wellen, zum Nacken ihrer Liebsten, zog sie so noch näher an sich, spürte die Rundungen an ihrem Rücken und ließ sie seicht und verträumt lächeln.

"Na wenn das so ist. Aber Pass auf, wenn du nicht leise genug bist, zieh ich dich sonst einfach wieder zurück zu mir.", kam es schmunzelnd an ihr Ohr. Sie hatte der Paladin kurz nach der Abreise erklärt was in ihr vorging, so war sie zwar endlich wieder glücklich, doch belastete sie ihre Schuld noch immer und während der Reise, hatte sich dieses Ritual als äußerst hilfreich, erwiesen.

"Das will ich doch hoffen, Dole.", flüsterte sie nun fast und legte ihre andere Hand auf die beiden der Elfe, die mittlerweile um ihren Körper auf den Bauch gewandert waren. Die vollen Lippen der Paladin berührten nun beinah ihr Ohr, als sie wieder sprach:

"Aber wenn ich dich morgens erst mal erwische, lass ich dich nicht so schnell wieder aus dem Bett, das ist dir klar, oder?", fragte sie verführerisch und der Hauch an ihrem Ohr, ließ die Nackenhaare, der Menschenfrau aufstehen.

"Hmm, also das sollten wir vielleicht jetzt mal ausprobieren?", war die lustvolle Antwort, doch der Schrei einer Möwe riss sie unbarmherzig aus ihrer Zweisamkeit.

"Land in Sicht!", schrie der Ausguck direkt darauf.

Marialle hörte es leise hinter sich grummeln, als die Arme zurückgezogen wurden. Schon strömten haufenweise Menschen an Deck und scharten sich um die beiden Frauen.

"Endlich!", sprach eine hinzugetretene Jaina Prachtmeer fast ehrfürchtig, neben der Priesterin. Marialle sah in das Gesicht ihrer Geliebten, die ihr zu zwinkerte und glücklich lächelte. Ihr war es grade völlig egal, die Elfe sah so atemberaubend schön aus in ihrer hellen Leinenhose und dem weiten Hemd, dass sie zum Schlafen trug. Ihre blonde Mähne umspielte wild das makellose Gesicht und die grünen Augen funkelten im Licht der aufgehenden Sonne.
 

Es dauerte noch eine Weile bis sie den Hafen Sturmwinds erreichten. Noch bevor sie anlegten, wurden lauthals Befehle hin und her geschrien und als sie endlich festen Boden unter den Füßen hatten, wurden sie von Varian Wrynn, dem König Sturmwinds, strahlend in Empfang genommen.

"Ich kümmer mich darum. Sucht eure Familie, Lady Lichtsprung.", sprach die Magierin leise, so dass nur Dolette und Marialle sie hören konnten. Die Priesterin nickte dankbar und nahm die Paladin an die Hand um schnell am König und seinem Gefolge vorbei zu huschen. Die Elfe nickte ihren Gefährten zu, sie hatten jetzt ihren wohlverdienten Urlaub.

Die beiden Frauen eilten los, rannten fast.

"Wo sollen wir denn suchen?", fragte Dolette, als sie sich in der Stadt umsah.

"Wir gehen erstmal auf den Markt. Wenn sie einen Hof in der Nähe gefunden haben, werden sie da irgendwas verkaufen, oder irgendeiner kennt sie."
 

So schickten sich die beiden Frauen an, den Markt so schnell wie möglich zu erreichen. Wenig später traten sie auf den Platz vor der riesigen Kathedrale, und es herrschte reges Treiben. Die Stände der Bauern und Handwerker reihten sich aneinander und die Verkäufer brüllten und versuchten einander zu übertönen. Marialle klingelten die Ohren. Die Wochen auf dem Schiff, die monatelange Ruhe in Theramore, hatte sie empfindlich gemacht gegenüber einer solch lauten Geräuschkulisse.

Die beiden Frauen sahen sich aufmerksam in dem Trubel um, einen von Marialles Familienmitgliedern zu entdecken. Aber der Markt war riesig und so stand die Sonne schon leicht schief, als sie an einen Stand kamen, an dem sie Marialles Schwägerinnen erkannten.

"Beim Licht. Meredith, Charlotte, Daria!" Die drei sahen gleichzeitig auf.

"Mari! Dolette! Ihr lebt! Welch ein Glück.", rief Meredith überrascht und ließ einen Bund Karotten fallen. Auch die anderen beiden machten große Augen, bevor sie in der Lage waren zu lächeln und um den Stand herum zu treten, um die beiden Frauen herzlich zu umarmen.

"Wie war eure Reise?", fragte nun Charlotte, noch immer lächelnd.

"Später, Charlotte, bitte erzählt zuerst wie es euch ergangen ist.", bat Marialle.

"Ja, ja natürlich. Helft ihr uns den Stand abzubauen? Dann erzählen wir euch alles auf dem Weg nach Hause.", antwortete Charlotte ruhig, aber ein Schatten glitt kurz über das Gesicht der Frau.

Dolette und Marialle halfen den drei Frauen und so war der Stand in wenigen Momenten abgebaut. Als die fünf Frauen vom Markt traten und die Geräuschkulisse hinter sich ließen, begann Charlotte zu erzählen:

"Wir waren einige Tage, mit unseren Karren unterwegs bis wir endlich den Turm erreichten, Meister Yskopaiah übergab uns dein Erspartes und war überaus hilfsbereit. Wir blieben einige Tage im Turm und er half uns einen geeigneten Hof zu finden. Es dauerte eine ganze Weile, aber wir haben mittlerweile alles eingerichtet, uns eingelebt und alles in Gang gebracht. Wir haben wieder mehr Tiere und das was wir nichts selbst brauchen, verkaufen wir auf dem Markt.", schloss Marialles Schwägerin ihre Ausführung ab.

"Und geht es allen gut?", fragte nun Dolette, die ebenso wie ihre Liebste, gespannt gelauscht hatte. Der Blick von Charlotte verfinsterte sich etwas.

"Mari, es tut mir leid, aber euer Vater ist letzten Winter verstorben. Ich denke es war alles zu viel für ihn. Er ist gestorben, als sicher war, dass wir den Winter gut überstehen konnten und der Betrieb gut laufen würde." Marialle standen Tränen in den Augen, doch sie lächelte.

"Das sieht ihm ähnlich, erst abtreten wenn alles geklärt ist." Marialle war das jüngste Kind ihrer Familie und ihre Eltern hatten ihren Zynit schon lang erreicht. Sie war selbst darüber verwundert, wie gefasst sie diese Nachricht aufnahm, doch als sie die Hand der Paladin auf ihrer Schulter spürte, brachen sich die Tränen doch ungehindert Bahn und sie vergrub schluchzend ihr Gesicht an der Schulter der schönen Elfe.

"Ist gut, Mari. Er hatte ein erfülltes Leben.", sprach Dolette ruhig und gefasst, sie schien genau zu wissen, was in der Priesterin vorging und fand, wie so oft, die richtigen Worte.

"Ja ich weiß, lasst uns nach Hause, ich möchte die anderen sehen." Die Paladin nickte entschlossen und so kam der Karren, mit den Standutensilien, der von einem Ochsen gezogen wurde, wieder in Bewegung.
 

Als die Sonne kurz vor ihrem Untergang stand, erreichten sie den Hof. Ein kurzer Trampelpfad führte zu einem riesigen Haus in dem sicher 15 Zimmer zu finden waren. Daneben stand ein weiteres, ungefähr halb so großes. Dahinter war eine große Scheune, viel größer als die alte und weiter hinten erstreckten sich verschiedene Felder, auf denen Marialles Brüder wahrscheinlich grade ihre Geräte zusammen räumten. Sie betraten das Haupthaus durch die große Doppeltüre und Meredith rief sofort in die Küche.

"Mutter komm! Marialle ist da." Ein lautes Scheppern erklang, gefolgt von unterschiedlichen Schritten. Als erste stürmte Magereth in den Flur, die ihre Tochter, mit Tränen in den Augen, in eine liebevolle Umarmung zog.

"Kind, wir dachten wir hätten dich verloren!", sprach sie unter Schluchzen.

"Ich bin hier, Mutter.", gab die jüngste der Lichtsprungs leise zurück. Dolette wurde von Katrice in eine ähnlich enge Umarmung gezogen.

"Du hast sie wieder gebracht.", flüsterte die älteste der Schwägerinnen, als sie die Elfe aus der Umarmung entließ.

"Natürlich, Katrice..." Die Paladin unterbrach sich, als eine weitere Frau in den Flur trat. Es war Beatrice, die in der vergangenen Zeit, wahrlich zur Frau geworden war. Sie war das absolute Ebenbild von Marialle, die hellbraunen Haare, die zierliche Nase, die rosigen Lippen und schließlich der bernsteinfarbene Ton, der in ihren Augen ruhte. Ihre Schüchternheit hatte sie, aber im Gegensatz zu der Priesterin, nicht abgelegt und so stand sie im Türrahmen und schaute rasch zu Boden, als sie den verblüfften Blick der Elfe, auf sich spürte. Sie machte einen Knicks in ihre Richtung, was die Paladin erröten ließ. Marialle entfuhr ein Kichern und löste sich von ihrer Mutter.

"Komm her Nichte, lass dich umarmen.", befahl sie der jungen Frau, die ihr so unglaublich ähnlich sah.

"Guten Abend, Tante Mari.", sagte sie gedämpft und ließ sich in die sanfte Umarmung ziehen. Von oben war Getrampel zuhören und schon schossen die Kinder ebenfalls in den Flur. Die beiden Zwillinge hatten an der Faszination, für die Paladin festgehalten und so flankierten sie diese, wie schon an dem Tag, als sie sie kennengelernt hatten. Etwas später stolperten zwei weitere kleine Kinder dazu, die Marialle noch gar nicht kannte.

"Na, wer seid ihr denn?", fragte Marialle die noch immer ihr Spiegelbild zu umarmen schien. Der Junge und das Mädchen traten an je ein Bein ihrer Großmutter und sahen abwechselnd, mit großen Augen von der Priesterin zur Elfe.

"Das sind Giselle und Markos. Unser jüngster Zuwachs. Sie sind beide einen Winter alt.", erklärte Magereth. Das kleine Mädchen lief zu Charlotte, die sie hoch nahm und ihr einen Kuss auf die Wange gab. Der kleine Markos lief stattdessen zu Meredith die ihn ihrerseits hochhob.

"Beim Licht, ich weiß gar nicht wie lange wir weg waren.", stieß Marialle fassungslos aus.

"Das ist eure Tante Mari, mit ihrer Freundin Dolette, ihr Süßen. Kommt, lasst uns in die Küche gehen, die Männer sollten auch jeden Augenblick herein kommen.", erklärte das Familienoberhaupt ihren Enkeln und wandte sich dann an Dolette und Marialle.

Die Küche war riesig, ganz offensichtlich Dreh und Angelpunkt im Haus. Neben der Großzügen Kochleiste, samt Arbeitsplatten, stand ein großer Tisch darin, der allen Familienmitgliedern und mehr Platz bot.

"Setzt euch, setzt euch. Wir sind eh grade dabei das Abendessen zuzubereiten. Ich hoffe ihr habt Hunger." Die beiden nahmen Platz und Dolette hatte sogleich die Zwillinge Leah und Larah auf dem Schoß, die sie mit Fragen löcherten. Marialle hingegen saß zwischen ihrer großen Nichte Beatrice und Meredith, die die beiden Kleinkinder auf dem Schoß hatten.

"Ich hatte gedacht, du wärst mittlerweile vielleicht ein wenig mehr aus dir raus gekommen, Bea?", feixte Marialle, was ihrer Nichte, die Röte ins Gesicht schießen ließ.

"Täusch dich nicht. Wenn sie mit uns in der Stadt ist, ist sie ganz anders, was gleichaltrige angeht. Aber die große Paladin hat ja von Anfang an schwer Eindruck auf unsere kleine hier gemacht.", stimmte Meredith gut gelaunt mit ein.

"Tante Meredith! Lass das, du hast doch keine Ahnung.", zischte die junge Frau der älteren zu.

"Oho, du kannst ja richtig zickig sein!", lachte die Priesterin durch den riesigen Raum. Dolette sah verwundert von einer zur anderen die mit ihr am Tisch saßen und wurde sofort wieder rot als sie bei dem Ebenbild ihrer Liebsten ankam. Sie brummelte etwas Unverständliches und wandte sich entnervt ab.

"Haha ich glaube euch beide sollten wir mal zusammen in eine Besenkammer stecken, damit das auf hört.", stichelte Meredith weiter und auch Marialle machte aus ihrem Grinsen kein Geheimnis.

"Mama, jetzt sag doch mal was!", bat Beatrice flehentlich, an Katrice gewandt. Die angesprochene drehte sich von der Arbeitsplatte um, bemüht ihr Lächeln zu unterdrücken.

"Ich versteh gar nicht wo dein Problem ist, Bea. Schau dir die kleinen an, die machen auch kein Geheimnis daraus, dass sie Dolette anhimmeln.", sprach sie munter auf ihre Tochter ein.

"Boah Mama, ich bin aber kein kleines Kind mehr!" Die junge Frau war mittlerweile knallrot geworden und auch die Elfe hatte Mühe sich weiter auf die Zwillinge zu konzentrieren.

"Nun lasst doch mal das arme Mädchen in Ruhe.", sagte die Paladin gefährlich leise.

"Ach komm, du musst ja jetzt gar nicht anfangen, mit ihr in eine Kerbe zu schlagen. Bei dir sieht's doch genau so aus.", mischte sich nun auch Charlotte ein. Die Frauen lachten und auch Markos und Gyselle quietschten fröhlich mit, nur Beatrice und Dolette sahen finster drein.

"Jetzt reichts mir. Geht mal runter von mir, Mädchen. Komm mit Beatrice.", sagte Dolette bestimmend und reichte der jungen Frau, galant wie sie war, die Hand um ihr aufzuhelfen. Zusammen verließen sie, Richtung Flur, die Küche. Als sie draußen waren, prusteten die Frauen wieder los.

"Jetzt habt ihr es aber wirklich übertrieben.", sagte Daria, von der bisher gar nichts zu vernehmen war.

"Ach die kriegen sich schon ein, wird Zeit, dass sie das mal klären, wenn der Effekt, nach den ganzen Jahren noch schlimmer ist.", meinte das Familienoberhaupt ruhig.

"Aber es spricht ja für dich Mari, dass Dolette noch immer so auf die Kleine reagiert." Nun war es Marialle die rot anlief und kaum merklich nickte.

"Mari?", kam es aus der Tür die von der Küche nach draußen führte. Es war Gustav der als erster den Raum betrat, gefolgt von seinen Brüdern sowie Johannez und Patrice.

"Das glaube ich ja nicht! Du lebst Schwesterherz.", sprach Jazper erstaunt.

"Ja natürlich, was denkt ihr denn?", warf sie ein und erhob sich vom Tisch.

"Das heißt Kalimdor existiert?", stieß Berthold hervor.

"Selbstverständlich existiert es und es..." Bevor sie weiter sprechen konnte, fielen ihr die Brüder um den Hals und nahmen ihr die Luft. Sie umarmten sie stürmisch, wie immer, aber Marialle konnte spüren, dass sie sich wirklich Sorgen gemacht hatten.

"Ist ja gut Jungs, ich lebe ja noch.", stieß sie atemlos aus.

"Zum Glück! Wo ist denn Dolette?", wollte nun Gunter wissen. Die Priesterin lachte kurz bei dem Thema.

"Ach die, die ist mit einer jüngeren durchgebrannt.", versuchte sie ernst zu klingen.

"Was? Wo ist sie, der zieh ich die Beine lang!", kam es nun von Grubert, der schon Anstalten machte, aus der Küche zu stürmen. In dem Moment trat Dolette mit Beatrice in den Raum und hatte ihr freundschaftlich einen Arm um die Schulter gelegt. Beide unterhielten sich angeregt und lachten.

"Ach die Herren der Schöpfung sind auch endlich da, was gibt's denn hier..." doch Gustav fuhr ihr unsanft über den Mund. Marialle entfuhr noch ein, "Ohoh." bevor sie die Augen verdrehte.

"Ich glaube ich spinne! Nimm sofort die Hände von meiner Tochter, sonst mach ich dir Beine, Spitzohr! Ist meine Schwester nicht mehr gut genug für dich oder was? Weißt du wie alt Beatrice ist?" Die Elfe und die junge Frau, schauten sich verwirrt an.

"Mari, was ist hier los?", presste die Paladin leise zwischen den Lippen hervor.

"Herrje, Gustav. Das war ein Scherz! Beruhige dich, Gemahl.", ging Katrice nun dazwischen.

"Ja Gus, ich hab nur einen Witz gemacht, alles ist gut.", bestätigte nun auch Marialle. Er starrte den Frauen kurz abweselnd in die Gesichter, bis sich seine Miene aufhellte.

"Ach du meinst doch nicht, dass ich das geglaubt habe, oder? Komm her, Dole. Gut dich zu sehen.", sagte er, um Glaubwürdigkeit bemüht, und zog die Elfe in eine Umarmung, die sie steif erwiderte.

"Eh, ja dich auch Gus. Euch auch Männer!", zwinkerte sie den restlichen Lichtsprungmännern zu und klopfte Gustav freundschaftlich auf den Rücken.

"Lasst uns jetzt erstmal essen, Kinder. Bleibt ihr eigentlich länger, Mari?", fragte Magereth an ihre jüngste gewandt.

"Ein paar Tage werden wir bleiben, ich muss auch dringend zum Turm, ich war viel länger weg, als es mit Meister Yskopaiah ausgemacht war, aber dann wollen wir beide auch zügig nach Quel'Thalas.", stand die Priesterin Rede und Antwort.

Die Männer setzten sich und die Frauen tischten auf. Nach dem Essen saß die Familie noch eine Weile beieinander, doch bald verschwand einer nach dem anderen auf die Zimmer und auch Dolette und Marialle gingen in das Nebenhaus, in dem Marialles Schwägerinnen ein Zimmer für sie beide eingerichtet hatten. Johannez und Patrice hatten ihnen sogar schon ihr Habe hoch gebracht.
 

"Möchtest du noch spazieren gehen? Die neue Umgebung auskundschaften?", fragte die Paladin ihre Geliebte, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Marialle drehte sich zu ihr um und sah ihr tief in die grün schimmernden Augen. Der Mond fiel durch das große Fenster, des Zimmers, wodurch die Elfe in sein fahles Silber getaucht war und ihr insgesamt einen fast unheimlichen Anblick verlieh. In den Augen der Priesterin lag jedoch nur Liebe und so trat sie an Dolette heran.

"Ich denke dafür haben wir auch morgen noch Zeit, immerhin haben wir das ganze Haus für uns allein, da würde mir das ein oder andere einfallen, was man tun könnte, um genau das auszunutzen.", hauchte sie der Elfe verführerisch entgegen, der das ein verheißungsvolles Grinsen abverlangte. Sie zog die Menschenfrau an sich und räusperte sich kaum merklich.

"Da hast du natürlich absolut recht, außerdem sieht man am Tage ja auch viel mehr von den Ländereien, als bei Nacht.", gab Dolette zurück und verschloss die Lippen der Priesterin mit ihren. Nach einer kurzen Weile löste Marialle allerdings wieder den Kuss.

"Sag mal!" Die Paladin schaute irritiert.

"Was denn? Kann ich etwa nicht mehr küssen?", grinste sie frech, doch die junge Frau tat das mit einer wegwischenden Handbewegung ab.

"Was hast du vorhin eigentlich mit Bea beredet, dass ihr so vertraut wieder zurück kamt?", wollte sie wissen. Dolette spitzte verzückt die Lippen.

"Ach, das willst du gern wissen, was? Eifersüchtig, mh?" Ihr Grinsen wurde noch eine Spur breiter, als sie das fragte.

"Blödsinn, sie ist doch noch ein halbes Kind.", sprach die Priesterin betont gleichgültig.

"Na das bezweifle ich aber.", gab die Paladin, noch immer überlegen grinsend zurück.

"Was? Wieso?" Nun konnte Marialle ihre Neugierde nicht mehr verbergen. Sie boxte der Elfe drängend gegen die Schulter.

"Nun sag schon!"

"He he! Schlag mich nicht! Ich pack ja aus.", lachte Dolette und zog verspielt den Kopf ein.

"Dir ist ja denke ich klar, warum sie immer so, naja schüchtern ist, sobald ich da bin?" Die Priesterin legte fragend den Kopf schief, was die Elfe schmunzeln ließ. Die Paladin räusperte sich und legte einen ernsten Gesichtsausdruck auf, bevor sie begann zu erklären:

"Also nun ja, Beatrice sieht dir wirklich unfassbar ähnlich, das ist dir aber zumindest klar, oder?" Marialle nickte.

"Und, naja, immer wenn ich sie ansehe, sehe ich dich, auch wenn ich natürlich weiß, dass sie nicht du ist..." Sie räusperte sich erneut bevor sie fort fuhr:

"...aber es löst schon eine Menge Gefühle in mir aus, die eigentlich dir gelten. Und ich starre sie immer so an, und versuche diese Gefühle einzuordnen oder zu unterdrücken. Naja sie spürt diese Blicke nun mal auf sich und das ist ihr ungemein unangenehm.", schloss sie ihre Erklärung fürs Erste ab.

"Also ich würde mich ja freuen wenn du mich so ansehen würdest.", schmunzelte Marialle verträumt.

"Das bezweifle ich, Mari, denn das hieße, dass du nicht die richtige wärst." Marialle verstand und strich der Elfe sanft über die Wange.

"Alles gut, Dole. Wie hast du es denn geschafft, dass ihr nun normal miteinander umgehen könnt?", fragte sie schließlich.

"Ich habe ihr einfach gesagt woran es liegt, dass ich sie immer so ansehe und dass ich nicht weiß, ob mir das nicht immer wieder passieren wird. Naja und dann hat sie mir gesagt, dass sie diese Blicke ja eigentlich sehr genießt und mich überhaupt total interessant findet. Und...naja du weißt schon.", erklärte sie und ihr Ton wurde zum Ende immer neckender.

"Ach hör doch auf, du!", lachte die Priesterin und boxte ihrer Liebsten erneut gegen die Schulter.

"Nein, ich schwörs, so hat sie es gesagt!", betonte die Paladin erneut und hob abwehrend die Hände. Die beiden lachten heiter und genossen die Nacht, die sie zum Tage machten.

Der Anfang vom Ende

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Der Anfang vom Ende
 

Drei Tage waren vergangen, seit sie zu den Östlichen Königreichen zurückgekehrt waren und sie verbrachten eine wunderbare Zeit auf dem neuen Hof der Lichtsprungs.

Dolette und Maraille waren am Nachmittag im Turm der Kirche des heiligen Lichts gewesen, um Yskopaiah über die Geschehnisse in Kalimdor zu unterrichten. Er war wenig begeistert davon, dass sie nun direkt weiter nach Quel'Thalas reisen wollten, doch er gab ihnen schließlich verständnisvoll seinen Segen. Sie hatte noch kurz die kleine Therez aufgesucht, die beachtlich herangewachsen war, während Dolette noch etwas mit dem Hohepriester besprach. Das junge Mädchen, das bald eine Frau werden würde, machte großartige Fortschritte und so verließ Marialle den Turm mit gemischten Gefühlen.

Danach gingen sie nach Sturmwind, um ihre Gefährten von ihren Abreiseplänen nach Quel'Thalas zu unterrichten. Sie stellten ihnen dabei frei ob sie sie begleiten wollten, schließlich waren sie ja grade erst Heim gekommen. Doch ausnahmslos jeder hatte beschlossen, die beiden Frauen zu begleiten, denn in ihrer Abwesenheit hatte sich ausgesprochen viel in den östlichen Königreichen, aber auch in Kalimdor getan, wovon die Gefährten bis dahin, noch gar keine Kenntnisse hatten.

So hatten sich die Zwerge, Gnome und auch die Nachtelfen offiziell zur Allianz, unter der Führung Sturmwinds, bekannt. Und die neue Horde, bestehend aus Orks, Tauren und Trollen, angeführt von Thrall, gewährten den abtrünnigen Untoten, die sich nun, unter der Führung, der zur Bansheekönigin gewordenen, Sylvanas Windläufer, die Verlassenen nannten, einen Platz in ihren Reihen.

Außerdem war Kael'Thas Sonnenwanderer schon geraume Zeit verschwunden. Er war nach dem Einmarsch der Geißel grade erst zum Oberhaupt der Hochelfen aufgestiegen, da Anesterian Sonnenwanderer, sein Leben ließ, als Arthas in Quel'Thalas einfiel. Seine einzige Amtshandlung jedoch war, die Quel'dorei in Sin'dorei umzutaufen, zum Gedenken der viele Hochelfen, die ihr Leben durch die Geißel verloren hatten. Da der Sonnenbrunnen verderbt war, versprach er erst zurück zukehren, sobald er eine Lösung, für den Ausfall der arkanen Energien fand, die seinen Blutelfen nun so sehr fehlten, dass Alte und Kranke, an ihrer Sucht dahin gerafft wurden, oder schlimmer noch als verrückt gewordene Schattenwesen, durch Quel'Thalas streiften. In der Abwesenheit des Prinzen, übernahm Lor'themar Theron die Führung der Sin'dorei und stieg zum Lordregenten auf. In der Problematik, mit der ihr Volk derzeit zu kämpfen hatte, fand Dolette nun auch einen konkreten Anhaltspunkt, an dem sie glaubte tatkräftig helfen zu können.

Doch es sollte alles ganz anders kommen.
 

Als sie am frühen Abend zurück auf den Hof kehrten, hatten Marialles Brüder und Neffen die Arbeit, auf den Feldern bereits nieder gelegt und die versammelte Familie wartete auf die beiden Frauen, am großen Tisch in der Küche.

"Nanu, ist es schon so spät?", kam es überrascht von der Priesterin.

"Nein, ich, oder besser wir, wollten euch etwas erzählen und danach feiern. Deshalb dachten wir, wir fangen heute früher mit dem Abendessen an, weil ihr ja morgen auch schon wieder abreist.", erklärte Jazper und bat seine Frau, mit einer Handbewegung zu sich.

"Dann machs doch nicht so spannend, Jaz!", rief Gustav vom hintersten teil des Tisches.

"Ist ja gut, alter Mann!", scherzte der junge zu seinem ältesten Bruder gewandt.

"Ich geb dir gleich...", wollte der Angesprochene grade erwidern, doch Daria ließ ihn nicht.

"Ich bin schwanger!", stieß sie aufgeregt hervor und ließ ein glückliches Lächeln erstrahlen.

"Mein Kind, wie wunderbar!" Magereth war die erste die sich nach dem Bruchteil eines Herzschlages fing und die junge Frau herzlich in die Arme schloss.

"Hört, hört. Der kleine wird Papa, ich glaube es nicht!"

"Glückwunsch ihr zwei!" Reihum wurden die beiden werdenden Eltern in Umarmungen geschlossen und als die Glückwunschbekundungen endlich beendet waren, räusperte sich der junge Mann erneut.

"Nun kommt doch mal zur Ruhe, ich will doch noch was sagen.", lachte er seine Familie an und nach wenigen Momente hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit aller.

"Mari, du weißt, dass ich mir immer schon ein ähnliches Leben gewünscht habe, wie du es führst, doch dann traf ich Daria und mir wurde klar, dass ich mit der Angst, sie auf die eine oder andere Weise, verlieren zu können, niemals leben könnte. Doch an Dole und dir sehe ich, dass es dennoch möglich ist und ich wünsche mir, dass unser Kind, falls Daria und mir einmal etwas zustoßen sollte, ein Leben führt, so wie ihr es tut. Darum wollte ich euch fragen, ob ihr gern die Paten unseres Kindes werden würdet." Dolette entgleisten die Gesichtszüge, doch Marialle strahlte und Tränen standen ihr augenblicklich vor Rührung in den Augen.

"Beim Licht, Jaz. Nichts würde ich mir mehr wünschen!", presste sie hervor, bemüht nicht zu schluchzen. Ihr Bruder lächelte glücklich und sah erwartungsvoll zu der Elfe.

"Und du?", fragte er sie ernst.

"Bei meiner Ehre, als Paladin der silbernen Hand, Jazper. Ich werde dieses Kind schützen als wäre es mein eigenes und sollte der schlimmste Fall tatsächlich eintreten, so werde ich es mit Marialle mitnehmen und es wird so aufwachsen, wie du es dir wünschst." Die Paladin strahlte eine unglaubliche Würde aus, aber auch in ihrem Gesicht spiegelte sich die tief empfundene Rührung, die diese Bitte in ihr auslöste. Jazper zog die beiden in eine innige Umarmung, in die er auch noch Daria quetschte. Die vergleichsweise kleine Frau musste mit den Armen wedeln, damit die drei sie entließen.

"Dann seht aber auch gefälligst zu, dass wir nicht wieder um euer Leben bangen müssen!", mischte sich Magereth nun strahlend ein.

"Natürlich Mutter!", gab Marialle sofort zurück.

"Ja vergesst nicht, dass ihr nun nicht mehr nur für einander lebt!", bekräftigte Gustav seine Mutter.

Die Priesterin betrachtete lächelnd die glücklichen Gesichter ihrer großen Familie und glaubte nie zuvor so zufrieden gewesen zu sein, sie konnte ja nicht ahnen wie wichtig dieser Moment noch für ihr eigenes Leben sein würde.

"Also wenn hier schon alle Ankündigungen machen, dann möchte ich mich dem gern anschließen.", ließ sich nun Berthold vernehmen, der Mittlere der Brüder, der irgendwie in jeder Hinsicht etwas anders war als die anderen. So war er der kleinste und hatte als einziger, annähernd dieselben, hellbraunen Haare wie seine Schwester, währenddessen die anderen Lichtsprungmänner alle einen festen, dunklen Haarschopf hatten. Davon, dass er als einziger noch nicht die Frau fürs Leben gefunden hatte, mal ganz abgesehen, das hatte ja sogar Marialle ihm schon voraus. Die Priesterin musste bei diesem Gedanken schmunzeln, doch Berthold zog ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich, als er fort fuhr:

"Johannez und auch Patrice, helfen mittlerweile ja tatkräftig beim täglichen Betrieb mit und die Erfahrung hat uns gezeigt, dass der Hof auch weiter läuft, selbst wenn einer fehlt. Mit ein Grund warum ich mich entschieden habe, unseren Hof zu verlassen. Ich möchte Marialle und Dolette bitten sie begleiten zu dürfen." Absolute Stille trat in den Raum und jeder schien verstehen zu wollen, was Berthold zu solch einem Entschluss trieb. Gustav war der erste, der aufstand und seinem Bruder fest und entschlossen die Hand schüttelte.

"Wir stehen hinter unseren Familienmitgliedern, egal welchen Weg sie im Leben gehen, Bruder.", sprach er ruhig und klang wie das Oberhaupt, das er einst sein würde.

"Gut gesagt, Gus!", pflichtete die Priesterin ihrem Bruder bei.

"Natürlich kannst du uns begleiten, wenn das dein Wunsch ist, Berthold.", beantwortete die Elfe nun auch seine Frage, worauf sich seine Gesichtszüge augenblicklich entspannten.

"Ich danke euch. Ich hatte schon befürchtet, den Hof mit einem schlechten Gefühl verlassen zu müssen.", ließ er erleichtert verlauten.

"Kein Lichtsprung wird unseren Hof mit solch einem Gefühl verlassen müssen, Berti.", beruhigte Gustav seinen Bruder erneut.

Und so aß und trank die Familie in trauter Gemeinsamkeit. Es gab noch immer unheimlich viel zu erzählen, was in der Abwesenheit, der Paladin und der Priesterin alles vorgefallen war und so wurde Marialle erst an diesem Abend bewusst wie lange sie tatsächlich fort gewesen waren. Sie selbst musste jetzt schon 23 oder 24 Winter alt sein und bei dem Gedanken betrachtete sie ihre älteren Nichten und Neffen. Die drei waren schon fast erwachsen. Die Zeit in Kalimdor rückte durch diese Gedanken plötzlich in weite Ferne.
 

Nach einer kurzen Verabschiedung, brachen die drei auf und man wartete schon im Hafen von Sturmwind auf sie. Nachdem Berthold und Efendral sich miteinander bekannt gemacht hatten, betraten sie den angemieteten Kutter und legten ab.

Borigan unterrichtete seine beiden Kommandantinnen darüber, dass der König von Sturmwind, der sie noch vor wenigen Tagen so überschwänglich begrüßt hatte, seit gestern verschwunden war und so traten sie mit gemischten Gefühlen die Reise zum Hafen von Saltherils an.

Die Überfahrt, dauerte dafür nur gut zwei Tage, so blieb nicht allzu viel Zeit zum überlegen.
 

Marialle wusste es nicht, aber an dem entsetzten Ausdruck im Gesicht ihrer Liebsten, erkannte sie, dass sich die Heimat der ehemaligen Hochelfen massiv verändert haben musste. Nebelschwaden durchzogen die kargen Wälder. Überall waren zerstörte Gebäude zu sehen, die erahnen ließen, welch wunderschönes Reich, Quel'Thalas einst gewesen sein musste.

Am Vorabend hatte Dolette noch erklärt, dass sie zu aller erst nach Silbermond reisen würden, um sich mit dem Lordregenten abzusprechen. So schickten sich die Gefährten an, Saltherils Hafen so schnell wie möglich zu durchqueren doch schon der erste Blutelf den sie trafen, ließ die Gruppe stoppen. Verwundert sahen Dolette und Marialle sich an. Der Blutelfen Mann mit den schwarzen Haaren, der auf dem intakten, der beiden Türme, neben dem zerstörten Stadttor stand, hatte dieselben grün schimmernden Augen wie sie auch die Paladin hatte. Dolette trat an den Turm heran und schaute zu ihm auf.

"Doral ana'diel?" Fragte die Paladin freundlich.

"Anaria shola?", ignorierte er die Frage, nach seinem Befinden und wollte stattdessen wissen, was das Anliegen der Frau war.

"Ich würde euch gern etwas fragen, Freund.", beantwortete sie seine Frage ruhig. Er linste argwöhnisch die Gefährten der Paladin an.

"Dann fragt, Weib. Ich habe keine Zeit für sinnloses Geschwätz." War seine bissige Aufforderung.

"Ich war viele Jahre fort aus Quel'Thalas, könnt ihr mir sagen, warum eure Augen diesen grünen Schimmer in sich tragen?", fragte sie nun höflich, der Blutelf zog eine Augenbraue hoch.

"Ihr müsst weit weg gewesen sein, dass euch das nicht klar ist. Arthas Menithil verdarb den Sonnenbrunnen, als er Kel'thuzad, mit seiner Hilfe in diese Welt brachte und durch unsere Verbindung sind auch wir nun verdorben, auch wenn sich das bisher nur in unseren Augen widerspiegelt.", war seine herablassende Antwort. Dolette nickte gedankenverloren.

"Trat diese Veränderung direkt danach auf?", fragte sie noch und nun nickte er seinerseits.

"Shorel'aran.", verabschiedet sich die Paladin und nickte dem Mann ein weiteres mal zu.

"Al diel shala.", wünschte er ihnen noch eine gute Reise.

Als sie sich etwas von den Mauern der kleinen Hafenstadt entfernt hatten, äußerte Odessa ihre Gedanken, zu dem was sie grade erfahren hatten.

"Also wenn sie diese Augen gleich bekamen, nachdem der Sonnenbrunnen verdorben worden war, dann hat es bei Euch offenbar andere Gründe.", schloss sie aus den Informationen die sie dem kurzen Gespräch entnahm.

"Ja das sehe ich auch so, Odessa, aber vielleicht wissen die Gelehrten in Silbermond da genaueres. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es allein daran liegt, dass der Brunnen verdorben ist.", gab die Elfe zurück.

"Lasst uns weiter, Bumer wird unruhig. Ich glaube es wird gefährlich wenn wir hier einfach herumstehen."

Und Bertak behielt recht, jedoch marschierten sie direkt auf die Schneise zu, die Arthas einst durch den Wald zog. Hier waren viele Untote die ziellos hin und her wanderten, um alles anzugreifen, was noch am Leben war. Die Zerstörung die der Champion des Lichkönigs Quel'Thalas hier beigebracht hatte war noch um einiges schlimmer anzusehen als es im Hafen der Fall war. Die Bäume, sofern noch welche standen, waren grau und blätterlos. Der Boden tot und hart. Das einzige was die umherirrenden Untoten zuweilen auf ihrem ziellosen Weg aufhielt, waren herumliegende Trümmer.

"Bleibt zurück, ich schnappe sie mir nach einander und so arbeiten wir uns Stück für Stück vor.", befahl Malek und glitt geräuschlos in die Schatten. Tatsächlich waren die Untoten aus dem Hinterhalt, schnell und leise zu erledigen und so kamen die Gefährten recht zügig voran. Sie folgten der Zerstörung und überquerten den Elrendar, über die kleine Brücke, die ihre guten Tage schon lange hinter sich hatte. Auf der anderen Seite vom Fluss, ging es genau so weiter, bis sie an einen Punkt kamen, an dem der Schurke allein nicht alle Geißel, aus dem Hinterhalt ausschalten konnte.

"Ruhige Zauber und Angriffe, sonst sind wir sofort von diesem Abschaum umzingelt.", befahl die Kommandantin leise und die Gefährten, stellten sich in Kampfposition.

"Auf mein Zeichen.", ließ sich Dolette erneut vernehmen. Marialle und die anderen nickten.

"Jetzt!", kam der Befehl glockenklar, auch wenn die Paladin noch immer nicht laut sprach. Sie ließ einen goldenen Hammer auf einen der Untoten herab fallen und die anderen taten es ihr mit Pfeilen und Zaubern gleich. So befreiten sie Quel'Thalas von zahlreichen Untoten auf ein mal. Und sie kamen eine Weile voran ohne, dass diese ihnen weiter in die Quere kamen. Danach schickten sie wieder Malek voraus und schließlich erreichten sie die hohen Stadtmauern der Hauptstadt von Quel'Thalas, Silbermond.

Die ganze Stadt schien wie in der Mitte geteilt, denn auch Silbermond war von der Todesschneise, die Arthas gezogen hatte, nicht verschont geblieben, dafür sahen sie nun endlich mehr Blutelfen. Dolette hatte zwischendurch schon die Befürchtung geäußert, auf verlassene Ruinen zu stoßen.

"Anu belore dela'na.", begrüßte Dolette die beiden Stadtwachen höflich die an der Schneise patrollierten.

"Bal'a dash, malanore.", entgegnete einer der Wachleute, ebenso höflich. Auch diese beiden Exemplare, der Blutelfen, hatten die giftgrünen Augen.

"Bitte sagt mir, ist der Lordregent anwesend und wenn, wie gelange ich zu ihm?", fragte die Paladin ruhig und freundlich.

"Folgt diesem Weg Richtung Osten, ihr werdet an ein Stadttor gelangen, das noch halbwegs intakt ist und dann folgt den Straßen der Stadt bis ihr im Norden auf den Thronsaal stoßt.", gab der Wachmann ausführlich Antwort.

"Habt Dank.", sagte sie noch schlicht, bevor sie weiter eilte. Die Gefährten folgten dem Weg, wie ihnen geheißen und erreichten, das heil gebliebene Stadttor. Hinter den Stadtmauern herrschte ein geschäftiges Wirrwarr und die Blutelfen bemühten sich offensichtlich noch immer die Stadt wieder aufzubauen. Andere betrieben mittlerweile wieder ihre Läden und ihre Geschäfte weiter.

Die Stadt war wirklich riesig und Marialle lief ein Schauer über den Rücken, als sie sich vorstellte, mit welch brachialer Gewalt, Arthas in Quel'Thalas eingefallen sein musste. An die Vision die Dolette ihr einst schickte erinnerte Silbermond nur noch im Groben. Prunk und Reichtum waren hier kaum noch anzufinden.

Sie erreichten den großen Marktplatz, den Dolette, der Priesterin damals im Geiste gezeigt hatte und überquerten eine lange, notdürftig gefestigte Brücke, um schlussendlich die königlichen Räumlichkeiten zu betreten, die Lor'themar Theron derzeit sein Eigen nannte.

Dolette begrüßte aufs Neue zwei weitere Wachen, worauf sich eine umdrehte, den Raum den sie grade betreten hatten, durchquerte und durch die gegenüberliegende Tür verschwand. Wenige Augenblicke später kam der Wachmann zurück, gefolgt von einem weißhaarigen, schlanken Blutelfen. Seine langen Haare hatte er zu einem hohen Zopf zusammen gebunden und seine reich verzierte Rüstung war in die Farben seiner Stadt gehalten, rot und gold. Seine Augen waren ebenso grün, wie die aller anderen Blutelfen, denen sie bisher begegnet waren und der Ausdruck, der ihnen innewohnte, zeugte von Erschöpfung.

"Anar'alah belore, Dolette!", stieß der Blutelf mit einer Mischung, aus Überraschung und Freude, hervor.

"Anu belore dela'na, Lordregent. Ich hoffe es geht dir einigermaßen gut, mein Freund.", sprach sie freundlich und ließ sich von dem Mann in eine lange Umarmung ziehen.

"Wie sollte es, meine Liebe, aber ich sollte wohl froh sein, dass ich überhaupt noch am Leben bin. Aber bitte, wen hast du mir als Gäste gebracht? Esst mit mir und dann will ich wissen, wie es dir in letzter Zeit ergangen ist." Sie nickte und deutete von Marialle über ihre Gefährten.

"Das ist Marialle, Priesterin des heiligen Lichts, ihr Bruder Berthold und mein Gefolge, Borigan, Malek, Bertak, Maxime, Odessa und Efendral, ein Druide Malfurions. Wir sind hier um zu helfen, den Rest erkläre ich dir gern beim Essen. Das ist Lor'themar Theron, der Lordregent der Quel... Verzeihung, der Sin'dorei." Die Gefährten verbeugten sich und der Lordregent nickte ihnen freundlich zu.

"Gut, gut, dann erweist mir die Ehre und bezieht einige Zimmer und wir treffen uns bei Sonnenuntergang zum Essen.", bat er, Dolette nickte ruhig und auf einen Blick von Lor'themar, machten die Wachen eine einladende Geste ihnen zu folgen.
 

Die Zimmer waren groß und ihr Prunk zeugte davon, was Quel'Thalas einst für ein reiches und blühendes Land gewesen war.

Marialle sah aus dem Fenster in das ewige grün des Immersangwaldes, dass einen krassen Kontrast zu all den Ruinen und dem zerstörten Landschaftsbild, der Todesschneise, bot. Der Wald um die Hauptstadt war einst durch einen mächtigen Zauber der Hochelfen dazu gezwungen worden im ewigen Frühling zu verharren.

"Ist Lor'themar ein guter Mann?", fragte sie fast beiläufig.

"Allerdings, das ist er, Mari. Vielleicht ist er sogar ein besserer Regent, als Kael'Thas.", war die Antwort der Elfe, die neben ihre Liebste, ans Fenster trat. Die Priesterin nickte kaum merklich und als Dolette einen Arm um ihre Schultern legte, schaute sie fast überrascht in die grünen Augen der Paladin, die ausdruckslos hinaus starrten.

"Was denn, Dole?", fragte sie überrascht.

"Ich frage mich, ob ich hier überhaupt etwas ausrichten kann.", sprach sie leise.

"Das werden wir heute Abend erfahren und selbst wenn nicht, so gibt es in der ganzen Welt genug für uns zu tun. Zeigst du mir morgen die Stadt?", versuchte die Priesterin sie aufzumuntern.

"Gern, Mari. Lass uns jetzt erstmal zum Essen gehen, mal sehen was Lor'themar zu berichten hat."
 

Der Lordregent hatte nicht zu viel versprochen, die Tafel, an der die Gefährten Platz nahmen, war reich gedeckt. Ebenfalls an dem riesigen Tisch saß Halduron Wolkenglanz, wie er sich vorstellte, der jüngst zum Waldläufergeneral aufgestiegen war, nach dem Tod von Sylvanas Windläufer. Anders als Lor'themar, trug er eine leichte Lederrüstung in blauen Tönen und sein langes blondes Haar wog offen im seichten Wind, der vom Immersangwald, überall durch Silbermond wehte. Nachdem Dolette von den Ereignissen in Kalimdor und auf dem Berg Hyjal berichtet hatte, erkundigte sie sich danach, wie man derzeit in Quel'Thalas zurechtkam.

"Was soll ich sagen, Dolette? Du siehst es selbst. Silbermond ist so gut wie zerstört und die Wiederaufbauarbeiten kommen nur sehr schleppend, ohne die Zuhilfenahme von Magie, voran. Außerdem sind wir einfach zu beschäftigt, die Geißel auf der einen und die Amani Trolle auf der anderen Seite in Schach zu halten. Unser Volk stellt sich nur langsam auf ein Leben, ohne die Energie des Sonnenbrunnens ein. Wir sind auch einfach viel zu wenige.", erklärte Lor'themar resignierend.

"Vielleicht könnte ich euch helfen, mit der Abwesenheit der Macht vom Brunnen besser umzugehen. Wie du weißt, lebe ich schon viele Jahre enthaltsam.", schlug die Paladin vorsichtig vor.

"Das wird nicht mehr nötig sein, Lady Glutklinge.", ertönte eine klare, männliche Stimme aus dem Vorraum des Speisesaals. Ein schwarzhaariger Blutelf betrat den Raum, gefolgt von zwei Wachen. Seine Stoffrobe war wie die Rüstung des Lordregenten in rot und Goldtöne gehalten und ebenso war sein schwarzes Haar zusammengebunden. Auf seinem Rücken trug er einen herrlich verzierten, glühenden Stab.

"Lord Rommath, wann seid ihr zurückgekehrt?", stieß Lor'themar überrascht aus.

"Grade Eben, Lor'themar. Ich bringe Kunde von unserem Prinzen aus der Anderswelt!", verkündete der Blutelf hoheitsvoll.

Blutritter

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Blutritter
 

"Kael'thas ist wohlauf?", fragte der Lordregent voller Freude.

"Allerdings, Lor'themar. Zusammen eroberten wir, in der Anderswelt, eine Festung und wir fanden einen Weg, an eine neue Energiequelle zu gelangen.", antwortete der Großmagister Rommath. In seinem Gesicht spiegelte sich Ehrfurcht, als er über das sprach, was sein Fürst in der Heimat der Orks erreicht hatte. Die Anderswelt wie man Draenor nannte war eine völlig andere Welt. Wie weit entfernt von Azeroth war unklar. Sie war nur durch ein gewaltiges Tor weit südlich von Sturmwind zu erreichen. Draenor war zerstöt und nur noch Splitter des ehemaligen, großen Kontinents zeugten von seiner einstigen Pracht. Man nannte diesen Planeten darum auch die Scherbenwelt. Dunkle Umstände hatten zur Erschaffung der Tore auf Azeroth und Draenor geführt. Mit dem Ziel die fehlgeleiteten, vom Dämonenblut beseelten Orks in diese Welt zuführen und ihnen die Eroberung Azeroths zu ermöglichen.

"Er gab mir, für seine geliebten Sin'dorei, ein Geschenk mit und ich kann euch alle lehren wie man es benutzt.", fuhr der Magister fort. Dolette tauschte einen überraschten Blick mit dem Lordregenten, der sah darauf wieder zurück zu Rommath.

"Nun redet doch nicht weiter drum herum. Erzählt schon, Rommath!", bat Lor'themar ungeduldig.

"Ich brauche euch nichts zu erzählen, ich werde es euch zeigen. Folgt mir auf den Sonnenhof, Lordregent. Ihr auch, Lady Glutklinge. Nehmt diese Besucher, die ihr in unsere schöne Stadt gebracht habt mit, wenn ihr es wünscht.", sprach der Großmagister von oben herab und bedachte die Menschen, den Zwerg und den Nachtelfen, eines missgünstigen Blickes. Er schritt hinaus aus der Tür, durch die er den Raum betreten hatte und die Gesellschaft um Lor'themar Theron ließ sich kein zweites Mal bitten.

Als sie den Sonnenzornturm verließen und auf den Sonnenhof traten, warteten bereits zwei Dutzend Magister auf sie. In ihrer Mitte war ein leuchtendes Wesen in einer durchscheinenden Kugel zu sehen.

"Das..." Rommath deutete auf das lilafarbene Wesen, das rosa schimmerte und vom Körper einer Rune, mit gleißend, hellen Augen, glich.

"...ist M'uru. Es ist ein Naaru, eines der gottähnlichen Wesen, die den Draenei die Flucht von ihrer Heimatwelt und somit vor der brennenden Legion, ermöglichten. Es besitzt unerschöpfliche Macht aus purem Licht und unser Prinz, höchstselbst lehrte mich, diese Macht aus diesem Wesen zu kanalisieren. Damit wird es unseren Kriegern möglich sein die Geißel zurück zuschlagen und meine Magister werden unserer wunderschönen Stadt zu neuem Glanz verhelfen!" Der Großmagister war mit jedem Wort lauter geworden und so scharten sich schnell jede Menge weitere Blutelfen um die Gruppe.

"Ich will die erste sein, die diese Macht empfängt, Rommath!", rief eine Blutelfe, mit einem braunen Zopf. Sie trug eine Robe, ähnlich der Rüstung Lor'themars, rot und gold, auf dem Rücken einen Stab. Haltung und Ausstrahlung waren der Marialles recht ähnlich. Offenbar war sie einst eine Priesterin, doch nun wirkte sie kraftlos, wie vom Licht verlassen und entschlossen trat sie einige Schritte vorwärts, was die Menge murmeln ließ.

"Lady Liadrin, wie schön euch wieder zu sehen und wie erfreulich noch so mutige Sin'dorei in unseren Reihen zu wissen." Er nickte ihr erfreut zu und sie trat noch etwas näher.

"Was muss ich tun, Großmagister?"

"Konzentriert euch. Spürt die Energie, die von diesem Wesen ausgeht und versucht sie zu euch zu ziehen." Die Elfe nickte entschlossen und sah auf zu dem schwebenden M'uru, dessen Körper aus Splittern zu bestehen schien, die um seine leuchtende Mitte kreisten. Mit geschlossenen Augen hob sie ihre Hände und richtete ihre Handflächen auf den Naaru. Augenblicklich begannen ihre Hände, in einem sanften Goldton zu leuchten und umhülten die schlanke Gestalt der Blutelfe kurz, bevor es in sie eindrang. Sie öffnete ihre grün, schimmernden Augen und ein verblüfftes Lächeln glitt über ihre Lippen.

"Erstaunlich!", sprach sie als sie die Macht in sich spürte.

Marialle schluckte hart. Trotz der unterschiedlichen Haarfarbe und des gänzlich anderen Gesichts, glich Lady Liadrin plötzlich ihrer Liebsten in Ausstrahlung und Aura, wie ein Ei dem anderen. Als sie zu ihr hinüber blickte, sah sie auch im Gesicht der Paladin, Überraschung.

"Ich spüre das Licht. Ich kann es beherrschen!" Ehrfurcht lag in dem Antlitz der Blutelfe, doch der Ausdruck wechselte rasch und sie grinste voller Selbstsicherheit. Sie erhob eine Hand und ließ, einige Körperlängen entfernt, einen gewaltigen goldenen Hammer auf den Boden niederfahren, der einen großen Krater hinterließ.

"Seht was uns Prinz Kael'thas für ein mächtiges Geschenk gemacht hat! Nehmt die Macht des Naaru in euch auf und lasst uns die Stadt wieder aufbauen und die Geißel zurückschlagen! Quel'thalas soll zu neuem Glanz erstrahlen und Kael'thas Sonnenwanderer willkommen heißen, wenn er nach Hause kommt!", rief Rommath laut, so dass alle ihn vernehmen konnten und die Blutelfen erhoben ihre Hände und sogen das Licht von M'uru in sich ein. Verblüffte und lächelnde Gesichter waren überall zu sehen und Augenblicke später begann sich die lange Brücke zum Sonnenzornturm wieder zusammenzusetzten und die behelfsmäßigen Stützpfeiler wurden durch Magie entfernt. Die Häuser wurden wieder aufgebaut und die Zerstörung die Silbermond einst anheim suchte, zog sich durch die Macht, der gestärkten Sin'dorei, zurück. Marialle beobachtete ihr Gefährtin, die deutlich die Kiefer aufeinander presste.

"Seht ihr das? Wozu wir fähig sind, Lady Glutklinge? Und ihr bringt die, die uns, wie Sklaven, nur die niederen Arbeiten verrichten ließen, in unsere Mitte!", sprach der Großmagister und deutete auf ihre Gefährten.

"Rommath, wir brauchen keinen externen Quell unserer Macht. Ich selbst lebe schon so lange enthaltsam und durch meinen Glauben erhalte ich meine Macht." Lady Liadrin lachte und ein forschender Blick legte sich auf Dolette.

"Seht mich an, Lady Glutklinge. Ich bin jetzt eine Paladin, nur dass ich nicht dem Licht diene, so wie ihr, sondern das Licht dient mir! Ich bin nicht auf Gebete angewiesen. Das Wohlwollen irgendeiner übergeordneten Instanz. Seht die Antwort der Sin'dorei auf den Orden der silbernen Hand, seht die Macht der Blutritter!", ließ sie sich laut vernehmen, was die Umstehenden zum Schweigen, und die Magie, die die zerstörte Stadt zusammensetzte, zum Stillstand brachte.

"Genug! Es ist nicht an der Zeit zu streiten. Lady Liadrin, nehmt eure Blutritter, oder wie ihr euch nennen wollt und schaut an der Todesschneise, wie mächtig das Licht wirklich in euch ist.", unterbrach der Lordregent und die Angesprochene nickte ihm unterwürfig zu, auch wenn Missgunst in ihrem Blick lag. Sie wandte sich um und viele Blutelfen gingen ihr nach, die anderen begannen wieder damit, die Stadt in ihren Ursprungszustand zurückzuformen. Lor'themar nickte zu Dolette rüber, auf dass sie ihm folgen möge. Halduron Wolkenglanz und Marialle, samt Gefährten, folgten ihnen zurück in den Sonnenzornturm. Im Thronsaal angekommen, wandte sich Lor'themar an die Paladin.

"Was hältst du davon, Dolette?" Sie schaute gedankenverloren in das Gesicht ihrer Geliebten, bevor sie ihm antwortete.

"Lor'themar, du weißt wie ich zu der Abhängigkeit unseres Volkes generell stehe. Daran ändert es ganz sicher nichts, wenn sie jetzt auch noch ihren Durst an einem offenbar lebendigen Wesen stillen. Ich denke Macht muss man sich verdienen, mein Freund." Er überdachte ihre Worte, nickte abwesend und ließ seinen Blick rüber zu Dolettes Gefolge wandern.

"Ja, ich weiß. Was ich aber nicht weiß, ist ob ich nun noch für eure Sicherheit garantieren kann.", wandte er sich an Marialle und die anderen.

"Eine äußerst schwierige Situation, Lordregent. Ihr habt grade gar keine andere Wahl, als euer Volk gewähren zu lassen. Sie sehen wie ihr Reich sich wieder aufbaut. Wer kann es ihnen verdenken, diesen Weg zu wählen, wenn sie ihn so auf dem Silbertablett serviert bekommen.", ließ sich Efendral vernehmen, der eine finstere Miene aufgesetzt hatte.

"So viel Verständnis von einem Kal'dorei. Die Zeiten haben sich wahrlich geändert.", sprach Lor'themar bewundernd.

"Allerdings das haben sie, aber jetzt können wir unser Volk ganz sicher nicht davon überzeugen einen anderen Weg einzuschlagen, aber ich habe da eine Ideen. Lass Marialle und mich mit Liadrin und den anderen ehemaligen Priestern, raus zur Schneise ziehen, vielleicht können wir sie währenddessen davon überzeugen, dass sie die falschen Mittel für das richtige Ziel gebrauchen.", bat Dolette den Lordregenten.

"Hältst du das für eine gute Idee? Lady Liadrin schien auch so schon nur auf einen Konkurrenzkampf aus zu sein.", mischte sich nun auch die Priesterin ein.

"Bist du etwa in Sorge ich würde unterliegen, Mari?" Und zum ersten Mal, zierte wieder der herausfordernde Glanz, die grünen Augen der Paladin, seit sie Quel'thalas erreicht hatten, auch wenn das Lächeln darunter matt war.

"Nein, selbstverständlich nicht, aber wir wissen ja nicht wie mächtig sie tatsächlich durch die Energie, des Naaru geworden sind, Dole." Die Paladin lachte und legte liebevoll einen Arm um die schmale Taille der Menschenfrau.

"Hab keine Angst, deshalb will ich dich ja mitnehmen.", entgegnete Dolette zwinkernd. Marialle schluckte hart. Welche Unterstützung vermochte sie schon zu sein, jetzt da die schicksalhafte Verbindung zwischen ihnen abgebrochen war?

"Versuch dein Glück, Dolette. Halduron, bitte übergib Lady Liadrin und ihren Blutrittern, Waffen und Rüstungen und verkünde ihr meine Entscheidung, ihr Dolette und Lady Lichtsprung mitzusenden." Halduron nickte und ging voraus, den Raum zu verlassen. Dolette und Marialle schickten sich an, ihm nachzueilen. Im Vorbeigehen befahl Dolette den ihren noch:

"Ihr bleibt hier, bis wir wissen ob ihr hier in Sicherheit seid!"

Wieder auf dem Sonnenhof folgten die drei der Straße zum Platz der Weltenwanderer und Halduron Wolkenglanz verkündete die Befehle des Lordregenten, was ihm einen äußerst missmutigen Blick von Lady Liadrin einbrachte.

"Wartet an den Stadttoren, bis wir uns ausgerüstet haben und dann geht es los.", befahl die Blutelfe die ganz offensichtlich das Kommando über die Blutritter übernahm. Dolette nickte ihr zu und nahm Marialle an die Hand, um zum Stadttor voraus zu gehen.

"Sie wirkt ziemlich fanatisch.", bemerkte die Priesterin grübelnd.

"Das liegt uns irgendwie im Blut. Wenn wir uns auf etwas einlassen, dann voll und ganz, aber diese da waren einst Diener des Lichts so wie wir. Jedoch nehme ich an, dass sich das Licht von ihnen genauso abgewandt hat wie von mir." Marialle war überrascht bei diesen Worten und sah ihre Liebste verwundert an.

"Was redest du denn da? Ich sah doch heute Mittag grade, dass du deinen Lichthammer geschwungen hast!", versuchte Marialle das gesagte zu widerlegen.

"Ich hatte es bis dahin auch noch gar nicht gemerkt, Liebste, aber grade Lichtmagie ist gegen die Geißel unheimlich wirkungsvoll und dafür war der Hammer ganz schön schmächtig." Lor'themar hatte beim Essen erzählt, dass die Hochelfen, die der Kirche des heiligen Lichts angehörten, alle ihre Macht verloren als sie, zusammen mit dem Sonnenbrunnen, verdorben wurden. Seit der Schlacht um den Weltenbaum hatte Dolette ihr Kräfte als Paladin noch nicht wieder eingesetzt. Vielleicht blieb dieser Umstand darum unentdeckt.

"Außerdem sieh dir meine Augen an. Was auch immer der Grund war, weshalb sich das Licht von ihnen abwandte, auch ich habe dieselben Symptome.", schloss die Paladin ihren Gedankengang ab.

"Ja, aber wenn ich Lor'themar richtig verstanden habe, sind die Blutelfen seit dem gar nicht mehr in der Lage Lichtmagie zu nutzen, du hingegen schon."

"Vielleicht weil ich im Gegensatz zu ihnen noch immer an das heilige Licht glaube.", überlegte Dolette laut.

"Vielleicht wird es ja auch wieder."

"Deshalb will ich Liadrin ja begleiten, Mari." Nun nickte Marialle, das konnte sie jetzt endlich verstehen.

Eine Weile später wurden die beiden Frauen von Liadrin und den anderen Blutrittern eingeholt. Sie hatten sich alle extrem verändert, ihre schönen, hellen Roben hatten sie gegen schwarze Plattenrüstungen, mit roten Applikationen, getauscht

"Lasst uns aufbrechen, solange die Sonne noch am Himmel steht.", schlug die Kommandantin der Blutritter vor.

"Sehr wohl, Lady Liadrin.", gab Dolette zurück, bemüht einen respektvollen Ton zu wahren.

An der Todesschneise, die Silbermond in zwei Hälften teilte, angekommen, bot sich Dolette und Marialle ein beeindruckender Anblick. Das gute Dutzend Blutelfenpaladine hatte leichtes Spiel die Geißel, in diesem Teil der Schneise, zu verdrängen. Mit mächtigen Schwertstreichen und Zaubern vernichteten sie einen Untoten nach dem anderen. Die Zauber die Marialles Geliebte wirkte, erschienen ihnen hingegen mehr als kläglich.

"Ist das alles was ihr zu bieten habt, Lady Glutklinge?", fragte Liadrin verzückt und Dolettes Miene verfinsterte sich mit jedem Herzschlag. Anstelle den anderen Paladinen zu erklären, dass sie ihre Macht auch durch ihren Glauben zurück erlangen könnten, wurde sie nur mit jedem Untoten, der von einem der Blutritter erschlagen wurde, missmutiger. Schlussendlich ließ sie sich kraftlos zu Boden sinken und Marialle erkannte nichts als Leere in den grünen Augen.

Zurück in der Stadt staunten sie. Die Aufbauarbeiten waren in der kurzen Zeit fast abgeschlossen worden, die Macht die von dem Naaru ausging, musste tatsächlich enorm sein. Als sie zurück in das Zimmer im Sonnenzornturm ankamen, war Dolette ausser sich.

"Beim Licht, bei allem was mir heilig ist. Was macht mich denn jetzt noch aus? Erst verlieren wir die Macht die uns verband und nun kann ich nicht einmal mehr eine Paladin sein. Wie soll ich denn jetzt noch dem Weg folgen den ich eingeschlagen habe? Wie kann ich dich jetzt noch beschützen, Marialle?" Mit jedem Wort hob sich ihre Stimme weiter an, bis sie schließlich schrie.

"Dole beruhige dich, wir finden einen Weg.", versuchte die Priesterin ihre Liebste zu beruhigen.

"Was denn für einen? Sollen wir zu deiner Familie auf den Hof gehen und soll ich mit deinen Brüdern die Felder bestellen? Ach was rede ich, nicht einmal dafür habe ich noch genug Kraft! Ich kann mich ja zu deinen Schwägerinnen in die Küche, oder auf den Markt stellen! Und dann warte ich sehnsüchtig auf deine Rückkehr, von deinen Reisen. Dein kleines Frauchen!", redete sie sich weiter, unaufhörlich in Rage.

"Dole, nun beruhige dich. Dazu wird es schon nicht kommen und selbst wenn, wäre es so tragisch, mit MIR ein ruhiges Leben zu führen? Auf dem Hof, im Turm, oder auch in unserem Haus in Theramore?" Diese Worte, in denen der Vorwurf deutlich mitschwang, erreichten die Elfe nun doch und so entspannten sich ihre Gesichtszüge etwas. Marialle trat an sie heran, worauf die Paladin die Stirn gegen ihre legte.

"Es tut mir leid, Mari. Ich fühle mich nur so machtlos. Wie soll ich ihnen einen anderen Weg zeigen, wenn ich selbst die Fähigkeit verloren habe, ihn zu gehen?", fragte sie nun ruhig und resignierend.

"Das Schicksal deines Volkes liegt nicht ganz allein in deiner Hand, Liebste. Kümmer dich doch etwas mehr um dich, lass uns gemeinsam einen Weg finden damit umzugehen, auf welche Weise auch immer." Dolette nickte, wandte sich wieder von der Priesterin ab und sah mit leerem Blick aus dem Fenster auf den immergrünen Immersangwald.

"Ich verstehe gar nicht was mit mir los ist. Wofür meditiere ich jeden Tag, damit ich dann doch so sehr aus der Haut fahren kann, weil es mir keinen Deut besser geht als allen anderen, meines Volkes. Ich bin zwar anders an meine Macht gekommen, dennoch kann ich genauso wenig ohne sie Leben. Ich unterscheide mich in keinster Weise von ihnen." Ihre Stimme versagte ihr hin und wieder den Dienst, so sehr zerriss die Elfe ihre verloren geglaubte Macht.

"Lass uns schlafen gehen, Dole. Vielleicht sieht es morgen alles anders aus." Dolette drehte sich wieder zu der Menschenfrau und nickte schwach.

"Du hast recht, lass uns schlafen.", gab sie ihren Widerstand fürs Erste auf. Und zog sich die Rüstung vom Leib, um sie achtlos und scheppernd auf den Boden fallen zu lassen. Marialle entledigte sich ihrer Robe und gemeinsam legten sie sich in das luxuriöse Bett. Die Priesterin war überrascht, wie schnell die Elfe einschlief, doch schon bald folgte sie ihr, in einen unheilvoll traumlosen Schlaf.
 

Einige Tage, oder Wochen vergingen ereignislos. Immer mehr Blutelfen bedienten sich der Magie, des Naaru M'uru und Silbermond war nach nur einem Tag auf der Ostseite völlig wieder hergerichtet. Die Blutritter etablierten sich vollends in der Gesellschaft der Sin'dorei und so hatten sie endlich eine wirkungsvolle Waffe, gegen die Geißel. Auf Rat des Großmagisters, war Lor'themar ein Bündnis mit den Verlassenen eingegangen, um auch den Trollen, die sie bedrohten, Herr werden zu können und so erblühte das Reich Quel'Thalas teilweise zu neuem Leben.

Die seelische Verfassung von Dolette hingegen wurde immer labiler. Sie war die meiste Zeit missmutig und blieb auf dem Zimmer. Bei Zeiten wurde sie sogar aggressiv. Die Geduld der Priesterin nahm nach und nach ein Ende, als die Streitereien zwischen ihnen immer weiter ausarteten. Sie sah ein, dass sie der Paladin vielleicht einfach nur Zeit lassen musste und so ließ sie sie in ihrer schlechten Laune und ihrem Selbstmitleid baden. Unter ihren Gefährten war die Stimmung ebenso angespannt. Sie fühlten sich von Tag zu Tag weniger in Silbermond willkommen und fühlten sich bald wie Gefangene in den Palastmauern des Sonnenzornturms.

Eines Morgens erwachte Marialle jedoch, allein in dem großen Bett und ihr Instinkt sagte ihr, dass etwas passiert war. Die Priesterin sprang auf und warf sich ihre Robe achtlos über. Die Sonne war schon aufgegangen und tauchte die Flure, des Regierungssitzes der Blutelfen, in sanfte orange und Gelbtöne. Von weitem sah sie die Blutritter, auf dem Sonnenhof. Wie jeden Morgen versammelten sie sich, um aus der Stadt zu ziehen und Quel'thalas, Stück für Stück von der Geißel zu befreien. Als sie genauer hin sah erkannte sie die langen, goldblonden Wellen ihrer Liebsten. Wie die anderen trug sie eine schwarze Plattenrüstung mit roten Verzierungen, darüber den Wappenrock der Blutritter. Marialle erschrak, als sie die starke Präsenz der Paladin wahrnahm und rannte los.

Als sie atemlos bei der Gruppe Blutelfen ankam, verlangsamte sie ihre Schritte.

"Dole, was hast du getan?" Sie trat nun langsam an ihre Geliebte heran, die beschämt ihrem prüfendem Blick auswich.

"Verzeih mir Mari, aber so konnte es nicht weiter gehen.", gestand Dolette schuldbewusst.

"Kommt ihr Lady Glutklinge, oder habt ihr hier noch großartig was zu besprechen?", ließ sich nun Liadrin vernehmen, die einen zornigen Blick von der Priesterin, mit einem gehässigen Lächeln registrierte.

"Ich werde vor den Stadttoren zu euch stoßen, Mylady.", beantwortete Dolette die Frage knapp. Und die Blutritter, um ihre Kommandantin, setzten sich in Gang.

"Wie konntest du das tun?", fragte Marialle erneut und sah ihr tief in die grün schimmernden Augen.

"Wie ich grade sagte, so konnte es nicht weiter gehen. Weder war ich in der Lage meinem Volk bei zustehen, noch dich zu beschützen, Mari.", erwiderte die Elfe ruhig. Jede impulsive Gefühlsregung, die ihr in den vergangenen Tagen noch so oft entfuhren war, war aus dem Gesicht der Paladin verschwunden. Irgendwie schien sie wieder die alte zu sein, erhaben und beherrscht, aber etwas umgab sie, das der Priesterin eiskalte Schauer über den Rücken jagte. Eine gewisse Ausdruckslosigkeit lag auf den makellosen Zügen.

"Aber du hast nun all deine Prinzipien über den Haufen geworfen, Dole!", sprach Marialle aufgebracht und atemlos auf sie ein.

"Mari, bitte beruhige dich. Ich verstehe, dass es dir missfällt, aber ich habe mich schon ein mal, aus eigener Kraft, aus den Fängen meiner Sucht befreit. Ich werde es auch ein weiteres mal schaffen, wenn meine Leute auch soweit sind. Vielleicht kann ich so etwas bewirken." In ihrer Stimme lag eine Entschlossenheit, der sich die Priesterin nur äußerst schwer entziehen konnte, aber das schlechte Gefühl bleib.

"Ich habe Angst, Dole. Angst, dass ich dich verliere. Du bist irgendwie so anders.", erklärte Marialle und sie spürte wie ihr Tränen in die Augen traten.

"Mari, auch wir Blutelfen habe ein Herz und ganz egal was passiert, wer und was ich bin, lieben werde ich dich immer!" Die Menschenfrau war überrascht, dass Dolette sich zu den Sin'dorei zählte. Sie hatte sich wirklich verändert, doch als sie von ihr in eine sanfte Umarmung gezogen wurde, spürte sie die vertraute Wärme, die die Paladin noch immer ausstrahlte. Sie küsste die Priesterin noch zärtlich auf die Stirn, bevor sie sich von ihr löste.

"Schick die anderen nach Hause, Liebste. Sie können sich hier leider eh nicht frei bewegen und sind deshalb auch keine Hilfe, dann sollen sie sich lieber ihrem Urlaub widmen. Ich werde versuchen Liadrin davon zu überzeugen, dich auf die Streifzüge, gegen die Geißel, mitzunehmen. Wenn ich hier etwas ausrichten will, dann brauche ich dich, Liebste." Marialle nickte abwesend und Dolette schenkte ihr ein strahlendes lächeln, bevor sie losstürmte um den Blutrittern zu folgen. Die Priesterin blieb zurück und starrte ihr verwirrt und fassungslos hinterher. Als sie sich nochmal umdrehte, um ihr gut gelaunt zuzuwinken und noch einmal verspielt zu zuzwinkern, überkam Marialle eine dunkle Vorahnung.

Das Ende unserer Geschichte

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Das Ende unserer Geschichte
 

Sie hatte alle Gefährten in ihr Zimmer gerufen, um ihnen zu erläutern, was mit Dolette geschehen war und mit welcher Botschaft sie sie zurück in den Sonnenzornturm geschickt hatte.

"Das kann unmöglich ihr ernst sein!", presste Malek schockiert hervor.

"Das heißt sie findet sich einfach damit ab, dass wir hier so zu sagen geächtete sind?", fragte auch Bertak verwundert. Marialle nickte nur schwach, sie wusste einfach nicht was sie von alledem halten sollte.

"Was erwartet sie denn jetzt von uns? Dass wir still abziehen ohne einen Mucks? Nicht mal persönlich teilt sie uns das mit! Ich dachte wir sind nach all den Jahren, nach allem was wir miteinander erlebt haben, so was wie Freunde!" Es war Borigan, der sich wirklich lautstark, über das Verhalten seiner Kommandantin, aufregte und ihm stieg dabei die Zornesröte ins Gesicht. Verständlich, wie die Priesterin fand, er kannte Dolette von allen am längsten.

"Als Erstes beruhigen wir uns jetzt alle mal.", schlug Efendral vor.

"Ich habe mich lange mit dem Wesen der Hochgeborenen beschäftigt. Mit ein Grund, warum ich euch in die Östlichen Königreiche begleitet habe und ich frage jeden von euch, könnt ihr sie nicht in Teilen verstehen? Immer war sie bestrebt Gutes, in unserer Welt, zu tun und sie hat lange gebraucht, bis sie einen Weg fand, wie sie das Bewerkstelligen konnte. Keiner von uns weiß, welche Willenskraft und Disziplin sie aufbringen musste, um dem Weg des Lichtes zu folgen und dann versagt es ihr auf einmal die Unterstützung.", fuhr der Nachtelf ruhig und erhaben fort. Marialle war überrascht ausgerechnet von einem Kal'dorei diese Worte zu hören, aber er hatte recht, auch sie konnte die Beweggründe der Paladin nachvollziehen.

"Das ist, aber kein Grund sich plötzlich aus der Verantwortung und auch der Loyalität, uns gegenüber zu entziehen.", brachte nun Odessa ihre Gedanken vor.

"Aber auch keiner, dass wir sie in ihrer Abwesenheit verurteilen.", entgegnete der Druide entschlossen.

"Efendral hat recht, wir sollten auf ihre Rückkehr warten und sie zur Rede stellen.", schlug der Krieger nun deutlich ruhiger vor.

"Aber wir werden nicht ohne sie abreisen, das kann sie vergessen.", lenkte auch Malek ein.

"Gut, so machen wir es und wenn wir sie aus Quel'thalas schleifen müssen.", scherzte Bertak.

Nachdem alle anderen den Raum verlassen hatten, saß Berthold noch auf dem roten Samtsofa neben seiner Schwester.

"Wie geht es dir, Mari?", fragte er und ehrliche Sorge lag in seinen bernsteinfarbenen Augen.

"Wenn ich das so genau sagen könnte. Ich kann sie verstehen, weißt du. Und ich weiß wie schlecht es ihr ging, seit sie erkannt hat, dass das Licht sie zu verlassen schien. Ich kann es mir kaum ausmalen wie es ist, wenn mich das Licht verlassen würde. Auch ich würde händeringend nach einer Möglichkeit suchen, meiner Bestimmung weiter nachzukommen, aber sie ist so anders, als würde sie etwas Unheilvolles umgeben. Andererseits war da auch viel von ihr selbst zurückgekehrt, was ich schon verloren glaubte." Sie stemmte ihre Ellbogen auf dem goldenen Tisch ab und legte das Gesicht in ihre Hände. Ihr Bruder legte mitfühlend einen Arm um sie, bevor er sprach:

"Dann bleibt uns ja nichts anderes übrig, als das Gespräch mit ihr abzuwarten. Ich kann mir leider auch so überhaupt nicht vorstellen, was diese Blutelfen da genau mit diesem Naaru-Ding anstellen, aber sogar ich spüre, dass es nichts Gutes ist. Wie steht Lor'themar eigentlich dazu?", gab Berthold sanft zurück und strich ihr aufmunternd über den Rücken.

"Da hast du recht, aber sie kennen es nun mal nicht anders, sie waren immer schon auf eine Macht angewiesen, aus der sie Schöpfen konnten. Dem Lordregenten sind die Hände gebunden, wie jeder Herrscher, ist er auf das Wohlwollen seines Volkes angewiesen und wenn er keinen Putsch riskieren will, muss er dem Wunsch der Blutelfen nachkommen, bis er einen Weg findet sie zu überzeugen."

"Dann wird er, mit Doles Eintritt in den Orden der Blutritter, ja eher unzufrieden sein.", gab er zu bedenken.

"Damit hast du sicherlich recht, ich denke er hat sich von ihr die meiste Hilfe erwartet, was die Überzeugungsarbeit angeht, aber ich denke nicht, dass er das mit ihr, zu diesem Zeitpunkt, austragen wird. Er kann uns grade nicht helfen.", überlegte sie laut.

"Aber sie hat ja zumindest vor, eines Tages, auf den Weg des Lichts zurück zukehren."

"Ja schon, aber besonders gut überlegt war das alles nicht, sie wird hier doch nicht zwingend gebraucht, im Kampf gegen die Geißel oder Trolle, sie sollte Quel'Thalas verlassen und versuchen wieder zum Licht zurückzufinden. Wenn sie bleibt, befürchte ich, dass sie es nicht einmal angehen wird, sich ihrer Sucht wieder zu entziehen." Die Priesterin schaute gedankenverloren und resignierend hinaus zum Fenster und Berthold musste hart, bei dieser Vermutung, schlucken, die seine Schwester grade vorgetragen hatte.

"Dann hat der Zwerg recht, wir müssen sie aus Quel'Thalas bringen, ob sie will oder nicht." Ein bitteres Schmunzeln entglitt der jungen Frau, doch sie vermochte nichts weiter zu sagen. Der Gedanke, gegen den Willen ihrer Liebsten handeln zu müssen, schnürte ihr die Brust zu und so versank sie in ihre düsteren Ängste.
 

Berthold wich seiner Schwester den ganzen Tag nicht von der Seite und als die Sonne kurz davor war unterzugehen vernahm sie seine Worte, wie aus weiter Ferne.

"Da sind sie, Mari."

"Gib den anderen Bescheid und hol sie her.", befahl sie etwas zu ruppig, doch er gehorchte und verließ den Raum. Marialle war bedrückt, regelrecht nervös. Wie würde Dolette reagieren, war sie wirklich noch immer dieselbe?

Es dauerte nicht lange bis ihr Bruder mit ihren Gefährten in das Zimmer zurückkehrte.

"Wir sind uns alle einig, nehme ich an?", fragte Borigan ruhig und die Gemeinschaft nickte einheitlich, sie würden ihrer Kommandantin nicht dabei zusehen, wie sie sich selbst verlor.

Augenblicke später betrat Dolette lachend den Raum und verabschiedete sich, bei einem der Blutritter.

"Danke fürs Bringen, Thoridiel. Hab einen schönen Abend. Nanu, Mari, was ist denn hier los? Warum seid ihr alle noch hier, ich hatte doch befohlen, dass ihr abreist." Im Blick der Elfe lag deutlich Missgunst, auch wenn sie ruhig und bestimmend mit ihrem Gefolge sprach.

"Meinst du nicht sie haben es verdient, diesen Befehl von dir selbst zu hören, Dole?", antwortete die Priesterin ruhig mit einer Gegenfrage.

"Was? Nein Unsinn, ich habe euch in den Urlaub geschickt, warum muss ich euch das persönlich sagen? Das ist doch nichts Bewegendes.", verteidigte sich die Paladin.

"Lady Glutklinge, wenn ich erklären darf?", bot sich Efendral an und Dolette nickte nur, immer noch ruhig und sie erinnerte Marialle an die Dolette, die sie einst kennenlernte. Die es vermochte so ruhig und erhaben, selbst im Angesicht des Feindes, eine gehobene Unterhaltung zu führen.

"Wir alle können eure Beweggründe nachvollziehen, warum ihr euch den Blutrittern angeschlossen habt, aber wie Lady Lichtsprung euch schon heute Morgen sagte, übergeht ihr damit eure eigenen Wertvorstellungen und wir als eure Gefährten und Freunde, wollen euch damit unter keinen Umständen allein lassen. Da wir hier in Quel'thalas nicht erwünscht sind, können wir das aber nicht umsetzen, deshalb bitte wir euch uns zu begleiten, damit wir euch helfen können." Die Elfe schmunzelte.

"Nobel, aber sehe ich aus, als bräuchte ich Hilfe, Efendral? Sehe ICH aus, als bräuchte ich Schutz? Was für ein Gefolge seid ihr, dass ihr euch eurer Kommandantin widersetzt?" Der ruhige, aber bedrohliche Ton saß und so sahen sich die Gefährten unsicher an.

"Und wer bist du, dass du mich so hintergehst?", sprach sie nun mit Eiseskälte und trat einen Schritt auf die Priesterin zu.

"Dole, ich mache mir Sorgen um dich, das weißt du. Es sieht dir nicht ähnlich, dass du nicht zu deinen Freunden stehst und sie lieber wegschickst." Marialles Worte klangen flehend doch der Blick der Paladin verhärtete sich noch mehr.

"Ich stehe nicht zu euch? Undankbares Pack! Was meint ihr, wem ihr es zu verdanken habt, dass ihr hier noch immer im Sonnenzornturm residiert, esst und trink wie Könige und noch nicht in ein magisches Gefängnis gestopft wurdet? Meiner Gnade, meinem Einsatz, meiner Loyalität euch gegenüber!" Hochmut sprach aus den Worten der Elfe, das hatte nichts mit der Demut zu tun, mit der die Paladin ansonsten alles zu schätzen wusste, was sie hatte.

"Dole, das wissen wir, aber denkst du nicht wir sollten unsere Energien lieber darauf verwenden, dass sich die Fronten zwischen Blutelfen und Allianz nicht verhärten? Im Sinne von Frieden und Zusammenhalt?", versuchte Marialle ihre Geliebte zu beschwichtigen.

"Was weißt du schon? Frieden und Zusammenhalt, was meinst du was ich hier gefunden habe, bei meinem Volk! Die Allianz hat Kael'thas und seine Leute unterjocht als sie Schutz und Zuflucht brauchten. Was ist das für ein Bündnis? Dich kann ich beschützen Mari, aber wenn du lieber mit ihnen gehen willst, dann geh! Ich brauche dich hier nicht! Euch alle nicht. Ihr behindert mich hier nur." Das saß. Der Priesterin entglitten alle Gesichtszüge. Hatte die Elfe nicht noch am Morgen gesagt, dass nichts ihre Liebe schmälern würde? Auch ihre Gefährten blickten fassungslos auf die Paladin. Berthold war der erste, der sich fing.

"Jetzt reicht es aber, Dole. Komm zu dir. Wir wollen dir doch nichts Böses. Die Sucht ist eine Gefangenschaft. So hast du es mir selbst erklärt und wir wollen dich aus dieser Gefangenschaft befreien.", mischte er sich bestimmt und mit fester Stimme ein. Die grünen Augen im Gesicht der Blutritterin funkelten bedrohlich, als sie an ihn heran trat.

"Du und deine Schwester, ihr solltet ganz ruhig sein, Berthold. Schließlich lasst ihr beide eure Familie im Stich, was wisst ihr von Zusammenhalt?" Die hochgewachsene Elfe war kaum kleiner, als der kleinste der Lichtsprung Brüder und so berührte ihre Stirn seine, als sie bedrohlich nah an ihn heran trat. Marialle legte ihr eine Hand auf die Schulter und wollte sie von ihrem Bruder wegdrehen, doch Dolette schlug sie grob zurück.

"Fass mich nicht an, Verräterin!", erhob sie plötzlich lautstark ihre Stimme. Die Priesterin erbleichte, als sie den Zorn im Gesicht der Paladin sah.

"Lass Mari in..." Doch Berthold kam nicht dazu seinen Satz zu beenden. Dolette verpasste ihm einen Kinnhaken der sich gewaschen hatte und ließ den Mann nach hinten taumeln, wo er nur dank dem beherzten Einsatz des Schurken von einem Sturz verschont blieb.

"Beim Licht, Dole! Was ist nur in dich gefahren? Komm ihm noch einmal zu nahe...", rief Marialle, die zu ihrem Bruder gestürzt war, um die Platzwunde an der Unterlippe rasch zu verschließen.

"Ihr werdet ALLE auf der Stelle abreisen, ansonsten lasse ich euch einsperren!", befahl die Blutritterin laut und Marialle konnte in den grün, schimmernden Augen erkennen, dass es ihr ernst war.

In diesem Moment klopfte es hektisch an der Türe.

"Was?", donnerte Dolette entnervt. Die Tür wurde aufgestoßen und Halduron Wolkenglanz betrat das Zimmer. Er sah sich kurz erstaunt um, bevor er anfing zu sprechen.

"Lady Glutklinge, Prinz Kael'thas hat Silbermond vor einigen Augenblicken erreicht, er hat einige unserer Wachen getötet und nahm M'uru in seine Gewalt. Er zieht grade weiter Richtung Quel'danas. Wir wissen nicht was in ihn gefahren ist. Der Lordregent verlangt nach euch.", ließ er atemlos verlauten.

"Ihr habt mich gehört! Führt mich hin, Lord Wolkenglanz." Und so verschwand die Paladin mit dem Waldläufergeneral aus dem Raum.

"Was geht hier vor sich?", fragte Maxime beunruhigt.

"Nichts Gutes, aber ohne Dolettes Zuspruch, können wir hier nicht bleiben. Wir müssen gehen, jetzt.", erklärte Efendral trocken.

"Nein, ich kann hier nicht weg, wenn Kael'thas verrückt geworden ist und hier Blutelfen tötet, ist es äußerst gefährlich hier. Ich kann sie doch nicht hier alleine zurücklassen."

"Mari, im Kampfgetümmel ist mit ihr kein vernünftiges Wort zu wechseln, auch du kannst hier jetzt nichts ausrichten.", versuchte Berthold sie zur Vernunft zu bringen und die Priesterin nickte schwach. Sie wusste das nur allzu gut, doch wollte sie das nicht wahr haben.

"Kommt, wir reisen ab, auf der Stelle!", befahl Borigan bestimmt und die Gefährten strömten in ihre Zimmer um ihr Gepäck eilig zusammenzupacken. Auf dem Weg zum Stadttor kamen sie immer wieder an getöteten Blutelfwachen vorbei und das ungute Gefühl, das Marialle hatte, wuchs mit jedem Schritt.

An den Toren die aus der Stadt führten, kamen ihnen auf einmal Wesen entgegen, die sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte.

"Draenei!", stieß Efendral überascht hervor. Bei den Draenei, waren eine Gruppe Blutelfen, in schlichte Roben gekleidet und eine sanfte wissende Aura schien sie zu umgeben. Einer der Draenei trat vor, er trug eine edle, helle Robe mit lila- und orangefarbenen Applikationen bestickt. Auf seinem Rücken ruhte ein beeindruckender Stab, dessen Spitze ein gewaltiger, leuchtender Kristalle zierte. Auf seiner Stirn leuchtete ein Ornament und das Weiß seines Haares und Bartes standen im krassen Gegensatz zu seiner violetten Haut.

"Ich bin der Prophet Velen. Anführer der Draenei und Verbündeter der Allianz, zusammen mit den Blutelfen der Seher bin ich Kael'thas Sonnenwanderer bis hier her gefolgt, um ihn daran zu hindern meinen Bruder Kil'jaeden zu beschwören!", stellte er sich vor und deutete auf die Gruppe Blutelfen hinter sich, die in Reihen weiterer Draenei standen. Marialle war verblüfft, doch hatte sie in all den Jahren viel von ihrer Geliebten gelernt und so fing sie sich schnell, bevor sie zu sprechen begann.

"Ich bin Marialle Lichtsprung, Priesterin der Kirche des Heiligen Lichts und das ist mein Gefolge. Wie ihr seht, kommen wir grade aus der Stadt. Kael'lthas hat viele seiner Untertanen getötet und den Naaru M'uru an sich genommen. Er zog weiter auf die Insel Quel'danas, nicht weit enfernt hinter der Stadt. Wisst ihr was er dort vor hat, Velen?" Die Gesichtszüge des Propheten erstarrten.

"Er hat M'uru? Dann müssen wir ihm folgen, rasch! Kil'jaeden ist der Befehlshaber der Brennenden Legion, wenn er in diese Welt gelangt, ist alles dem Untergang geweiht." Das saß, die Priesterin konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen, als dass die brennende Legion wieder Einzug in Azeroth hält.

"Wir müssen ihn aufhalten!", presste sie daher gedämpft hervor.

"Zeigt uns den Weg!", befahl Velen ruhig und die Gefährten machten sich mit den Truppen des Propheten, bestehend aus Draenei und Blutelfen auf zur Insel Quel'danas.

Sie folgten der Todesschneise und teleportierten, mit Hilfe der Blutelfenmagier, auf die Insel. Das Bild der Zerstörung war auch hier gewaltig und bedrückend. Überall lagen die Leichen der stationierten Sin'doreiwachen herum und große Wesen, erfüllt von unheilvoller Arkanmagie, durchstreiften die Insel. Die zusammengewürfelten Truppen um Velen und Marialle kämpften sich durch Reihen der Gegner, als ein lauter Knall ertönte und ein gleißendes Licht, im Westen der Insel, zum Himmel aufstieg. Schockierte Rufe ausgehend von den Blutelfen in ihrer Begleitung drangen an ihr Ohr.

"Er hat es getan! Der Sonnenbrunnen!", stieß einer von ihnen aufgebracht hervor.

"Er hat den Sonnenbrunnen wieder erweckt!", kam es von einem anderen. In dem Moment färbte sich das Licht, das zum Himmel empor stieg, grün und zeugte von seiner dämonischen Herkunft.

"Wir müssen uns beeilen, er will die Energie von M'uru nutzen um das Tor für Kil'Jaeden zuöffnen!" Sie rannten, die Geißel, Dämonen und sonstige von arkaner Energie erfüllten Wesen, so gut es ging ignorierend. Als sie das Sonnenbrunnenplateau erreichten, drangen laute Kampfgeräusche an ihre Ohren, Metall das aufeinander prallte und Schreie. Die Priesterin riss vor entsetzen die Augen auf. Das Schlachtfeld war voller Blutelfen die gegen die Schergen der brennenden Legion kämpften. Sie erkannte Liadrin, Halduron, Rommath, Lor'themar und schließlich auch die schlanke Gestalt ihrer Geliebten. Aber es blieb keine Zeit, denn am gegenüberliegenden Ende des großen Platzes mit dem Sonnenbrunnen in der Mitte, sah sie wie sich der Naaru M'uru in etwas anderes verwandelte, seine Gestalt glich dem eines Geistes, nur dass sein Körper schwarz war, ein violettes Schimmern umgaben das Wesen und seine Augen funkelten bedrohlich hell.

"Entropius, vernichte die Störenfriede! Ich will endlich meinen Meister in diese Welt führen."

"Kael'thas!". stieß einer der Blutelfen hervor. Der Prinz, war wie so viele seines Volkes in eine Robe, in gelb- und Rottöne, gehüllt. Sein langes blondes Haar fiel ihm kraftlos an seinem Körper herab und seine Haut hatte nichts Rosiges mehr. Sie war fahl und grau, der Wahnsinn stand ihm im Gesicht. Er fing an zu rennen, Richtung Osten, zu den Terrassen der Magister, einige Blutelfen nahmen die Verfolgung auf, doch hier galt es diesem Ungetüm, das einst M'uru war, Einhalt zu gebieten. Aller Sorge um Dolette zum Trotz, sah Marialle entschlossen ihre Gefährten an. Sie nickten allesamt.

"Wir müssen das Aufhalten, Velen!" Er nickte nur und erhob seinen Stab, aus dem augenblicklich helle Lichtblitze auf Entropius zu schossen. Marialle, ihre Gefährten, die Draenei und Seher taten es ihm gleich und hüllten das Monstrum in eine helle Wolke aus Zaubern und vereinzelten Pfeilen. Einige Untote preschten auf die Kämpfer zu und Borigan, Malek und Berthold zückten ihre Waffen zusammen mit den Draenei und Blutelfnahkämpfern.

"Kommt!", befahl Velen und die Fernkämpfer folgten ihm, näher an das Wesen heran, das einst der Naaru war. Im Laufen warf die Priesterin einen Zauber nachdem anderen auf die Umstehenden Geißel und Dämonen. Sie sah sich um, doch keine Spur mehr von Dolette.

Entropius richtete sich benommen wieder auf und stieß einen lauten Schrei aus, aus dem schwarze Energieblitze folgten. Hie und da wurden Blutelfen und Draenei zu Boden gerissen. Sie selbst wurde hart an der Schulter getroffen, doch richtete sich Marialle schnell wieder auf, um weiter Zauber los zu schleudern.

Ein Schrei riss sie aus ihrer Konzentration und sie drehte sich abrupt um. Sie sah ihren Bruder Berthold, der kraftlos zu Boden sackte, den Blick starr und leer. Marialle hielt inne und war versucht umzukehren, doch sie besann sich, schlug die Zähne hart aufeinander und sah fest zu dem Ungetüm auf, das unablässig Zauber in die Umgebung warf.

"Konzentriert eure Angriffe auf seinen Kopf, nur so können wir es schaffen!", schrie der Prophet gebieterisch und sie taten alle wie ihnen geheißen.

Ein großer Schwall aus Zaubern und Pfeilen flog auf den Kopf von Entropius zu und sein Kopf zerbarst in tausend kleine Stücke. Sein Körper wandelte sich zurück in das splitterartige Gebilde, das jetzt wieder M'uru war.

"Jetzt nicht nachgeben! Wir müssen die Untoten und Dämonen vernichten.", ließ sich nun die Priesterin laut vernehmen und sofort flogen Zauber aus ihrem Kampfstab nieder in die kämpfende Menge. Alle anderen taten es ihr gleich und so dauerte es noch eine Weile bis die brennende Legion ein weiteres mal zurück geschlagen war.

Marialle stürmte an den Leichen und überlebenden vorbei und sank bestürzt neben ihrem toten Bruder auf die Knie. Ihre Gefährten, die allesamt mit kleineren Blessuren davon gekommen waren stellten sich um sie auf. Heiße tränen liefen ihr über die Wangen und sie begann leise zu schluchzen.

Einige Zeit verging und schließlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter und als sie aufsah, erblickte sie das mitfühlende Gesicht des Draeneianführers.

"Ich bedaure euren Verlust, Mylady, aber wenn ihr euch imstande fühlt, bräuchte ich noch einmal eure Hilfe." Sie nickte nur schwach und ergriff die Hand, die er ihr bot , um sich zu erheben. Borigan schulterte den toten Körper ihres Bruders und trottete ihr zusammen mit den anderen hinterher.

Sie kamen am Sonnenbrunnen an, der immer noch in ein bedrohliches grün getaucht, blubberte. Von der anderen Seite, schwebte der Naaru M'uru an sie heran, in eine Blase gehüllt die von einigen Sehern gelenkt wurde.

"M'uru liegt im Sterben, Mylady, doch mit der ihm verbliebenen Macht, könnten wir in der Lage sein, den Sonnenbrunnen zu reinigen. Möchtet ihr mir dabei helfen?" Die Priesterin überlegte, wo immer ihre Liebste grade auch sein mochte, das wäre ganz bestimmt in ihrem Sinne. Und so nickte sie dem Propheten aufs Neue zu. Der seinerseits nun seinen Draenei zu nickte. Man stellte sich um den Brunnen auf und erhob die Hände. Die verbleibende Macht des Naaru glitt in sie über und Augenblicke später begannen die erhobenen Hände, sanft zu leuchten. Aus ihnen strömten die Energien in den Sonnenbrunnen und seine Farbe klärte sich und das Brodeln erstarb.

"Es ist vollbracht", ließ sich Velen vernehmen. In dem Moment traten Lor'themar Theron, Halduron Wolkenglanz, der Großmagister Rommath und die Anführerin der Blutritter, Lady Liadrin an sie heran.

"Kael'thas Sonnenwanderer ist tot. Aber sagt, was habt ihr mit dem Sonnenbrunnen getan, Draenei?", fragte Rommath. Der Großmagister blutete aus einer großen Wunde am Kopf und auch sonst schien er sehr mitgenommen. Aber wo war Dolette nur?

"Wir haben euren Sonnenbrunnen gereinigt, Blutelfen! Seine Macht steht euch nun wieder zur Verfügung, aber vergesst niemals die Vorkommnisse der Vergangenheit!", ertönte die Stimme des Propheten erhaben und bestimmend. Marialle drehte sich unterdessen um zu ihrem Bruder der noch immer über der Schulter von Borigan lag und strich ihm abwesend über sein hellbraunes, kurzes Haar.

"Lordregent, wisst ihr wo Lady Glutklinge ist?", fragte nun Malek für seine Kommandantin, was sie veranlasste sich wieder zurück zudrehen.

Es war Halduron Wolkeglanz der an die Menschenfrau trat und ihre Hand ergriff. Er drehte die Hand in seiner und legte ihr behutsam das fein gearbeitete, goldene Amulett in ihre, das sie Dolette in Kalimdor geschenkt hatte. Sie spürte wie sich die Hand von Lor'themar auf ihre Schulter legte, bevor er leise anfing zu sprechen.

"Wir hatten eine menge Verluste zu beklagen, Mylady. Und es ist der massiv geschrumpften Anzahl unseres Volkes zu schulden, dass die Geißel und Dämonen heute ein weiteres mal so viele von uns in den Tod geschickt haben. Aber heute haben nicht nur Blutelfen ihr Leben gelassen, seid gewiss, wir werden die Opfer nicht vergessen!", wandte er sich zum Ende an Velen, hinter dem seine Draenei und die Blutelfen der Seher standen. Marialle starrte ihrerseits nur lange, reglos auf das Medaillon in ihrer Hand. Schließlich öffnete sie es und strich mit dem Finger, die filigranen Buchstaben, der Worte Liebe und Licht, nach. Die Tränen begannen heiß und stumm ihre Wangen hinab zulaufen, als Lor'themar ein weiteres mal das Wort an sie richtete:

"Mylady Lichtsprung, ich trauere mit euch um euren Bruder..." Der Lordregent kniete sich vor sie.

"...aber am Tod von Lady Dolette Glutklinge, Paladin des Ordens der silbernen Hand und zuletzt des Ordens der Blutritter, trage ich allein Schuld. Sie gab ihr Leben für das meine, ich war unachtsam und so lege ich mein Leben in eure Hand und überlasse es euch, was weiter damit geschehen soll." Er senkte den Kopf und schob sein langes, weißes Haar zur Seite, sodass der Blick auf seinen Nacken frei wurde. In Marialle drangen die Worte nur langsam durch.

Dolette, ihre Geliebte, sie war tot.

Sie stieß einen markerschütternden Schrei aus, der durch die Wälder Quel'thalas hallte und sank verzweifelt in die Knie.

"Doooooole!", schrie sie erneut und der Schrei mündete in lautem Schluchzen.

"Ihr alle habt sie in den Tod geführt! An all euren Händen klebt IHR Blut! Sie war so viel besser als jeder von euch. Aus eigener Kraft hat sie sich aus den Fängen EURER Sucht befreit und sie kam, um euch zu helfen. Ihr triebt sie zurück in die Sucht und nahmt sie mir! Nun lebt gefälligst mit dieser Schande! Lernt daraus und macht es in Zukunft besser!", brüllte sie hinauf in die betretenen Gesichter der Anführer der Sin'dorei, Lady Liadrin konnte weder dem Blick noch den Worten der verzweifelten Priesterin standhalten und drehte sich weg. Lor'themar stand auf und verbeugte sich tief vor der Menschenfrau die ihn, trotz ihrer Jugend in Weitsicht und Weisheit zu übertreffen schien.

"Ich hoffe inständig, dass ihr uns eines Tages vergeben könnt, Mylady Lichtsprung. Dolette, sie war auch meine Freundin." Ihr tränendurchtränkter Blick verriet Abscheu und so wandte er sich um und ging. Rommath und Halduron verbeugten sich ebenfalls und taten es dem Lordregenten gleich. Liadrin war die letzte der vier und sie stand noch immer reglos mit dem Rücken zu Marialle.

" Vergebt mir...', sagte sie zu mir, bevor auch sie hinter Lor'themar, Halduron und Rommath hinterher ging, um die Überlebenden Blutelfen einzusammeln." Sie musste sich kurz unterbrechen.

"Also dazu wie genau du verstorben bist kann ich dir nicht einmal genau was sagen, Dolette.", sprach die Hohepriesterin leise und strich sich die stummen Tränen aus den Augen, bevor sie noch hinzu fügte:

"Aber das ist das Ende unserer Geschichte."

Gefühlsregungen

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Gefühlsregungen
 

'Das ist das Ende unserer Geschichte.' Die tränen erstickten Worte, hallten in der Todesritterin unerbittlich wieder und sie konnte ihren Blick einfach nicht von dem traurig schönen Antlitz der Hohepriesterin abwenden. Sie saß auf dem Bett, der Kabine und hatte die angewinkelten Beine eng umschlungen. Das Knarren der Maschinen, die das Luftschiff in schwindelerregenden Höhen hielten, war das einzige Geräusch, das die undefinierbare Stille durchbrach, die zwischen den beiden Frauen herrschte, seit Marialle geendet hatte.

Die leuchtend, blauen Augen huschten hin und her über den Körper der Menschenfrau, die ihrerseits völlig in sich gekehrt zu sein schien. Einzig ein leises Schluchzen, alle paar Herzschläge, zeugte davon, dass sie überhaupt noch bei Bewusstsein war.

Die dunkle Ritterin verspürte den unnachgiebigen Drang, sie einfach zu packen, ihr die Tränen aus den Augen zu wischen und sie für immer zu halten, doch sie war nicht in der Lage sich zu rühren, oder auch nur ein einziges Wort zusagen. So viele Fragen stiegen in ihr hoch, doch nicht eine kam ihr über die blutleeren Lippen.

Konnte das überhaupt alles der Wahrheit entsprechen?

'Du und eine Paladin Meisterin? Lachhaft!', rief sie die Dunkelheit in sich zur Ordnung.

Aber die Gefühle waren da und egal wie unwahrscheinlich sie all das empfand, diese Verbindung, die die Priesterin, so detailliert geschildert hatte, auch sie war da. Sie spürte den Kampf in sich. Das goldene Schimmern, das während Marialle erzählte, zu einem heißen Lodern geworden war, drohte immer wieder von der übermächtigen Dunkelheit verschlungen zu werden. Und irgendwie sehnte sie sich auch danach wieder von ihr verschlungen zu werden. Die Gefühle die sie empfand, schmerzten sie schon fast physisch.

'Nein nicht nur fast, es schmerzt wirklich fürchterlich.', dachte sie bei sich, als der Schmerz plötzlich bittere Realität wurde. Sie saß an der Wand, auf dem Boden, gegenüber von dem Bett, auf dem die Hohepriesterin hockte, und kalter Schweiß stand auf ihrer Stirn. Die Todesritterin versuchte sich zusammenzureißen, doch der Schmerz ließ sie unwillkürlich zucken und ihre Arme verkrampften sich um ihren Oberkörper. Dunkelheit umgab sie und sie hörte wie Marialle sich erschrocken erhob und auf sie zu stürmte.
 

Sie hatte die ganze Zeit kein einziges Wort gesagt, keine Frage gestellt. Was mochte nur in der dunklen Elfe vor sich gehen? Genau in diesem Moment sah die Hohepriesterin, aus den Augenwinkeln, wie Dolette einfach zur Seite kippte und anfing zu zittern.

"Dole! Dolette, was ist mit dir?", rief sie während sie zu der Todesritterin stürzte. Sie ließ ihre Hände über den Körper der Todesritterin gleiten, doch konnte nichts feststellen, was sie nur den Kopf schütteln ließ. Die blau, leuchtenden Augen sahen schwach zu ihr auf und ein bitteres Lächeln glitt über die Züge ihres makellosen Gesichts.

"Hol mir Plagg.", befahl sie kraftlos. Marialle nickte besorgt und tat wie ihr geheißen.

"Halte aus, ich bin gleich wieder da."

Sie ließ die Tür hinter sich geräuschvoll ins Schloss fallen und rannte los. Die Kabine von Plagg war nicht weit entfernt und so stieß sie die Tür auf ohne zu Klopfen.

"Meister Kinnab! Folgt mir, Dolette braucht euch! Irgendwas stimmt nicht mit ihr.", befahl sie laut, während sie in den Raum trat. Was sie nun aber sah erschreckte sie und ekelte sie gleichermaßen an. Der Verlassene lag auf seinem Rücken, im Bett, das Hemd aufgeknöpft, den Blick auf seine, von Löchern durchzogene Haut freigebend. Die Sukkubus lag in seinen Armen, fuhr grade mit ihren langen Fingernägeln über seine fahle Haut und hinterließ dabei feine rosa Spuren, als sie beide erschrocken zu der Hohepriesterin aufsahen.

"Herrin Dolli verletzt? Nicht gut gehen?", kam es bestürzt von der Dämonin und während sie aufsprang, presste sie ihren Ellbogen schmerzhaft gegen die, zwar verheilte, aber noch immer schmerzende Schulter des Untoten.

"Beim verfluchten Dämon, Susi. Gib doch acht!", presste er schmerzverzerrt hervor, während die Sukkubus, Marialle im Vorbeilaufen unsanft gegen den Türrahmen drückte.

" 'Tschuldigen, Meisterin Marialle, aber Herrin Dolli verletzt." Die Priesterin schüttelte kurz, gedankenverloren den Kopf, bevor sie sich daran erinnerte weshalb sie überhaupt hier war. Sie eilte zu Plagg und zog ihn in eine stehende Position.

"Knöpft gefälligst euer Hemd zu und eilt euch, Meister Plagg." Er nickte ernst und so stürmten auch sie aus der Kabine. Von weitem waren schon merkwürdige Geräusche zu vernehmen, die weder Marialle noch Plagg, zu deuten vermochten. Sie sahen einander fragend an. Einige Herzschläge später, wurde der Menschenfrau klar, dass es sich hierbei um das Schluchzen von Susanne handelte. Als die beiden in die Kajüte bogen, bot sich ihnen ein merkwürdiges Bild. Die Sukkubus war über etwas gebeugt, das unmöglich der Körper der Todesritterin sein konnte. Sie weinte bitterlich und hielt etwas schwarzes in den Händen.

"Susi, was ist denn hier los?", fragte der Verlassene, bemüht mitfühlend, worauf sich rein der Kopf, zu den beiden Neuankömmlinge drehte, was Marialle ein Geräusch des Ekels entlockte. Die Wangen der Dämonin waren tränenüberströmt, was die Schminke so sehr verschmierte, dass ihr Gesicht einer entstellten Fratze glich.

"Herrin Dolli tot, das alles von ihr geblieben!", schluchzte sie laut und hielt den beiden, den schwarzen Stoff entgegen, den die Priesterin als den Umhang der Elfe erkannte.

"Todesritter, lösen sich doch nicht einfach so auf, oder Meister Kinnab?", fragte Marialle entsetzt und hielt den Atem an.

"Nein, Mylady. Nicht dass ich wüsste, aber wo ist sie dann?", entgegnete Plagg, was der Hohepriesterin etwas leichter ums Herz werden ließ.

"Ich weiß es nicht, wir müssen sie suchen.", beschloss Marialle und war bemüht die Sorge für den Moment hinunter zu schlucken.

"Herrin Dolli nicht tot? Susanne suchen?", fragte die Dämonin begeistert und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

"Ich frage mich, ob du auch nur annähernd so traurig wärst, wenn deinem Meisterchen etwas zustieße. Aber ja Susi, wir suchen die Herrin jetzt." Kaum hatte er geendet, schoss die Sukkubus auch schon an ihnen vorbei.

"Also gut, Meister Kinnab. Ihr bleibt hier, so viel Bewegung tut euch nicht gut, dafür wäre es gut wenn einer von uns auf sie wartet, falls sie wieder kommt." Er nickte ihr zerknirscht zu. Sie verschwand aus dem Raum und richtete sich in die entgegengesetzte Richtung, in die Susanne gerannt war.

Marialle durchsuchte das Schiff eine gefühlte Ewigkeit. War an Deck, in der Kombüse, im Maschinenraum und durchstreifte die unzähligen Gänge, die das Luftschiff durchzogen.

"Beim Licht, wie groß kann denn dieses Schiff sein?", fragte sie laut zu sich selbst.

"Hast du dich verlaufen, Marialle?", erklang eine vertraute Stimme, kühl und teilnahmslos neben ihr. Dolette stand an der Ecke des nächsten Ganges lehnend und aß einen Apfel, den sie darauf achtlos in die nächsten Gang warf.

"Was? Nein, zufällig suche ich dich schon einen halben Tag lang! Wo beim Licht bist du gewesen?", stieß Maraille etwas zu ungehalten hervor und die Zornesröte stieg ihr ins Gesicht. Gleichzeitig spürte sie, aber auch wie Tränen in ihr hoch drängten.

"Wieso hast du mich denn gesucht?", erklang es missgünstig von der Todesritterin. Marialle biss sich auf die lippen. Sie wollte die Elfe mit ihrer Sorge sicher nicht einengen, aber es fiel ihr zu schwer gegen dieses gefühl anzugehen.

"Weil du Schmerzen hattest? Du hast mich zu Kinnab geschickt und als ich mit ihm zurückkehrte, warst du verschwunden!" Die Priesterin ertappte sich wie sie fast begann hysterisch zu schreien und rief sich zur Ordnung. Sie räusperte sich.

"Ich habe mir Sorgen gemacht Dolette." Die Augenbraue der Elfe zuckte kurz nach oben und ihre Gesichtszüge wurden eine Spur weicher.

"Verzeih, Marialle. Nachdem du die Kabine verlassen hattest, ging ich an Deck, um frische Luft zu schnappen und seit dem geht es mir besser, ich muss vergessen haben, dass ihr nach mir suchen würdet."
 

Sie hoffte, dass die Hohepriesterin, die Lüge nicht durchschauen würde, aber der Schmerz der sich in ihrem Antlitz ausbreitete, nachdem Dolette geendet hatte, versetzte der Todesritterin dennoch einen Stich.

'Was tust du denn da? Wieso leidest du mit ihr? Du bist eine Todesritterin, ergötze dich an ihrem Leid!', höhnte die dunkle Stimme wieder in ihr, doch das goldene Lodern wurde stark, zu stark. Die leuchtenden, blauen Augen der dunklen Elfe strahlten plötzlich wärme aus, glühten förmlich in ihren Höhlen und mit einer Hand strich sie zärtlich über die Wange der Priesterin, wobei ihre Hand golden zu schimmern begann. Dolette zuckte kurz, doch zog sie ihre Hand nicht wieder zurück, was die Priesterin aufschauen ließ und so konnte sie der Menschenfrau tief in die bernsteinfarbenen Augen blicken in denen der silberne Schimmer zu brodeln schien.

"Es tut mir leid. Sag, wie fühlst du dich?", fragte sie, was die Hohepriesterin stutzen ließ.

"Ich habe dir gerade die Geschichte deines Todes erzählt, worauf du dich vor Schmerzen auf dem Boden krümmst und du fragst mich, wie es mir geht?", stieß sie noch immer überrascht und ungläubig hervor.

"Ja." War die schlichte und knappe Antwort der Todesritterin. Marialle schien zu überlegen, lange. So ergriff die Elfe erneut das Wort:

"Diese Frage hast du dir schon lange nicht mehr selbst beantwortet, kann das sein?" Dolettes Gesicht war noch immer die makellose, starre Maske, die sie pflegte aufzusetzen, doch sie wusste, dass ihre Augen und Worte sie verrieten.
 

Marialle starrte noch immer ungläubig, fast fassungslos in die Augen der Todesritterin. Sie wusste nicht wie lange schon. Dolette hatte mittlerweile einen Arm um ihre Taille und den anderen auf ihre Schulter gelegt und wartete geduldig, während die Hohepriesterin noch immer wie erstarrt, die Arme schlaff herabhängend, in der steifen Umarmung stand. Woher, beim Licht, konnte sie auch nur erahnen, wie sie nun war, seit ihre Liebste ihr genommen wurde?

In dieser Frage lag so unglaublich viel Wahrheit, dass sie auf einmal spürte wie die Emotionen heiß in ihr hochstiegen. Die malerische Landschaft eines Tales, erstreckte sich vor ihrem inneren Auge. Sie stand an eine Klippe und schaute darauf hinab.

Marialle schüttelte sich, im Geiste, so wie physisch und wandte den Blick von den Augen der Todesritterin ab. Sie schluckte hart, um die Tränen nicht weiter aufsteigen zu lassen.

"Ich weiß nicht was du meinst, mir geht es ausgezeichnet, ausgenommen der Sorge, die ich bis eben noch empfunden habe." Sie bezweifelte, dass Dolette ihr dies abnahm, doch würde sie sicher nicht weiter nachfragen, zumindest vorerst. Die Priesterin befreite sich aus der Umarmung und drehte sich leicht weg.

"Komm, wir sollten Kinnab und Susanne informieren, auch sie machen sich Sorgen.", ließ sie kraftlos verlauten und machte Anstalten loszugehen, doch sie wurde bestimmt am Handgelenk festgehalten und das vertraute goldene und silberne Leuchten erstrahlte. Sie schluckte erneut, als Dolette sie zwang, sich ihr wieder zuzuwenden und in ihre Augen zu sehen. Der goldene Schimmer, der in diesem Moment in dem tiefen hellblau lag, ließ die Fassade der Priesterin bröckeln und so brachen sich doch Tränen ungehindert ihren Weg über ihre Wangen Bahn.

"Lass mich! Sieh mich nicht so an!", erklang Marialles verärgerte und schluchzende Stimme.

"Warum?", fragte die dunkle Elfe matt. Ihr Gesichtsausdruck schien gleichgültig, aber ihre Augen...diese Augen zeugten von Gefühlen, jeglicher Art, die man sich vorstellen konnte und ließen die Menschenfrau nicht los.

"Weil du in mich hinein schaust!", gab die Hohepriesterin ehrlich zurück. Sie bemühte sich all ihre Erfahrung und Autorität in diesen einen Satz zu legen, auf das die Todesritterin, sie endlich nicht mehr mit diesem forschenden Blick bedachte, den sie so schmerzlich liebte. Es schien zu wirken, denn nun zuckten die leuchtenden Augen für den Bruchteil eines Herzschlages, schmerzverzerrt und so wurde Marialle aus dem griff entlassen. Dolette ging schnurstracks an ihr vorbei und sagte nur:

"Zu Kinnab, nicht dass er sich weiter sorgt."

Als sie die Kajüte betraten, saß der Verlassene tatsächlich auf einem Stuhl und wippte ungeduldig mit dem Fuß.

"Lady Dolette, da seid ihr ja, konntet ihr euer Leid..." Die Todesritterin schenkte ihm einen Blick der ihn auf der Stelle hätte umbringen müsse, wäre er nicht schon tot gewesen und ließ den Untoten zumindest augenblicklich verstummen. Er nickte nur kurz und wandte sich zum Gehen.

"Ich werde mal Susanne suchen gehen, sie macht sich sicherlich auch noch immer Sorgen."

"Tut das Kinnab!", war die schlichte Antwort der Elfe und ihr Blick zeugte noch immer von Eiseskälte. Er verließ murmelnd den Raum. Die Todesritterin beachtete Marialle nicht weiter und legte sich aufs Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Erst jetzt fiel der Hohepriesterin auf, dass die Elfe ohne ihren Umhang, in der spärlichen Rüstung, einen äußerst aufreizenden Anblick bot. Die grazile Frau, auf dem Bett schien den bohrenden Blick der Priesterin zu spüren, und schaute auf. Ertappt lief Marialle rot an und schalt sich für ihre unpassenden Gedanken.

"Also?" Die Hohepriesterin wandte sich ab und wollte die Kajüte verlassen.

"Nichts also."
 

Die dunkle Elfe betrachtete den Fleck an dem die Hohepriesterin, noch vor wenigen Momenten gestanden und sie angesehen hatte und ein Seufzen entfuhr ihr.

Marialle hatte so viele verschiedene Gefühlsregungen gezeigt, während sie von ihrer gemeinsamen Zeit berichtete. Die Erinnerung daran ließ sie schmunzeln. Diese erhabene, wissende Hohepriesterin war ein ums andere mal rot angelaufen, als sie von ihrer tiefen Liebe und der Verbindung erzählte die sie seelisch und körperlich eingegangen waren. Und grade eben, hatte sie denselben beschämten Ausdruck auf dem ebenmäßigen Gesicht, das sofern es frei von Trauer, so unfassbar schön war.

Dolette musste einige male schwer schlucken, während die Priesterin, Stunden zuvor, dem Ende ihrer Geschichte immer näher kam. Natürlich wusste sie um die Sucht der Blutelfen und auch war ihr klar, dass es zu ihren Lebzeiten, wohl auch für sie einmal ein Thema gewesen war, aber die Parallelen, die es zu ihrer jetzigen Daseinsform aufwies, machten ihr Angst, zumindest wenn sie an die Menschenfrau dachte.

Sie würde Abstand halten müssen, jetzt wo sie die Geschichte um Marialle und sich kannte, erst recht. Sie würde der Priesterin mit den weichen, schönen Augen nicht noch mal dasselbe antun. Sie würde ihr Trost und Ablenkung geben. Mehr nicht und nach dem sie die Anführer, an der Pforte des Zorns gewarnt hatten, würden sich ihre Wege für immer trennen.
 

Marialle stand noch immer, mit dem Rücken an der verschlossenen Türe und ließ den Kopf hängen. Wie sehr hatten ihre Gefühle für Dolette, sie schon wieder gefangen genommen. Die Sorge war fast unerträglich und wie lächerlich sie sich gemacht zu haben schien, noch viel mehr. Es war der dunklen Elfe einfach egal gewesen, ob die Priesterin oder auch Plagg sich um sie sorgten, zumindest gab sie sich alle Mühe, um das jeden glauben zu machen.

Sie war schon in der Lage die unterkühlte Maske der Todesritterin zu durchschauen, die Hohepriesterin wusste allerdings in keinster Weise, ob sie es ertrug gegen diese Fassade stetig anzukämpfen. Dieses hin und her im Verhalten der ehemaligen Paladin, versetzte ihr Stiche, nur um sie Augenblicke später wieder zu verschließen.

Noch bevor sie ihre Geschichte erzählte, war sie der Meinung, der Hoffnungsschimmer wäre so groß und die Todesritterin auch gewillt, aber jetzt? Vielleicht war es ein Fehler es ihr zu erzählen, die wenigen Gefühlsregungen im Gesicht der Elfe, waren alle negativer Natur und schienen erst am Ende aus ihr raus zudrängen.

Ihr Kennenlernen und die schicksalhafte Verbindung, die die beiden Umgab schien sie, im Gegensatz, nur wenig zu bewegen.

Nur als sie vorhin so wissend fragte, wie ihr Befinden sei, war Marialle kurz schwach geworden, doch sie besann sich. Dolette war eine Todesritterin, es war ja nicht so, dass Todesritter nichts fühlen konnten, aber alles in der dunklen Elfe schien gegen positive Gefühle anzukämpfen. Im Leid hingegen scheint sie äußerst gern zu baden. So beschloss die Hohepriesterin, die Anführer von Allianz und Horde, an der Pforte des Zorns, so schnell es ginge zu alarmieren und sich dann wieder dem Turm des heiligen Lichts zu widmen, so wie Yskopaiah es einst für sie erdacht hatte. Sie lehnte sich von der Türe und wandte sich nach links, um in ihre Kabine zu gehen und endlich etwas schlafen zu können, lange würde die Überfahrt nicht mehr dauern.
 

Das Schreien von Möwen ließ sie aufschrecken. Wellenrauschen drang an ihre Ohren und stumpfes Gehämmer aus weiter Ferne. Die gleißenden Strahlen der aufgehenden Sonne fielen durch das Fenster zu ihrer rechten. Sie drehte sich ein Stück und stellte ihre aschfahlen Füße auf dem Holzboden ab, um aufzustehen. Das Zimmer war groß und schlicht eingerichtet, einige liebevolle Details, wie ein schöner Strauß Gartenblumen und die verzierte Gardine, machten es lebendig. Sie stand auf und trat durch die einzige Türe, gegenüber. Es war ein Wohnzimmer, mit einem kleinen Sofa, dazugehörigem Tisch und zwei Sesseln, darin. Auch hier zeugten die Details von der Liebe, mit dem der Raum eingerichtet worden war. Ein Tresen trennte das Zimmer von der kleinen Kochnische und der Feuerstelle, daneben hing ein kleiner Spiegel auf Kopfhöhe. Die Todesritterin trat an ihn heran.

Sie erschrak kurz bevor ihr klar wurde was sie sah. Dunkle, blaue Augen blickten zurück in ihre. Die Lippen voll und rosa, die Hautfarbe rosig und die Haare golden wie die Sonne. So musste sie ausgesehen haben als sie noch am Leben war, doch als sie auf ihre Hand schaute, war diese grau und leblos. Ein leises Geräusch aus dem Schlafzimmer riss sie aus ihren Gedanken und sie wandte sich von ihrem verfälschtem Spiegelbild ab, um zurück ins Schlafzimmer zu schleichen. Erst jetzt wurde ihr klar, wie groß das Bett war aus dem sie Augenblicke vorher gestiegen war und dass in diesem eine Frau lag. Dolette wusste sofort wer es war, als sie den hellbraunen Schopf, zwischen den Decken und Kissen, hervorragen sah. Marialle schien zu träumen, sie stöhnte leise und strampelte sich mit der Zeit, die Decke vom Körper. Dolette spürte wie ihr eine leichte Hitze in die Wangen schoss, als sie die nackten, wohlgeformten Konturen der schönen Hohepriesterin entdeckte. Obwohl, ihre Haare trug sie anders, wahrscheinlich war diese Marialle jünger.

"Dole!", keuchte die Menschenfrau und rollte sich noch immer hin und her. Die Elfe schluckte hart und nahm ihren Mut zusammen, bevor sie sich zu ihr setze und über sie beugte. Sie strich ihr sanft über die Wange, was ihre Hand sanft golden schimmern und die Wange der jungen Priesterin, zu Dolettes Überraschung, hell silbern erstrahlen ließ. Es war so viel heller als alles was die dunkle Ritterin bisher von der Verbindung zwischen Marialle und ihr gesehen hatte. Die blau, schimmernden Augen, der Todesritterin weiteten sich noch weiter vor Erstaunen und ihre Ohren zuckten als sie die zarte Stimme vernahm.

"Guten Morgen, Dole. Wird es schon Zeit?" Ihre Stimme war zuckersüß und verführerisch, ähnlich wie an dem Morgen nach Therez' Bestattung, aber so lasziv drang sie noch nie an die Ohren der dunklen Elfe.

"Nein, du hast glaube ich etwas Schlechtes geträumt, schlaf weiter.", sagte sie nur leise und so warm es ihr möglich war. Sie wollte diesen Anblick noch weiter genießen. Marialle schien ihr mehr denn je wie eine Erscheinung, ein übernatürliches Wesen. Doch die Priesterin stutzte und zog eine kokette Schnute. Dolette musste sich beherrschen sie nicht einfach zu küssen, bis die Menschenfrau aufhören würde zu atmen.

"Alles in Ordnung mit dir, Liebste?", fragte sie nun deutlich aufhorchend. Marialle drohte die Augen zu öffnen was die Todesritterin auf keinen Fall riskieren wollte, denn dann war das alles hier vorbei, also legte sie ihr sanft ihre vollen, leblosen Lippen auf die blassrosanen der Priesterin. Die wärme des lebendigen Fleisches unter ihr schien in die Untote überzugehen, sie spürte wie die Hitze in ihr aufstieg und sie zu verbrennen drohte, doch es war einfach nur schön. Marialle hingegen ließ sich zwar kurz auf den Kuss ein, aber löste sich dann doch bestimmt daraus.

"Warst du heute Morgen etwa schon im Ozean baden, oder warum bist du so bitter..." Sie verstummte als sie die Augen endgültig aufschlug, sie waren matt Silber und einfach wunderschön. Dolette brachte keinen Ton heraus und sah nur erschrocken wie sich das Gesicht der Priesterin immer mehr vor Schmerz verzerrte und die Todesritterin schließlich von sich stieß. Die Kleidung der jungen Marialle und die Umgebung veränderte sich plötzlich. Sie standen auf einem großen Platz, den die dunkle Elfe als den Platz auf dem Sonnenbrunnenplateau auf Quel'danas erkannte. Die Priesterin sank auf die knie und starrte durch die Todesritterin hindurch, bis sie einen markerschütternden Schrei ausstieß.

"Doooooole!", hallte es in den Ohren der Elfe wieder, als sie hochfuhr und sich den kalten Schweiß von der Stirn wischte.

Ein Traum.

'Verdammt!'

Die Tür zu ihrer Kajüte wurde geräuschvoll aufgestoßen und die Sukkubus stürzte in den Raum. Sie passte mit ihren aufgeregt flatternden Schwingen kaum durch die Tür.

"Herrin Dolli krank?", fragte sie als sie die Untote betrachtete. Von Weitem hörte sie weitere Schritte und konnte sich nicht gegen die enge Umarmung wehren, in die sie von der Dämonen gezogen wurde.

"Susi, du musst doch klopfen bevor du in die Kabine der Herrin gehst!", prustete der Verlassene atemlos aber lachend los, als auch er den Raum betrat. Der Anblick der Elfe, mit dem Kopf zwischen dem üppigen Busen der Sukkubus, um Atem ringend, ließ ihn erröten sofern man das sagen konnte und der Farbton wurde noch eine Nuance dunkler als Susanne erneut zu sprechen begann:

"Meisterchen auch kuscheln?" Er war versucht sich einfach dazu zuwerfen, doch in dem Moment betrat auch Marialle die Kajüte, die erst ebenfalls errötete, um dann einen sorgenvollen Blick aufzulegen, als sie Dolette genauer betrachtete.

"Susi raus aus dem Bett, sofort!", befahl sie und legte all ihre Autorität in ihre Stimme. Zur Überraschung der Todesritterin gehorchte die Dämonin und entließ sie aus ihrem Griff. Marialle stürzte zu Dolette und kniete sich vor dem Bett auf den Boden.

"Was hast du? Du schwitzt ja am ganzen Leib." Nun erntete sie auch einen besorgten Blick des Hexenmeisters, der alle Hand mit der verschmähten Sukkubus zu tun hatte.

"Jaaa, ich hab nur schlecht geträumt.", sagte sie steif und versuchte sich an einem Lächeln, doch der Blick der Priesterin verriet ihr, dass sie aufs Neue durchschaut worden war. In dem Moment erklang der dröhnende Ruf des Steuermanns, durch das Schiff.

"Der Hafen der Vergeltung ist in Sichtweite!" Sie waren in Nordend angekommen.

Durch den Nebel

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Durch den Nebel
 

Genauso schwerfällig wie schon bei ihrem Start, sank die Wolkenkuss nun durch eine noch dickere Nebeldecke und gab schließlich den Blick auf die Apothekerstadt, den Hafen der Vergeltung, frei. In Aufbau und Optik war kaum ein Unterschied zu Tirisfal zu erkennen, doch es war kalt, bitterkalt. Die Hohepriesterin stand neben Dolette, Plagg und der lasziven Sukkubus Susanne. Sie fror, ihren Untoten Begleitern schien die Kälte nicht das geringste auszumachen, ebenso wenig wie der Dämonin. Ihr hingegen, trieb jede Kondenzwolke, die sie Ausstieß, mehr zittrige Schauer durch den Körper.

"Ihr habt den Hafen der Vergeltung erreicht!", rief der Goblin, vom Landesteg, als das Luftschiff festmachte. Die Todesritterin nickte dem Hexer entschlossen zu und schritt voran.

Unten angekommen schienen sie von Rauchschwaden umringt zu werden, die denen in Unterstadt, im Geruch so sehr ähnelten, dass die Bilder aus dem Hauptlabor, unnachgiebig in Marialle hoch drangen. Sie fröstelte erneut.

"Wir sollten unseren Proviant und das Gepäck auffüllen, Mylady. Außerdem braucht unsere geehrte Hohepriesterin wohl einen Mantel, sie zittert wie der Schwanz einer Kaiserkobra." Die Priesterin errötete leicht und verzog das Gesicht ein wenig. Sie wollte sich die Schwäche, die ihr lebendiges Fleisch mit sich brachte, nicht so deutlich anmerken lassen. Doch überrascht registrierte sie die verständnisvolle Antwort der Elfe.

"Ja, selbstverständlich. Kinnab, füll unsere Taschen auf. Wenn du möchtest, begleite ihn und besorge dir einen Mantel, Marialle. Ich werde versuchen in der Stadt herauszufinden, auf welchem Weg wir am sichersten und schnellsten nach Dalaran gelangen.", ließ sie schlicht verlauten, doch die Sorge um ihr Wohl ließ die Menschenfrau leicht aufhorchen. Gedankenverloren nickte sie der Untoten zu und wandte sich zu dem Hexenmeister, auf dass er voraus gehen möge.

"Susanne mit Herrin Dolli gehen?", fragte die Dämonin begeistert an ihren Meister gerichtet. Aus den Augen von Dolette schossen nur eiskalte Funken, die Plagg auf der Stelle durchbohrt hätten, währen sie aus fester Materie gewesen.

"Bring diesem aufdringlichem Ding endlich bei, mich nicht Dolli zu nennen, Kinnab!", donnerte ihre kühle, klare Stimme durch die Stille der Apothekerstadt.

"Ja Herrin. Susi komm, ich brauche dich zum Tragen, na los.", befahl er der Sukkubus erschrocken, wobei seine Stimme leicht zittrig klang und sie folgte seinem Befehl. Offenbar hatte der stechend, kühle Ton, der Elfe sogar ihren Verstand erreicht. Als sie außer Hörweite der Todesritterin waren, erhob die Hohepriesterin das Wort:

"Meister Plagg, darf ich euch etwas fragen?", begann die Menschenfrau.

"Sicher dürft ihr, Mylady.", antwortete er erfreut und gab ein zerfallenes Lächeln preis, dass die Frau ein weiteres mal frösteln ließ. Es hätte wohl aufmunternd sein sollen, doch der nicht vorhandene Kiefer ließ dies einfach nicht zu.

"Habt ihr eine Idee, was gestern mit Dolette los war? Ihr wisst ja, dass ich ihr von ihrem Leben berichtet habe. Es war kaum Zeit vergangen, wir hatten noch kein einziges Wort darüber verloren und dann brach sie zusammen. Nur um einen halben Tag später so zu tun, als wäre nichts gewesen.", fragte sie ohne Umschweife. Die Stirn des Untoten warf sich in Falten und ließ sein Gesicht, einmal mehr wie eine verzerrte Fratze wirken.

"Nun Mylady. Ich bin zwar ebenso untot wie Lady Dolette es ist, dennoch unterscheidet sich mein Dasein ganz gewaltig, von dem eines Todesritters. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Inhalt eurer Geschichte ihr körperliche Schmerzen bereitet, aber vielleicht eure Anwesenheit? So lange mit ihr, im selben Raum zu sein zum Beispiel. Wer weiß? Immerhin seid ihr gewissermaßen Todfeinde und zu allem Überfluss, seid ihr ja nicht irgendeine gewöhnliche Priesterin. Selbst ich spüre eure mächtige Aura ganz deutlich, nur haben wir einen Weg gefunden damit umzugehen. Verlassene können mittlerweile auch den Wegen des Lichts folgen und Priester werden, sicherlich anders als ihr, aber immerhin. Aber was dieses reine, heilige Licht, das ihr ausstrahlt, auf einen Todesritter für Auswirkungen hat, liegt außerhalb meiner Vorstellungskraft. Außerdem müssen Todesritter..." weiter kam der Hexenmeister nicht, seine Dämonin hatte ihn mit dem Satz, "Guck, Herrchen, was schöne Hufeisen!" zu dem nächsten Hufschmied gezerrt. Marialle überdachte die gesagten Worte. Irgendwie schien es ihr plausibel, immerhin waren die beiden Frauen über einen Tag zusammen in der Kajüte gewesen. Sie seufzte resignierend und ließ den Kopf hängen. Ein Grund mehr...
 

Die dunkle Elfe stiefelte schnurstracks auf das große Haupthaus, das ungefähr in der Mitte der Stadt, an einer Klippe stand, zu. Natürlich fror sie, sie hätte ihr ihren Umhang anbieten sollen. Auf ein neues wurde sie, von den Wirren ihrer Gefühle eingespannt. Sie rief sich selbst zur Ordnung und sprach den untoten Wachposten an, der an den Säulen, neben dem Eingang, des imponierenden Gebäudes stand. Wie die meisten Untoten hier, die keine Apotheker waren, war er in eine spärliche Plattenrüstung gekleidet und trug einen großen Speer, der ihn um einige Köpfe überragte, was seiner gedrungenen Haltung zu schulden war. Er blickte grimmig drein. Seine Augen schweiften ziellos über den Vorplatz, von dem die dunkle Elfe auf ihn zu trat und fanden schließlich die hochgewachsene Gestalt, auf der seine toten Augen nun ruhten, während sie an ihn heran trat.

"Wen muss man hier ansprechen, um Informationen über die umliegenden Gebiete zu bekommen?", fragte sie direkt und kalt. Der Wachmann bedachte sie eines abschätzigen Blickes.

"Hochexekutor Anselm, will ich meinen, Todesritterin. Geht hindurch, er verweilt in seinem Audienzzimmer.", gab der Verlassene ungerührt zurück. Sie schritt an ihm vorbei, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen und gelangte in einen großen Raum, der von der großen Öffnung zum Balkon, hell erleuchtet wurde. In dem Gebäude sah es nicht groß anders aus als draußen. Tristess und eine karge Ausstattung machte die Einrichtung aus. Die Eingangshalle und kurzen Gänge waren nur spärlich beleuchtet, mehr als genug für Dolettes scharfe Elfenaugen. In der Mitte, des Audienzzimmers, ein runder, massiver Holztisch, mit einer Karte darauf. An den Seiten, Bücherregale die bis zur Decke reichten. Auf dem Balkon stand ein Verlassener, in der gewohnt gedrungenen Haltung. Als er sich umdrehte, war Dolette überrascht sein Gesicht im Ganzen erblicken zu können. Gut gekleidet, in einer reich verzierten Stoffrobe. Dennoch war er offensichtlich kein Apotheker. Bürokrat. Die Nase der Todesritterin kräuselte sich leicht. Sein Blick jagte der Elfe einen Ekel durch den Körper, den nicht einmal die fleischfressenden Würmer des Dämmerwalds in ihr ausgelöst hatten.

"Seid gegrüßt, Hochexekutor.", ließ sich die dunkle Elfe, deutlich vernehmen.

"Ihr ebenso, Todesritterin. Was wollt ihr?", fragte er und betrachtete die schlanke Gestalt der untoten Schönheit, forschend.

"Euren Rat, bezüglich meiner Weiterreise, Mylord.", brachte sie es rasch auf den Punkt, bemüht ihr Unwohlsein zu verbergen.

"Was bekomme ich dafür?", fragte er ohne Umschweife und ein mehrdeutiges Grinsen erschien auf seinem aschfahlen Gesicht. Das war zu erwarten gewesen.

"Was wollt ihr denn dafür?", erklang Dolettes Stimme, nun ohne sein Grinsen zu beachten und so kalt, dass ihm jeder prekäre Gedanke, sofort aus dem Kopf gefegt wurde. Ihre blauen Augen funkelten dazu bedrohlich. Genüsslich registrierte sie wie er leicht zu zittern begann.

"Nun wenn ihr mich so fragt, wäre es mehr eine Bitte. Unten auf dem Schlachtfeld in der Blutkamm, bekämpfen die Dunkelläuferin Lyana und Todespirscher Razael wohl noch immer die Überlebenden, oder wie man das Nennen will, der Nordflotte. Ich brauche dringend einen Bericht von dort. Würdet ihr mir diese Gefälligkeit erweisen, Lady...?" Sie trat auf den Balkon und sah südlich am Strand herab, ihre scharfen Elfenaugen erspähten in einiger Entfernung und durch den, am Strand, aufgewirbelten Nebel ein gekentertes Schiff und davor eine tobende Schlacht. Der Weg war nicht allzu weit, darum antwortete sie ihm ruhig.

"Glutklinge. Ich breche sofort auf." Ohne ein weiteres Wort zu verlieren ließ sie sich einfach von der Brüstung fallen und rutschte elegant den Abhang hinunter. Unten angekommen tobte das grau aufgeschäumte Meer in ohrenbetäubendem Lautstärke. Möwen krächzten laut gegenan und einige riesige Krabben krochen vom Wasser auf den Strand. Das Klackern ihrer Scheren wollte so gar nicht in das Bild der Geräuschkulisse passen.

Dolette begann zu laufen. Ihren langen Beinen und dem atemberaubenden Tempo, war es zu verdanken, dass sie ihr Ziel bald erreichte. Der Kampf tobte tatsächlich. Die Todesritterin konnte es riechen und die Vibrationen im Boden spüren. Sie zog ihr riesiges Runenschwert und hielt es vor sich, als die ersten Kämpfer der Nordflotte auf sie zu stürmten. Ein gieriges Lächeln glitt über ihre blutleeren Lippen, als die roten Runen hell aufleuchteten und sie ihr Schwert kraftvoll schwang. Blutrünstig schaute sie den zerschlagenen Körpern zu, wie sie auseinander flogen und neigte ihren Kopf gen Himmel. Befreit sah sie hinauf und schloss für einige Herzschläge die Augen, sog den Duft des Todes ein, um dann gestärkt die Augen aufzureißen und sich durch die Reihen der Nordflotte, bis hin zu Lyana und Razael zu schlagen. Es dauerte nicht lange, ihrer entfesselten Macht, vermochte keiner lange Stand zu halten und so erreichte sie die Dunkelläuferin.

"Der Hochexekutor schickt mich, Lady Lyana. Er wünscht einen Bericht.", sprach sie gepresst zu der untoten Elfe, während sie mehrere Gegner zurückschlug.

"Sagt ihm, mit Verstärkung wäre diese Schlacht schon längst beendet, so dauert es sicher noch bis morgen!", stieß sie ebenfalls atemlos hervor und streckte zwei Feinde mit Pfeilen nieder, die Dolette von hinten erschlagen wollten. Die Todesritterin nickte der Dunkelläuferin dankend zu und wandte sich um. Mit einem gewaltigen Satz erhob sie sich in die Lüfte und übersprang das halbe Schlachtfeld. Wieder festen Boden unter ihren Füßen spürend, begann sie erneut zu rennen, zurück zum Hafen der Vergeltung.
 

"Gefällt euch der, Mylady?", fragte Plagg und versuchte es erneut mit einem Lächeln. Sie mochte den Untoten ja irgendwie, doch an sein Gesicht würde sie sich so schnell nicht gewöhnen. Die Übelkeit verdrängend, schaute sie sich den hellen Ledermantel an, den er ihr hinhielt.

"Lasst ihn mich anprobieren, wenn er passt nehmen wir den.", antwortete sie bemüht leichtfertig. Sie spürte die Wärme augenblicklich, als sie den Mantel übergestreift hatte. Er saß perfekt und betonte jeden Aspekt ihrer wohlgeformten Figur. Sie nickte entschlossen.

"Ja, den nehmen wir." Der Hexenmeister nickte erleichtert und wandte sich an den Verkäufer, des kleinen Gemischtwarenstandes. Dieser schien aus seinen Gedanken hochgeschreckt, als er angesprochen wurde. Er hatte die Hohepriesterin die ganze Zeit schon missgünstig beäugt. Selbst wenn das Bündnis zwischen Horde und Allianz von Bestand sein würde, zwischen Untoten und Menschen würde das Verhältnis wohl noch eine ganze Weile gereizt bleiben. Plagg bedankte sich und die drei gingen wieder zurück in die Mitte der kleinen Stadt, um dort auf Dolette zu warten.

Zu ihrer Überraschung kam sie Augenblicke später aus dem großen Haupthaus hinter ihnen und trat an die kleine Gruppe heran.

"Ich habe mit dem Hochexekutor der Stadt gesprochen und er riet mir, durch die Grizzlyhügel und dann durch Zul'Drak zu ziehen. Die untoten Trolle der Drakkari sind zwar gefährlich, aber was uns in der Drachenöde erwartet, unter Umständen noch viel mehr. Also kommen wir seinem Rat nach.", verkündete die Todesritterin. Sie machte einen erholten Eindruck, als hätte sie sich die ganze Zeit ausgeruht, was Marialle verwunderte. So sah sie bei ihrer Ankunft im Hafen der Vergeltung doch noch immer recht erschöpft und ausgelaugt aus. Ob Plagg recht hatte? War die Präsenz der Priesterin eine Qual für die Elfe? Die Sukkubus riss sie aus ihren Gedanken.

"Herrin Dolli, jetzt bei Susi bleiben?" Die dunkle Ritterin verzog das Gesicht, doch sagte sie diesmal nichts dazu, stattdessen nickte sie ihren Gefährten nur in Richtung der Stadttore zu.

"Kommt, wir haben noch einen halben Tag.", befahl sie und alle gehorchten.
 

Die Zeit verstrich und niemand sagte ein Wort, während sie durch das karge, kalte Land marschierten, auf dem hie und da eine einsame Tanne stand. Die Pflanzen brauchten sicher mehrere Jahre um auf dem unwirtlichen Boden zu ihrer vollen Größe heran zu wachsen. Der Himmel war die ganze Zeit grau und der Nebel hing tief, erschwerte die Sicht in die Ferne.

Die Gefährten staunten, als sie schließlich an eine steile Felswand kamen, die auch hinter den Wolken, kein Ende zu nehmen schien.

"Und jetzt?", ließ sich der Verlassene vernehmen.

"Anselm sagte, dass es hier irgendwo eine Vorrichtung geben muss, ähnlich einem Flaschenzug, wir müssen also nur der Felswand folgen.", gab Dolette bereitwillig Auskunft. Die Elfe wirkte noch immer gelöst, obwohl sie so wie alle, die ganze Zeit nicht gesprochen hatte.

"Schlagen wir hier unser Lager auf, morgen schauen wir, dass wir diese Vorrichtung finden. Ich sehe zu, dass ich was Essbares organisiere.", fügte sie noch hinzu. Herzschläge später war sie im Nebel verschwunden und Plagg und Marialle schickten sich an, das Lager aufzuschlagen.

"Susi, hol uns etwas Holz.", befahl der Hexenmeister seiner Dienerin, die Unverständliches murmelnd, wie die Todesritterin zuvor, in den Nebeln verschwand.

"Es scheint ihr besser zu gehen, oder was meint ihr, Meister Plagg?", fragte die Hohepriesterin, bemüht beiläufig. Er schätzte sie kurz ab, bevor er Antwort gab.

"Mhm, da habt ihr recht. Ich weiß allerdings nicht, was sie in der Zeit gemacht hat, als wir unser Gepäck aufgefüllt haben."

"Na sie hat mit diesem Hochexekutor gesprochen, hat sie doch gesagt." Sie sah den Untoten verwirrt an und er überlegte einen Moment.

"So lange? Ich denke sie hat noch was anderes gemacht, Mylady." Nun war ihre Neugierde geweckt und unverhohlen starrte sie ihn an, bevor sie weiter fragte:

"Und was könnte das sein, Meister Plagg?"

"Davon ausgehend, dass ihr schlechtes Befinden, doch nicht mit eurer Anwesenheit in Zusammenhang stünde, würde ich meinen sie..."

"Da ist mir direkt ein junges Reh vor die Klinge gelaufen. Da haben wir ein paar Tage was von.", erklang es einige Körperlängen glockenklar und verhältnismäßig gut gelaunt aus dem Nebel und kurz darauf trat die ehemalige Paladin an die beiden heran, die das Lager bereits fertiggestellt hatten.

"Jetzt fehlt ja nur noch das Feuerholz! Susiiii, wo bleibst du denn?", kam es erfreut von dem Verlassenen.

"Meisterchen! Susanne Holz!", rief sie gepresst aus der anderen Richtung der Nebelwand. Die Dämonin hielt einen Stapel Holzscheite vor ihrer Brust, der sie um einige Köpfe überragte und bedrohlich wackelte. Sie schaute an dem Stapel vorbei, warf das Holz hoch in die Luft und rannte an die Seite der Todesritterin. Einer der Scheite traf Plagg, zielsicher auf den Kopf, was ihm einen jämmerlichen Schmerzenslaut entlockte.

"Herrin Dolli, ganz allein leckeres Reh gefangen?", flötete sie ihr fröhlich entgegen.

"Ehhh...Kinnab, gehts?",wollte Dolette doch tatsächlich schmunzelnd wissen. Der Angesprochene rieb sich den schmerzenden Kopf und linste gereizt zu seiner Dienerin.

"Danke Mylady, nichts was die Lady Hohepriesterin nicht mit Handauflegen bereinigen könnte. Susanne, wir beide sprechen uns nachher noch!" Der Todesritterin huschte erneut ein verspieltes Lächeln über die vollen Lippen was ihr diesen unnachahmlichen, jugendlichen Ausdruck verlieh. Marialles Herz machte einen kleinen Hüpfer. Als der Untote sein Haupt, theatralisch auf dem Schoß der Priesterin bettete, konnte auch sie sich eines Lächelns nicht länger erwehren. Tatsächlich hatte er eine kleine Platzwunde, die sie schnell und routiniert verschloss.

"Ein Pochen wird aber bleiben, Meister Plagg, verzeiht.", sprach sie, so sanft es seine widerwärtige Gestalt erlaubte, zu ihm hinab. Er richtete sich wieder auf und auf einen bestimmenden Blick der Elfe, empfing ihn die Sukkubus mit offenen Armen.

"Ahh Susi, ja so muss das sein und jetzt such mir einen Teich, oder See, oder Fluss. Das kühle Nass wird Linderung bringen."

"Meisterchen baden? Susanne auch?", fragte die Sukkubus leise und irgendwie verführerisch, doch die beiden schmunzelnden Frauen konnten es nicht überhören.

"Ja, ja Susi. Klar du auch, nun komm." Sie hob ihn hoch und so verschwanden die beiden im Nebel.

Marialle hielt sich amüsiert die Hand vor den Mund, doch fühlte sie jäh den vertrauten, forschenden Blick, den sie so sehr liebte und Wehmut stieg unerbittlich in ihr auf. Sie senkte ihre Augen, genau wissend, würde sie jetzt aufschauen, würde sie in diesem Blick drohen zu versinken. Auch wenn diese blau, leuchtenden Augen jegliche Wärme verloren zu haben schienen, so war dieser unnachahmliche Blick geblieben.

"Gibt es da unten etwas von Bedeutung?", fragte die Todesritterin amüsiert. Offenbar hatte sie da genau den richtigen Riecher, so wie sie fragte.

"Was? Nein! Nein gar nicht ich überlege nur wie ich mich am besten zum Schlafen legen werde.", log die Priesterin. Nicht besonders gut, das war klar. Lügen war einfach nicht in ihrer Natur.
 

Dolette erhob sich und ging ein paar Schritte auf sie zu, amüsiert erhaschte sie einen flüchtigen Blick auf die rosanen Wangen der Menschenfrau. Sie bückte sich, um die drei Holzscheite aufzuheben, die vor Marialle gelandet waren. Diese schreckte kaum merklich zurück.

"Was hast du denn, Marialle?" Nun lag Verwunderung im Gesicht der dunklen Elfe, sollte sie der Hohepriesterin, plötzlich etwa Angst einjagen?

"Ach nichts, kümmer dich doch einfach nicht um mich.", gab die Menschenfrau gereizt zurück. Dolette musterte sie ausgiebig, was ihr immer unangenehmer zu werden schien und die rosa Verfärbung wurde etwas dunkler.

Nachdem die Todesritterin den Rest vom Holz zusammen gesammelt und ein Feuer entfacht hatte, erhob sie erneut das Wort.

"Sag mal mache ich dir Angst?", fragte sie nun ganz direkt, denn von der heiteren Stimmung, die sie noch bis eben hatte, war alles verschwunden.

"Was? Blödsinn, überschätz dich nicht, du finstere Untote.", versuchte die Priesterin, ihre Unsicherheit mit einem Scherz zu überspielen. Aber die Elfe sah mehr und knurrte leise resignierend vor sich hin. Marialle war sich dem offenbar auch völlig bewusst, dennoch schwieg sie sich aus. Währenddessen hatte Dolette das Reh ausgenommen und die Haut abgezogen, ihre Hände waren voller Blut.

"Sicher?" Ging sie auf den vorangegangenen Witz ein und erhob fuchtelnd, die Hände. Doch die erhoffte Reaktion blieb aus.

"Wärst du so lieb?", fragte sie nun und reichte Marialle den Wasserschlauch, diese nickte nur schwach.

"Nun sag mir, was in dir vor geht, ich kann es nicht erkennen.", bat die Todesritterin ungewohnt sanft, während sie sich unter dem Wasser, was die Menschenfrau hinab laufen ließ, die Hände wusch. Urplötzlich drang der betörende Duft der Hohepriesterin in ihre Nase und sie drohte, sich für einige Herzschläge, zu verlieren, bis ihre Stimme deutlich an ihre Ohren drang:

"Dir scheint es wieder besser zu gehen, mh? Pass auf du hast deine Hände gar nicht mehr unter dem Wasser!", ermahnte Marialle und dabei entwich ihr ein unterdrücktes Kichern. Das goldene Schimmern in der Elfe, war sofort wieder entfacht und so wusch sie sich schnell ihre Hände zu Ende, bevor sie zu einer Antwort auf die, ursprünglich gestellte Frage ansetzte.

"Vielleicht habe ich die Höhe einfach nicht vertragen, ich weiß es nicht, aber jetzt geht es mir wieder gut, das ist doch das wichtigste.", log sie bei diesem Thema erneut. Es war wirklich nicht nötig der Priesterin, ein noch schlechteres Gefühl zu vermitteln. Wenn sie die Pforte des Zorns wieder verlassen würden, bräuchte sie sich mit dieser Frage nicht mehr weiter zu quälen.

"Aber wo wir grade bei dem Thema sind, heute Nacht auf dem Luftschiff hast du mir nicht die Wahrheit gesagt, als ich dich dasselbe fragte. Kann das sein?", lenkte sie rasch das Thema von sich ab. Mit Erfolg. Der Gesichtsausdruck der Hohepriesterin veränderte sich, ein trauriger Schatten glitt darüber.

"Warum willst du das Wissen, Dole?" War die Gegenfrage mit der ungewohnt intimen ansprach, die der dunklen Ritterin einen Schauer über den Rücken jagte. Ihr wurde wieder bewusst wie nah sie sich grade waren und der Duft stieg abermals in ihre feine Nase.

"Naja, ist das so verwunderlich für dich, dass ich mich frage, wie es dir geht, nachdem du deinen Bruder und die, die du liebtest, an einem Tag verloren hast? Ich sah doch deine Maske, keck und wortgewandt wie du warst, bis..." Sie beendete den Satz nicht, wissend dass Marialle auch so verstand.

"Bis in Putress Labor die Fassade zu bröckeln begann.", beendete sie ihn anders, als ursprünglich erdacht, da die Menschenfrau keine Anstalten machte zu reagieren.

"Bis zu Therez' Tod.", schloss Marialle, leise fast flüsternd, für sie.

"Ja. Du sagtest, sie umgab dich wie ein Schild, ließ dich deinen Schmerz vergessen." Ein bitteres Lachen entfuhr der Hohepriesterin.

"Vergessen, das wäre zu schön gewesen, aber sie vermochte es ihn tief genug wegzusperren, damit ich mein Lächeln wieder fand.", erklärte sie nun wieder ruhig, doch Tränen funkelten in ihren Augen und spiegelten darin das Feuer.

"Und wie ist es jetzt?", drängte Dolette weiter, so behutsam es ihr möglich war.

"Sag du es mir! Du durchschaust mich doch so oft. Aber selber verlierst du kein Wort darüber wie es dir, mit dem Wissen, um das was wir hatten, was wir hätten haben können, geht. Die unnahbare, eiskalte Todesritterin, die keinen Einblick in ihr Innerstes gewährt." Die Elfe riss die Augen auf, in diese Richtung wollte sie das Gespräch wahrlich nicht lenken. Doch sie hielt es einfach, wie es ihre Art war. Auch wenn sie noch nicht wusste wie sie dieser Vereinbarung, die sich grade in ihrem Verstand festsetzte, Zugeständnisse machen sollte.

"Also gut, du erzählst mir von deinem Schmerz und ich dir von meinem!", erklärte sie ernst und hielt Marialle ihre Hand hin, die nach kurzem Zögern auch ergriffen wurde. Das sanfte, goldene und silberne Schimmern leuchtete auf und zum ersten mal, an diesem Tag trafen sich die Blicke der beiden Frauen, wodurch sie in die wunderschönen, traurigen Augen der Priesterin schauen konnte, die im Schein des Feuers golden glommen. Die Priesterin nickte schwach.

"Abgemacht!"

Der Aufzug des Todes

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Der Aufzug des Todes
 

Sie hatte es ja gewusst. Noch immer starrte sie fasziniert in die forschenden, blauen Augen der Todesritterin, in denen der goldene Schimmer sanft flackerte. Sie brauchte einige Herzschläge, ehe sie bemerkte, dass sie einander noch immer an den Händen hielten. Doch auch Dolette machte keine Anstalten sich zu rühren. In dem Moment spielten ihre Sinne, ihr abermals einen Streich. Die Farbe ihrer Haare, nahmen einen satten Goldton an, ihre Haut wurde rosig, die Augen verloren ihren düsteren, leuchtenden Glanz und die Lippen der Elfe, die sie noch immer so schmerzlich liebte, schienen mit Blut befüllt zu werden.

Marialle konnte ihren Blick einfach nicht, von den Augen der ehemaligen Paladin, abwenden. Sie waren wieder dunkelblau und das Feuer tanzte golden darin. Ein Sog erfasste sie und sie fühlte sich, als würde sie immer näher an diese wunderschönen, forschenden Augen heran gezogen.

"Dole...", entwich es ihrer Kehle, heiser und leise wie ein Hauch. Ihr Blick strich hinab zu den vollen rosa Lippen und wurde gefangen genommen. Sie schloss ihre Augen, fest entschlossen sich diesem Moment hinzugeben, als plötzlich die Lippen der Todesritterin hart und kalt auf die ihren gepresst wurden. Sie war nach hinten übergekippt und Dolette lag auf ihr, die Augen erschrocken und weit geöffnet, zog sie ihre Lippen schnell einen Fingerbreit zurück.

"Herrin Dolli immer ohne Susanne kuscheln!", drang das Gejammer der Sukkubus an ihre Ohren. Beim Licht, wie lange hatten sie in dieser Starre verbracht? Es war mittlerweile stockdunkel geworden, wo es doch vorher grade mal gedämmert hatte.

Marialle starrte noch immer in das makellose Gesicht und aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich der Kopf der Dämonin, an dem von Dolette vorbeischob und einen Schmollmund aufsetzte.

"Susi...", seufzte die Priesterin kaum hörbar, was der dunklen Ritterin ein Schmunzeln entlockte.

"Sag mal was hast du denn da grade vor gehabt?", fragte sie süffisant und ein wissendes Lächeln stahl sich auf ihre blutleeren Lippen. Der Menschenfrau stieg eine gesunde Röte in die Wangen und sie brachte keinen Ton heraus. Stattdessen versuchte sie die Untote, über ihr, mit sanftem Druck, von sich zu schieben, doch diese machte keine Anstalten zu helfen.

"Was tust du denn da, geh runter von mir.", befahl sie, mittlerweile um Atem ringend. Die Todesritterin zog amüsiert eine Augenbraue hoch und drückte sich leicht vom Boden ab, doch gab unter der lasst der Sukkubus auf ihrem Rücken, wieder nach. Die Hohepriesterin stieß hart die Luft aus.

"Schön kuscheln, kuscheln.", erklang es genießend hinter der Elfe, die noch immer grinste.

"Ich weiß gar nicht, warum du dich beschwerst, jetzt sollte dir doch warm werden.", antwortete sie leicht hin. Und tatsächlich, Marialle spürte Wärme in sich aufsteigen, nein Hitze. Nicht ausgehend von den beiden Frauen über ihr, wenn auch Dolette sicherlich der Auslöser dafür war, dass in ihrem Inneren ein heißes Feuer zu lodern begann und die eigentlich kühle Haut der untoten Elfe über all dort wo sie die der Priesterin berührte, drohte sie zu versengen. Beim Licht, ihr war schrecklich heiß und erst jetzt spürte sie überall an ihrem Körper die wohlgeformten Rundungen der schönen Elfe. Die Hitze schien sich in ihrem Gesicht und Schoß zu konzentrieren. So hatte sie seit Ewigkeiten nicht mehr empfunden und es war ihr schrecklich unangenehm. Sie stemmte ihre Hände gegen die Taille der Todesritterin und drückte. Vergebens. Dolette grinste noch immer, ein weiteres mal schien sie genau zu wissen was die Priesterin grade fühlte und umso mehr konzentrierte sich die glühende Hitze in ihrem Gesicht. Doch plötzlich erschrak sie, der heitere Ausdruck im Gesicht der Elfe, verfinsterte sich schlagartig und ein Schatten schien ihr über die Züge zu streifen.

"Kinnab! Nimm dieses Ding augenblicklich von mir runter, sonst kannst du deine Knochen aus allen Himmelsrichtungen zusammen sammeln!", zischte sie gefährlich leise, doch der Verlassene schien es vernommen zu haben.

"Susi! Die beiden ersticken ja, lass sie los!", ließ er sich laut vernehmen und die Dämonin gehorchte.

"Wieso Meisterchen böse? Nächstes mal mitkuscheln!", schmollte sie wieder.

Dolette hatte Marialle währenddessen, die ganze Zeit mit ihrem Blick gefangen gehalten, doch er hatte sich stark verändert. War nicht mehr forschend, nur noch hart und ablehnend. Einen Herzschlag ließ sie noch verstreichen, bevor sie sich so kraftvoll von der Priesterin wegstieß, dass sie gleich einige Körperlängen zurück sprang. Gelandet, drehte sie sich auf dem Absatz um, verschwand im dunklen Nebel und ließ eine verwirrte Marialle zurück.
 

'Reiß dich endlich zusammen! Diese Gefühle schaden dir nur! Du bist eine Todesritterin, wie willst du deinen Durst stillen, wenn du so verweichlichst?', flüsterte die finstere Stimme in ihrem Inneren gegen das Lodern an und Dunkelheit drohte die goldene Flamme zu verzehren.

Dolette stand reglos zwischen einigen Nadelbäumen und richtete den Kopf zum wolkenverhangenen Himmel. Die tiefe Schwärze der Dunkelheit schien sie verschlingen zu wollen.

Auch wenn sie nicht fror, der eisige Hauch des Windes verpasste ihr eine nie gekannte Gänsehaut, die sie schaudern ließ.

Nein, es war nicht der Wind. Sie spürte eine warme Hand auf ihrer Schulter, doch sie vermochte sich nicht umzudrehen. Wenn sie jetzt nachgab würde sie völlig verweichlichen.

"Was willst du?", fragte sie daher knapp und ihre Stimme klang weicher als sie wollte.

"Komm zurück zu mir ins Bett, Liebste. Heute Morgen ist es kalt.", erklang die sanfte Stimme der Priesterin, wie aus weiter ferne. Die Sänfte und die liebevolle Ansprache, ließen sie ruckartig umdrehen und sie erschrak, als sie nichts sah außer das dumpfe Flimmern des Lagerfeuers, viele Körperlängen entfernt.

'Mari.', hallte ein warmer Ruf in ihr wieder. Die goldene Flamme erwachte zu neuem Leben und loderte heiß in ihr. Sie spürte eine ungekannte Sehnsucht in sich aufsteigen und war versucht einfach in das Lager zurück zu rennen, die Priesterin zu packen und sie nie wieder los zulassen.
 

Der Morgen kam schnell und sie fühlte sich nach der kurzen Nacht nur wenig erholt. Marialle lag noch lange wach und fragte sich, was in der Todesritterin vorging, dass ihre Stimmung so extrem schwankte, doch als diese irgendwann zurück gekehrt war und sich in ihr Lager legte, fiel sie endlich in einen traumlosen Schlaf. Nach einem stillen Frühstück packte sie, wie die anderen beiden, ihr Habe zusammen und warf sich ihre Tasche über.

"Also laufen wir jetzt an diesem Abhang entlang, bis wir diesen Flaschenzug finden?", fragte Plagg gähnend.

"Das habe ich doch gestern gesagt, oder nicht?", kam es gleichgültig von der dunklen Elfe. Von dem Schatten und der deutlichen Missgunst war nichts mehr in ihrem Gesicht zu finden, dennoch schien sie ein weiteres mal verändert. Marialle schalt sich für ihre Gedanken, sie dachte viel zu viel darüber nach. Sie drohte sich in diesen Grübelleien zu verlieren und das war, für die letzte Hohepriesterin des Reichs Sturmwind, absolut inakzeptabel.

So trottete sie hinter der Todesritterin her, bemüht sich nicht wieder von ihren Gedanken übermannen zu lassen. Die Vier marschierten eine ganze Weile an der steilen Felswand entlang, bis sie tatsächlich an einen großen Käfig kamen, der an einer Seilkonstruktion hing.

"Der sieht schon ziemlich alt aus, meint ihr wir können ihn unbeschadet benutzen, Mylady?", wandte sich der Velassene an seine Herrin.

"Wir müssen es versuchen, sonst verlieren wir zwei Tage, wie der Hochexekutor meinte. Das können wir uns nicht erlauben, Kinnab." Der Untote nickte entschlossen und betrat den Käfig, Dolette und Marialle folgten ihm hinein.

"Und wie setzt man dieses Ding nun in Gang?", fragte die Priesterin ruhig und suchte die Kabine nach einem Hebel oder Knopf ab.

"Ich nehme an dieser Hebel hier, dürfte dabei hilfreich sein, Lady Hohepriesterin.", erklang die klare, kühle Stimme der Todesritterin, an die Menschenfrau gewandt. Sie legte den Hebel um und augenblicklich begann sich der Käfig knarrend und krächzend in Bewegung zu setzten.

"Bemerkenswert was es alles gibt.", kam es erstaunt von dem Untoten.

Die Kabine war klein, was Susanne und Plagg zu genießen schienen, Marialle hingegen war es äußerst unangenehm so nah an der Elfe zu stehen. Sie hatte eine Hand oben in eine der ledernen Schlaufen gesteckt und so war es fast, als stünde die Priesterin in ihrem Arm. Sie linste kurz hinauf in das von jedem Makel erhabene Gesicht und zuckte augenblicklich zurück, als sie den prüfenden Blick sah, mit dem Dolette sie bedachte.

"Mh?", kam es nur abwesend von der Untoten.

"Nichts! Ich habe mich nur gefragt, ob diese Konstruktion, für vier Personen ausreichend ist.", antwortete sie ausweichend und bemüht einen beiläufigen Ton anzuschlagen. Die Todesritterin lächelte sanft und legte einen Arm um die schlanke Taille der Priesterin, bevor sie wieder auf sah.

"Keine Sorge ich lasse dich schon nicht fallen. Ich beschütze dich, Marialle.", flüsterte sie ruhig zu ihr hinunter und verstärkte den Griff noch etwas. Der kühle Hauch an ihrem Ohr, ließ die Menschenfrau erschaudern und ein wohliger Schauer legte sich über ihren Rücken. Die Wortwahl, die die dunkle Elfe nutzte, war so vertraut und so lehnte sie sich leicht in die Umarmung. Ein kaum vernehmbares Seufzen, ließ sie erneut aufschauen und überrascht sah sie, dass Dolette die Augen geschlossen hatte.

"Mach die Augen auf, sonst verpasst du den schönen Anblick.", sprach sie neckend. Doch die Untote schien nicht zu hören.
 

'Mach die Augen auf, Liebste. Sonst verpasst du diesen schönen Anblick.', hallten die liebreizend gesprochenen Worte in der dunklen Ritterin wieder und als sie ihre Augen öffnete, sah sie die Priesterin in einem atemberaubend schönen Abendkleid vor sich. Der samtweiche Stoff fiel fließend an der Silhouette der jungen Menschenfrau herab und betonte jeden Aspekt ihrer ansehnlichen Figur. Ihr schulterlanges Haar fiel locker zur Seite. Sie war bezaubernd schön. Ihre silbernen matten Augen funkelten hie und da auf, während sie sich drehte, um sich zu präsentieren.

"Du bist so wunderschön.", hörte sie sich selbst sprechen und schlagartig wurde ihr wieder bewusst wo sie war. Sie vernahm ein "Mh?" und riss die Augen auf. Vor ihr erstreckte sich ein unglaublicher Anblick, als sie die Nebeldecke durchbrachen und auf sie hinabzuschauen vermochten. Überall ragten vereinzelte Spitzen der Nadelbäume aus dem Nebel, und die graue Decke schien sich schwebend zu bewegen.

In dem Moment spürte sie, wie der Boden unter ihren Füßen plötzlich nachgab und instinktiv verstärkte sie den Griff um die Taille der Hohepriesterin.

"Halt dich fest, Mari!", befahl sie herrisch, was ihr zwar einen erschrockenen, aber vor allem, verwunderten Blick einbrachte. Dolette hielt sich mit aller Kraft an dem Lederriemen fest, der an der Decke angebracht war. Unter sich sah sie Plagg und Susanne abstürzen. Die Dämonin, die sich jedoch schnell, ihrer Fähigkeit zu fliegen bewusst wurde, fing den Verlassenen mit Leichtigkeit auf.

"Das Ende ist nicht mehr weit, haltet aus!", rief der Hexenmeister im vorbeifliegen und noch immer fuhr der halbierte Käfig, bedrohlich knarrend, hinauf.

"Ich rutsche aus der Schlaufe, Mari. Ich werde dich jetzt an die Gitterstäbe schwingen und dann kletterst du auf das Dach, hast du mich verstanden?" Die Angesprochene nickte entschlossen und die Elfe, schwer keuchend, begann sie auf die verbliebenen Stäbe, zu zu schwingen.

"Jetzt!", schrie sie. Ließ die Priesterin los, die ein winziges Stück ohne Halt, durch die Luft flog und sich schließlich an den Gitterstäben festhalten konnte.

"Und jetzt kletter hinauf.", befahl Dolette weiter und Erschöpfung lag deutlich in ihrer Stimme. Oben angekommen, schaute Marialle durch das große Loch, durch das die Seile führten und sah die Untote kraftlos an der Schlaufe hängen.

"Jetzt du, Dole. Schwing dich rüber.", schrie sie hinab, das Knarren der Vorrichtung war auf dem Dach um einiges lauter, als in der Kabine.

Dolette sah erleichtert zu der Menschenfrau auf und lächelte matt, bevor sie begann zu schwingen. Sie ließ den Lederriemen los und hielt sich sicher an den Gitterstäben. Ein weiteres mal lächelte sie zu Marialle hinauf, diesmal erfreut und siegessicher, was ihr diesen charmanten, jugendlichen Gesichtsausdruck verlieh. Marialle lächelte zurück, doch in dem Moment rutschten die Stäbe aus ihren Verankerungen und sie sah wie das schockierte Gesicht der Priesterin immer weiter von ihr fort gerissen wurde.
 

"Doooooole!", schrie die Priesterin aus Leibeskräften und musste der Todesritterin zusehen, wie sie im Nebel verschwand.

"Nein!", presste sie atemlos hervor und in dem Augenblick schoss ihr eine schwarz, violette Hand entgegen und sofort streckte sie ihre eigene danach aus, um sie zu ergreifen. Marialle keuchte auf, als sie vom Gewicht der Elfe an den Rand der Käfigdecke gezogen wurde. Als der Käfig weiter hinauf fuhr, erblickte sie erleichtert, die Gestalt der Elfe, die sich aus dem Nebel schälte. Einige Herzschläge verstrichen, bevor Marialle spürte wie ihre Kraft rapide abnahm und sie Mühe hatte die Hand weiter fest zuhalten. In dem Moment tauchte die Sukkubus neben ihr auf.

"Susi, schnell ich kann Dolette kaum noch halten!", befahl sie atemlos und spürte, wie Dunkelheit sie umfing.
 

'Mariiiiiiii...', hallte die verzweifelte Stimme ihrer Liebsten, wie in unzähligen Träumen zuvor, in ihr wieder.

Kraftlos ließ sie los.

Alles drehte sich und sie wippte auf und ab. Langsam öffneten sich ihre Augen und sie gewöhnte sich nur langsam an das helle Weiß, das sie, ausgehend von den tief hängenden Wolken, umgab. Sie musste einige male blinzeln, doch dann erkannte sie die blau, schimmernden Augen die besorgt zu ihr hinab schauten. Erleichterung durchströmte sie und sie glitt augenblicklich wieder in die Ohnmacht zurück.
 

Als sie das nächste mal erwachte, war es bereits dunkel und sie lag auf ihrem Felllager. Marialle drehte leicht ihren Kopf und erkannte die Todesritterin an ihrer Seite, gegen einen Stein gelehnt, schlafend.

'Zum Glück', dachte sie. Offenbar hatte die Dämonin es geschafft, Dolette rechtzeitig zu fangen. Ein sanftes Lächeln glitt über ihre Lippen und sie streckte grade die Hand aus, um der Elfe über die Wange zu streichen. Ihre Haut war eben wie aus Marmor und der Drang verstärkte sich enorm, als der Hexenmeister sich vernehmen ließ und sie ruckartig ihre Hand zurück zog.

"Wie fühlt ihr euch, Mylady?", fragte er und der Klang seiner Stimme, ließ die Todesritterin augenblicklich erwachen. Abrupt drehte sie sich zu der Priesterin und sah sie mit einer Mischung aus Sorge und Scham an.

"Alles in Ordnung, denke ich. Es ist jedenfalls noch alles dran.", versuchte sie sich an einem Lächeln, doch der Ausdruck im Gesicht der Untoten erschwerte ihr den Versuch.

"Wie lange war ich denn weg?", fragte sie als keiner der beiden, etwas sagte.

"Etwa einen halben Tag.", kam es nun gedrungen von Dolette.

"So lange? Ich verstehe gar nicht, warum ich überhaupt in Ohnmacht gefallen bin. Ich weiß nur noch, dass ich mich plötzlich so schwach fühlte und dann Dunkelheit.", plapperte sie leicht hin, doch die Mine der Todesritterin verfinsterte sich noch mehr.

"Man nennt ihn nicht umsonst Todesgriff, Marialle. In der Regel lässt er sein Opfer nur erstarren, aber meine Kräfte wirken auf dich ganz besonders negativ. Offenbar entzog ich dir deine Energie. Es tut mir leid.", erklärte sie analytisch und wandte zum Ende den Blick, gen Boden, ab.

Marialle legte eine Hand auf ihre und drückte sie zart, auf dass die Elfe sie anschaue. Das sanfte gold und silber beleuchtete ihre Gesichter.

"Solange es dich gerettet hat, war es das doch wert.", sprach sie sanft und lächelte milde. Die dunkle Ritterin schien hart zu schlucken und brachte nur ein kehliges, "Ja." heraus.

"Siehst du. Gibt es was zu Essen? Ich habe einen Bärenhunger.", strahlte sie nun und die Todesritterin sprang ungelenk auf, wodurch die Töpfe und Pfannen in einer der Taschen laut schepperten. Marialle schmunzelte gütig und der Elfe schien ein rosiger Hauch auf die Wangen zu steigen.

"Nach dem Essen, solltet ihr euch vielleicht erfrischen, Lady Marialle. Das bringt den Kreislauf wieder in Schwung.", ließ sich Plagg, ebenfalls schmunzelnd vernehmen.

"Eine gute Idee, Meister Kinnab, das werde ich tun."
 

Nachdem sie gegessen hatten, schickte, sich die Hohepriesterin an nach einem Gewässer zu suchen.

"Ich begleite dich!", kam es ungewollt ruppig, von Dolette, nachdem sie ebenfalls aufgesprungen war.

"In Ordnung, Dolette.", antwortete Marialle zögernd und bedachte die Todesritterin eines abschätzenden Blickes.

"Dann komm.", wurde sie aufgefordert und die Elfe gehorchte.

"Wir sind vorhin an einem See vorbeigekommen, wir dürften ihn gleich erreichen.", erklärte sie und überholte die Menschenfrau.

Als sie an die Lichtung traten, die vor dem See lag, brach die Wolkendecke grade auf und ließ die Wasseroberfläche silbern, im Schein des Mondes, glitzern. Dolette starrte gebannt darauf und wandte sich erst ab, als die Wolken den Mond wieder verdeckten. Sie schaute zu der Priesterin, die grade ihre Robe hinab gleiten ließ.

"Sag mal hatten wir das Thema nicht schon?", schmunzelte sie und die dunkle Ritterin drehte sich augenblicklich wieder um, was Marialle nun herzhaft lachen ließ.

"Wieso bist du mitgekommen, wenn du dich doch nur peinlich berührt abwendest?", fragte sie frech, während sie ins Wasser glitt. Die Untote räusperte sich.

"Um dich zu beschützen, selbstverständlich. Du bist womöglich noch immer geschwächt.", ließ Dolette steif verlauten, was die Hohepriesterin erneut leise lachen ließ. Die Wolkendecke lichtete sich aufs neue und der Anblick der sich ihr nun bot, raubte der Elfe den Atem. Das nasse, hellbraune Haar der Menschenfrau, schien im Schein des Mondes, silbern zu glänzen, ebenso wie die Haut ihrer grazilen Schultern bis zum wohlgeformten Schlüsselbein. Bei jedem Zug, den sie durchs Wasser tat, funkelten die herausragenden Körperteile.

"Ach so, wenn du mich nur beschützen willst, musst du natürlich da stehen bleiben und zugucken." Es schien ihr, als würde sie zwinkern, während sie diese Worte verführerisch zu ihr rüber rief. Ein wohliges Glücksgefühl breitete sich in Dolette aus. Die Priesterin wieder so unbeschwert und frech zu erleben, ließ die Flamme in ihrem Inneren ungehindert züngeln.

Die Dunkelheit in ihr machte Anstalten, doch loderte das Feuer viel zu stark und so ließ sie ihren Umhang fallen, öffnete die Verschlüsse ihrer Rüstung und streifte das kurze Leinenhemd sowie die Hose ab.

"Ich habe nie behauptet, dass das das Einzige ist, was für mich, von Begehr ist, Mylady.", griff die dunkle Ritterin den verführerischen Ton auf und stieg in das kühle Nass in dem die Priesterin, sie mit einem Lachen und einem Schwall Wasser in Empfang nahm.

Verschleppt und verflucht

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Verschleppt und verflucht
 

In den folgenden Tagen, durchquerten sie, oben über dem gewaltigen Abhang, einen Wald und gelangten in ein Schneebedecktes Gebirge, bevor sie jetzt Zul'Drak erreichten. Auch hier lag noch immer Schnee, doch war es unnatürlich Dunkel. Die Gefährten waren froh, dass sie nur ein kleines Stück durch dieses Gebiet ziehen mussten.

"Meint ihr, dass wir hier auf Drakkari treffen, Lady Dolette?", ließ sich Plagg vernehmen, als sie grade eine Ruine durchquerten.

"Pscht! Beschreit es nicht, Kinnab. Wir werden schon verfolgt, seit wir die Ausläufer des Gebirges erreicht haben." Der Untote sah sich verschreckt um.

"Drakkari? Drakkari lecker?", quietschte Susanne begeistert.

"Susi, sei still!", presste der Verlassene hervor und die Sukkubus schaute ihn überrascht an und zog eine Schnute. Die Hohepriesterin fing beinah an zu kichern, hätte nicht ein Geräusch ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Hinter sich vernahm Marialle ein leises Rascheln und ein ungutes Gefühl überkam sie.

"Hinter mir!", zischte sie und Dolette reagierte blitzschnell. Mit einem kraftvollen Satz sprang sie hinter die Hohepriesterin und landete zielsicher auf dem Kopf eines untoten Trolls. Der Drakkari schrie auf vor Schmerz. Plötzlich strömten zwei weitere Trolle aus dem Geäst und ehe sich die Menschenfrau versah, wurde sie von zwei anderen, von denen sie nicht sagen konnte, woher sie kamen, weggezerrt.

"Marialle! Verdammt.", hörte sie den Ruf der Todesritterin, schon aus weiter Ferne. Sie verpasste dem einen Troll einen Kinnhaken, der ihn für den Bruchteil, eines Herzschlages taumeln ließ.

"Ableg'n und fessl'n.", befahl der andere.

"Lasst mich los ihr Wilden, sonst zeige ich euch, was eine Priesterin des heiligen Lichts, mit Untoten alles anstellen kann!" Der Troll mit dem buschigen orangenen Haaren rieb sich das Kinn und ließ Marialle unsanft auf den Boden fallen, bevor er sich auf ihren Rücken kniete, um ihr einen Strick um die Handgelenke zu binden.

"Will ich seh'n, wie du'n Zauber ohne deine Hände zustande bringst, großmäuliges Priesterweibchen.", entgegnete der mit dem grünen Irokesen, lachend.

"Nu pack sie dir wieder, Boban maaan.", fügte er noch hinzu.

"Is' ja gut, Alter maaan.", antwortete der andere genervt und schulterte die Menschenfrau, die sich noch immer nach Leibeskräften wehrte, allerdings vergebens.

'Dole...'
 

"Marialle! Verdammt.", stieß die Todesritterin atemlos hervor, zog ihr Runenschwert und wehrte einen Säbelstreich von einem, der hinzugekommen Drakkari ab. Feuerbälle flogen an ihr vorbei, auf den anderen zu, der grade so auswich. Die beiden Untoten Trolle sahen sich kurz an, packten den dritten an den Armen und verschwanden im tiefen Dunkel des Waldes.

"Beim Dämon, Mylady. Wir müssen ihnen hinterher, sie haben Lady Marialle.", rief Plagg seiner Herrin zu. Neben ihm, ließ Susanne spielend zwei Feuerbälle in ihrer Hand kreisen und beobachtete das Flammenspiel verträumt.

"Ja doch, Gerippe!", zischte Dolette dem Untoten zu und begann in die Richtung zu rennen in die, die Drakkari verschwunden waren.

"Na los Susi, hinterher!", befahl Plagg seiner Dienerin und sprang auf ihre Arme. Sie gab einen Laut der Verzückung von sich und flog der Elfe hinterher.

Nach einer Weile kamen sie an einen Fluss.

"Die Spur verliert sich hier. Sie müssen hier irgendwo einen Unterschlupf haben. Eine Höhle oder ähnliches. Ruht euch aus Kinnab, ich suche die Umgebung ab und hole euch dann." Die Worte sprudelten nur so aus der Todesritterin. Sie wollte keine Zeit verlieren und der Verlassene auf seiner irren Sukkubus behinderte sie bei der Suche nur.

Sie lief. Ihre blau leuchtenden Augen huschten über den Boden und suchten nach Spuren. Wo war sie nur?

'Sei doch froh, dass du sie los bist! Dann bist du diese Gefühlsduselei wenigstens endlich los.', hallte die Dunkelheit in ihr wieder. Doch sie rannte unbeirrt weiter.

'Mari!' Das Lodern gebot der Dunkelheit Einhalt und erstrahlte hell in ihrem Inneren. Eine unbändige Hoffnung überkam die untote Elfe und es schien ihr, als könne sie besser sehen, obwohl die Nacht bereits angebrochen war. Einer Intuition folgend drehte sie sich um und glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als die Wolken für ein winziges Stück aufbrachen.

Der Mondstrahl, der durch die Wolkendecke strömte, war unnatürlich hell und deutlich zu erkennen. Dolette überlegte nicht lange, sie rannte sofort in die Richtung, in der der Strahl den Boden berührte und dank ihres überragenden Tempos, kam sie schnell an einer Baracke an, die mit zusammengebundenen Zweigen und Ästen bedeckt war.
 

Marialle saß gefesselt auf einem Stuhl und schaute den beiden Trollen zu, wie sie in dem kleinen Raum, auf und ab liefen.

"Wo bleib'n se denn, Bott?", fragte der mit dem orangenen Busch auf dem Kopf und zeigte seine abgebrochenen Hauer, die im Schein der züngelnden Flammen, der von einer Kochstelle ausging, mehr gelb als weiß waren.

"Was weiß'n ich, Boban? Die Todesritterin machte nen gruseligen Gesichtsausdruck, als sie uns beobachtet hatt' wie wir mit dem Priesterweibchen abgedampft sind. Die schien ziemlich sauer. Vielleicht musst'n se die erstma fertig mach'n." Marialle erschrak bei diesen Worten, diese Wilden konnten der Elfe doch nicht etwa gefährlich werden?

"Lasst mich endlich frei, ihr Ausgeburten eines Ogers!", donnerte die Priesterin nun durch den Raum.

Der Drakkari der von Boban mit Bott angesprochen wurde, warf ihr einen genervten Blick zu, in dem Moment sprang die Tür auf und zwei weitere untote Trolle, die einen Dritten zwischen sich stützten, betraten den Raum. Die Hohepriesterin erkannte die Hinzugekommenen als die drei, die den Angriff vorhin auf sie eröffnet hatten.

"Dies untote Elfenbiest hat se doch nich mehr alle, haste geseh'n wie die auf mich los geh'n wollte? He da, wieso hängt das Menschenweibchen noch nich über'm Feuer?", fragte einer der drei und schaute gierig auf Marialle. Da wurde ihr erst klar, warum diese Drakkari sie überhaupt enführt hatten.

'Beim Licht, die wollen mich fressen, diese Wilden!'

"Wir wollt'n erstma wiss'n ob die Luft jetzt auch rein is, maaan!", kam es von Boban.

"Dann raus mit ihr, ich will nich länger wart'n.", befahl jetzt der andere Troll, der mit geholfen hatte den Verletzten zu stützen. Er war eindeutig der größte und auch am breitesten gebaut. Sein Ton ließ Marialle darauf schließen, dass er der Anführer war. Zusammen legten sie den bewusstlosen Troll auf dem Boden ab und traten aus der anderen Tür hinaus. Boban und Bott folgten.

Die Priesterin sah sich um, hier musste es doch etwas geben, womit sie sich zu befreien vermochte. An der Kochstelle lag ein kleines Messer. Sie verlagerte ihr Gewicht, um samt dem Stuhl umzukippen und als es geschafft war, robbte sie rückwärts auf das Messer zu. Tatsächlich bekam sie das Messer zu fassen und schickte sich an die Schlinge um ihre Handgelenke so schnell es ihr möglich war, zu zerschneiden.

Doch in dem Moment stand der vierte Drakkari in der Tür und blickte erschrocken auf sie hinab.

"Das Menschlein versucht sich zu befrei'n!", rief er raus und stürzte auf sie zu, aber sie hatte sich schon befreit und rammte ihm das Messer in den Oberschenkel. Er schrie auf. Sie hörte das Getrampel von draußen und dann einen stechenden Schmerz am Hinterkopf.
 

In der Baracke glomm gedämpftes Licht und ihre langen Ohren vernahmen Stimmen aus dem Inneren. Von der anderen Seite waren gerade die drei Drakkari in das Haus gegangen, die sie verfolgt hatte. Sie wollte grade zurück zu Plagg eilen, als die Hintertür aufsprang und die Stimmen nach draußen drangen.

"Das wird'n Fest. So was feines gabs lange nich zwisch'n die Hauer.", ertönte die lachende Stimme von einem der untoten Trolle. Die Miene, der dunklen Elfe, verfinsterte sich augenblicklich und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.

Sie überlegte nicht lang. Zog ihr mächtiges Schwert. Die Runen darauf leuchteten rot wie Glut und sie stürmte auf die Baracke zu.

Nach einem Schrei stürzten sie grade wieder zurück, ins Innere und so blieb die Todesritterin kurz an dem kleinen Hinterhof stehen. Das einzige was es hier zu sehen gab, war eine große Feuerstelle, über die ein mannslanger Spieß, in einer Drehvorrichtung lag und Dolette spürte eiskalte Wut in sich aufsteigen. Sie spürte auf einmal wie Ruhe und Abgeklärtheit dazu kamen, die im krassen Kontrast zu ihrer Wut standen, die noch immer heiß und golden in ihr loderte. Die untote Schönheit glitt in den Schatten, des kleinen Hauses und schlich auf leisen Sohlen zu der offen stehenden Türe und linste hinein. Sie sah die Hohepriesterin am Boden liegen, vier der Drakkari, lachend über sie gebeugt und der fünfte, benommen, zwei Körperlängen entfernt. Die Runen ihres Schwertes pulsierten gleichmäßig im Takt ihrer Atmung und sie entschloss sich zu einer banalen List. Sie griff an sich hinab, in den Waldboden und nahm sich einen kleinen Stein.

Dolette warf ihn vor sich, nahe genug, dass die untoten Wilden, im Inneren der Baracke, es auf jeden Fall hören würden. Von drinnen drang aufgeschrecktes Getrampel nach draußen und die Elfe bereitete sich innerlich, auf den nächsten Herzschlag vor.

Die Trolle rannten raus, als Erstes ein großer breiter, dann einer mit einer buschigen orangen Haarpracht, die die Todesritterin an eine Baumkrone erinnerte, als Drittes ein dürrer mit einem Grünen Irokesen und schließlich der letzte. Jeder schaute, mit dem Rücken zum Haus, in eine andere Richtung und Dolette formte in ihrer Hand eine eisige Böe die heulend auf die vier Drakkari zuflog. Von dem Geräusch aufgeschreckt, drehten sie sich alle um und sahen in das Schneetreiben, in dem zwei blaue, leuchtende Punkte hell erstrahlten. Jeder von ihnen wurde einige Körperlängen weit fort gerissen und zu Boden geworfen. Währenddessen glitt die Elfe behände durch die Türe, in das Innere der Baracke.

Marialle lag noch immer am Boden, genau so wie der fünfte der Trolle. Dolette kniete sich an den Kopf der Priesterin und nahm ihr Gesicht in beide Hände, augenblicklich erschien das sanfte Leuchten an ihren Händen.

"Mari! Wach auf!", presste sie ihr gedämpft entgegen und tatsächlich, die Augen unter den Lidern der Menschenfrau bewegten sich. Erst blinzelte sie, bis sich endlich ihre Lider gänzlich anhoben und Dolette den Blick auf die schönen bernsteinfarbenen Augen, der Hohepriesterin, gewährten. Der sanfte, silberne Schimmer in ihnen lies die Todesritterin zucken. Die untote Elfe hielt den Atem an und im nächsten Augenblick fühlte sie sich in die Nacht zurück versetzt in der sie Marialle zum See begleitet hatte.
 

Nachdem sich die Wasseroberfläche beruhigt hatte und das Lachen einem verträumten Lächeln wich, wandte sich die Priesterin dem Mond zu, der wieder durch die Wolkendecke brach und seufzte tief.

'Was beschäftigt dich, Marialle?', hatte sie kühler als sie wollte gefragt, wodurch die Menschenfrau zu schaudern schien. Sie drehte sich zu der Todesritterin um, ein feuchter, silberner Glanz schimmerte in den Augen der Hohepriesterin und Dolette sah unwillkürlich die jüngere Marialle vor sich, die sie in ihrem Traum gesehen hatte.

'Jetzt grade, oder generell?', war die Gegenfrage gewesen und ein bitteres Schmunzeln glitt über ihre Lippen. Die dunkle Elfe schob sich näher, durch das Wasser, an sie heran und ihre untote Haut schien in dem hellen Mondlicht noch fahler.

'Wenn du so fragst, möchte ich alles wissen, was dich bewegt.' Die Priesterin schaute fast scheu hinab, auf die Wasseroberfläche in der sich der Mond spiegelte.

'Also ich denke, die Frage nach dem jetzt ist leichter zu beantworten. Seitdem du wieder in mein Leben gestürzt bist und ich erkannt habe, dass die Verbindung zwischen uns noch immer, oder wieder besteht, frage ich mich, ob es wieder eine Aufgabe gibt, die das ausgelöst hat.' Als sie geendet hatte schaute Marialle gespannt, aber kurz auf, Dolette musste das Gesagte jedoch überdenken. Sie selbst hatte noch nicht darüber nachgedacht, seit dem sie die Geschichte um das goldene und silberne Licht, das sie beide umgab, erzählt bekam. Aber diese Frage an sich beschäftigte sie weniger. Sie wunderte sich viel mehr darüber, dass diese Verbindung überhaupt möglich war. Sie war eine Todesritterin, nichts war dem Licht ferner als einer ihresgleichen.

'Marialle, ich kann mir das absolut nicht erklären, aber weißt du ich glaube, dass es nur eine Reaktion ist, dass der Impuls, letztenendes aus dir heraus kommt. Ein Widerhall der Vergangenheit sozusagen.' Der Kopf der Menschenfrau schnellte überrascht hoch und ihr Blick traf den von Dolette.

Die sanften Züge im Gesicht von Marialle veränderten sich und sie riss unentwegt den Mund auf. Irgendwann drang auch ihre Stimme an die Ohren der Elfe.
 

"Dole, komm zu dir!" Die ehemalige Paladin schien wie in Trance, starrte in die Augen der Hohepriesterin und doch durch sie hindurch.

Doch jetzt blinzelte sie und Leben durchzog ihre Gesichtszüge.

"Marialle, was...?"

"Die Trolle!", drängte sie weiter und endlich zeichnete sich Erkenntnis auf dem Gesicht der Untoten ab. Sie reichte der Menschenfrau die Hand, um sie mit sich hoch zu ziehen.

"Komm!", befahl sie und mit verschränkten, leuchtenden Händen stürzten sie in Richtung Tür.

Marialle spürte noch den Windzug und sah dann einen kleinen Pfeil in der Schulter der Todesritterin stecken, der von dem, bewusstlos am Boden geglaubten, Troll ausging. Sie tastete mit der freien Hand nach dem, was den Schmerz verursachte.

"Komm jetzt!", herrschte sie die Hohepriesterin an und zog sie mit sich durch die Türe. Draußen konnte sie Dolette grade noch rechtzeitig stoppen, bevor ein weiteres Geschoss sie getroffen hätte. Die vier anderen waren um das Haus gelaufen und traten nun von zwei Seiten an sie heran. Die Elfe zog ihr Schwert und Marialle formte einen gewaltigen Lichtblitz, den sie sogleich auf die beiden, zu ihrer Rechten los ließ. Sie wurden hart auseinander gerissen und fielen wie Säcke, leblos zu Boden. Dolette schwang behäbig ihr großes Schwert und die beiden Drakkari versuchten ihr mit ihren Säbeln, Einhalt zu gebieten. Das klirren der aufeinander treffenden Klingen beschallte für den Augenblick den dichten Wald um die Kontrahenten herum. Die Priesterin sah allerdings, dass die Kräfte der dunklen Ritterin zu schwinden schienen und schleuderte einen weiteren gleißenden Blitz an ihr vorbei. Den beiden untoten Trollen erging es nicht besser als den anderen und so verlor sie keine weitere Zeit und eilte zu der ehemaligen Paladin, die ihr Schwert grade zurück in die Scheide gleiten ließ.

"Danke, Mari...", presste sie noch kraftlos heraus, bevor sie drohte zusammen zusacken. Doch die Menschenfrau war schnell genug zur Stelle, um sie zu stützen. Sie wollte die Todesritterin grade drängen sich fortzubewegen, doch sie hielt die Priesterin zurück.

"Zieh den Pfeil raus, Marialle. Er ist vergiftet.", kam es leise über die blassen Lippen. Marialle schluckte schwer und nickte, woraufhin Dolette ihr den Rücken zuwandte. Sie legte vorsichtig die Hand um den Pfeil und atmete tief durch.

"Bereit?"

"Mach schon!", befahl die Elfe ruppig. Sie zählte im Inneren schnell bis drei und riss den kleinen Pfeil heraus. Die dunkle Ritterin verzog keine Miene.

"Steck den Pfeil ein.", sagte sie noch, ergriff ein weiteres mal die Hand der Priesterin und sie machten sich schnellen Schrittes auf, zu Plagg zurückzukehren.

Eine Weile kamen sie gut voran, doch dann hielt Dolette inne.

"Warte, ich brauche eine Pause.", erklärte sie schwer atmend. Marialle schlüpfte unter einen der Arme, der Todesritterin und hielt die Hand fest, die schlaff neben ihrem Gesicht herab hing.

"Nein, wir müssen schnell weiter, vielleicht weiß Plagg, was das für ein Gift ist.", sprach sie entschlossen, was Dolette schwach nicken ließ. So stützte sie die dunkle Elfe, den weiteren Weg und schließlich sahen sie das sanfte Flimmern eines Lagerfeuers an dem zwei Gestalten nah beieinander saßen. Als sie näher traten, erkannten sie den Hexenmeister und seine Dienerin. Die Todesritterin ließ sich kraftlos auf ihr Felllager fallen, das der Verlassene für sie vorbereitet hatte.

"Was, beim Dämon, ist denn passiert? Ihr wolltet mich doch holen, wenn ihr sie gefunden habt, Herrin?", ließ sich der Untote vernehmen, nachdem er erschrocken hochgeschnellt war um seiner Herrin dienlich zu sein.

"Wenn ich nicht sofort eingegriffen hätte, wäre Marialle auf dem Grill gelandet, Kinnab.", presste sie, noch immer nach Atem ringend, hervor.

"Meister Plagg, Dolette wurde von einem vergifteten Pfeil getroffen, wisst ihr was für ein Gift das ist?", mischte Marialle sich ein und hielt dem Angesprochenen den Pfeil hin. Plagg, leicht irritiert, roch eine Weile daran und ließ dann seine Zunge vorschnellen um das Gift zu schmecken. Er verzog angewidert das Gesicht und warf den Pfeil weg.

"Dieser Pfeil wurde nicht vergiftet er ist verflucht. Schwer zu sagen wie viel Zeit ihr noch habt, Mylady.", erklärte er finster.

"Verflucht? Dann kann ich den Fluch doch bannen!", stieß Marialle glücklich hervor, doch die Todesritterin schüttelte den Kopf und Plagg entgegnete für sie:

"Da eure Kräfte sich abstoßen, würde das alles wahrscheinlich noch viel schlimmer machen. Ich schlage vor, wir brechen das Lager ab und beeilen uns, damit wir zügig Dalaran erreichen. Die Magier können sicher helfen. Meint ihr, ihr schafft das, sonst wird Susi euch tragen."

"Susanne, Herrin Dolli tragen?", quietschte die Sukkubus in freudiger Erwartung.

"Nur über meine Leiche!", stieß die dunkle Ritterin angewidert hervor.

"Nicht unwahrscheinlich wenn ihr euch dagegen sträubt, Lady Dolette.", schmunzelte der Verlassene.

"Solange ich kann, werde ich laufen!"

So packten sie geschwind ihre Habe ein und luden es der Dämonin auf. Marialle legte sich wieder einen Arm von Dolette um den Hals, um sie zu stützen und sie zogen weiter.

Als sie die Todesritterin in ihren Armen so betrachtete, dachte sie über das Gesagte nach. Ihre Kräfte stießen sich also ab.Es war wirklich erstaunlich, dass ihre schicksalhafte Verbindung sogar diesen Umstand ausser Acht ließ.

Die dunkle Elfe schien ihre Gedanken zu lesen und schaute auf. Das makellose Gesicht war ein ums andere mal wunderschön, doch an den blau schimmernden Augen, konnte die Hohepriesterin erkennen, wie schwach sie bereits war.

"Wird dir das auch nicht zu anstrengen, für zwei zu gehen, Marialle?", ließ sie sich kraftlos vernehmen.

"Du unterschätzt mich, meine Liebe.", gab die Menschenfrau zurück und versuchte sich an einem Lächeln.

"Was geht dir durch den Kopf?", fragte Dolette und die Frage entsprach mehr ihrem Gesichtsausdruck von eben, als die zuvor gestellte. Marialle wich ihrem Blick aus. Sie hatte sich zwar auf den Vorschlag der Todesritterin eingelassen, dennoch fiel es ihr schwer ihre Gedanken und Ängste preis zugeben. Sie spürte an ihrer Wange, die freie, eiskalte Hand der dunklen Ritterin, die ihr Gesicht wieder zu sich drehte.

"Du kannst es mir ruhig sagen, ich werde dir schon nicht wegsterben." Ihr Ton und ihre Augen waren so sanft, dass es der Priesterin die Sprache verschlug. Wie war es dieser dunklen Ritterin nur möglich so eine Sänfte an den Tag zu legen, wenn sie doch andererseits nur einen kalten Blick brauchte, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ.

"Wir haben den Kristallsangwald erreicht, Mylady. Wenn wir weiter so gut voran kommen, sollten wir Dalaran in etwa einem Tag erreicht haben.", verkündete der Hexenmeister und machte vor sich eine ausladende Handbewegung. Eine gewaltige Treppe führte aus Zul Drak heraus und unten konnte man schon die schimmernden, hellen Kristallbäume sehen, die auf violettem Boden standen.

Vor dem Rat von Dalaran

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Vor dem Rat von Dalaran
 

Die Priesterin hätte nie gedacht, dass ein Treppenabstieg so beschwerlich sein könnte. Sie selbst atmete schwer, nicht auszudenken, wie es der verfluchten Todesritterin an ihrer Seite wirklich ergehen musste. Doch ihre Miene war eisern, fest entschlossen, nicht an dieser Stelle aufzugeben.

Sie schaute fasziniert in das makellose Gesicht der Elfe und zuckte kurz zusammen, als diese den Blick erwiderte. Ihre Augen hatten aufgehört zu leuchten und das strahlende blau, war nur noch ein matter, milchiger Schimmer.

"Was hast du?", fragte Dolette.

"Ich...Deine Augen...Kannst du überhaupt noch richtig sehen, Dole?", kam die, verwirrt anmutende, Gegenfrage prompt. Der Verlassene wurde hellhörig und drehte sich zu den beiden Frauen um, seine Gesichtszüge erstarrten.

"Nein! Jetzt weiß ich was das für ein Fluch ist.", stieß er erschrocken hervor. Die ehemalige Paladin sah verwirrt von der Priesterin zum Hexer.

"Spuckt es schon aus Kinnab!", herrschte sie ihn an.

"Ich habe schon davon gehört, aber dass es ihn tatsächlich gibt. Es... es ist eine abgewandelte Form, des alten Fluchs des Fleisches. Er funktioniert sozusagen anders herum. Einst verfluchten die alten Götter die metallenen und steinernen Schöpfungen der Titanen, auf dass sie ihre heutige fleischige Form erlangten. Dieser Fluch versteinert euch langsam, Mylady.", erklärte Plagg schockiert. Die Todesritterin, indes, schmunzelte nur.

"Ändert das etwas daran, dass wir so schnell wie möglich nach Dalaran wollen, Kinnab?" Er stockte, als diese einfache Wahrheit, in seinen Geist drang und nickte gedankenverloren.

"Sicherlich nicht, Lady Dolette.", war daher seine knappe Antwort.

In der Priesterin rasten die Gedanken. Dolette würde nicht sterben, sie würde in einen unbeweglichen Zustand gesperrt werden, welch grausames Schicksal, das es zwingend, aufzuhalten galt. Sie sagte nichts, doch entschlossen ergriff sie die Hand an ihrer Schulter, worauf das sanfte goldene Schimmern erschien und zog an der untoten Elfe, um sie weiter die Treppen hinabzuführen.

"He, zieh doch nicht so. Wenn wir die Treppen runter stürzen sind wir vielleicht schneller, aber eine Priesterin mit einem gebrochenen Bein, kann mich nicht mehr stützen.", scherzte sie und schenkte der Menschenfrau ein Lächeln.

"Kein guter Zeitpunkt um Witze zu reißen, Dolette.", entgegnete Marialle ernst. Das Lächeln auf den blassen Lippen, der Todesritterin erstarb und sie nickte schwach.

Der Hexenmeister hatte Schwierigkeiten den beiden zu folgen, so schnell waren sie plötzlich und die irre Sukkubus schwebte verträumt neben ihm her.

Kurze Zeit später erreichten sie den Fuß der Treppe und atmeten erleichtert auf. Vor ihnen lag die Schönheit des Kristallsangwaldes, doch sie hatten keinen Blick dafür. Ohne sich auch nur einen Herzschlag auszuruhen, marschierten Dolette und Marialle weiter.
 

Ungefähr ein halber Tag war vergangen und die Hohepriesterin zerrte noch immer unermüdlich, an dem, immer schwerer scheinenden, Körper der Todesritterin. Ihre Glieder ließen sich von Schritt zu Schritt schlechter bewegen und schließlich, gab die Elfe auf.

"Marialle, halte ein." Die schöne Frau gab nach und schaute besorgt in das, mittlerweile fast weiße Gesicht von Dolette.

"Es geht nicht mehr, ich kann kaum noch einen Fuß vor den anderen setzen." Marialle schluckte hart und nickte.

"Susi komm zu mir.", befahl sie der Dämonin, die grinsend und erfreut heran hüpfte.

"Du wirst jetzt die Herrin tragen, Susi. Behandel sie wie ein rohes Ei und lass sie nicht fallen, ihr Zustand ist ernst.", fügte die Priesterin hinzu und Susanne gehorchte. Sie hob sie vorsichtig auf ihre Arme und schmiegte ihre Wange an die der dunkle Ritterin.

"Ai wie schön, Herrin Dolli in Susannes Armen, kuscheln!", flötete die Sukkubus fröhlich und Dolette stieß einen genervten Laut aus. Mittlerweile war auch Plagg dazu getreten und die Todesritterin spürte seinen geschockten Blick auf sich ruhen, als er sie genauer betrachtete.

"Gehen wir schnell weiter, Myladys.", sagte er schlicht und schritt weiter. Marialle und Susanne, mit Dolette auf dem Arm, folgten.

Kristallbaum um Kristallbaum zog an ihr vorbei und das monotone Bild, des eigentlich schönen Anblicks machte die Untote schläfrig. Die Dunkelheit umschloss sie erbarmungslos und ihre Umgebung verschwand.
 

'Dole!' Marialle lachte und winkte sie zu sich. Sie waren an einem traumhaft schönen langen Strand und die Sonne stand schon schräg am Himmel, spendete aber dennoch eine angenehme Wärme. Dolette sah an ihrem Arm herab als sie die Wärme nicht nur auf ihrer Haut, sondern auch in ihrem Leib spürte und war verwundert als sie erkannte, dass ihre Haut einen gesunden rosa Farbton hatte. Sie drehte ihre Hände und der Ton war derselbe.

'Ich komme!', rief sie zu der jungen Frau, die einige Körperlängen von ihr entfernt, bis zu den Knöcheln in den Wellen, die gleichmäßig vor und zurück schwabten, stand. Sie trug ein halblanges, weißes Trägerkleid und die kurzen Haare offen, was ihr eine unglaubliche Leichtigkeit verlieh.

Als die Elfe sich von dem Anblick losreißen konnte, lief sie zu der Priesterin ins Meer und Wasser spritzte mit jedem Schritt an ihren Beinen hinauf. Die Priesterin breitete die Arme aus und schloss Dolette in eine warme Umarmung, als sie endlich bei ihr ankam.

'Ich freue mich so, in ein paar Tagen fahren wir endlich Heim.', sprach sie leise und nah an einem der langen Ohren von der Elfe. Sie antwortete nicht und es war auch nicht nötig. Sie spürte die weichen Rundungen der Menschenfrau dicht an sich und atmete ihren berauschenden Duft tief ein. Marialle zog sich leicht aus der Umarmung zurück und lächelte die andere glücklich an.

'Ich liebe dich.', flüsterte sie, bevor sie ihre rosanen Lippen, sanft auf die von Dolette legte. Ihr Herz blieb stehen und sie glaubte den Boden unter den Füßen zu verlieren. Die weichen Lippen, der betörende Geruch und schließlich der Körper der Priesterin, eng an den der Elfe gepresst, ließen die Zeit still stehen. Das Rauschen des Meeres verebbte, die Schreie der Möwen verklangen und keine einzige Wolke schob sich vor die Sonne.

'Belurie!', erklang ein Ruf aus scheinbar weiter Ferne. Dolette ließ sich nicht beirren, zu kostbar war der Moment und sie wollte ihn nicht verstreichen lassen.

'Tochter.' Sie war bemüht es weiter zu ignorieren, doch als sie sich kurz aus dem Kuss löste erkannte sie, dass auch die junge Marialle erstarrt war.

Als sie das erkannte, löste sich die rosige Haut, wie Schuppen, von ihrem Körper und sie spürte die vertraute Kälte in sich aufsteigen. Das Leinenhemd und die Hose wichen ihrer schwarzen Plattenrüstung und der lange Umhang umgab ihre schlanke Gestalt.

"Wer ruft mich da?", rief sie hinaus ins nichts, wie ihr schien.

"Was willst du von mir? Lass mich hier! Hier kann ich mit ihr zusammen sein! Hier muss ich sie nie wieder los lassen!", schrie sie noch, als keine Antwort kam.

'Wenn du hier bleibst, wirst du sie nicht mehr beschützen können und nie wahrhaftig an ihrer Seite sein.', sprach die Stimme melodisch. Nun nah bei ihr und eine Sänfte lag in ihr, die Dolette merkwürdig vertraut schien.

Vor ihr erschien eine wunderschöne blonde Elfe in einer langen orangenen Robe, mit vielen goldenen Applikationen bestickt. Sie trat langsam auf die Todesritterin zu und erhob einen Finger. Die Gestalt führte ihren Zeigefinger langsam an die kalte Stirn der dunklen Ritterin und als sie die Haut der Untoten berührte, tauchten Bilder von Marialle, vor ihrem Inneren auf. Sie sah anders aus, doch war sie zweifelsohne die Priesterin, auch wenn Dolette das mehr fühlte, als dass sie es sah. Ihre Haare waren lang, wie sie es bisher noch nie an ihr gesehen hatte und eine Nuance dunkler. Die Kleidung war urban und abgenutzt und ihre Augen waren graublau.

'Das ist Elarie.', erklärte die schöne Blonde ohne die Lippen zu bewegen.

'So wie sie einst war, vor vielen zehntausend Jahren. Als sie dich ein zweites mal verloren hatte, verlor sie auch die Verbindung zu ihrem einstigen Ich, aber dafür ist der Teil von ihr der schon immer in dir war, dir in dein untotes Dasein gefolgt. Wenn du dich hier verlierst, wird sie für immer geteilt sein.', fuhr sie sanft fort.

"Wie kann ich ihr diesen Teil wieder geben?", fragte Dolette ohne groß darüber nachzudenken und die Gestalt vor ihr begann zu Lächeln.

'Wenn du sie doch wieder komplettieren willst, was machst du dann noch hier, Belurie?'
 

"...und dann Susanne dem Meisterchen aus Versehen einen Feuerball um die Ohren gejagt hat, ja ja.", schloss die Sukkubus eine weitere ihrer von Sinn befreiten Geschichten ab, die sie der Elfe die ganze Zeit begeistert erzählte. Marialle schüttelte abermals schmunzelnd den Kopf.

"Herrin Dolli hören?", fragte sie irritiert. Die Priesterin sah auf. Dolettes Augen waren geschlossen und ihre Atmung ging flach.

"Meister Plagg, sie hat das Bewusstsein verloren!", stieß sie besorgt, an den Verlassenen gewandt, hervor. Er schaute der Untoten ebenfalls ins blasse Gesicht und seine Miene verfinsterte sich.

"Uns läuft die Zeit davon, Mylady. Wir müssen uns beeilen!"

Schnellen Schrittes liefen sie weiter, den Drang der Zeit, deutlich im Nacken spürend. Als plötzlich Kampfgeräusche an ihr Ohr drangen. Sie kamen näher und die Augen der Hohepriesterin weiteten sich.

Ein Mann und eine Frau kämpften grade mit einem gewaltigen Golem. Er war komplett aus Metall und überragte die beiden Menschen um einige Köpfe. Aber viel mehr war sie über das, ihr vertraute Menschenpaar verwundert. Sie formte einen großen Lichtblitz in den Händen und warf ihn auf den Thoriumriesen. Der Einschlag war gewaltig und riss dem Ungetüm einen seiner Arme ab. Die beiden Menschen schauten auf und Verblüffung zeichnete sich auf ihren Gesichtern ab. Die blonde Frau formte einige Feuerbälle in ihren Händen und warf sie nacheinander auf den Golem, der bei jedem Einschlag einen Schritt zurück machte. Der kleine, blonde Mann rannte auf das Monstrum zu, sprang hoch und trieb ihm sein riesiges Zweihandschwert tief in den bleiernen Schädel. Der Golem zuckte einige male und fiel reglos zu Boden.

"Mariiii!", quietschte die junge Frau und lief auf die drei Neuankömmlinge zu, der Krieger trottete hinterher und rief ihnen entgegen:

"Das glaube ich ja nicht!" Marialles Herz machte einen bekümmerten Hüpfer, als sie zwei ihre ehemaligen Gefährten erkannt.

Als die beiden näher traten, beäugten sie erst den Untoten mit Argwohn und erschraken, als sie die schlanke Gestalt der Todesritterin, auf den Armen der Sukkubus entdeckten.

"Beim Licht, Dolette! Wie ist das möglich? Was geht hier vor sich?", stieß die kleine Blonde hervor, nachdem sich die Frauen herzlich umarmten.

Ein Schatten glitt über das Gesicht der Hohepriesterin, als sie begann zu erklären:

"Sie kam als Todesritterin zurück, nachdem sie starb, Odi. Ich traf sie vor ein paar Wochen, als sie mich entführt hat. Es ist eine lange Geschichte. Sie hat mich gestern vor ein paar Trollen gerettet, die mich als eine leckere Mahlzeit betrachteten und wurde dabei verflucht."

Die Gedanken von Odessa schienen sich zu überschlagen, doch es war Borigan, der darauf reagierte.

"Eine Todesritterin? Das heißt sie kann sich gar nicht an uns erinnern?", erkannte er bedächtig. Marialle schüttelte, kaum merklich, den Kopf und ein trauriger Glanz schimmerte in ihren Augen.

"Und der da?", wies der Krieger auf den Hexenmeister.

"Plagg Kinnab, Hexenmeister, wenn ich mich selbst vorstellen darf, Mylady?", fragte er Marialle. Deutete eine kleine Verbeugung an und wurde abschätzend von Borigan betrachtet.

"Er ist Dolettes Diener. Die Kurzfassung: Zusammen mit Dolette sollte er mich für Sylvanas Windläufer entführen. Ihr Großapotheker brauchte meine Macht für eine Seuche. Er versprach ihr sie gegen die Geißel zu verwenden, doch es gab einen Putsch in Unterstadt und Putress wird die Seuche auch auf ihre Streitkräfte und beim Licht, sicherlich auch auf den Rest der Horde sowie unseren Kämpfern der Allianz, loslassen. Das wird das Bündnis der Fraktionen erschüttern und sie wieder in den Krieg stürzen. Wir sind hier um das zu verhindern. Wir müssen nach Dalaran. Plagg sagt, dass ein Magier den Fluch brechen kann.", schloss sie ihre Erklärung ab.

"Ein Magier? Dann kann ich den Fluch brechen? Was ist das für ein Fluch?", erklang Odessas Stimme hoffnungsvoll.

"Es ist eine abgewandelte Form des Fluchs des Fleisches, Mylady Magierin. Er versteinert Lady Dolette, oder verwandelt sie gar in Metall. Das können wir noch nicht sagen. Es ist ein mächtiger, alter Fluch und ihn zu brechen, erfordert sicherlich großen Kraftaufwand. Versucht es bitte.", schaltete sich der Verlassene ein.

Odessa nickte und ließ ihre Hände über den Körper der Todesritterin gleiten und ein helles blaues Schimmern erleuchtete ihre Hände und den Körper unter ihnen. Einige Herzschläge vergingen, doch nichts geschah. Kopfschüttelnd zog die Magierin ihre Hände zurück.

"Nichts zu machen, verzeih.", wandte sie sich wieder an die Priesterin.

"Aber du kannst uns alle doch nach Dalaran teleportieren, Odi!", mischte sich der Menschenmann aufgeregt ein. Und die Miene der jungen Magierin erhellte sich augenblicklich.

"Ja das kann ich, wäre euch damit geholfen, Mari?"

"Ja natürlich, bitte sofort. Dolette ist schon eine Weile ohne Bewusstsein und ich weiß nicht wie weit der Fluch schon fortgeschritten ist." Die Magierin nickte entschlossen und begann sich wieder zu konzentrieren. Zu sich selbst sprach die Blonde einige Formeln. Ihre Augen und Hände begannen in hellem blau zu erstrahlen.

Marialle sah, wie die kristallenen Bäume und der leblose Körper des Golems, um sie herum verschwammen und Straßen und Gebäude an ihrer Statt traten. Odessa verlor keine Zeit und sprach:

"Folgt mir, die Violette Zitadelle liegt im Südwesten Dalarans. Nicht weit von hier. Rhonin weiß sicher Rat." Die Gefährten nickten und schickten sich an, hinter der Magierin her zu eilen.

Nur kurze Zeit später erstreckte sich ein beeindruckendes Gebäude vor ihnen und ließ den Hexenmeister staunen.

"Beeindruckend, was die Magier so alles erschaffen können."

"Hier lang.", befahl die Magierin und wandte sich zum Eingang. Die beiden Wachen versperrten ihnen den Weg.

"Mitglieder der Horde haben hier keinen Zutritt!", erklärte der eine Wachmann steif.

"Ich bin Marialle Lichtsprung Hohepriesterin der Kirche des Heiligen Lichts und eine Freundin von Jaina Prachtmeer. Ich habe wichtige Kunde, was den geplanten Angriff auf die Pforte des Zorns, anbelangt. Der Verlassene und die Blutelfe gehören zu mir!" Die Priesterin legte ihre ganze Autorität in ihre Worte und der Wachposten überlegte nicht lange, bevor er dem anderen zunickte und den Weg freigab.

"Ihr dürft passieren." Sie nickte nur flüchtig und ging an ihnen vorbei.

Innen angekommen traten die vier, samt Sukkubus mit Dolette auf ihren Armen, in eine prächtige Halle.

Vor einer großen Treppe stand ein Mann, auf dem kunstvollen blauen Boden. Direkt neben ihm eine Elfe, unverkennbar eine Quel'dorei, wie Marialle an den Augen erkannte, die nicht in dem verfluchten grün schimmerten, wie die des Mannes zur Linken Rhonins. Das musste Vereesa Windläufer sein, eine der beiden Schwestern der Herrscherin von Unterstadt. Den Blutelfen erkannte die Priesterin als Aethas Sonnenhäscher und ihm gegenüber stand die menschliche Erzmagierin Modera. Sie schienen angeregt zu diskutieren und sahen auf, als die Gefährten in die Halle schritten.

"Wer wagt es, ein Mitglied der Horde in die Hallen der Violetten Zitadelle zu führen?", ließ sich der Blutelf vernehmen.

"Ich bin Marialle Lichtsprung, Hohepriesterin der Kirche des heiligen Lichts, Mylord. Ich bringe wichtige Nachrichten aus der Unterstadt Lordaerons! Aber zuerst helft bitte meiner Gefährtin, sie wurde Opfer eines alten, mächtigen Fluchs.", entgegnete Marialle erhaben.

"Die letzte Hohepriesterin des Königreichs Sturmwind, in Begleitung eines Verlassenen und einer Blutelfen Todesritterin? Höchst ungewöhnlich! Ein alter, mächtiger Fluch? Was ist das für ein Fluch?", kam es interessiert von der Erzmagierin. Plagg trat einen Schritt vor.

"Wenn ich darf?" Rhonin nickte. Auch in seinem Antlitz zeichnete sich Neugierde ab. Der Blutelf sah allerdings noch immer argwöhnisch drein.

"Sie wandelt sich in Stein, der Fluch des Fleisches wurde irgendwie umgekehrt. Ein verfluchter Pfeil traf sie an der linken Schulter. Da der Pfeil so nah an ihrem Herzen eintraf, schreitet der Fluch schnell voran, Mylord.", ließ er sich ruhig vernehmen und bemühte sich klar und deutlich zu sprechen. Als die Hohepriesterin zu der untoten Elfe in den Armen der Sukkubus blickte, erkannte auch sie, dass die Haut eine steinerne Marmorierung annahm. Ihre Venen schimmerten durch und zeichneten sich deutlich, in einem Grauton, von der hellen, von Rissen durchzogenen Haut ab.

"Bitte, sie hat mich nach Nordend geführt und beschützt, helft ihr!" Kam es nun flehentlich von der Priesterin und Rhonin trat einige schritte näher. Er sagte nichts, legte nur seine Hand auf die Schulter der dunklen Elfe. Dunkelblau erstrahlte die Hand, doch nichts geschah.

"Erstaunlich. Ein wirklich mächtiger Fluch. Modera, Aethas, kommt zu mir, lasst es uns gemeinsam versuchen.", bat er die anderen beiden Erzmagier, sie folgten seiner Bitte augenblicklich und traten an seine Seite. Die drei ließen jeder beide Hände über dem leblosen Körper von Dolette schweben und wieder leuchteten sie dunkelblau auf. Einige Herzschläge lang geschah nichts, doch dann schlossen sich die feinen Risse auf der Haut, der Todesritterin und sie nahm wieder den fahlen, grauen Ton an, der ihrer untoten Herkunft entsprach. Das Haar wandelte sich von dem mittlerweile weißen zu dem ursprünglichem hellen Blond zurück und die Augen, unter den Lidern, begannen sich zu bewegen.
 

"Nein bleib hier!", rief Dolette aus voller Kehle, während die Umrisse der strahlenden, blonden Schönheit vor ihren Augen verschwanden. Als sie ihre Augen öffnete, hatte sich ihre Umgebung stark verändert und sie spürte, wie das Leben zurück in ihre Glieder floss. Sie war in einer großen, ihr unbekannten Halle.

"Wo bin ich?" Ihre Stimme klang kraftlos, ganz anders als noch eben der Ruf, den sie ausgestoßen hatte und sie fragte sich ob sie ihn laut hatte erklingen lassen.

"Dole? Kannst du mich hören und sehen?" Sie wandte ihren Kopf in die Richtung aus der die sanfte Stimme der Hohepriesterin an ihre Ohren drang. Sie war wunderschön, ihr kunstvoll gestecktes Haar, von den Strapazen, leicht zerzaust und der Blick voller Sorge, doch das tat ihrer Schönheit keinen Abbruch.

"Mari...", presste sie matt hervor und versuchte sich an einem Lächeln.

"Herrin Dolli wieder gesund?", quietschte Susanne glücklich und schmiegte ihr Gesicht an der Wange der Elfe. Als Dolette auffiel, dass sie noch immer auf dem Arm der Sukkubus weilte, stieß sie einen Laut des Ekels aus.

"Lass mich runter, Susi!", befahl sie energisch und die Dämonin ließ sie, wenn auch widerwillig, vorsichtig herab. Ihre Glieder fühlten sich noch immer etwas steif an, während sie ihre zurückerlangte Bewegungsfreiheit prüfte.

Als sie sich umsah erkannte sie Plagg neben der Menschenfrau, aber auch vier weitere Menschen, einen Blutelfen und etwas abseits eine Hochelfe. Leicht eingeschüchtert, von den vielen Fremden, trat sie näher an Marialle und Plagg.

"Also nochmal wo sind wir?", zischte sie den beiden leise zu und ließ ihre schimmernden Augen über die unbekannten Gesichter schweifen.

"Ihr seid in der Violetten Zitadelle, Todesritterin!", ließ sich nun die Quel'dorei, die bisher geschwiegen hatte, von hinten vernehmen. Die anderen schienen alle etwas irritiert, aber Dolette konnte nicht genau deuten warum sie so merkwürdig schauten.

"Wir haben Dalaran erreicht? Ihr seid die Führer der Kirin'Tor, richtig? Habt ihr den Fluch gebannt?", fragte sie an die Fremden, vor sich, gewandt.

"So ist es, Lady Dolette. Wenn die letzte Hohepriesterin Sturmwinds, mit einer solch ungewöhnlichen Bitte hier erscheint, schlagen wir ihr diesen Wunsch selbstverständlich nicht aus.", ließ sich nun der große rothaarige in der Mitte vernehmen.

"Dann seid ihr die Erzmagier Rhonin, Modera und Aethas. Und ihr Lady Vereesa Windläufer, nehme ich an. Verehrung Mylady, ich diene Eurer Schwester. Mein Dank ist euer.", sprach Dolette und verneigte sich tief zuerst vor der Quel'dorei, dann vor den Erzmagiern. Vereesa nickte ihr zurück und Aethas ergriff das Wort.

"Die Hohepriesterin sprach von einer wichtigen Kunde, die sie uns mitteilen wollte, sobald wir den Fluch gebannt haben. Bedankt euch also bei ihr! Nun Lady Lichtsprung, wir erwarten euren Bericht!"

Angrathar, die Pforte des Zorns

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Angrathar, die Pforte des Zorns
 

Die Ausführungen der Hohepriesterin, bezüglich des Putsches in Unterstadt und dem geplanten Angriff auf das versammelte Bündnis, von Allianz und Horde, hinterließen schockierte Ausdrücke, auf den Gesichtern der Mitglieder des Rats von Dalaran.

"Und dieser Großapotheker ist schon an der Pforte? Wir besprachen nämlich grade, inwiefern wir mit in den Kampf eingreifen.", ließ sich Vereesa Windläufer vernehmen, deren Gesichtszüge sich als erstes normalisierten.

"Das wissen wir nicht, Mylady, aber ich schlage vor wir brechen unverzüglich auf, um das Schlimmste zu verhindern.", gab die, noch immer geschwächte Todesritterin zurück.

"Ich könnte mir vorstellen, dass Putress oberhalb der Pforte stehen wird, um von dort aus die Seuche einfach auf jeden los zulassen, der sich am Boden befindet, ob nun Geißel, Horde oder Allianz.", überlegte Rhonin laut und massierte sich mit geschlossenen Augen die Schläfe.

"Davon gehe ich auch aus, Rhonin.", pflichtete ihm der Blutelf zu seiner Linken bei.

"Also teilen wir uns in zwei Gruppen auf? Die eine, um die Anführer zu warnen, die andere um den Großapotheker aufzuhalten?", fragte nun Marialle.

"Das klingt vernünftig.", bekräftigte Modera, den Einfall der Priesterin.

"So soll es geschehen. Aethas und Modera, nehmt Lady Lichtsprung mit, damit sie den Anführern Bericht erstatten kann. Vereesa, wir werden zusammen mit den anderen den Großapotheker aufhalten.", entschied Rhonin und alle nickten. Dolette missfiel es allerdings sehr, sich von der Priesterin trennen zu müssen, aber welche Wahl hatte sie?

"Wir dürfen keine Zeit verlieren. Stellt euch auf! Wir Teleportieren von hier aus.", fügte er noch hinzu. Dolette gesellte sich widerstrebend zu den anderen, die schweigend an Rhonins Seite getreten waren und wechselte einen besorgten Blick mit der Hohepriesterin, bis sie schließlich langsam vor ihren Augen verschwand.

Einen Herzschlag später veränderte sich auch die Umgebung und plötzlich blies ein starker Wind um sie herum. Vor und hinter der Elfe waren fast mannshohe Mauern und als sie heran trat, um hinter die Mauer zu spähen, erblickte sie einen gewaltigen Abgrund. Unten vor der Pforte tobte bereits die Schlacht, hier oben allerdings war nicht einmal ein Wachposten.

"Die Schlacht hat bereits begonnen!", rief sie den anderen durch das laute Pfeifen, des Windes zu.

"Dann liegt es an uns!", brüllte Rhonin entschlossen zurück.

"Aber hier ist keiner!", kam es von Borigan.

"Er wird kommen.", sagte die Todesritterin laut und eindringlich, als die anderen an sie heran getreten waren. Sie blickte an der beeindruckenden Pforte herab und ihre Augen huschten über das Schlachtfeld. Auf der Suche nach einem Zeichen der Hohepriesterin, doch sie entdeckte sie nicht. Auch keinen der Anführer vermochte sie in der tobenden Menge, auszumachen. Als sie die Mauer mit dem Tor unter sich genauer betrachtete erkannte sie, dass es mehrere Balustraden auf unterschiedlichen Höhen gab und erschrak. Putress war viele Körperlängen unter ihnen, umgeben von einigen Verlassenen und Dämonen.

"Unter uns!", schrie sie aus voller Kehle und aller Augen wendeten sich nach unten, auf den Punkt, auf den sie mit dem Finger zeigte. Er schritt die Balustrade entlang und zog grade das Fläschchen aus einer Brusttasche, oder Innentasche seiner Robe, das konnte selbst Dolette nicht genau erkennen. Keiner sagte etwas, nur der entschlossene Blick des Erzmagiers ließ darauf schließen, was als nächstes geschehen würde. Augenblicklich spürte sie den Sog der Teleportation, doch Dolette hechtete aus dem Zauber, direkt über die Mauer. Im Fallen sah sie, wie sich die Gestalten ihrer Gefährten allmählich auflösten. Die dunkle Ritterin zog ihr riesiges Runenschwert und formte ihren Körper so, dass sie wie ein Pfeil hinab schoss. Mit aller Gewalt stieß sie eine heulende Böe vor sich nach unten und raste ihr hinterher. Und tatsächlich, der Windstoß erwischte den Großapotheker und er fiel einige Körperlängen nach hinten. In dem Moment tauchten die anderen an der Stelle auf, an der er eben noch gestanden hatte. Dolette landete elegant, in einer knienden Position, vor dem Verlassenen und erhob sich langsam. Ein Keuchen entwich ihr. Gänzlich hatte sich ihr Körper noch nicht wieder regeneriert.

"Ihr!", stieß Putress erschrocken aus. Die anderen sahen sich erstaunt um und wurden sogleich in einen Kampf mit den umstehenden Schergen des Großapothekers verwickelt.

"Gebt mir die Phiole, Putress!", befahl Dolette und ein heimtückisches Lächeln trat auf sein Gesicht. Er nickte an ihr vorbei zu einem seiner Untoten, worauf dieser an die Mauer, der Balustrade lief und ein kleines Fläschchen in die Tiefe warf. Die dunkle Ritterin knurrte und ihre Augen verengten sich, als sie dem Großapotheker einen vernichtenden Blick zu warf. Sie stürzte an die Mauer und warf ihren Todesgriff nach der Phiole. Den Bruchteil eines Herzschlages später glitt ein Lächeln über ihre fahlen Lippen, als sie erkannte, dass das Fläschchen gefangen war. Daran vorbei unten auf dem Boden sah sie, dass die beiden Parteien sich geteilt hatten. Vor den vereinten Mächten, der Horde und Allianz traten zwei Gestalten vor, der eine unverkennbar ein Ork und der andere musste ein Mensch sein. Dolette schaute sich um. Hier oben tobte noch immer der Kampf, doch Putress war verschwunden. Wenigstens hatte sie die Phiole. Das Unglück wurde verhindert. Die Stimme des Menschen erklang klar und deutlich, selbst bis in diese Schwindel erregende Höhe.

"Arthas! Das Blut eures Vaters, eures Volkes, schreit nach Rache. Kommt her Feigling und büßt für eure Taten!" Einige Augenblicke verstrichen, bis sie erstaunt, direkt unter sich erkannte, dass sich die Pforte wenige Körperlängen breit öffnete. Arthas Menethil, der Lichkönig höchstselbst, kam heraus und ging zu den wenigen Untoten der Geißel, die noch übrig waren. Er schritt an seinen Anhängern vorbei und selbst hier oben konnte die Todesritterin die mächtige Präsenz spüren, die von ihm ausging. Ein fast schmerzender Schauer lief ihr über den Rücken, als seine Stimme zu ihr und dem Kampf der um sie tobte, hinauf drang.

"Ihr nennt mich feige? Wollt Rache? Ich werde euch zeigen was Rache ist und was Angst wirklich heißt!", donnerte Arthas Stimme über das Schlachtfeld.

"Genug! Bringen wir es zu Ende.", dröhnte die Stimme des Orks und er stürmte auf den mächtigsten der Todesritter los. Mit einem einzigen Schwertstreich, zerschlug der Lichkönig die Axt des Orks und streckte ihn nieder. Kurz wurde es still. Totenstill.

"Ihr bezahlt für die Leben die ihr stahlt, Monster!", rief ihm der Mensch entschlossen entgegen.

"Große Worte. Doch es gibt nichts, das ihr..." Eine Explosion ganz in seiner Nähe, schnitt Arthas das Wort ab, bevor er reagieren kontte.

"Was?", stieß er verwirrt aus. Ein finsteres Lachen erklang und auf einem Vorsprung tauchten Truppen von Verlassenen auf.

"Dachtet ihr, wir hätten vergessen? Dachtet ihr, wir hätten vergeben? Spürt nun die schreckliche Rache, der Verlassenen!" Der Lichkönig starrte mit seinen blau schimmernden Augen hinauf zu den Verlassenen.

"Sylvanas...", murmelte der Lichkönig fassungslos. Es war Putress, er musste durch ein Hexerportal geflüchtet sein, denn der Kampfeslärm um die Todesritterin, war schließlich verklungen. Hinter ihm wurden Katapulte voran geschoben und er schrie:

"Tod der Geißel! Und Tod den Lebenden!" Und die Katapulte wurden abgeschossen. Viele große, grüne Kugeln, flogen gleichzeitig durch die eiskalte Luft und zerbarsten donnernd am Boden. Dolette erstarrte als sie erkannte, dass sie seiner Heimtücke zum Opfer gefallen war und unten am Boden fielen schon viele der tödlichen Seuche, die Putress mit der ersten Explosion vorgeführt hatte, zum Opfer. Selbst der mächtige Lichkönig drohte in die Knie zu gehen. Er schrie noch drohend über die Massen der Sterbenden hinweg:

"Es ist noch nicht vorbei." Und verschwand wieder hinter den gewaltigen Toren Angrathars, der Pforte des Zorns. Die scharfen, blau schimmernden Augen suchten verzweifelt das Schlachtfeld ab.

'Marialle!'
 

Die Hohepriesterin spürte wie der unbändige Sog der Teleportation sie davon riss und sah nur noch den besorgten Blick der Todesritterin als auch ihre Gestalt zu flimmern begann.

Um sie herum tauchte eine karge Landschaft auf und es war noch kälter, als vorher. Es fröstelte sie noch mehr, denn vor ihr baute sich die riesige Pforte des Zorns auf. Davor tobte eine gewaltige Schlacht, zwischen den vereinten Mächten der Horde und Allianz und denen der Geißel.

"Ich schlage vor ihr beide geht zum Lager der Horde und ich zu dem der Allianz. Ein Blutelf dürfte bei den Anführern der Horde mehr Gehör finden.", ließ sich die Erzmagierin Modera vernehmen. Marialle und Aethas Sonnenhäscher nickten entschlossen und so gingen sie in verschiedene Richtungen. Schnell wurde die provisorische Festung der Horde größer und schließlich gelangten die Menschenfrau und der Blutelf an das spärlich bewachte Tor.

"Ich bin Aethas Sonnenhäscher, Mitglied des Rates der Sechs. Sind noch Befehlshaber in der Festung?", fragte Aethas gebieterisch, bevor einer der Wachen das Wort erheben konnte.

"Der Kriegshäuptling, Vol'jin und Sylvanas Windläufer warten, ob sie mit Zusatztruppen in die Schlacht eingreifen müssen.", antwortete der grünhäutige Ork links vom Tor. Der Erzmagier nickte und trat an den Wachen vorbei in die Festung. Die Hütte der Anführer war leicht auszumachen, sie war die einzige in der deutlich Licht brannte und so gingen die beiden zielstrebig auf sie zu. Ohne zu klopfen stieß der Blutelf die Türe auf.

"Wer wagt es?", drang eine verärgerte, ihr allzu bekannte, Stimme an Marialles Ohren.

"Thrall!", kam es halb erfreut von Marialle.

"Lady Lichtsprung!" Der Kriegshäuptling lächelte verwirrt, obwohl seine Züge dennoch sorgenvoll und hoch konzentriert wirkten.

"Menschlein, was machst'n hier?", hörte sie auch Vol'jin, der aus einer Ecke des großen Raumes kam, in dessen Mitte nur ein Tisch und einige Stühle standen, sprechen.

"Ihr hättet ruhig anmerken dürfen, dass ihr auf du und du mit den Anführern der Horde seid, Mylady.", zischte Aethas argwöhnisch und zog eine Augenbraue hoch. Aus einer anderen Ecke trat eine untote Elfe, die eine gewisse Ähnlichkeit zu Dolette aufwies, an die Sprechenden. Ihre glühenden roten Augen musterten die Priesterin von oben bis unten.

"Nicht mit allen, Aethas.", sagte die Herrscherin der Verlassenen. Der Blutelf nickte nur verstehend.

"Hört mich an! In Unterstadt gab es einen Aufstand, angeführt von Varimathras.", begann Marialle gebiterisch die brisante Situation zu erläutern und zog augenblicklich die Aufmerksamkeit auf sich.

"Was?!", wurde sie von der schockierten Sylvanas harsch unterbrochen.

"Es ist noch schlimmer. Putress ist es gelungen die Seuche, mit meiner Macht, herzustellen. Jetzt ist er hier, um sie an allen anzuwenden, egal ob Geißel, Horde oder Allianz.

"Bei den Ahnen!", stieß Thrall fassungslos hervor. Das satte Grün wich aus seinem Gesicht und ließ es fahl und beinah grau zurück. Die Bansheekönigin stand noch immer halb im Schatten. Völig erstarrt. Die roten Augen geweitet vor Zorn.

"Die Schlacht is in vollem Gange, wir können unsere Streitmächte jetzt nich abziehen, wir hab'n die Geißel fast geschlagen!", kam es bestimmt vom häuptling der Sen'Jin.

"Wir müssen es versuchen! Folgt mir.", befahl Thrall, der sich offenbar schnell gefasst hatte und eilte durch den Raum hinaus zur Tür. Die anderen vier folgten ihm.

"Fünf Wölfe, jetzt!", schrie er laut durch den Innenhof, in Richtung Ställe und der Stallmeister schickte sich augenblicklich an, die Tiere hinaus zu führen. Marialle, Aethas und die drei Anführer saßen auf und setzten sich rasch in Bewegung.

"Ist die Priesterin vertrauenswürdig?", fragte Sylvanas, während sie auf den Wolf stieg.

"Oh, ich hatte schon die ein oder anderen Bedenken, Lady Windläufer, aber Rhonin...", begann der Erzmagier, doch Thrall unterbrach ihn harsch.

"Lady Lichtsprung ist über jeden Zweifel erhaben, Lord Sonnenhäscher! Der Verrat der euch zu Teil wurde schmerzt auch mich, Sylvanas, aber wir können es uns nicht leisten dem nicht nach zugehen." Marialle schenkte dem Schamanen ein dankbares Lächeln und war sich sicher, dass die anderen beiden die Wahrheit in seinen klaren blauen Augen erkennen konnten. Die dunkle Elfe nickte zähneknirschend.

"Wenn ich diesen verräterischen Haufen Dämonengedärme in die Finger kriege, werde ich ihn zerstückeln!", zischte die ehemalige Waldläufergeneralin mehr zu sich selbst, als zu den anderen.

Die fünf ritten schnell, auf den bereit gestellten Wölfen, durch das Schneegestöber, der Ausläufern der Drachenöde und die Pforte des Zorns, vor ihnen wurde immer größer. Als sie schon die Massen der Orks und Menschen, mit dem Rücken zu sich gewandt, erkannten, erklang eine laute Stimme über das Schlachtfeld.

"Ihr bezahlt, für die Leben die ihr stahlt, Monster!", waren die klaren Worte, ausgehend von den zwei Gestalten, vor den Reihen der Horde und Allianz. Den beiden gegenüber stand, unverkennbar der Lichkönig, Arthas Menethil und seine dunkel verzerrte Stimme hallte über die vielen Köpfe der Geißel, Horde und Allianz.

"Große Worte. Doch es gibt nichts, das ihr..." Eine gewaltiger Knall ließ die Hohepriesterin zusammenfahren. Marialle suchte das Schlachtfeld nach dem Hervorheber der Explosion ab und dann trat ein Verlassener auf einen Hügel und rief den sich gegenüberstehenden Parteien etwas zu, was sie nicht verstand. Hinter ihm tauchten weitere Untote auf.

"Wir sind zu spät!", brüllte Sylvanas und versuchte den Truppen die ihr am nächsten waren, ein Zeichen zu geben und dann flogen weitere grüne Kugeln durch die Luft und explodierten auf dem ganzen Schlachtfeld. Sie erfassten jeden der an dem Kampf teilnahm, ob von der Horde, der Allianz oder der Geißel.

Die Augen der Priesterin rasten über die Gestalten, die einer nachdem anderen zu Boden sanken, und hoffte nirgendwo die der Todesritterin zu erblicken. Der Lichkönig zog sich hinter die, einen Spalt geöffnete, Pforte zurück.

"Wir müssen hier weg, sonst erwischt uns die Seuche auch noch!", rief Thrall durch die gequälten Laute, die die Sterbenden von sich gaben. Der Priesterin wurde speiübel. Schon jetzt war das Schlachtfeld vom Geruch des Todes erfüllt.

In dem Moment dachte Marialle, an der Pforte etwas fallen zu sehen, doch ihre Aufmerksamkeit wurde sogleich wieder abgelenkt.

"Seht! Der Schwarm, der Lebensbinderin." Aethas deutete auf heran fliegenden großen Geschöpfe. Die roten Drachen flogen tief über das Schlachtfeld und spiehen Flammen auf die, teilweise schon toten Körper der verfeindeten Streitmächte, auf dass sie nicht zu neuem, untoteten Leben, erwachten.

"Sylvanas!", donnerte eine Stimme zu der kleinen Gruppe um Marialle. Die Hohepriesterin erkannte Tirion Fordring, der schnellen Schrittes auf sie zu stapfte, gefolgt von Modera. Er kam vor der dunklen Waldläuferin zum Stehen. Ihre Augen funkelten bedrohlich, bevor sie zu einer Erwiderung ansetzte, doch Marialle war schneller.

"Lord Fordring, Unterstadt wurde von Varimathras übernommen und Putress hat diese Seuche, ohne das Wissen von Lady Windläufer, in die Streitmächte katapultiert." Er wandte sich von der Untoten ab und blickte erstaunt auf das Antlitz der Hohepriesterin.

"Mylady Lichtsprung, was macht ihr denn hier?", fragte er nur.

"Ich wurde, in Putress Auftrag, entführt und durch meine Macht, war es ihm möglich diese Seuche zu entwickeln. Ich brach sofort hier her auf, um das zu verhindern und von dem Putsch in der Unterstadt Lordaerons zu berichten.", erklärte sie aufgeregt.

"Ach ihr wart das also. Lady Modera hat mir bereits davon berichtet und es ist mir gleich! Was können die Krieger der Allianz dafür, dass ihr eure Untertanen, wenn man sie denn so nennen will, nicht unter Kontrolle habt, Mylady Windläufer?" Wandte er sich wieder gereizt und sarkastisch zurück an die Untote.

"Ich habe keine Zeit für diese belanglosen Streitereien, ich werde mir meine Stadt zurück holen!", zischte Sylvanas bedrohlich ruhig und ihre glühend roten Augen schienen eine Nuance dunkler zu werden.

"Lord Fordring, gebt das Bündnis mit der Horde nicht leichtfertig auf. Der Lichkönig ist noch nicht besiegt und die Geißel wird Azeroth weiter tyrannisieren und schließlich zerstören. Wir werden Unterstadt zurück erobern und uns dann neu formieren, um Arthas entgültig zu bezwingen!", mischte sich Thrall entschlossen ein. Marialle konnte spüren wie das Gewicht der bedrückend wahren Worte in der Luft hing und das umliegende brennende Schlachtfeld für einen Augenblick in der Zeit still stehen ließ. Tirion fing sich allerdings rasch.

"Das obliegt nicht meinem Entschluss. Lord Fordragon, sofern er noch am Leben ist, wird entscheiden, ob dieses Bündnis noch weiteren Sinn ergibt." Der Paladin wandte sich ab und ging zurück zu der Allianzfestung.

"Also verlieren wir keine Zeit, wir brechen sofort nach Unterstadt auf. Vol'jin schick einen Boten nach Ogrimmar, wir werden Hilfe benötigen.", befahl der Kriegshäuptling.

"Wir kehren zurück nach Dalaran, Mylady Lichtsprung. Wir werden dort auf Rhonin und Vereesa warten.", erklärte die Erzmagierin, Marialle nickte gedankenverloren. Sie fragte sich, ob Dolette mit den anderen vielleicht auch schon zurück nach Dalaran gekehrt ist. Sollte es ihr gut gehen, so würde sie dies ganz sicher tun.

"Kriegshäuptling!" Der Angesprochene drehte sich um. Er war grade, wie die anderen beiden auf seinen Wolf aufgesessen.

"Lady Lichtsprung?"

"Sobald Dolette wieder bei mir ist, werden wir, zu eurer Unterstützung nacheilen."

"Dolette? Sie lebt doch noch?" Es war der Häuptling der Dunkelspeere, der erstaunt die Frage ausstieß, die auch im Gesicht des Schamanen abzulesen war.

"Dolette Glutklinge? Ihr seid mit meiner Todesritterin zusammen angereist, Hohepriesterin?", schaltete sich die untote Waldläuferin ein, die nicht minder überrascht drein blickte. Marialle nickte ihr zu, bevor sie sich wieder an Thrall wandte.

"Ihr hört es selbst Thrall, aber sie hat noch viel von dem, was sie zu ihren Lebzeiten ausgemacht hat." Der Ork nickte verstehend und trieb seinen Reitwolf an.

"Bis dahin, Lady Lichtsprung." Sie sah den dreien noch einen Augenblick zu bevor sie sich zu den beiden Erzmagiern drehte und entschlossen nickte. Sofort spürte sie wieder, den mittlerweile vertrauten Sog der Teleportation.
 

"Puuuuutress!", brüllte die Todesritterin hasserfüllt und sah mit ihren funkelnden, blauen Augen hinab auf den Hügel, von dem die Katapulte abgefeuert wurden. Er beachtete sie nicht, vielleicht hörte er sie auch gar nicht, und schien noch immer gehässig zu lachen.

"Rhonin! Bringt mich da runter!", befahl sie dem Anführer der Kirin'Tor.

"Da unten sind viel zu viele der abtrünnigen Verlassenen, Lady Glutklinge. Das ist Selbstmord.", antwortete er bestimmt. Sie schnaubte verächtlich und stieg abermals auf die Mauer der Balustrade, um sich kraftvoll abzustoßen. Kurz darauf kam sie an einer Schräge, der Pforte des Zorns auf und rutschte daran herab. Sollte sich dieser Mensch doch weiterhin in seiner Zitadelle verschanzen. Sie würde den Großapotheker nicht entkommen lassen. Dolette vernahm Rufe über sich, die sie vermutlich aufhalten sollten. Auch von den beiden Menschen, die sie in dem, ihr so weit entfernt scheinden Leben, wohl einst gut gekannt hatte, doch das war ihr gleich.

Putress hatte die Priesterin im seinem Großlabor schon fast umgebracht und jetzt war es ihm anscheinend gelungen. Ihr Magen zog sich bei diesem Gedanken schmerzhaft zusammen, doch der Hass vertrieb das Gefühl schnell. Sie sinnte nur noch auf Rache und schlitterte weiter rasant die Pforte hinab. Aus den Augenwinkeln sah sie grade einen kleinen Schwarm roter Drachen, der zielsicher auf das Schlachtfeld zusteuerte, aber auch das interessierte sie nicht.

Endlich war sie am Boden angekommen und ihre durchtrainierten Beine brachten sie in Windeseile auf die Anhöhe, auf der der Großapotheker eben noch gestanden hatte. Die Verlassenen waren schon auf dem Rückzug, an ihrer Spitze Putress. Sie wandte sich zur Seite und sprintete an dem Trupp vorbei. Präzise ließ sie ihren Todesgriff vorschnellen und erwischte ihn tatsächlich!

Die Todesritterin hatte nicht viel Zeit um ihre Rache zu vollenden, denn gegen alle Anhänger hinter dem Apotheker, konnte selbst sie nicht bestehen. Er flog auf sie zu und in seinem Blick stand Todesangst.

"Ihr! Wie oft wollt ihr mir denn noch in die Quere kommen, Todesritterin?", presste er starr vor Entsetzen hervor.

"Es wird kein weiteres mal geben, Putress!", zischte sie leise, bevor sie ihr riesiges Schwert zog. Die roten Runen leuchteten hell auf, lechzend nach Tod. Sie holte aus und ließ es niederfahren.

'Rache! Blut! Tod!', wisperte es heimtückisch in ihrem Inneren und die goldene Flamme erlosch. Eine Axt kam heran geflogen und wehrte ihren Streich ab, so kraftvoll, dass es sie einen Schritt zurück trieb. Dolette schrie auf vor Zorn und Enttäuschung. Einer der abtrünnigen Verlassenen hatte sie geworfen und der Rest des Trupps kam nun auf sie zu gerannt.

Es gab kein Entkommen.

Dolette wusste, dass ihr Ende gekommen war.

Zurück in der schwebenden Stadt

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Zurück in der schwebenden Stadt
 

Es war totenstill in der Violetten Zitadelle, als Marialle zusammen mit Aethas und Modera zurückkehrte. Die anderen waren offenbar noch nicht zurückgekehrt, sofern sie noch am Leben waren.

"Was machen wir jetzt?", erklang die Stimme der Erzmagierin, an den anderen gewandt.

"Wir warten. Um ehrlich zu sein, vermag ich grade gar nicht darüber nachzudenken, was geschieht, wenn sie nicht zurückkehren.", gab er betrübt zurück.

"Vielleicht waren sie einfach nur zu spät, schließlich waren sie oben auf der Pforte und Putress ganz unten.", sprach die Hohepriesterin hoffnungsvoll. Die Erzmagier betrachteten sie gedankenverloren und sagten nichts.

Auch Marialles Gedanken überschlugen sich, zwischen Angst, Sorge, Wut und Hoffnung wechselten ihre Gefühle, beinah im Takt ihres Herzschlags. Und zu jedem dieser Gefühle gab es eine Möglichkeit was der Todesritterin wohl geschehen war. Sie hatte es doch geahnt, kaum hatten sie sich wieder angenähert, würde die Priesterin sie wieder verlieren.

Die Nacht in der die dunkle Elfe sie zum Baden begleitete drang bei diesem Gedanken, erbarmungslos in ihr hoch.

Die ehemalige Paladin war zu ihr in den See gestiegen und fand ein mal wieder die richtigen Worte, die die Mauern der Priesterin bröckeln ließen. Sie hatte sie nach ihren Ängsten und Sorgen gefragt und nach kurzem überlegen, hatte sie den Fehler gemacht und sich darauf eingelassen.

Und so war es ein leichtes für ihre Gefühle, sich ungehindert Bahn zu brechen, als Dolette ihr die ausschlaggebende Frage stellte.

'Jetzt weiß ich worüber du aktuell nachgrübelst. Nun sag mir, was hat dich vorher so sehr bewegt, dass du jedes einzelne, deiner Gefühle so tief in dir verschließen musstest?' Die Hohepriesterin schluckte ein ums andere mal, nach Worten ringend und die Tränen unterdrückend. Kühle aber unglaublich sanfte Hände legten sich auf ihre Schultern und der winzige goldene Glanz in den blau schimmernden Augen, der Elfe, rang auch den letzten Widerstand in ihr nieder. Silbern tropften die Tränen hinab und brachen die glatte Wasseroberfläche auf. Marialle fixierte den Schimmer in den Augen, der Frau vor ihr und wartete darauf, dass sich ihre Züge und Farben denen der Paladin anglichen die schon vor so langer Zeit von ihr gegangen war, doch die gewohnte Irreführung blieb aus. Stattdessen fühlte sie eine unbändige Sehnsucht in sich aufsteigen. Den Drang, die marmorgleiche Haut zu berühren und zu küssen. Das war neu, so deutlich war ihr bisher nicht klar gewesen, dass sie in der Todesritterin, nicht länger nur den Schatten der Paladin sah, die Dolette einst war. Die Gefühle die in ihr tobten, galten ebenso ihrem untoten Ich, wie sie es einst für die lebendige Elfe empfunden hatte. Dolette schien die Veränderung im Antlitz der Priesterin aufgefallen zu sein und auch die Tränen liefen nicht länger ihre Wangen hinab. Sie legte den Kopf schief und das Schimmern, das von ihren Händen, an den Schultern der Menschenfrau ausging, wurde eine Nuance heller und erleuchtete ihre aschfahle Haut.

'Als du gestorben bist, wollte ich dir nach.', erklärte Marialle nun und Fassungslosigkeit breitete sich im Gesicht der dunklen Elfe aus.

'Alles hatte für mich seinen Sinn verloren. Ich stand oben auf dem Vorsprung des kleinen Berges, in der Nähe des Hofes meiner Familie und konnte mich nicht dazu durchringen zu ihnen zu gehen, um ihnen von deinem und Bertholds Tod zu berichten. Ich wollte einfach nur sterben. Ich weiß nicht mehr wie lange ich dort stand, aber irgendwann holte mich das Geschrei eines Neugeborenen aus meiner Dunkelheit. Unten im Tal sah ich Daria mit ihrer kleinen Tochter, die kurz vorher zur Welt gekommen war und mein Pflichtbewusstsein hielt mich davon ab einfach zu springen. Die kleine würde mich schließlich vielleicht irgendwann brauchen.' Sie hatte sich matt und emotionslos gefühlt, als sie der Elfe von diesen dunkelsten, ihrer Momente erzählte. Es kam ihr vor als würde sie die Geschichte einer anderen erzählen. Das Gesicht der Todesritterin war vor Schmerz verzerrt, der in ihrem Inneren zu toben schien. Sie schaute zur Seite, bemüht sich diese Gefühlsregung nicht anmerken zu lassen, doch Marialle erkannte was in Dolette vor ging, obwohl sie mehr als erstaunt war, dass es diesem, eigentlich von Gefühlen befreitem, Wesen möglich war, so empathisch zu sein. Der Priesterin glitt ein schwaches Lächeln über die Lippen, als die Arme der Elfe kraftlos von ihren Schultern rutschten und ins glitzernde Wasser glitten. Sie legte ihre Hand sanft auf eine der kalten Wangen der dunklen Ritterin und strich zärtlich mit ihrem Daumen darüber. Unter Marialles Hand begann es golden zu schimmern und zu ihrer Verwunderung wurde es nach einigen Herzschlägen sogar warm. Dolette brauchte etwas bis sie aufsah, doch der helle Glanz in ihren Augen, ließ das Herz der Hohepriesterin schneller schlagen, als sich ihre Blicke schließlich trafen.

'Es bedeutet mir viel, dass du meinen Schmerz mitfühlst, doch es war und ist niemals deine Schuld, Dole. Matere dich nicht, du bist hier und das ist alles was zählt.' Der Gesichtsausdruck der Todesritterin sprach Bände, soviel Zusprache zu ihrer eigenen und vorallem jetzigen Daseinsform hatte sie offenbar nie im Leben erwartet. Sie schien unfähig etwas zu sagen, was Marialle erneut ein leichtes Lächeln abverlangte.

'Was gibts denn da zu lachen?', fragte sie nun doch, in ihrer schlichten, fast unbeholfenen Art.

'Ich habe grade etwas erkannt und das lässt mich schmunzeln.', erklärte die Menschenfrau und Dolette verzog leicht den Mund.

'Aha und was?' Die Todesritterin, dachte wohl, dass sie sich über sie lustig machte, ohne zu ahnen welch bedeutsame Erkenntnis wirklich in der Priesterin aufgestiegen war. Marialle besann sich einen Augenblick und suchte nach den richtigen Worten, bevor sie sprach:

'Seit dem du zurück in mein Leben gestürzt bist, hatte ich gedacht, in dir immer nur die Frau zu sehen die ich verloren habe und so verzweifelt vermisse, aber jetzt wird mir bewusst, dass dem nicht so ist, dass du jetzt vielleicht anders bist, aber meine Gefühle für dich sind kein Widerhall der Vergangenheit, sondern eine neu entfachte Flamme.' Sie kam sich etwas komisch vor, so drum herumzureden, doch sie hatte Angst, die dunkle Elfe mit dem Wort Liebe zu verschrecken und hoffte, sie würde es auch so verstehen.

Dolette war erstarrt und machte es der Priesterin unmöglich, zu erkennen was grade in ihr vorging. Sie ließ schon enttäuscht ihren Blick sinken und zog die Hand von der Wange der Todesritterin zurück, als diese ihr Handgelenk packte und es mit sanfter Gewalt fest hielt.

'Marialle, in mir tobt es. Eine übermächtige Dunkelheit, drängt mich von dir fort, doch der kleine goldene Schimmer den du in mir entfacht hast wächst beständig an. Um ehrlich zu sein, wollte ich nach dem wir an der Pforte waren, davor flüchten, aber jetzt...' Die heisere Stimme der Elfe versagte ihr den Dienst, als sie ehrfürchtig von dem goldenen Funken in sich berichtet, der es so tapfer mit der Dunkelheit aufnahm. Das Herz der Priesterin schlug noch schneller, als ihr bewusst wurde, dass es Dolette grade genauso ergangen war wie ihr selbst und so bedurfte es keiner weiteren Worte mehr. Sie gab den Widerstand ihrer Hand auf und schmiegte ihren nackten Körper an den der Elfe. Bevor sie ihre Augen genießend schloss, erblickte sie das goldene Leuchten, dass den Körper von Dolette sanft umschloss. Zusammen mit dem silbernen Mondlicht ließen die Spiegelungen in der Wasseroberfläche ein vertrautes Bild von goldenem und silbernem Licht entstehen.

Marialle seufzte innerlich und schalt sich dafür, dass sie es so weit hatte kommen lassen. Der vertraute Schmerz schnürte ihre Kehle zu, seit die erste Explosion das Schlachtfeld erschüttern ließ. Die Angst, Dolette ein weiteres mal verloren zu haben, war unbändig. Aber war dieser eine Moment es nicht auch vielleicht wert gewesen, auch wenn es ein letzter war?

'Hör auf so etwas zu denken, sie kehrt sicher gleich mit den anderen zurück!' Und tatsächlich schälten sich, in diesem Moment, einige Körper in die Umgebung, der Halle der Violetten Zitadelle.

"Na bitte, da kommen sie.", ließ sich Aethas zufrieden vernehmen. Die Gestalten nahmen klare Umrisse und Farben an und als Marialle erkannte, dass die Todesritterin nicht bei ihnen war, sank sie, mit erstarrten Gesichtszügen, auf die Knie. Die Tränen liefen stumm an ihren Wangen herab, doch ihre Miene war weiterhin starr.

"Mari!" Odessa stürzte sofort auf die Hohepriesterin zu, offenbar erkennend, was sich in ihr abspielte.

"Mylady Lichtsprung, die Herrin ist in den Trupp des Großapothekers gestürzt, wir konnten sie nicht aufhalten. Wir mussten fliehen als die Geißel sich wieder auf den Balustraden der Pforte postierten und wir wissen leider nicht was aus ihr geworden ist." Marialle sagte nichts und rührte sich auch nicht. Sie sah sich selbst in Quel'danas stehend, nachdem sie erfahren hatte, dass die Elfe ihr Leben gelassen hatte. Alles kam ihr grade unendlich fern vor. Sie selbst, die anderen und selbst ihr Schmerz schien nicht mehr der ihre. Sie stand auf.

"Ich habe Sylvanas und Thrall versprochen ihnen dabei zu helfen Unterstadt zurückzuerobern. Verehrung an die Kirin'Tor.", erklärte sie nur abwesend, verneigte sich in Richtung Rhonin und drehte auf dem Absatz um, die Violette Zitadelle zu verlassen. Sie ließ nur verwirrte Mienen zurück.
 

Das war also ihr Ende. Innerlich schmunzelte sie, wozu brauchte die Welt auch eine Todesritterin, die in der Lage war zu lieben.

Liebe. Jetzt hatte sie es erkannt und war trotzdem nicht in der Lage die Menschenfrau zu beschützen. Der Tod war ihr mehr als willkommen. Sie sah die Schergen des Großapothekers auf sich zu stürmen und schloss ihre Augen, auf den Schmerz wartend, der ihrem jämmerlichen Dasein ein Ende bereiten würde, doch er blieb aus. Stattdessen vernahm sie, durch ihre geschlossenen Lider ein helles goldenes Leuchten und dachte für den Bruchteil eines Herzschlages es würde von ihr selbst ausgehen, doch dann öffnete sie ihre Augen, riss sie förmlich auf, als ein riesiger goldener Hammer die Heranstürmenden fort riss. Sie konnte nicht sofort erkennen, von wem dieser mächtige Zauber ausging, aber sie erkannte ihre Chance, doch noch ihre Rache zu bekommen. Also sprang sie wieder auf und wandte sich erneut Putress zu.

"Stellt euch Abschaum!", schrie sie ihn an. Sein Gesicht war verzerrt, Staunen und Angst zeichneten sich darauf ab, doch sie ließ sich nun nicht mehr beirren. Ihre Augen glommen bedrohlich und das leuchtende blau schien wie Rauch empor zu steigen, als sie langsam auf ihn zu trat. Zwei der abtrünnigen Verlassenen rannten, mit erhobenen Schwertern auf sie zu, doch sie wehrte die Angriffe mit ihrem Runenschwert elegant ab, drehte sich einmal um sich selbst und trennte ihnen die verfaulten Köpfe vom Körper. Hinter ihr war ein Kampf entflammt, offensichtlich hatte ein kleiner Trupp Menschen überlebt und verfolgte, ebenso wie sie, die Verräter. Sie erhob ihr Schwert und spürte wieder dessen ungnädigen Hunger nach Blut und Tod, in sich aufsteigen.

"Stellt euch!", befahl sie ein weiteres mal, doch Putress machte keine Anstalten eine Waffe zu ziehen oder einen Zauber zu formen. Es war ihr gleich, sie holte aus und ließ ihr Runenschwert niederfahren. Es durchtrennte den Hals des Apothekers mit Leichtigkeit und sie schaute seinem Kopf befriedigt dabei zu, wie er von dem, in die Knie, sackenden, Körper wegrollte.

Mit entfachtem Blutdurst drehte sie sich um und stürzte sich in den laufenden Kampf. Die Menschen waren allerdings in leichter Überzahl und so war er viel zu schnell, für ihren Geschmack, vorrüber. Dolette ließ ihre Klinge zurück in die Scheide gleiten, als jemand an sie heran trat und sie ansprach.

"Ihr musstet wahrlich Sehnsucht nach dem Tod gehabt haben, wenn ihr so viele Gegner alleine angreift, Todesritterin." Der Mann in der silbernen Rüstung, mit den blauen und goldenen Verzierungen darauf, legte Achtung in seine Worte und lächelte sogar leicht. Das Alter hatte ihn deutlich gezeichnet, dennoch war er eine beeindruckende Erscheinung und die Elfe konnte spüren, welche Macht von ihm ausging. Er kam ihr bekannt vor, aber ihr fiel nicht ein woher. So erwiderte sie sein Lächeln nur matt.

"Wäre möglich.", antwortete sie knapp.

"Da sollte man denken, ein Todesritter findet im Abschlachten seinen Grund zu leben, aber ihr scheint euren verloren zu haben." Ein Schatten glitt über ihr Gesicht, als er den Grund, für ihren halsbrecherischen Versuch, den Großapotheker allein zu stellen, ansprach.

"Eine scharfe Auffassungsgabe scheint ihr ja zu haben, Mensch. Habt ihr auch einen Namen?" Nun lachte er herzhaft.

"Tirion Fordring, Paladin der silbernen Hand." Er hielt ihr kameradschaftlich seine Hand entgegen. Und da fiel ihr ein woher sie ihn kannte. Er stand damals neben Varian Wrynn, als sie die Hohepriesterin zum ersten mal, vor der Kathedrale erblickte.

"Dolette Glutklinge, danke für eure Hilfe." Sein Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig.

"Dolette Glutklinge? Wisst ihr um euer ehemaliges Leben?", fragte er ohne Umschweife. Sie schluckte hart. Ein Paladin, natürlich wurde er bei ihrem Namen hellhörig. Verwunderlich genug, dass er sie nicht so schon erkannte. Sie konnte es nicht mehr ändern und nickte daher leicht.

"Ja, Marialle...Mir wurde ein Teil meiner Lebensgeschichte zugetragen. Ich war einst ebenfalls eine Paladin." Sie lächelte schwach, doch sein Gesicht wies schon wieder Spuren der Überraschung auf.

"Die Hohepriesterin? Wart ihr in ihrer Begleitung?" Nun weiteten sich ihre eigenen Augen irritiert.

"Ja, das war ich. In Dalaran trennten wir uns." Sie zog eine Augenbraue hoch und sah ihn fragend an, doch er ließ sie einige Herzschläge unbewusst warten.

"Als die Drachen der Lebensbinderin die Toten auf dem Schlachtfeld verbrannt haben, habe ich sie, in Begleitung der Anführer der Horde und diesem Blutelfen der Kirin'Tor, getroffen. Wenn ich das richtig gesehen habe ist sie kurz nach meinem Aufbruch, mit den Erzmagiern wegteleportiert. Sie versprach dem Kriegshäuptling, sich an der Rückeroberung, der Unterstadt Lordaerons, zu beteiligen. Ich kann euch also nicht sagen, ob sie noch in Dalaran ist." Noch während der Paladin sprach, hellte sich die Miene der Todesritterin auf und sie fiel dem Menschen unvermittelt um den Hals. Erst sah er verwundert drein, doch dann klopfte er ihr freundschaftlich auf den Rücken und lachte leise.

"Ist ja gut.", sagte er schlicht und sie zog sich schnell wieder von ihm zurück.

"Verzeiht, Lord Fordring." Er lachte herzhaft auf.

"Eine schöne Todesritterin seid ihr mir! Wenn ihr in Dalaran gefunden habt, was ihr suchtet, dann kommt zur Allianzfeste, wir werden jetzt nicht aufgeben, den Lichkönig zu Fall zu bringen! Das Schicksal ganz Azeroths hängt daran." Sie nickte ihm entschlossen zu.

"Das werde ich! Sagt, in welcher Richtung liegt Dalaran?", fragte sie und er erhob nur seine Hand und deutete zu seiner Rechten. Sie drehte sich um und begann zu laufen, so schnell sie ihre Beine trugen.

Sie war am Leben!

Vereinzelte Schneeflocken zerbarsten an ihrem Gesicht, bei der hohen Geschwindigkeit die sie erreichte. Ihre blassen Lippen zierte ein erleichtertes Lächeln.
 

"Marialle!" Es war der Anführer der Kirin'Tor, der sich vernehmen ließ, um die Priesterin an einem voreiligen Aufbruch zu hindern. Sie blieb stehen und drehte sich um, betrachtete den Erzmagier ausdruckslos. Sie wollte einfach nur hier weg. Vergessen, wieder an den Punkt gelangen, an dem sie war, bevor sie die Todesritterin traf. Vielleicht würde sie auf dem Weg nach Unterstadt einen Abstecher zu ihrer Familie machen, ihre kleine Patentochter sehen, sich Kraft abholen, um weiterleben zu können.

"Bleibt noch eine Nacht in Dalaran, überdenkt genau eure nächsten Schritte und ruht euch aus.", schlug Rhonin vor. Marialles Blick war schwammig. Es fiel ihr schwer einen festen Punkt länger zu fixieren.

"Ja, Mari. Bleib heute Nacht hier. Wenn du morgen aufbrichst werden wir dir folgen.", bekräftigte Odessa, die Worte des Magiers und wechselte einen Blick mit Borigan, um sich seines Einverständnisses zu versichern.

"Außerdem, kann es doch sein, dass es ihr gut geht und auf eigene Faust zurück nach Dalaran kehrt, gib ihr etwas Zeit. Gib die Hoffnung noch nicht auf.", fuhr die junge Magierin fort.

Hoffnung. Ja, sicher war sie nicht, dass sie Dolette ein zweites mal verloren hatte, aber konnte sie es sich erlauben zu hoffen? Würde es ihr nicht den letzten Lebenswillen rauben, wenn sie nun doch noch zu hoffen wagte und diese Hoffnung unbegründet blieb?

Hoffnung hin oder her, ihre Gefühle waren grade betäubt und vielleicht würde sie sogar etwas Schlaf finden, wenn sie sich jetzt ausruhte, also willigte sie ein.

"Also schön, ich bleibe eine Nacht hier. Wie sieht es mit euch aus Meister Plagg, wollt auch ihr mir nach Unterstadt folgen?", wandte sie sich an den Verlassenen, der bisher nur ruhig in einer Ecke stand. Als er aufsah, erschrak sie kurz, seine zerfledderten Gesichtszüge wiesen Trauer auf. Das hatte sie nicht erwartet, doch dem Untoten schien mittlerweile viel an seiner Herrin zu liegen. Die Sukkubus ihrerseits schaute nur seicht grinsend in der Gegend umher. Wie so oft schien sie nichts von dem, was um sie herum geschah, zu registrieren.

"Mylady Lichtsprung, so oder so werde ich dabei helfen mein Zuhause wieder zurück zu erkämpfen, wenn ich dies an eurer Seite tun kann, um so mehr." Er verneigte sich kaum merklich und Marialle nickte ihm zu.

"Dann lasse ich Zimmer für euch herrichten. Seid unsere Gäste, für heute Nacht. Bis dahin folgt mir und esst mit uns." Rhonin ging vor, dicht gefolgt von Vereesa, Modera und Aethas. Marialle und ihre Gefährten schritten ihnen ebenfalls hinterher, die Treppe hinauf, durch eine große Flügeltüre hinter der ein langer Flur lag. Am Ende des Flures, durchschritten sie eine weitere Flügeltür und erreichten einen großen Speisesaal. Auf der großen Tafel standen reihenweise Kerzenleuchter und von den Wänden hingen, wie schon zuvor in dem langen Flur, reich verzierte violette Wandteppiche, mit aufgestickten Zeichen der Kirin'tor, hinab.

Sie verbrachten einen ruhigen, kurzen Abend im Kreise der Kirin'Tor, der nur durch die bedrückte Stimmung zeigte, unter welch dunklen Umständen er stattfand.

Marialle stand in ihrem Zimmer, das ihr bereit gestellt wurde, blickte aus dem Fenster und betrachtete wehmütig den Mond, der über der Schwebenden Stadt thronte. Ob Odessa recht hatte, war Dolette vielleicht gar nicht Tod, sondern bereits auf dem Weg zu ihr?
 

Die Nacht war herein gebrochen, doch die Todesritterin, dachte nicht daran zu rasten, oder auch nur ihre beeindruckende Geschwindigkeit zu reduzieren. Sie rannte wie der Wind, ihr Ziel fest vor Augen. Sie musste Dalaran erreichen, bevor der Morgen anbrach, vielleicht hatte sie Glück und die Priesterin hätte die Nacht in Dalaran verbracht und würde erst am Morgen nach Unterstadt aufbrechen. Die Elfe würde das Versprechen, was sie dem Paladin gab nicht brechen. Sie stand in seiner Schuld und würde zu ihm stoßen, um dem Lichkönig endgültig Einhalt zu gebieten, aber falls Marialle Dalaran schon verlassen hätte, würde das bedeuten, sie würde womöglich in dem Glauben sein, die Todesritterin wäre Tod.

Sie rannte die ganze Nacht hindurch und der Himmel färbte sich am Horizont schon orange, als sie von weitem die Umrisse der schwebenden Stadt erkannte. Es war ein atemberaubender Anblick. Dalaran schien mühelos viele Körperlängen über dem Kristallsangwald zu schweben. Sie zog das Tempo noch weiter an, es durfte nicht umsonst sein.

Hoffen und träumen

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Hoffen und träumen
 

Die Sonne war kaum aufgegangen und Marialle blickte sich noch einmal auf dem großen Platz um. Dolette war nicht gekommen und so zerschlugen sich ihre Hoffnungen. Sie seufzte tief, als Karsus der Flugmeister, ihr die Zügel eines Greifen übergab. Ihre Gefühle waren noch immer betäubt und sie war mehr als dankbar dafür. So saß sie gemeinsam mit Plagg, Odessa und Borigan auf, winkte noch den Erzmagiern und Vereesa Windläufer, die sie zu Karsus Landeplatz begleitet hatten, zum Abschied und trieb ihr Tier an sich in die Lüfte zu erheben.

Sie sah der schwebenden Stadt zu, wie sie langsam kleiner wurde, bis die Bewohner Dalarans nur noch winzige Punkte am Boden waren. Kurz dachte sie einen kleinen goldenen Schimmer durch die Straßen der Stadt flitzen zu sehen, doch sie schmunzelte und überlegte, ob ihre unterdrückten Gefühle ihr einen Streich spielten. Sie wandte ihren Blick nach vorne, auf ihr Ziel. Zurück zum Hafen der Vergeltung und weiter nach Unterstadt, Varimathras sollte büßen, für das was er ihr antat, als er sie, durch seine hinterlistigen Pläne, auf diese unfreiwillige, unheilvolle Reise geführt hatte.
 

Die Sonne war bereits aufgegangen, als Dolette Dalaran endlich erreichte und sich eilig durch die Massen, der Bewohner schob, die die schwebende Stadt am Morgen durchstreiften.

"Ihr da! Wo lang geht es zur Violetten Zitadelle?", fragte sie einen Wachmann.

"Diese Straße entlang und dann rechts, die nächste Straße bis zum Ende und dann solltet ihr sie sehen." Er deutete auf eine der vier Straßen an dessen Kreuzung er stand und nickte ihr zu, nachdem sie sich bedankt hatte.

Die Zitadelle wurde schnell größer, als sie ihr näher kam und sie rief den Wachen bereits im Laufen entgegen.

"Lasst mich passieren ich muss zu den Anführern der Kirin'tor!" Doch die beiden Wachposten verwehrten ihr den Zutritt.

"Lord Rhonin und die anderen sind zu Karsus Landeplatz aufgebrochen, um ihre Besucher zu verabschieden.", sagte der eine. Die Todesritterin fluchte innerlich.

"Wo lang?", fragte sie knapp und der andere Wachposten deutete in die Richtung aus der sie grade gekommen war.

"Ihr müsst wieder umkehren, der Landeplatz liegt am nordöstlichen Rand der Stadt." Sie nickte ihm dankend zu und begann aufs Neue zu rennen.

Etwa auf halbem Weg kamen ihr Rhonin, Vereesa, Aethas und Modera entgegen und eine Mischung aus Verwunderung und Entsetzen lag auf ihren Zügen.

"Lady Glutklinge, ihr habt es tatsächlich geschafft.", erklang die bedrückte Stimme des Menschenmagiers.

"Rhonin, ist Lady Lichtsprung noch in der Stadt?" Er senkte den Blick und schüttelte kaum merklich den Kopf.

"Es tut mir leid, Lady Glutklinge. Sie hat Dalaran bei Sonnenaufgang verlassen.", ließ sich nun die Waldläufergenerälin des Silberbunds leise vernehmen.

"Beim Licht, glaubt sie, dass ich im Kampf gefallen sei?", stieß sie fassungslos hervor und der ungewohnte Ausspruch kam über ihre Lippen, als wäre es das normalste der Welt.

"Sie hat auf eure Ankuft bis zum Morgen gehofft, Mylady. Ich fürchte jetzt geht sie davon aus. Geht zu Karsus, sagt ihm, ihr kommt von mir und lasst euch einen Greifen aushändigen, reist ihr nach. Das Leid stand deutlich in ihr Gesicht geschrieben. Erlöst sie von dieser schrecklichen Annahme.", sprach nun wieder Rhonin zu ihr und Mitgefühl, für die Hohepriesterin, schwang in seiner Stimme mit. Dolette ließ den Kopf sinken und die Anspannung wich aus ihren Gliedern.

"Ich kann nicht.", sagte sie plötzlich unendlich kraftlos.

"Tirion Fordring hat mich gerettet und so konnte ich Putress stellen und vernichten. Ich stehe in seiner Schuld und versprach ihm zurück zukehren, nachdem ich Dalaran besucht habe, um ihm zu helfen Arthas endlich zu besiegen." Vereesa ließ nun ebenfalls den Kopf hängen und auch auf den Gesichtern der Mitglieder der Kirin'tor zeichnete sich deutlich betrübtes Verständnis ab.

"Ein Versprechen wie dieses, könnt ihr selbstverständlich nicht brechen, Lady Glutklinge. Mit eurem Einverständnis schicke ich der Hohepriesterin einen Boten hinterher, vielleicht vermag er es sie einzuholen, ansonsten wird er ihr in Unterstadt, von eurem Wohlbefinden, berichten." Sie nickte schwach.

"Ich wäre euch unendlich dankbar, Rhonin."

"Ihr solltet euch etwas ausruhen, bevor ihr weiterreist, ich könnte es mir nicht verzeihen euch unausgeruht in den Kampf zu schicken und ihr verliert letztenendes doch noch euer Leben." Die Miene der Elfe erstarrte kurz, verfinsterte sich dann bei diesen Worten.

"Erspart dem Boten diese Reise. Wenn sie die Nachricht bekommt und ich im Kampf gegen den Lichkönig doch noch mein Leben lasse, war das alles umsonst." Der Erzmagier war kurz irritiert, doch verstand er die Beweggründe der dunklen Ritterin.

"Wie ihr wünscht, Mylady. Dann kommt und ruht, bevor ihr weiter zieht." Sie nickte betreten und folgte den Erzmagiern und Vereesa Windläufer zurück zur Zitadelle.
 

Es war schon spät am Abend als die Gefährten den Hafen der Vergeltung erreichten und ein Luftschiff nach Tirisfal betraten. Marialle stand an der Reling und sah dem Nebel zu, der immer lichter wurde, je höher das Luftschiff stieg.

Der Mond stand schon hoch am sternenverhangenen Himmel, als sie die dicken Nebelschwaden hinter sich ließen und tauchte das Deck in eine unwirkliche Atmosphäre.

Sie schaute der irren Sukkubus zu, wie sie fröhlich übers Deck flitzte und sich an ihrer Angstfreiheit erfreute. Odessa trat an ihre Seite und musterte sie besorgt.

"Es geht mir gut, Odi.", sprach Die Priesterin leise, bevor die Magierin auch nur ein Wort sagen konnte.

"Und das glaubst du dir selbst? Ich habe doch gesehen wie du Dolette angeschaut hast. Du liebst sie noch immer, stimmts?", ließ Odessa sich unbeirrt vernehmen. Die Priesterin schmunzelte bitter.

"Mehr als das, Odi. Obwohl sie jetzt eine Todesritterin ist, habe ich..." Sie unterbrach sich, fühlte wie ihre Gefühle in einem dicken Kloß, in ihr aufstiegen und versuchte ihn wieder herunter zuschlucken. Sie wandte sich dem Horizont zu, bemüht ihren Gefühlen und ihrem Schmerz, Einhalt zu gebieten. Doch sie spürte wie sie sich gegen ihre inneren Mauern aufbäumten und sie drohten nieder zureißen.

"Was? Du hast dich doch nicht etwa von neuem..." Auch Odessa unterbrach sich, als sie sah, wie sich der Schmerz auf dem Antlitz der anderen abzeichnete.

"Gib die Hoffnung nicht auf, Mari. Vielleicht reist sie uns sogar schon nach.", versuchte die Magierin ihre Freundin aufzumuntern.

"Hoffnung! Diese verdammte Hoffnung hat mich doch erst in diese Situation gebracht! Als ich sie traf, begann ich zu hoffen, dass sie noch etwas von ihrem früheren Ich in sich trug. Als ich bemerkte, dass sie das noch tat, hoffte ich dass sie noch etwas für mich empfindet. Als sie sagte, dass sie Gefühle hat, sogar für mich, hoffte ich, dass ich mich nicht wieder in sie verlieben würde und als ich mich erneut in sie verliebte, hoffte ich sie nicht wieder verlieren zu müssen und sieh wo das Schicksal uns wieder hingeführt hat, Odi! Wir sind dazu verdammt uns ewig zu suchen, nur damit wir uns gleich wieder verlieren, sobald wir uns gefunden haben! Sieh wo mich die Hoffnung hingetrieben hat! Hoffnung ist ein Trugbild und macht nicht mehr aus uns, als Schwächlinge!" Marialle redete sich in Rage, schrie ihre letzten Sätze fast und bemerkte dabei nicht einmal, dass sie begonnen hatte zu weinen.

"Aber es kann doch sein, dass sie die abtrünnigen Verlassenen und Putress vernichten konnte. Zu Fuß ist der Weg nach Dalaran weit, vielleicht hat sie uns einfach verpasst, Mari.", bemühte Odessa sich leise weiter, um die Priesterin zu beruhigen.

"Jetzt soll ich mich also noch mit der Frage quälen, ob ich nicht länger in Dalaran hätte warten sollen? Bist du eigentlich noch ganz bei Trost, Odessa? Du weißt genau, dass ich nach Quel'danas schon kurz davor stand, meinen Verstand zu verlieren und da erwartest du, dass ich jetzt nochmal dasselbe durchmache? Nein. Ich muss vergessen, dass ich sie traf. Vergessen was es in mir auslöste und wieder dahin zurück kehren wo ich gebraucht werde. Schließlich bin ich die letzte Hohepriesterin des heiligen Lichts. Ich trage Verantwortung und darf mir keine Schwäche erlauben. Ich habe genug von diesen Gefühlen die mir den Verstand rauben." Ihre Stimme wurde zum Ende hin wieder ruhiger, doch tobten in ihrem Inneren noch immer die Gefühle.

"Selbstverständlich habt ihr damit recht, Lady Lichtsprung, aber auch ihr seid ein Wesen aus Fleisch und Blut und habt Gefühle, Stärken und Schwächen. Ihr solltet euch diese auch zugestehen dürfen und egal ob ihr nun noch hoffen wollt, oder nicht, gestattet euch für einige Augenblicke eure Gefühle auszuleben. Immerhin sind wir für ein, zwei Tage wieder auf diesem Ding hier gefangen." Es war Plagg der sich in das Gespräch, das kaum zu überhören war, einmischte und seine beruhigenden Worte erreichten die Priesterin tatsächlich. Natürlich hatte er recht, sie konnte nicht ewig vor ihrem Schmerz und ihrer Trauer davon laufen, aber sie hatte Angst. Den ganzen Tag sah sie sich immer wieder auf der Klippe, in der Nähe ihres Elternhauses stehen und in der ein, oder anderen Situation hatte sie bei sich gedacht, wie befreiend es wäre, wenn Daria und ihre kleine Patentochter, sie damals nicht bei ihrem Vorhaben gestört hätten. Aber so war es nicht geschehen und sie konnte auch nicht mehr ändern, dass sie der Elfe wieder begegnet war und sich ein weiteres mal in sie verliebt hat.

Eine Akzeptanz der Dinge stieg in ihr auf und riss ihre Mauern endgültig nieder, die Tränen brachen sich nun ungehindert Bahn Bahn Bahn und sie schaute in die mitfühlenden Gesichter, ihrer drei Begleiter und war Hahn Hahn grade nicht allein sein zu müssen.

"Wenn ihr selbst nicht mehr zu hoffen vermögt, so werde ich für euch mit hoffen, dass Lady Dolette noch immer unter den, nennen wir es, Lebenden weilt, Mylady." Plagg war ein paar Schritte näher an sie heran getreten und in seiner Stimme lag Entschlossenheit, um die Marialle ihn beneidete. Sie nickte ihm schwach zu, der Fähigkeit zu Reden, durch ihr Schluchzen beraubt und ließ sich von der Magierin in eine lange Umarmung ziehen.
 

Sie hatte den ganzen Tag über mit Rhonin und den anderen diskutiert und Taktiken für den bevorstehenden Kampf ausgetüftelt, die sie Tirion bei ihrer Ankuft in die Belagerungsfestung der Allianz unterbreiten wollte.

Als sie abends in das Bett, in dem schönen Zimmer, der Violetten Zitadelle, stieg war sie überrascht, wie schnell sie die Müdigkeit zu übermannen drohte. Als sie aber darüber nachdachte wurde ihr klar, wie geschwächt, von dem Fluch, sie noch immer gewesen war und so dauerte es nur wenige Augenblicke, bis sie in den Schlaf sank.

Die Umgebung war ihr bereits vertraut. In ihrer verfluchten Ohnmacht war sie schon einmal hier gewesen. Sie hörte das Rauschen des Meeres, die Schreie der Möwen und auch die schöne Priesterin stand einmal mehr mit den nackten Füßen in den, sich brechenden, Wellen. Sie war wieder in das leichte, weiße Trägerkleid gehüllt, doch die langen, offenen Haare und das fehlende Lachen, ließen die Elfe darauf schließen, dass dies nicht wieder die junge Ausgabe der Menschenfrau war und als sie an sie heran trat, war sie sicher, dass es die Hohepriesterin von heute war. Sie schaute an sich selbst hinab und war erstaunt festzustellen, dass auch sie nicht wieder im Körper der Paladin steckte, sondern sie selbst geblieben war. Dolette stand nun direkt hinter Marialle und legte ihr eine Hand auf die Schulter, um sie dazu zu bewegen, sich zu ihr zu drehen. Die Priesterin kam der Aufforderung nach und leichte Überraschung zierte ihre ansonsten makellosen Züge.

'Was machst du hier?', fragte Marialle offensichtlich irritiert. Die dunkle Elfe legte fragend den Kopf schief.

'Das hier ist die Vergangenheit, du gehörst hier gar nicht hin.'
 

Was sollte das für ein Traum sein, in dem die Todesritterin, ihre Erinnerungen an die Paladin störte? Seit die Elfe von ihr gegangen war, hatte sie oft von dieser Szene geträumt. Einem ihrer glücklichsten Momente, damals in Theramore, kurz vor ihrer Heimreise. Alle Unklarheiten zwischen ihr und Dolette waren ausgeräumt und sie konnten, scheinbar befreit, in die Zukunft blicken. Was machte also die Todesritterin hier? War es, weil Marialle bewusst geworden war, dass sie mittlerweile auch sie lieben konnte?

'Wieso sollte ich nicht hier sein?', fragte nun die dunkle Elfe, den Kopf noch immer schief gelegt.

'Das hier ist die Vergangenheit, meine geliebte Paladin sollte hier zu mir kommen und wir würden uns lieben, bis der Morgen graut.', erklärte die Hohepriesterin leicht gereizt. Sie war angefressen. So viele male hatte dieser Traum ihr Trost gespendet, ihr gezeigt wie schön die, vielleicht kurze, aber kostbare Zeit war, die sie mit der Paladin verbrachte.

Und da veränderte sich die Umgebung plötzlich. Es wurde Nacht und die beiden Frauen standen sich auf einmal in einem See, umringt von Bäumen, gegenüber. Ihre Kleider hatten sich aufgelöst, der Mond schien auf sie herab und Marialle wusste wo sie war.

Es war der schicksalhafte Moment in dem ihr klar geworden war, dass sie sich in die Todesritterin verliebt hatte.

Auch Dolette sah sich verwirrt in dem Gewässer um, doch ihre Bewegungen konnten die Wasseroberfläche nicht in Schwingungen versetzen. Es war also doch definitiv ein Traum.

'Was soll das alles?' Die Hohepriesterin war nun wirklich aufgebracht und verstand nicht, was ihr diese Träumerei einbringen sollte, außer noch mehr Schmerz.

'Verschwinde! Ich will dich nicht sehen!', zischte sie der Todesritterin leise zu.

'Warum nicht?', fragte Dolette schlicht.

'Weil du mich wieder verlassen hast! Kurz nachdem mir klar geworden ist, dass ich dich lieben kann! Dich, eine Todesritterin, einem verzerrten Abbild der Frau, die ich eigentlich geliebt habe!' Ihre Stimme war deutlich angehoben und gereizt. Der Schmerz drang unbändig in ihr hoch und sie wollte, dass dieser Traum endet.

'Du...du liebst mich?', kam es zögerlich von der Elfe und Marialle stutzte. Wieso fragte diese Traum-Dolette eine so deutliche Frage?

'Schade, dass es sich in dem Moment nicht wirklich so zugetragen hat. Naja, dazu sind Träume wohl da.' Träume? Eine Traumgestalt spricht doch nicht davon zu träumen, was geht hier vor sich?

'Was redest du? Das hier ist mein Traum.', kam es nun, zwar verwirrt, aber wieder ruhig von der Priesterin. Sie seufzte resignierend.

'Dein Traum?', war die Gegenfrage der Elfe und in ihrem Gesicht zeichnete sich eine Erkenntnis ab.

'Marialle! Wo bist du grade?' Sie hatte die Menschenfrau unvermittelt an den Schultern gepackt und leicht geschüttelt.

'Ich vermuten mal in meinem Bett, auf der Wolkenk...' Da rasten auch ihre Gedanken augenblicklich hin und her.

War das möglich? Die Todesritterin war am Leben und sie trafen sich hier im Traum?

'Ich bin auf einem Luftschiff zurück nach Tirisfal. Wo bist du denn?', fragte sie zögerlich und die Hoffnung keimte in ihr auf, dass diese Elfe hier tatsächlich mehr war, als nur ein Traumbild.

'Ich bin in Dalaran, Rhonin meinte ich hätte deine Abreise nur knapp verpasst!' Die Gewissheit drang nun blitzschnell und klar in der Hohepriesterin hoch und plötzlich stiegen all die unterdrückten Gefühle wieder in ihr auf, genau wie vorhin, als sie sich in den Armen von Odessa endlich fallen lassen konnte.

'Du lebst?', begann sie zu schluchzen und Dolette dachte nicht lang nach, zog sie in ihre Arme und flüsterte ihr leise ins Ohr:

'Ja, Mari. Ich habe dich nicht verlassen.' Die Menschenfrau ließ ihren Tränen jetzt freien lauf und weinte einige Augenblicke bitterlich, bevor sie sich fing und ihre Stimme wieder fand.

'Wieso bist du noch in Dalaran und nicht auf dem Weg, uns zu folgen? Was ist an der Pforte geschehen, als du dich auf Putress gestürzt hast?'

'Ich wurde aufgehalten, von einem der Abtrünnigen und dachte schon, dass es das gewesen sei, doch Tirion Fordring hat mich gerettet und als Dank versprach ich ihm, dass ich ihm im Kampf gegen Arthas bei stehen würde. Ich hoffte dich von deiner Abreise abhalten zu können, aber ich kam zu spät und du...', erklärte Dolette ruhig und unterbrach sich schließlich, ihr schmerzverzerrter Gesichtsausdruck passte perfekt in die Umgebung, denn das Bild das sie bot, war der Priesterin nur allzu vertraut.

'Nun weiß ich ja, dass du noch lebst.', sagte Marialle sanft und legte eine Hand auf die Wange der dunklen Elfe. Sie lächelte leicht und legte ihre Hand auf die der Menschenfrau. Ihre Blicke trafen sich und der Moment wandelte sich magisch, als sie beide begannen in ihren Farben zu leuchten. Das blaue Schimmern aus den Augen der Todesritterin verschwand und sie wurden matt gold. Im Gesicht der Elfe konnte sie erkennen, dass auch ihre Augen sich veränderten und das Lächeln, sowie das Leuchten erstarb. Ihr Blick war ernst geworden und mit ihrer anderen Hand um ihre Taille, zog sie die Hohepriesterin sanft, aber bestimmend näher an sich. Unvermittelt legte sie ihre aschfahlen Lippen auf die rosigen der Menschenfrau.

Marialle war überrascht von so viel Initiative der Todesritterin und brauchte eine Weile bis sie sich auf den Kuss einlassen konnte, doch er wurde jäh beendet und Dolette drückte sich, mit sanfter Gewalt, sprechend von ihr weg:

'Ich wache auf, Marialle.'

'Nein! Geh nicht. Verlass mich nicht!', flehte sie die Elfe an.

'Niemals! Ich werde dieses mal besser auf mich Acht geben, versprochen!' Sie zwinkerte der Priesterin lächelnd zu bevor sie verschwand.

'Bleib bei mir...', flüsterte Marialle noch leise zu sich selbst und dann spürte auch sie den Sog des Erwachens.

Marialle schnellte hoch, schwer atmend hielt sie sich den Kopf, dann glitten ihre Finger über ihre Lippen und sie glaubte noch immer ein Spur des Kusses darauf zu spüren.

War das real?
 

Das goldene Schimmern brannte lichterloh im Inneren der Todesritterin, als sie erwachte. Marialle liebte sie, ein seichtes Lächeln glitt über ihre fahlen Lippen, bei diesem Gedanken und sie war sich sicher, sie würde ihr Versprechen halten. Sie musste leben, für diese Menschenfrau, die dazu fähig war, ein Wesen wie sie zu lieben.

Frisch und erholt sprang sie auf und rannte hinaus durch die Türe auf den langen Flur und wandte sich in Richtung der Treppe, in der Hoffnung im großen Audienzzimmer Rhonin anzutreffen. Und sie hatte Glück, der Erzmagier und die anderen standen am Fuß der Treppe und berieten sich grade.

"Lady Glutklinge, ich hoffe ihr konntet euch erholen.", wurde sie von Vereesa begrüßt, als diese sie entdeckt hatte.

"Bestens Lady Windläufer, vielen Dank. Ich möchte sofort aufbrechen, hättet ihr die Güte mir einen Greifen zur Verfügung zu stellen, damit ich so schnell wie möglich bei der Allianzfeste ankomme?", brachte sie es direkt auf den Punkt. Rhonin lächelte milde, als er nickte.

"Ihr scheint ja eine lebensverändernde Nacht hinter euch zu haben, Mylady. Natürlich, Vereesa begleitest du sie zu Karsus?" Die Hochelfe nickte ihrem Gemahl zu und wandte sich an die Todesritterin.

"Na dann kommt, Lady Glutklinge. Wenn ihr es so eilig habt, wollen wir keine Zeit verlieren." Sie zwinkerte lächelnd, als wüsste sie was die Laune der dunklen Retterin so aufhellte, und drehte sich um, aus der großen Flügeltüre zu schreiten, die nach draußen führte.

"Mein Dank ist euer, Rhonin!" Sie reichte ihm die Hand, die er noch immer mildd gestimmt einschlug, und stürmte, winkend der Waldläufergenerälin hinterher.

Draußen angekommen, eilte sie zu Vereesa, die das Wort an sie erhob, sobald Dolette aufgeholt hatte.

"Hat er recht, Lady Glutklinge?" Dolette sah sie fragend an.

"Mh?"

"Eure Stimmung ist heute tatsächlich das totale Gegenteil von dem, was sie gestern noch war.", erklärte die Quel'dorei verheißungsvoll ihre Frage, was die dunkle Elfe kurz schmunzeln ließ.

"Ja, er hat recht.", sagte sie schlicht. Vereesa nickte und bedeutete ihr damit, dass sie es bei der Antwort belassen würde.

Beim Tempo der beiden Elfen dauerte es nicht lange bis sie Karsus Landeplatz erreichten und auf den Befehl der Waldläufergenerälin, händigte Karsus, der Todesritterin die Zügel eines Greifen aus und sie saß direkt auf.

"Richtet eurem Gemahl noch einmal meinen Dank aus, Lady Windläufer.", bat sie von dem Greifen zu der Hochelfe herab und diese nickte.

"Bleibt am Leben, Lady Glutklinge.", war ihre Erwiderung. Und so trieb Dolette ihr Flugtier an und erhob sich mit einem strahlenden Lächeln hinauf gen Himmel, der Sonne entgegen.

Die dunkle Bürde

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Die dunkle Bürde
 

Der eisige Wind peitschte in ihr makelloses Gesicht, das ein ehrliches, glückliches Lächeln zierte.

Schneller!

Sie trieb den Greifen auf dem sie saß noch weiter an. Nie hatte sie sich freier und lebendiger gefühlt.

Höher!

Das Flugtier samt seiner Reiterin durchbrach schließlich die dichte, graue Wolkendecke und darüber erstreckte sich das unendliche blau des Himmels, nie zuvor war es schöner.

Dolette streckte ihre Arme von sich, richtete den Kopf gen Himmel und schloss genießend und zufrieden die Augen.

Marialle.

Ihr Lächeln wurde seicht und verträumt, als sie an die schöne Priesterin dachte, die ihr im Traum ihre Liebe gestanden hatte.

Marialle.

Einem Impuls folgend, öffnete Dolette ihre Augen. In weiter Ferne erkannte sie die Spitze der Eiskronenzitadelle. Um sie herum kreisten graue Wolken, die von Blitzen durchzogen wurden. Der Ort, von dem aus Arthas drohte die Welt zu vernichten. Ein eisiger Schauer durchzog die dunkle Ritterin, darum delegierte sie den Greifen wieder zurück durch die Wolkendecke, in Richtung Boden.

Der Blick der Todesritterin war wieder ernst geworden und auf ihr Ziel gerichtet, doch in ihr brodelte das goldene Feuer, das wie ihr nun klar wurde, die ganze Zeit von den Gefühlen für die Menschenfrau geschürt wurde. Sie steuerte direkt das Lager der Allianz an und landete geschmeidig, mit ihrem Greifen, vor den hohen Toren der Festung.

"Wer seid ihr und was wollt ihr, Todesritterin?", wurde sie direkt, von einem der beiden Menschenwachen aufgehalten.

"Dolette Glutklinge, ich möchte zu Lord Fordring.", gab sie knapp zurück und überhörte den unfreundlichen Unterton, in den Worten der Wache. Dieser nickte dem anderen zu, worauf er in der Festung verschwand.

Einige Augenblicke später kehrte er zurück und flüsterte dem ersten etwas zu, worauf er sich erneut missgünstig vernehmen ließ:

"Der Hochlord erwartet euch, gebt euren Greifen in der Feste ab." Sie nickte nur und führte ihr Flugtier an den beiden Wachen durch das Tor. Innen herrschte geschäftige Ruhe und sie schritt eilig an den vielen Hütten und Lagern vorbei zu den Ställen. Überreichte dem Stallmeister ihren Greifen und wandte sich um, zu dem Haupthaus vor dem zwei weitere Wachmänner postiert waren. Sie machten keine Anstalten ihr den Weg zu versperren und so trat sie durch die dicke Holztüre, die ins Innere führte. Drinnen stand Tirion Fordring an einem großen Tisch und, zu Dolettes Überraschung bei ihm, drei Todesritter.

"Lady Glutklinge, ihr habt Wort gehalten!", stieß er erfreut hervor.

"Selbstverständlich Lord Fordring.", antwortete sie knapp. Leicht eingeschüchtert von den sechs blau leuchtenden Punkten, die sie fixierten.

"Wenn ich vorstellen darf, Hochlord Darion Mograine, daneben Koltira Todesweber und Thassarian, allesamt Todesritter wie ihr seht. Die Ritter der schwarzen Klinge, um den schwarzen Wächter, haben tiefe Einblicke in die Taktiken der Geißel und sind somit mächtige Verbündete." Der Paladin zeigte mit einem Nicken auf Darion Mograine und dieser deutete ein kleine Verbeugung in ihre Richtung an.

"Es ist uns ein Vergnügen, Mylady.", ließ sich der untote Blutelf Koltira Todesweber vernehmen, der um sein Interesse, an Dolette, anscheinend kein Geheimnis machen wollte. Die drei Todesritter gaben ein ungleiches Bild ab, Thassarian war ein gealterter Mensch mit vollem weißen Bart und langen Haaren. Trug eine Rüstung, die die Elfe mehr an einen Paladin, als einen Todesritter erinnerte und dazu zwei filigrane Runenklingen, die gekreuzt auf seinem Rücken ruhten. Der schwarze Wächter, Darion Mograine hingegen, machte dem Titel seines alter Egos, alle Ehre. Seine Rüstung war durch und durch schwarz und stand im krassen Kontrast zu seinen blonden Haaren, die noch viel ihrer Farbe bei behalten hatten. Ähnlich wie Thassarian trug er zwei Klingen auf seinem Rücken, die jedoch deutlich robuster wirkten. Und schließlich der Blutelfen Todesritter. Er trug ebenfalls eine schwarze Rüstung, die hie und da im Schein der vielen Kerzen, blau schimmerte. Anders als die Schwerter der anderen, war sein Runenschwert riesig, wie das von Dolette, jedoch glühte es an der spitze in einem unheilvollen grün, das sie unwillkürlich an den Farbton in den Augen der Blutelfen erinnerte. Eins hatten sie jedoch alle gemeinsam, das blaue Schimmern in den Augen, das auch in denen der untoten Elfe zu erkennen war. Sie erwiderte den Blick, des Blutelfen kühl und wandte sich wieder Tirion zu.

"Wir erwarten die Ankunft des Königs in den nächsten Tagen, auf dem Luftschiff Himmelsbrecher. Sobald auch das Schiff der Horde eingetroffen ist, wollen wir die Eiskronenzitadelle aus der Luft angreifen. Wie die Ritter der schwarzen Klinge uns berichteten, gibt es dort eine schwache Stelle, die wir uns zu Nutze machen werden, wenn es soweit ist." Dolette nickte verstehend, nachdem Tirion geendet hatte.

"Also werden wir durch diese Schwachstelle einbrechen und dann?"

"Der obere Teil der Zitadelle besteht aus drei Flügeln. In jedem gibt es einen Mechanismus, der betätigt werden muss, um den Weg zum Frostthron frei zu geben. Wir werden uns also aufteilen müssen, sobald wir die Eiskronenzitadelle betreten haben, um uns dann vor dem Thron wieder zu vereinen und Arthas Schreckensherrschaft ein Ende zu bereiten und ihn endlich zu stürzen.", erklärte nun Darion Mograine mit seiner zwar ruhigen dunklen Stimme, aber der Sinn nach Rache schwang deutlich darin mit.

"Also heißt es Abwarten, bis die Luftschiffe eintreffen?" Dolette gefiel der Gedanke kein bisschen, hier tatenlos herum sitzen zu müssen, während Marialle sich in Unterstadt den Schergen Varimathras stellen würde.

"So sieht es aus, Mylady. Aber ich wüsste da vielleicht etwas, was euch die Wartezeit etwas versüßen würde." Der Ton Koltiras klang viel weniger schwülstig als seine Wortwahl es vermuten ließ und so horchte die dunkle Elfe auf.

"Was könnte das sein, womit ausgerechnet ihr mein Interesse wecken wolltet, Lord Todesweber?" Ein wissendes Lächeln legte sich auf die aschfahlen, dünnen Lippen des Blutelfen und aus der anderen Richtung ließ ein Lachen des Paladin, sie etwas irritiert in die Runde schauen. Auch Darion und Thassarian schienen zu schmunzeln und so lenkte sie lieber ein.

"Nun denn, Lord Todesweber. Überrascht mich.", ließ sie sich vernehmen und folgte seinem Nicken in Richtung Türe. Die drei anderen beugten sich wieder über den Tisch und als Dolette hinter sich die Tür zu zog, hörte sie, dass sie ihre Diskussion wieder aufnahmen. Koltira schlenderte ruhig vor der Elfe her und sagte, zu ihrem Missfallen, eine Weile kein einziges Wort.

"Wolltet ihr mir die Festung zeigen, oder was hat dieser Spaziergang für einen Zweck?", fragte sie schließlich ohne den kleinsten Versuch ihre Ungeduld zu verbergen. Der dunkle Ritter schmunzelte.

"Das hätte sicher etwas für sich, Mylady. Aber nein ich wollte euch zu unseren Handwerksleuten bringen und euch von den Erkenntnissen unseres Ordens berichten.", erklärte er nur ruhig und deutete mit der Hand auf einen offenen Pavillon in dem drei Männer arbeiteten.

"Dann lasst hören und macht es nicht weiter so spannend.", entgegnete sie kurz angebunden.

"Ich nehme an ihr spürt den Durst eurer Klinge mehr als deutlich, Mylady?", fragte er sie, während er sein großes, grünliches Runenschwert zog. Er hielt ihr das Heft hin und sie packte zu. Augenblicklich spürte sie den Hunger der von seinem Schwert ausging und das leise vertraute Flüstern in ihrem Inneren. Die Dunkelheit verschlang das goldene Leuchten allerdings nicht, sondern schien viel mehr in trauter Zweisamkeit mit den züngelnden, goldenen Flammen zu tanzen. Dennoch schrie die Stimme in ihr nach Blut und Tod, doch es war irgendwie anders. Dolette war verblüfft und erforschte das Gefühl, sowie die Klinge in ihrer Hand, ausgiebig bevor sie wieder zu sprechen begann.

"Was ist anders, als an meinem Schwert, Mylord?" Sein Schmunzeln wandelte sich zu einem Lächeln, als er ihr die grüne Klinge wieder abnahm.

"Es sind die Runen, Lady Glutklinge. Wir können unseren Fluch nicht brechen, aber wir können ihn umgehen. Ohne unsere Runenschwerter können wir nicht überleben, doch zwingen sie uns auch, mehr oder weniger, jedem Wesen das Leben auszuhauchen, sonst erleiden wir große körperliche und seelische Schmerzen. Ihr wisst sicher wovon ich spreche." Sie nickte verstehend und er fuhr fort.

"Nach langer Forschung haben wir herausgefunden, dass wir andere Runen auf unsere Klingen schmieden und den Hunger so umgeleitet, auf die wahren Feinde richten können. Mein Runenschwert ernährt sich anders als das eure, vom Tod der Geißel und jedem Dämon und wahrhaftig bösem Wesen, das euch sonst noch einfallen mag. Jeder Ritter der schwarzen Klinge hat seine Klinge mittlerweile umschmieden lassen. Der Einfluss des Lichkönigs wirkt selbstverständlich noch immer auf uns, sonst könnten wir das Töten vielleicht sogar gänzlich ablegen, aber wir konnten diesen unbändigen Durst wenigstens verändern. Es wäre mir ein Vergnügen euch, diesen Teil an Freiheit ebenfalls zuteil werden zu lassen, Mylady Glutklinge." Ehrfurcht schwang in seiner Stimme, als er von der Möglichkeit berichtete die Runenschwerter umschmieden zu können und Dolette musste sich eingestehen, dass das Aussichten waren, denen sie sich nicht erwehren wollte. Sie war wirklich nie die Blutrünstigste ihrer Zunft gewesen und so war der Schmerz, mehr oder weniger, ihr ständiger Begleiter. Sie nickte abwesend, hing noch immer ihren Gedanken nach und zog das mächtige Runenschwert, das auf ihrem Rücken ruhte. Sie reichte ihm das Heft, doch er hob abwehrend die Hände.

"Verzeiht, Mylady. Das liegt schon zu lange hinter mir. Aronen reiche doch bitte Ormus dieses Schwert, auf dass er es umschmiegen möge.", wandte er sich zu dem jungen Schüler, der Dolette so gleich das Schwert abnahm und es hinein brachte. Koltiras drehte sich wieder zu der Elfe.

"Wenn ihr es wünscht zeige ich euch die Unterkunft, die Hochlord Fordring euch zu gedacht hat." Die Elfe schaute noch immer ihrem Schwert nach, das drinnen auf eine Arbeitsplatte gelegt wurde und brauchte einen Augenblick, um wieder ins Hier und Jetzt zurückzukehren.

"Ja, ja bitte.", antwortete sie daher nur und ließ sich wieder zurück über den Innenhof führen, zu den vielen Wohnhütten genau auf der anderen Seite der Festung.

"Hier ist es, wenn ihr etwas braucht meine Hütte ist dort hinten." Er deutete nach rechts und verbeugte sich bevor er sich umwandte um zu gehen.

"Lord Todesweber, wann wird mein Schwert fertig sein?", rief sie ihm noch hinterher und er drehte sich noch einmal lächelnd zu ihr zurück.

"Morgen, Mylady. Ich gebe euch Bescheid." Er verschwand in seine Unterkunft und auch Dolette öffnete die Tür zu ihrer Hütte. Sie war klein und nur ein Bett und eine kleine Kochstelle waren in ihrem Inneren auszumachen. Jetzt hieß es also warten, dachte sie sich und legte sich auf das rustikale Bett.
 

Die Sonne stand schon hoch am strahlend blauen Himmel, als Marialle sich entschlossen hatte den Grübeleien um ihren Traum, ein Ende zu bereiten und an Deck etwas frische Luft zu schnappen. Das Bild hatte sich kaum verändert. Susanne flitzte noch immer von einer zur anderen Ecke und Plagg sah ihr lächelnd dabei zu. Odessa schien an ihren Feuerzaubern zu üben, nur von Borigan war keine Spur zu sehen. Die Magierin ließ grade einen Feuerball über ihrer Hand ruhen und betrachtete ihn gedankenverloren, als Marialle an sie heran trat.

"Pass auf Odi, sonst fackelst du uns noch das ganze Schiff ab!", schmunzelte die Hohepriesterin. Sie ließ den Feuerball erschrocken verschwinden und drehte sich um.

"Guten Tag, Mari! Ach ich bin in den letzten Jahren wirklich ganz gut geworden, keine Sorge. Sag wie geht es dir?" Marialle überlegte kurz. Ob sie ihren Gefährten von dem Traum erzählen wollte, hatte sie sich natürlich noch nicht überlegt.

"Ganz gut, denke ich.", sagte sie daher schlicht und ehrlich.

"Du siehst auch viel besser aus, wenn ich das Sagen darf, Mari." In dem Moment zischte die irre Sukkubus an die beiden Frauen heran und flog der Priesterin um den Hals.

"Meisterin Marialle noch immer traurig? Herrchen gestern Susanne erklärt.", schluchzte sie theatralisch und ihre helle Stimme schmerzte die Hohepriesterin in den Ohren. Sie drückte sie mit sanfter Gewalt von sich.

"Schon gut, Susi. Mir geht es gut und der Herrin ganz sicher auch." Die Dämonin nickte eifrig und flog kurz über dem Boden, rüber zu ihrem Meister und schien ihm von dem Gehörten zu berichten.

"Nanu? Woher der plötzliche Optimismus, meine Liebe?", kam es verwundert von Odessa und das ließ die Priesterin seicht lächeln.

"Ich hatte heute Nacht einen Traum in dem wir uns trafen Odi. Es geht ihr gut." Die blauen Augen der Magierin weiteten sich vor Staunen und Unglaube und sie brauchte einen Moment, um die richtigen Worte zu finden.

"Ihr habt euch im Traum getroffen? Ich würde ja fragen, wie das möglich ist, aber das war bei euch beiden ja schon immer so eine Sache. Wie geht es ihr? Wo ist sie?" Odessa schmunzelte bei dem Gedanken an vergangene Tage.

"Es geht ihr gut, sie wurde von Tirion Fordring gerettet und konnte Putress besiegen. Allerdings gab sie ihm das Versprechen, ihn im Kampf gegen Arthas zu unterstützen, deshalb ist sie nicht hinter uns her gereist."

"Nicht zu glauben!" Marialle nickte leicht lächelnd, als Plagg dazu trat, der offenbar einen Teil mit anhören konnte.

"Das sind ja fabelhafte Neuigkeiten, Mylady Lichtsprung. Bei Zeiten würde ich zu gern mehr über die Verbindung erfahren, die euch und die Herrin umgibt.", sprach er ruhig und gab ein zerfleddertes Lächeln preis.

"Gern Meister Plagg, wenn ich wüsste wie lange die Reise noch dauert könnten wir das gleich tun." Und wie gerufen kam Borigan aus der Richtung der Brücke und trat an die kleine Gruppe.

"Guten Tag zusammen. Ich komme grade vom Kapitän. Er sagt wir müssen vorsichtig sein, Tirisfal unterliegt auch schon der Kontrolle Varimathras. Hat jemand eine Idee wie wir das Umgehen können?", ließ er sich vernehmen als er zum Stehen kam.

"Natürlich, ich Teleportiere uns vom Schiff, sobald wir im Landeanflug sind.", kam es entschlossen von Odessa und die anderen nickten bestätigend.

"Das scheint mir vernünftig, wir wollen ja erst zum Lager der Horde, da sollten wir auf leisen Sohlen unterwegs sein.", bekräftigte der Verlassene den Einfall der Magierin.

"Dann machen wir es auch so. Habt ihr den Kapitän gefragt wie lange der Flug noch dauert, Borigan?", fragte Marialle nun wieder den Krieger.

"Er rechnet damit, dass wir morgen früh ankommen, Mylady.", war seine schlichte Antwort.

"Dann kommt, Meister Plagg. Ich werde euch ein wenig davon berichten was ich selbst über die Verbindung von Dolette und mir weiß.", wandte sich die Priesterin nun wieder an den Hexenmeister und ging vor, in ihre Kabine zurück zukehren. Der Untote und seine Sukkubus folgten ihr, Odessa und Borigan, schienen direkt in ein Gespräch vertieft, zurückzubleiben.

Marialle erzählte dem Verlassenen so knapp es ihr möglich war alles über Elarie und Belurie, deren Mütter und die verschiedene Stadien die ihre Verbindung zu Dolette bis heute durchgemacht hatte. Sie beeilte sich, denn sie wollte schnell schlafen, in der Hoffnung, der Todesritterin im Traum, ein weiteres mal zu begegnen.

Nachdem sich der erstaunte Hexer gefangen hatte, bat sie ihn hinaus und legte sie sich auch direkt hin.
 

Dafür, dass dieser Tag so ereignislos an ihr vorüber gegangen war, glitt sie erstaunlich schnell in den ersehnten Schlaf über.

Die Todesritterin fand sich sofort in dem vertrauten See wieder. Die Umgebung war unwirklich, wie in der Nacht, als sie wahrhaftig mit Marialle in ihm stand. Doch von der Priesterin war keine Spur. Also hieß es warten, wie schon den ganzen Tag.

Doch es dauerte nicht lang, bis sich die Umrisse der sehnlichst erwarteten Menschenfrau aus der Umgebung schälten. Ein Lächeln zierte die vollen Lippen der Hohepriesterin, als sie das Antlitz der Elfe erblickte.

'Dole.', begrüßte Marialle sie nur knapp, bevor sie die dunkle Ritterin in eine feste Umarmung zog.

'Ja ich bin hier.', sprach Dolette leise, fast ehrfürchtig, bemüht den Zauber des Moments nicht zu stören.

'Sag wie ist es dir ergangen?', fragte Marialle aufgeregt, ohne sich aus der Umarmung zu lösen.

'Langweilig wenn ich ehrlich bin. So wie es aussieht, dauert es noch bis sie in die Eiskronenzitadelle einfallen wollen. Tirion wartet grade auf die Ankunft Varians. Ich könnte mir auch durchaus vorstellen, dass die Horde nicht losschlagen will, bevor Thrall wieder hier ist, aber das weiß ich noch nicht. Tirion paktiert hier mit einigen Todesrittern, einer von ihnen hilft mir...' Dolette unterbrach sich. Von dem Hunger, nach Blut und Tod, den ihre Runenklinge auf sie ausübte, hatte sie der Priesterin noch nichts erzählt und sie überlegte, ob sie davon berichten wollte, obwohl sie noch gar nicht wusste, inwiefern das Umschmieden etwas brachte.

'Wobei hilft dir einer der Todesritter?', hakte die Hohepriesterin, sofort hellhörig, nach.

'Ach nicht so wichtig, wie kommt ihr voran, habt ihr Tirisfal schon erreicht?', versuchte die dunkle Elfe abzulenken. Die Priesterin zog sich leicht aus der Umarmung zurück und legte den Kopf schief.

'Wieso hast du noch immer Geheimnisse? Ich dachte wir wären darüber hinaus.' Ein trauriger Schimmer glitzerte in den bernsteinfarbenen Augen, den die Todesritterin kaum ertragen konnte. Genau dieser traurige Ausdruck war es gewesen, den sie zu verhindern versuchte. Doch wie immer war es ihr nicht möglich, der schönen Menschenfrau etwas vor zumachen.

'Ich habe keine Geheimnisse, ich möchte nur nicht, dass du dir noch mehr Sorgen machst. Ich weiß ja mittlerweile was dich so beschäftigt und niederschmettert.' Dolette legte ihr einen Finger unter das Kinn um sie dazu zubewegen, ihr in die Augen zu sehen. Augenblicklich erschien das sanfte Leuchten, an Finger und Kinn und die Augen der Priesterin färbten sich in ein mattes Silber. Doch die Menschenfrau schien alles andere als überzeugt, dafür umso entschlossener, dies nicht auf sich beruhen zu lassen.

'Dole, hör mich an. Ich will alles wissen was in dir vorgeht, will die Frau die du heute bist genau so gut kennen lernen wie die, die du einst warst und mir ist durchaus bewusst, dass im Leben einer Todesritterin auch dunkle Kapitel lauern, die es zu entdecken gilt.' Dolette verschlug es für den Moment die Sprache. Die Hohepriesterin vermochte es ein ums andere mal eine Klarheit und Weitsicht an den Tag zu legen, die sie einfach nur bewundern konnte. Sie spürte eine Woge des Glücks und des Wohlbefindens in sich aufsteigen, die jede Mauer nieder zu reißen drohte, die die Elfe mühsam in all der Zeit aufgebaut hatte.

'Also sag es mir, Liebste.', drängte Marialle weiter und strich mit dem Handrücken sanft über ihre Wange. Der letzte Widerstand in der Todesritterin gab nach, als die Priesterin sie so liebevoll ansprach und so blieb ihr nichts anderes übrig, als klar und ehrlich zu antworten.

'Du erinnerst dich daran, dass es mir auf dem Luftschiff, auf unserem Weg nach Nordend, so schlecht ging?', kam es endlich aus ihr heraus und Marialle nickte nur.

'Das Leben eines Todesritters ist an sein Runenschwert gebunden und das Schwert dürstet nach Tod und Verzweiflung. Wenn wir diesem Durst nicht nachgeben, spüren wir körperliche und seelische Schmerzen.' Die schöne Frau vor ihr schluckte hart, bemüht ihren Schock und das Leid, das sie umgehend mit empfand, so wenig wie möglich zu zeigen, doch die Elfe erkannte die Gefühlsregungen mehr als deutlich. Was würde die Erkenntnis mit der heiligen Frau machen, wenn ihr bewusst würde was die Todesritterin tun musste um dem Drang Herr zu bleiben? Sie lächelte sanft und zog die Hohepriesterin wieder in ihre Arme.

'Das heißt, du musst töten um nicht zu leiden?'

'Ja, Marialle. Ich habe mich an den Schmerz gewöhnt, aber wenn zu viel Zeit vergeht, wird er unerträglich.' Marialle schluckte ein weiteres mal.

'Es ist schrecklich und ich schäme mich, aber nun musst du dich nicht weiter quälen. Plagg hat mir erzählt, was du befürchtet hast. Findest du es nicht viel befreiender, dass nicht du der Grund dafür bist?' Sie spürte die Priesterin kurz in ihren Armen zucken und dann verschwand die Starre aus ihren Gliedern.

'Das hat dich die ganze Zeit sehr belastet, oder? Koltira Todesweber hat mir erzählt, dass die Handwerker seines Ordens, der Ritter der schwarzen Klinge, einen Weg gefunden haben, das Runenschwert so umzuschmieden, dass sich die Klinge von der Geißel, den Dämonen und was es sonst alles an finsteren Geschöpfen auf der Welt gibt, ernährt. Wenn es stimmt werde ich diesen Schmerz also nie wieder spüren müssen. Ich wollte dir davon eigentlich erst erzählen, wenn ich weiß ob es klappt.' Dolette bemühte sich ihre ganze Hoffnung in die Sätze zu legen und der Priesterin somit ein positives Gefühl zu vermitteln. Marialle drückte sich leicht von ihr weg, um ihr in die Augen sehen zu können. Erleichtert stellte die dunkle Elfe fest, dass sich auch die Gesichtszüge der Priesterin gelöst hatten und sie nickte unbeschwert, während ihr ein seichtes Lächeln über die Lippen glitt. Wie ehrlich diese Regung war vermochte die dunkle Ritterin nicht mit Bestimmtheit zu sagen.

'Dole, ich...' Doch Marialle unterbrach sich, als würde sie etwas aus weiter Ferne hören.

'Ich werde geweckt, da stimmt was nicht. Dole, versprich mir, dass du versuchst den Angriff auf die Eiskronenzitadelle so lange es geht zu verhindern! Warte auf meine Rückkehr!', bat die Hohepriesterin flehentlich und die Todesritterin nickte entschlossen.

'Das werde ich, Pass auf dich auf!', versprach sie und spürte wie Marialle sich langsam in silberne Fetzen auflöste.

Sie blieb allein, in dem See zurück und betrachtete den silbernen Mond der sich vor ihr in der Wasseroberfläche spiegelte.

Dolette ließ den Kopf hängen, spürte Sorge in sich aufsteigen. Bei ihren ganzen Bemühungen, die Sorgen der Priesterin so gering wie möglich zu halten, war ihre eigene Sorge in den Schatten getreten. Doch sie brach sich nun ungehindert im Inneren der Elfe Bahn und ein dunkler Schatten legte sich auf die Züge ihres, herab gerichteten, Gesichts.

Im Mittelpunkt stehen

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Im Mittelpunkt stehen
 

Die vier Gefährten rannten durch den dichten Wald zwischen Tirisfal und den Ruinen Lordaerons. Direkt hinter ihnen war Susanne grade in eine andere Richtung abgedreht um ihre Verfolger auf eine andere Fährte zu führen.

"Ich sehe da hinten schon die Lichter des Lagers. Odi, Teleportier dich dort hin, wir brauchen Hilfe, sonst überrennen sie das Lager. Borigan, Plagg wir drehen jetzt in die andere Richtung ab.", befahl Marialle und augenblicklich war Odessa im laufen, neben ihnen verschwunden. Die drei restlichen bogen in die entgegengesetzte Richtung, als die in die die Sukkubus geflogen war. Als die Priesterin sich umschaute sah sie, dass sich die Dämonen, die sie verfolgten, hinter ihnen aufteilten und nicht mehr in Richtung Lager stürmten.

"Ich gebe Susanne nun frei!", rief der Untote seinen Gefährten zu, die ihm bestätigend zu nickten. Plagg ließ einen Zauber in seiner Hand entstehen, der sich so gleich wieder, mit einem Puffen, auflöste.

Sie rannten weiter. Ab und an erhellte ein Feuerball, die Dunkelheit der Nacht und flog dicht an ihnen vorbei. Marialle war sich nicht sicher, aber sie zählte etwa drei Dutzend Dämonen, der unterschiedlichsten Größen und Formen. Als sie in weiter Ferne etwas glimmen sah, hielt sie ihre Gefährten an.

"Das reicht!", rief sie und die drei blieben beinahe gleichzeitig stehen.

Mit einem lauten Plopp erschien Susanne wieder neben ihrem Meister.

"Susi! Feuer!", befahl der Hexer seiner Dienerin, die erfreut quietschte und sogleich eine ganze Armada Feuerbälle auf die Verfolger los ließ. Plagg folgte ihrem Beispiel und ließ mächtige, giftgrüne Flammen entstehen, die alles verzehrten, was sie berührten. Marialle formte gewaltige Lichtblitze in ihren Händen, die sie in die Reihen der Dämonen warf, die darauf hin auseinander flogen. Borigan war der einzige, der tatenlos da stand und abwartete. Lässig zog er sein lanfes Schwert und hielt es vor sich, darauf lauernd, dass es eines dieser finsteren Wesen schaffte, durch den Schwall an Zauber zu stoßen und auf die Gefährten los zustürmen. Bedingt durch die größer werdende Zahl, der Dämonen, gelang es nun einigen bis zu ihnen vorzudringen. Dem Krieger glitt ein kampflustiges Lächeln über die Lippen, bevor er ausholte und eine gewaltige Kerbe in den Boden schlug, die sich von ihm weg ausbreitete, um alles nieder zu werfen, was ihr in den Weg kam.

"Ist das etwa alles?", schrie er den Schergen des Schreckenslords entgegen und eine weitere kleine Gruppe stürzte ungelenk auf ihn zu. Einen nach dem anderen rang er mit seinen Hieben nieder.

Hinter dem Krieger flogen noch immer unermüdlich die Zauber, weit vor ihn und hielten das Gros in Schach.

Doch langsam, aber sicher wurden es immer mehr und die Zauber von Marialle und Plagg, flogen mit schwindenden Manareserven, in immer größeren Abständen in die Reihen der Widersacher.

"Wo bleiben sie?", kam es schwer atmend von dem Verlassenen.

"Geduld, Meister Plagg. Sie sind schon ganz nah.", versuchte die Hohepriesterin ihn zu beruhigen und schleuderte einen weiteren großen Lichtblitz auf die Gegenseite. Augenblicke später zischte ein riesiges, pfeilähnliches Geschoss an den Gefährten vorbei und zerbarst in einer leuchtenden, lila-weißen Explosion mitten in den Reihen der Dämonen und ließ sie in alle Richtungen fliegen.

Als die Priesterin in die Richtung auf sah, aus der es kam, erblickte sie Sylvanas Windläufer, die elegant auf einem Ast stehend, schon den nächsten Pfeil anlegte. Sie nickten einander zu und ließen jede einen weiteren Angriff auf die Gegner niederfahren. Dazu gesellte sich ein gewaltiger Feuerball, ausgehend von Odessa, der sich durch die Massen schob und eine Schneise hinter sich zurück ließ. An die Seite von Borigan gesellten sich einige Orks und Verlassene und so dauerte es nun nicht mehr lang, bis die Dämonen in die Flucht geschlagen waren.

"Keinen Moment zu spät, Lady Windläufer.", ließ Marialle verlauten und grinste der Herrscherin der Verlassenen keck entgegen, die sich grade grazil aufrichtete, nachdem sie von dem Ast gesprungen war. Sie erwiderte den Blick, ihre roten Augen funkelten und wurden ebenfalls von einem Lächeln umspielt. Für die Außenstehenden mochte Unsympathie oder sogar Gefahr in dem Blick liegen, Marialle jedoch wusste, dass seit ihrem Kennenlernen vor ein paar Tagen, eine Art verspielte Konkurrenz zwischen ihnen entstanden war und beide es genossen sich in diesem kleinen Kampf auskundschaften zu können.

"Meine Königin! Es tut so gut euch wohlauf zu sehen!", kam es nun aufgeregt von Plagg der sich tief verbeugte.

"Kinnab, ich hätte ja fast dasselbe über euch gesagt, aber ich vergaß nur kurz, wen ich da vor mir habe.", entgegnete sie äußerst unterkühlt.

"Seid ihr alle in Ordnung?", kam es von weiter hinten und Odessa lief an die Gruppe heran, direkt auf Borigan zu, was Marialle eine Augenbraue hochziehen ließ.

"Wir sind alle wohl auf, Odi.", antwortete sie, obwohl die Aufmerksamkeit der Magierin offenbar schon nicht mehr bei ihr war.

Sylvanas drehte sich und nickte den Umstehenden zu, auf dass sie ihr folgen mögen.

"War der Flug wenigstens angenehm?", fragte die ehemalige Waldläufergeneralin und ließ Ironie in der Frage mitklingen.

"So angenehm es eben sein kann, wenn man mitten in der Nacht von einem Zeppelin in die Schwärze der Nacht springen muss. Darauf vertrauend, dass die einzige Magierin alle sicher auf den Boden teleportiert.", lautete die, nicht weniger sarkastische, Antwort der Hohepriesterin und tatsächlich, verlangte es der dunklen Elfe ein weiteres Schmunzeln ab.

"Wenn ihr nicht zu erschöpft seid, würde ich euch und Kinnab gern sprechen, sobald wir das Lager erreicht haben.", bat die Bansheekönigin nun herausfordernd und ihre Augen leuchteten bedrohlich auf. Nun war es an der Menschenfrau zu schmunzeln.

"Selbstverständlich, Mylady Windläufer. Der Tag bricht eh in wenigen Augenblicken an, oder braucht ihr zuerst etwas Ruhe, Meister Plagg?", erwiderte Marialle erhaben und wandte sich dann feixend an den schwer atmenden Hexenmeister.

"Nein gar nicht, Myladys. Nichts wäre mir lieber, als...." Sylvanas unterbrach den Untoten scharf.

"Wann geht es endlich in euren zerschundenen Schädel, dass ihr mir keinen Honig ums Maul schmieren sollt, Kinnab?", zischte die Elfe bedrohlich, bevor er auch nur daran denken konnte.

"Dass ihr bei mir damit auch nichts erreicht, wisst ihr ja wohl mittlerweile auch!", schloss sich Marialle, der Anführerin der Verlassenen an. Diese zog ihre Kapuze auf und tief in ihr Gesicht, als sie voran eilte, dicht gefolgt von der Hohepriesterin.
 

Der See war noch eine ganze Weile leer geblieben, bis die einfallenden Sonnenstrahlen, die Toderitterin schlussendlich weckten und aus der unwirklichen Szenerie rissen.

Marialle war nicht zurückgekehrt und Dolette zermarterte sich das Hirn, was wohl bei der Priesterin grade vorgehen mochte. Nachdem sie noch einige Zeit wach im Bett hin und her gerollt war, beschloss sie, dass sie auf diese Weise nichts ändern konnte und etwas Vertrauen aufbringen musste, ansonsten würden ihr die Grübeleien wohl recht schnell den Verstand rauben.

Mit diesem Entschluss stand sie auf und verließ die, ihr bereit gestellte, Hütte. Zielstrebig ging sie auf das kleine Häuschen zu auf das Koltira, am Tag vorher, deutete und klopfte an die Tür.

Es verging nur ein einziger Herzschlag, bis er sie öffnete.

"Mylady Glutklinge, schön euch so schnell wieder zu sehen.", begrüßte er sie gut gelaunt und stieß die Türe elegant auf, um ihr Einlass zu gewähren. Sie nickte nur und trat, an ihm vorbei, ins Innere. Die Hütte war ähnlich spärlich eingerichtet, wie die ihre, nur einen Tisch mit zwei Stühlen, gab es hier zusätzlich.

"Nehmt doch platz, Mylady. Einen Tee? Ich habe grade Wasser aufgesetzt.", bot er der Elfe an und sie nahm Platz.

"Gern, Lord Todesweber." Er nickte und trat an die Kochstelle, um den Tee zuzubereiten.

"Ihr wollt sicher wissen, wie es um euer Schwert steht, aber ich fürchte, dass ihr euch noch etwas gedulden müsst. Ormus Schüler, Aronen informiert mich, sobald die Arbeiten abgeschlossen sind.", erklärte er mit seiner ruhigen, angenehmen Stimme, der dunklen Ritterin.

"Davon ging ich aus, ich bin wegen etwas anderem hier, Mylord." Er zog interessiert eine Augenbraue hinauf und kurz glitt ein Lächeln über seine Züge, bevor er entgegnete:

"Was könntet ihr denn ausgerechnet von mir wollen, Lady Glutklinge?" Dolette war bemüht den Unterton zu überhören. Sein breiter gewordenes Lächeln, verriet ihr jedoch, dass es ihr nicht besonders gut gelang.

"Nun, ich hatte gehofft, dass ihr mir verraten könntet, wo ich hier ein Bad nehmen kann, es ist schon etwas her, dass ich genug Ruhe, für mehr als eine Katzenwäsche hatte." Er lachte ganz kurz auf, während er Tee in zwei Krüge goss und nickte ihr verstehend zu.

"Ach so ist das, Mylady. Nun es gibt hier ein kleines Badehaus, oder wenn ihr es bevorzugt, einen See an den Ausläufern des Kristallsangwaldes, nicht weit von hier. Ich kann euch hinführen wenn ihr es wünscht." Das überzogen deutliche Interesse an ihrer Person, schmeichelte und nervte die Elfe gleichermaßen.

"So verlockend euer Angebot auch ist, Lord Todesweber, aber in den Genuss eines heißen Bades, kam ich schon ewig nicht mehr, also werde ich das Badehaus vorziehen. Selbstverständlich dürft ihr mich, aber auch gern dort hin führen." Das war deutlich mehr, als sie zulassen wollte, doch sie kam nicht umhin, sich in der Gegenwart, des Todesritters wohl zu fühlen. Er schmunzelte, als könnte er den Zwiespalt in ihrem Gesicht lesen und nickte dann.

"Gern, Mylady." Sagte er schlicht, als wolle er den Moment noch etwas wirken lassen und ihn nicht durch unnötig viele Worte zerstören. Er reichte ihr einen Krug, den sie begierig entgegen nahm und mit beiden Händen umschloss. Sie betrachtete den dunklen Elfen, der anscheinend gedankenverloren am Fenster stand und seinen Tee, ebenso fest wie Dolette, zu umklammern schien.
 

Sie erreichten das Lager der Horde kurze Zeit später und staunten nicht schlecht, dass so viel Trubel darin herrschte. "Wie habt ihr es geschafft so viele Verlassene zusammen zu trommeln, Lady Windläufer?", fragte die Priesterin interessiert, als sie das Lager betraten, in dem die Untoten geschäftig von einer in die andere Ecke eilten. Sie trugen Holz und Werkzeuge hin und her. Orks hingegen waren nur wenige vor Ort.

"Ich habe Varimathras schon immer misstraut, Lady Lichtsprung. Er verriet seine Brüder, ohne mit der Wimper zu zucken, nur damit ich sein Leben verschonte. Mir war immer klar, dass ich die vielleicht größte Gefahr, mitten unter meine Untertanen gelassen hatte. Darum ließ ich ein Bataillon in Brill zurück und nun seht ihr wo wir stehen. Wir warten noch auf ein kleines Heer von Thrall, das jeden Augenblick ankommen sollte. Je nachdem, ob die Orks noch bei Kräften sind, werden wir in ein, oder zwei Tagen angreifen und Unterstadt zurück erobern.", erklärte die Bansheekönigin ruhig und genoss offenbar die ungeteilte Aufmerksamkeit, die die Priesterin ihr zu Teil werden ließ. Auch Plagg trottete noch immer wortlos hinter den beiden hochgewachsenen Frauen hinterher, bis sie vor eine große Hütte kamen, die von zwei Orkwachen flankiert wurde.

"Weise, Mylady. Vor allem wenn man die aktuellen Entwicklungen der Ereignisse betrachtet." Sylvanas nickte ihr zu und warf den Wachen einen Blick zu, der sie sofort Platz machen ließ.

Im Inneren des großen Hauses, erblickte sie die klaren, blauen Augen, des Kriegshäuptlings, die sie erleichtert musterten.

"Bei den Ahnen, Lady Lichtsprung. Wie schön euch wohl auf zusehen." Er streckte ihr eine seiner großen Hände entgegen, doch die Priesterin nahm ihn freundschaftlich in den Arm.

"Das kann ich nur zurück geben, Thrall. Sagt ist Vol'jin auch hier?" Sie entließ den Ork wieder aus ihren Armen und er schüttelte den Kopf.

"Nein, Mylady. Er ist mit seinen Trollen zur Küste, um meine Truppen abzufangen, sie wissen nicht gegen wen sie hier kämpfen sollen." Marialle nickte verstehend, bevor sie eine weitere Frage stellte.

"Hättet ihr eine Unterkunft für Borigan und Odessa übrig?"

"Sicher. Gak'Tar! Führe die beiden zu einem der Häuser, die ich für unsere Besucher angedachte habe.", wandt er sich an einen der beiden Wachposten, der ihm zurück nickte und zusammen mit Odessa und Borigan das Haus verließ.

"Gut, dann lasst mal hören. Ich bin sicher, der Kriegshäuptling ist ebenso an eurer Geschichte interessiert wie ich, Lady Hohepriesterin.", ließ sich nun Sylvanas Windläufer vernehmen. Sie hatte sich mittlerweile an den Tisch gesetzt, der nah der Kochstelle stand und ihre Ellbogen auf der Tischplatte abgelegt, sodass sie ihr Gesicht in ihren Händen ruhen lassen konnte. Mit unverhohlenem Interesse musterte die Dunkelläuferin die schlanke Silhouette der Priesterin und kurz war es, als stiege Marialle die Hitze in den Kopf, doch stattdessen schenkte sie der untoten Elfe ein kurzes Lächeln und nahm ihr gegenüber Platz. Thrall und Plagg taten es ihr gleich.

"Vielleicht erzählt ihr lieber diese Geschichte, Meister Plagg. Immerhin war ich zeitweise ohnmächtig." Gab die Menschenfrau zu bedenken. Der Verlassene nickte und schien zu überlegen, wo er beginnen sollte.

"Ah ja. Kurz hinter den Toren Sturmwinds, gelang es Lady Glutklinge und mir, die Hohepriesterin zu entführen, jedoch wurde ich auf der Überfahrt nach Süderstade..." Während der Hexenmeister von den Ereignissen erzählte, die ihn und die Hohepriesterin an diesen Punkt führten, tranken sie jeder zwei Krüge Met leer und Sylvanas musste ihn das ein oder andere Mal auffordern bei der Sache zu bleiben. Doch schließlich kam er zum Ende.

"...von dem Zeppelin hinab teleportierten, führten wir Varimathras Schergen erst einmal so gut es ging weg von eurem Lager, Kriegshäuptling und trafen dann auf die Herrin Windläufer. Und jetzt sind wir hier.", schloss der Hexer seinen Bericht ab. Marialle spürte erneut den musternden Blick, der untoten Elfe auf sich ruhen, bevor ihre Stimme erklang:

"Und wo ist Lady Glutklinge?", kam ihre Frage direkt und ließ Thrall zustimmend nicken.

"Das würde mich auch interessieren." Marialle sah abwechselnd in die klaren, blauen und die glühenden roten Augen, der beiden Anführer der Horde und setzte zu einer Antwort an:

"Nun, gegen jede Vernunft stürzte sie sich allein auf Putress und seine Leute, die sich grade zurück ziehen wollten. Selbstverständlich war sie heillos unterlegen, doch Tirion Fordring hat sie gerettet. Gemeinsam konnten sie ihn besiegen. Sie warten nun auf die Ankunft der Luftschiffe."

Thrall nickte verstehend und schien gedanklich abzuschweifen. Der wache Blick der Dunkelläuferin ruhte allerdings unentwegt auf der Menschenfrau und schien sie zu durchbohren.

"Woher wisst ihr das so genau, Lady Lichtsprung?" Marialle wurde schlagartig rot, sie war mittlerweile daran gewöhnt das man um die absonderliche Verbindung, die sie mit der Todesritterin verband, wusste und so warf diese einfache, klare Frage sie derart aus der Bahn, dass sie einen Moment brauchte, um zu antworten. Thrall indes lachte, noch immer leicht abwesend.

"Das ist nicht leicht zu erklären, Lady Windläufer und bedarf vielleicht einer längeren Unterredung." Die Bansheekönigin zog eine Augenbraue hoch und ihr Blick schien um einiges forschender zu werden, als er es sowieso schon war. Was die Röte im Gesicht der Priesterin einen weiteren Ton dunkler werden ließ.

"Nun Mylady. Ich denke wir hätten genug Zeit für eine weitere Geschichte. Begleitet mich in meine Räumlichkeiten, wenn es euch keine Umstände macht." Es war weniger eine Bitte, als ein Befehl und so nickte Marialle nur leicht. Was hatte diese untote Schönheit nur an sich, dass man sich ihr nicht erwehren konnte? Dachte sie im Stillen und erhob sich.

"Meine Herren." Die Elfe deutete eine Verbeugung an und schritt voraus durch die Türe. Marialle folgte ihr zügig.

Es waren nur ein paar Schritte, bis sie die Hütte der Bansheekönigin erreichten. Das Bild, das sich ihr bot, war dem von grade eben äußerst ähnlich und so wartete die Priesterin nicht auf eine Aufforderung, sondern setzte sich einfach auf einen der Stühle, die am Tisch standen. Sylvanas registrierte die Verunsicherung der Menschenfrau schmunzelnd und ließ sich auf dem Stuhl neben ihr nieder.

"Fühlt ihr euch unbehaglich, Lady Hohepriesterin?", fragte sie und musterte Marialle eingehend. Sie blickte verwirrt auf und starrte in die leuchtenden rubinroten Augen.

"Ich bin mir da nicht ganz sicher wenn ich ehrlich bin. Eure Aura, oder Präsenz ist so vereinnehmend, das irritiert mich." Die Dunkelläuferin lachte leicht.

"Macht euch nichts draus, Mylady. Ich bin eine Banshee, genaugenommen bin ich DIE Banshee. Ich kann es nicht erklären, aber ich habe diese Wirkung auf die Meisten. Nun erzählt mir von euch und der Todesritterin."

Und so begann Marialle aufs neue, von der schicksalhaften Verbindung zwischen ihr und Dolette zu berichten.
 

Sie fühlte sich frisch und erholt, als sie aus dem Badehaus, an die kühle Luft Nordends trat und war überrascht den Todesritter nur ein paar Körperlängen vor der Türe wartend vorzufinden.

"Habt ihr euer Bad genossen, Mylady?", ließ er sich nicht bitten und trat auf sie zu.

"Ja, vielen Dank, Lord Todesweber."

"Wie sieht es aus, Lady Glutklinge? Wollt ihr eure Klinge ausprobieren?" Ein Lächeln glitt über seine blassen Lippen und ihre Augen weiteten sich vor aufsteigender Vorfreude.

"Die Umschmiedearbeiten sind abgeschlossen?", kam es mit fast kindlicher Erwartung.

"Ja Mylady, Aronen gab mir Bescheid, während ihr euer Bad nahmt. Folgt mir, wir holen es direkt ab, wenn ihr mögt." Sie nickte nur erfreut und eilte ihm nach, nachdem er sich in Gang gesetzt hatte.

Kurz darauf erreichten die beiden die Schmiede und Ormus überreichte Dolette direkt ihr Runenschwert.

Optisch hatte sich die Klinge kaum verändert, die Runen leuchteten rot auf, als sie das Heft in die Hand nahm, doch in sich spürte sie einen gewaltigen Unterschied. Die goldene Flamme, die zuletzt ungehindert in ihr loderte, empfing die Dunkelheit, die sich in der Elfe ausbreitete nahezu mit Gefallen. Sie schlängelten sich umeinander, bis sie in trautem Einklang ruhig miteinander zu tanzen schienen. Das Flüstern, das sie vernahm, war viel weniger befehlend und es schrie nicht länger nach dem Blut eines jeden Wesens, das sich in ihrer Nähe befand. Ihre Gesichtszüge schienen sich zu normalisieren, denn Koltira erhob das Wort an Dolette:

"Nun, Mylady. Wie sieht es aus, ein kleiner Tanz gefällig?" Er grinste kampflustig und zog sein riesiges grünes Schwert. Sie schaute noch einmal von seiner zu ihrer Klinge und nickte dann entschlossen und grinste voller jugendlicher Vorfreude.

Sie entfernten sich etwas von der Schmiede und standen sich nun in der Mitte des Innenhofes gegenüber. Ein Lächeln legte sich auf Dolettes aschfahlen Lippen und sie blickte zu ihrem Kontrahenten.

"Bereit, wenn ihr es seid, Mylord!", ließ sie sich vernehmen und sein Grinsen wurde eine Spur breiter.

"Ich bin bereit, seid ihr dieses Lager erreicht habt, Mylady.", rief er ihr noch entgegen und schon war sie losgestürmt. Er schien den Bruchteil eines Herzschlages von ihrem beeindruckenden Tempo überrascht, doch begann auch er auf sie zu zu rennen. Die beiden Todesritter holten weit im Rennen aus und als sich ihre Runenschwerter trafen, durchzog eine Druckwelle den Innenhof der Festung und ließ die Holzhütten kurz knarren und erzittern. Das Aufeinandertreffen der Klingen hallte in der Stille der eisigen Landschaft wider und einige Soldaten und Todesritter traten aus ihren Behausungen, um dem Treiben zuzusehen.

Dolette fühlte sich befreit und leicht. Ihre Bewegungen waren anmutig und geschmeidig, suchten in Schnelligkeit und Einfallsreichtum, ihres Gleichen. Koltira blieb nichts anderes übrig, als einen Schwertstreich nach dem anderen abzuwehren, dennoch lächelte er. Und auch die dunkle Elfe konnte sich eines weiteren Grinsens nicht länger erwehren, sie hatte noch nie so viel Spaß beim Kämpfen empfunden, immer war sie nur von dem unerbittlichen Hunger ihrer Klinge angetrieben gewesen. Auch Darion Mograine und Thassarian waren hinaus getreten und grölten, zusammen mit den restlichen Todesrittern, begeistert Beifall. Die Soldaten hingegen standen nur mit Unverständnis um den Kampfbereich herum und Dolette fragte sich unwillkürlich, ob sie überhaupt in der Lage waren, die schnellen Bewegungen der beiden Kontrahenten zu erfassen. Ein gewitzter Konter des Blutelfen riss sie aus ihren Gedanken und nun war sie an der Reihe, Hieb um Hieb abzuwehren, bis sie eine Lücke in seinen Attacken erkannte. Sie schlug mit ihrem Schwert entschlossen in seinen Streich und die Klingen erzitterten einen Herzschlag lang, bis sie gefährlich grinsend erneut gegen seine Klinge schlug und es darauf hin, rotierend durch die Luft flog, bis es einige Körperlängen von ihnen entfernt, im Boden stecken blieb. Das grüne Schimmern nahm etwas ab. Dolette trat einen Schritt näher an Koltira und erhob die Spitze ihres Runenschwertes, an die Kehle des dunklen Ritters. Sie grinste noch immer, genau so wie er.

"Verzeiht, Mylord. Im Kampf ist kein Platz für Höflichkeiten."

Neue Freunde und Feinde

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Neue Freunde und Feinde
 

Die Nacht war bereits herein gebrochen und der Mond stand schon hoch am Himmel, als Marialle ihre Geschichte beendet hatte und zu gern die Behausung, der Dunkelläuferin verlassen hätte. Allerdings schien der Bericht, das Interesse von Sylvanas Windläufer erst so richtig geweckt zu haben, denn noch immer saß sie neben der Priesterin und funkelte forschend mit ihren roten Augen in die bernsteinfarbenen. Sie war nur ab und an aufgestanden um ihnen nachzuschenken.

"Was habt ihr nach dem Tod eures Bruders und eurer Geliebten gemacht, Lady Lichtsprung?" Marialle schluckte hart, die Bansheekönigin brachte es ohne Umschweife auf den Punkt. Sie fühlte sich ein wenig in die Ecke gedrängt, wenn auch das unverhohlene Interesse ihr äußerst schmeichelte.

"Nun...ich habe zu aller erst noch eine ganze Weile darauf bestanden, dass ihr Leichnam gefunden wird, aber als wir zusammen mit den Blutelfen alles abgesucht hatten und der Schlafmangel seinen Tribut einforderte, gab ich meinen Widerstand schließlich auf. Ich musste ja auch meiner Familie Bescheid geben." Sie unterbrach sich und nahm noch einen Schluck, bevor sie weiter sprechen wollte, doch Sylvanas kam ihr zuvor:

"Es war gar nicht der Drang, den Körper Lady Glutklinges zu finden, oder?" Marialle sah auf, in die alles durchdringenden Augen der Bansheekönigin.

"Bin ich so leicht zu durchschauen?", kam die Frage zögerlich und leise. Die Elfe räusperte sich und versuchte sich an einem Lächeln.

"Missversteht mich bitte nicht, Lady Hohepriesterin. Ihr seid ein äußerst interessanter Vertreter eurer Gattung, viel mehr als die meisten, aber dennoch seid ihr ein Mensch." Sylvanas zwinkerte nun sogar und das Lächeln hing noch immer schief auf ihren dunkelroten Lippen. Das Bild das die dunkle Elfe bot, verlangte der Hohepriesterin ein Schmunzeln ab und sie konnte es ihr nicht übelnehmen.

"Natürlich habt ihr recht, ich wollte nicht nach Hause, dort würde es grausame Wahrheit werden, aber die Ausreden gingen mir eine nach der anderen aus, genau wie meine Gefährten, die alle selbst mit dem Verlust zu kämpfen hatten. Am Ende blieb nur noch Malek bei mir, doch kurz bevor wir den Hof meiner Familie erreichten schickte ich ihn fort. Weil ich nicht wusste..." Die Priesterin unterbrach sich erneut, diesmal spürte sie deutlich den Schmerz, vergangener Tage in sich aufsteigen und als die Tränen in ihren Augen zu überschwemmen drohten, schluckte sie den Kloß hinunter und sah beschämt zur Seite, um sich die salzige Flüssigkeit weg zu wischen. Sylvanas war derweil etwas näher gerückt und legte eine Hand auf die Schulter der Menschenfrau.

"Auch heute noch, spüre ich jeden Verlust den ich einst erlitten habe, es gibt nichts was ihr in diesem Moment verbergen müsstet, Lady Lichtsprung." Marialle sah überrascht in das fahle Gesicht der Bansheekönigin und erkannte ehrliche Anteilnahme. Sie nickte kaum merklich, woraufhin Sylvanas sich wieder in ihren Stuhl zurück lehnte.

"Wenn es euch lieber ist, können wir diese Unterredung auch an dieser Stelle beenden." Das meinte sie ernst, doch irgendetwas in Marialle verlangte danach, diesen Teil ihres Lebens zu erzählen, in dem es nur um ihren ureigensten Schmerz ging und so hob sie abwehrend eine Hand.

"Schon gut, ihr habt gefragt, ihr bekommt eine Antwort.", sagte sie entschlossen und die Elfe schien sich auf ihrem Stuhl ein wenig zu entspannen.

"Ich war allein und konnte es nicht über mich bringen meiner Familie von unserem Verlust zu berichten. Ich weiß gar nicht mehr wie lange ich um den Hof, wie in einer Zwischenwelt, herum schlich, doch irgendwann fand ich mich an einem Abhang wieder. Ich stand da oben so lange...Ich wollte springen, nicht mehr ohne sie leben und meiner Familie nicht von meinem Versagen berichten." Sie nahm einen weiteren Schluck Met, der wohlig warm ihre Kehle hinab glitt und ihr half ihren Schmerz zurückzudrängen.

"Wie ich sehe habt ihr euch, aber für das Leben entschlossen, Mylady." Sie nickte, bevor sie darauf antwortete.

"Ja ich bin noch hier. Am Fuß des Berges sah ich meine jüngste Schwägerin mit ihrem Neugeborenen, dessen Patentante ich sein sollte. Das neue Leben und die Verantwortung ließen mich zurücktreten und ich machte mich tatsächlich ohne Umwege auf den Weg zu meiner Familie."

"Wie hat es eure Familie aufgenommen?" Ein Schatten glitt über Marialles Gesicht.

"Mein Vater war ja schon verstorben und Berthold war der einzige unverheiratete Sohn. Er hatte meiner Mutter letztlich mehr bedeutet als die anderen, weil er nicht sicher im Schoß einer anderen lag. Sie war mir immer eine gute Mutter gewesen und sie gab mir Trost und Wärme, aber unterschwellig machte sie mich für den Tod ihres Sohnes verantwortlich. Das konnte ich spüren. Danach stürzte ich mich in meine Arbeit im Turm und durch Therez konnte ich weiterleben. Den Rest kennt ihr ja." Die dunkle Elfe sagte eine Weile nichts und schien das Gesagte im Geiste zu bearbeiten.

"Ich kann nachempfinden wie es ist nicht mehr für sich selbst zu leben, mir geht es ähnlich." Ein trauriges Lächeln glitt über die bleichen Lippen, der untoten Frau und Marialle nickte verstehend.

"Aber ihr habt euren Sinn ja wieder gefunden, schon komisch welche Wege das Schicksal zuweilen beschreitet." Ihre Miene erhellte sich etwas und auch Marialle musste bei dem Gedanken an die Todesritterin lächeln.

"Es fühlt sich an wie eine Entlohnung, so merkwürdig das Klingen mag." Sylvanas musste schmunzeln.

"Nein gar nicht, es macht Hoffnung und ich denke in Zeiten wie diesen, in Zeiten des Krieges, brauchen alle Völker Hoffnung." Die Priesterin kam nicht umhin über die gefühlvollen Worte zu staunen, die die Bansheekönigin fand. Sie sagte nichts, ließ ihre Gedanken wieder zu der dunklen Elfe wandern die sie so sehr liebte und auch die Dunkelläuferin schien in kurzes, andächtiges Schweigen zu verfallen.

"Sagt mir, was meint ihr, wie es möglich ist, dass Lady Glutklinge in der Lage ist diese Art Gefühle überhaupt zu empfinden?" Diese Frage riss Marialle hart aus ihren Gedanken und irritierte sie zudem.

"Verzeiht? Ich bin nicht so bewandert in der Gefühlswelt von Todesrittern, ist das so außergewöhnlich?", kam daher ihre erstaunte Gegenfrage.

"Nun, nach allem was wir bisher über diese doch recht jungen Wesen wissen, ist es mehr als ungewöhnlich. Soweit bisher bekannt ist, wandeln sie jedes Gefühl ins negative, oder vielleicht auch andersherum, das ist schwer nachvollziehbar. So würden sie ein Gefühl wie Liebe wohl eher über eine Art Besitzanspruch definieren. Man sagt zum Beispiel, dass sie nur Freude empfinden, wenn sie töten, versteht ihr was ich meine?" Die Menschenfrau überdachte das Gesagte und erinnerte sich an die Worte von Plagg, was dieses Thema betraf. Offenbar war Dolette wirklich eine Ausnahme unter den Todesrittern. Sie nickte und rief sich das Gespräch im See in Erinnerung, in dem die Todesritterin versuchte zu erklären, was in ihr vorging.

"Ich selbst bin mir völlig im Unklaren darüber was bei Dolette so anders ist, aber ich kann euch sagen wie sie darüber denkt." Sylvanas nickte aufmunternd und so fuhr die Hohepriesterin fort.

"Sie ist der Meinung, dass sie einen Funken meiner Macht in sich trägt, der das Licht mit in ihr untotes Leben trug. Sie beschreibt es so, dass dieses Licht in ihr gegen die Dunkelheit ankämpft und es stärker geworden ist, seit wir uns wieder trafen. Ich könnte mir vorstellen, dass das Licht dafür verantwortlich ist, dass sie noch immer empfinden kann wie ein lebendiges Wesen." Die Elfe nickte verstehend.

"Eine nachvollziehbare Theorie, aber mit dem Licht seid ihr sicher vertrauter, als ich es bin.", erklärte sie schmunzelnd und Marialle versuchte das ganze mit den Augen der Hohepriesterin zu sehen, die sie nun mal war.

"Die Verbindung zwischen uns und das Licht das sie mit sich bringt, hatte schon immer ihre eigenen Regeln, deshalb kann ich auch von außen betrachtet nur schwer erklären, was es für Auswirkungen hat, insbesondere was Dole betrifft und ihr untotes Dasein." Überlegte sie laut.

"Mhm, ich denke, das werdet ihr ausgerechnet mit mir auch nicht herausfinden.", pflichtete die Bansheekönigin ihr bei.

"Vielleicht habt ihr recht, es ist auch schon spät ich werde mich jetzt verabschieden, Lady Windläufer. Eine angenehme Nacht für euch."

"Dasselbe wünsche ich euch, Mylady."
 

Die Spitze der rot glühenden Klinge deutete noch immer bedrohlich auf die Kehle von Koltira Todesweber, aber keine Angst schien ihn zu überkommen. Im Gegenteil, es lag noch immer ein gefährliches Grinsen auf seinen aschfahlen Lippen, ebenso auf denen seiner Kontrahentin, die ihr Runenschwert nun in einer eleganten Wirbelbewegung zurück in die Scheide auf ihrem Rücken gleiten ließ.

Ein Raunen ging durch die Reihen der umstehenden Soldaten und Todesritter. Der Blutelf wandt sich um und trat auf seine Klinge zu die noch immer im Boden steckte und zog sie heraus.

"Beeindruckend, Lady Glutklinge.", sprach er mit seiner angenehmen Stimme, nachdem er sich wieder ihr zuwandte.

"Vielen Dank, Lord Todesweber. Das war äußerst aufschlussreich, ich stehe tief in eurer Schuld." Sie deutete eine Verbeugung an, während sie sprach.

"Sagt das nicht zu laut, Mylady. Koltira wird das mit Sicherheit einfordern.", mischte sich eine lachende Stimme ein, die von Darion Mograine ausging. Er trat grade näher an die beiden heran und der Rest der Schaulustigen ging wieder seinem Tagewerk nach.

"Das klingt ja fast bedrohlich, Lord Mograine.", schmunzelte die dunkle Elfe. Der Menschentodesritter trat noch etwas näher an sie.

"Das sollte es auch." Sie lachten alle herzlich.

"Glaubt diesem dahergelaufenen Abklatsch eines Todesritters kein Wort, Mylady. Ich würde doch nie..." versuchte Koltira sich aus dem Fokus zu ziehen, doch Darion unterbrach ihn frech und grinste noch immer verheißungsvoll. Er legte seine fahle Hand auf ihre schwarze Schulterplatte und drehte sich leicht mit ihr von Koltira weg.

"Wisst ihr denn nicht was man sich über Lord Todesweber erzählt?" Dolette zog eine Augenbraue hoch und die beiden steckten die Köpfe noch etwas tiefer zusammen. Hinter ihnen versuchte der Blutelf etwas von dem Gesagten zu erhaschen, doch die dunkle Ritterin, sprach grade so laut, dass Darion sie verstehen konnte.

"Nein! Was erzählt man denn?" kam es gespielt entrüstet von ihr.

"Na ihr wisst doch wie wir Todesritter sind und man sagt sich, dass Koltira von uns allen, der schlimmste sein soll.", erklärte Darion verheißungsvoll zwinkernd und plötzlich verstand Dolette. Ihre Gesichtszüge erkalteten.

Wenn sich ein Todesritter eine Gespielin suchte, war dieses Wesen alles andere als zu beneiden. Züchtigung und Erniedrigung waren die Worte, die die Beziehung zu einem Todesritter bezeichnend beschrieben und so kam es so gut wie nie vor, dass sich eines dieser dunklen Geschöpfe einen Gleichgesinnten in sein Bett oder, beim Licht, seine Folterkammer holte. Die ehemalige Paladin überlegte, ob die Ritter der schwarzen Klinge da eine Ausnahme machten, aber so wie der Mensch sich anhörte, war Koltira weniger eine Ausnahme, als mehr ein Paradebeispiel.

Sie legte ihre Maske auf und straffte ihre Statur.

"Mylords ich denke ich werde mich in meine Behausung zurückziehen. Lasst es mich wissen wenn ihr mich braucht." Sie verbeugte sich kurz und eilte dann aus der Mitte des Hofes zu ihrer kleinen Hütte. Schwer atmend schloss sie die Türe hinter sich.

Auf so eine absurde Idee würde der Blutelf wohl kaum kommen, oder?

Sie schalt sich für diese törichten Gedanken, sie war ihm überlegen, das war so gar nicht nach dem Geschmack eines Todesritters.

Ein Klopfen an der Türe riss sie jäh aus ihren Gedanken. Sie öffnete und war wenig überrascht den Blutelfen vor sich zu sehen.

"Lord Todesweber, was kann ich für euch tun?", begrüßte sie ihn durch die Maske der Gleichgültigkeit.

"Darf ich?", bat er um Einlass. Sie musterte ihn, er wirkte durchaus etwas besorgt, aber an sich, selbstsicher wie immer.

"Sicher, nehmt auf dem Bett platz, ich habe in dieser Hütte weder Tisch noch Stühle." Er nickte und setzte sich auf die Bettkante.

"Nun was gibt es?", fragte sie erneut und sah ihm direkt in die leuchtend, blauen Augen, die ihren so ähnlich waren. Er erwiderte den Blick, doch sagte eine Weile nichts.

"Ich bin nur hier um euch mitzuteilen, dass egal welchen Floh, der schwarze Wächter, euch ins Ohr gesetzt hat. Er übertreibt maßlos!", stieß er hervor, als hätte er sich die Worte vorher zurechtlegen müssen

"Kein Grund zur Sorge, Lord Todesweber. Er hat sich doch nur einen Scherz erlaubt.", erwiderte Dolette ruhig.

"Ist das alles was ihr wolltet?", brachte sie es eilig auf den Punkt. Sie fühlte sich mittlerweile gänzlich unwohl, in der Gegenwart des untoten Blutelfen. Sein unverhohlenes Interesse und seine ungewöhnlich freundliche Art, hatten sie die ganze Zeit schon irritiert. Die Worte des Anführers der Ritter der schwarzen Klinge taten nun ihr übriges. Was er auch wollte, er sollte es jetzt vortragen.

"Ja!", kam es steif von ihm und er wollte sich schon aufrichten, doch die Todesritterin hielt ihn auf, drückte ihn mit einem Finger zurück in seine sitzende Position.

"Hat der Hochlord denn mit seinen Worten recht? Hätte ich meinen Dank nicht in eine Schuld fassen dürfen? Was gedenkt ihr als Gegenleistung für eure kostbare Hilfe, einzufordern?" Der Blutelf schluckte, er schien sich ertappt zu fühlen und räusperte sich nun.

"Mylady, ich würde niemals etwas einfordern, was ich freiwillig von euch zu bekommen gedenke." Sie zog eine Augenbraue hoch und wartete einen Moment, damit er mit der Sprache rausrückte. Da er dies, aber offensichtlich nicht beabsichtigte drängte sie weiter auf eine klare Aussage.

"Lord Todesweber, bisher erschient ihr mir nicht wie jemand, der um den heißen Brei herum palavert, würdet ihr es auf den Punkt bringen?" Er schluckte wieder und rang anscheinend nach Worten. Dolette wurde es unbehaglicher, mit jedem Herzschlag der verging und ihre Blicke waren von forschend in stechend übergegangen.

"Also schön. Ich hätte gern etwas mehr Zeit mit euch verbracht, um euch besser kennenzulernen, aber ihr seid offenbar nicht die Geduldigste unserer Art. Wenn es an der Zeit wäre, wollte ich euch fragen, ob ihr meine Gefährtin werden wollt und wenn das hier alles überstanden ist, würdet ihr mich nach Agmars Hammer begleiten, oder wo auch immer uns der Wind hin trägt." Dolette glaubte ihren Ohren nicht zu trauen, sie hatte ja damit gerechnet, dass es in diese Richtung ginge, aber gleich ein ganzes Leben als Dank einfordern? Das ging zu weit.

"Ich hätte eigentlich gedacht, dass euch nach unserem kleinen Übungskampf, mehr als deutlich bewusst geworden ist, dass ich ebenso eine Todesritterin bin, wie ihr einer seid, Lord Todesweber. Wie kommt ihr auf die Idee, ICH würde mich einem anderen Todesritter anschließen, um seine Bettgespielin zu werden? Habt ihr den Eindruck, es wäre eine meiner Stärken mich so unterzuordnen?" Eiskalte Ruhe lag in ihrer Stimme und ihre Augen funkelten gefährlich zu Koltira hinab. Er wollte etwas erwidern, doch sie ließ ihn nicht.

"Und überhaupt, habt ihr etwa schon einmal davon gehört, dass sich zwei Todesritter auf diese Weise zusammen tun? Meint ihr sie suchen sich umsonst irgendwelche schwachen Wesen, für ihre perversen Spielchen?" Die dunkle Elfe wurde immer leiser und zu Letzt zischte sie die Worte nur noch. Im Blick des untoten Blutelfen wechselten die Ausdrücke rasend, von verwirrt, zu betrübt, über wütend und schließlich zu entrüstet.

"Also perverse Spielchen, Mylady...." Koltira schüttelte kaum merklich den Kopf.

"Ich verstehe gar nicht warum ihr euch so habt. Meint ihr wir anderen Todesritter hätten noch nicht bemerkt, dass ihr nicht seid, wie wir?" Dolettes Gesichtszüge verhärteten sich augenblicklich, was ihr vorher nur unangenehm war, erschien ihr nun beinah bedrohlich.

"Was wollt ihr damit sagen?" Presste sie zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. Er schmunzelte nun.

"Mylady, so entspannt euch doch wieder. Ihr könnt doch nicht leugnen, dass euch etwas umgibt, was kein anderer Todesritter an sich hat.", war nun seine ruhige Antwort, doch es reizte sie nur um so mehr, dass er noch immer nicht auf den Punkt kam.

"Jetzt redet schon Klartext, bevor ich mich vergesse, Todesweber. Ansonsten halte ich mich nicht mehr zurück, wie noch eben im Innenhof!", stieß sie nun gereizt aus und gab ihrem Unmut Luft. Ein Grinsen zog nun vollends auf seine blutleeren Lippen.

"Von mir aus. Ich weiß nicht was es ist, aber ihr seid weich, ganz anders als wir, ihr fühlt wie ein Lebendiger, ist es nicht so, Lady Glutklinge? Stellt euch vor was für ein Gefühl es wäre jemanden wie euch zu besitzen! Überhaupt einen anderen Todesritter sein Eigen nennen zu können. Oh, mir würden so viele wunderbare Dinge einfallen, mit denen man euch quälen und erniedrigen könnte. Euren gefühlsbehafteten Geist zu brechen, euch zu unterwerfen und zu beherrschen, wäre ein Genuss." Koltiras Augen leuchteten in dem unheilvollen blau auf, voller gieriger Erwartung. Dolette hingegen durchfuhr ein eisiger Schauer und sie wandte sich angewidert ab.

"Ihr seid doch nicht mehr ganz bei Trost! Wie kommt ihr darauf, ich würde mich diesem Wahnsinn freiwillig ausliefern?" Er zuckte schmunzelnd die Schultern.

"Es hätte auch für euch seine Vorteile, Mylady. Ihr wärt unter euresgleichen und es gäbe ja sicherlich auch die ein, oder andere Belohnung, die euch in Ekstase versetzen könnte, wenn ihr euch denn züchtig und gehorsam zeigt. Ich denke das sind gar nicht so schlechte Aussichten." Der Gedanke schien sich unerbittlich in seinen Geist zu schleichen, denn das Lächeln hatte sich auf seinen Lippen festgesetzt. Sie schluckte ihren Zorn und Ekel herunter und versuchte ihre folgenden Worte ruhig und klar zu formulieren.

"Mylord Todesweber, ich sage euch das folgende nur ein einziges mal. Selbst wenn ich tatsächlich den Hauch von Interesse an eurem unverschämten Angebot hätte, so könntet ihr mich dennoch nicht haben, ich bin bereits gebunden." Sie ließ ihre Worte wirken, doch verfehlten sie ihre Wirkung offenbar meilenweit. Der Todesritter schien gereizter denn je und hatte Mühe seine Gier zu verbergen.

"Ihr...seid gebunden? Nach dem was ihr von euch gegeben habt, gehe ich davon aus, ihr redet von Liebe, ist es nicht so?" Er leckte sich kurz über die Lippen und wieder stahl sich dieses begierige Lächeln darauf. Dolette nickte nur schwach, als sie sich klar darüber wurde, dass sie den Jagdinstinkt des Blutelfen grade ins Unermessliche gesteigert hatte.

"Ein Todesritter, wird er ja wohl kaum sein, ihr seid ja nun wirklich ewig weit davon entfernt, eine devote Haltung anzunehmen, aber wer würde sich sonst auf eine Todesritterin einlassen?", schmunzelte er gedankenverloren und der dunklen Elfe rissen, beim Gedanken an Marialle, alle Geduldsfäden.

"Ihr solltet gehen, Koltira! Hier gibt es nichts für euch zu holen." Sie öffnete die Tür ihrer Hütte und nickte hinaus. Er ließ sich kein weiteres mal bitten und erhob sich. In der Türzage hielt er kurz inne und nahm eine ihrer hellblonden Wellen, zwischen Daumen und Zeigefinger.

"Das würde ich nicht so laut sagen, Mylady." Flüsterte er ihr zu und verbeugte sich tief, als er einen Schritt von ihr weg trat. Die Todesritterin schaute ihm noch eine Weile mürrisch hinterher, bevor sie sich in ihre Räumlichkeiten zurück zog und sich auf das Bett legte, auf dem der Blutelf noch bis eben gesessen hatte.
 

Es fiel ihr ungewohnt schwer endlich einzuschlafen, doch die Sehnsucht nach der Hohepriesterin, war größer denn jeh.

Der See war leer und bot so ein ernüchterndes, wenn auch vertrautes Bild.

Sie dachte noch immer an den unverschämten, wenn nicht sogar bedrohlichen Todesritter, doch nach einer Weile verdrang die Sorge an die Priesterin die düsteren Gedanken.

Es schien ihr als würde sie schon eine Ewigkeit warten, doch schließlich erschien die Menschenfrau in einem silbernen Lichterregen. Sie schaute sich kurz um und lächelte sanft, als sie die Elfe entdeckte.

'Geht es dir gut?', stieß Dolette voller Sorge hervor und watete so schnell es ging, durch das glitzernde Wasser. Marialle nickte eifrig und grinste mittlerweile. Als die Todesritterin genauer hinsah, fiel ihr auf, dass die Wangen der Priesterin deutlich gerötet waren und als sie dann anfing zu sprechen wurde ihr auch klar warum.

Anders als die anderen

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Anders als die anderen
 

Sie sah so schön aus, wenn sie lachte und so ergab sich die Priesterin schnell dem starken Drang ihr in die Arme zu fallen.

'Mir geht's ausgezeichnet Dole.', beantworte sie in der Bewegung die zuvor gestellte Frage. Dolette lachte erneut und der glockenklare Ton, der die Kälte nahezu verloren zuhaben schien, klang wie Musik in ihren Ohren.

'Sag mal hast du getrunken?', drang die Stimme der Todesritterin leise, kichernd an ihr Ohr.

'Ein...gaaanz klein wenig. Sylvanas wollte unbedingt unsere Geschichte hören und dann füllte sich der Krug wie von allein immer wieder nach.', plapperte sie munter drauf los.

'Sylvanas?' Dolette zog eine Augenbraue hoch.

'Naja du weiß schon, die Bansheekönigin, Anführerin der Verlassenen? Die die dir den Auftrag gab mich zu entführen? Klingelts?', kicherte die Menschenfrau belustigt.

'Ich weiß wer Sylvanas Windläufer ist, wie kommt es, dass sie...naja ich sag mal, dass ihr beide zusammen was trinkt? Du bist ja richtig angeheitert.', erklärte die dunkle Elfe ihre Frage lachend.

'Naja das weiß ich doch nich, ich hatte doch schon gesagt, der Krug war ständig wieder voll.'

Es schien Marialle, als hätte sie die ganze Nacht damit zu gebracht, zu erzählen was am Tage geschehen war und was sie mit der ehemaligen Waldläufergenerälin alles gesprochen hatte. Als sie geendet hatte zog Dolette die Augenbraue ein weiteres mal hoch.

'Was denn, Dole?'

'Ach, ich bin nur fasziniert von dir. Du schaffst es doch tatsächlich die unnahbare Sylvanas Windläufer, Herrscherin der Verlassenen, in deinen Bann zu ziehen. Das Wesen, was in Sachen Gefühle wahrscheinlich noch abgestumpfter ist als ein Todesritter und du führst Gespräche mit ihr, als wäre sie deine beste Freundin.' Die Todesritterin lachte noch immer während sie sich erklärte und Marialle fühlte durch die gesagten Worte einen gewissen Stolz in sich aufsteigen.

'Naja was soll ich sagen, sie hat halt gefragt. Da ist so ein Konkurrenzgegensatzding zwischen uns und ich...grrr kann man denn gar nicht mehr ausschlafen?' Sie spürte wie jemand sie sanft weckte und der Geruch von frisch gebrühtem Tee stieg in ihre Nase.

'Vielleicht sind Thralls Soldaten da. Pass auf dich auf Mari!', rief Dolette noch, während sich erst die Umgebung auflöste und schließlich auch die traumhafte Gestalt, der Todesritterin.
 

"Was?", stieß Marialle genervt empor und hielt sich die Hand an die Stirn. Sie hatte höllische Kopfschmerzen. In der anderen Ecke des Raumes entdeckte sie die glühenden, roten Augen, die sie amüsiert musterten. Sylvanas Windläufer kniete vor der Feuerstelle und nahm grade die Teekanne aus der Halterung.

"Ich wollte euch nicht stören, Mylady Lichtsprung, aber Thralls Flotte ist eingetroffen und als ich mehrfach an eure Tür klopfte, habt ihr nicht reagiert. Da trat ich ein, um mich zu versichern, dass ihr wohlauf seid." Sie trat näher, während sie sprach und zog einen Stuhl an den kleinen Nachttisch, auf den sie einen Krug bereit gestellt hatte. Sie schenkte der Priesterin ein und erklärte:

"Trinkt das, die Mischung wird euch den Kopf frei machen und ihr solltet gleich Hunger verspüren. Verzeiht, dass es euch so schlecht geht, das ist wohl mein Verdienst." Die Dunkelläuferin reichte der Hohepriesterin ein wenig beschämt den Krug.

"Ach was ihr könnt doch nicht ahnen..." Marialle unterbrach sich und schaute von ihrer Tasse auf, in die leuchtenden roten Augen.

"Woher wisst ihr wie ich mich grade fühle?", kam es überrascht von ihr. Sylvanas schmunzelte milde.

"Nun den Tee habe ich vorsichtshalber gekocht und nachdem ihr euch so sehnsüchtig im Schlaf, nach eurer Geliebten verzehrt habt und euch eben beim Aufwachen auch noch den Kopf hieltet war mir klar, dass es eine gute Idee war den Tee vorzubereiten." Das milde und verstehende Lächeln lag noch immer auf den dunklen Lippen der Bansheekönigin und Marialle fiel grade zum ersten Mal auf, dass sie wirklich eine schöne Erscheinung war, auch wenn sie stehts etwas Unheimliches und Bedrohliches umgab. Sie erwischte sich kurz dabei, wie sie sich die Elfe, als die lebendige Waldläufergenerälin vorstellte die sie einst war.

"So wie ihr das alles sagt, weiß ich grade gar nicht, ob ich euch böse oder dankbar sein soll." Die Priesterin streckte keck die Zunge heraus und beide Frauen lachten.

Sie saßen noch eine Weile beisammen, bis tatsächlich der ersehnte Hunger einsetzte. Marialle aß eilig etwas Brot und Wurst, damit sie endlich zu der Hütte von Thrall gehen konnten, um zu besprechen, wie man Unterstadt zurück erobern wollte.

Als sie an die Türe klopfte, öffnete ein breit grinsender Troll und schloss sie sogleich in die Arme.

"Na endlich kann ich dich umarmen, Menschlein. Es is so schön dich zu seh'n." Die Hohepriesterin erwiderte die Umarmung herzlich und lachte.

"Beim Licht, Vol'jin. Ja vor der Pforte hatten wir ja keine Zeit für sowas. Wie läuft es drüben in Kalimdor, geht es deinem Stamm gut?" Sie lösten sich leicht voneinander und der Häuptling der Dunkelspeere präsentierte seine beiden gewaltigen Hauer.

"Wir ham Sen'jin mittlerweile schon zum dritten mal neu aufgebaut, also ja meinem Stamm geht's ausgezeichnet.", berichtete er freudestrahlend.

Stechende gelbe Augen trafen auf glühende rote. Einige Herzschläge verstrichen schweigend.

"Was guckt ihr so, Troll? Kommt nicht auf die Idee mich ebenfalls umarmen zu wollen.", zischte Sylvanas ihm zu, Vol'jin aber zuckte nur mit den Schultern und beugte sich zur Priesterin hinab.

"Du weißt schon, dass sie dich die ganze Zeit anstarrt?" Sie lachten wieder und er machte eine einladende Handbewegung um die beiden Frauen hereinzubitten. Im Inneren wartete bereits Thrall und empfing sie mit einem knappen Lächeln.

"Schön euch zu sehen, Myladys."

"Guten Tag, Thrall. Eure Truppen sind angekommen, wie ich sehe." Sie sah in seine, von Sorge gezeichneten blauen Augen und fragte sich unwillkürlich, ob er noch derselbe Ork war, den sie einst kennenlernte.

Er war deutlich gealtert, wenn auch er für sein Amt, wohl noch immer eher als jung gelten mochte. Die klaren blauen Augen blickten stolz und weise zurück und Marialle wurde klar, welchen Wandel der Ork hinter sich hatte. Nachdem sich alle an dem kleinen Tisch nieder gelassen hatten, ließ er sich vernehmen:

"Lady Windläufer, habt ihr euch darüber Gedanken gemacht, wie wir am besten in Unterstadt einfallen?", wandte sich der Kriegshäuptling an die Herrscherin der Verlassenen.

"Selbstverständlich, Kriegshäuptling. Wir werden durch die Kanalisation einmarschieren. Ich hoffe wir können Varimathras von dort aus schnell stellen. Vielleicht müssen nicht alle Verlassenen, die sich ihm angeschlossen haben, vernichtet werden. Wichtig ist, dass wir aus der Kanalisation direkt in die Stadtmitte gelangen. Das hat Vorteile und Nachteile, wir müssen uns gut darauf einstellen. Es gibt von dort aus einen Geheimgang, den werde ich nehmen, um Varimathras zu stellen. Ich nehme an ihr möchtet mich begleiten, Lady Lichtsprung?" Die Menschenfrau spürte den durchdringenden Blick der glühenden Augen auf sich, noch bevor sie zu der Dunkelläuferin aufsah. Sie nickte.

"Allerdings, das möchte ich.", gab sie zurück und hielt dem Blick ohne Mühe stand. Thrall wechselte indes einen mit Vol'jin.

"Dann werd'n wir mal ord'ntlich auf'n Putz hau'n!", ließ der Troll verlauten und schlug mit seiner Faust in seine Hand.

"Morgen Früh greifen wir an." Dem Schamanen glitt ein zufriedenes Lächeln über die Lippen.
 

Dass die Priesterin ihr nun schon zum zweiten mal aus dem Traum entrissen wurde, ärgerte Dolette und so startete sie schlecht gelaunt in den neuen Tag.

Dann auch noch Koltira Todesweber vor ihrer Hüttentür vorzufinden, ließ das Fass fast sofort überlaufen.

"Guten Morgen, Mylady. Ich denke wir hatten gestern einen schlechten..." Sie unterbrach ihn scharf und ihre Stimme zeugte von einer Kälte, die sie eigentlich schon verschwunden glaubte. "Habe ich mich gestern nicht klar und deutlich ausgedrückt, Koltira?" Für Höflichkeiten war absolut kein Platz mehr, sie spürte wie die Wut sie zu übermannen drohte und sie wollte sich auch keinen Augenblick länger an diesen Blutelfen verschwenden. Er lachte finster.

"Ihr begreift gar nicht wie passend der Platz an meiner Seite für euch ist, Lady Glutklinge." Mehr als ein Schnauben hatte sie nicht für ihn übrig.

Die beiden Todesritter funkelten sich gefährlich an und die Hand der Frau wanderte langsam zum Heft ihres Schwertes, das auf ihrem Rücken schon bedrohlich rot pulsierte.

Er war schneller, hatte seine mächtige, grün schimmernde Runenklinge gezogen und grinste, während er auf sie zu stürmte.

"Meint ihr, ich wäre es nicht gewohnt, mir zu erkämpfen, was ich mir zu eigen machen will?" Sie zog blitzschnell ihr Schwert und wehrte seinen kräftige Streich grade so ab. Die eiskalten Augen der beiden Untoten fixierten sich nah bei einander, nur von den gekreuzten Klingen getrennt. Die aschfahlen Gesichter wurden vom leuchten der beiden Klingen, grün und rot erhellt.

"Ihr glaubt wohl ich würde mich einfach hergeben und euch dann auch noch anschmachten!" Sie drängte ihn zurück, sodass er einige Schritte rückwärts gehen musste. Er lachte abermals. Diese Situation bereitete dem Todesritter schon jetzt viel zu viel Freude.

"Das hätte etwas für sich, aber ich kann mir auch einfach nehmen, was ich als mein Eigen erwählt habe! Erzählt mir für den Anfang doch von eurer kostbaren Liebe! Zittert ihr vir Aufregung in seinen starken Armen? Ich werde euch erbeben lassen wie noch nie zuvor!", rief er ihr entgegen, nachdem er sich gefangen hatte. Die Gedanken an Marialle vernebelten ihren Verstand. Er stürmte sofort wieder zu ihr und ein Hieb folgte dem anderen. Die dunkle Elfe war überrascht, er war unfassbar schnell und sie hatte Mühe ihre Klinge immer in die richtige Richtung zu reißen, um jeden der Streiche parieren zu können.

'So gut war er doch gestern noch nicht.' Sie sammelte ihre Kraft, stieß ihm eine heulende Böe entgegen und er wurde von ihr zurück geschleudert, aber noch immer zierte dieses siegessichere Grinsen seine fahlen Lippen und ihr Blick verengte sich.

"Wie macht ihr das?", zischte die Untote ihm zu.

"Ihr dachtet doch nicht etwa, dass ich euch gestern einen wirklich tiefen Einblick in meine Fähigkeiten gewährt habe? Lachhaft!", stieß er unter finsterem Lachen hervor. Dolette knurrte leise.

"Ihr seid viel zu weich, um ein wirklich mächtiger Todesritter zu sein. Jetzt erzählt mir doch nicht, dass euch das neu ist!" Er hatte recht. Es war schon immer als wäre sie uneins mit ihrem untoten Dasein und im direkten Vergleich mit einem anderen Todesritter, würde sie hier und jetzt, nicht zum ersten Mal den Kürzeren ziehen.

"Man spürt das Gute in euch überdeutlich! Ich meine, ihr seid in der Lage zu lieben. War euch nicht klar, dass eine wie ihr, es niemals mit einem richtigen Todesritter aufnehmen kann?" Er lachte verhöhnend, schloss sogar die Augen.

"Unterwerft euch!", befahl er noch dazu.

'Eine wie ich?', dachte sie bei sich und sie vernahm klar und deutlich die Stimme ihrer Klinge in sich, die bislang nur unverständlich gemurmelt hatte.

'Eine wie du, ist nicht schwach!', brüllte es plötzlich überdeutlich in ihr. Und das Schwarz der Dunkelheit, das mit der goldenen Flamme tanzte, wandelt sich und loderte wie eine schwarze Flamme auf, die hier und da blau glitzerte und um die goldene herum züngelte.

'Eine wie du, trägt die Macht von Licht und Schatten in sich!' Dolette spürte wie sich die Mächte in ihr vereinten und eine sagenhafte Kraft frei gaben. Sie sah entschlossen zu Koltira herüber dessen Lächeln sich nur langsam aus seinem Gesicht verzog.

"Wie macht ihr das?" Nun lag deutliches Erstaunen in seiner Stimme. Die Miene der dunklen Elfe hingegen war eisern. Sie konnte nicht sagen, ob sie sich grade äußerlich verändert hatte, oder ob er die Veränderung spüren konnte und es war ihr auch egal.

"Ich habe genug von euren Spielchen Koltira, niemals werde ich euch gehören!"

'Marialle!', hallte es in ihr wider.

Sie stürmte auf den untoten Blutelfen zu und er hob grade noch rechtzeitig sein Schwert, um ihrem Ansturm stand zu halten. Sie drehte sich um sich selbst und so kam der nächste Streich unerwartet tief für ihn. Der Blutelf musste sich zur Seite werfen und abrollen, um ihm zu entgehen. Erst jetzt fiel ihr auf, was sich verändert hatte, die Runen auf ihrem Schwert glommen nicht länger rot, sondern erstrahlen in einem satten Goldton und auch das Metall der Klinge war heller geworden. Die dunkle Ritterin betrachtete die Schneide und konnte darauf ihr Spiegelbild sehen. Sie erschrak leicht, als sie erkannte, dass ihr welliges Haar nicht mehr kraftlos auf ihre Schultern fiel, sondern satt und lebendig wirkte. Ihr Gesicht war nicht mehr vom Tod gezeichnet und eingefallen, wenn auch es noch immer seine fahle Färbung hatte. In ihren Augen erkannte sie den goldenen Funken, den sie schon so lange in sich spürte.

Als sie sich gefangen hatte baute sie sich bedrohlich vor Koltira auf und ihre Augen strahlten hell erleuchtet zu ihm herab. Er lachte.

"Es wird immer besser..." Er richtete sich geschwind auf und ließ sein Schwert kraftvoll auf sie niederfahren. Sie parierte. Mühelos und ein weiteres mal entfuhr ihr ein bedrohliches Knurren.

"Was geht hier vor sich? Ihr hattet doch gestern schon euren Spaß!", erklang die gebieterische Stimme von Tirion Fordring. Dolette fiel erst jetzt auf, dass sich schon wieder viele Soldaten der Allianz und Ritter der schwarzen Klinge um sie beide geschart hatten. Neben dem Paladin standen die beiden anderen Todesritter. Thassarian lachte, Darion Mograine indes schien sich der bedrohlichen Situation bewusst zu sein.

"Lord Todesweber, ihr werdet euch auf der Stelle auf den Weg, zum Lager der Horde machen, um dieser mit Rat und Tat zu unterstützen!", befahl der schwarze Wächter. Koltiras Gesicht verzog sich verbittert, aber er deutete eine Verbeugung an.

"Wie ihr wünscht, Hochlord.", antwortete der Blutelf und zischte noch zu Dolette, so dass nur sie es hören konnte:

"Wir werden uns wieder sehen und dann werdet ihr mir gehören!" Er grinste verschlagen und ging dann auf seine Hütte zu. Tirion wandte sich genervt ab und auch die restlichen Zuschauer gingen wieder ihrer Wege.

"Mylady, auf ein Wort bitte.", kam es vom schwarzen Wächter. Sie nickte nur und folgte ihm, ebenso wie Thassarian. Er führte sie in eine Behausung auf der anderen Seite der Festung. Sie war wie die meisten anderen nur spärlich möbliert und Licht fiel ebenfalls nur wenig durch das kleine Fenster.

"Nehmt doch bitte platz, euer Schwert könnt ihr wegstecken, denke ich." Sie erschrak, als sie bemerkte, dass sie ihre Runenklinge noch immer fest umklammerte. Kurz betrachtete sie noch ihr ungewohntes Spiegelbild, bevor sie, das Schwert in die Scheide gleiten ließ und sich auf einen der Stühle setzte. Die beiden Männer taten es ihr gleich und wieder erhob der Hochlord das Wort:

"Was ist da zwischen euch vorgefallen, Mylady?" In seiner Stimme schwang, zu ihrer Verwunderung, weder Missfallen noch Ablehnung mit und so antwortete sie wahrheitsgemäß:

"Lord Todesweber war der Meinung mich zu seiner neuesten Konkubine zu machen, Hochlord. Gestern Nachmittag, nach eurer Bemerkung, konnte er seinen Wunsch nicht mehr für sich behalten." Die beiden Todesritter sahen sich an.

"Ein Todesritter der sich einen anderen zu Eigen machen will, ist er verrückt geworden? Das kann doch nur schief gehen.", ließ sich Thassarian vernehmen.

"Nun wie ihr wisst, half er mir bei den Runen auf meinem Schwert und dabei ist ihm aufgefallen, dass ich ein wenig anders bin, als ihr.", erklärte sie weiter und machte eine Pause, um ihre Worte wirken zu lassen. Thassarian zog eine Augenbraue hoch, doch der schwarze Wächter schien zu wissen worüber sie sprach.

"Ich habe es auch schon bemerkt, Mylady. Natürlich folgen auch wir mittlerweile edleren Zielen, als noch unter dem Einfluss der Geißel, aber niemand von uns kann behaupten etwas wirklich Gutes in sich zu tragen. Das ist es was an euch anders ist, habe ich recht? Und wenn man genau hinsieht kann man es ja jetzt sogar sehen. Gibt es dafür eine Erklärung?", fasste Darion zusammen und sah sie nun fragend an.

"Nun ich habe eine Theorie. Lasst mich versuchen zu erklären. Wie viele von uns war ich zu meinen Lebzeiten ein Paladin und ich hatte eine besondere Verbindung zu einem anderen Wesen. Ich spüre in mir Reste dieser Verbindung und bisher hat die dunkle Macht meiner Klinge, dagegen mit aller Macht rebelliert, aber seit mein Schwert umgeschmiedet ist, kämpfen die Mächte nicht mehr gegeneinander. Mehr noch, im Kampf gegen Koltira eben, haben sie sich anscheinend vereint. Zumindest fühlte es sich so an. Seit dem sind die Runen auf meinem Schwert golden." Ihr Bericht hinterließ ungläubige Mienen auf den Gesichtern der beiden Männer, doch Darion fasste sich rasch.

"Faszinierend. Versteht mich jetzt nicht falsch, Mylady, aber ich kann ihn verstehen. Ein einzigartiges Wesen wie euch...zu beherrschen, ein wirklich verlockender Gedanke." Thassarian nickte und fuhr für den Hochlord fort:

"Koltira, war schon als Diener der Geißel überaus grausam und er hat nicht viel davon verloren, nur sind seine Ziele edler geworden. Ich fürchte er wird sich nicht so leicht geschlagen geben, Lady Glutklinge." Sie lächelte bitter.

"Damit hatte ich schon gerechnet, Thassarian.", gab sie zurück.

"Jedenfalls habe ich für den Moment gut daran getan ihn fort zuschicken." Thassarian und Dolette nickten zustimmen und die dunkle Elfe erhob sich.

"Gibt es etwas Neues von den Luftschiffen?", fragte sie noch.

"Nein noch nichts, Mylady. Bitte entschuldigt die Unannehmlichkeiten, vielmals." Sie wandte sich dem schwarzen Wächter zu.

"Lord Mograine, ich wüsste absolut nicht, warum ihr euch entschuldigen müsstet." Sie verneigte ihren Kopf ein wenig und schritt durch die Türe, zurück auf den Innenhof und ging gemächlich zu ihrer Hütte.

Sie schaffte es erst Stunden später zur Ruhe zu kommen und einzuschlafen, zu sehr hatte sie dieser unverschämte Todesritter, aber auch die Veränderung die er unfreiwillig herbei gerufen hatte, beschäftigt.

Als sie schließlich aber in dem vertrauten See ankam, war sie Angenehm überrascht die Priesterin schon wartend vorzufinden. Sie hatte sich offensichtlich über den Tag erholt und sie lächelte. Das Lächeln wich allerdings rasch einem überaus erstaunten Ausdruck.

'Dole...?' So stark hatte sie sich also verändert. Die Todesritterin musste schmunzeln, doch besann sie sich rasch, um Marialle nicht weiter zu verwirren.

'Ja, Marialle. Heute ist irgendwas mit mir passiert ich kann es selbst kaum erklären.' Die Menschenfrau trat näher an ihre Geliebte und berührte mit ihrer Hand die Wange der dunklen Elfe, als das vertraute Leuchten erschien, entspannten sich ihre Gesichtszüge zusehends.

'Wie ist das möglich, Dole?' Dolette nahm die Hand der Priesterin in ihre und betrachtete das sanfte Schimmern, das noch immer, nach all der Zeit, von ihrer Liebe zeugte. Die Todesritterin holte aus und berichtete der Hohepriesterin von den Geschehnissen, um Koltira und was in ihr vorging und dann die Veränderung auslöste. Marialle blickte ungläubig in ihre Augen.

'Das kann doch nicht wahr sein! Dieses Schwein. Und jetzt hat Lord Mograine ihn fortgeschickt?'

'Ja, er missbilligt sein Verhalten, aber er hat mich auch gewarnt, Koltira wird wohl nicht so leicht aufgeben. Und sind Thralls Truppen angekommen?' Die Priesterin nickte und ein gefährliches Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

'Ja sind sie, morgen früh geht es los. Wir werden einen großen Aufstand in der Stadtmitte Unterstadts anzetteln und dann gehen Sylvanas und ich durch einen Geheimgang zu Varimathras.' Die schöne Frau vor ihr war von Rache getrieben. Dolette konnte das zwar verstehen, dennoch wirkte es sehr befremdlich auf sie. Hatte die Hohepriesterin doch sonst nur etwas erhabenes und heiliges an sich.

'Es geht los!' Marialle legte der Untoten einen eiligen Kuss auf die Lippen und begann sich aufzulösen.

'Wünsch mir Glück!' Sie zwinkerte und lächelte, noch immer durstig nach dem Tod des Schreckenslords und ließ die Elfe besorgter denn je zurück.

Der Fall von Varimathras

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Der Fall von Varimathras
 

Helligkeit, die durch das kleine Fenster fiel, ließ sie blinzeln und draußen erklang ein, ihr vertrautes trommeln. Die Orks waren bereit in die Schlacht zu ziehen und so wurde ein monotoner Klang angestimmt, während sich die Truppen im Lager der Horde sammelten. Erinnerungen an längst vergangene Tage stiegen in Marialle hoch. Glorreiche Tage an der Seite der Paladin und ihrer versammelten Gefährten. Der Anflug des Hochgefühls, den diese Erinnerungen erzeugen konnten, löste sich viel zu schnell in nüchterner Abgeklärtheit auf, als Bilder der unzähligen Gefallenen an seiner Statt traten. Die Hohepriesterin biss die Zähne zusammen, machte sich rasch frisch und verließ ihre kleine Behausung. Die Luft war feucht, wie immer in den Umliegenden Wäldern Unterstadts. Die grade aufgegangene Sonne schaffte es nicht mal annähernd sich einen Weg durch graue Wolken und dicken Nebel zu bahnen, dennoch ließ sie keinen Zweifel daran, dass ein neuer Tag angebrochen war. Orks und Verlassene streiften hin und her und liefen an einem bestimmten Punkt zusammen, an dem sie den Kriegshäuptling mit den klaren blauen Augen ausmachte.

"Lady Lichtsprung, guten Morgen. Ein guter Tag für eine Schlacht.", ließ er verlauten und reckte die Nase, mit geschlossenen Augen, in die Luft.

"Da gebe ich euch recht, Thrall."

'Ein guter Tag zum Sterben, Varimathras.', dachte sie bei sich. Die Soldaten der Horde formierten sich langsam und währenddessen traten auch Vol'jin und Sylvanas Windläufer an die Seite des Schamanen und der Hohepriesterin.

"Kriegshäuptling." Der Angesprochene nickte der Herrscherin der Verlassenen zu und sie stellte sich neben Marialle.

"Gut geschlafen, Mylady?", fragte sie, den Blick nicht von den Truppen der Orks und Verlassenen abwendend.

"Sicher.", entgegnete sie ihr abwesend und verwirrt. Ein wissendes Grinsen breitete sich auf den fahlen Lippen der Dunkelläuferin aus und Marialle kam nicht umhin sich zu fragen, was es mit der Bansheekönigin auf sich hatte, dass ihr diese Aura verlieh, aber auch das Gefühl rein gar nichts vor ihr verbergen zu können. Eine Hand mit nur zwei Fingern riss sie aus ihrer Träumerei, unverkennbar die des Häuptlings der Dunkelspeere.

"Na Menschlein, wo biste mit dein' Gedanken? Begrüßt nich ma den gut'n, alt'n Troll." Sie spürte wie sich die glühenden roten Augen ihr zuwandten, ohne hin zusehen und gab ihr Bestes, sich ihre Gefühlsregungen nicht anmerken zu lassen. So knuffte sie Vol'jin mit dem Ellenbogen in die Seite und bemühte sich ihre Stimme selbstsicher klingen zu lassen.

"Das Beste kommt halt immer zum Schluss, mein Lieblingstroll!", sagte sie leicht hin und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

"Ach so?", kam es verwirrt von ihm, als sie wieder Abstand nahm. Die Menschenfrau konnte es zwar weder sehen noch hören, doch sie war sich sicher, dass die dunkle Elfe hinter ihr schmunzelte.

"Nun, sind alle Kommandanten informiert worden?", ließ sich Thrall, über die merkwürdig anmutende Szene hinweg, vernehmen.

"Ja!", kam es von dem Häuptling der Dunkelspeere und der Herrscherin der Verlassenen wie aus einem Munde.

"Sehr gut." Er trat etwas vor und die Soldaten verstummten, allesamt.

"Heute holen wir uns zurück, was unser ist und werden den Verräter Varimathras gefangen nehmen, um ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen!" Die knappen Worte reichten um die Massen an Orks und Verlassenen laut und begeistert brüllen zu lassen. Dieser Kriegshäuptling war wahrlich charismatisch, wie Marialle fand.
 

Das Lager der Horde war nicht einmal einen halben Tagesmarsch von Unterstadt entfernt und der Eingang der Kanalisation war schon von weitem zu sehen. Thrall gab das Zeichen zum Halt und alle gehorchten.

"Lady Windläufer, seid ihr sicher, dass ihr beide allein, den Schreckenslord stellen wollt?", wandt er sich an die ehemalige Waldläufergeneralin. Ihr Blick war eiskalt und ruhig, auch wenn die Priesterin meinte eine Spur Empörung darin zu erkennen.

"Selbstredend, Kriegshäuptling." Er nickte und sie ließ sich zusammen mit Marialle ein wenig zurückfallen.

"Was denn?", fragte Sylvanas amüsiert und die Menschenfrau fühlte sich mehr als nur ertappt, als sie von der Elfe beim Starren unterbrochen wurde.

"Ehm nichts, ich habe mich nur gefragt, ob es wirklich ratsam ist, dass wir beide alleine durch die Geheimgänge streifen." Die dunkle Elfe schmunzelte und ließ einige Herzschläge vergehen, ehe sie antwortete.

"Mylady Hohepriesterin, ihr vergesst offenbar mit wem ihr sprecht und zu allem Überfluss auch noch wer ihr selbst seid." Marialle sah beschämt zu Boden, beleidigen wollte sie die Bansheekönigin beim besten Willen nicht. Sie wollte sich grade entschuldigen, als Sylvanas ungehindert fort fuhr:

"Aber das ist doch nicht der wahre Grund, weshalb ihr so abwesend seid, oder Marialle?" Die Angesprochene war, ob der persönlichen Ansprache, nun gänzlich erstarrt und vergaß kurz zu atmen. Die Dunkelläuferin ihrerseits lachte amüsiert.

"Ihr müsst mir vergeben, Marialle. Es macht einfach zu viel Spaß euch aus der Fassung zu bringen. Und ich dachte, wenn wir zusammen in den Kampf ziehen, schreit sich der Vorname im Notfall besser als der Zuname." Diese abgeklärte Verschlagenheit war atemberaubend und zu allem Überfluss machte es ihr offensichtlich wirklich einen Heiden Spaß die Priesterin ein ums andere mal so verdattert zurückzulassen.

"Ihr macht das mit Absicht?", verlangte die Hohepriesterin empört zu wissen. Nicht dass sie zu mehr Worten in der Lage gewesen wäre. Die Elfe lachte weiter.

"Ihr wisst schon, wie leicht ihr zu lesen seid, Mylady? Und was ihr mir alles erzählt habt neulich Nacht? Ohne rot zu werden, versteht sich." Sie lachte dabei noch immer. Marialle ließ diese Anspielung allerdings gänzlich die Hitze in die Wangen schießen und sie fragte sich unwillkürlich, ob sie nicht mehr alles von ihrem Gespräch mit der Bansheekönigin wusste.

"Wenn wir Varimathras haben, sollte ich euch glaube ich die ein, oder andere Kleinigkeit über mich erzählen." Nun lächelte sie ehrlich und aufmunternd und klopfte der Priesterin freundschaftlich auf die Schulter. Die Menschenfrau ihrerseits nickte nur benommen und fluchte innerlich über ihr, wie ihr schien, viel zu einfaches Gemüt.

"Es geht los!", zischte Sylvanas ihr zu, die mit ihren Elfrnaugen offenbar mehr sah als Marialle, und vor ihnen begannen die Truppen zu rennen. Auch die beiden, so unterschiedlichen Frauen liefen nun los, locker den Abstand einhaltend und betraten den stinkenden Tunnel.

Zu Marialles Überraschung, hingen alle paar Körperlängen, Fackeln an den Wänden und so bot diese Kanalisation ein ganz anderes Bild, als sie es sich vorgestellt hatte, wenn auch in der Mitte beständig eine grüne Spur, verseuchten Wassers entlang lief. Sie kamen unbehelligt voran und als sie die große, mehrstöckige Halle erreichten, die das Zentrum der Unterstadt ausmachte, war der Kampf schon in vollem Gange. Sie sah Odessa und Borigan die sich gleich mit einer ganzen Gruppe Abtrünniger anlegten und später auch Plagg, der seine Sukkubus Susanne nach jedem gewirkten Zauber begeistert anfeuerte.

Plötzlich spürte sie die Hand der ehemaligen Waldläufergenerälin um ihr Handgelenk und war erstaunt wie warm sie doch war. Sie zog sie mit sich durch eine Wand, die hinter einem dicken Vorhang ein Loch bot. Es herrschte absolute Dunkelheit und es war plötzlich verblüffend ruhig. Die Bansheekönigin zog die Hohepriesterin an sich und bedeckte mit der anderen Hand ihren Mund. Die Wärme die von dem untoten Körper ausging wurde unheimlich schnell zu einer Hitze, die Marialle kaum noch zu ertragen vermochte, da lockerte sich der Griff der Elfe und schließlich gab sie die Menschenfrau wieder frei. Sylvanas lugte durch das Loch hinter dem Vorhang hervor und vergewisserte sich, dass niemand sie gesehen hatte. Die Priesterin atmete geräuschvoll aus.

"Erschreckt mich doch nicht so, Sylvanas!" Die angesprochene grinste verstohlen und zwinkerte.

"Ach wenn sich einem, die Gelegenheit bietet..." Diese Frau war unglaublich. Mitten im Kampf, mit dem ausschlaggebenden Auftrag auf den Schultern lastend, war sie noch immer in der Lage zu scherzen. Sie schmunzelte und nickte zu ihrer Seite.

"Kommt Marialle, wir müssen weiter." Die Priesterin versuchte mit dem Tempo der Elfe so gut es ging schritt zu halten, doch die drückende Dunkelheit und die verworrenen Gänge machte es ihr schwer. Die Geräusche, die die Schritte der Dunkelläuferin ertönen ließen, entfernten sich immer weiter, bis Marialle gegen etwas Hartes prallte und zu Boden gerissen wurde.

"Verdammt!" Sie rieb sich die Stirn, wogegen sie gerannt war, konnte sie allerdings nicht sehen. Die Schritte der Dunkelläuferin machten offenbar kehrt und kamen zu der Hohepriesterin zurück.

"Marialle! Verzeiht, ich habe vergessen, dass eure Augen anders mit der Dunkelheit umgehen, als die meinen." Die glühenden Augen erstrahlten in hellem rot, in der Finsternis und Marialle konnte schemenhaft erkennen, dass sie ihr die Hand anbot. Sie griff zu und ließ sich von Sylvanas in die Höhe ziehen.

"Bleibt an meiner Hand, ich werde euch führen.", sprach die Elfe nah an ihrem Ohr, was der Menschenfrau einen Schauer über den Rücken schleichen ließ.

Die beiden Frauen setzten sich wieder in Bewegung und am Ende des Ganges flimmerte eine Fackel durch einen weiteren Wandteppich. Die Bansheekönigin blieb stehen und bedeutete ihr still zu sein. Aus dem Raum hinter dem Teppich drangen gedämpfte Stimmen an ihre Ohren und Marialle spürte die Anspannung, der Herrscherin der Verlassenen. Sylvanas ließ die Priesterin los und zückte ihren Bogen samt Pfeil. Sie legte an und zielte. Auf was sie ihr Augenmerk richtete, war Marialle schleierhaft. Den Bogen am Anschlag zischte sie zu der Menschenfrau.

"Sobald ich geschossen habe, stürmen wir raus. Da drin ist nur ein weiterer, hoffen wir, dass der Pfeil trifft." Ihr Gesicht war in dem schummrigen Rot ihrer Augen gut zu erkennen, sie lächelte und zwinkerte der Hohepriesterin aufmunternd zu.

Marialle zog ihren Kampfstab und das Zischen des Pfeils durchbrach die Stille. Das Geschoss, das hell lila aufleuchtete, während es flog, ließ den Wandteppich kurz aufwehen und gab den Blick auf den Raum preis, auf den sie nun zustürmten. Durch den kurz geöffneten Spalt konnten sie einen Dämonen in die Knie sacken sehen, der Schuss saß. Marialle war mehr als beeindruckt, nicht umsonst nannte man den magischen Bogen der dunklen Fürstin Sylvanas Windläufer, Totenschrei. Die Dunkelläuferin stieß den Teppich zur Seite, dicht gefolgt von der Priesterin, betrat sie den Raum. Sie sah nur aus dem Augenwinkel wie etwas Grünes auf die Bansheekönigin zugeflogen kam und legte geistesgegenwärtig einen flimmernden Schutzschild um die schöne Untote.

"Was für eine Überraschung!", drang es laut aus der Richtung, aus der der Zauber kam, an ihre Ohren.

"Verräter!", presste Sylvanas zwischen ihren zusammen gebissenen Zähnen hervor. Von der Leichtigkeit, die die ehemalige Waldläufergeneralin noch bis eben umgab, war nichts mehr geblieben. Sie war jetzt genau das was man den Kindern erzählte, damit sie nach Hause kämen,.sobald es dunkel draußen würde. Die dunkle Fürstin von Unterstadt. Die Bansheekönigin, die einen, mit nur einem Blick aus ihren glühend roten Augen, erstarren lassen konnte.

"Die Hohepriesterin zusammen mit der selbsternannten Bansheekönigin. Ausgerechnet zwei so unterschiedliche Wesen, auf derselben Seite? Na nicht dass ihr euch da mit dem Teufel eingelassen habt, Mylady Hohepriesterin!" Er lachte und schleuderte eine weitere grüne Flamme auf die beiden Frauen, doch sie prallte erneut an der Kuppel ab, die Marialle um sie gelegt hatte.

"Schweigt Dämon, ihr werdet heute eurer gerechten Strafe zugeführt.", zischte die Priesterin bedrohlich zu dem Schreckenslord hinüber. Dieser lachte jedoch nur und sammelte seine Kraft für einen weiteren Angriff. Die Elfe legte an und schoss ihm einen ihrer mächtigen Pfeile entgegen, doch er wich mit einer übermenschlichen Geschwindigkeit aus. Er schleuderte seinerseits einen weiteren Zauber. Die Bansheekönigin warf der Menschenfrau einen Blick, mit den glühenden roten Augen zu und die beiden Frauen sprangen auseinander. Wo sie eben noch gestanden hatten, riss eine riesige grüngelbe Flamme ein Loch in den Boden und Marialle wurde sich der Gefahr, in der sie sich befand, erst jetzt so richtig bewusst.

"Na kleine Priesterin, ohne eure Kuscheltodesritterin, seid ihr wohl keinen Silberling wert?" Zorn stieg in ihr auf und sie spürte den besorgten glühenden Blick der dunklen Elfe auf sich, doch sie formte einen Zauber in ihrer Hand und warf den gewaltigen Lichtblitz elegant und zielsicher auf den Dämonen. Zu ihrem Entsetzen fing der Schreckenslord den Blitz einfach auf und schleuderte ihn auf sie zurück. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie ihn auf sich zurasen und war nicht in der Lage sich zu bewegen, zu geschockt war sie.

Marialle war zu Boden gerissen worden, auf ihr lag die Dunkelläuferin und lächelte schwach, der Zauber hatte die Priesterin verfehlt, dafür aber eine klaffende Wunde an ihrer grauen Schulter hinterlassen.

"Sylvanas!", stieß die Menschenfrau aus und legte augenblicklich ihre Hand über die Schulter der Elfe, um die Wunde zumindest zu verschließen.

"Es geht weiter haltet euch bereit.", flüsterte Sylvanas ungewohnt leise und ernst. Sie konnte nur das Zischen des fliegenden Zaubers wahrnehmen, doch die Untote riss sich erneut mit ihr zusammen zur Seite, so dass sie sich ein mal um sich drehten. Neben ihnen klaffte ein weiteres Loch. Marialle rief sich zur Ordnung. So kopflos, ließ sich dieser Kampf sicher nicht gewinnen. Nachdem sie aufgestanden waren nickten sie einander zu und rannten wieder auseinander. Die Priesterin legte ihre ganze Macht in je einen Schild, den sie um sich und die Dunkelläuferin entstehen ließ. Halbherzig warf sie einen weiteren Lichtblitz auf den Schreckenslord.

"Na na, das hat doch eben schon nicht geklappt, Priesterlein.", verhöhnte er sie gleich wieder. Fing erneut den Blitz und warf ihn zurück. In dem Moment bohrte sich ein leuchtender, lilaner Pfeil in seinen monströsen Brustkorb und ließ auch ihn in die Knie sinken. Der Lichtblitz der auf Marialle zurück geflogen kam, prallte an ihrem Schild ab und so trat sie an die Seite der Bansheekönigin, die sich vor Varimathras aufgebaut hatte. Er krümmte sich vor Schmerz und stieß hie und da stöhnende Laute aus.

"Jetzt haltet ihr endlich euer Schandmaul, Dämon!", brüllte die Priesterin hasserfüllt zu ihm herab und sie formte bereits den nächsten Zauber in ihren Händen, um der Existenz des Schreckenslord ein Ende zu setzten. Sylvanas umschloss ihr Handgelenk und der Zauber verflüchtigte sich. Verwirrt und erbost sah die Menschenfrau in die rot leuchtenden Augen, die die Bansheekönigin ausmachten.

"Was soll das, Sylvanas?", zischte sie ihr zu.

"Das wollte ich euch grade fragen. War nicht abgesprochen, dass er vor Gericht gestellt wird? Nicht, dass ich es nicht begrüßen würde. Nicht, dass ich es nicht selbst gerne tun würde. Aber ihr solltet euch eure heiligen Hände nicht auf diese Weise beschmutzen, Mylady Hohepriesterin." Das Gesicht der dunklen Elfe war für Marialle nicht zu deuten, der Blick schien leer und die Miene ausdruckslos.

"Ausserdem, um der Diplomatie Willen, muss er vor ein Gericht gestellt werden, sonst wird man mir und meinen Untertanen nie wieder vertrauen können. Von dem Verhältnis zur Allianz ganz zu schweigen, Marialle." Die Erkenntnis prasste hart in ihren Geist und die Hohepriesterin erschrak vor ihrem Drang nach Rache. Die Dunkelläuferin hatte recht, wenn der Frieden bewahrt werden sollte, musste Varimathras leben.

"Ihr habt recht Sylvanas..." Sie gab ihren Widerstand im Griff der ehemaligen Waldläufergenerälin auf und entspannte sich zunehmend, Sylvanas ließ von ihr ab und auch ihre Gesichtszüge wiesen nun deutliche Erleichterung auf.

"Von einer Priesterin des heiligen Lichts hatte ich nichts anderes erwartet, Marialle." Sie lächelte aufmunternd doch plötzlich drangen Schritte aus dem Flur in den Raum und sie spannte augenblicklich wieder ihren Bogen Totenschrei an.

"Wer da?", schrie sie in Richtung des Ganges, aus dem die Schritte kamen. Es folgte leises Getuschel, bis eine kräftige Männerstimme erklang.

"Lasst die Hohepriesterin frei, Bansheekönigin!", kam es gebieterisch aus dem Gewölbe. Die Frauen tauschten einen verwirrten Blick aus.

"Ich bin nicht die Gefangene von Sylvanas Windläufer!", ließ sich Marialle laut vernehmen.

"Tretet vor, der Feind ist gestellt.", ließ auch die Dunkelläuferin verlauten und aus dem Gang trat, zur Verwunderung der Priesterin, Varian Wrynn gefolgt von Jaina Prachtmeer und einer Hand voll Soldaten. Der König von Sturmwind hielt sein Schwert mit beiden Händen fest umklammert und auch die Erzmagierin hielt ihren Zauberstab kampfbereit.

"Mein König, Lady Prachtmeer, was macht ihr hier?" Die Haltungen der Hinzugetretenen entspannten sich leicht.

"Uns wurde von dem Verrat der Verlassenen, an Angrathar berichtet, wir sind hier, um dem Einhalt zu gebieten.", erklärte Jaina.

"Als ich an der Pforte war, gab es einen Putsch in Unterstadt, ausgehend von Varimathras und Putress. Der Schreckenslord übernahm Unterstadt und Putress ließ seine Seuche an der Pforte frei. Auch ich habe erhebliche Verluste erlitten.", erklärte nun Sylvanas ihrerseits.

"Also seid ihr keine Gefangene, Lady Lichtsprung?", fragte nun der Kriegerkönig.

"Nein, Majestät. Wir haben Seite an Seite gekämpft. Ich war dabei als Unterstadt übernommen wurde und auch an der Pforte des Zorns, als Putress rücksichtslos die Seuche auf jeden los ließ der an der Schlacht teil nahm." Er nickte und ließ sein Schwert zurück in seine Scheide gleiten. Jaina kam rasch näher und schloss die Hohepriesterin in die Arme.

"Es tut gut euch wohlauf zu sehen, Lady Lichtsprung. Ich habe von eurem Verlust erfahren..." Marialle erwiderte die Umarmung und nickte nur.

"Euch auch Lady Prachtmeer. Ja...wisst ihr... Dolette, sie kam als Todesritterin zurück. Ich traf sie vor einigen Wochen. Es ist alles eine lange Geschichte." Der verwunderte Ausdruck wich schnell wieder dem erhabenen den die, mittlerweile zur Erzmagierin aufgestiegenen Frau offenbar pflegte aufzulegen. Auf den ersten Blick schien sie einen ähnlichen Wandel durchgemacht zu haben, wie der Kriegshäuptling, aber für derlei Überlegungen war jetzt nicht die Zeit.

"Wenn das soweit klar ist, dann könnt ihr uns den Schreckenslord ja jetzt überlassen, Lady Windläufer.", ließ sich der König vernehmen.

"Habe ich mich verhört? Er hat meine Untertanen und Fraktion verraten, genaugenommen hat er mich verraten. Die Horde wird über ihn richten!" Varians Miene verfinsterte sich wieder und Jaina mischte sich nun ein.

"Wie auch immer ihr euch einigt, tut es schnell, unsere Streitmächte dezimieren sich da draußen gegenseitig!", sprach sie nun wieder angespannt.

"Überlasst ihn einfach mir und die Herrschaft über Lordaeron am Besten gleich mit." Sylvanas spannte blitzschnell ihren Bogen und richtete ihn auf Varian.

"Nur über meine Leiche, Wrynn!" Er zog ebenfalls sein Schwert und richtete es bedrohlich auf die untote Elfe.

"Das kann man einrichten, Banshee!"

"Wir müssen etwas unternehmen, Lady Prachtmeer, sonst war es das an dieser Stelle mit dem Frieden." Die Magierin nickte nur entschlossen und legte ihre Hand auf die Schulter der Priesterin.

"Wollt ihr mit..." in dem Augenblick zischte eine grüne Flamme an den Vieren vorbei und die Dunkelläuferin und der Krieger richteten ihre Waffen eilig auf den Schreckenslord.

"Närrin, als könnte einer eurer Pfeile mich lange aufhalten!" Er lachte finster und ließ eine weitere Flamme in seiner Hand entstehen, um sie sogleich auf die Vier zuzuwerfen. Marialle ließ rasch eine Kuppel über ihren Köpfen entstehen, doch die Flamme war überaus mächtig. Nach einigen Herzschlägen durchbrach sie die Barriere und man sprang auseinander.

"Reißt euch zusammen! Wir dürfen uns jetzt nicht gegenseitig im Weg stehen!", befahl die Hohepriesterin und versuchte einen Lichtblitz zu formen, was ihr jedoch misslang. Zu Manaraubend waren die Abwehrzauber die sie bis dato gewirkt hatte. Die anderen drei nickten sich allerdings entschlossen zu und der König von Sturmwind schrie.

"Angriff!" Zusammen mit den Soldaten stürmte er auf Varimathras zu, gefolgt von Zaubern und Pfeilen, von Jaina und Sylvanas. Es verging nur ein Herzschlag und der Schreckenslord erlag den mächtigen Angriffen und sank leblos zu Boden.

"Geht doch.", erklang es trocken von der Hohepriesterin.

"Dann können wir ja wieder zurück zum eigentlichen Thema kommen, zieht mit euren Verlassenen aus Lordaeron und ihr werdet Leben, Lady Windläufer.", sprach Varian bedrohlich leise, während er sich von dem Dämonen erhob.

"Ich werde meine Stadt nicht Kampflos aufgeben, Wrynn!" Sylvanas spannte erneut ihren Bogen.

"Lasst ab vom Kämpfen. Der Lichkönig bedroht noch immer unsere Welt und wir haben keine Zeit für derlei Streitigkeiten!", flehte Marialle nun die beiden Anführer an.

"Niemals! Lordaeron muss wieder Teil der Allianz werden!", kam es entschlossen von Varian.

"Sylvanas, bitte." Die Angesprochene ließ ihre glühenden roten Augen zu der Menschenfrau wandern. Sie ließ ihren Bogen leicht sinken.

"Es tut mir leid, Marialle, aber ich kann meinem Volk ihr Reich nicht kampflos entreißen lassen." Sie richtete Totenschrei wieder auf Varian und schoss einen Pfeil ab. Marialle sah den Pfeil auf den König Sturmwinds zu rasen und in dem Moment veränderte sich ihre Umgebung, alles verzerrte sich leicht und die Dunkelläuferin löste sich vor ihren Augen auf.

Sie sog die klare Luft ein, die sich ebenfalls merklich verändert hatte und als sie alles erkennen konnte wurde ihr bewusst, dass sie sich auf dem großen Platz vor der Kathedrale in Sturmwind befand. Neben ihr stand Varian Wrynn, unverletzt, zusammen mit seinen Soldaten, hinter ihr Jaina, die grade ihre Hände runter zog. Offenbar hatte sie, sie alle hier her teleportiert, denn als die Priesterin sich weiter umsah, erblickte sie die versammelten Truppen Sturmwinds, die sich verwundert ansahen.

"Wie könnt ihr es wagen, Lady Prachtmeer?" Die Blonde sah resignierend zu Boden. Sie keuchte vor Anstrengungen und aank auf ein Knie.

"Ihr müsst endlich einsehen, dass nicht die Horde unser Feind ist, Varian." Er machte einen Laut der Entrüstung, drehte sich auf dem Absatz um und marschierte in Richtung der Burg von Sturmwind.

"Darüber sprechen wir noch!", trug der Wind noch seine Worte zu den beiden Frauen, ehe sich auch die Truppen auf machten ihm zu folgen.

Marialle zog Jaina wieder in die Höhe und sie nickten einander zu, hinterher zu eilen.

Im Rausch

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Im Rausch
 

Die Tage plätscherten ereignislos an ihr vorbei und mit jedem Augenblick der verging, machte sich die Todesritterin größere Sorgen, um die Menschenfrau die sie liebte. Seit dem Morgen bevor sie Unterstadt, zusammen mit den Anführern der Horde angreifen wollte, waren sie sich nicht mehr im Traum begegnet. Dolette hatte keine Erklärung dafür, außer eine, von der sie es nicht wagte, sie auch nur zu denken.

Die Verbindung zwischen der Hohepriesterin und ihr war äußerst wankelmütig, ganz sicher ging es ihr gut und es gab einen Grund dafür, warum sie sich nicht treffen konnten.

Schnelle Schritte im Innenhof rissen die Todesritterin aus ihren Gedanken. Achtlos stieß sie die Türe ihrer Behausung auf und trat hinaus. Die Festung war in heller Aufregung und viele Menschen liefen aufgeregt hin und her. Sie packte einen von ihnen am Arm und brachte ihn so zum Stehen.

"Was ist denn los?" Der Angesprochene salutierte steif.

"Das Flugschiff des Königs wurde gesichtet, Mylady Todesritter." Sie nickte ihm dankend zu und er rannte weiter. Jetzt ging es also los, Marialle, sofern sie noch am Leben war, würde es nicht mehr schaffen rechtzeitig hier zu sein, um gemeinsam mit der Elfe in den Kampf gegen den Lichkönig zu ziehen. Dolette drehte sich um und verschwand wieder in der Hütte. Sie hatte kein Interesse daran diesem König bei seiner Ankunft zuzuschauen, man würde sie schon holen, wenn es los ginge. So legte sie sich wieder in ihr Bett und zog sich die Decke über den Kopf.

'Marialle.', erklang es leise und verzweifelt in ihrem Inneren.

Es verging eine Weile und tatsächlich hörte sie die lauten Maschinen über der Festung, die das Flugschiff in der Luft hielten. Sie war genervt, wollte von alledem nichts mitbekommen und legte sich ihr Kissen noch zusätzlich auf den Kopf. Sie vergaß wo sie war und dachte an die unbeschwerte Priesterin aus ihren Träumen der letzten Tage, die am Strand lachend in ihre Arme lief. Die Todesritterin hatte diese Marialle nie kennengelernt, dennoch wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass die Heutige auch einmal so gelöst und glücklich sein würde. Es klopfte unwirsch an der Türe und riss sie hart aus ihren Tagträumereien.

"Was?!", brüllte sie die Tür an.

"Die Hochlords Fordring und Mograine verlangen nach euch, Mylady." Kam es von draußen und sie fluchte innerlich. Wollte Tirion sie jetzt etwa vor dem ach so tollen König Varian Wrynn zur Schau stellen? Womöglich wollten sie sie sicherheitshalber doch noch aus dem Lager werfen, irgendwie war sie ja wohl für eine Todesritterin nicht ganz dicht. Am besten wäre es noch wenn dieses widerliche Scheusal, Koltira wieder zurück gekehrt wäre.

Mit jedem Gedanken wurde die Miene der dunklen Elfe ausdrucksloser und als sie sicher war, die Maske der Gleichgültigkeit vollends aufgelegt zu haben, schritt sie hinaus durch die Türe. Die hochstehende Sonne blendete ihre, an die Dunkelheit gewöhnten Augen. Draußen standen die Soldaten und Ritter der schwarzen Klinge aufgereiht und lösten ihre akkurate Formation grade auf. Während Dolette träge zum Haupthaus trottete, verfielen die Massen an Menschen und Todesritter wieder in einträchtiges Gewusel. Sie erreichte die große Hütte, in der Mitte des Innenhofes und straffte ihre Statur, bevor sie eintrat. Das Licht im Inneren war gedämmt und sie konnte kaum etwas erkennen, so stark war der Unterschied zu draußen. Noch bevor sich ihre Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnen konnten, spürte sie die Wärme eines Körpers der sie umarmte und sich nah an sie schmiegte. Dolette hielt den Atem an, das konnte doch nur ein Traum sein?
 

Sie dankte dem Licht, dass ihre geliebte, dunkle Elfe wohlauf war. Zu sorgenvoll waren die letzten Tage an ihr vorbeigegangen, ohne dass sie sich im Traum trafen. Als Dolette das Haupthaus des Hochlords betrat, hatte sie zunächst den Bruchteil eines Herzschlages schwer schlucken müssen, als sie erblickte wie ausgemergelt die Todesritterin aussah, doch dann konnte sie nicht anders, als der Gesellschaft zum Trotz, Dolette einfach um den Hals zu fallen. Im Raum unterbrach man sich. Marialle spürte die Blick in ihrem Rücken.

"Beim Licht, ich dachte schon ich hätte dich verloren." Die Elfe in ihren Armen rührte sich kein Stück, weder erwiderte sie die Umarmung, noch schien sie überhaupt zu atmen.

"Dole?" Die Hohepriesterin drückte sich sanft von ihr zurück und betrachtete das befremdliche Antlitz der Todesritterin. Da wo sie vor Tagen im Traum beinah wieder lebendig aussah, hatte sich alles ins Gegenteil verkehrt. Ihre Haare fielen in kraftlosen Wellen hinab und ihr Gesicht war eingefallen und fahl. Einzig ihre Augen zeugten noch von der Veränderung, die sie durchgemacht hatte. Sie schien noch immer wie erstarrt und wahrhaftig, sie war unglaublich ausgezehrt. Die leuchtenden Augen sahen schwach, aber direkt in ihre bernsteinfarbenen und doch durch sie hindurch. Marialle betrachtete sie eingehend und war sich sicher, dass sie die wahre Dolette vor sich hatte, wie sehr sie sich auch verändert haben sollte. Sie legte der Untoten zärtlich eine Hand auf die Wange und augenblicklich erschien das sanfte goldene Leuchten auf der fahlen Haut. Um sie herum wurde gemurmelt, doch das war ihr gleich, denn im Gesicht der Todesritterin zeichnete sich Leben ab.

"Wie ist das...wie bist du hier her gekommen? Ich dachte schon..." Ihre sonst so glockenklare Stimme, krächzte, als hätte sie sie schon seit Tagen nicht mehr benutzt.

"Ich bin seit Unterstadt mit Lady Prachtmeer unterwegs. Durch ihr Teleportieren kommt man um einiges schneller voran." Sie schaute sich kurz um und ihre Gesichtszüge klärten sich langsam, hellten sich sogar auf, als sie die Erzmagierin erkannte und ihr einmal zunickte.

"Marialle, ich...ich dachte ich hätte dich verloren.", krächzte sie schwach. Was war nur los mit ihr, hat sie sich all die Tage rein gar nicht um sich selbst gekümmert? Es drängte die Priesterin so sehr, wieder die Arme um die Todesritterin zu schlingen, doch sie stand noch immer unbeweglich da, starrte die Menschenfrau nur ungläubig an. Marialle zog leicht ihre Hand zurück und erschrak kurz als sich die eisig kalte Hand der Untoten um ihr Handgelenk schloss. Dolette sagte nichts, sah ihr nur weiter mit dem forschenden Blick, tief in die Augen. Der sanfte goldene Schimmer der ihnen innewohnte, ließ ihr Herz schneller schlagen.

"Nicht, hör nicht auf. Zeig mir, dass es wahrhaftig ist." Die Hohepriesterin erkannte den tiefen Schmerz in den Augen der dunklen Elfe und fragte sich unwillkürlich, ob sie selbst ein ähnlich niederschmetterndes Bild abgab.

Ein Räuspern riss sie aus ihren Gedanken und holte sie zurück ins hier und jetzt.

"Lady Lichtsprung, vielleicht wollt ihr mit Lady Glutklinge erst einmal für einige Augenblicke allein sein. Wir schicken jemanden nach euch, wenn es Neuigkeiten gibt." Die Erzmagierin lächelte leicht, doch schien sie die Brisanz der Situation erfassen zu können. Der König neben ihr, in des schaute nur argwöhnisch auf die beiden gegensätzlichen Frauen.

"In Ordnung, danke. Meine Herren." Sie nickte in die Runde und schob die Todesritterin sanft hinaus.
 

Sie gingen langsam und Dolette führte die Priesterin zu der Hütte, die ihr zur Verfügung gestellt wurde. Sie konnte ihre Gefühle nicht deuten. Das was zuletzt so klar in den gemeinsamen Träumen war, schien ihr plötzlich unerreichbar fern. Erst die Umarmung der Menschenfrau, in der sie sich nicht wagte zu rühren und jetzt kam ihr kein Wort über die Lippen. Die Sehnsucht und vorallem die Sorge, der letzten Tage hatten ein gewaltiges Loch in ihre, zu Letzt so klare, Gefühlswelt gerissen.

"Dole?" Die intime Ansprache die nur Marialle benutzte jagte ihr Schauer über den Rücken und sie sah erschrocken auf. Die Todesritterin versuchte sich an einem schwachen Lächeln, als sie die verwunderte Anspannung in den schönen, bernsteinfarbenen Augen sah, in denen das Gold der Sonne funkelte.

"Mh?" Es gelang ihr offenbar in keinster Weise, denn die Hohepriesterin schaute sie nun vollends besorgt an.

"Willst du die Tür nicht öffnen?", fragte sie und ihre Stimme drang kraftlos an die spitzen, langen Ohren. Die Angesprochene sah verwundert hinab auf ihre Hand, die schon eine Weile auf der Klinke zu ruhen schien.

"Oh, ja natürlich.", stammelte sie verwirrt. Was war nur los mit ihr, sie verstand sich selbst nicht mehr. Sie hatte sich so um die schöne Frau mit den bernsteinfarbenen Augen gesorgt. Sie lagen sich im Traum in den Armen und küssten sich. Sie spürte noch immer die Sehnsucht und jetzt vermochte sie diese Schwelle partout nicht zu überschreiten.

Geistesabwesend betrat sie, dicht gefolgt von Marialle, die kleine Hütte und bot ihr, mit einer halbherzigen Handbewegung, den Platz auf ihrem Bett an. Die Priesterin setzte sich elegant hin und auch in der aufrecht, sitzenden Haltung raubte ihre traurige Schönheit, der dunklen Elfe den Atem. Als sie nun genauer hin sah, erkannte sie wie rot, vom Weinen die Augen, der sonst so lebenslustigen Frau waren. Sie schien ähnlich schlimme Gedanken, in den letzten Tagen gehabt zu haben. Wer weiß? Vielleicht sogar schlimmere.

"Bitte sag mir, was in dir vor geht.", bat sie flehentlich und in ihren Augen stand tiefe Trauer, wobei die Todesritterin sich nicht sicher war, ob es Spuren der Sorge waren, oder ob sie die Zurückhaltung, die sie ihr grade entgegen brachte, so sehr verletzte. Sie wusste nicht wie sie darauf antworten sollte, darum entgegnete sie eine Gegenfrage.

"Wie meinst du das?" Bemüht wieder die Maske der Gleichgültigkeit aufzulegen, die ihr so lange ein treuer Begleiter war. Marialle schmunzelte kaum merklich und ließ den traurigen Blick wieder sinken. Sie schien selbst um die richtigen Worte zu ringen, für das was sie grade empfand.

"Ich dachte ich hätte dich verloren.", wiederholter sie die Worte, die sie ihr schon bei ihrer stürmischen Begrüßung entgegen brachte. Dolette spürte einen heißen Stich in ihrem Herzen, als eine einsame, silberne Träne das ausdruckslose Gesicht hinab rollte und auf dem Schoß der Hohepriesterin zerbarst.

'Überwinde deine Scheu!', erklang die Stimme in ihr gebieterisch. Ihre Augen weiteten sich kurz, als sie den ungewohnt harschen Befehl vernahm und erinnerte sich nur noch schemenhaft an den Wandel, der in ihr stattgefunden hatte, seit die Runen auf ihrem Schwert umgeschmiedet worden waren. Einem Impuls folgend, kniete sie sich vor die verzweifelt scheinende Frau und legte ihre Hand auf die, schwach auf dem Bett ruhende, der Priesterin. Das goldene schimmern erhellte das Gesicht der Menschenfrau und ließ das salzige Nass in ihren Augen glitzern.

"Ich dachte doch auch, ich hätte dich verloren, Marialle." Als sie ihren Namen vernahm, blickte sie auf und sprach leise, fast zaghaft:

"Warum bist du denn dann noch immer so unerreichbar fern?" Ihre Stimme zitterte und schien dem Schluchzen nah, doch Dolette konnte sich endlich ein Herz fassen. Sie ließ ihre Hand langsam am Arm von Marialle hochgleiten, streifte über ihre Schulter und ihr Schlüsselbein, bis hoch über ihren schlanken Hals zu ihrer Wange und strich dort sanft mit ihrem Daumen entlang. Die Elfe spürte wie es ihr Schauer durch den Körper jagte und hin und wieder zuckte sie leicht.

"Du musst mir verzeihen.", bat nun Dolette flehentlich und erntete dafür einen überraschten Blick.

"Was denn?", entgegnete die Priesterin knapp.

"Wir waren uns schon so nah, damals in dem See und in unseren gemeinsamen Träumen, aber jetzt bin ich so..." Zorn stieg in ihr auf, über die Unfähigkeit, sich der Frau, die sie doch liebte, erklären zu können. Sie wandte den Blick ab. Marialle ihrerseits, legte der dunklen Elfe einen Finger auf die Lippen und versuchte zu lächeln.

"Schon gut, du musst nichts sagen und auch nichts tun, du lebst und ich lebe auch, das ist doch das wichtigste." Das war zwar wahr, dennoch konnte Dolette ihr die Enttäuschung weiterhin ansehen und sie wusste, dass sich dieser Ausdruck in ihrer eigenen Miene widerspiegelte. Sie entschied sich für den direktesten Weg, der ihr grade machbar erschien und schaute Marialle direkt an.

"Ich liebe dich!", kam es viel zu laut und schroffer als sie es gewollt hatte, aus ihrem Munde. Die Hohepriesterin sah sie kurz, wie vom Geist gerührt an, doch wurden ihre Züge rasch sanft. Erneut bildeten sich Tränen in ihren Augen und nun konnte sie ehrlich lächeln. Kurz schien es Dolette, als würde sie ihr wieder um den Hals fallen wollen und sie sah beschämt zu Boden, als sie sich offensichtlich selbst davon abhielt, doch das seichte Lächeln umspielte noch immer ihre vollen, blassrosanen Lippen. Sie nahm die Hand der Elfe die noch immer auf ihrer Wange ruhte in ihre und zog sie mit zarte Gewalt vor ihren Mund, um ihr einen sanften Kuss auf den Handrücken zu legen. Sie sagte nichts und das musste sie auch nicht. Langsam entließ sie die Hand der Todesritterin und sah ihr nun wieder direkt in die Augen. Dolette spürte auf einmal den Drang in sich aufsteigen, den sie die ganze Zeit über vermisst hatte und bevor sie sich im Blick der Priesterin verlor, beugte sie sich leicht vor und küsste zaghaft die Wange der schönen Menschenfrau. Als sie sich wieder zurück ziehen wollte, wurde sie fest und bestimmend von ihr zurück gehalten. Die ehemalige Paladin spürte den warmen Hauch des Atems an ihrem Ohr, als Marialle flüsternd zu ihr sprach:

"Gib nur das was du kannst, ich habe so lang auf dich gewartet und ich würde die Ewigkeit weiter warten." Die Worte klangen merkwürdig vertraut und der warme Hauch jagte ihre einen Schauer über den Rücken, von dem sich ihre Nackenhaare aufstellten und der Drang wurde plötzlich übermächtig. Ihr wurde heiß und kalt und sie schloss die Arme um die schmale Taille der Priesterin. Die dunkle Elfe zog ihren Kopf leicht zurück, während sie eine Hand ihren Rücken hinauf streichen ließ. Von den wunderschönen, bernsteinfarbenen Augen rutschte ihr Blick immer wieder hinab zu den vollen Lippen und ein Verlangen stieg in ihr auf wie sie es noch nicht gekannt hatte. War es das was Koltira bewegte, ohne Rücksicht auf den anderen, seiner Begierde nachzugehen?

Sie wusste, dass Marialle sich auch danach sehnte, doch selbst wenn sie es nicht getan hätte, wäre es ihr in diesem einen Moment vielleicht egal gewesen. Sie legte ihre aschfahlen Lippen auf die rosigen der Hohepriesterin und küsste sie mit einer Leidenschaft, wie sie nie geglaubt hätte, sie verspüren zu können. Marialle erschauderte in ihren Armen und ließ sich nur allmählich auf den Kuss ein. Ihr entfuhr ein Keuchen, als sie sich kurz voneinander lösten und sie in den Augen der Priesterin einen begieriger Funken erhaschte, mit denen sie sich zu vergewissern schien, ob die Todesritterin, wirklich sie selbst war. Sie zog sie wieder an sich und presste ihre Lippen auf die der dunklen Elfe. Der Kuss nahm an Intensität zu und die Hände der Untoten strichen wild und forschend über den wohlgeformten Körper der Menschenfrau.
 

Was geschah hier nur? Dolette war die ganze Zeit so zurückhaltend gewesen und jetzt schienen all die Gefühle aus ihr heraus zu brechen. Marialle spürte die hagere Statur, der eh schon schlanken Elfe, deutlich an sich und obwohl ihr eigenes Verlangen stetig anstieg, kam ihr die plötzliche Leidenschaft der Todesritterin übereilt vor und so legte sie ihr sanft eine Hand unter das Schlüsselbein, das bedenklich hervor trat. Dolette ließ sich nicht beirren, sie erschien ihr nun fast wie besessen. Sie verstärkte den Druck mit der Hand und so gab sie widerwillig nach. Geräuschvoll ausatmend sah sie die Priesterin fragend an. Marialle beließ ihre Hand an der stelle und spürte überrascht das Herz der dunklen Elfe hart und schnell pochen.

"Nicht so schnell, Dole. Eben schienst du eine Berührung von mir kaum ertragen zu können und nun bist du dabei mich mit Haut und Haaren zu verschlingen." Überrascht registrierte sie, dass die Todesritterin schmunzelte und in ihren Augen tanzte ein Glanz, der ihr gänzlich unbekannt war.

"Wa...?" Sie kam nicht dazu eine komplette Frage zu stellen, denn die dunkle Elfe drückte sie rücklings auf das Bett und kniete über ihr. Sie sagte nichts, doch wandelte sich das Schmunzeln in ein gefährliches Lächeln und Marialle hatte Mühe sich der Verführung zu erwehren, doch ihr Bauchgefühl rebellierte in ihrem Inneren.

"Dole! Was ist denn nur los mit dir?"

Die Todesritterin fuhr mit einem gewaltigen Satz zurück und stand plötzlich in der anderen Ecke des Raumes. Sie schien mit sich zu hadern, bis blankes Entsetzen auf ihre Züge trat.

"Ist es nicht das was du willst?", rief sie ihr aufgebracht entgegen.

"War das nicht der Grund, warum du die ganze Zeit so bedrückt warst? Was hast du denn geglaubt was geschieht, wenn du diese Schwelle zusammen mit einem Todesritter überschreitest?" Marialle fuhr zusammen. Eiskalte Wut schien aus ihr zu sprechen und ihre Augen glommen bedrohlich auf.

"Dole ich..." Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Was sollte das denn heißen, wenn sie diese Schwelle mit einem Todesritter überschreitete? Tatsächlich erschien sie ihr wie im Rausch, doch war sie jetzt dort in der Ecke und respektierte den Wunsch der Priesterin. Marialle fasste einen Entschluss und stand von dem Bett auf, um langsam zu ihr rüber zu gehen.

"Bleib weg! Ich habe dir doch erzählt, was Koltira gesagt hat, wie er war. Es ist in jedem von uns. Und ich weiß nicht, ob ich noch einmal die Kraft habe, von dir abzulassen, wenn du mich darum bittest." Die Erkenntnis sickerte unbarmherzig in ihren Geist und die Menschenfrau fühlte sich nun bekräftigt, in ihrem Vorhaben. Unbeirrt schritt sie weiter auf die Untote zu und kam vor ihr zum Stehen. Sie ergriff eine ihrer kalten Hände und führte sie an ihre Wange. Dolette sah sie fragend an und die Hohepriesterin zog ihre Hand zurück. Das sanfte goldene schimmern erhellte ihr Gesicht und trotz, dass sie mager und ausgezerrt aussah, war sie schön.

"Ich will dir nicht weh tun, oder etwas tun was du nicht willst." Sie ließ die fahle Hand herab sinken und das Leuchten erstarb. Die Hohepriesterin war bemüht aufmunternd zu lächeln und legte nun ihrerseits sanft die Hände auf die Schultern der Elfe.

"Nichts was du tust, könnte mir jemals weh tun, Dole.", sprach sie ernst und gefasst zu ihr und ihre Züge veränderten sich.

"Dieses verlangende Gefühl ist mir so fremd, ich habe wirklich Angst, dass ein Unglück geschieht, wenn ich ihm nachgebe." Sie sah beschämt zu Boden, doch die Priesterin drängte ihren Kopf wieder hoch, so dass sich ihre Blicke erneut trafen. Marialle fackelte nun nicht, es war ihr egal worauf das Verlangen der Todesritter beruhte, sie gehörten zusammen und wenn Dolette sich auch diesem Teil ihrer Gefühle ergab, würden sie nur noch mehr eins werden, als sie es eh schon waren. Sie legte sanft ihre Lippen auf die der Untoten und diese gab ihren Widerstand, nach nicht einmal dem Bruchteil eines Herzschlages, auf und gewehrte Marialles fordernder Zunge willig Einlass. Sie tanzten wild miteinander und die Elfe riss sie harsch herum und stemmte sie gegen die Wand hinter ihr. Die Menschenfrau schlang ihre Beine um ihre Taille und löste sich aus dem Kuss, um das Befinden der ehemaligen Paladin zu prüfen. In ihren Augen lag Verlangen, aber auch die Jahrtausende alte Liebe, die die beiden verband und sie war sich nun sicher.

"Lass dich fallen, ich gehe jeden Weg mit dir, Dole.", hauchte sie ihr in die langen Ohren und bekam ein unterdrücktes Knurren als Antwort. Sie wirbelte die Priesterin auf ihrem Arm herum und sie war erstaunt, wie viel Kraft Dolette noch immer hatte, obwohl sie so ausgemergelt war. Die Todesritterin ließ sie unwirsch aufs Bett fallen und beugte sich über das Objekt ihrer Begierde.

Auf der Himmelsbrecher und der Ogrims Hammer

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Auf der Himmelsbrecher und der Ogrims Hammer
 

Eine vertraute Berührung holte sie sanft aus ihrem Schlaf und als sie die Augen öffnete, erblickte sie die leuchtenden, blauen Augen der dunklen Elfe, in denen eine kleine goldene Flamme zu tanzen schien. Sie lächelte nicht, sondern betrachtete nur die Menschenfrau, auf die sie herab sah, mit ihrem forschenden Blick, den Marialle so liebte. Es war ganz anders als die vielen male, die sie schon neben Dolette aufgewacht war. Ihr Herz begann urplötzlich rasend zu schlagen und sie war fürchterlich aufgeregt. Das sanfte Schimmern und das leichte Kribbeln verrieten ihr, dass die Elfe sie noch immer sanft an der Wange streichelte und ihre Augen wurden wieder furchtbar schwer. Doch Marialle wollte sich dem wohligen Gefühl, das sich in ihr aufbaute nicht ergeben. Sie wollte wissen, wie es in der Todesritterin aussah, ob es ihr gut ging. Und so erwiderte sie den forschenden Blick eindringlich und neugierig.
 

Wie sehr musste dieses heilige Wesen sie tatsächlich lieben, dass sie diesen Weg mit ihr gegangen war? Sie schien es noch nicht zu spüren, aber Dolette betrachtete jeden Winkel des nackten Körpers, der mit einer Decke zwischen den Beinen, neben ihr lag und erfasste schockiert die vielen Blessuren, die ihr dunkler Rausch auf dem zarten Fleisch hinterlassen hatte. Sie war bemüht sich ihren Schock und die Scham die sie verspürte nicht ansehen zu lassen und so legte sie einmal mehr die Maske der Gleichgültigkeit auf, auch wenn sie wusste, dass diese der Priesterin genauso wenig gefiel. Dolette ließ sich wieder zurück in die Kissen sinken und lag auf dem Rücken. Sie drehte ihren Kopf zu der Menschenfrau und strich ihr eine Strähne aus dem makellosen Gesicht. Warum sagte sie nichts? Sie schaute sie nur unentwegt an, durchdringend und forschend und die dunkle Elfe fühlte sich langsam unwohl. Darum brach sie nun das Schweigen.

"Kannst du mir vergeben?" Die Miene der Priesterin veränderte sich rapide und wurde sanft und weich.
 

Das war es also. Marialle hatte Angst, dass es ihr vielleicht nicht gefallen hatte, oder sie sich nicht ganz hatte gehen lassen können, aber tatsächlich hatte sie einfach nur ein schlechtes Gewissen. Sie musste schmunzeln und fühlte wie die Liebe zu der Elfe heiß in ihr hochkochte. Sie räusperte sich und schaute Dolette nun klar und deutlich an.

"Ich bin in meinen Ausführungen nicht besonders ins Detail gegangen, aber auch als Paladin verfügtest du über enorme Kräfte, Dole. Selbstverständlich umgibt dich heute das Dunkle, das den Todesrittern nun mal anheim ist und du bist, vorsichtig gesag,t etwas herrisch, aber blaue Flecken habe ich auch früher schon des Öfteren davon getragen." Mit einem Lächeln registrierte sie wie die Maske der Todesritterin abfiel und einen erleichterten Ausdruck zurück ließ.

"Es gibt nichts zu verzeihen. Erinnerst du dich, was ich dir damals im See sagte? Du bist du, so wie du jetzt bist und ich nehme dich an, mit allem was dein untotes Dasein mit sich bringt und wer weiß, ich würde es natürlich niemals zugeben, aber vielleicht...nur vielleicht hat es mir ja sogar gefallen." Die Priesterin zwinkerte verschwörerisch und das Gesicht der dunklen Elfe entspannte sich nun vollends. Sie konnte sogar verschmitzt lächeln, bevor ihre Miene wieder ernst wurde. Sie drehte sich auf die Seite und sah Marialle direkt mit den leuchtenden Augen an.

"Du hast es nicht ausgesprochen, aber du hast gesagt, du liebst mich. Mich nicht die, die ich einst war. Ich kann dir gar nicht beschreiben wie es mir in dem Moment erging." Als Dolette endete, umspielte ein seichtes, verträumtes Lächeln ihre Lippen, was in krassem Kontrast zu ihrer ruhigen, kühlen Stimme stand und die Menschenfrau spürte wie ihr ganz leicht die Hitze ins Gesicht stieg. Es irritierte sie etwas, dass die Elfe das so klar erkannte und auch formulieren konnte, denn ausgesprochen hatte die Priesterin selbst es bisher nur im Traum, was nichts bedeutete, so wahr es auch war. Sie schaute schüchtern zur Seite, was die dunkle Ritterin schmunzeln ließ und einvernehmlich schwiegen sie ein paar Herzschläge lang.

Marialle ließ ihren Blick nun über das marmorgleiche Gesicht wandern und auf einmal drang Sehnsucht in ihr hoch. Sie wollte die Todesritterin berühren und spüren. Dem Impuls folgend, stützte sie sich mit einem Arm ab und setzte sich auf Dolettes Becken. Ein Keuchen entfuhr ihr und sie war erstaunt darüber, wie sehr sie die Bewegung doch schmerzte. Es waren nicht nur die ganzen Kratzer und Hämatome die ihr zusetzten, sondern der Muskelkater, den sie in wirklich jedem Muskel ihres Körpers zu spüren schien. Die dunkle Elfe sah sie besorgt an, doch Marialle lächelte.

"Ich bin wohl etwas aus der Übung." Dolette erwiderte das Lächeln. Die Menschenfrau beugte sich runter, um nah am Ohr der Todesritterin flüstern zu können.

"Ich würde dir gern zeigen wie es ist, wenn DU dich fallen lässt." Sie erhob sich leicht, um die Auswirkungen ihres Angebots im Gesicht der Elfe ablesen zu können. Sie wurde nicht enttäuscht, Dolette grinste und ihre Augen funkelten.

"Ich bin ganz Dein.", kam es leise aus den aschfahlen Lippen und die Priesterin erwiderte das Grinsen.
 

Es vergingen noch 2 weitere Tage in denen die Anführer auf die Ankunft der Ogrims Hammer warteten, damit man vereint losschlagen könnte. In der Zwischenzeit war auch Hochlord Bolvar Fordragon, schwer gezeichnet in die Allianzfeste zurückgekehrt. Er war tagelang durch die Drachenöde geirrt und hatte die Schwelle des Todes überschritten, doch erholte er sich schnell.

Heute würde eine Zusammenkunft zwischen Horde und Allianz stattfinden, um den finalen Plan abzusprechen. Auch Dolette und Marialle wurden gebeten, daran teilzunehmen.

Es war beeindruckend. So gut wie jedes Oberhaupt der Fraktionen hier an einem Tisch vorzufinden, auch wenn die Mienen äußerst finster waren. Zu tief waren die Wunden, die an der Pforte des Zorns gerissen wurden. Auf der einen Seite saß Thrall, flankiert von Vol'jin, Cairne Bluthuf, Varok Saurfang und dem ungstüm wirkenden jungen Ork Garrosh Höllschrei, dem Sohn des großen Helden Grommash Höllschrei. Gegenüber Varian Wrynn, Bolvar Fordragon, Tirion Fordring, Muradin Bronzebart, der die Zwerge in Nordend vertrat und Jaina Prachtmeer. Neben Jaina saßen Marialle und Dolette, den beiden gegenüber die drei Todesritter, Darion Mograine, Thassarian und zum Missfallen der dunklen Elfe auch Koltira Todesweber. So war die runde Tafel voll besetzt und jeder hatte einen gleichgestellten Platz. Dolette spannte sich an, der Blutelfen Todesritter musterte die heilige Menschenfrau offenbar mit Verzückung und spätestens, als er der Elfe, ihm gegenüber, einen verheißungsvollen Blick zuwarf, war ihr klar, dass sich sein Verlangen grade auf die Priesterin ausgeweitet hatte. Dolettes Blick verfinsterte sich und ein leises Knurren entwich ihr. Mit unbewegter Miene legte die Priesterin unter dem Tisch eine Hand auf den Oberschenkel der Todesritterin, neben ihr. Die Geste verfehlte ihre Wirkung nicht im geringsten und die Elfe entspannte sich zusehends. Befriedigt beobachtete sie die Menschenfrau, wie sie mit einer undurchdringlichen Maske des Desinteresses jedem Blick von Koltira mit Leichtigkeit entging und war tief beeindruckt von der Autorität und Erhabenheit, die die Menschenfrau ausstrahlte. Sie gehörte wahrlich an diesen Tisch voller Anführer. Mit ansteigender Gelassenheit lehnte die dunkle Elfe sich leicht zurück und verfolgte das Gespräch der Herrscher Azeroths.

"...meine Armee steht bereit und sollte es noch einmal auf dem direkten Weg versuchen.", ließ der junge Höllschrei verlauten, der offenbar, mit dem wohldurchdachten Plan, den die Fraktionen mit den Rittern der schwarzen Klinge ausgearbeitet hatten, äußerst unzufrieden war.

"Garrosh! Halte dich zurück, sonst reist du augenblicklich zurück nach Ogrimmar!", kam es streng von Thrall. Der junge Ork mit der braunen Hautfarbe lehnte sich zurück und stieß geräuschvoll die Luft aus.

"Ihr werdet euren Kampf ja bekommen, Höllschreis Sohn. Wir brauchen eine Schlacht, damit die Geißel abgelenkt ist. Wenn ihr so begierig darauf seid, nehmt ihr euch doch der Sache an." Es war Tirion Fordring der ruhig zu dem Ork sprach, der die Worte nun überdachte. Es schien ihm nicht zuzusagen, sich auf den Vorschlag des Menschen einzulassen, aber da es ja dennoch genau das war was er wollte nickte er deutlich.

"Ich werde die Vorrichtung in der Blutroten Halle ausfindig machen, wenn niemand Einwände hat.", ließ sich nun Jaina Prachtmeer vernehmen. Der König von Sturmwind nickte und auch Thrall schien nichts dagegen zu haben.

"Einverstanden, Lady Prachtmeer." Die Erzmagierin erhob sich.

"Dann werde ich sofort meine Leute zusammen trommeln und aufbrechen." Sie verließ das Konferenzzimmer eiligen Schrittes.

"Ich werde meinerseits, Sylvanas Windläufer in die Seuchenwerke schicken, sie rechnet sich dort mit ihren Verlassenen ein paar Vorteile aus. Garrosh, schick sie los und bereite dich auf das Ablenkungsmanöver vor." Der braunhäutige Ork erhob sich und ignorierte den Aufschrei des Zorns, von Varian Wrynn. Auch Garrosh Höllschrei stürmte aus dem großen Raum.

"Ihr habt dieses verräterische Bansheebiest hier her gebracht, Thrall? Seid ihr noch ganz bei Trost? Sie wird uns wieder verraten!", brüllte der Mensch über die Tafel hinweg. Seine Einsicht nach dem Tod Varimathras war also nicht von Beständigkeit.

"Majestät, so beruhigt euch. Ich hatte euch doch...", versuchte Marialle ihn zu beschwichtigen.

"Schweigt Hohepriesterin, ich weiß genau was diese Untote vor hat! Wir brechen auf der Stelle, zur Himmelsbrecher auf, sofort. Das Bündnis hat hier ein Ende, Ork!", wandte er sich an den Kriegshäuptling, während er sich erhob.

"Verdammt.", presste die Priesterin leise hervor und erhob sich ebenfalls, so wie alle anderen. Sie wechselte einen vielsagenden Blick mit Thrall und eilte ihrem König zusammen mit Dolette, Tirion Fordring, Bolvar Fordragon, Muradin Bronzebart, Darion Mograine und Thassarian hinterher. Die Mitglieder der Horde gingen ebenfalls schnellen Schrittes aus dem Konferenzzimmer hinaus.

"Ein Zerwürfnis zu diesem Zeitpunkt. Schlechter könnten die Vorzeichen nicht stehen, Lord Fordring.", ließ sich der Anführer der Ritter der schwarzen Klinge vernehmen.

"Ich weiß, Hochlord, aber nun muss gehandelt werden, sonst verwirken wir unsere Chance den Lichkönig endlich zu stürzen." Die beiden Männer nickten einander zu.

"Dann wird sich Heute zeigen, wozu das Äscherne Verdikt fähig ist!", ließ nun Thassarian aufgeregt und voller Vorfreude verlauten. Die Argentumvorhut, um Tirion Fordring und die Ritter der schwarzen Klinge, um den schwarzen Wächter hatten sich jüngst zu diesem Bündnis zusammengeschlossen. Die Männer der Allianz und die beiden Frauen rannten. Viele Körperlängen vor ihnen, brüllte der König eine Anweisung nach der anderen und stürmte auf das Luftschiff, dass in einiger Entfernung von der Allianzfeste gelandet war, zu.

Dolette schaute im Laufen zu der schönen Priesterin. Sie konnte sich ihrem magisch anmutenden Antlitz in dem schönen beigen Mantel, nicht einmal jetzt erwehren. Marialle schien ihren forschenden Blick auf sich zu spüren und erwiderte ihn. Sie lächelte knapp, was Dolette grinsen ließ.

"Was auch kommt, ich weiche nicht von deiner Seite!", sprach die Todesritterin entschlossen. Das Lächeln der Menschenfrau wurde breiter und sie nickte genau so entschlossen. Die beiden Frauen betraten das Luftschiff und viele Allianzsoldaten und Todesritter folgten. Kurze Zeit später erhob sich das fliegende Wunder der Technik, die Himmelsbrecher, gen Himmel.
 

"Meisterchen gesagt, wir sehen sie heute!", beklagte sich die Sukkubus und Plagg stieß entnervt und geräuschvoll die Luft aus.

"Beim Dämon, Susi. Ich weiß es nicht genau habe ich gesagt!" Die beiden Menschen, die dem Verlassenen gegenüber, an dem kleinen Tisch in der spärlich eingerichteten Hütte saßen, lachten.

"Eure Susanne scheint Dolette ja wirklich zu verehren, Meister Kinnab.", sprach Odessa schmunzelnd zu dem Hexenmeister.

"Allerdings, ich verstehe gar nicht, wieso das so ist, schließlich bin ich ihr Meister.", antwortete er resignierend.

"Was bereden die so lange, der Plan war doch schon vorbesprochen. Irgendwas stimmt hier nicht.", überlegte Borigan laut und schaute aus dem kleinen Fenster. Draußen rannten Orks, Trollle, Tauren und Verlassene wild umher. Das ganze Lager schien in heller Aufregung, da klopfte es laut an der Türe.

"Herrein!", war die deutlich zu vernehmende Antwort des Kriegers. Es war Vol'jin, der eilig in die Hütte trat.

"Es tut mir leid, die Verhandlung'n sind gescheitert. Ihr beide habt nu' zwei Möglichkeit'n...", wandte er sich an die beiden Menschen.

"Entweder ihr brecht auf und versucht noch auf die Himmelsbrecher zu gelang'n, oder ihr folgt uns auf die Ogrims Hammer und trefft das Menschlein und das Elflein erst in der Zitadelle.", ließ er ernst verlauten. Die beiden schauten sich an und Borigan wandte sich zurück an den Häuptling der Dunkelspeere.

"Da das Treffen in der Festung der Allianz stattfand, ist anzunehmen, dass die Himmelsbrecher schon gestartet ist." Vol'jin nickte.

"Davon gehe ich aus, Borigan." Er wechselte noch einen Blick mit der Magierin und dann mit dem Verlassenen.

"Gut, dann kommen wir mit euch, denkst du das geht in Ordnung, mein Freund?" Die kleinen gelben Augen des Trolls verengten sich, doch er grinste.

"Bleibt an meiner Seite und es passt." Gemeinsam eilten sie aus der Hütte und zur Ogrims Hammer, die ebenfalls außerhalb der Festung der Horde stand und schon abflugbereit wirkte.

An Bord folgten sie dem Troll zur Brücke und trafen dort auf Thrall, der gerade den Kapitän des Flugschiffs über die Vorkommnisse, der Besprechung zu unterrichten schien.

"Jedenfalls müssen wir uns beeilen, um nicht zuspät einzutreffen, Kapitän Schwarznarbe.", beendete der Kriegshäuptling grade seine Ausführungen und ein breites Lächeln erschien auf den wulstigen Lippen des Orkkapitäns.

"Das heißt wir werden die Himmelsbrecher angreifen, mein Kriegshäuptling?", fragte er und Kampfeslust leuchtete in seinen kleinen Augen.

"Wir werden keinen Angriff auf die Allianz starten! Die Welt braucht Frieden. Aber wenn Varian angreift werden wir nicht wehrlos untergehen.", war seine bestimmte Antwort. Korm Schwarznarbe verbeugte sich leicht und wandt sich dem riesigen Steuerrad zu.

"Odessa, Borigan. Wie ich sehe habt ihr euch entschlossen mit uns in die Eiskronenzitadelle einzufallen. Meister Kinnab.", sprach Thrall ruhig und wandt sich zum Ende nickend an den Verlassenen.

"Ja, Kriegshäuptling. Ich bezweifle, dass wir es rechtzeitig zum Start der Himmelsbrecher geschafft hätten." Der Ork nickte bestätigend und trat an das große Fenster, um der Festung zuzuschauen wie sie langsam kleiner wurde.
 

"Die Ogrims Hammer ist in Sicht!", rief der Ausguck laut zur Besatzung herab. Marialle schaute in die Richtung in die er deutete, in der anderen erstreckte sich das gewaltige Bauwerk der Eiskronenzitadelle, die an ihrer Spitze den Himmel zu berühren schien.

"Ich hoffe, dass sie nicht angreifen.", sprach Dolette leise, mehr zu sich selbst als zu der Priesterin.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass Thrall das tun würde. In seinen Augen regiert nur der Sinn nach Frieden.", antwortete sie gedankenverloren. Der König hatte jeden außer dem Kapitän von der Brücke verwiesen, um sich genau zu überlegen, welche Strategie er fahren wollte, sobald und da war er sich sicher, die Horde angreifen würde.

Marialle seufzte innerlich. So lang ging es schon zwischen Krieg und Frieden hin und her und weder Horde noch Allianz wichen einen Schritt zurück. Nicht einmal im Angesicht des Feindes waren sie in der Lage ihren Zwist so lange ruhen zu lassen, bis das gemeinsame Ziel erreicht war.

"Dieser ungestüme, engstirnige Idiot.", presste sie zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor.

"Haltet euch etwas im Zaum, Mylady Hohepriesterin. Der König hat seine Augen und Ohren überall." Es war Tirion Fordring, der milde lächelnd an die beiden Frauen heran getreten war.

"Ich wünschte, dass ich das könnte, Lord Fordring, aber er macht es mir unheimlich schwer.", antwortete sie ernst.

"Ich weiß, aber in seiner derzeitigen Verfassung ist er zu allem fähig und ihr solltet ihn nicht herausfordern.", sagte er beschwichtigend.

"Wird er von sich aus angreifen?", ließ sich nun die dunkle Elfe vernehmen.

"Das würde er offiziell niemals zugeben, aber ehrlich gesagt, bin ich mir da unsicher. Sein Hass auf die Horde ist ins Unermessliche angewachsen, seit den Vorkommnissen an der Pforte und wer kann es ihm verdenken? Er ist blind für die Wahrheit und irgendwo hat er das Recht auf seiner Seite. Lady Windläufer tat nicht gut daran dem Schreckenslord zu vertrauen und sie und die Horde müssen die Konsequenzen tragen. Dass Lady Prachtmeer ihn der Möglichkeit beraubte, Lordaeron wieder in die Allianz einzufügen, tut sein Übriges." Nachdenklich schaute der Paladin auf die, immer näher kommende Ogrims Hammer.

"Ich habe ein äußerst ungutes Gefühl, bei der ganzen Sache.", sprach er gedankenverloren. Marialle folgte seinem Blick zurück zu dem Flugschiff, dass sie verfolgte. Auf der Ogrims Hammer herrschte reges Treiben, auch wenn die Hohepriesterin nicht genau erkennen konnte, was vor sich ging.

"Dole, kannst du sehen, was die da machen?", wandte sie sich an die Todesritterin.

"Sie rennen hin und her, aber warum kann ich auch nicht sagen." Ein Schatten glitt über die makellosen Züge der schönen Untoten.

"Was ist?" Die Angesprochene drehte sich weg.

"Nichts."

"Lüg mich nicht an.", bat Marialle in sanftem Ton. Die Elfe schien mit sich zu hadern.

"Was hast du gesehen?" Sie konnte erhaschen wie ihr Unterkiefer kurz zuckte.

"Odessa, Borigan und Kinnab sind an Deck.", sagte sie finster. Marialle verstand. Sie drehte sich zurück und auch ihre Miene verfinsterte sich.

"Wir dürfen es nicht zu einer Auseinandersetzung kommen lassen.", sprach sie ruhig und mit der Würde, die die Hohepriesterin in ihr ausmachte.

"Dann lasst uns zu Varian gehen und schauen, dass wir ihn vor einer Dummheit bewahren.", ließ sich Tirion vernehmen.

Die drei eilten grade über das Deck, als der König von Sturmwind aus der Brücke an Deck trat.

"Die Ogrims Hammer macht sich gefechtsbereit! Wir werden sie nicht den ersten Schlag vollführen lassen!", rief er laut über das Deck, so dass ihn jeder vernehmen konnte und zog sein Schwert. Sofort war alles in heller Aufregung und man rannte wild über die Holzpanelen, zu den Kanonen und ein jeder legte seine Waffen an.

"Mein König, das ist Wahnsinn! Wie wollt ihr den Lichkönig stürzen, wenn wir geschwächt aus einer Schlacht kommen?", ließ sich der Paladin laut vernehmen und rannte auf den Angesprochenen zu. Auch Bolvar Fordragon und die beiden Todesritter waren nun an seine Seite gekommen.

"Ihr habt den Befehl des Königs gehört!" Es war Muradin Bronzebart der an die Seite seines Befehlshabers getreten war und seinen Entschluss bekräftigte. Der Zwerg hatte ebenso seine Axt gezogen und war bereit in den Kampf zu ziehen.

"Verdammt, wir müssen sie irgendwie warnen.", kam es atemlos von Marialle.

"Aber wie?" Darion Mograine teilte offenbar die Meinung des Paladin und auch die anderen beiden wandten sich von ihrem König zu der Priesterin.

"Einen Zauber hinüber zu schicken würde als Kampferöffnung verstanden. Hat keiner eine Idee?"
 

"Sieh nur Borigan, da an der Reling der Himmelsbrecher. Sind das Marialle und Dolette?", fragte Odessa und versuchte den Punkt zu fixieren. Auch Plagg trat näher an die Reling der Ogrims Hammer, um zu erspähen, was die Magierin ansprach.

"Herrin Dolli da drüben?" Die Gestalten machten wegwischende Bewegungen, aber was wollten sie sagen?

"Susi, flieg hinüber zur Herrin, aber Pass auf, dass du so gut es geht unentdeckt bleibst. Die Sukkubus nickte aufgeregt und sprang von Deck. Plagg beobachtete seine Dienerin wie sie erst weit unter ihnen in den Flug glitt und mit kräftigen Flügelschlagen auf die Himmelsbrecher zu flog.

"Untoter Narr, pfeift sie zurück!" Verwirrt betrachtete er Odessa und schaute ihr zu wie sie sich vor seinen Augen auflöste. Er verstand und fluchte innerlich über seine Unbedachtheit.

"Susi, zurück!", brüllte er seiner Dämonin hinterher.
 

"Kinnab, du Idiot. Sie werden Susanne doch sehen!", stieß die dunkle Ritterin zornig hervor. Marialle spürte eine vertraute Präsenz die sie herum fahren ließ. Vor ihren Augen schälten sich die Umrisse der Magierin in die Umgebung und ein Lächeln glitt über ihre Lippen.

"Beim Licht, Odi! Varian will angreifen. Sag Thrall, dass er abdrehen muss!" Sie nickte nur und verschwand so schnell wie sie erschienen war.

Doch zu spät.

Ein gewaltiger Knall durchbrach die Stille am Himmel und das Geschoss, das auf die Ogrims Hammer zu flog, verfehlte die Sukkubus nur um haaresbreite.

"Nein, verdammt."

Bruchlandung vor dem Todesbringer

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Bruchlandung vor dem Todesbringer
 

"Susiiiii! Beim Dämon, beeil dich, komm zurück!", schrie der Meister der Sukkubus laut durch den Himmel.

"Blöde, blöde Kanonen, denen ich zeigen! Susanne Feuer, ja, ja."

"Sieh zu, dass du deinen Hintern zu mir zurück bewegst, jetzt!", befahl Plagg nun deutlich weniger besorgt.

"Ja, ist ja gut, Herrchen. Susanne ja kommen!", flötete die Dämonin leichthin, als wäre sie auf einer friedlichen Blumenwiese. Eine weitere Kanonenkugel sauste an ihr vorbei und schlug in den Bug der Ogrims Hammer ein.

"Gegenangriff!", brüllte Korm Schwarznarbe über die Köpfe der Hordler hinweg und Odessa, Borigan und Plagg sahen erschüttert rüber zur Himmelsbrecher.

"Engstirnige Narren! Wie können sie sich nur, im Angesicht des wahren Feindes, so sehr dezimieren?", presste der Krieger zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Das Luftschiff der Allianz wurde von einer der Kanonenkugeln gestreift und kam nun immer näher. Die Ogrims Hammer schwankte schon bedrohlich hin und her, doch das schien keinen der Krieger, die es nach Allianzblut dürstete, zu interessieren.

Weitere Stahlkugeln flogen zwischen den beiden gewaltigen Luftschiffen hin und her und rissen immer wieder große Löcher in die Holzkonstruktionen.

"Wir müssen was unternehmen!" Es war Odessa, die sich suchend umsah, in der Hoffnung einen Einfall zu bekommen. Der Hexenmeister beobachtete unterdessen, wie sich die Himmelsbrecher immer weiter an die Ogrims Hammer heran schob.
 

"Es wäre Zeit für einen brillianten Einfall!", ließ sich Thassarian vernehmen, der mit finsterer Miene das Geschehen verfolgte. Die Ogrims Hammer, war schon greifbar nah und einige der Allianzstreiter griffen sich eines dieser unsicheren Jetpackdinger, die die verrückten Goblins an jeden verkauften der genug Gold dafür bot. Als Dolette hinüber auf das Luftschiff der Horde schaute, erkannte sie, dass die Krieger dort das selbe taten.

"Vergesst es! Wir sollten versuchen so unbehelligt wie möglich aus diesem Kampf hervor zugehen und den Lichkönig zu stürzen! Wie konnten nur so viele das wichtige Ziel aus den Augen verlieren?" Dolette war derselben Meinung wie Tirion Fordring und nickte ihm zu. Marialle allerdings stand noch immer gebannt an der Reling und starrte auf das andere Luftschiff. Die Todesritterin trat nah an sie heran und fragte sie so leise, dass nur die Priesterin es hören konnte.

"Du kannst nicht ohne sie gehen, richtig?" Die Angesprochene schüttelte nur leicht mit dem Kopf, doch die dunkle Elfe grinste entschlossen, was ihr diesen jugendlichen Anblick verlieh und ihr einen verwunderten Blick einbrachte.

"Ich auch nicht!", flüsterte sie nah an Marialles Ohr, was sie anscheinend erschaudern ließ. Mit einem breiten Lächeln schraubte sie sich in die Höhe und ließ ihren Todesgriff an einen der Maste schießen. Wie an einer Liane schwang sie elegant auf das Deck der Ogrims Hammer.

"Lady Dolette!", stieß Plagg überrascht hervor.

"Herrin Dolli, gekommen uns zu retten." Die Sukkubus war verzückt und schlang ihre lilanen Arme um die Todesritterin, die dies ungewöhnlicherweise lächelnd hinnahm.

"Ich denke dies ist das Ende dieser Flugreise, Freunde." Blitzschnell zog sie ihr mächtiges Schwert und die goldenen Runen auf der Klinge pulsierten im Takt ihres ruhigen Herzschlages. Drei Orks standen hinter der blonden Magierin und holten grade aus, doch der eiskalte Ausdruck in den blau schimmernden Augen der Todesritterin schien ihnen Einhalt zu gebieten. Sie drehten ab.

"Odi, teleportier uns rüber!", befahl die Elfe und die Angesprochene stockte einen Augenblick, bevor sie sich fasste und tat wie ihr geheißen.

Ein Luftschiff wurde durch das andere ausgetauscht und Herzschläge später erkannte sie die Gestalt der schönen Hohepriesterin vor sich.

"Sag mir das nächste Mal gefälligst was du vorhast!", stieß sie gespielt empört hervor.

"Wie ihr wünscht, Mylady.", entgegnete Dolette übertrieben höflich.

"Also was nun? Versuchen Varian zur Vernunft zu bringen, oder direkt in die Schwachstelle der Zitadelle teleportieren?", wandte sich die Untote an die Übrigen.

"Zwecklos! Ich kenne Varian!" Die dunkle Stimme Bolvar Fordragons dröhnte zu ihr hinüber und sie nickte in die Runde.

"Dann holen wir uns Arthas! Irgendjemand muss ja dafür sorgen, dass die Welt nicht untergeht!", ließ sie verlauten und genau in diesem Moment schlug eine Kanonenkugel schräg unter den Gefährten, aus viel zu naher Entfernung ein. Die beiden Luftschiffe wurden hart auseinander gerissen, ebenso die Gefährten.

Dolette brauchte nicht lang um sich zu fangen, doch sah sie ihre Mitstreiter überall an Deck verteilt und teilweise reglos liegend. Ihre erste Sorge galt der schönen Menschenfrau, die sie liebte. Innerhalb weniger Herzschläge war Dolette auch schon an ihrer Seite und half ihr auf.

"Alles in Ordnung, Mari?", fragte sie knapp und die Angesprochene brauchte nur zu nicken. Die Todesritterin stürmte weiter. Bolvar, Tirion, Darion und Thassarian richteten sich aus eigener Kraft wieder auf, ebenso Borigan und Plagg, nur die Menschenmagierin lag reglos auf den Holzplanken des Decks. Eilig hiefte sie die kleine Frau auf ihre Arme und rannte rasch zurück zu der Priesterin. Ohne Worte zu verschwenden ließ Marialle ihre Hände über die junge Frau gleiten und das silberne Licht an ihren Händen schien in die Blonde einzudringen.

Währenddessen drifteten die Wunderwerke der Horde und Allianz auseinander. Die Himmelsbrecher knarrte bedrohlich und der Wind an Deck nahm zu. Dolette beobachtete die Ogrims Hammer einen Augenblick, wie sie rasch an Höhe verlor und einen grauen Rauchstreifen hinter sich her zog.

"Wir verlieren an Höhe!" Muradin Bronzebart brüllte über die vielen Köpfe seiner Besatzung und der Soldaten des Königs hinweg.

"Mari, wieso wacht sie nicht auf?", entfuhr es der dunklen Elfe ungeduldig und die Priesterin wirkte ratlos.

"Wenn man so einen auf den Deckel bekommen hat, reicht es nun mal nicht immer die Wunde zu verschließen, damit derjenige sofort aufwacht", entgegnete die Priesterin würdevoll.

"Dann müssen wir springen! Seht ihr, wir werden die Balustrade höchstens streifen, wir müssen alle zur selben Zeit springen!" Tirion Fordrin hatte offenbar den Blick fürs Wesentliche nicht verloren und so folgten alle seinen Worten und sahen wie sie schnell auf die angesprochene Balustrade zusteuerten.

"Erhebt euch! Wir dürfen keine Zeit verlieren!", befahl Dolette und alle gehorchten. Borigan hatte die Magierin auf seine breite Schulter gelegt und die Gefährten traten an die Reling. Der Hexenmeister war auf die Arme seiner Dienerin gesprungen und gemeinsam flogen sie voraus.

Die Zeit schien still zu stehen, während die dunkle Ritterin noch einen Blick mit Marialle austauschte. Ohne es bewusst zu tun, reichte sie ihr die Hand und die Priesterin ergriff sie. Gemeinsam wandten sie ihren Blick auf das Ziel und der Moment war verstrichen. Gleichzeitig stießen sich die Gefährten von dem Holz ab, das einst das Deck der Himmelsbrecher war.

Der Aufprall war hart, doch noch immer spürte sie die Wärme die von der Hand der Menschenfrau ausging und das war das Wichtigste. Dennoch erhob sie sich rasant, wie eine Raubkatze und stürzte, einem Impuls folgend, auf die Klippe zu. Ein Schrei ertönte und drang an ihre spitzen Ohren, wie aus weiter Ferne. Sie sah noch die hellen blauen Augen und das Silber der Rüstung des Paladins aufblitzen, ehe er im Dunkel verschwand. Ziellos warf Dolette ihm ihren Todesgriff hinterher, doch als er federleicht zurückschnellte, wusste sie dass es vergebens war. Sie starrte leer auf den Horizont und überall waren weiße kissenähnliche Gebilde zu sehen, die langsam hinab gleiteten. Offenbar hatten sich die Mitglieder der Horde und Allianz mit sogenannten Fallschirmen retten können. Wenigstens eine sinnvolle Erfindung, der tüftelnden Goblins.
 

Sie atmete schwer und ihr Herz raste vor Aufregung. Eben hatte sie noch die kühle Hand der Todesritterin in ihrer gespürt, doch sie war verschwunden und hinterließ nur eine kleine, aufgewirbelte Staubwolke. Als Marialle sich umsah, entdeckte sie die untote Schönheit, kauernd am Rand des Abgrunds und sie übersah ihre Gefährten. Odessa, noch immer bewusstlos, Borigan, Bolvar und die beiden Todesritter lagen einige Körperlängen, ebenso schwer atmend, von ihr entfernt. Tirion, Plagg und Susanne fehlten und sie stürzte neben die Elfe.

"Lord Fordring!", presste sie hervor und sah erschrocken in das makellose Gesicht auf dem Trauer zu liegen schien. In dem Moment schälten sich lila Schwingen aus der tiefen Umgebung und die Sukkubus flatterte angestrengt immer höher.

"Herrin Dolli helfen? Meisterchen und Menschenmann schwer für zwei so zarte Flügelchen!", rief die Dämonin angestrengt, aber begeistert zu den beiden Frauen hinauf und leicht verblüfft registrierte Marialle wie Dolette der Dienerin ihres Dieners dankbar lächelnd zunickte.

"Ich kann dir nur Kinnab abnehmen Susi", schrie sie die Klippe hinab und schleuderte ein weiteres Mal ihren Todesgriff in die Tiefe. Er packte den Hexenmeister, dem das anscheinend nur wenig Freude bereitete und gemeinsam zogen die beiden Frauen, den Verlassenen hinauf, während die Sukkubus nun keinerlei Mühen mehr hatte hinauf zu steigen.

"Beim Licht! Gerettet von der Dämonenschlampe eines Verlassenen, ich glaube es nicht!", stieß Tirion atemlos hervor. Dolette tauschte einen amüsierten Blick mit der Hohepriesterin, der ihr Herz schneller schlagen ließ. Plagg knurrte.

"Habt euch nicht so Kinnab, genau das ist sie doch!", lachte die Todesritterin und der Verlassene schnaubte entrüstet.

"Susanne, Schlampe?", kam es leicht hin von der Sukkubus. Dolette lachte aufs Neue und auch die Priesterin konnte sich eines Schmunzelns nicht länger erwehren.

"Das bist du keineswegs, Susi! Das hast du sehr gut gemacht." Der untote Hexer zog eine Schnute, was seine Züge noch merkwürdiger anmuten ließ, als sie es eh schon taten.

"Ja, das hast du gut gemacht, Susi. Beruhigt euch, Kinnab", bekräftigte die dunkle Elfe das Lob von Plagg und Marialle schaute amüsiert zu, wie die Augen der Dämonin begannen zu funkeln und sie sich auf die Todesritterin stürzte und sie zärtlich herzte.

"Ist ja gut, Susi. Hast du gut gemacht, aber begreife endlich, dass ich nicht kuscheln mag." Susanne schmiegte sich weiter an den schlanken Körper der Untoten und der Priesterin fiel in dem Moment auf, dass die Rundungen der Elfe schon fast wieder ein normales Ausmaß angenommen hatte. Sie lächelte kurz glücklich, als die verwirrten Stammeleien der Magierin, sie aus ihren Gedanken rissen. Offenbar war sie grade aufgewacht. "Was ist passiert?", fragte sie beinah im Flüsterton.

"Wir mussten vom Luftschiff abspringen, Odi. Die Himmelsbrecher ist abgestürzt", entgegnete die Todesritterin geduldig und Marialle vermutete denselben verwirrten Ausdruck auf ihrem, wie sie ihn auf dem Gesicht der Blonden sah. Welchen Wandel durchlief die Elfe wohl grade, dass sie Odessa so freundschaftlich ansprach. Sie ertappte sich dabei, sich zu fragen, ob Dolette wohl Teile ihrer Erinnerung zurückerlangt hatte, doch verwarf sie diesen Gedanken schnell, als ihr einfiel, dass die Paladin sie früher nie so genannt hatte.

Die Gefährten versammelten sich um die junge Magierin und Marialle kniete neben ihr nieder.

"Wie fühlst du dich, Odi?", fragte sie und ließ prüfend ihre Hand über die Frau gleiten.

"Ganz gut, denke ich. War ich lange weg?"

"Nein, kannst du aufstehen?" Odessa nickte entschlossen und ließ sich von dem Krieger, der nicht von ihrer Seite gewichen war, in die Höhe ziehen.

"Ein wenig schwummerig vielleicht, aber das gibt sich gleich!", sagte sie, nachdem sie ihren Stand geprüft hatte.

"Dann lasst uns nun hinein gehen. Hier entlang", ließ der schwarze Wächter verlauten und die Mitstreiter machten Anstalten sich in Bewegung zu setzen, als ein dunkles Lachen erklang.

"Sieh an, sieh an. Bolvar, alter Freund, die Seuche hat dir übel mitgespielt, wie ich sehe." Ein Wesen, gehüllt in eine schwarze Rüstung, trat aus der Flügeltüre, die ins Innere der Eiskronenzitadelle führte. Die Haut des Orks war fahl und seine Augen leuchteten in dem unheilvollen hellen Blau, das einen Todesritter ausmachte.

"Dranosh. Freund, komm zu dir!", kam es von Bolvar Fordragon.

"Kein Todesritter muss dem Lichkönig folgen!", bekräftigte ihn Darion Mograine.

"Dieser Name starb mit meinem schwachen Fleisch. Ich bin Todesbringer Saurfang! Schließt Euch mir an, Bolvar und wir werden diese Welt zerquetschen. Im Namen der Geißel, zu Ehren des Lichkönigs!", war die fanatische Antwort des Sohns von Varok Saurfang.

"Niemals werden wir uns dem Willen dieses Tyrannen beugen!", stieß nun die dunkle Elfe hervor, nachdem sie sich schützend vor die Priesterin gestellt hatte.

"Ich bin der mächtigste Todesritter des Lichkönigs. Ihr seid verdammt!" Kleine Rauchschwaden schienen aus dem Blau der leuchtenden Augen, des dunklen Orks zu entstehen und Marialle entdeckte dasselbe bei den anderen anwesenden Todesrittern. So auch bei Dolette, deren Miene sich verfinstert hatte. Ihre Hand glitt geräuschlos zum Heft ihres Runenschwertes und als der Todesbringen, mit einem lauten Kampfschrei auf die Gefährten zu stürmte, zog sie es und wehrte ihn in einer einzigen, fließenden Bewegung ab. Der Ork knurrte bedrohlich und der Elfe glitt für den Bruchteil eines Herzschlages, ein begieriges Lächeln über die Lippen.

Sie besann sich allerdings schnell auf ihre Konzentration und parierte einige mächtige Hiebe von der Axt des Todesbringers.

"Verteilt euch! Ich versuche ihn in Schach zu halten!", brüllte sie ihre Gefährten an und sie gehorchten. Marialle hatte etwas Abstand genommen und aus der Gewohnheit und einem Impuls, warf sie einen Schutzschild auf die Todesritterin, der flackerte, wann immer die riesige Axt des Orks, der dunklen Elfe zu nah kam.

Der Hohepriesterin war erst gar nicht bewusst geworden, was da vor sich ging und sie war nicht minder überrascht, dass der stärkste von Arthas dunklen Ritter, so Probleme hatte die Oberhand im Kampf gegen Dolette zu erringen, aber die Todesritterin zeigte nicht ein einziges Anzeichen, dass sie ansatzweise negativ auf das heilige Licht, dass von Marialle ausging, reagierte.

Sie meinte die Elfe kurz grinsen gesehen zu haben und war sich sicher, dass dieser Umstand auch an ihr nicht vorbeigegangen ist.

Die Paladine und Todesritter, sowie der Krieger Borigan, stürmten nun vereint auf den dunklen Ork zu. Odessa hielt sich nah bei Marialle auf, sie schien noch immer äußerst geschwächt. Plagg hingegen, zusammen mit seiner Susanne, warf einen Zauber nach dem anderen auf den untoten Ork.

Die Priesterin musste jedoch bald den Atem anhalten, denn Saurfang bäumte seinen Körper auf und stieß seine Gegner, mit einem mächtigen Schrei und der folgenden Welle Energie, einfach von sich. Einzig Dolette vermochte es der Energiewelle zu widerstehen. Schützend einen Arm vor ihr Gesicht haltend, erhob sie erneut ihr Schwert und die goldenen Runen pulsierten hell auf, als sie schließlich mit einem gewaltigen Satz wieder auf den Todesbringer stürzte.

Goldene und blaue Funken sprühten jedes Mal, wenn sich die Klingen des Runenschwertes und der Axt des Orks, trafen und das Klirren der aufeinander treffenden Waffen erhellte das Still des Eiskronengletschers.

"Na los, alle gemeinsam!", befahl der schwarze Wächter und hielt seine beiden Runenschwerter fest im Griff. Thassarian tat es ihm gleich und auch Borigan, Tirion und Bolvar verstärkten den Griff um ihre Schwerter.

Sie stürmten los, Marialle, Plagg und seine Sukkubus ließen ihnen jeder einen Zauber voraus fliegen und auch Odessa sammelte nun ihre Kraft. Sie kanalisierte den mächtigen Zauber der Magier, damit ihre Gefährten neue Kraft bekamen.
 

Dolette spürte den frischen Schub durch ihre Glieder strömen und ein gefährliches Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Der untote Ork schleuderte den Heranstürmenden eine heulende Böe nach der anderen entgegen und wehrte beständig die mächtigen Streiche der Elfe ab, doch sie erhaschte eine Lücke in seiner Deckung und auch ihre Mitstreiter ließen sich nicht länger zurückdrängen. Gemeinsam droschen sie auf den Todesbringer ein und bald hatte er dem nichts mehr entgegen zu setzen. Ein bedrohliches Grinsen glitt über seine Züge und er drängte seine Kontrahenten, mit einem mächtigen Streich von sich. Saurfang hielt seine linke Hand in die Höhe, so dass lilane Blitze aus ihr heraus schossen und aus dem Boden kroch eine kleine Armee Ghule.

Thassarian lachte.

"Narr! Ist es euch entgangen, dass ihr es mit drei Todesrittern zu tun habt?", verhöhnte er den Ork, doch dieser grinste noch immer.

"Na los, das können wir auch!", rief er und erhob ebenfalls sein linkes Schwert. Darion Mograine tat es ihm gleich, doch Dolette zögerte.

'Warum grinst er so selbstsicher? Er ist uns klar unterlegen.' Überlegte sie und als die Ghule der Menschentodesritter auferstanden, erkannte sie, warum der Ork sich so siegessicher war, denn die Ghule folgten augenblicklich seinem Ruf.

"Angriff!", brüllte er den geistlosen Dienern zu und ausnahmslos alle gehorchten ihm. Darion und Thassarian erschraken, die dunkle Elfe jedoch konzentrierte ihren Blick auf den Todesbringer. Sie schraubte sich in die Höhe und übersprang viele der hirnlosen Untoten, die auf ihre Gefährten zu stürmten. Behände landete sie nur wenige Körperlängen von dem Ork entfernt und stürzte sogleich auf ihn zu. Sie schlug zwei Ghule beiseite und trennte einem weiteren den Kopf ab. Vor Saurfang kam sie zum Stehen. Sie warf noch einen Blick auf Marialle und die Anderen, die zwar mit den Schergen des Todesbringers zu tun hatten, aber diese einen nach dem anderen niederstrecken konnten.

"Ehrloser Abschaum, stellt euch und lasst nicht die Ghule euer Werk verrichten!", schrie sie ihm entgegen.

"Kommt nur Spitzohr, meine Axt lechzt nach eurem Fleisch!", war seine gierige Antwort und er leckte sich einmal über die wulstigen graubraunen Lippen. Das ließ sich die Todesritterin nicht zweimal sagen. Sie setzte sich in Bewegung, umfasste das Heft des Runenschwertes fest mit beiden Händen und ließ es hart auf den Todesbringer niederfahren. Er stemmte seine Axt dagegen und die Züge auf dem untoten Antlitz des Orks verzerrten sich vor Anstrengung. Das Lächeln war einem graden Strich gewichen, den seine Lippen bildeten. Dolette drängte ihn einige Schritte rückwärts. Von der Seite drangen noch immer Kampfgeräusche an ihre langen Ohren und sie erhob ihr Schwert für einen weiteren machtvollen Streich. Die goldenen Runen erstrahlten auf der Klinge und auch die blau schimmernden Augen der Todesritterin schienen für den Bruchteil eines Herzschlags heller zu strahlen. Die Waffen krachten erneut gegeneinander und dem untoten Ork blieb nur noch der Weg nach hinten.

"Wie macht ihr das? Ich bin Arthas mächtigster Todesritter!" Dolette grinste kurz bevor sie ein weiteres Mal ausholte und all ihre Kraft in diesen letzten Schlag legte.

"Das übersteigt euren dunklen Horizont, Todesbringer!" Ihr Runenschwert fuhr herab und ließ die Axt des Orks aus seiner Hand wirbeln. Viele Körperlängen entfernt blieb sie im eisigen Boden stecken. Ihre Züge zuckten kurz, als sie spürte wie die Klinge in das weiche Fleisch, von Dranosh Saurfangs untotem Ich, drang. Sie schlitzte ihm diagonal den Oberkörper auf und der Ork sank in die Knie. Befriedigt schaute sie ihm in die Augen, die Augenblicke später ihr Schimmern verloren. Der Ork viel leblos zur Seite.

Die übrig geblieben Ghule sanken zurück in den Boden, oder lösten sich auf und ihre Gefährten nahmen entspannte Haltungen an, bevor sie wieder zusammen traten.

"Was für ein Monster!", presste Odessa atemlos hervor, als sie zum Stehen kamen.

"Ein ehrenvoller Streiter, bis in den Tod", ließ Bolvar verlauten, der vor Angrathar noch Seite an Seite mit dem Sohn Saurfangs gekämpft hatte.

Die Todesritterin war die letzte die bei den Gefährten zum Stehen kam und sie erforschte den Zustand ihrer Mitstreiter. Es schien allen gut zu gehen, keiner hatte nennenswerte Verletzungen davon getragen. Sie ließ ihren Blick an der Flügeltüre hochgleiten, bis sie die Spitze der Eiskronenzitadelle, hoch oben erblickte, umgeben von dunklen Wolken, in denen Blitze zuckten.

'Deine Terrorherrschaft nimmt heute ein Ende, Arthas, Lichkönig.'

Kampf mit Drachen

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Kampf mit Drachen
 

Der Himmel war strahlend blau und die Möwen krächzten im Einklang mit den sich brechenden Wellen. Die Sonne wärmte ihre Haut und das Wasser kühlte ihre Füße. Eine vertraut Szene, in der sie sich plötzlich widerfand. Eben noch war sie an der Seite ihrer Liebsten und den Anderen, tief im Herzen der Eiskrone, um genau zu sein mitten in der Zitadelle. Dabei sich den Weg zum Lichkönig freizukämpfen, um seinem schrecklichen Treiben endlich ein Ende zu setzen und qAzerith vor seiner Zerstörung zu bewahren.

Nachdem sie unbehelligt durch die Eingangshalle, den sogenannten Hammer des Lichts, geschlichen waren, folgten sie Darion Mograine an den blutroten Hallen und den Seuchenwerken vorbei in die Hallen der Frostschwingen. Der schwarze Wächter hatte erklärt, dass hier Sindragosa lauere, die ehemalige Gefährtin Malygos', die vom Lichkönig reinkarniert, als Frostwyrm wieder auferstanden ist. Eine mächtige Vertreterin des blauen Drache schwarms, nun wiedererweckt als Knochengestell, das nur noch schemenhaft an einen riesigen Drachen erinnerte.

Doch als sie tiefer in die Hallen schritten, waren sie überrascht dort einen Vertreter des grünen Drachenschwarms vorzufinden.

"Sie lebt noch", flüsterte die Priesterin ihren Gefährten zu.

"Noch, sie ist äußerst schwach. Seht nur die ganzen Apparate und Schläuche. Sie nehmen sicher irgendwelche Experimente an ihr vor, um auch noch im Smaragdgrünen Traum ihr Unwesen zu treiben", vermutete Tirion Fordring.

"Damit habt ihr sicher Recht, Hochlord. Eilt euch, wir schleichen schnell an ihr vorbei, bevor wir die Aufmerksamkeit der Geißel oder schlimmer noch, die von Sindragosa auf uns ziehen", ließ sich nun Darion Mograine vernehmen.

"Was? Wir müssen ihr doch helfen!", stieß Odessa zischend hervor.

"Wenn der Lichkönig erst gefallen ist, hat das hier sowieso ein Ende, also sollten wir unser vorrangiges Ziel nicht aus den Augen verlieren", mischte sich auch Thassarian ein.

Doch die Entscheidung wurde ihnen abgenommen, als plötzlich scharenweise untote Wesen in die große Halle stürzten. Skelette, Monstrositäten und allerlei anderes Untotes rannte auf die Gefährten und auf den grünen Drachen zu.

'Ich bin Valithria Traumwandler. Heilt mich und ich werde euch beschützen', erklang es in den Köpfen der Mitstreiter und in den kleinen, traurigen Augen lag Aufrichtigkeit.

"Na los, ich werde sie versuchen zu heilen. Tirion, helft mir. Dole und Lord Fordragon, lenkt die Geißel auf euch und ihr anderen versucht sie zu vernichten!" Marialle war kurz über sich selbst überrascht, doch schien es ihr grade ganz natürlich diesen großen Persönlichkeiten, mit denen sie in die Zitadelle eingefallen war, Befehle zu erteilen.

Und tatsächlich, alle nickten entschlossen. Dolette und Bolvar stürzten zu je einer Seite, der Drachendame und warfen heulende Böen und goldene Hammer um sich, um die Untoten auf sich zu ziehen. Es funktionierte, sie ließen von dem grünen Drachen ab und so stürmte Borigan an die Seite seiner ehemaligen Kommandantin, Thassarian an die Bolvars und Odessa, Plagg und Susanne warfen mit Zaubern nur so um sich.

Marialle und Tirion Fordring tauschten einen Blick, bevor sie sich auf Valithria Traumwandler konzentrierten.

Die beiden kanalisierten einen Heilzauber nach dem anderen und die Hohepriesterin spürte, wie sich der Zustand der Drachendame zusehends verbesserte, allerdings äußerst langsam und während der Kampf um sie weiter tobte, schwanden ihre Manareserven mit jedem Zauber, den sie wirkte. Auch Tirion sah mehr und mehr ausgezerrt aus.

So verging die Zeit zäh und die beiden Heiler schienen schließlich das Ende ihrer Kräfte erreicht zu haben. Da taten sich plötzlich einige Dimensionstore auf und ein weiteres Mal vernahmen sie die Stimme des grünen Drachen in ihren Köpfen.

'Die Tore führen in den Smaragdgrünen Traum. Dort werden sich eure Reserven wieder auffüllen und eure Zauber werden mächtiger. Beeilt euch ich kann die Tore nur kurz aufrechterhalten!', keuchte Valithria vor Anstrengung und die beiden nickten einander erneut zu, bevor sie auf zwei der Tore zu rannten und hineinsprangen.

Marialle vernahm noch den aufgebrachten Ruf der Todesritterin hinter sich, doch er endete jäh, als sich die Umgebung verändert hatte und die Hohepriesterin spüren konnte, dass sie sich im Schöpfungstraum befand. Einige Körperlängen entfernt, erkannte sie den Paladin, der sich staunend umsah.

Eine kleine grüne Wolke flog direkt auf sie zu und drang schließlich in sie ein. Marialle fühlte augenblicklich, wie ihre Kräfte sich regenerierten und sogar zunahmen.

"Hochlord, nehmt diese grünen Wölkchen in euch auf! Sie bringen den Effekt von dem Valithria Traumwandler gesprochen hat." Er nickte verstehend und so rannten die beiden wie angestachelte Hühner hin und her, um die Wolken einzufangen und in sich aufzunehmen. Es waren nur Herzschläge vergangen, als ein gewaltiger Sog sie erfasste und sie sich auf einmal wieder in der Halle befanden.

"Mari.....!" drang die glockenklare, kühle Stimme der Elfe an ihre Ohren. Sie schaute auf und ein wissendes Lächeln zierte ihre Lippen. Sie nickte Dolette nur zu und die wandte sich beruhigt wieder zu den unterschiedlichsten Untoten, die versuchten ihr beizukommen.

Die Priesterin begann erneut ihre Heilzauber zu kanalisieren, genau wie es Tirion tat und sie schauten sich mit einem überraschenden Grinsen an, nachdem der erste Zauber einen einschlagenden Eindruck hinterließ. Die Drachendame hatte nicht zu viel versprochen. Ihre Manareserven hatten sich nicht nur wieder aufgefüllt, ihre Macht war um ein Beträchtliches angestiegen und so konnte sie beobachten, wie es dem grünen Drachen mit jedem gewirkten Heilzauber besser ging.

"Wie lange dauert das denn noch? Die Untoten werden immer zahlreicher!", brüllte Bolvar Fordragon den beiden Heilern zu. Die Priesterin schloss kurz ihre Augen, um absehen zu können wie viele Zauber es noch brauchte, bis Valithria regeneriert wäre.

"Haltet noch etwas aus, wir sind noch nicht fertig." Sie nickte der blonden Magierin zu, die es verstehend erwiderte und beide Hände in die Höhe streckte.

"Dann verschaffen wir uns mal etwas Luft!", rief sie und ihre Hände begannen hell, blau zu leuchten. Der Raum verzerrte sich kurz und ein weiterer Schub frischer Energie durchfuhr die Gefährten. Die Gegnerscharen konnten wieder etwas zurück gedrängt werden und die Heilzauber der Priesterin und des Paladins wurden noch effektiver.

Fast geschafft!

Nur noch ein bisschen.

So schnell wie sie gekommen waren, sanken die Kräfte aber auch wieder und so dauerte es nicht lange, bis Marialle mit ihrer letzten Kraft einen gewaltigen Heilungszauber losschickte und dann spürte wie die Dunkelheit einer Ohnmacht sie drohte zu umschlingen.

Und so war sie hier gelandet, in dem Traum, der ihr all die Zeit Trost gespendet hatte. Sie setzte sich in den warmen Sand und wartete darauf, dass die Paladin ihren Namen rief. Doch nichts geschah. Erstaunt registrierte sie nach einer ganzen Weile, dass die Sonne sich am Himmel bewegte. Und nach nur einem Augenblick, wie es ihr schien, ging sie sogar unter. Der Mond spiegelte sich silbern auf der glatten Oberfläche des Meeres, als sich das helle Blau des Himmels in ein dunkles wandelte und es Nacht geworden war.

Marialle ärgerte sich zusehends. Wenn sie schon nicht wieder zu Bewusstsein kam, wollte sie zumindest ihre Liebste sehen, in welcher Form auch immer. Doch es geschah nichts. Langsam wurde es ihr unbehaglich und sie zog die Beine nah an ihren Körper und umschlang sie mit ihren Armen. Sie fühlte sich allein und fragte sich, ob man sie dort vielleicht zurückgelassen hatte.

Ihre Gedanken wurden immer dunkler, doch plötzlich schien sich das gespiegelte Silber des Mondes auf der Wasseroberfläche zu bewegen und zu verformen. Es nahm die Umrisse einer Frau an und langsam erhob sich die Lichtgestalt aus dem Wasser und gab die Konturen einer wunderschönen Nachtelfe preis. Sie trug ein langes weißes Kleid mit vielen sichelförmigen, silbernen Verzierungen darauf und auch auf ihrer Stirn war das Ornament klar zu erkennen. Ihre dunkelblauen Haare fügten sich perfekt in das Dunkel der Nacht und sie schien über der Wasseroberfläche zu schweben.

'Elarie!', ertönte es sanft in ihren Gedanken und sie wusste, dass der Ruf von der schwebenden Schönheit ausging.

"Wer bist du? Und was machst du hier?" Ihre eigene Stimme dröhnte schmerzhaft in ihren Ohren, so laut war sie, im Vergleich zu der Sänfte, die in ihrem Inneren widerhallte.

'Ich bin die Mutter des Mondes, meine Tochter.' Marialle entspannte sich ad hoc, soviel Geborgenheit strömte von der Stimme durch ihren Körper.

Elunes Lippen bewegten sich nicht und doch zierte ein sanftes und vertrautes Lächeln ihre schönen, vollen Lippen.

'Du bist schon viel zu lange hier. Warum wachst du nicht wieder auf? Belurie braucht dich.' Die Priesterin versuchte das Gesagte zu verstehen, als würde sie mit Absicht nicht wieder aufwachen.

"Ich will doch zurück zu ihr! Wieso wache ich nicht auf?", kam es gequält von Marialle.

'Tapfer stelltet ihr euch ein ums andere Mal dem Schicksal entgegen, meine Tochter. Sogar den Tod habt ihr überwunden und euch wieder gefunden, aber etwas in dir ist nicht ins Hier und Jetzt mitgekommen, habe ich recht?' Die Menschenfrau überlegte nur kurz, was die Herrin des Mondes meinen könnte und wie von alleine begann sie auszusprechen, was Elune angedeutet hatte.

"Das silberne Leuchten, mein Licht. Es starb mit ihr, damals in Quel'Thalas..." Betrübt und beschämt senkte sie den Blick. Wie konnte sie das so sehr beschäftigen, Dolette und sie waren wieder vereint, nichts sollte diesen Umstand trüben und doch tat es das viel mehr als sie sich eingestehen wollte.

'Als sie dir entrissen wurde, blieb ein Teil von ihr in dir zurück und verband sich mit deinem Licht, Elarie. Dieser Teil ging, winzig klein und kaum merklich, bei eurer ersten Berührung in sie zurück und nahm dein Licht mit sich. Du siehst, meine Tochter, es ist da, wenn auch es nicht in dir ruht. Weder ich, noch Belare wissen, ob sich die Lichter wieder trennen lassen und wenn, was mit Belurie geschieht, wenn das passiert. Drum hör auf dich zu quälen und wach einfach wieder auf!', befahl die überirdische Nachtelfe zum Ende und die Priesterin versuchte angestrengt das Gesagte zu verarbeiten und zu verstehen.

Der Schluss zu dem sie kam hinterließ nur ein einziges Gefühl, eiskalte, betäubende Angst.

'Wach auf Elarie!'
 

"Wach auf Mari!" Die dunkle Ritterin schüttelte sie an den Schultern, während Tirion noch immer seine Hände über den wohlgeformten Körper der schönen Menschenfrau gleiten ließ.

"Nichts zu machen, ich bin zu schwach", sprach er leise und resignierend.

"Vielleicht kann ich euch helfen?", drang die Stimme der Drachendame klar und laut an die Ohren der Gefährten und vor ihren Augen wandelte sich ihre Gestalt, in die einer schönen Hochelfe. Ihre Augen waren zwar grün, doch schimmerten sie nicht bedrohlich und dämonisch, wie die der Blutelfen. Sie trug eine lange sattgrüne Robe die hier und da mit goldenen Applikationen verziert war. Dolette nickte ihr schwach zu und sie trat an die Stelle, an der noch eben Tirion Fordring gekniet hatte. Die Todesritterin hiefte den schlanken Körper der Priesterin mit Leichtigkeit hinauf zu dem grünen Drachen in Elfengestalt und sah sie erwartungsvoll an. Valithria Traumwandler ließ ihre zarten Hände langsam über Kopf und Brust der Menschenfrau schweben und schloss die Augen.

"Faszinierend", stieß sie leise, fast flüsternd und vor allem ehrfürchtig hervor.

"Was seht ihr, Lady Traumwandler?", kam es hinter den Menschen, aufgeregt von Plagg, der versucht zwischen ihnen hindurchzuschauen. Sie lächelte verträumt, doch noch immer lag Staunen auf ihren Zügen, als sie sich zu dem Verlassenen wandte.

"Sie unterhält sich grade mit der Mondgöttin, mein untoter Freund. Sie wirken unglaublich vertraut. Dabei ist sie doch eine Priesterin des Heiligen Lichts und nicht von Elune, oder?" Sah sie nun fragend in die Gesichter der restlichen Gefährten.

"Sie hat eine ganz besondere Beziehung zu Elune", erklärte Dolette ruhig und sah liebevoll in das Gesicht der Hohepriesterin.

"Worüber reden sie?", wollte nun die quirlige Magierin wissen.

"Oh, ich denke nicht, dass das für eure Ohren bestimmt ist, kleines Magiermädchen", schmunzelte die Drachendame und Odessa sah entrüstet zurück zum leblos wirkenden Körper, der Priesterin. Valithria beugte sich leicht zu ihr hinab und flüsterte etwas in Marialles Ohr, das Dolette nicht verstand und augenblicklich begannen die Augen unter den Lidern zu zucken. Die Priesterin stöhnte leicht und hielt sich mit einer Hand den Kopf.

"Dole?" Sie lächelte schwach als das Bernstein ihrer Augen auf den goldenen Schimmer im Blau der Todesritterin traf.

"Ja, du fielst in Ohnmacht als du deine letzten Reserven zum Heilen des grünen Drachen eingesetzt hast", erklärt die dunkle Elfe und drückte sie noch etwas fester an sich.

"Du hast Elune im Traum getroffen?" Marialle sah die Untote verwirrt an.

"Woher...?" Wollte sie grade fragen, doch Valithria Traumwandler unterbrach sie, ihr sanfter Gesichtsausdruck hatte sich radikal verändert.

"Keine Zeit für Erklärungen. Priesterin, könnt ihr laufen?" Dolette ließ sie sanft auf den Boden gleiten und hielt sie fest. Sie wankte noch etwas in ihrem Griff, doch schließlich schien sie fest zu stehen.

"Geht's?", fragte sie und Marialle nickte.

"Sindragosa wird gleich hier sein!", ließ die grüne Drachendame verlauten und in dem Moment erklang ein gewaltiges Gebrüll, scheinbar aus allen Richtungen der großen Halle. Die Todesritterin riss ihren Kopf in die Höhe und von oben sauste ein riesiger untoter Drache hinab. In seinem Inneren, wie in seinem Maul glomm es magisch, bläulich und die mächtigen, ledrigen Schwingen waren übersät mit Löchern. Neben ihnen verwandelte sich Valithria Traumwandler wieder zurück in ihre wahre Gestalt und fauchte dem riesigen Frostwyrm entgegen, der beständig an Höhe verlor.

'Geht! Ich werde Sindragosa aufhalten.', hörten sie die Stimme der Drachendame in sich widerhallen, doch Dolette schüttelte entschieden mit dem Kopf.

"Wir haben euch nicht befreit, damit ihr euch für uns opfert, Lady Traumwandler." Die Elfe holte sich von ihren Gefährten ein Nicken ein und richtete ihren eiskalten Blick zurück auf den mächtigsten Frostwyrm von allen.

"Ihr mickrigen Würmer wollt vorbei, an der Königin der Frostwyrm, den Lichkönig zu stürzen? Versucht es nur!", zischte Sindragosa verhöhnend zu den Mitstreitern hinab und landete behäbig vor ihnen.

"Beim Licht, sie ist riesig!" Das war sie in der Tat. Der Frostwyrm überragte den grünen Drachen noch um einiges und war somit sicher so hoch wie fünf Mann und breit und lang wie fünfzehn. Dolette sah zu ihrer Liebsten und lächelte matt.

"Groß und lahm, davon lassen wir uns doch nicht einschüchtern." Die Priesterin schien das Lächeln erwidern zu wollen, doch es gelang ihr nur mäßig, sie schien mit ihren Gedanken noch irgendwo anders zu sein.

"Seht zu, dass ihr nicht hinter ihr steht! Der lange Schwanz ist eine gefährliche Waffe", wandte sie sich an den Rest ihrer Gefährten, zog ihre Runenklinge und stürmte auf den riesigen untoten Drachen zu.

"Oho, ein Todesritter, ein kleiner Happen für den Anfang", lachte die Frostwyrmkönigin zu Dolette hinab, doch diese hatte was sie wollte. Der massige Körper drehte sich langsam in die Richtung, in die die Todesritterin sie lenken wollte und gab somit ihre Seite frei. Borigan, die Todesritter und Paladine waren sofort auf die verwundbare Stelle zugestürmt und attackierten sie mit ihren mächtigsten Streichen. Valithria flog ihnen hinterher, spie orangene Flammen aus ihrem Maul und setzte dem Frostwyrm so von oben zu. Odessa, Plagg und Susanne ließen einen Zauber nach dem anderen in ihren Händen entstehen und schleuderten sie mit aller Kraft auf die zerfressene Gestalt, des Drachen.

Marialle hatte sich in großer Entfernung, weit ab von jeglichen Attacken, die von dem Frostwyrm ausgingen positioniert und Dolette spürte wie sich ein Schutzschild nach dem anderen um sie bildete.

Sindragosa spie einen eisigen, magischen Hauch, vor dem kein Entkommen war, doch der Schutz der Priesterin hielt ihm stand, was die Frostwyrmkönigin wütend knurren ließ. Mit dem Schwanz versuchte sie die Nahkämpfer immer und immer wieder zu erwischen, doch er war so langsam, dass die fünf ein Leichtes hatten, ihm zu entgehen.

"Ihr mögt meinen Angriffen vielleicht standhalten, aber wie lange haltet ihr Winzlinge das schon aus?" Sie lachte laut und finster und Dolette wandte sich, einem Impuls folgend zu der Hohepriesterin um und erstarrte für den Bruchteil eines Augenblicks. Marialle war eingefroren, eingeschlossen in einen Eisblock und Dolette vernahm nur ein weiteres gehässiges Lachen der Königin der Frostwyrm, bevor sie der magieerfüllte Hauch aus ihrem Maul erfasste und hart zurück warf.

"Odi, Feuer!", brüllte sie der Magierin zu, während sie wieder auf stand und zurück vor den gewaltigen untoten Drachen stürzte, bevor er sich ihren Gefährten zuwenden konnte. Die blonde Menschenfrau gehorchte augenblicklich und ließ einen mannshohen Feuerstrahl entstehen, der den Eisblock, in dem die Priesterin gefangen war, umschloss. Dolette konzentrierte sich, wieder öffnete sich das gewaltige Maul, um den tödlichen Hauch auf sie niederprassen zu lassen, doch sie reagierte blitzschnell und ließ ihren Ghul aus dem Boden erstehen, aus dem sie sogleich alles untote Leben sog und in sich aufnahm. Er sackte leblos zu Boden, doch die Todesritterin spürte neue Kraft in sich aufsteigen, riss ihr Schwert vor sich und stemmte sich mit beiden Händen fest dagegen, während der Hauch sich dagegen bäumte. Die Herzschläge vergingen zäh, bis die Eiseskälte endlich abgeklungen war und sie das Heft ihrer Klinge wieder mit beiden Händen umfassen konnte, um einen mächtigen Streich schräg über die Schnauze Sindragosas landen zu können. Als dann zusätzlich die grüne Drachendame auf dem Rücken des Frostwyrms landete und ihre Krallen tief in den fauligen Körper bohrte, schrie die Königin auf vor Schmerz.

"Ungeziefer, das werdet ihr mir büßen!", brüllte sie zornig ihren Widersachern entgegen.

Sie riss erneut das Maul auf und die dunkle Elfe sah, wie sich der Hauch darin bildete. Erneut riss sie ihr Runenschwert vor sich, genau wissend, dass sie kein weiteres Mal standhalten würde. Als der magische Atem auf sie niederfuhr, schaute sie sich überrascht um. Der Schmerz blieb aus.

Marialle!

Sie riss ihren Blick an den Punkt, an dem noch eben ein Eisblock gestanden hatte und sah die Hohepriesterin mit erhobener Hand und Kampfstab zu ihr rüber grinsen. Erleichtert erwiderte sie das Grinsen und sah mit zunehmender Zuversicht wie der untote Drache leicht unter den Angriffen ihrer Mitstreiter einknickte. Dolette funkelte mit ihren blau leuchtenden Augen hinauf in das abstoßende Antlitz der Frostwyrmkönigin und grinste selbstsicher.

"Wer hier wohl nicht lange durchhält! Ihr seid genauso verrückt wie euer Gemahl Malygos es war, als er den Okulus schuf", schrie die Elfe hinauf zu der Drachenkönigin, die wütend als Antwort brüllte.

"Odi, jetzt!" Die Magierin schien schon auf den Befehl gewartet zu haben, denn Dolette spürte Augenblicklich wie die Magie der Zeitkrümmung sie stärkte. Ihre Gefährten brüllten im Kampfgetümmel und stachen und schlugen auf den untoten Drachen ein. Die Flammen der blonden Menschenfrau, des Verlassenen und der Sukkubus schossen rasant, eine nach der anderen, hinzu und die dunkle Elfe sah entschlossen hoch zum Kopf von Sindragosa. Sie stieß sich kräftig vom Boden ab und schien einen Augenblick auf Augenhöhe zu schweben, bevor sie ihre Runenklinge tief in den gewaltigen Schädel der Frostwyrmkönigin stieß. Der untote Drache schrie ein letztes Mal auf vor Schmerz und kippte langsam und behäbig zur Seite. Dolettes Augen weiteten sich, nachdem sie ihr Schwert heraus gezogen hatte und zurück auf den Boden fiel, denn der gewaltige Schwanz des ehemaligen blauen Drachens bäumte sich noch ein Mal auf und steuerte bedrohlich auf ihre nahkämpfenden Mistreiter zu.

"Achtung!", brüllte sie aus Leibeskräften, doch vergebens. Der Schwanz hatte Thassarian umgerissen und lag nun auf seinen Beinen. Sie rannte schnell zu ihm, ebenso wie Marialle, Odessa und Plagg, aber Tirion Fordring kniete schon an seiner Seite.

"Seine Beine sind gebrochen", erklärte der Paladin, nachdem er seine Hände prüfend über ihn gleiten ließ.

"Ich kann ihm nicht helfen, genau so wenig wie ihr, Lady Lichtsprung." Seine Stimme klang betrübt, doch das war nichts im Vergleich zum Anblick den der Schwarze Wächter bot. Er schien in eine Schockstarre verfallen zu sein und rührte sich kein Stück.

'Helft mir ihn zu befreien und ich werde mich um ihn kümmern', sprach Valithria Traumwandler ruhig in ihren Gedanken und so packten alle den riesigen Schwanz des geschlagenen Frostwyrm und der grüne Drache biss mit ihrem kräftigen Gebiss zu. Sie brauchten, trotz der Hilfe der Drachendame einige Versuche bis sie es geschafft hatten den Todesritter unter dem Fleischberg von Schwanz hervorzuziehen. Als es dann endlich geschafft war, kam er wieder zu Bewusstsein und keuchte schwach. Sein Lächeln aber, ließ Darion endlich aus seiner Starre treten und er kniete sich neben seinen untoten Ordensbruder.

"Jetzt nicht müde werden, großer Schwarzer Wächter!", lachte der Verletzte schwach und dem Angesprochenen huschte ein trauriges Lächeln über die Lippen.

"Halte durch mein Freund. Dein Lieblingsfeind wird mich rügen, sollte ich ohne dich aus der Zitadelle zurückkehren." Darion hatte der Elfe in den Tagen des Bangens erzählt, dass Thassarian und Koltira einst Todfeinde und nun ironischerweise Freunde im Tod geworden waren. Eine tiefe Zuneigung und Trauer überkam sie, als sie die beiden Männer betrachtete die loyal an der Seite des anderen gestanden waren, womöglich bis in den Tod.

"Jetzt holt euch den Lichkönig, bei allem, was mir Unheilig ist!", befahl Thassarian an alle gewandt und entspannte sich.

"Das werden wir, mein Freund", sagte Darion noch, bevor er sich erhob.

"Ich löse den letzten Mechanismus aus, die anderen beiden wurden bereits aktiviert. Und ich bleibe bei eurem Freund, bis ihr zurückkehrt", ließ sich die grüne Drachendame, mittlerweile wieder in Elfengestalt vernehmen. Darion Mograine nickte ihr dankend zu und gemeinsam verließen die Gefährten die Halle der Frostschwingen und betraten die Vorrichtung die sie hoch zum Frostthron bringen würde.

Aschenbringer, getränkt im Licht

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Aschenbringer, getränkt im Licht
 

Dolette beobachtete den schwarzen Wächter, wie er noch immer gedankenverloren auf die Hallen der Frostschwingen starrte. Obwohl er ihr erklärt hatte welch freundschaftliches Verhältnis Thassarian, Koltira und er pflegten, fiel es ihr schwer zu glauben und auch zu verstehen, dass diese Todesritter dazu fähig waren. Sie sah sich selbst mittlerweile gänzlich als große Ausnahme und konnte sich die Beziehung der Männer nur durch Kameradschaft erklären und sie versuchte sich mit diesem Gedanken abzufinden. Als sie die Wärme der Priesterin an ihrer Hand spürte, wurde sie aus ihren Überlegungen gerissen.

"Alles in Ordnung?", fragte Marialle sie und hielt die kalte Hand der dunklen Elfe. Dolette war kurz verwirrt, die Hohepriesterin hielt zwar ihre Hand und sprach sie an, aber sie schien unendlich weit entfernt zu sein.

"So gut es grade sein kann", erwiderte sie in ihrer schlichten Art und musterte die schöne Menschenfrau mit ihrem forschenden Blick.

"Und bei dir?" Obwohl Marialle sie direkt anzuschauen schien, schreckte sie kurz zusammen, als sie nun von der Todesritterin angesprochen wurde. Ihre Gedanken schienen weit weg zu sein. Dolette biss sich auf die Lippe. Zu gern würde sie wissen, was in der Priesterin vorgehen mochte, aber jeden Augenblick würden sie vor dem Lichkönig stehen und es bedurfte ihrer gesamten Aufmerksamkeit. So verdrängte sie ihre Neugierde und sprach ruhig und klar.

"Marialle, was immer du im Traum mit Elune besprochen hast, wir können darüber noch reden, aber jetzt muss unser Fokus auf den bevorstehenden Kampf gerichtet sein." Die Angesprochene stieß geräuschvoll die Luft aus und verstärkte den Griff um die eisige Hand.

"Ich weiß, verzeih."
 

Natürlich hatte die dunkle Ritterin Recht, wie so oft, doch die Gedanken um die Ausführungen der Mondgöttin ließen Marialle einfach nicht los. Konnte sich ihr Licht wieder so aufteilen, dass das silberne wieder in der Priesterin erstrahlte? Und wenn ja, was würde es in der Todesritterin verändern.

Nach den Überlegungen, die Dolette selbst erdacht hatte, war dieses Licht das einzige was es ihr möglich machte die Priesterin zu lieben, überhaupt positive Gefühle empfinden zu können. Sofern das vereinte Licht, das in der dunklen Elfe ruhte überhaupt wieder zu der Priesterin zurückfinden konnte, würde es überhaupt teilbar sein? Vielleicht könnte sie sich nicht mal dagegen wehren, dass der Funke überspringt, wenn sie es überhaupt bemerken würde.

Die Erfahrung mit der einzigartigen Verbindung zwischen Dolette und ihr hatte sie gelehrt, dass eine winzige Berührung reichte, um alles zu verändern und ins Wanken zu bringen und so breitete sich eine immer dunkler werdende Vorahnung in ihr aus, die die Hohepriesterin lähmte und zu verschlingen drohte.

Jedoch blieb ihr keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn der magische Aufzug hielt an. Die Luft war noch um vieles kälter, als sie es bisher sonst irgendwo in Nordend gespürt hatte und der Wind blies eisig über die Plattform auf der der Lichkönig offenbar schon, vor seinem Frostthron, auf die Gefährten wartete.

Die blauen Augen glommen tief im Inneren des imposanten Helms, den Arthas auf seinem Kopf trug. In Rauchschwaden schien das schimmernde Blau aufzusteigen und vermittelte so den Eindruck die Augen würden in der Krone der Dominanz glühen.

Er erhob sich behäbig von seinem Thron, die dunkle Rüstung, die mit vielen Totenköpfen verziert war, wirkte unheimlich schwer. Jedes Mal wenn er einen Schritt auf die Mitstreiter um Dolette und Marialle zu trat, schepperten die Platten, als sie gegeneinander schlugen.
 

"Hochlord Fordring, mein alter Paladin Meister. Schließt euch mir an, ihr würdet einen fabelhaften Todesritter an meiner Seite abgeben. Zusammen können wir die Welt erbeben lassen!", erklang die wispernde, dunkle Stimme des ehemaligen Paladin und Prinzen Lordaerons. Dolette beobachtete argwöhnisch, wie die blauen Runen auf dem verfluchten Schwert Frostgram pulsierend aufleuchteten.

Die schimmernden Augen des Lichkönigs wanderten zu Bolvar Fordragon und noch bevor Tirion etwas erwidern konnte sprach er weiter.

"Wie ich sehe lebt ihr noch Bolvar? Genießt ihr euer neues Dasein?", lachte Arthas laut auf und das Dunkel seiner Stimme hallte auf dem Frostthron wider. Der Unterkiefer des Paladins zuckte merklich und eine Ader trat deutlich an seinem Hals hervor. Offenbar hatte der mächtigste aller Todesritter einen Nerv getroffen und die dunkle Elfe fragte sich unwillkürlich wie es sein musste untot zu sein und sich an sein Leben erinnern zu können. Die Schwerthand des Paladins zuckte schon in Richtung seines Hefts, als Tirion nun seine Stimme laut und deutlich erhob.

"Arthas, Lichkönig. Unzählige fanden durch eure Hand den Tod und ein verfluchtes untotes Leben. Heute wird eure Herrschaft des Todes ein Ende nehmen und das Heilige Licht wird hell erstrahlen und der Welt wieder Frieden bringen!", rief der Hochlord dem König der Geißel entschlossen zu. Arthas seinerseits lachte nur gefährlich leise. Einem Impuls folgend, ergriff die Todesritterin die Hand ihrer Geliebten und für einen Herzschlag schien die Welt um sie beide stehenzubleiben, als sich ihre Blicke trafen. Die Priesterin schaute ruhig, aber verwirrt an Dolette vorbei und da wurde ihr bewusst, dass die Zeit offenbar wirklich stehen geblieben war.

"Dole?", erhob Marialle verwundert das Wort. Die Angesprochene blickte sich ebenfalls überrascht um, doch nahm sie, die ihr gebotene Möglichkeit wahr und überwand mit einem Schritt den Abstand, der noch zwischen ihnen war und legte der schönen Menschenfrau sanft einen Arm um die Taille. Die ehemalige Paladin seufzte kurz, als sich die Wärme ihrer Liebsten an ihren Körper schmiegte und sie wagte es nicht zu sprechen. Zu kostbar erschien ihr dieses Geschenk, die Hohepriesterin vielleicht zum letzten Mal halten zu können. Marialle schien die Wehmut in der Körpersprache der dunklen Ritterin zu spüren und so spürte sie den warmen Hauch des lebendigen Atems, nah an ihrem spitzen Ohr, als sie mit leiser, bebender Stimme begann zu sprechen.

"Wir werden hier oben nicht unser Leben lassen, Dole." Entschlossenheit schwang in der Stimme der heilig anmutenden Frau mit und die Elfe drückte sich sanft zurück um dem Engel in ihren Armen noch einmal in die Augen sehen zu können. Als Antwort legte Marialle sanft eine warme Hand auf ihre Wange und ihre Augen weiteten sich. Dolette brauchte scheinbar eine Ewigkeit, um den Blick zu deuten, der ihr entgegen gebracht wurde und ein ebenso undeutbares Gefühl breitete sich in ihr aus. Als sie erkannte, dass Entsetzen in den silberschimmernden Augen lag erstarrte sie und ihr fiel auf, dass die Hand der Menschenfrau ebenso silbern glomm.

"Das Schicksal treibt ein grausames Spiel mit uns. Sag Dolette Glutklinge. Bist du noch du?" Marialles Stimme zitterte und das ungute Gefühl, dass die Todesritterin verspürt stieg unbarmherzig in ihr hoch und schnürte ihr die Kehle zu. Mechanisch erhob sich ihre bleiche Hand und umschloss das zierliche Handgelenk der Hohepriesterin viel zu grob. Innerlich erstarrte die Elfe als sie erkannte, dass ihr goldenes Licht offenbar durch das silberne abgelöst wurde. Ganz kurz schlich sich Erleichterung in ihre Gedanken, so war der Funke den sie in ihr untotes Leben mit sich stahl anscheinend endlich in die Priesterin zurück gekehrt, doch entsetzt musste sie mit ansehen, wie ihre untote Hand die der Menschenfrau unwirsch von ihrer Wange riss und sie von sich schleuderte.

'Marialle!' Kein Wort kam über ihre blutleeren Lippen. Sie verspürte einen schmerzhaften Stich in ihrem Herzen, als sich die Augen ihres Gegenübers mit silbernen Tränen füllten.

"Nein...", keuchte Marialle unterdrückt.

"Du hast zurück was dir gehört und endlich bin ich wieder frei von diesen elendigen Gefühlen.", hörte sie ihre eigene eiskalte Stimme. Nichts von der Sänfte lag mehr darin, mit der die dunkle Ritterin zuletzt mit ihrer Geliebten gesprochen hatte und es kam Dolette immer mehr vor, als würde sie die Szene von außen betrachten, auch wenn sie dem schockierten Antlitz der Priesterin, auf dem sich nun mehr und mehr eine lähmende Trauer auszubreiten schien, direkt entgegen schauen musste. Sie spürte wie sie selbst kurz ihre Zähne bleckte und ein Grinsen über ihre aschfahlen Lippen huschte.

'Marialle!', brüllte sie stumm aus ihrem inneren Gefängnis.
 

Marialle musste den Blick abwenden, die Maske der Gleichgültigkeit auf den Zügen der Todesritterin war undurchdringlich. Sie war so anders. Selbst als die Hohepriesterin sie zum ersten Mal in Sturmwind auf dem Platz vor der Kathedrale erspähte, konnte sie über die große Distanz wahrnehmen, dass sie etwas an sich hatte, das anders war. Jetzt schien sich die Todesritterin kein bisschen mehr von ihren untoten Brüdern, Darion Mograine, Thassarian und vor allem diesem widerlichen Koltira Todesweber zu unterscheiden. Erschrocken spürte sie die eisige Kälte an ihrem Kinn, als die bestimmte Berührung sie dazu zwang in das aschfahle, ausdruckslose Gesicht zu blicken. Das Silber ihres leuchtenden Kinns ließ die Tränen in den Augen der Menschenfrau glitzern und sie wusste nicht wie ihr geschah, als sie von der anderen Hand grob herangezogen wurde. Dolette leckte sich kurz über die Lippen und zischte entzückt.

"Mein wirst du bleiben, Marialle Lichtsprung, Hohepriesterin des heiligen Lichts!", befahl sie ruhig und ihre glockenklare, eisige Stimme ließ keine Widerrede zu. Marialle konnte sich weder ihrem Griff, noch ihrem gefrorenen Blick entziehen, als das Gesicht der Untoten langsam und gefährlich grinsend näher kam. Die Hohepriesterin war noch immer entsetzt, doch der unwiderstehlichen Anziehungskraft von Dolette konnte und wollte sie sich nicht entziehen. Sie spürte die kalten Lippen fest auf den ihren und der Griff um sie herum wurde stärker und gröber, doch jäh löste sich die dunkle Elfe und schob Marialle abschätzig beiseite.

"Jetzt wo das geklärt ist, kümmern wir uns erst einmal um diesen großmäuligen Möchtegern-Todesritter", grinste sie und kurz schien die jugendliche Kampfeslust der ehemaligen Paladin über die Züge des fahlen Gesichts zu huschen und Zuversicht breitete sich im Inneren der Menschenfrau aus. Womöglich waren die Auswirkungen, nicht so weitreichen wie Marialle befürchtet hatte. Die Priesterin erschauderte, als sich die frostige Hand wieder um ihre schloss und der eisige Wind um sie herum wieder erbarmungslos über den Frostthron wehte. Aus den Augenwinkeln betrachtete sie erst das fahle und ausdrucklose Gesicht ihrer Geliebten, das starr zum Lichkönig hinaufstarrte und dann ihre verschränkten Hände die von einem sanften silbernen und goldenen Leuchten umspielt wurden.

"Kein Todesritter wird weiter euren finsteren Plänen folgen!", brüllte nun der dunkle Wächter und zog seine beiden Runenschwerter. Alle anderen taten es ihm gleich und während Marialle noch ein gieriges Grinsen auf den Lippen der Elfe erhaschte, rief sie sich zur Ordnung. Sie durfte ihre persönlichen Wirrungen nicht über das Wohl dieser Welt stellen.

Sie hielt ebenfalls ihren Kampfstab vor sich, nachdem Dolette als erste auf den mächtigsten der Todesritter zustürmte. Noch bevor die Elfe auf den Lichkönig traf, ließ die Hohepriesterin einen Schild um sie entstehen und war erleichtert zu sehen, dass es keine negativen Auswirkungen auf die Untote hatte. Vielleicht bewertete sie es über, dass der verloren gegangene Funke wieder auf sie über gegangen war. Dolette riss ihre golden, pulsierende Klinge dem Lichkönig entgegen und eine massive Druckwelle breitete sich auf der Plattform des Frosttthrons aus, erklang hell und laut und ließ die Gefährten einen Schritt zurückweichen. Erstaunt beobachtete die Priesterin wie ein sanftes goldenens Leuchten von den eigentlich blauen Augen ausging. Das Schimmern schien sich über ihren Körper auszubreiten und sich mit dem Schild zu verbinden, der von Marialle aufrechterhalten wurde. Arthas keuchte kurz, aber kaum merklich unter der Last des niedergefahrenen Schwerts seiner Kontrahentin. Mit einem lauten Schrei stieß er die dunkle Ritterin von sich, worauf sie kurz ins Taumeln geriet. Die beiden Todesritter, Paladine und Borigan stürmten nun ebenfalls auf Arthas zu, doch er wehrte sie mit Leichtigkeit ab und reckte seine Hand in die Höhe, woraufhin lilane Blitze seine nähere Umgebung durchzogen und aus jedem, der auf den Boden einschlug, Ghule und anderes Untotes auferstanden.

"Narren, euch von eurem Herrn abzuwenden und sogar eure Klingen gegen mich zu erheben. Ich werde keine Gnade walten lassen. Ihr alle werdet den endgültigen Tod finden!", stieß er gebieterisch aus und zeigte dabei mit seinem, in einen eiserenen Handschuh gehüllten, Finger auf seine Widersacher.

Tirion Fordring hatte sich gefangen und Zornesröte stieg in sein Gesicht, nachdem er die ersten Ghule abgewehrt hatte.

"Der einzige Verräter hier seid ihr, Arthas, Sohn Terenas, Prinz Lordaerons!" Er stürmte durch die Schergen des Lichkönigs zu und warf sich einen goldenen Lichthammer voraus, der riesig über dem Todesritter niederzufahren drohte, doch Arthas hielt ihm nur Frostgramm entgegen und der Hammer wurde zurückgedrängt. Borigan war von Ghulen umzingelt und wehrte mühevoll einen nach dem anderen ab. Unterstützt wurde er von der quirligen Magierin, die mächtige Feuerbälle so hart gegen die Untoten schleuderte, dass sie von der Plattform gedrängt wurden. Die beiden Todesritter Darion Mograine und Thassarian droschen grade auf einen torkelnden Schrecken ein, der Bolvar Fordragon mehr und mehr zusetzte. Plagg feuerte indessen seine Sukkubus nach jedem Zauber an, den er und sie auf die Monstrosität schleuderten. Das Ungetüm steuerte behäbig auf sie zu, doch die grünen Flammen des Hexers und seiner Dienerin behinderten es dabei. Die dunkle Elfe ließ sich nicht beirren und eilte wieder mit erhobener Klinge auf den Lichkönig zu. Die blauen Augen tief im Inneren des Helmes glommen bedrohlich auf, als er die Todesritterin beobachtete, wie sie schnellen Schrittes auf ihn zukam. Sein Atem schien zu röcheln und schepperte im Takt seiner Rüstung, als er sich in Bewegung setzte ihr entgegenzustürmen. Die Hohepriesterin fixierte ihre Geliebte, erschuf um sich selbst eine undurchdringliche Blase, an der die Ghule nur so abprallten. Sie beobachtete wie Dolette ihre Lauffrequenz erhöhte und nun ebenso wie Arthas rannte. Marialle blendete den Rest ihrer Gefährten aus und formte einen gewaltigen Lichtblitz in ihrer Hand, den sie verwundert betrachtete bevor sie ihn der dunklen Ritterin vorausjagte. Er schoss mit atemberaubender Geschwindigkeit an der Todesritterin vorbei und ließ das hellblonde Haar nach vorne wehen. Der ehemalige Prinz Lordaerons erhob sein mächtiges Runenschwert vor sich und zertrennte in einer fließenden Bewegung den Blitz, worauf sich zwei Hälften nun langsam an ihm vorbeischoben. Die Priesterin schloss kurz die Augen und erspürte ihren gewaltigen Zauber. Als sie ihre Augen aufriss, zerbarsten die Blitze in zwei dröhnenden Explosionen, den Lichkönig genau zwischen sich und rang ihn so in die Knie. Dolette kam zum Stillstand und fuhr verwundert zu der Menschenfrau herum. Überrascht zog sie eine Augenbraue hoch und bedachte Marialle, mit dem ihr typischen forschenden Blick. Sie spürte kurz wie ihr die Hitze ins Gesicht schoss, als die ehemalige Paladin ihr gimmig, aber anerkennend zunickte und sich wieder umwandte. Um den Lichkönig war eine helle Wolke entstanden und erschwerten den Blick auf ihn, doch ein kräftiger Windstoß wirbelte den silbernen Rauch auf und gab die Sicht auf ihn wieder frei. Arthas Menethil kniete und stützte sich auf Frostgramm ab, bevor er sich leise lachend erhob.

"Kein heiliges Licht der Welt vermag es mich aufzuhalten kleine Priesterin!" Die Angesprochene spürte den eisigen Blick des Todesritters auf sich und schien der Fähigkeit beraubt sich zu bewegen. Er erhob langsam seine linke Hand und Marialle schnürte sich die Kehle zu. Als sie erkannte, dass er eine quetschende Geste mit der Hand vollführte wurde ihr bewusst, dass er sie zu beherrschen schien. Sie war nicht mal in der Lage ihre Hände zu ihrem Hals zu führen, doch der unwiderstehliche Zwang ließ schlagartig von ihr ab und Marialle konnte nur hören wie erneut die Klingen der beiden Todesritter erneute aufeinanderprallten.

"Sieh sie noch einmal an und ich spalte deinen widerwärtigen Kopf in zwei Teile", zischte Dolette dem unwirklich größeren, ehemaligen Menschen zu.

Erneut schallte das wispernde Gelächter aus seinem Helm und die dunkle Elfe knurrte auf.

"Schwachstellen sind etwas für die Lebenden, kleines Elflein", ließ er sich ruhig vernehmen und überraschte sie mit einem unerwartet schnellen Streich seines Schwertes, der sie einige Schritte zurückweichen ließ. Er schleuderte ihr eine gewaltige heulende Böe hinterher, die sie endgültig von den Beinen riss und trat nun auf die Hohepriesterin zu. Während er langsam auf sie zuschritt, hob er erneut die Hand und wieder spürte Marialle wie ihr die Luft zunehmend knapper wurde. Ihr Schild hatte nur kurz geflackert und gab unter seiner Macht schließlich nach.

Das leuchtende Blau in den tiefen Augenhöhlen hielt sie gefangen und sie vermochte es weder sich abzuwenden noch sich zu befreien. Kalte Schweißperlen bildeten sich eine nach der anderen auf ihrer Stirn und entsetzt fiel ihr auf, dass sie schon kurz das Bewusstsein verloren haben musste, denn die bedrohlich glimmenden, blauen Augen waren plötzlich nur noch einen Hauch von ihren entfernt. Marialle vernahm ein Schmunzeln und Arthas legte seine Hand an die Stelle, an der sie seinen Griff schon die ganze Zeit verspüren konnte. Aus den Augenwinkeln sah sie wie eine grüne Flamme an die Schulter des Todesritters flog und kraftlos an ihr zerbarst. Zu den kleinen Schweißtropfen auf ihrer Stirn gesellten sich nun auch Tränen, die vereinzelt aus ihren entsetzten Augen rannen. Er schien fast zu kichern, als aus weiter Ferne, wie ihr schien, laut sein Name gebrüllt wurde. Schneeflocken fielen lau hinter der breiten Schulter des Lichkönigs zu Boden, offenbar eine heulende Böe, die einfach ignoriert.

Ihre Augen rasten panisch über dad Plateau. Bolvar, Tirion und Borigan waren von einer Gruppe Schrecken umzingelt. Die furchteinflößenden Kreaturen setzten ihnen übel zu. Wo sie hin sah, erblickte sie aufgeplatzte Wunden und tiefe Schnitte in den Rüstungen der Männer. Odessa und Plaque übersahen just in dem Moment eine gewaltige Monstrusität, die langsam von hinten an sie heran stampfte. Ironischerweise war es Susanne, die es zu erst bemerkte, doch als sie ihren Meister warnen wollte war es bereits zuspät. Der Fleischkoloss schwang einen seiner Arme mit derart viel Wucht, dass die drei in alle Richtungen geschleudert wurden. Am nähsten stand Darian, der so eben die wirkungslose heulende Böe gewirkt hatte. Frustriert biss er die Zähne zusammen und wollte auf den Lichkönig stürzen, doch dieser dreht seinen Kopf und erhob nur Frostgram in die Richtung des schwarzen Wächters. Die beiden Schwerter Darions trafen hart und klirrend auf die unheilige Klinge und kurz nahm der Druck an Marialles Hals ab, doch Arthas preschte den anderen Todesritter mit pruer Gewalt zurück und schleuderte ihm, noch während er flog, eine Böe hinterher, die einen Blizzard wie ein laues Lüftchen aussehen lassen hätte. Zufrieden lächeln wandte sich der Lichkönig wieder Marialle zu und augenblicklich bekam sie gar keine Luft mehr. Die Hohepriesterin spürte, wie sie erneut von Ohnmacht übermannt zu werden drohte, doch dann ein gleißend helles, goldenes Licht.

Dole!

Der Griff des übermächtigen Todesritters öffnete sich augenblicklich und hustend und keuchend sank Marialle zu Boden.

Die dunkle Elfe war an ihre Seite getreten und die Runen auf ihrem Schwert erstrahlten heller denn je in ihren goldenen Lettern.

"Ungewöhnlich.", kam es überrascht von Arthas, nachdem er sich wieder zu seiner vollen Größe aufgerichtet hatte und die Menschenfrau erschauderte, als sie das vertraute sanfte goldene Schimmern in den Augen ihrer Liebsten erblickte.

Auf dem Antlitz von Dolette spiegelte sich eiskalte Wut ab und sie keuchte vor unterdrücktem Zorn. Sie riss ihr Schwert in die Höhe und ließ es auf ihn niederfahren. Er parierte, doch wurde sein Schwert bei jedem Streich kraftvoller zurück gestoßen, so dass auch er nun jedes Mal einen Schritt zurück tun musste. Marialle kauerte noch immer, die Hand an ihren schmerzenden Hals haltend, auf dem Boden und betrachtete mehr als überrascht das Schauspiel, das sich ihr bot. Darion lag geschlagen am Rand des Plateaus. Odessa, Plagg und Susanne waren an seine Seite geeilt und versuchten schwer gezeichnet die Schergen der Geißel mit ihren Zaubern auf Abstand zu halten. Die vier Nahkämpfer vermochte sie im Kampfgetümmel gar nicht mehr auszumachen. Die ehemalige Paladin drängte den verwunderten Todesritterkönig mit jedem Streich weiter zurück. Als er taumelnd auf eines seiner Knie sank, wandte die Elfe sich um und die Blicke der beiden Frauen trafen sich. Es lag noch immer Entschlossenheit in den golden flackernden Augen, aber ihr Blick war weicher geworden und eine Welle der Hoffnung und Liebe durchströmte die Priesterin. Dolette zwinkerte kaum merklich, bervor ihr Blick wieder hart und unbeugsam wurde, und richtete ihre Runenklinge auf den Lichkönig.

Arthas jedoch lachte leise und gefährlich.

"Närrin, verbunden mit dem Licht, als Todesritterin? Wie erbärmlich." Seine Stimme war eiskalt und die Ruhe die darin lag hatte jede Überraschung abgelöst.

"Meint ihr das Licht bringt euch Vorteile gegenüber des mächtigsten Todesritters, der Welt?", stieß er lachend aus, während er sich erhob. Mit atemberaubender Geschwindigkeit stürzte der ehemalige Mensch auf die Todesritterin zu und brauchte nur einen einzigen Streich um ihr die Waffe aus der Hand zu entreißen. Marialle beobachtete entsetzt das silberne Runenschwert, wie es wirbelnd durch die Luft flog und jenseits des Frostthrons verschwand. Er fackelte nun keinen Herzschlag mehr und ließ Frostgram unbarmherzig in die Todesritterin hineinfahren. Die Priesterin erstarrte als sie die Spitze des Runenschwertes aus dem Rücken ihrer Geliebten austreten sah. Arthas zog das Schwert in einer geschmeidigen Bewegung aus der dunklen Elfe hinaus und diese fiel auf beide Knie.

"Doleee!", schrie Marialle über das Plateau und Dolette wandte ihr Gesicht noch zu der Menschenfrau, um schwach lächelnd vornüberzukippen. Die Hohepriesterin riss ihren geschwächten Körper in die Höhe und stürzte taumelnd an die Seite der geliebten Elfe. Der vertraute Schmerz breitete sich in ihrer Brust aus, doch erleichtert registrierte sie, dass die Todesritterin noch immer schwach atmete. Marialle zögerte keinen Augenblick und wischte alle Bedenken beiseite. Sie ließ ihre Hände über die tiefe, blutende Wunde im Bauch der dunklen Ritterin gleiten und verschloss sie. Dolette sah schwach zu ihr auf und reichte ihr die Hand. Als sich ihre Hände berührten begannen sie endlich wieder in ihren Farben zu leuchten und Marialle spürte wie ihre Verbindung endlich wieder ausgeglichen war, doch die Todesritterin lachte leise.

"Ja, du bist mein." Noch bevor Marialle irgendwie darauf reagieren konnte hörte sie das wispernde Lachen hinter sich und die schweren scheppernden Schritte, die sich näherten.

"Wirklich außergewöhnlich, aber ebenso töricht. Aber wenn es denn euer Wunsch ist, schicke ich euch gemeinsam in euer Ende, kleine Priesterin." Erschrocken formte Marialle einen Schild um sich und die Elfe, aber für den Lichkönig schien es ein Leichtes ihn zu durchschreiten. Hinter ihm waren die Kämpfe verklungen und die Menschenfrau konnte keinen ihrer Kampfgefährten mehr ausmachen.

Marialle atmete tief ein. Machte sich auf das Ende gefasst und trauerte um die Welt, die Sie nun ihrem schrecklichen Schicksal überlassen musste.

Arthas streckte wieder seine Hand nach der Menschenfrau aus, doch ein gewaltiger goldener Hammer stieß ihn einige Körperlängen zurück.

"Tirion!", rief sie ihm erleichtert entgegen und er stürmte an ihr vorbei. Der alte Paladin hielt sich nur mit Mühe auf den Beinen, sein Blick aber war eisern und entschlossen.

"Schluss damit Arthas, ich bin euer Gegner." Der Angesprochene ließ sich nicht weiter bitten und klirrend trafen die Klingen von Frostgram und Aschenbringer, dem Schwert von Tirion, aufeinander. Die Priesterin zuckte leicht, als sie die leise, klare Stimme der Todesritterin nah an ihrem Ohr vernahm.

"Ich denke es ist Zeit unsere Macht so einzusetzen, wie sie für uns erdacht war, oder?" Marialle bedachte die Elfe mit einem verwunderten Blick, doch die Erkenntnis ihrer Worte sickerte langsam in ihr Bewusstsein.

"Wir sind Gefäße", presste sie erkennend hervor und das Licht das die Hände der beiden umgab, breitete sich über ihre Körper aus.

"Wir schaffen ein Gegenstück zu Frostgram, ein ebenso mächtiges, lichtdurchtränktes Schwert." Marialle nickte nur und konzentrierte sich mechanisch. Sie spürte das goldene Licht, das in sie eindrang und kurz bekam sie einen Einblick in das Innere der Todesritterin. Die goldene Flamme züngelte begierig, wurde von einer dunklen umgeben und sie schienen miteinander zu tanzen. Langsam erhellte sich das Dunkel und das gleißende Silber von Marialles Licht schlich sich in die Dunkelheit, verband sich mit der goldenen Flamme und wurde sanft von der Dunkelheit umschlossen. Das Herz der Priesterin raste, als sich ihr Geist wieder ins hier und jetzt zurückzog und der Anblick hinterließ ein undeutbares Gefühl.

Für den Moment war dies aber nebensächlich, denn sie spürte ebenso, wie sich die mächtige Energie ins Unermessliche zu steigern schien und gemeinsam konzentrierten sich die Frauen auf den Paladin, der sich noch immer ein unerbittliches Duell mit dem Lichkönig lieferte. Die beiden schickten ihre Lichter zu ihm und der Hochlord erschrak, als seine Klinge golden und silber zu leuchten begann. Er blickte kurz zu den auf dem Boden kauernden Frauen und nickte entschlossen, bevor er sich wieder dem Todesritterkönig zuwandte. Entkräftet sank Marialle auf ihrer Geliebten nieder und konnte das Folgende nur noch schwach aus den Augenwinkeln mitansehen. Der Paladin schwang, das scheinbar schwerer gewordene Schwert langsam und als die Klinge Aschenbringers auf die Frostgrams traf, wurde die Luft um sie herum erschüttert. Feine blau, schimmernde Risse bildeten sich auf der mächtigsten aller Runenklingen und verwundert schaute der Lichkönig auf sein Schwert herab. Mit einem lauten Knall, gefolgt von einer gewaltigen Druckwelle zerbrach die Klinge und fiel in vielen Teilen klirrend zu Boden.

"Wie ist das nur möglich?", sprach Arthas fast ehrfürchtig und sank auf die Knie, als all die vielen Seelen die Frostgram einst verschlungen hatte, nun langsam aus seinen Überresten empor in die Freiheit stiegen. Die Gestalt eines gealterten Mannes, mit Krone, den Marialle als Terenas Menethil, ermordeter König Lordaerons erkannte, trat langsam und durchschimmernd auf seinen Sohn zu.

"Fühlst du es mein Sohn, wie es dich einkreist? Die Gerechtigkeit des Lichts ist erwacht. Die Sünden der Vergangenheit holen dich endlich ein. Du wirst Rechenschaft ablegen müssen, für all die Gräueltaten, die du begangen hast, die unaussprechlichen Schrecken, die du in diese Welt brachtest, und die dunklen uralten Mächte, die du versklavt hast. Meine Seele war die erste, die von dem Bösen in dir verschlugen wurde, noch tausende mehr sind in dieser Klinge gefangen und schreien nach Erlösung. Sorge dich um deine Verteidigung, mein Sohn, die Champions der Gerechtigkeit stehen vor deinen Toren." Marialle hörte nur noch die Worte und schließlich sank sie ihrer Liebsten hinter her in die Bewusstlosigkeit.

Gefangene

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Gebrochen

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Gebrochen
 

Sie hatte noch nie so sehr geweint und obwohl die dunkle Elfe die ganze Zeit irgendwie für sie da war, wollten die Tränen nicht versiegen. Es schien ihr als würde sie zum allerersten Mal überhaupt weinen und gleichzeitig, als würden alle unterdrückten Gefühle der langen Jahre, der Einsamkeit und Trauer aus ihr herausbrechen. Dolette tat rein gar nichts, sie hielt sie nur, starr wie eine Statur und Marialle fragte sich hin und wieder, ob die tiefe Traurigkeit befreiend aus ihr heraus kam, oder ob sie ein neues Kapitel aufschlug, dessen schmerzlicher Verlauf mehr als ungewiss war. Der satte Schlag, der der Auslöser für diesen Gefühlsausbruch war, war schnell verklungen und die Rötung an ihrer Wange ebenso, aber er war auch der Riss der sich auftat und aus dem nun beständig Ängste ans Tageslicht traten.

Nie wieder durfte sie die dunkle Ritterin verlieren, das stand fest und die Konsequenzen, die das mit sich bringen würde, waren ihr mehr als egal. Darum gab sie sich diesem unvertrauten Gefühlsschwall bereitwillig hin. Dolette tat nichts, aber sie gab ihr auch kein Zeichen, dass es falsch war und so lebte sie den lang unterdrückten Schmerz aus, wie sie nicht geglaubt hätte, dass es möglich gewesen wäre.

Schließlich war sie eingeschlafen und als sie am nächsten Tag von der grellen Sonne geweckt wurde, war sie doch überrascht. Ihr Kopf lag noch immer an exakt derselben Stelle, sanft in den Schoß der Todesritterin gebettet, die noch immer ebenso reglos schien. Kurz schloss die Hohepriesterin die Augen, die sanfte Berührung erwartend, die sie bisher immer aus ihrem Schlummer geholt hatte, wann immer sie mit Dolette zusammen war. Doch sie blieb starr und ein Teil in Marialle hatte das schon akzeptiert. Dennoch folgte sie dem Impuls und sprach zärtlich zu der erkalteten Frau hinauf:

"Guten Morgen, Dole. Wird es etwa schon Zeit?" Die Angesprochene sah ausdruckslos zu ihr hinab, aber die Menschenfrau war sich sicher, den goldenen Schimmer in den kühlen Augen kurz flackern zu sehen.

Noch bevor weitere Worte gesagt werden konnten, klopfte es zaghaft an der Türe und Marialle schreckte hoch.

"Herein!", befahl die Elfe ruhig und sofort klackte die Tür kaum hörbar auf.

"Meister Plagg? Wie habt ihr es an den Wachen vorbei geschafft?", fragte die Priesterin verblüfft und erfreut zur selben Zeit. Nachdem der Verlassene die Türe geräuschlos hinter sich geschlossen hatte, entblößte er ein zerfleddertes breites Grinsen. Erleichtert stellte sie fest, dass sein Arm, wenn auch schief, wieder an der Stelle war an die er gehörte.

"Ich habe Mittel und Wege." Er deutete auf die Sukkubus an seiner Seite, die nur eine kleine Staubwolke hinterlassen hatte und zu der Todesritterin aufs Bett gesprungen war, um sich an ihre geliebte Herrin zu schmiegen.

"Herrin Dolli wohlauf?", flötete Susanne. Der gleichgültige Ausdruck im Gesicht der Elfe wandelte sich schlagartig und Ekel und Abscheu spiegelten sich nun darin wider. In einer einzigen fließenden Bewegung hatte sie sich aus der Umklammerung der Dämonin befreit und stand nun fest auf zwei Beinen. Bedachte erst die Dienerin und dann ihren Meister mit einem abschätzenden, ablehnenden Blick.

"Dieses Ding wird mich kein weiteres Mal berühren, Kinnab. Ansonsten tausche ich euer beider Gliedmaßen aus, dann seht zu wie ihr leichtfertig durch die Gegend flattert!", presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und setzte augenblicklich wieder ihre gleichgültige Maske auf.

Das Lächeln, das die Oberlippe des Hexenmeisters noch bis eben geziert hatte, erstarb jäh und die Erkenntnis schien ihn wie ein Hammer hart am Kopf getroffen zu haben. Seine Herrin duldete dieses Mal absolut keinen Widerspruch. Marialle beobachtete seinen halb freiliegenden Kehlkopf wie er langsam runter und wieder rauf zuckte, als der Untote schluckte und schließlich nickte.

"Susi, lass die Herrin in Ruhe!", befahl er der Sukkubus schlicht und erntete einen verständnislosen Blick seiner Dienerin.

"Aber Herrin Dolli wieder gut gehen, Susanne kuscheln!", sprach sie liebreizend und funkelte gierig zu der Todesritterin hinüber, doch der eisige Blick den sie erntete, ließ selbst die abwesende Dämonin merklich erschaudern und ohne weiter gegen an zu gehen, kauerte sie sich in die hinterste Ecke der kleinen Holzhütte, nah an die Kochstelle, die mittlerweile ebenso erkaltet war wie die dunkle Elfe. Marialle ließ die Szene auf sich wirken und die Wandlung die Dolette durchlief, sickerte langsam in ihr Unterbewusstsein. Die Untote konnte nie etwas mit den Avancen der Sukkubus anfangen, aber eine gewisse Zuneigung schien sich dennoch in die Gefühlswelt der dunklen Elfe geschlichen zu haben. Jetzt schien diese Regung jedoch wie ausgelöscht.

Das verhaltene Räuspern, des Verlassenen riss die Hohepriesterin aus ihren Überlegungen.

"Mylady Glutklinge, habt ihr euch schon eure nächsten Schritte überlegt?", fragte er anschließend. Dolette ließ sich zurück auf die Bettkante nieder und nickte ihrer Gefährtin zu, auf dass sie sich neben sie setzten möge. Diese verstand und gehorchte ohne zu zögern.

"Marialle wünscht ihre Familie zu sehen.", kam es knapp als Antwort.

"Ich verstehe. Lady Windläufer schickt mich. Ich solle euch übermitteln, dass sie sich freuen würde wenn ihr die Heimreise gemeinsam mit ihr antreten würdet", ließ er nun in gestraffter Haltung verlauten.

Marialle spürte den forschenden Blick den sie so liebte und als sie wagte aufzusehen, registrierte sie die hochgezogene Augenbraue der Elfe, schmunzelnd.

"Selbstverständlich werde ich Lady Windläufer diesen Wunsch nicht ausschlagen, es sei denn du hast Einwände, Marialle. Unterstadt liegt ja beinahe auf dem Weg", sprach die dunkle Ritterin glockenklar und kalt. Sie entzog ihren prüfenden Blick wieder von der Priesterin und wandte sich zurück zu ihrem Diener.

"Wann wird Sylvanas aufbrechen?", fragte sie nun wieder schlicht wie es ihre Art war.

"Schon morgen früh, Lady Dolette. Sie hat euch eine Behausung zur Verfügung gestellt, falls ihr euch jetzt schon der Horde anschließen wollt." Bei diesen Worten schellten die Alarmglocken der Hohepriesterin und instinktiv ergriff sie die Hand der Todesritterin. Das sanfte Schimmern erleuchtete ihre Gesichter als ihre Blicke sich trafen.

"Dole, ich kann mich nicht gänzlich der Horde zusprechen, ich bin die letzte Hohepriesterin Sturmwinds." Für den Hauch eines Herzschlags schien die Angesprochene zu stutzen, doch ihre Züge wurden rasch wieder kalt und klar. Sie wandte sich erneut ab.

"Kinnab, sagt der Bansheekönigin, dass wir ihr Angebot gern annehmen. Marialle, geh zu Lady Prachtmeer und König Wrynn. Du wirst mit offenen Karten spielen, zugunsten des Friedens. Jainas Zuspruch wird dir gewiss sein und Varian kann sich deinen Absichten nicht erwehren." Marialle war verblüfft über die nüchterne Klarsicht, die die Todesritterin so eben an den Tag legte. Gleichgültig und mit scheinbar riesigem Abstand, hatte sie die Situation analysiert und zu Gunsten der Menschenfrau zurechtgelegt. Diese nickte nur ehrfürchtig und schickte sich sofort an, den Raum zu verlassen.

Abermals spürte sie den mittlerweile vertrauten eisigen Griff um ihr zierliches Handgelenk, der sie innehalten ließ.

"Mach rasch, ich will dich an meiner Seite wissen", sagte Dolette ruhig, aber für die Priesterin konnte die Eiseskälte in ihrer Stimme nicht über den Inhalt der Worte hinwegtäuschen und so verließ sie mit dem Gefühl der Geborgenheit und vor allem Sicherheit die kleine hölzerne Behausung, um zielgerichtet ihrer Aufgabe nachzugehen.
 

'Aaaargh, Kinnab!', wütete Dolette innerlich.

'Ihr merkt es doch, ich sehe es euch an!' Das ganze Gespräch hatte die ehemalige Paladin hingenommen, wie machtlos sie sich in ihrem Körper aufhielt und mit jedem dröhnenden Herzschlag, der in ihrer Brust hämmerte, verlor sie mehr und mehr den Glauben daran, dass sie überhaupt noch in ihren eigenen Körper gehörte und nicht zu einem Fremdkörper geworden war.

Marialle war die ganze Zeit so ergeben, ruhig gehorsam gewesen. In ihren silbernen Augen lag, bei jeder seltenen Berührung, die tiefe Liebe, von der Dolette glaubte sie hätte ihr gegolten, doch nun bedachte sie diese ausdruckslose Hülle mit diesem Blick und sie fühlte sich immer mehr fehl am Platze.

Selbst die saftige Ohrfeige hatte die Priesterin offenbar nicht einmal zum Nachdenken gebracht.

Die ganze Nacht hatte die Elfe beobachtet wie der kauernde, schluchzende Körper auf ihrem eisigen Schoß immer mehr an Stolz und Erhabenheit verlor. Eigenschaften, die sie immer an der Hohepriesterin bewundert hatte. Es zerbrach ihr das untote Herz, zu sehen wie wohlwollend sie diese Erniedrigung augenscheinlich hinnahm, als wäre es selbstverständlich in ihrer Selbstaufgabe jeden Widerstand bereitwillig aufzugeben.

Als die Priesterin erwacht war, traf es Dolette wie ein Blitz, als sie erkannte, dass ihre Liebste gebrochen war und das völlig freiwillig.

"Begleitet ihr mich zu Odessa und Borigan, Kinnab?", hörte sie nun ihre eigene glockenklare Stimme, die die eisige Stille wie ein scharfes Messer durchschnitt. Der Angesprochene sah entgeistert in die schimmernden, blauen Augen und schien seinen Schreck kurz abschütteln zu müssen.

"Selbstredend, Mylady.", mehr schien er nicht heraus zu kriegen.

'Er spürt es ganz genau! Tut doch etwas, Kinnab!', brüllte Dolette ein weiteres Mal ins Leere und konnte nur dabei zusehen, wie sich ihr Körper grazil und lautlos aufrichtete und zur Tür begab. Plagg trottete seiner Herrin hinter her und die eingeschüchterte Sukkubus wich nicht von seiner Seite.

Sie wurden sofort hereingebeten, nachdem die Untote geklopft hatte und die quirlige Magierin rückte einen Stuhl zurecht, auf dass sich die geschwächt geglaubte Todesritterin niederlassen konnte. Tatsächlich war es Dolette aufgefallen, wie die stetige Berührung ihrer Liebsten, in der vergangenen Nacht ihr unfassbar viel Kraft gespendet hatte und so blieben weder Kraftlosigkeit noch Müdigkeit zurück. Dennoch betrachtete sie sich selbst abschätzend, wie sie Platz nahm. Plagg blieb an der Eingangstüre stehen und Borigan humpelte langsam an den Tisch heran um sich dazu zu setzten.

Selbstverständlich wusste Dolette welch schweren Verletzungen der Krieger erlegen war, aber die Wunde, die am Kragen hoch bis zu seinem Kinn ragte, verlangte ihr eine Mischung aus Sorge und Anerkennung ab.

"Wie geht es euch, Herrin?", fragte er ruhig und die Angesprochene war überrascht, dass sie nach all den Jahren noch immer die Position der Kommandantin, bei ihrem Stellvertreter innehatte.

Verblüfft stellte sie fest, wie ihre Züge für den Bruchteil eines Augenblicks weich wurden, bevor sie rasch von der vertrauten Maske der Gleichgültigkeit abgelöst wurden.

"Marialle hat mir heute Nacht einen gewaltigen Teil ihrer Energie gespendet, ich fühle mich ausgezeichnet", sagte sie nun wieder kalt und analytisch. Der Mann nickte verstehend.

"Ihr beide erholt euch auch, wie ich sehe, Borigan?" Er nickte kaum merklich und die geschundenen, kampferprobten Züge in seinem markanten Gesicht wurden zärtlich, als er seinen Blick zu der blonden Magierin schweifen ließ.

"Ich bin gut versorgt, Mylady." Sie schmunzelte. Dieses ausdruckslose, gefühlstote Wesen, das sie beherrschte schmunzelte. Erkannte die Zuneigung, die die beiden Menschen in diesen kleinen flüchtigen Blick legten und reagierte entsprechend.

Brennend heiße Wut kochte in Dolette hoch, sie war gefangen in sich selbst, verdrängt von einem Teil ihrer Selbst, der ihr grade so viel besser erschien, als ihr unbeständiges, launisches, untotes Ich es bisher gewesen war.

"Marialle und ich werden Sylvanas Windläufer zurück in die Östlichen Königreiche begleiten. Danach werden wir auf dem Hof ihrer Familie vorbeischauen. Ich schlage vor, wir treffen uns am Rand Sturmwinds, wenn ihr auch zurückkehrt." Die beiden Angesprochenen wechselten einen weiteren, ernsteren Blick und nickten einander zu.

"Mein Schwert ist noch immer das eure, Mylady und Odessa wird sich gern ein weiteres Mal an der Seite der Lady Hohepriesterin einfinden." Er deutete eine kleine Verbeugung an und auch die dunkle Ritterin neigte leicht ihr Haupt.

"Euer beider Loyalität ehrt euch und auch mich, Freunde.", kam es ruhig, wenn auch kühl, als anerkennender Abschluss.

Freunde? Dolette fluchte aufs heftigste und in diesem Moment wurde ihr klar, dass sie das komplette Gegenteil von dem war, was ihr Körper nach außen trug. Emotionsgeladen und aufbrausend, hatte sie doch vorher keinen Gedanken an ihre ehemaligen Gefährten verschwendet, hatten sie nun einen wichtigen Platz in ihrem Herzen eingenommen.

Sie war befreit von der lähmenden Gleichgültigkeit, die die Emotionslosigkeit eines Todesritters mit sich brachte, gefangen in eben diesem Schema. Die Erkenntnis ließ ihre geschundene Seele in sich zusammensacken und ihre Gegenwehr war dahin.
 

"Macht was ihr wollt, Hohepriesterin. Solange ihr keinen von diesen Kreaturen aus Versehen den Kopf abschlagt und somit den Krieg aufs Neue entfacht, tut was ihr für richtig haltet. Ich denke etwas Vertrauen habt ihr euch verdient." Der Anführer der Allianz und König Sturmwinds schien gezeichnet von den Ereignissen der letzten Tage, als wäre er um ein vielfaches gealtert und vielleicht auch weiser geworden. Er wandte sich von der heiligen Frau ab und machte eine resignierende, wegwischende Geste. Sie deutete einen Knicks an und wandte sich mit einem Blick zu Jaina, in Richtung Ausgang. Die Erzmagierin verstand und folgte ihrer Freundin hinaus auf den großen Innenhof der Allianzfeste. Nordend trug seinen Namen wahrlich aus gutem Grund. Obwohl die unheilvollen dunklen Wolken um den Frostthron verschwunden waren, zischte der eisige Wind rasant über den staubigen, leicht Schnee bedeckten Boden des Hofes und ließ Marialle, trotz ihres Mantels frösteln. Jaina nutzte den Moment und zog ihre Freundin in eine feste Umarmung.

"Beim Licht, Marialle wie geht es dir?" Ein heller Rotschimmer legte sich auf die Wangen der Priesterin und sie schaute leicht beschämt zu Boden, nachdem sie sich aus der Umarmung gelöst hatte.

"Es ist noch alles dran wie du siehst." Marialle hatte der Erzmagierin berichtet, wie stürmisch und neu ihr Wiedersehen mit der Todesritterin gewesen war, nachdem sie sich verloren geglaubt hatten und so zierte ein wissender Ausdruck die Züge der blonden Menschenfrau, nachdem die Priesterin geantwortet hatte. Die kirschroten Lippen Jainas verzogen sich zu einem Lächeln und freundschaftlich legte sie der anderen eine Hand auf die Schulter.

"Ja du scheinst noch ganz zu sein, aber irgendwas stimmt nicht, habe ich recht?", fragte sie und der wissende Glanz in den blauen Augen verblüffte die Hohepriesterin.

"Ich werde mich der Ergründung, dieses irgendwas auf dem Weg nach Hause widmen, Jaina. Grade bin ich nur leer. Froh sie endlich sicher zu wissen, mit ihr zusammen sein zu dürfen und vor allem fühle ich mich endlich befreit von dem Schmerz der seit Quel'thalas, mein steter Begleiter war", erklärte sich die Hohepriesterin ruhig und ein sanfter verträumter Ausdruck legte sich unwillkürlich auf ihr Gesicht, als sie an ihre geliebte Elfe dachte. Die Magierin musterte die Frau ihr gegenüber, jedoch mit Argwohn wie es schien.

"Es sieht dir nicht ähnlich, dich so gehen zu lassen, Marialle", erklärte sie, als sie sich des verwunderten Blickes der anderen bewusst wurde.

"Mag sein, aber vielleicht ist es genau das was ich so sehr brauchte, um endlich frei zu sein." Die Priesterin hatte der Herrscherin Theramores berichtet, dass sie der Schmerz nicht losließ, obwohl sie der dunklen Ritterin so nah war und sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es irgendetwas Schlechtes an sich haben sollte, dass sie von diesem Schmerz nun befreit schien.

"Pass einfach auf dich auf. Wenn alles wie geplant läuft, treffen wir uns in Sturmwind und dann kommt ihr mit nach Theramore. Du wirst wahrlich begeistert sein, welchen Wandel die Stadt vollzogen hat", lenkte Jaina nun ein und Marialle stieß erleichtert die Luft aus. Sie war nicht bereit dazu sich irgendwelchen hinterfragenden Gedanken hinzugeben.

"Willst du uns verabschieden?", fragte sie daher ohne einen weiteren Gedanken zu zulassen.

Die Erzmagierin nickte nur und zusammen begaben sich die Frauen zu der Unterkunft von Odessa und Borigan. Marialle wollte sich von den beiden vorerst verabschieden und war nicht überrascht die Todesritterin, in Begleitung des Verlassenen und seiner Dienerin in der kleinen Räumlichkeit vorzufinden.

"Guten Tag zusammen", begrüßte Jaina Prachtmeer die ungleiche Runde und bereitwillig bekam sie von jedem Antwort.

Unbehagen breitete sich in der Priesterin aus, als sie beobachtete wie die stahlblauen Augen, der Blonden, auf die leuchtenden der Todesritterin trafen. Kurz erschien es ihr, als würde die Erzmagierin gefesselt, doch dann wandte sie sich ab.

"Ihr zieht es also vor mit der Horde zurück in die Östlichen Königreiche zu kehren?", ließ sie sich nun vernehmen und Dolette erhob sich lächelnd und selbstsicher. Trat auf die große Erzmagierin zu und legte ihr eine eisige Hand auf die Schulter. Marialle war ehrlich irritiert von so wenig Berührungsangst, doch irgendwie wirkte es natürlich.

"Mylady Prachtmeer, auch wenn ich mich nicht erinnere so spüre ich eine tiefe und alte Verbundenheit zur Allianz und natürlich auch zu euch. Das wird nicht in Vergessenheit geraten, aber in der Bansheekönigin fand ich jemanden dem ich folgen will und das soll dem Verhältnis zwischen Allianz und Horde nur zum Besten gereichen." Glockenklar und erhaben erinnerte die dunkle Elfe an die stolze Paladin, die solch diplomatische Reden mit Leichtigkeit zu schwingen vermochte und das selbe Erstaunen, das Marialle auf ihrem Gesicht vermutete fand sie in den Zügen der Erzmagierin. Diese brachte es nicht auf mehr, als ein Schmunzeln, offenbar war sie ebenso von dem Charme der Elfe berauscht, wie es schon zu ihren Lebzeiten der Fall gewesen war.

"Ich hoffe es, die Welt braucht Frieden, Lady Glutklinge", sprach sie nun knapp und gemeinsam verließen sie die Hütte. In der Begleitung der Erzmagierin wurde die merkwürdig anmutende Gruppe zwar argwöhnisch beäugt, doch wagte ein Niemand sie aufzuhalten.

An den Toren der Festung der Allianz verabschiedeten sich die Mitstreiter und machten sich auf den Weg zum Stützpunkt der Horde.
 

Es war schon dämmrig im eisigen Nordend, als die Vier die grobe Festung erreichten, die in frischem rotem Glanz erstrahlte. Offenbar sollte dieser Stützpunkt noch eine ganze Weile ein wachsames Auge auf das Tun der Geißel in der Eiskronenzitadelle haben.

Dolette hatte sich ihrem Schicksal ergeben und beobachtete nur noch beiläufig was um ihren Körper herum geschah und so wurden die Vier von zwei Orkwachen zielstrebig in das große Haupthaus des Kriegshäuptlings geführt, wo sie schon sehnlichst erwartet wurden.

"Bei den Ahnen, Lady Glutklinge. Welch schrecklichen Umständen euer Verweilen auf Azeroth auch zu verdanken ist, es tut gut einen Gefährten am Leben zu sehen." Die wulstigen Lippen des Schamanen zierte ein breites Grinsen und er umschloss ihr Handgelenk zu einem kameradschaftlichen Handschlag. Ergeben beobachtete sie sich selbst, wie sie den Handschlag ausdruckslos erwiderte. Ad hoc wurde sie von dem Häuptling der Dunkelspeere aus diesem gerissen und in eine unerwartete Umarmung gezogen.

"Bei den Lao. Elflein, dass ich dich nochmal wieder sehe", sprach Vol'jin euphorisch und präsentierte seine gewaltigen Hauer.

Resignierend und der Fähigkeit beraubt sich weiter hin in ihrem Inneren aufzubäumen, schlich sich Emotionslosigkeit in ihr Bewusstsein, während sie den Troll aus weiter Ferne zu beobachten schien.

Doch da war etwas, etwas das sie festhielt, ihre Starre leicht zu lösen schien. Aus einer dunklen Ecke des großen, schwach beleuchteten Raumes, in dem Holz das vorherrschende Verarbeitungsmaterial war, glommen zwei wache, rote Augen auf und taxierten den untoten Körper der Todesritterin. Ihre Blicke trafen sich nicht, doch sie konnte den alles durchdringenden Blick der Bansheekönigin auf sich spüren. Endlich reagierte ihr Körper, er erschauderte und die Zeit schien still zu stehen, als leuchtende blaue auf glühende rote Augen trafen.

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Die Luft in dem düsteren Raum, im Hauptgebäude der Hordefestung, schien zu kippen, doch Marialle konnte sich nur schwer darauf konzentrieren, während sie von dem großen, schlaksigen Troll in eine lange Umarmung gezogen wurde.

"Hast sie ja tatsächlich wieder", sagte er so leise, dass nur sie es hören konnte und schenkte ihr ein warmes Lächeln.

"Ihr da! Bringt uns was zwischen die Hauer und Met!", befahl Vol'jin nun laut und die beiden Orkwachen drehten sich augenblicklich um. Geräuschvoll hatten sie den Raum verlassen. Nachdem der Häuptling der Dunkelspeere die Priesterin endlich aus seiner Umklammerung entlassen hatte, fiel ihr auf, dass Dolette sich nicht bewegt hatte, seit der Troll von ihr abgelassen hatte und weiter zu der Menschenfrau übergegangen war. Ihre schimmernden blauen Augen fixierten einen Punkt, tief in der Ecke des großen düsteren Raumes und erst als Marialle sich ebenfalls darauf konzentrierte, sah sie zwei rubinrote glühende Punkte aus der Dunkelheit hervorstechen.

Das schwache Schimmern erhellte das Gesicht um die roten Augen nur schemenhaft, dennoch wusste die Hohepriesterin genau, dass die Herrscherin der Verlassenen dort hinten ruhte und die Begrüßung aus gebührendem Abstand verfolgte. Langsam schienen sich die beiden glühenden Punkte zu erheben und kamen näher. Kurz spürte Marialle wie der forschende, Blick der Bansheekönigin auf ihr ruhte, doch sie wandte sich rasch ab, als die eiskalte Stimme der dunklen Ritterin erklang.

"Verehrung, Mylady Windläufer. Ihr wünscht, dass wir uns eurer Heimreise anschließen?" Wieder einmal verlor Dolette keine Zeit und erntete verwunderte Blicke von Thrall und Vol'jin, die grade dabei waren sich an die große Tafel zu setzten.

Die roten Augen blitzten auf und es war der Priesterin, als hätten die blutleeren Lippen der ehemaligen Waldläufergenerälin kurz gezuckt.

"Schön zu sehen, dass Kinnab wenigstens in der Lage ist, eine simple Nachricht zu übermitteln." Die Dunkelläuferin trat näher und ihre aschfahle Haut wurde sanft im spärlichen Kerzenschein beleuchtet. Dolette machte weder Anstalten sich abzuwenden, noch dem durchdringenden Blick der glühenden Augen stattzugeben. Starr und unbeweglich standen sich die dunklen Elfen gegenüber und die Luft schien immer dünner zu werden. Marialle trat ebenso wie Plagg an den großen Tisch heran und setzte sich, nachdem sie einen irritierten Blick mit den beiden anderen Anführern der Horde ausgetauscht hatte. Der Troll zuckte nur mit den Schultern und kniff verspielt seine kleinen, gelben Augen zusammen. Im Antlitz des weisen Orkschamanen fand die Priesterin allerdings einen ähnlich besorgten Ausdruck, wie sie ihn auf ihrem eigenen vermutete. Die schwere dunkle Stimme Sylvanas riss sie allerdings aus ihrer Sorge.

"Eure Anstrengungen, die finsteren Machenschaften von Putress und Varimathras zu vereiteln, ehren euch Lady Glutklinge und ich würde gern aus erster Hand erfahren, wie der Großapotheker sein Ende fand. Vielleicht wollen wir uns ebenfalls setzen, so erzählt es sich angenehmer." Irritiert beobachtete die Menschenfrau die unwirkliche Einvernehmlichkeit, in der die beiden untoten Frauen übereinzukommen schienen. Dolette nickte nur und nahm neben der heiligen Frau, gegenüber der Bansheekönigin Platz.

Das Aufstoßen der Türe durchbrach die aufsteigende Stille und zwei Orks stürmten unwirsch in den dunklen Raum. Die beiden Männer hielten je drei große Krüge in ihren Händen und stellten sie geräuschvoll auf der großen Tafel ab.

"Ja endlich! Kommt stoßen wir auf den Untergang des Lichkönigs an, bevor meine Hauer noch abfrieren!", ließ Vol'jin sich deutlich vernehmen und verteilte die Krüge an die drei Frauen, Thrall und Plagg.

Thrall erhob sich und sah wehmütig ins Leere.

"Ich würde lieber auf die Überlebenden anstoßen, mein Freund", kam es leise, fast andächtig aus den wulstigen Lippen, die ein trauriges Lächeln zierte.

"Also auf die Lebenden. Natürlich, was sonst?", brachte sich nun Sylvanas sarkastisch ein, die sich offenbar vom Antlitz der Todesritterin kurzzeitig loszureißen vermochte. Die Gesellschaft erhob die schweren Krüge und klackernd wurde angestoßen.

Der Abend verstrich beizeiten zäh, doch Dolette erzählte bereitwillig die Zusammenhänge von Putress Tod und den Auswirkungen die ihre Rettung mit sich brachte. Einige Runden Met wurden geleert und es wurde reichlich gegessen.

Thrall und Vol'jin hatten mit ihrer Sicht der Geschehnisse mittlerweile die ungeteilte Aufmerksamkeit aller, doch Marialle brauchte frische Luft. Dieses Gebräu, das die Orks zusammen schusterten war viel zu stark, für ihren, an guten Wein gewohnten, Magen. So entschuldigte sie sich und verließ das Haupthaus der Horde, um auf den mondbeschienene Innenhof zu treten, über den ein wenn auch lauer, aber eisiger Wind wehte. Die Hohepriesterin zog den breiten Kragen ihres hellen Mantels tief in ihr Gesicht und sog die kühle Brise tief und begierig ein. Die Wirkung war angenehm und die Verklärtheit wich langsam aus ihrem Geist und den erschlafften Gliedern.

Ihr in Gang gekommener Verstand wanderte wieder zu den beiden untoten Frauen und Marialle kam nicht umhin sich zu fragen, was sich zwischen den Zeilen und den tiefschürfenden Blicken abgespielt hatte, die sie den ganzen Abend immer wieder austauschten. Die Menschenfrau war überzeugt, dass es unter der Fassade auf irgendeine Weise brodelte, schließlich hatte die Bansheekönigin sie nicht einmal richtig begrüßt.

Leises Knirschen unter groben Plattenstiefeln riss sie jedoch aus ihren verworrenen Gedanken, bevor sie sich näher damit befassen konnte. Aus der entgegengesetzten Richtung des Hauptgebäudes trat eine vermummte, aufrechte Gestalt an sie heran. Unter der Kapuze glomm es bläulich und die Priesterin war sich sicher, dass sie es mit einem Todesritter zu tun hatte. Wenn Marialle nicht sofort erkannt hätte wem die klare, kühle Stimme gehörte, hätte sie sie durchaus als angenehm empfunden, doch so wich sie einen Schritt zurück, als der Vermummte vor ihr zum Stehen kam.

"Schneid habt ihr ja, Lady Hohepriesterin. Mitten in der Nacht im Hof der verfeindeten Fraktion ganz alleine zustehen. Haltet ihr das nicht für, sagen wir mal, leichtfertig?" Die bedrohlich anmutenden Worte waren nicht mehr als ein Wispern, aber dennoch jagte ihr jedes, klar gesprochen, einen eisigen Schauer über den Rücken. Jeder einzelne Muskel, in ihrem noch immer schwammig wirkenden Körper, spannte sich augenblicklich an.

"Ich bin hier unter Freunden, Lord Todesweber. Ich wüsste also nicht warum ich mich hier nicht frei bewegen sollte, auch jetzt wo das Verhältnis der Fraktionen sich wieder angespannt hat", sagte sie kühl und erhaben, bemüht dem Todesritter keine weitere Angriffsfläche zu bieten, doch ein mattes Lächeln schien über die untoten Züge zu gleiten.

"Nun, da wir Freunde sind, wie wäre es wenn ihr mich, auf ein gutes Glas Wein, in meine Unterkunft begleitet und wir stoßen auf unsere Freundschaft an?" Marialle fröstelte bei seinen Worten, was sein Lächeln noch verschlagener machte. Instinktiv wich sie weiter zurück.

"Das lehne ich dankend ab. Wie ihr sicher bemerkt habt, bin ich schon zu Gast, im Hause des Kriegshäuptlings, Mylord", sprach sie diplomatisch und verschränkte die Arme vor ihrem Brustkorb, um ihren ablehnenden Worte auch körperlich Ausdruck zu verleihen. Der untote Blutelf ließ sich jedoch nicht beirren. Sein Lächeln verzog sich leicht zu einem Grinsen und die Menschenfrau konnte die Gier in dem fahlen Gesicht aufblitzen sehen, als er unvermittelt so nah an sie getreten war, dass sie nur noch eine halbe Körperlänge trennte. Unvermittelt griff er nach ihrem linken Handgelenk und zog ihre Hand bestimmt, aber unerwartet sanft vor seine blutleeren Lippen und hauchte ihr einen seichten Kuss auf den Handrücken. Marialle ließ es geschockt geschehen. Sie fühlte sich der Fähigkeit beraubt ihre Hand zurückzuziehen, oder gar weiter zurückzutreten, wenn auch alles in ihr danach schrie. Panik schlich sich in ihr Bewusstsein und das siegessichere Grinsen des Todesritters verriet ihr, dass er das genau erkannte. Er hielt ihre zarte Hand noch immer nah vor seinem Mund und zog eine Augenbraue hoch, als er den Blick von der Hand auf ihr erbleichtes Gesicht richtete.

"Selbstredend wäre es furchtbar langweilig wenn ihr euch nicht zieren würdet, Lady Hohepriesterin. Aber was würde eure kuschelige Todesritterin sagen, wenn sie sehen würde wie wenig ihr euch meiner Aufwartung erwehrt?" Sie wandte entrüstet ihren Blick zu den leuchtenden Augen, die tief im Inneren der Kapuze ruhten. Er hatte recht sie vermochte sich nicht dieses eiskalten Blickes zu entziehen. Die Anziehungskraft und Befehlsgewalt, die sie ausübten, ließen ihr diese Situation ganz natürlich erscheinen. Und obwohl Koltira ein Mann war, war er ihrer Liebsten in Auftreten und Ausstrahlung grade so unglaublich ähnlich. Sie entspannte sich und der Blutelf legte sachte die andere frostige Hand um ihre Taille, als eine dunkle schwere Stimme aus weiter Ferne an die Ohren der Hohepriesterin drang.

"Meint ihr nicht, dass ihr eure Kompetenzen bei weitem überschreitet, Koltira?" Marialle fuhr zusammen und der Todesritter löste sich von der Menschenfrau. Wieder aufrecht schaute er an dem weichen Gesicht der heiligen Frau vorbei und seine Züge verhärteten sich.

"Mylady Windläufer. Es überrascht mich, dass euch das Schicksal dieses Menschenweibes interessiert." Die Dunkelläuferin war schnellen Schrittes an die Seite, der noch immer wie gelähmten Priesterin getreten und riss sie unsanft in ihre Deckung.

"Wenn ihr euch an der letzten Hohepriesterin Sturmwinds vergreift und so den Disput zwischen Horde und Allianz weiter anheizt, ist es sehr wohl von Interesse für mich. Mir steht nicht der Sinn nach weiteren Schlachten, zumindest nicht, wenn sie mir nicht von Nutzen sind. Wie ihr wisst können meine Verlassenen sich nicht so leicht fortpflanzen wie alle anderen Völker Azeroths. Und Lordaeron ist sicher Varians erstes Ziel, sobald ihr ihm einen Grund gebt." Die Bansheekönigin hatte sich schützend vor Marialle aufgebaut und die Priesterin war überrascht wie groß die Elfe doch war, so überragte sie den Todesritter beinah um einen ganzen Kopf. Koltira indes lächelte ein weiteres Mal matt und fixierte die glühenden roten Augen.

"Ich unterstehe weder eurem Kommando, noch dem des Kriegshäuptlings, Mylady. Mal ganz abgesehen davon, dass sich die Lady Hohepriesterin ganz sicher zu meinen Gunsten aussprechen würde." Er spähte an der ehemaligen Waldläufergenerälin vorbei und warf der Menschenfrau erneut einen Blick zu, dem sie sich nicht erwehren konnte. Sylvanas schob sich dazwischen.

"Lasst die Spielchen, Koltira. Ich kenne die Tricks der Todesritter. Sie wird nicht lange brauchen, um dem Stand halten zu können. Reine Gewöhnungssache, wenn ihr mich fragt.", sagte die Herrscherin der Verlassenen nun deutlich gereizt.

"Das muss sie auch gar nicht", ließ er verheißungsvoll verlauten und wandte sich nun um.

"Ich bin geduldig meine Damen. Und natürlich möchte ich im Zwist der Fraktionen keine tragende Rolle spielen." Gelassen schritt der Todesritter von den Frauen und verschwand zügig in den Schatten. Sylvanas fuhr zu der erstarrten Menschenfrau herum und legte ihre heißen Hände auf die zitternden Schultern. Augenblicklich löste sich die verzweifelt anmutende Starre der Priesterin und sie sah auf, in die schimmernden roten Augen.

"Marialle, ihr dürft euch nicht auf Gespräche mit dieser schmierigen Ausgeburt eines Ogers einlassen. Todesritter vermögen den Geist zu verwirren und den Willen zu verdrehen." Die Angesprochene erschrak bei den warnenden Worten der Bansheekönigin und für den Hauch eines Herzschlags fragte sie sich, ob Dolette eine ähnliche Wirkung auf sie hatte und ob sie diese womöglich gezielt nutzte. Ihre Gedanken überschlugen sich und die plötzliche Hitze, ausgehend von der Dunkelläuferin schien den Alkohol in ihren Adern brodeln zu lassen. Die Knie der Priesterin wurden weich und sie drohte einzusacken, doch Sylvanas hielt sie in festem Griff. Sie zog sie wieder in die Aufrechte und umschloss sie sanft um die Taille, um ihr Halt zu bieten.
 

Ihre Aufmerksamkeit ruhte die ganze Zeit auf der Bansheekönigin und so war es der Todesritterin beinahe entgangen, dass die Priesterin den Raum verlassen hatte. Aber ihr fremdgesteuerter Körper machte keine Anstalten der geliebten Menschenfrau nachzueilen. Sie war mittlerweile in ein langweiliges Gespräch mit dem Troll geraten, dem sie nur mäßig folgte. Zu sehr hatte sie der durchdringende Blick der Herrscherin der Verlassenen aufgewühlt und Hoffnung in ihr aufkeimen lassen. Dolette war sich sicher, dass die Bansheekönigin hinter die eisige Fassade blicken konnte, aber ob ihr klar war was sie erkannte, wusste sie nicht. Und so war sie in Grübeleien verfallen, wie sie ein Zeichen senden konnte, die jäh unterbrochen wurden, als sie sich erhob und den Raum ebenso verließ wie die anderen beiden Frauen vor ihr. Draußen angekommen spürte sie, wie sich ihre Züge verzerrten und sie war erschrocken, als sie erkannte was das auslöste. Sylvanas Windläufer hatte einen Arm um die schlanke Gestalt der Hohepriesterin gelegt und sprach eindringlich auf sie ein. Ein triumphierendes Gefühl stieg in ihr auf, doch ihre eigene unterkühlte Stimme ließ es jäh verklingen.

"Immer an meiner Seite, hatte ich gesagt", sprach sie ausdruckslos zu ihrer Geliebten und die beiden Frauen fuhren auseinander.

"Dole..." kam es gebrechlich aus den zart rosanen Lippen der Menschenfrau.

"Wollt ihr euch an anderer Leute Eigentum zu schaffen machen, Lady Windläufer?", sprach Dolette zu der anderen. Sylvanas zog nur eine Augenbraue hoch.

"Eigentum? Eurer Gefährtin ist nur der Met etwas zu Kopfe gestiegen, Lady Glutklinge. Die unangenehme Begegnung mit Koltira Todesweber tat wohl ihr übriges." Die leuchtenden Augen der Todesritterin verengten sich zu Schlitzen. Verstehend und dankend nickte sie der Dunkelläuferin zu und machte Anstalten an ihr vorbeizuschreiten, doch der Griff am Oberarm der dunklen Ritterin brannte sich glühend heiß ins kalte Fleisch und sie hielt inne. Die gegensätzlichen Blicke trafen sich und der von Sylvanas war forschender denn je.

"Du willst diesem Scheusal doch nicht etwa nach?", erklang es nun hinter Dolette, ausgehend von der Priesterin. Die Angesprochene hielt dem glühenden Blick der Bansheekönigin stand, während sie teilnahmslos antwortete:

"Er will mich über dich brechen, du hast keine Ahnung welche Heimtücke in seinem Verlangen steckt, mich beherrschen zu wollen." Die ehemalige Waldläufergeneralin zog erneut eine Augenbraue hoch, doch war es wieder Marialle, die nun hinzugetreten war und erstickt sprach:

"Du aber schon?", entgegnete die Priesterin knapp und Dolette konnte aus den Tiefen ihres Seins den Zweifel spüren, den die Menschenfrau gegen sie zu hegen schien. Offenbar hatte Sylvanas Worte gefunden, die die Priesterin endlich zum Nachdenken brachten.

"Selbstverständlich habe ich die! Ich bin genauso wie er. Ich weiß welchem Drang er unterliegt, das haben zu wollen, was er sich erwählt hat. Ich kann ihm nur beikommen, wenn ich ihm zeige, dass ich ihm in Nichts nachstehe", erklärte die Todesritterin ruhig und analytisch. Sie sprach als würde sie über das Schicksal eines anderen reden.

"Das mag ja sein, Lady Glutklinge, aber ihr solltet von euch aus nicht die Konfrontation suchen. Zu labil ist das angespannte Verhältnis zwischen Horde und Allianz und wir alle müssen regenerieren, bevor auch nur daran zu denken ist, einen weiteren Krieg zu entfachen", schaltete sich nun wieder die Herrin der Untoten ein. Dolette betrachtete noch immer mit ausdrucksloser Miene die glühenden Augen der Bansheekönigin und nickte.

"Wie ihr wünscht, meine Königin. Marialle, du wirst nicht mehr von meiner Seite weichen. Koltira wird keine weitere Möglichkeit bekommen, dich in sein Spiel zu verwickeln." Die dunkle Ritterin wandte sich schließlich ab und drehte sich zu der Priesterin, offenbar um eine Reaktion zu bekommen. Und tatsächlich nickte Marialle ergeben. Dolette spürte noch immer die forschenden, alles durchdringenden Augen auf sich ruhen und sie fragte sich, warum Sylvanas nicht aktiv wurde.

Die drei Frauen waren zurück in das Haupthaus der Feste getreten und Dolette bat den Kriegshäuptling knapp um die angebotene Unterkunft.

Sie folgten der Orkwache die Thrall ihnen mitgeschickt hatte zu einer kleinen hölzernen Hütte in der schon eine Weile ein Feuer zu lodern schien. Der Ork verabschiedete sich und ließ die beiden Frauen allein.

Marialle setze sich auf die Bettkante und betrachtete die Todesritterin. Ohne Mühe hielt Dolette ihrem prüfenden Blick stand und sie spürte eine fremde Wut in sich hochsteigen.

"Hast du meine Regeln noch immer nicht verstanden, Marialle?", fragte sie ungewohnt aufgebracht. Die Angesprochene entwich dem Blick und sah mit einer Mischung aus Sorge und einer Spur Ablehnung zu Boden.

"Ich wollte doch nur etwas Luft schnappen. Der Met..ich fühlte mich nicht gut.", erklärte sich die Frau, die mehr denn je heilig anmutete, mit dem Funken Trotz, der in ihrer Stimme und Haltung lag. Die Todesritterin schnellte heran und das Geräusch der knackenden Fingerknöchel die die Schläfe der Hohepriesterin trafen, brannte sich in die Seele der untoten Gefangenen.

'Mariiiii!', brüllte sie innerlich und ihr Kampfgeist war nun wieder voll entfacht. Dolette tobte und schrie, doch alles schien ergebnislos zu verhallen.

Der Körper der Todesritterin kniete sich vor die schockierte Priesterin und ihre Züge waren weich geworden. Instinktiv verschloss Marialle die kleine Platzwunde, bevor großartig Blut aus ihr treten konnte. Tränen standen in ihren Augen und waren kurz davor sich über ihre Wangen Bahn zu brechen.

"Ich will dich doch nur beschützen. Ich weiß wozu dieser Abschaum fähig ist." Unvermittelt zog sie die Menschenfrau in eine Umarmung, die sie nach kurzem Zögern erwiderte.

"Dole....", erklang die schwache Stimme von Marialle und Dolette musste erkennen, dass ihr Widerstand erneut niedergerungen war. Die dunkle Ritterin nahm das Gesicht der Priesterin in beide Hände und schaute ihr kurz eindringlich in die Augen, bevor sie ihre eisigen Lippen auf die warmen, vollen von Marialle legte. Dolette spürte augenblicklich die vertraute Hitze in ihrem Geist aufsteigen und sie kam nicht umhin sich diesem trostspendenden Gefühl hinzugeben. Der Menschenfrau erging es anscheinend nicht besser und die Anspannung wich aus ihren Gliedern. Sie lehnte sich gegen den kalten Körper und die Todesritterin meinte, dass sich die Wärme noch um ein vielfaches steigerte.

Die dunkle Elfe schmeckte die salzigen Tränen die in die verbundenen Münder rannen. Und ein Teil von Marialles Trauer ging in sie über. Machtlos sah sie ihre Heilige in ihren eisigen Armen, die sie ungeahnt sanft umschlossen. Der feine, betörende Duft wurde tief eingesogen und drang in ihr Bewusstsein. Die Priesterin ergab sich vollends dem Halt der dunklen Elfe und erwiderte nun den Kuss leidenschaftlich und zügellos.

Während ihr fremdgesteuerter Körper sich mehr und mehr an der Menschenfrau verging, brach Dolettes innerer Widerstand vollends. Es kam ihr vor, als hätte sie jeden Schmerz, den sie ihrer Liebsten scheinbar selbst zugefügt hatte, am eigenen Leib erfahren. Beinah die ganze Nacht hatte Marialle sich jeder Erniedrigung bereitwillig hingegeben, bis es ihr schließlich erlaubt worden war sich gehen lassen zu dürfen.

Die Elfe ließ sie eine Weile, um Atem ringend achtlos auf der Tischplatte liegen, bevor sie wieder zärtlich über den geröteten Hintern strich. Marialle bekam eine Gänsehaut und seufzte zwar leise, aber gedehnt.

Klatsch.

"Neun."

"Gut. Du wirst deine Rolle schon noch finden, Marialle", sprach Dolette wieder ruhig und unterkühlt. Sie hievte die keuchende Hohepriesterin auf ihre Arme und bettete sie sanft auf das Bett. Die Todesritterin legte sich dazu und umschloss Marialle mit einem Arm. Die Priesterin glitt augenblicklich in einen erschöpften Schlaf über und Dolette betrachtete noch lange ausdruckslos die schlafende Schönheit in ihren Armen.

Das goldene Lodern in ihren Augen war zu einem steten Flackern geworden und in ihrem Inneren war ein leises Wimmern zu vernehmen.

Zweifel zulassen

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Zweifel zulassen
 

Reglos saß die Hohepriesterin auf einem der beiden Stühle, an dem robusten Holztisch, der deutliche Spuren an ihrem Becken hinterlassen hatte und starrte ausdruckslos aus dem kleinen Fenster, ihrer Behausung. Die letzte Nacht hatte viele Zeichen zurückgelassen, sowohl auf ihrem Körper als auch auf der Seele, der gefallenen Heiligen, wie sie sich fühlte. Ihr Kopf dröhnte, ausgehend von der kleinen Platzwunde an ihrer Schläfe und obwohl ihr die Liebesnacht mit der Todesritterin ganz natürlich erschien, brachte sie das dumpfe Pochen immer wieder ins Schwanken.

Dolette mochte sich bei ihren Spielen austoben wie sie wollte, die Priesterin würde sich darauf einlassen, es genießen oder ertragen. Es war ihr gleich, aber dieser Faustschlag mutete nicht ansatzweise verspielt an. Er war aus purem Zorn entstanden, so kurz er auch aufgeflammt war und wenn auch aus vermeintlicher Sorge entstanden. Jetzt wo Marialle allein war und Zeit hatte darüber nachzudenken, war sie erschrocken, wie leicht es der dunklen Elfe gefallen war, sie wieder in ihren Bann zu ziehen.

Die warnenden Worte Sylvanas hallten zusätzlich unerbittlich in ihr wider.

'Todesritter vermögen den Geist zu verwirren und den Willen zu verdrehen.' Hatte Dolette dieselbe Wirkung auf sie wie Koltira Todesweber, als es ihm mit Leichtigkeit gelang der Priesterin so nahezukommen, wie es nur ihre Geliebte bis dato vermochte?

Ihre Gedanken drehten sich.

Marialle war an diesem angebrochenen Tag alleine aufgewacht und das verwunderte sie zusätzlich. Die Untote befahl ihr einerseits nicht von ihrer Seite zu weichen und andererseits war sie es, die die Hütte still und heimlich verlassen hatte. Sie hatte überlegt sie zu suchen, oder die Bansheekönigin nach ihren Zweifeln zu befragen, doch sie hatte sich nur einen Tee gekocht, den sie nun fest umklammerte. Sicherlich würde es eine Form von Bestrafung geben, wenn sie sich dem Willen der Elfe widersetzte.

Ein Lächeln glitt der Menschenfrau bei diesem Gedanken über die rosigen Lippen und kurz flammte die nächtliche Erregung, gepaart mit freudiger Erwartung in ihr auf. Sie rief sich zur Ordnung. Marialle hatte sich auf diesen Pakt eingelassen, so verwundert sie von sich selbst auch war. Sie hatte die wenigen gemeinsamen Nächte schon mit der Paladin genossen und ausgekostet und auch jetzt hatte sie nichts an Verlangen eingebüßt. Doch hatte sie bisher immer eine gewisse Gleichberechtigung genossen, wie an den beiden Tagen, bevor der Lichkönig zu Fall gebracht worden war. Davon war nichts mehr geblieben. Sie hatte sich völlig untergeordnet und es fühlte sich im Grunde gut und richtig an. Aber dieser Hieb auf ihre Schläfe...

Sie konnte den Gedanken nicht weiterführen, da ein Klopfen sie heraus riss. Marialle überlegte nicht und verfluchte sich sofort wieder.

"Herein", bat sie ruhig. Das war ganz sicher nicht im Sinn der Todesritterin.

"Sylvanas?", kam es daher gedankenverloren aus dem Munde der Priesterin. Die Angesprochene nickte knapp und verschloss die Türe hinter sich.

"Guten Morgen, Marialle. Ich hoffe eure Nacht war besser, als der Abend es vermuten ließ", ließ sich die Dunkelläuferin vernehmen und durchquerte langsam den Raum. Sie wartete auf keine Aufforderung und setzte sich zu der Hohepriesterin an den hölzernen Tisch.

Marialle beobachtete die grazile Bewegung, während Sylvanas sich setzte und ein leises Lächeln huschte über ihre Züge, als die Erinnerung an die vergangene Nacht sie überkam. Der forschende Blick der Bansheekönigin brannte sich förmlich in die vielen Kratzer und Blessuren, die unter Marialles Mantel hervorlugten und so verschwand das Lächeln wieder. Sie zog den Mantel weiter zu, als sie beobachtete wie sich der Ausdruck im Gesicht von Sylvanas ein wenig veränderte. Es war Marialle nicht möglich diesen Ausdruck zu deuten, aber Unbehagen breitete sich in ihr aus.

"Tee?", fragte sie daher, ohne die Frage der Elfe zu beantworten und erhob sich. Sylvanas nickte erneut und die Menschenfrau spürte die alles durchdringenden, roten Augen heiß auf ihrem Rücken ruhen, als sie einen weiteren Krug aus der kleinen Kochzeile zog und ihn mit dem dampfenden Gebräu füllte.

Dankend nahm die Bansheekönigin den Krug entgegen und stellte ihn vor sich auf dem Tisch ab.

Eine Weile verstrich, ohne jegliches Wort und Marialle begann sich zu fragen, was Sylvanas überhaupt hier wollte. Als hätte die dunkle Elfe diese Frage gehört erhob sie das Wort an die Menschenfrau.

"Ich hatte gehofft, ihr hättet meine Worte gestern verstanden, aber wie ich sehe, seid ihr vollends zum Spielzeug eurer Gefährtin geworden." Marialle schluckte hart. Die Worte saßen, doch sie versuchte ihre Reaktion mit einem Lächeln zu überspielen. Sie wollte sich auf gar keinen Fall eingestehen, dass auch nur die Möglichkeit bestand, dass das was zwischen Dolette und ihr vorging in irgendeiner Weise etwas Falsches war.

"Wäre das so verwerflich?", antwortete sie daher mit der Gegenfrage, die sie tatsächlich beschäftigte.

"Marialle, ihr seid eine kluge Frau, hoch im Rang und weise in jungen Jahren. Der Zweifel steht euch ins Gesicht geschrieben. Ihr werdet an den Punkt kommen, an dem ihr merkt, dass ihr nicht eurem eigenen Willen folgt. Und jeder bis dahin verstrichene Moment wird sich bleiern auf eure heilige Seele legen." Die Kälte mit der Sylvanas spracht täuschte nicht über die sorgenvollen Worte hinweg und der glühende Blick heftete sich auf die Platzwunde, wieder dachte die Priesterin er würde sich einbrennen.

"Noch könnt ihr die Narben verhindern, die ihr unweigerlich davontragen werdet." Sylvanas schaute nun eindringlich in die bernsteinfarbenen Augen der Menschenfrau und Marialle spürte die ehrliche Sorge ihrer neuen Freundin. Sie stieß die Luft geräuschvoll und seufzend aus.

"Schön, ich habe Zweifel. Nicht erst seit der Begegnung mit Koltira am gestrigen Abend. Aber Ich werde nicht von ihrer Seite weichen und so falsch wie ihr es darstellt, fühlt es sich gar nicht an!" Marialles Stimme war leicht angestiegen, doch Sylvanas schien zu erkennen, dass es nicht Wut war die daraus sprach und auch der Priesterin selbst wurde in diesem Moment schmerzlich bewusst, wie tief die Zweifel schon in ihr brodelten. Die Dunkelläuferin ergriff die, zur Faust verkrampfte Hand der Menschenfrau und einmal mehr war diese überrascht wie viel Wärme von der Bansheekönigin ausging. Schwach schaute sie von den verschlungenen Händen in die glühenden, roten Augen.

"Ihr missversteht mich, Marialle. Natürlich ist das Wesen eines Todesritters unnatürlich anziehend und sicherlich wäre es auf Dauer schwer zu ertragen, sich diesem zu unterwerfen. Aber ich bin sicher, dass eure Liebe euch dies ermöglichen könnte. Es scheint mir aber um mehr zu gehen, als die bloße Anziehungskraft, die die Todesritter an sich haben. Lady Glutklinge wirkt auf mich ebenso gebrochen und gefangen wie ihr es seid. Und wenn ihr ehrlich seid..." Sylvanas entließ die Hand wieder aus ihrem Griff und ließ ihre eigene hoch in das Gesicht der Priesterin wandern. Sie strich bedächtig über den feinen, geschlossenen riss der die Schläfe der Menschenfrau zierte. Das Dröhnen in Marialles Kopf nahm unter der Berührung zu.

"...zeugen eure Zweifel mehr als deutlich davon, dass eure Gefährtin nicht sie selbst ist." Marialle überdachte die eindringlichen Worte und das Unbehagen breitete sich plötzlich in ihrem ganzen Körper aus. Sie fröstelte und zog den Mantel noch enger um ihren nackten Körper. Die warme Hand der Dunkelläuferin streichelte sanft hinab zur Wange der Hohepriesterin, bevor sie zurückgezogen wurde. Sie hinterließ einen Schauer.

"Diese Frau hat nichts mit dem zu tun, was ihr mir in unserem Lager in Lordaeron über sie erzählt habt. Sie ist klar und von ihrem Wunsch gesteuert euch beherrschen zu wollen. Wenn ich nicht eure Geschichte kennen würde, könnte ich keinen nennenswerten Unterschied, zu einem Koltira Todesweber, oder jedem anderen beliebigen Todesritter feststellen." Sylvanas hatte sich wieder auf ihrem Stuhl zurück gelehnt und betrachtete die Priesterin nachdenklich.

Marialle vermochte nichts zu entgegnen. Ihre Gedanken überschlugen sich. War das, was zwischen ihnen war, womöglich die ganze Zeit schon, nur der einmaligen Anziehung zu verdanken, die die Todesritter an sich hatte? Hatte Dolette ihr die ganze Zeit etwas vorgemacht? Eine Spur Zorn sickerte in ihr Bewusstsein und unachtsam erhob sie sich von ihrem Stuhl. Sie taumelte leicht und hielt sich den Kopf. Die Bansheekönigin war aufgesprungen, doch Marialle wehrte die helfende Hand unwirsch ab.

"Hat sie mich etwa die ganze Zeit über nur benutzt?", kam es schwach aus ihrem Munde und noch immer musste sie sich die pochenden Schläfe halten.

"So setzt euch wieder, Marialle. Ich denke nicht, dass es ihr möglich gewesen wäre euch derlei Gefühle vorzugaukeln. Und so wie ich das sehe hätte sie das auch gar nicht nötig gehabt", sagte die Dunkelläuferin ruhig und die Worte erreichten die Priesterin. Sie ließ sich zurück auf den Stuhl gleiten und befand die Vermutung für richtig. Marialles Sehnsucht war von dem Tag ihrer Entführung so groß gewesen, sie hätte sich mit Freuden in die Arme der Todesritterin geworfen, ganz gleich welcher Art die Umarmung gewesen wäre.

"Habt ihr denn eine Ahnung was vor sich gehen mag?", fragte die Priesterin nun wieder ruhiger. Aus den untoten Zügen wich jegliches Mitgefühl, das noch bis eben für die Hohepriesterin darin gelegen war und sie wurden ernst und analytisch.

"Tatsächlich hat mich diese Frage die ganze Nacht beschäftigt, Marialle. Als ich alle Informationen im Geiste zusammengetragen habe, die ihr mir vor allem am gestrigen Abend gegeben habt, kam mir eine Ahnung. Das Wesen eines Todesritters wird von seiner Runenklinge bestimmt. So wie ich es mir vorstelle, ist es eine zweite Wesensform die im Bewusstsein lauert und sich einmischt je nachdem wie gut der Todesritter diese Stimme unterdrücken kann, oder eben nicht. Das war auch bei Dolette so, richtig?" Marialle nickte nachdem sie sich die Traumgespräche mit der dunklen Elfe ins Gedächtnis gerufen hatte.

"Ihre Runen wurden umgeschmiedet und das Wesen der Runenklinge und Lady Glutklinges Seele, sag ich mal, wurden einvernehmlicher. Nun ist uns ja klar, dass die Seele eurer Gefährtin schon von je her nicht mit dem Wesen eines anderen Todesritters zu vergleichen war und sie wurde zu dem von dem Licht, dass ihr in ihr zurückgelassen habt, umgeben. Dieser Schutz wurde also in der Eiskronenzitadelle von ihr genommen, als ihr euer silbernes Licht zurückerhalten habt, richtig soweit?" Die Hohepriesterin nickte wieder.

"Hier beginnen wir also zu spekulieren, Marialle. Ausgehend davon, dass der einzigartige Teil von Lady Glutklinge, der in der Lage ist zu fühlen, noch da ist. Und davon gehe ich aus. Kommt es mir so vor als wäre dieser Teil unterdrückt, ganz so wie Todesritter das flüsternde Wesen ihrer Runenklinge versuchen zu bändigen. Versteht ihr? Ich glaube die beiden Wesenszüge die sich in eurer Gefährtin befinden, haben ihre Plätze getauscht. Ich glaube Lady Glutklinge ist ohne euren Schutz in ihrer Runenklinge gefangen. Und das was nun zurückgeblieben ist, ist das reine, gierige Wesen der Klinge, das ihr Handeln kontrolliert und steuert." Sylvanas hatte sich beinahe in erregte Begeisterung geredet. Offenbar war sie ehrlich von dem Zusammenspiel der Wesenszüge, die in Dolette tobten, fasziniert. Marialle allerdings wurde nur schwer begreiflich, was sie soeben vernommen hatte.

"Habt ihr auch eine Idee wie wir diesen Zustand wieder ändern können?", fragte Marialle also die einzige Frage, die sie wirklich beschäftigte. Die dunkle Elfe musste bitter schmunzeln.

"Eine Berührung bringt es offenbar nicht, mh?" Sie hatte eine Augenbraue hochgezogen und Marialle errötete augenblicklich. Zum ersten Mal wurde der Priesterin deutlich bewusst, wie leicht sie zu manipulieren war. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass die ehemalige Waldläufergeneralin sich einen Scherz daraus machte, der Menschenfrau die Röte ins Gesicht zu jagen. Trotzig rief sie sich zur Ordnung.

"Offensichtlich, Sylvanas", antwortete sie knapp. Die Bansheekönigin wurde wieder ernst.

"Die Geheimnisse eurer Verbindung sind noch immer unergründlich, Marialle. Ein sprunghaftes Ding, das zu tun scheint wonach es ihm beliebt", erklangen die ehrlichen, aber vor allem enttäuschenden Worte, die Marialle zur Antwort bekam.

"Was soll ich denn nur machen? Ihr habt Recht, die Zweifel wurden größer und irgendwann wären sie unüberwindlich geworden. Mit eurer Eröffnung habt ihr dem nur vorgegriffen. Dafür ist mein Dank übrigens euer." Die Priesterin fühlte wie ihr Verstand sich endlich klärte und so waren ihre zuletzt gesprochenen Worte auch endlich gefestigt und erhaben.

"Ich nehme an, sie einfach ihrem Schicksal zu überlassen, wäre zu viel verlangt?", fragte Sylvanas nun wieder schmunzelnd, wobei Marialle glaubte für den Bruchteil eines Herzschlags einen Schatten über ihre dunklen Züge huschen zu sehen. Die Priesterin nickte nur, wollte sich nicht weiter mit Nichtigkeiten aufhalten.

"Ich denke sie wäre auch nicht in der Lage euch ziehen zu lassen. Ich kann euch wirklich nicht sagen, wie und ob man diesen Zustand ändern oder wieder rückgängig machen kann, aber ich würde euch zumindest dazu raten, zu verbergen, dass ihr sie durchschaut habt. Die Wunde an eurer Schläfe zeugt von der Gefühlslosigkeit, die sie euch in Wirklichkeit entgegenbringt und ich befürchte, das könnte noch ganz andere Ausmaße annehmen, wenn ihr euch nun weigert euch unterzuordnen. Auch bezweifle ich, dass sie aktiv einer Änderung überhaupt zustimmen würde. Vielleicht bedarf es auch nur einer großen Portion Vertrauen in eure einzigartige Verbindung und ein Weg tut sich schneller auf, als ihr es euch vorstellen könnt", schloss die Dunkelläuferin aufmunternd ihre Gedankengänge. Ja, das Band zwischen Dolette und ihr hatte bisher immer auf die eine oder andere Weise einen Weg gefunden. Immer bis auf einmal und da hatte Dolette ihr Leben gelassen. Marialle wurde nachdenklich, aber erleichtert stellte sie fest, dass der schmerzliche Gedanke sie nicht lähmte, wie er es so oft getan hatte. Ruhig erhob sie sich von ihrem Stuhl und trat direkt vor die untote Elfe. Sie ergriff die warmen Hände und hielt sie vor ihre Brust.

"Ich weiß gar nicht wie ich euch danken soll, Sylvanas. Ich..." Das Aufspringen der Türe unterbrach sie.
 

Im Inneren der Todesritterin war es bedrückend still geworden. Die Gedanken an ihre ergebene Geliebte lähmten Dolette und die Ekstase die die heilige Priesterin offenbar beim Liebesspiel der beiden empfunden hatte, ließen ihre Gegenwehr komplett verstummen. Schweigend hatte sie sich selbst dabei zugesehen, wie sie das Bett und die kleine Holzhütte verlassen hatte, um in aller Frühe über den Innenhof zu wandern. Die Todesritterin war an einem geräumigen Haus angekommen, in dem einige Verlassene schon emsig am Arbeiten waren. Überall lagen die unterschiedlichsten Stoffballen herum und einige Kleidungsstücke waren auf Holzpuppen ausgestellt. Die vorherrschenden Farben waren dunkel und so rief sie sich einen der Schneider heran, um ihm einen Auftrag zu geben.

Den ganzen Fertigungsprozess hatte sie vor der Türe der Schneiderei gewartet und als sie hereingebeten wurde, übergab ihr der Untote eine prachtvolle dunkelblaue Robe, mit zahlreichen goldenen und silbernen aufgestickten Applikationen. Sie entlohnte den Schneider großzügig und verabschiedete sich knapp, um unverzüglich zurück in ihre Behausung zu kehren. Offenbar wollte sie die Hohepriesterin nicht länger als nötig alleine lassen. In der ganzen Zwischenzeit und auch jetzt sickerte immer wieder der tiefe Hass für Koltira in ihr unterdrücktes Bewusstsein und bald kam es ihr vor als wäre es ihr eigener.

An ihrer Hütte angekommen, stieß sie gelassen die Haustüre auf und der Hass, der noch die ganze Zeit dem Todesritter gegolten hatte, drang nun hart und unnachgiebig in ihren Geist. Ihre leuchtenden blauen Augen sahen ihre Gefährtin ein weiteres Mal so vertraut und vor allem spärlich bekleidet in der Nähe der Bansheekönigin. Sie hielten sich an den Händen und der Blick zwischen den beiden Frauen schien vor allem eins. Einvernehmlich.

Dolette horchte auf, als ihre unterkühlte Stimme die Anspannung, die augenblicklich im Raum herrschte, mit Leichtigkeit durchtrennte.

"Mein Gefühl von gestern Abend hat mich offenbar doch nicht getrübt, Mylady Windläufer. Vielleicht fragt ihr mich einfach das nächste Mal, ob ich euch meine Gefährtin zur Verfügung stelle, wenn es euch so sehr danach verlangt. Ich würde meiner Königin keine Bitte abschlagen." In den Worten der Todesritterin lag Verachtung und abwechselnd betrachtete sie die beiden gegensätzlichen Frauen. Zornig registrierte sie die Röte, die der Priesterin ins Gesicht geschossen war und sie ballte die Fäuste, nachdem sie die Robe achtlos aufs Bett geworfen hatte. Marialle betrachtete den kostbaren Stoff, der nun belanglos auf dem Bett ruhte. Die schwere Stimme der Dunkelläuferin ließ ihren Blick zu den glühenden roten Augen wandern, die sie ruhig taxierten.

"Zügelt eure Gedanken, Lady Glutklinge. Ich war nur hier um euch beiden zu berichten, dass wir bereit für den Aufbruch sind. Lady Lichtsprung hat sich für meine Hilfe bedankt. Geht nicht leichtfertig mit derlei Angeboten um, sonst werden sie noch angenommen." Das Gesicht der Todesritterin verzog sich zu einer gehässigen Fratze.

"Dann nehmt sie euch, ich will so ein ungehorsames Ding sowieso nicht an meiner Seite." Die beiden Frauen wechselten einen kurzen Blick, was die Wut auf den aschfahlen Zügen Dolettes noch deutlicher werden ließ.

"Vielleicht komme ich darauf zurück, bis dahin ist wohl eine Lehrstunde eurerseits angebracht. SO wird sie euch, fürchte ich, nicht zur Ehre gereichen", erklärte Sylvanas gelassen und bedachte Marialle eines abwertenden Blickes. Die Priesterin war erstarrt und in ihrem Antlitz spiegelte sich Entsetzen wieder. Dolette hingegen beruhigte sich ad hoc und ihr Gesichtsausdruck entspannte sich, zeugte sogar von freudiger Erwartung.

"Eine Lehrstunde? Ja die ist wohl angebracht. Ich danke euch, Mylady Windläufer." Die Todesritterin deutete eine kleine Verbeugung an und Sylvanas nickte den beiden Frauen kurz zu, bevor sie auf die Türe zu trat.

"Packt zusammen, wir warten auf euch", ließ sie verlauten während sie die Türe öffnete und sich hindurchschob. Geräuschvoll fiel die Tür zurück ins Schloss und war wie ein Startschuss für Dolette. Mit einer übermenschlichen Geschwindigkeit war sie um den Tisch herumgeschritten und baute sich vor Marialle auf. Ihre Miene war ausdruckslos, doch in den leuchtenden Augen lag noch immer tiefe Verachtung. Der Moment verstrich zäh und überrascht registrierte Dolette, dass Marialle dem abschätzigen Blick tapfer Stand hielt. Etwas hatte sich verändert, das konnte sie sehen und anscheinend entging dies ihrem anderen Ich auch nicht. Die Todesritterin holte aus und traf zielsicher exakt dieselbe Stelle wie am Abend zuvor. Augenblicklich sickerte das rote Blut aus der alten Wunde an der Schläfe der Priesterin. Sie ging noch weiter und trieb der Menschenfrau ihr Knie hart in den Bauch. Marialle keuchte und krümmte sich und Genuss breitete sich auf dem Antlitz der dunklen Elfe aus.

"Verzeih mir", kam es schwach aus dem Munde der Hohepriesterin.

'Was?' Dolette war hellhörig geworden. Wie konnte sie sich dem jetzt wieder ergeben? Noch eben hatte Widerstand die Miene ihrer Liebsten beherrscht und jetzt entschuldigte sie sich?

"Ich hätte Sylvanas, in deiner Abwesenheit, nicht herein bitten dürfen. Es tut mir leid."

'Nein!' Drang es aus den Tiefen von Dolettes Innerem. Resignierend sackte sie wieder in sich zusammen und ergab sich ihrem Schicksal, ganz genau so wie es die Priesterin zu tun schien. Sie verschloss nicht einmal die erneut aufgeplatzte Wunde. Marialle hatte sich offenbar gänzlich ihrem unterdrückten Dasein hingegeben.

"Du hast mich wahrlich enttäuscht, Marialle. Hat Sylvanas die Wahrheit gesagt?" Marialle schluckte kaum merklich. Ein lautes, wütendes Knurren erklang und ein weiterer Schlag auf das Jochbein der Priesterin fand sein Ziel. Die Wucht des Schlages riss Marialle zu Boden und einige Spritzer Blut waren ihr voran gegangen.

"Was geht da vor sich? Du gehörst mir! Niemand anderes darf dich haben, es sei denn ich erlaube es", presste Dolette zwischen zusammengebissenen Zähnen, knurrend hervor. Eiskalte Wut durchdrang sie, bis in die Innersten Winkel Ihres Seins und umschloss die kleine eingesperrte Seele.

"Ich hatte sie gestern noch um ein Gespräch gebeten. Ich wollte herausfinden wie ich mich der Anziehungskraft von Koltira erwehren kann", keuchte Marialle vom Boden hinauf zu der Todesritterin.

Dolette kniete sich zu ihrer Gefährtin hinunter und legte ihre Hände auf die Schultern der Priesterin. Diese schaute auf. Aus der Platzwunde an der Schläfe und dem Riss unterhalb des rechten Auges quollen noch immer unzählige Tropfen roten Blutes. So schnell wie er gekommen war, wurde der eisige Zorn wieder weggespült.

"Hättest du gleich sagen sollen.", sprach sie nur knapp und zog die Menschenfrau zurück in den Stand.

"Versorge und wasche dich. Danach würde ich gern sehen, ob die Robe die ich für dich habe anfertigen lassen passt und danach können wir darüber reden, wie du dich Koltiras Tricks im Notfall erwehren kannst." Marialle nickte nur und führte ihre silbern leuchtende Hand an ihren Kopf, woraufhin sich erst die Platzwunde über der Augenbraue schloss und dann die an der Wange. Sie trat langsam an die kleine Kochzeile und wankte dabei bedenklich. Dolette betrachtete ihre Gefährtin ausdruckslos und ließ sich auf einem der Stühle nieder. Die Priesterin nahm das Wasser von der verglühten Kochstelle und tunkte ein Stück ihrer zerrissenen Robe hinein, um sich damit das Gesicht zu waschen. Danach wandte sie sich dem Bett zu, nahm die Robe in ihre Hände und ließ den seidigen Stoff einige Augenblicke lang durch ihre zarten Finger gleiten.

"Du sollst sie nicht nur begaffen. Ich will sehen ob sie sitzt, also zieh sie schon an.", befahl Dolette beiläufig, als wäre nichts gewesen. Marialle gehorchte. Ihre schmerzenden Glieder und die vielen Blessuren erschwerten es ihr anscheinend sich anzukleiden und Dolette registrierte das mit Genugtuung. Innerlich spürte sie allerdings bei jedem Zucken des Körpers der Priesterin einen Stich. Die Todesritterin kam nicht umhin die Menschenfrau ausgiebig zu betrachten. Die Robe saß ausgezeichnet und der tiefe Ausschnitt und die vielen feinen Stickereien betonten jeden Aspekt der schönen, menschlichen Gestalt. Die Miene der Todesritterin war aber noch immer eisig und anteilnahmslos.

"Sie sitzt. Gefällt sie dir?", fragte sie kühl und wandte ihren Blick wieder ab.

"Ja, sie ist wunderschön.", gab Marialle gehorsam Antwort.

"Dann pack jetzt zusammen, damit wir endlich aufbrechen können." Die Priesterin tat wie ihr geheißen und kurze Zeit später traten sie gemeinsam auf den Innenhof der Festung, wo sie schon von Plagg und den drei Anführern der Horde erwartet wurden.

Zu ihrer Genugtuung wurde Marialle lange von allen betrachtet, doch die Blicke von Thrall und Vol'jin waren sorgenvoll, weshalb sich die dunkle Ritterin dazwischen schob, als das Gefühl Unbehagen wich.

"Begleitet ihr uns ebenfalls, meine Herren?", fragte sie die beiden Häuptlinge.

"Nein, Lady Glutklinge. Wir werden mit der Ogrims Hammer zurückkehren, sobald sie wieder flugtauglich ist." Dolette nickte nur desinteressiert und reichte dem Schamanen die Hand.

"Ich hoffe, dass es schnell geht", sagte sie und zwang sich ein Lächeln ab. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie die Priesterin von dem Troll in eine Umarmung gezogen wurde, was sie leise knurrend hinnahm. Er flüsterte ihr sanft Worte zu und Dolette spürte erneute eiskalte Wut in sich aufsteigen. Als er die Menschenfrau aus seiner Umarmung entlassen hatte, reichte auch er der dunklen Elfe kameradschaftlich die Hand und widerwillig griff sie zu.

"Pass gut auf das kleine Weibchen auf, Elflein. Sie sieht mitgenommen aus", sagte er zwinkernd, doch die Züge der Todesritterin verhärteten sich noch mehr.

"Lass das meine Sorge sein, Troll." Sein Ausdruck wurde ernst, bei den kühlen Worten und erneut trat Sorge in seine Züge, doch er wandte sich Sylvanas zu. Thrall hatte Marialle ebenfalls in eine Umarmung gezogen, doch wirkte sie sich nicht annähernd so negativ auf die dunkle Ritterin aus.

Nachdem auch Plagg sich überschwänglich von den beiden Anführern verabschiedet hatte, saßen die drei Frauen und der Verlassene auf bereitgestellten Wölfe auf und setzten sich gefolgt von vielen Untoten in Bewegung. Dolette spürte noch lange die stechenden gelben und die klaren blauen Augen der beiden Häuptlinge auf sich ruhen.

Der rote Faden

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Der rote Faden
 

Der Weg zurück zum Heulenden Fjord verlief ereignislos und in jeder Hinsicht eisig. Dafür kamen die Gefährten um Sylvanas Windläufer auf den Wölfen der Orks äußerst zügig voran. So hatten sie nach nur zwei Tagen den Hafen der Vergeltung erreicht und bestiegen den Zeppelin in Richtung Tirisfal.

Dolette wich tatsächlich keinen Augenblick von der Seite der Hohepriesterin. Sie wechselten den ganzen Ritt über kaum ein Wort und Marialle war dankbar dafür. Bisher hatte sich noch keine weitere Situation aufgetan, in der sie ihren Entschluss, sich weiterhin unterzuordnen, prüfen musste.

An Bord der Wolkenkuss hatten sich die Verlassenen rasch unter Deck verzogen, um sich von dem langen Weg auszuruhen. Plagg und seine Sukkubus waren noch am Bug des Flugschiffes und unterhielten sich leise, worüber auch immer. Marialle lehnte an der Reling, flankiert von den beiden dunklen Elfen und schaute in den dichten Nebel des Heulenden Fjords. Ein wenig fühlte sie wie die Schnüre die ihre Brust zusammengezerrt zu haben schienen, sich lösten. Und als sie endlich das wunderschöne Azurblau über den Wolken erreichten, sog sie die frische Luft begierig ein. Aus den Augenwinkeln betrachtete sie die befremdliche Gestalt ihrer Liebsten, die mit verschränkten Armen neben ihr stand und hinabstarrte. Ihre Miene hatte sich seit ihrem Aufbruch kein einziges Mal verändert. Auf der anderen Seite die Bansheekönigin, die sich zwar genauso wenig auf ihrem Weg eine Regung abverlangte, aber dafür gab sie der Menschenfrau ein gewisses Gefühl der Sicherheit.

"Ihr werdet sicherlich in eurem Turm vermisst, Marialle?" Kurz fühlte sie sich ertappt, doch sah dann direkt in die glühenden, roten Augen, in denen eine gewisse Sänfte lag. Sie musste an Therez denken und Trauer überkam sie.

"Ganz gewiss, Sylvanas." Marialle rang sich ein Lächeln ab, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken.

"Da fällt mir ein, dass ich euch noch eine Entschuldigung schuldig bin." Dolette regte sich und zog eine Augenbraue hoch. Die Priesterin schaute verwirrt zu der Dunkelläuferin auf.

"Eure Entführung verdankt ihr mir. Die Unannehmlichkeiten, die ich euch bereitet habe und vor allem, der schwere Verlust den ihr erlitten habt, tut mir aufrichtig leid. Ich hoffe ihr könnt mir irgendwann vergeben." Dolette wandte sich wieder gleichmütig ab, doch Marialle blickte erstaunt in das warme Antlitz der Untoten. Allgemein fiel ihr jetzt auf, dass ihr das Verhältnis zwischen ihr und der Bansheekönigin, so wie es vor Unterstadt gewesen war, fehlte. Mit der erfrischenden Art und Weise wie Sylvanas mit Marialle sprach, hatte sie sich einen festen Platz im Herzen der Hohepriesterin gesichert. Jetzt da sie spürte, dass dieses natürliche Verhalten ausblieb, wurde sie sich dessen erst bewusst. Ihre Freundschaft war ihr viel Wert geworden und kurz glitt ein Lächeln über die Züge der Menschenfrau und sie wollte abwinken, doch da brannte sich die Trauer um den Tod von Therez wieder tief in ihre Gefühlswelt und darum nickte sie nur schlicht.

"Hinterher bekommt man immer zu spüren, dass der Zweck eben doch nicht alle Mittel heiligt." Überrascht drehte sie sich zu der Todesritterin, deren Stimme noch eisiger anmutete als sonst. Sylvanas beugte sich leicht vor und ihre glühenden Augen schienen die leuchtenden von Dolette zu verzehren.

"Interessant das aus eurem Munde zu hören, Lady Glutklinge.", sprach die Dunkelläuferin leichthin doch ihre Augen verrieten ihre Verachtung. Dolette zog ihrerseits ein weiteres Mal eine Augenbraue hoch.
 

Die verkümmerte Seele im Inneren der Todesritterin horchte auf. Dolette zeigte es nicht nach Außen, aber die provozierenden Worte der Bansheekönigin trieben Risse in das Dunkel, das sie hier gefangen hielt. Die Elfe bäumte sich dagegen. Hoffnung erweckte ihren Kampfgeist zu neuem Leben und sie konzentrierte sich auf den größten Riss, denn sie ausmachen konnte. Er wurde größer, oder sie kam ihm näher, das konnte Dolette nicht mit Sicherheit unterscheiden. Das Licht, das durch ihn zu ihr drang war weiß und gleißend hell und sie glaubte einen feinen roten Nebel darin zu erkennen, der sich wie ein Streifen am Firmament entlang zog. Sie steuerte weiter darauf zu, doch er schloss sich jäh. Es war als hätte sich ein Spiegel auf die stelle gelegt und die dunkle Ritterin starrte nun in ihre eigenen verzweifelten Augen, die matt golden schimmerten. Ihr Spiegelbild verzerrte sich ganz wenig und ihre Augen erstrahlten in dem unheilvolen Blau, das die Todesritterin in ihr ausmachte.

'Kannst du nicht einfach verschwinden?', verlangte das Spiegelbild zu erfahren.

'Du bist hier fehl am Platz!', erwiderte Dolette aufgebracht.

'Dein Körper, dein Diener, deine kleine Priesterin, das ist jetzt alles mein!', keifte die andere und das Gesicht verzerrte sich weiter, wurde gehässig und abstoßend. Dolette spürte wie die Dunkelheit sie wieder fester umschloss. Ein hämisches Grinsen trat auf die blutleeren Lippen des Spiegelbilds.
 

"Findet ihr, ich dürfte mir darüber kein Urteil anmaßen, meine Königin?" Sylvanas schmunzelte und Kampfeslust blitzte in ihren roten Augen auf.

"Das würde ich nicht sagen, aber vielleicht lehnt ihr euch etwas weit aus dem Fenster. Denn ich denke für euren eigenen Zweck würdet ihr jedes Mittel heiligen." Marialle war überrascht über die provozierenden Worte. Am Morgen ihres Aufbruchs wirkte es noch so, als würde die Bansheekönigin das Verhalten der Todesritterin ruhig hinnehmen wollen. Doch Dolette erwiderte das Schmunzeln.

"Ihr spielt auf einen bestimmten Zweck an, nehme ich an", antwortete die Todesritterin ruhig. Sylvanas lächelte nun vollends.

"Sicher tue ich das, Lady Glutklinge. Meint ihr nicht ein anderes Wesen besitzen zu wollen, wie einen Gegenstand, ist in diese Richtung einzuordnen?" Die dunklen Elfen schauten nun beide auf Marialle hinab, bis diese errötete. Damit hatte die Priesterin nicht gerechnet. Die Züge von Dolette verhärteten sich wieder und abschätzig ließ sie ihren Blick an der Menschenfrau rauf und runter wandern.

"Als ich sie euch angeboten habe, schient ihr eine weit weniger ablehnende Haltung diesem Umstand gegenüber zu pflegen, Mylady."

"Selbstverständlich, schaut euch eure Gefährtin an. Das bedeutet aber nicht, dass ich das Spiel von Todesrittern gutheiße. In solchen Dingen finde ich Manipulation und Unterdrückung äußerst fehl am Platze.", erklärte Sylvanas noch immer äußerst gefasst, doch Dolette bedachte ihre Gefährtin mit einem Blick der nichts Gutes zu verheißen schien.

"Fragt sie, ob sie freiwillig an meiner Seite ist." Marialle zuckte kaum merklich zusammen. Was sollte das? Sie wollte nicht lügen, doch konnte sie der Wahrheit ebenso wenig Luft machen. Warum brachte Sylvanas sie in diese Situation? Die Bansheekönigin nahm ihr die Antwort jedoch ab.

"Das ist nicht nötig, wie ihr wisst, habe ich mich eingehend mit ihr über euch unterhalten. Ein Todesritter der in der Lage ist zu lieben, faszinierte mich sofort. Allerdings muss ich gestehen, dass ich überrascht war, als ich euch dann näher kennengelernt habe. Ihr scheint euch weit weniger von jedem anderen beliebigen Todesritter zu unterscheiden, als es aus den Geschichten, den Anschein machte. Aber Marialles tiefe Liebe zu euch steht dem tapfer gegenüber. Sie wird nicht von eurer Seite weichen, das brauche ich sie nicht zu fragen." Die Hohepriesterin schluckte hart, bei der einfachen Wahrheit die die Dunkelläuferin anstandslos auf den Punkt brachte und Dolette entwich ein unterdrücktes Knurren. Die Todesritterin straffte jedoch rasch ihre Statur.

"Mylady Windläufer, Liebe ist nur ein Wort. Ich hätte euch nicht für eine Romantikerin gehalten. Ich gebe ihr was sie will und was sie braucht, dafür erwarte ich selbstredend auch eine Gegenleistung, die sie ganz offensichtlich bereit ist zu leisten. In gewisser Weise ist diese Beziehung also ein einfaches Abkommen." Die Stimme der dunklen Ritterin war wieder reserviert und kalt geworden und ein trauriger Glanz trat in Marialles Augen. Die direkten Worte stachen eins nach dem anderen direkt in ihr Herz und sie wusste nicht, ob sie dieser Unterredung noch weiter beiwohnen wollte. Die warme Hand der Bansheekönigin holte sie wie ein glühendes Eisen aus dem Feuer und sie fuhr zusammen.

"Ich will euch wirklich nicht zu nahe treten, Lady Glutklinge, aber ein heiliges Wesen wie dieses, braucht mehr als Sicherheit und einen guten Tauschhandel. Man muss sie auf Händen tragen und ihr den Himmel zu Füßen legen, aber vor allem muss man sie mit glühend heißer Liebe überschütten. Sie wird an eurer Seite verkümmern wie eine welke Blume, gescheitert an ihrer eigenen Liebe zu euch." Während Sylvanas sprach hatte sie den warmen Blick nicht von der Menschenfrau abwenden können und Marialle drohte darin zu versinken. Diese brennende Hitze die von ihr ausging, der schwere liebliche Geruch, die rauchige dunkle Stimme. Alles an Sylvanas Windläufer war plötzlich anziehend und bot Geborgenheit und Schutz.

Die eisige Kälte an der Schulter der Priesterin stemmte sich unbarmherzig dagegen, als Dolette sie mit ihrer Hand unsanft herumriss und sich vor sie schob.

"Ihr versteht sie vielleicht nicht, aber das IST meine Art zu lieben. Wenn man unbedingt von Liebe sprechen muss, dann nur von der die ich für Marialle empfinde!" Ein winziger Hauch Verzweiflung schwang in den hervorgepressten Worten mit und Marialles Herz schlug augenblicklich schneller. Was ging hier nur vor sich? Wie war es dieser Frau, dieser Banshee nur möglich dieses tiefe Gefühl der Nähe in ihr zu wecken und gleichzeitig der Todesritterin solche Worte zu entlocken. Marialle war augenblicklich wieder im Antlitz ihrer Geliebten gefangen. Diese unglaubliche Sicherheit breitete sich in ihr aus und ein einziger Gedanke bestimmte ihren Geist.

Wenn das so ist, soll es mir reichen. Die Dunkelläuferin schmunzelte nur.

"Ihr habt Recht. Sie ist da. Ich kann sie sehen. Tief in euch, mühsam unterdrückt, aber dass ihr von Liebe sprecht ist wahrlich lachhaft." Die Züge Sylvanas waren immer düsterer geworden und auch Dolettes Miene verfinsterte sich rasant.

"Wie meint ihr das, 'ihr könntet sie sehen'?", zischte die dunkle Ritterin nun bedrohlich leise. Die beiden dunklen Elfen fixierten einander und die Spannung zwischen ihnen wurde fast körperlich spürbar. Sylvanas trat in einer einzigen fließenden Bewegung auf Dolette zu und packte erst ihr und dann Marialles Handgelenk. Sie führte die beiden Hände zueinander, legte sie zusammen und umschloss sie mit ihren. Kurz blickte die Todesritterin in das erschrockene und fahl gewordene Gesicht der Priesterin und Marialle wurden die Knie weich als das Gold in ihren Augen satt aufglomm.
 

Dolette focht weiter gegen das Dunkel in sich, als sich plötzlich wieder der Riss auftat. Heller und blendender als zuvor formte er sich in fadenähnlichen Gebilden zu einer Hand, die zielstrebig auf si zu steuerte. Sie erkannte die unnachahmlichen Aura ihrer Königin und reckte sich ihr entgegen.

'Nein! Wage es nicht! Es ist alles mein! Du bist nur ein schwacher Abklatsch von dem was ich sein könnte, ohne dich!' Die Stimme kam von überall, doch Dolette erkannte die Schwäche darin. Es fehlte nicht mehr viel. Nur noch ein Stückchen.
 

"Die schicksalhafte Verbindung ist noch immer tief in euch. Man muss keine Banshee sein um das sehen zu können, aber ich sehe eure Gefühle deutlich, tief in eurem Inneren. Ich sehe die starke Unterdrückung mit der ihr eure Seele belegt habt! Sobald ihr etwas gereizt werdet, bröckelt die Mauer, die ihr um sie gebaut habt. Und ich sehe die Qualen ganz klar die sie durchleidet. Lasst sie frei, Dolette!" Marialle spürte mittlerweile wie sich Tränen glühend auf ihren geröteten Wangen Bahnen brachen und sie konnte ein Schluchzen nur noch schwer unterdrücken. Ihre Hand begann zu zittern und es übertrug sich auf Dolettes eisige und die heißen Hände der Dunkelläuferin. Die Todesritterin sah von den verschlungenen Händen wieder auf in das mittlerweile tränenüberströmte Gesicht. Die aschfahlen Züge waren schockiert, fast verängstigt, doch sie verhärteten sich jäh, als sie ihre Hand aus den anderen zog.

"Sie ist weich! Ihre Gefühlsduselei hat immer schon mich unterdrückt. Als das silberne Licht zurück auf die Priesterin ging war ich endlich in der Lage die Kontrolle zu übernehmen. Und dazu bekam ich dieses wundervolle Geschenk! Eine Heilige! Und sie lässt sich so gerne auf jede meiner Erniedrigungen ein, weil sie das kleine Elflein ja ach so liebt. Es erfüllt mich voll und ganz sie beherrschen zu können. Sie leiden lassen zu können, wann immer mir der Sinn danach steht. Es ist berauschend. Wie könnt ihr euch anmaßen zu glauben, dass ich DAS wieder aufgeben würde?" Eine Spur Wahnsinn schwang in der brüchigen, kalten Stimme mit und als Marialle genauer hinsah, bemerkte sie, dass das Gold noch immer in ihren Augen flackerte.

"Das ist nicht eure Entscheidung.", erwiderte Sylvanas knapp und alle Emotionen waren aus ihrer Miene und ihren Worten gewichen. Ihre heißen Hände umschlossen noch immer die zitternden der Hohepriesterin und obwohl die Bansheekönigin nichts mehr davon ausstrahlte, spendete ihr die Berührung Trost.
 

Mit einer Mischung aus Faszination und Schock hatte Dolette das aufschlussreiche Gespräch, während ihres inneren Kampfes, verfolgt, das das dunkle Wesen ihrer Klinge und die Herrscherin der Verlassenen miteinander führten. Hin und her gerissen betrachtete sie immer wieder ihre leidende Geliebte. Das silberne Schimmern in ihren Augen, so ungewohnt es noch immer für sie war, gab es ihr Hoffnung und Dolette bäumte sich weiter auf. Immer wieder. Das dunkle Wesen wankte und das spürte sie jetzt überdeutlich. Die Aura der Bansheekönigin war erdrückend und Dolette versuchte verzweifelt die Spur zu erreichen die sie glühend heiß in ihrem Inneren hinterließ.

"Das ist nicht eure Entscheidung", drang die dunkle schwere Stimme Sylvanas in ihr Bewusstsein.

'Nein! Es ist MEINE!', brüllte Dolette aus Leibeskräften und ergriff den roten, glühenden Schimmer, der sich in ihre Handinnenfläche einzubrennen schien. Der heiße Schmerz breitete sich in ihrem ganzen Körper aus, bevor er jäh abklang.

Die ungewohnte Bewegung ihrer sich öffnenden Lider schmerzte leicht, doch die grelle Sonne schien sich in ihre Augen zu brennen, wie zuvor die glühende Aura der Bansheekönigin. Sie ertastete den harten Holzboden auf den sie hinabgesunken war und spürte die frische Kühle der eisigen Luft Nordends. Eine sanfte Berührung an ihrer plattenbewehrten Schulter ließ sie in das verschwommene Gesicht ihrer Liebsten aufschauen. Es dauerte nur den Bruchteil eines Herzschlages, bis ihre Züge scharf wurden und Entsetzen und Sorge zeichneten sich darauf ab.

"Mari...", drang ihre eigene Stimme klar und deutlich an ihre Ohren. Die Angesprochene sank unter lautem Schluchzen auf die Knie und umschloss ihre Geliebte mit beiden Armen. Dolette spürte die tiefe und verzweifelte Sehnsucht der gebeutelten Frau und seufzend legte sie ihren Kopf leicht auf der zarten Schulter ab.

Ihr Blick wanderte über den Boden und fand die reich verzierten Lederstiefel der Dunkelläuferin. Dolette schaute an der grazilen und doch gestandenen Frau hinauf bis sie den glühenden Blick auf sich ruhen sah. Es kam ihr vor als würden ihre Blicke miteinander verschmelzen und augenblicklich breitete sich wieder die glühende Hitze in ihr aus und die Todesritterin erkannte was geschehen war. Sylvanas hatte einen Teil ihrer unvergleichlichen Aura in der dunklen Ritterin zurückgelassen und offenbar ersetzte diese, den verlorengegangenen Schutz der Priesterin. Dolette nickte der anderen Elfe dankend zu und langsam, als würde die Zeit drohen stehen zu bleiben, erwiderte die Dunkelläuferin die Geste. Kurz huschte ein siegreiches Grinsen über die dunklen Lippen, doch als sie sich zum Horizont wandte, schien es Dolette als legte sich ein trauriger Schimmer auf ihre Gesichtszüge. Das Schluchzen der Priesterin ließ die Zeit wieder normal vergehen und sie legte der heiligen Frau ihre Hände auf die Schultern, um sich leicht von ihr zu drücken. Sylvanas hatte sich mittlerweile lässig an die Reling gelehnt und Dolette betrachtete einen Augenblick zu lange das verweinte Gesicht ihrer Liebsten. Das silberne Leuchten waberte stetig in den tränengefüllten Augen, doch Verwunderung ließ die Bewegung erstarren. Unwillkürlich legte Dolette einen mitleidigen Blick auf. Marialle hatte so sehr gelitten und nun war sie es die die Todesritterin einmal mehr auffing. Ihr erkaltetes Herz schmerzte schon jetzt, wo sich die Worte die nun folgen würden in ihrem Geist formten.

"Ich bringe dich so schnell es geht nach Hause!", sprach Dolette entschlossen. Sie hatte das erwartet, doch die Worte trafen Marialle wie ein Schlag. Sie stieß sich von der dunklen Ritterin zurück und taumelte leicht, nachdem sie sich erhoben hatte.

"Nein, nein, nein! Ich kenne diesen Blick! Du wirst mich jetzt nicht im Stich lassen!", rief Marialle in die eisige Luft Nordends. Die Tage der Unterdrückung forderten offenbar ihren Tribut und so sank sie geschwächt zurück auf ihre Knie. Dolette hatte sich, so schnell es ihr möglich war, erhoben und stürzte auf die Hohepriesterin zu, doch Sylvanas kam ihr zuvor. Die Dunkelläuferin hatte der Priesterin einen Arm um die Taille gelegt und hievte sie zurück in eine stehende Position.

"Geschenke anzunehmen ist so oder so nicht grade eure Stärke, oder Lady Glutklinge?" Beschämt schaute Dolette zur Seite. Sie wusste, dass die Bansheekönigin von dem Teil ihrer Aura sprach, den sie in der Todesritterin zurückgelassen hatte. Doch das glühende Brennen, das Dolette verspürte zeigte ihr überdeutlich, dass das Wesen ihrer Runenklinge in ihr lauerte und den nächsten schwachen Moment nutzen würde, um die Kontrolle zurückzuerlangen. Sie drehte sich um. Ein weiterer Blick in das enttäuschte und traurige der Priesterin oder das vorwurfsvolle Gesicht der erhabenen Gebieterin über die Untoten, würde reichen um ihren Widerstand aufzugeben. Einfach die Menschenfrau in ihre Arme zu schließen und nie wieder loszulassen. Dolette setzte sich in Bewegung, doch die schwere, dunkle Stimme der anderen Elfe ließ sie erstarren.

"Denkt ihr nicht, ihr seid es ihr schuldig, es zumindest zu versuchen?" Ja das war sie.

Dolette drehte sich um und je eine Träne rann ihr über die Wangen. Sie zog ihr Runenschwert und sank wieder zurück auf ihre Knie. Sie betrachtete die goldenen Runen auf der Klinge und schwieg, ewig wie ihr schien. Einzig die vereinzelten Schluchzer der Priesterin durchbrachen die bedrückende Stille.

"Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie es ist ohne dich zu sein, Mari", erklärte sie schwach und wendete das Schwert gedankenverloren in ihren Händen.

"Auch wenn ich eingeschlossen war und dich leiden sah, so war ich doch unglaublich froh, dass ich noch weiter in deiner Nähe verweilen durfte, aber ich werde das hier wohl niemals loswerden, oder?" Sie deutete mit einem schwachen Nicken hinab auf ihr Schwert und die beiden anderen Frauen folgten der Geste. Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch der Wind trug sie hinüber zu Sylvanas, die Marialle noch immer stützend im Arm hielt.

Sie löste sich leicht von der Priesterin, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass diese sicher stand und schritt langsam auf die Todesritterin zu. Vor ihr angekommen, kniete sie auf einem Knie nieder und legte eine ihrer warmen Hände auf eine Schulter der dunklen Ritterin. Unter den Platten wurde es heiß.

"Wenn ihr so fühlt, dann lasst sie nie wieder los." Die knappen einfachen Worte drangen tief in das Bewusstsein von Dolette und brannten sich ein.

"Ihr habt schon so viel durchgestanden." Dolette schaute auf in das fahle Gesicht ihrer Königin und an ihr vorbei.

"Versprich mir, dass du gehst, falls ich die Kontrolle verliere!", wandte sie sich an der Untoten vorbei an ihre Geliebte. Marialle nahm eine aufrechte Haltung an und seit einer Ewigkeit strahlte sie wieder die Würde der Hohepriesterin aus, die sie war. Ein Lächeln glitt über ihre zartrosanen Lippen und Entschlossenheit spiegelte sich auf ihrem Antlitz.

"Niemals!", verkündete sie laut, woraufhin sich Sylvanas schmunzelnd erhob und Dolette eine Hand bot. Die Todesritterin konnte sich eines Schmunzelns ebenfalls nicht erwehren, als sie sich von der Dunkelläuferin aufhelfen ließ. Als ihre Hände einander wieder losließen, war es ihr als spürte sie noch immer die glühende Spur die sie in ihrem Inneren fest umklammerte. Nachdem sie ihr Runenschwert zurück in ihre Scheide gleiten gelassen hatte, betrachtete sie die Handfläche ihrer rechten Hand und war wenig verwundert eine feine rosafarbene Linie diagonal darüber laufen zu sehen.

"Dann eben niemals.", sprach sie mehr zu sich selbst als zu Sylvanas dennoch spürte sie einmal mehr den glühenden Blick auf sich ruhen und als sie ihn erwiderte umspielte ein sanftes Lächeln die blutleeren Lippen der ungleichen Untoten.

Die Dunkelläuferin entließ Dolette aus ihrem Blick und wandte sich Marialle zu, die sanft lächelnd auf ihre Liebste wartete. Die Todesritterin tat wie ihr geheißen und setzte sich endlich in Bewegung.

Ein ächzendes Geräusch ließ sie allerdings wieder zu der Bansheekönigin herumfahren.

"SUSI!!!" Plaggs Stimme klang hysterisch und für seine Verhältnisse, eilte er rasant in die Richtung aus der Dolette grade gekommen war. Grinsend beobachtete sie die Dunkelläuferin, die grade von der Sukkubus umgerempelt und nun überschwänglich bemuttert wurde.

"Oh Königin, entschuldigen. Meisterchen gesagt, Herrin Dolli wieder normal scheinen. Dann ein Windstoß und hihi..." Offenbar war die Dämonin mit ihrem Fehlgriff gar nicht so unzufrieden, denn jetzt schmiegte sie ihre Wange an die fahle der Bansheekönigin und konnte einige wohlige Seufzer nicht weiter für sich behalten. Sylvanas machte einen weit weniger erfreuten Eindruck und versuchte mit leicht angeekelter Miene das Gesicht von Susanne wegzuschieben.

"Susi, beim Dämon. Lass die Königin los. Mylady verzeiht mir!", flehte der Verlassene, als er bei seiner Königin angekommen war.

"Irgendwie weicht die Fixierung eurer Dienerin etwas zu weit von euch ab, Kinnab", entgegnete sie ihm schmunzelnd und versuchte noch immer die Dämonin von sich zu schieben.

"Susi, komm mal her. Lady Windläufer bekommt ja kaum noch Luft", befahl nun Dolette noch immer grinsend und hielt dabei die Arme auf. Das ließ sich die Sukkubus nicht zweimal sagen. Sie ließ sofort von der Bansheekönigin ab und schwang sich auf ihre langen Beine. Die Todesritterin bereute ihren Entschluss augenblicklich, als sie Susanne schnell schwebend und breit lächeln auf sich zu kommen sah. Aber ganz anders als bei der Dunkelläuferin zuvor, war die Dämonin äußerst behände in die ausgebreiteten Arme geglitten. Sie legte ihren Kopf auf die Schulter der dunklen Ritterin ab und ein leises Schluchzen entfuhr ihr. Dolette schmunzelte zu ihrem Diener hinüber, der die Szene mit großen Augen verfolgte.

"Jetzt reicht‘s aber, sonst wird mir noch übel von all dem Gekuschel", lachte die Todesritterin nun und gab der Sukkubus einen abschließenden Klaps auf den Hintern, der ihr einen Laut der Verzückung entlockte. Aufgeregt flog Susanne zurück zu ihrem Herrn und Sätze wie, "wieder die alte!", "gesehen Herrchen?" oder "besser als vorher!" verließen dabei plappernd ihren Mund. Der Untote wollte seiner Königin aufhelfen, doch das ließ die Sukkubus gar nicht zu und Sylvanas machte auch nicht den Eindruck, als wollte sie sich unbedingt erheben. Sie saß noch immer seicht lächelnd auf dem Boden und schaute von Dolette zu Marialle, die mittlerweile an sie herangetreten war. Von der Menschenfrau ließ sie sich offenbar gern in die Höhe ziehen und sie wurde in eine lange Umarmung gezogen. Die Dunkelläuferin schmunzelte, während sie die Umarmung der Priesterin erwiderte.

"Das war wohl eine bessere Entschuldigung."

"Absolut." Dolette beobachtete das verträumte Lächeln der hochgewachsenen untoten Elfe in den Armen ihrer Liebsten. Sie war kein bisschen verwundert als Sylvanas für einen Herzschlag genießend die glühenden Augen schloss und tief einatmete. Die beiden dunklen Elfen tauschten ein wissendes und gleichzeitig dankbares Nicken, während Marialle sich aus der Umarmung zurückzog und sich zu der Todesritterin umdrehte.

Dolette musste schwer schlucken, als die Priesterin ihr nun direkt in die Augen schaute. Sie sah gezeichnet aus und unerbittlich drangen die vielen Bilder in der dunklen Ritterin hoch, die sie schweigend mitansehen musste. Die Erniedrigungen und Züchtigungen hatten mehr oder weniger sichtbare Spuren hinterlassen, doch das milde Lächeln auf den zartrosanen Lippen riss sie aus ihren dunklen Gedanken.

"Bleib bei mir", bat Marialle ruhig und die heilige Anmut, die sie ausstrahlte, raubte Dolette den Atem. Ließ ihr gefrorenes Herz schneller schlagen. Sie nickte nur und spürte wie sich zwei warme Arme um ihren Hals legten. Der zwar schwache, aber in erster Linie glückliche Gesichtsausdruck ihrer Geliebten schien die Zeit langsamer laufen zu lassen. Das silberne Schimmern in den Augen der Hohepriesterin leuchtete stetig und die dunkle Ritterin zog ihre Liebste sanft näher an sich und wollte nur noch in ihrem Licht ertrinken. Dieses Gefühl steigerte sich ins Unermessliche, als sich die weichen Lippen der Priesterin sanft auf ihre legten und sich in einem liebevollen Kuss verbanden.

Ein Sturm zieht auf

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Ein Sturm zieht auf
 

"So wie es aussieht erreichen wir Tirisfal morgen Mittag, Lady Glutklinge." Dolette musterte ihren Diener ausgiebig, auch an ihm waren die Kämpfe nicht spurlos vorbeigegangen. Sein abgetrennter Arm hing nur spärlich gerichtet an seiner Schulter und immer wenn er ihren Blick auf sich ruhen spürte, setzte er ein mattes zerfallenes Lächeln auf, das überaus kraftlos wirkte.

"Wenn wir Unterstadt erreicht haben, solltet ihr euch eine Weile dort auskurieren, Kinnab", antwortete sie daher ihrem Gedankengang folgend.

"Ich denke, die Familie von Lady Lichtsprung kann sich sowieso einen besseren Gast vorstellen, als einen Verlassenen. Schließlich stammt unsere geehrte Lady Hohepriesterin aus Lordaeron", erwiderte er und gab erneut ein zerfallenes Lächeln Preis. Kurz wollte Dolette darüber nachdenken, wie man wohl auf sie reagieren würde, doch sie zwang diese Befürchtung tief in sich zurück. Einige Augenblicke später schwebte Susanne heran, die ganz offensichtlich dabei war Sylvanas Windläufer zu verfolgen, die mit bemüht gleichgültiger Miene voranschritt. Als die Sukkubus ihre erwählte Herrin entdeckte, ließ sie sich allerdings auf ihre Hufe sinken und rannte die letzten Schritte an der Bansheekönigin vorbei, auf die Todesritterin zu. Ihre zerschlissenen Flügel schwangen im selben Takt wie ihre Hüften, denen sie offenbar versuchte eine verführerische Note mitzugeben.

"Ah, Lady Glutklinge. Immer eine Freude euch über den Weg zu laufen", begrüßte sie die andere Untote überschwänglich und wollte sich davon stehlen.

"Mylady, ihr müsst sie entschuldigen. Ich weiß auch nicht was mit diesem verdrehten Geschöpf los ist. Ich habe mit Kapitän Kryoflug gesprochen. Wir erreichen Tirisfal voraussichtlich morgen, gegen Mittag", erklärte er aufgeregt und brachte die Dunkelläuferin somit zum Anhalten.

"Gute Nachrichten, Kinnab. Danke." Während Susanne die Hände der Todesritterin an ihre Wangen geführt hatte und ihr Gesicht genießend darin vergrub, hatte Sylvanas sich schon wieder abgewandt und wollte in den nächsten Gang verschwinden.

"Susi, vielleicht gehst du mit deinem Meister noch etwas an Deck und übst. Ich werde mir morgen deine Fortschritte anschauen, sprach Dolette nun auf die Dämonin ein, die glücklich, über diesen Einfall lächelte.

"Ja! Herrchen, kommen. Mit Susanne üben!", flötete sie glücklich und hakte sich bei dem Hexer ein. Er ließ sich mitziehen und winkte noch resignierend, als sie um die Ecke bogen.

"Diese Art Ablenkungsmanöver muss ich mir auch zu Eigen machen.", kam es von der anderen Seite der Gangkreuzung von der Bansheekönigin. Sie hatte sich an die hölzerne Wand gelehnt und die Arme vor ihrem Brustkorb verschränkt. Ihre Augen glühten rubinrot auf, doch ihre Züge wurden von einer gewissen Sänfte umspielt.

Allgemein war dieses Wesen mehr als ein Rätsel für Dolette. Früher hatte sie immer gedacht, sie wären sich unheimlich ähnlich. Zwei gefallene Elfen, die ohne es zu wollen einem Zweck dienen sollten, dem sie vorher noch all ihre Kräfte entgegengesetzt hatten. Jede für sich hatte einen Weg gefunden, mehr und vor allem anders sein zu können, als ihre dunkle, neue Herkunft es erdacht hatte. Und dennoch war Sylvanas Windläufer anders als sie. In jedem eleganten Schritt sah man wie gebeutelt sie war. Außerdem hatte sie sich selbst diese unheimlich schwere Bürde aufgelastet. Sie wollte das Weiter- und Überleben ihres erwählten Volkes, den Verlassenen sichern. Zumindest so lange sie sie brauchte. Die Verlassenen konnten sich nicht fortpflanzen und es war ungewiss wie schnell ihre zerfallenden Körper ihnen den Dienst versagen würden.

Jetzt allerdings, wo der Lichkönig besiegt war, konnte Dolette nicht mehr sagen, ob dies noch immer das Bestreben der dunklen Fürstin war. Sie erinnerte sich zurück an den Tag, an dem sie den Auftrag der Bansheekönigin erhielt. Sie schien nur von Rachegelüsten geleitet und ob die Verlassenen nach dem angestrebten Erlös noch eine Rolle für die Dunkelläuferin spielen würden, war ihr schleierhaft.

Sylvanas schien den forschenden Blick der Todesritterin mit Leichtigkeit Stand zu halten.

"Bewegt euch etwas, Lady Glutklinge?", fragte sie schließlich und stieß sich leicht von der Wand ab. Sie ging voran und Dolette folgte ihr zögernd, ohne zu wissen, wohin die dunkle Fürstin sie führte. Sie stockte und automatisch verlangsamte sich das Tempo der Todesritterin.

"Ich habe mich grade gefragt, wie es nun für euch, oder uns weitergehen soll." Die wahrheitsgemäßen Worte kamen abrupt und die dunkle Ritterin war überrascht, dass ihr weder etwas Besseres einfiel, noch ihre Worte besonders gewählt waren. In der Aura der Bansheekönigin zu wandeln, bewegte sie auf irgendeine Weise, wenn auch sie nicht deuten konnte auf welche. Sylvanas schmunzelte kurz, bevor ihre Züge wieder die dunkle Maske annahmen, die ihr Dasein mitbrachte.

"Ich dachte, ihr wolltet euch zu allererst um Marialles Angelegenheiten kümmern", antwortete sie ruhig, machte allerdings keinen Hehl daraus, dass sie der Frage offenbar absichtlich auswich.

"Ich bezog mich weniger auf meine Person, mehr auf uns als Volk, Mylady." Ein wenig vermochte Dolette sich dieser Aura wieder zu entziehen und so konnte sie die Frage nun doch deutlich formulieren.

"Natürlich habt ihr das. Diese Frage wird so einige beschäftigen. Die Allianz und gewiss auch weite Teile der Horde wären sicher hocherfreut, wenn ich meine Verlassenen führungslos im Stich lassen würde." Ein sehnsuchtsvoller Schimmer glitt über die verhärteten Züge der Dunkelläuferin, doch sie überspielte ihn mit einem weiteren Schmunzeln. Sylvanas wandte sich im Gehen nach links und stieß eine Türe unachtsam und grob auf. Sie schritt hindurch und warf ihren langen dunklen Umhang achtlos auf das großzügige Bett, am anderen Ende des Raumes. Auf der rechten Seite stand ein Sofa samt Tisch und sie deutete darauf.

"Setzt euch und wir sprechen darüber wie es mit unserem Volk weitergehen wird." Sie betonte das Wort 'Volk' auf merkwürdige Weise, was Dolette aufhorchen ließ. Für diesen Moment fühlte sie sich in ihren Vermutungen bestätigt.

Die Dunkelläuferin verschloss geräuschvoll die Türe und wandte sich dem Tisch zu auf dem eine einfache große Kanne stand aus der weißer Dampf stieg.

"Tee? Wie geht es eigentlich Marialle?", fragte sie nun.

"Danke." Die Angesprochene schob ihr die Tasse, die ihr am nächsten stand, etwas entgegen.

"Sie schläft. Schon ewig wie mir scheint. Als hätte sie noch nie richtig geschlafen." Ein verklärter Blick legte sich auf die Züge der dunklen Ritterin und sie dachte kurz an den Moment zurück, als sie ihre gemeinsame Kajüte verlassen hatte. Sich aus der zärtlichen Umklammerung ihrer Hand zu schleichen fiel der, mit der Dunkelheit vertrauten Elfe, in dem spärlich beleuchteten Raum nicht schwer. Doch als sie sich im Türrahmen noch einmal umdrehte und die schlafende Schönheit betrachtete, konnte sie sich von dem Anblick kaum losreißen.

Sie musste denselben Ausdruck haben, denn Sylvanas musste sich schmunzelnd räuspern, um sie wieder ins Hier und Jetzt zurückzuholen.

"Und euch?", fragte die Bansheekönigin ruhig. Dolette brauchte einen Augenblick. Sie hatte noch nicht bewusst darüber nachgedacht, was nun in ihr vorging.

"Es ist alles so anders..." Sie unterbrach sich. Es war nicht in Worte zu fassen. Der Einfluss des Lichkönigs war verschwunden, doch die wispernde Stimme blieb. Drängte sie hier und da, aber sie war schwach. Der rote Schimmer umgab sie wie ein Feld.

"Wie habt ihr das gemacht?", stieß sie dann hervor, als ihre Gedanken zu der Dunkelläuferin schwenkten.

"Was?", fragte Sylvanas irritiert.

"Ich verdanke es euch, dass ich ausbrechen konnte", erklärte sie ihre Frage. Sylvanas überlegte. Lange. Zu lange für den Geschmack der dunklen Ritterin.

"Irgendwas von euch ist in mir und verschließt das Wesen der Runenklinge." Die Bansheekönigin schaute kurz in die leuchtenden blauen Augen und ihre schienen für diesen Moment aufzublitzen.

"Ich würde euch gern eingehend erklären, wie das möglich ist, Lady Glutklinge, aber ich bin mir selbst nicht über das Ausmaß meiner Fähigkeiten als Banshee bewusst. Ich schlage vor ihr nehmt es als gegeben hin." Da blieb ihr wohl auch nichts anderes übrig, also beließ Dolette es dabei. Sie nickte nur sachte und überließ es der dunklen Fürstin weiter zu sprechen. Aber sie ließ wieder einige Zeit verstreichen. Es glitt dieser wehmütige und sehnsuchtsvolle Ausdruck über die fahlen Gesichtszüge der Banshee. Da ergriff die Todesritterin doch das Wort.

"Ich war eben etwas verwundert, dass ihr die Verlassenen als euer Volk bezeichnet. Sicher ihr führt sie an, aber ich hätte gedacht ihr seht euch selbst nicht als eine von ihnen." Es sprudelte einfach aus ihr heraus und innerlich verfluchte Dolette sich schon für ihre Worte. Die ehemalige Waldläufergeneralin schmunzelte allerdings nur, bevor sie begann zu sprechen.

"Das verstehe ich gut. Bis noch vor einigen Tagen hättet ihr damit auch Recht behalten."

"Was hat sich geändert?" Wieder ließ eine Antwort auf sich warten und sie schien wehmütig ihren Gedanken hinterherzuhängen.

"Ich war hoch oben auf dem Frostthron, doch der Lichkönig lag schon in der schwarzen Blutlache, in der ihr ihn zurückgelassen habt. Tot. Der Sinn meines Lebens war aufgebraucht. Ich hatte es einfach verpasst." Eine weitere Pause. Dolette beobachtete die dunkle Fürstin eingehend. Ruhig saß sie auf dem Stuhl ihr gegenüber, schaute auf einen leeren Punkt an der Wand. Ihre graublonden Haare fielen in unsteten Wellen, kraftlos auf ihre Schultern. Dennoch war ihre Haltung äußerst elegant und sie mutete erhaben und schön an. Die Todesritterin wagte nicht zu sprechen und ließ ihr Zeit, ihre Ausführung wieder aufzunehmen.

"Die Verlassenen waren für mich nie mehr als Schachfiguren. Pfeile in meinem Köcher. Nur dazu gut meinem Ziel näherzukommen, den Lichkönig zu Fall zu bringen, aber jetzt ist es anders." Ihr Blick verließ den fixierten Punkt und sie schaute auf ihre, zu Fäusten geballten Hände, die auf ihrem Schoß ruhten. Sie öffnete sie und betrachtete sie eingehend. Plötzlich erschienen acht geisterhafte Frauen im Raum, deren Körper nur schemenhaft zu erkennen waren. Ihre helle Erscheinung beleuchte den dunklen Raum, der auf einmal viel dunkler geworden schien und Eiseskälte breitete sich darin aus. Dolettes Augen weiteten sich. Es waren Kriegerinnen. Es waren Val'kyr. Die Kriegsmaiden des Lichkönigs. Ergeben versammelten sie sich hinter Sylvanas.

"Offensichtlich", stieß die dunkle Ritterin gepresst hervor.

"Ich fiel. Nein ich sprang. Hinab vom Frostthron. Hinab auf den aufgebrochenen Boden aus Saronitgestein. In der Hoffnung, dass ich dort unten das ersehnte Ende finden könnte. Sie ließen mich nicht." Sylvanas schaute sich um. Blickte einzeln in die ausdruckslosen Gesichter der Kriegsmaiden, die ehrfürchtig und schuldbewusst den Blick vor ihr neigten. Sie sagten nichts.

"Sie hielten mich in der Zwischenwelt und zeigten mir was geschehen kann. Was geschehen wird, wenn ich mein Volk und unsere Welt im Stich lasse. Und so boten sie mir einen Pakt, um ihre und auch meine Freiheit zu erlangen. Nun sind sie nicht mehr an den Lichkönig gebunden, sondern an mich." Die Bansheekönigin schaute nun direkt in die geweiteten blauen Augen ihres Gegenübers und entließ die Val'kyr mit einer Handbewegung. Eine nach der anderen verschwand mit einem Flügelschlag ihrer leuchtenden Schwingen. Dolette hielt dem forschenden Blick der Dunkelläuferin stand und ließ das gesagte auf sich wirken. Sie wusste welchem Zweck die Kriegsmaiden unter dem Lichkönig dienten. Und sie sah die Möglichkeiten, die sich dadurch für die Herrscherin der Verlassenen und ihr Volk auftaten. Die Val'kyr waren in der Lage Verstorbene zu ihrem untoten Leben zu erwecken. So war es der Geißel möglich gewesen ihre mächtige Armee zu formen. Und so könnte es nun Sylvanas sein, die ihrem Volk zu Wachstum verhilft.

"Also sind die Maiden nun an euch gebunden, wie vorher an den Lichkönig? Und ihr könnt über ihre Macht verfügen?" Die Bansheekönigin erhob sich elegant zu ihrer vollen beeindruckenden Größe. Ihre roten Augen glommen grell auf. Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich.

"Ich gebiete nun über Leben und Tod", sagte sie gefährlich leise und drehte sich weg.

"Ungeahnte Möglichkeiten, Mylady. Aber auch eine große Bürde." Sylvanas nickte kaum merklich und noch immer abgewandt. Wieder meinte Dolette Sehnsucht in der Aura der dunklen Fürstin zu spüren und tatsächlich stützte sie sich gereizt mit der Faust an der Wand ab, an die sie heran getreten war.

"Zu meinen Lebzeiten war ich die Beste meiner Zunft. Schon früh stieg ich zur Generalin der Waldläufer Silbermonds auf. Ich war schön und vor allem war ich eitel. Mein Dasein als Banshee ließ mich nichts anderes als Qualen und Hass empfinden, bis der Einfluss des Lichkönigs nachließ. Von seinem Einfluss befreit, dachte ich nur noch an Rache. Für diese Rache war ich bereit alles zu opfern." Die Dunkelläuferin schmunzelte bitter.

"Und nun seht was aus mir geworden ist. Noch immer nicht tot, dafür fähig zur Nekromantie. Das Leben noch mehr verlängert, durch einen Pakt mit den ersten Dienerinnen des Lichkönigs höchst selbst. Und immer noch. Immer noch sehne ich mich nach dem Tod", schloss sie ihre Ausführungen mit düsterer Miene ab. Dolette erschrak leicht, bei dem Einblick den die Herrscherin der Verlassenen ihr in ihr Innerstes gewehrte.

"Euer Schicksal ist dem meinen sehr ähnlich, sagt mir wie soll ich einem solchen Leben einen Sinn abgewinnen, Lady Glutklinge?" Sylvanas schaute bei der Frage wieder auf und der forschende Blick ihrer glühendroten Augen drohte Dolette zu verzehren. Für die dunkle Ritterin war es mittlerweile klar und einfach geworden. Marialle war ihr Sinn, im Leben wie im Tode und kurz schweiften ihre Gedanken zu den winzigen Windungen im Antlitz ihrer Königin, die sie manchmal nicht zurückhalten konnte, wenn sie in der Nähe der Hohepriesterin war. Sie verlor sich kurz in dem alles verzehrendem Rot, bevor sie sich zur Ordnung rief und das unheilvolle und gebieterische Blau in ihren eigenen Augen sich dem glühenden entgegensetzte. Die Banshee nickte anerkennend und gehorchte. Sie nahm wieder auf dem Stuhl Platz.

Dolette ließ einige Zeit verstreichen, bevor sie der Meinung war, die Antwort gefunden zu haben, die sie geben wollte.

"Die Verlassenen sind ein zusammengewürfelter Haufen Leichenüberreste, da sind wir uns einig. Aber sie sind euer Volk. Sie haben auch ihre Geschichten und gemeinsam mit ihnen werden wir neue schreiben. Ihr habt euch entschieden und müsst nun damit leben, den Sinn werdet ihr in ihren fahlen Gesichtern, den grauen Augen, den verschlissenen Kleider und den abgewetzten Waffen finden. Es gibt viel zu tun für die Herrscherin von Unterstadt. Wenn ihr die Aufgabe gänzlich annehmt, werdet ihr euren Sinn finden, meine dunkle Fürstin", sagte die Todesritterin äußerst ruhig und in jedes Wort ließ sie ihre Überzeugung fließen, dass es genauso passieren würde. Zum Ende neigte sie ehrfürchtig ihr Haupt und zum ersten Mal schien Sylvanas Windläufer ihren Titel zu akzeptieren. Dolette spürte die gegensätzliche Hitze von Sylvanas Hand durch ihre eisige Schulterplatte strömen und wieder trafen sich der rote und blaue Blick. Diesmal einvernehmlich und dankbar, wie ergeben und zugehörig.

In stillem Einvernehmen erhoben sich die beiden untoten Elfen, warfen ihre Umhänge über und schritten schweigend durch die hölzernen Gänge des Zeppelins, bis sie durch die große Doppeltüre am Ende des letzten Ganges hinaus auf das Deck traten. Eine milde, salzige Brise umspielte sanft die Wellen in den unterschiedlichen Blondtönen der beiden Frauen. Um den Zeppelin türmten sich riesige graue Wolken aneinander und erschwerten die Sich nach vorne und hinauf zu den Sternen. Die Bansheekönigin schloss ihre Augen und schien auf merkwürdige Weise friedlich und geerdet. Offenbar hatten die Worte der dunklen Ritterin sie wirklich erreicht. Dolette betrachtete die dunkle Schönheit eine ganze Weile eingehend und bemerkte dabei nicht, wie eine gedrungene Gestalt leise an ihre Seite getreten war.

"Herrin, ich komme grade von der Brücke. Wir steuern direkt auf ein gewaltiges Unwetter zu. Vielleicht solltet ihr lieber wieder unter Deck gehen." Dolette fuhr zusammen und riss ihren Blick von der dunklen Fürstin los. Das zerschlissene, unterkieferlose Gesicht des Hexers sprach Bände. Sorge, wenn nicht sogar Panik lag in den sonst so ausdruckslosen grauen Augen. Seine Dämonin kam Augenblicke später an seine Seite und strahlte die Todesritterin an.

"Die Herrin und die Königin, Susannes Übung zugucken? Fein, fein!", flötete sie leicht hin und wahrte einen gebührenden Abstand zu Dolette. Noch bevor die Todesritterin etwas erwidern konnte erhellte ein gewaltiger Blitz die Szenerie und beschien die untoten Gestalten auf magisch anmutende, aber auch bedrohliche Weise. Wenige Herzschläge vergingen und ein donnerndes Dröhnen durchbrach die Stille der Nacht. Endlich regte sich die Herrscherin der Verlassenen und trat an die kleine Gruppe. Ihre roten glühenden Augen huschten wach über die Weiten an Wolken, in denen es immer wieder aufleuchtete.

"Wir sind schon mitten drin", presste die Dunkelläuferin zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ein weiterer Blitz, aus einer ganz anderen Richtung erhellte die fahlen Züge der Bansheekönigin, die immer mehr besorgt aussah. Nur drei Herzschläge vergingen und ein weiterer ohrenbetäubender Donner erschütterte die Nacht.

"Kinnab, gebt Pestrufer Marris Bescheid und warnt unsere Männer. Ich gehe zum Kapitän und werde ihm sagen, dass er umgehend den Sinkflug einleiten muss. Vielleicht sollten wir sogar notlanden. Ihr kümmert euch um Marialle?", befahl Sylvanas und wandte sich mit ihrer Frage an Dolette. Diese nickte nur entschlossen und setzte sich zusammen mit Plagg und Susanne in Bewegung zurück in die verworrenen Gänge der Wolkenkuss. Bevor sie durch die große Flügeltüre trat, drehte sie sich noch einmal um und schaute ihrer Königin nach die sich nun entschlossen durch den einsetzenden Regen und das laute Getöse des stärker werdenden Sturms schob.

Plagg rannte Richtung Bug, in den Gang der ihnen am nächsten war. Die Todesritterin warf ihrem Diener noch einen Blick zu, den er nickend erwiderte, bevor sie sich zu den groben Stufen wandte, die auf der anderen Seite des Ganges waren. Ein weiteres Donnern dröhnte durch die Holzkonstruktion der Wolkenkuss und Dolette zog ihr Tempo weiter an. Ihre langen Beine trugen sie geschwind über die vielen Treppen und durch die unübersichtlichen Gänge. Auf ihrem Weg berichtete sie jedem Verlassenen was um den Zeppelin in den Wolken tobte und dass man sich auf eine Bruchlandung gefasst machen müsse. Bis sie endlich die Tür zu ihrer Kabine erreichte. Unwirsch stieß die dunkle Elfe die klappernde Türe auf und stürzte an das Bett in dem ihre Liebste noch immer lag.

"Mari!"
 

Das Donnern war ohrenbetäubend und riss sie unsanft aus ihren Träumen. Jemand riss die Türe zu ihrer Kajüte auf und kam schnellen Schrittes an ihr Bett geeilt. Die gebieterische Stimme ihrer geliebten dunklen Elfe drang durch das Dröhnen an ihre Ohren. Für den Bruchteil eines Herzschlages befürchtete Marialle, dass sich das Wesen der Todesritterin wieder gewandelt hatte, doch als sie kurz ihre Augen öffnete, sah sie in sorgenvolle, leuchtend blaue Augen. Dolette legte eine kalte Hand sanft auf die Wange der Priesterin und augenblicklich trat der warme Goldton in das leuchtende Blau, die Sorge aber blieb. "Guten Mor..." Die dunkle Ritterin ließ sie nicht weiter sprechen.

"Keine Zeit für Erklärungen. Wir sind mitten in einem gewaltigen Sturm. Sylvanas gibt grade Befehl, dass wir notlanden, wenn nötig." Augenblicklich schalteten sich die Sinne der Hohepriesterin ein und sie nahm das Grollen ganz deutlich wahr, das die Holzplanken erschütterte, welche die Wolkenkuss zusammenhielten. In den Pausen war das beständige Aufschlagen der Regentropfen zu vernehmen die hart gegen die Außenwände des Luftschiffes prassten. Sie konzentrierte sich und konnte spüren wie gewaltig das Unwetter war, das um sie herum tobte.

"Es ist riesig und wir sind mitten drin", stieß sie hervor. Dolette schluckte hart und nickte kaum merklich.

"Komm!", befahl die Todesritterin und zog ihre Liebste mit sanfter Gewalt aus den Kissen.

"Zur Brücke." Marialle nickte nur und warf sich ihren langen, hellen Mantel über.

Kaum aus der Türe der Kabine getreten, geriet der Zeppelin stark ins Wanken und brauchte einige Momente bevor er sich wieder stabilisiert hatte. Dolette ergriff die Hand ihrer Liebsten und zog sie rasch zurück durch die verworrenen Gänge. Sie stürzten die Treppen hinauf und konnten einen Blick durch die immer wieder auffliegende Doppeltür erhaschen. Der Himmel draußen wurde in immer schnelleren Abständen von Blitzen erhellt und das darauf folgende Donnern ließ die Wolkenkuss von Mal zu Mal stärker erzittern. In Böen peitschte der Wind den Regen übers Deck. Niemand war zu sehen. Die Elfe zog sie weiter, an der Tür vorbei. Durch einen langen Gang auf die andere Seite des Schiffes.

"Das ist doch kein normales Unwetter", sprach Marialle erschrocken nach einem weiteren ohrenbetäubenden Donner.

"Ich weiß es nicht", antwortete die Todesritterin auf ihre schlichte Art. Sie erreichten die Brücke, auf der alles in heller Aufregung war. Verlassene liefen hin und her, rein und raus. Der Kapitän, ein Verlassener in dunkelroter Uniform mit dreieckigem Hut und riesigem Säbel am Hüftgürtel, brüllte Befehle. Instrumente wurden kontrolliert und Hebel und Schalter eilig umgelegt. Einzig die Bansheekönigin stand vor der großen Glasfront und schaute hinaus in das wilde Treiben. Der Anblick war angsteinflößend und die Priesterin spürte wie Panik in ihr hochkroch. Die kühle Hand die noch immer ihre hielt, riss sie aus ihrer Starre und sie ließ sich an die Seite der Dunkelläuferin ziehen.

Sie schaute sich nicht um, dennoch sprach sie die beiden Neuankömmlinge direkt an.

"Schön euch wohlauf zu sehen, Marialle. Ihr beide habt nicht zufällig einen Plan auf dem Weg hierher ausgearbeitet?" Die schwere Stimme der dunklen Waldläuferin klang kalt und kraftlos, wenn auch ein Funken Hoffnung in ihr mit schwang, eine positive Antwort auf ihre Frage zu bekommen.

"Nein, Mylady. Dieses Unwetter ist gewaltig. So etwas habe ich noch nie gesehen", erklärte Dolette. Sylvanas nickte nur abwesend und drehte sich um.

"Begleitet mich, vielleicht können wir drei etwas ausrichten, was sonst niemand kann", befahl sie und die beiden anderen Frauen tauschten einen raschen Blick, bevor sie sich ebenfalls umdrehten. Sie gingen eiligen Schrittes an dem wilden Gewusel aus Verlassenen vorbei.

"Haltet euch bereit, Kapitän Kryoflug!", rief die ehemalige Waldläufergeneralin noch während sie den großen Raum verließen. Zielstrebig eilten sie zurück durch den großen Gang hinaus an Deck. Der Wind wirbelte die dunkle Robe der Priesterin wild auf und ihre Haare, augenblicklich durchnässt, peitschten in ihr Gesicht. Dolette und Sylvanas erging es mit ihren Umhängen und langen blonden Haaren nicht besser. Das Dröhnen der Donner erschütterte die Holzkonstruktion und das Schiff ächzte unter der Last des Windes.

An der Reling blickte Sylvanas an dem riesigen Ballon vorbei unbeweglich gen Himmel. Marialle folgte ihrem Blick und was sie sah, ließ sie erstarren. Hoch oben, über der Wolkenkuss war ein runder schwarzer Kreis zu erblicken, in dem hier und da ein Stern funkelte. Um den Punkt herum kreisten die tobenden Wolken. Eine plötzliche Handbewegung von der Dunkelläuferin riss die Hohepriesterin von dem Anblick los und sie starrte in die Richtung in die die graue Hand deutete. Ein greller, purpurfarbener Blitz wehrte grade einen anderen ab. Darauf folgte ein lautes Krachen.

"Wir müssen die Blitze abwehren sonst steht der Zeppelin schneller in Flammen, als wir Dämon sagen können. Meint ihr, ihr könnt das noch? So einen Schild aufbauen, wie damals über dem Steinkrallengebirge?", fragte die Banshee hoffnungsvoll. Marialle war kurz verwirrt. Die Einnerung an den Ritt auf den Greifen, zusammen mit Jaina und den anderen, hinauf zur Höhle des Wehklagens wurde jäh verdrängt. Sylvanas hatte sich verändert und das irritierte sie. Hatte sie es geblendet von ihrer eigenen Qual vorher nicht bemerkt? Sie rief sich zur Ordnung und schaute in die fragenden und forschenden Augen ihrer Liebsten. Entschlossen nickte sie und die Miene der Todesritterin hellte sich leicht auf.

"Das werden wir jetzt sehen, meine Königin.", kam es entschlossen aus den blutleeren Lippen, die sich angriffslustig zu einem kleinen Grinsen verzogen. Sie hatte die Priesterin nicht aus ihrem goldenen Blick entlassen, während sie sprach und Marialle meinte das Licht in ihren Augen kurz aufflackern zu sehen. Ihr blondes Haar fügte sich in das Bild ein und Marialle rief sich ihr Gefühl von damals ins Bewusstsein. Sie wollte beschützen. Sie brauchten einen Schild, einen riesigen Schild. Vor ihrem geistigen Auge formte die Priesterin den goldenen Schild der sie und die ihren schon so oft schützte. Er breitete sich aus. Um ihre Geliebte um die dunkle Fürstin. Umschloss das knarrende Holz, den riesigen Ballon. Ein Blitz schlug ein. Marialle spürte die Belastung augenblicklich. Der eisige Griff um ihre Hand wurde stärker. Sie sah auf in die schimmernden Augen, aus denen nun sanfte goldene Rauchschwaden aufstiegen, die sich im hellen Blond der Haare Dolettes verloren. Der entschlossene Blick ihrer Liebsten gab ihr Kraft und sie spürte die Energie durch sich fließen. Ein stumpfes Geräusch ließ Marialle aufschauen. Sylvanas war auf ein Knie gesunken, doch warf sie noch immer einen ihrer purpurfarbenen Blitze denen die aus den Wolken schossen entgegen. Sie erwiderte den erschrockenen Blick der Priesterin matt und lächelte leicht.

"Wirklich beeindruckend, dieses Licht." Das war zu erwarten. Das heilige Licht, das zumindest von Marialle ausging war pures Gift für die ganzen Untoten an Bord der Wolkenkuss. Womöglich erging es den Verlassenen unter Deck keinen Deut besser. Zumindest Dolette schien davon unberührt. Der Zeppelin neigte seinen Bug bedrohlich gen Boden und nahm an Geschwindigkeit zu. Marialle war sich nicht sicher ob dies noch vom Kapitän ausging. Um sie herum wurden die Wolken immer schneller und schienen einen Strudel zu bilden. Nein einen Tornado. Die Hohepriesterin sandte ein Stoßgebet zum Licht. Der Wind sauste in ihren Ohren und peitschte in ihr vor Anstrengung verzerrtes Gesicht. Wie in Zeitlupe sank Sylvanas nun gänzlich auf die Holzplanken und augenblicklich spürte sie die zunehmende Belastung, der auf den goldenen Schild einschlagenden Blitze. Sie verstärkte den Druck auf die kühle Hand ihrer Liebsten und biss die Zähne zusammen. Das würde nicht mehr lange gut gehen.

Nachts sind alle Wölfe gleich

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Nachts sind alle Wölfe gleich
 

Der Anblick der heiligen Menschenfrau an ihrer Seite, die in einem sanften, kaum merklichen Silber schien, raubte Dolette den Atem. Das Gesicht schmerzverzerrt. Die rechte Hand hoch erhoben. Der Blick noch immer entschlossen, auf das brachiale Getöse um sie herum gerichtet und doch schaute sie durch den Sturm hindurch. Offenbar tief versunken in ihrer Konzentration, den übermächtigen Schild aufrechtzuerhalten, der die Wolkenkuss bis jetzt vor jedem Blitzschlag schützte und den diagonalen Sinkflug leicht auszubremsen vermochte. Die dunkle Elfe verstärkte den Griff um das zarte Handgelenk der Hohepriesterin ein weiteres Mal um ihr zu signalisieren, dass sie nicht allein war. Als wäre das nötig gewesen. Verbunden durch die Berührung, waren die Lichter vereint und Dolette spendete ihrer Liebsten alles an Kraft und musste sich nicht fragen, ob sie dies bemerkte. Dennoch erwiderte Marialle den Druck auf die Hand. Die Todesritterin sah sich kurz um. Sylvanas Windläufer lag ohnmächtig an Deck, nur wenige Körperlängen von ihnen entfernt. Das heilige Licht war ganz augenscheinlich pures Gift für sie und die dunkle Ritterin fragte sich wie es ihrem Volk unter Deck wohl damit erging. Sie wischte die Gedanken eilig wieder fort, als sie spürte wie ihre Gefährtin neben ihr unter der Anstrengung in die Knie sank.

"Mari!", stieß Dolette atemlos hervor und fühlte ganz plötzlich die große Belastung am eigenen Körper, die von dem mächtigen Zauber der Priesterin ausging.

"Ich kann nicht mehr lange, Dole!", rief die Menschenfrau durch den Lärm des prassenden Regens und des markerschütternden Donners. Die Todesritterin wagte einen Blick über die Reling an der sie sich und die Priesterin festhielten. Um sie herum wirbelten die Wolken in einer beständigen Kreisbewegung und dann auf einmal ein Baum. Ein riesiger Baum, samt Wurzeln aus seinem Leben gerissen, krachte donnernd gegen den gleißenden goldenen Schild, der den Zeppelin umgab. Sie riss ihren Blick nach unten und sah den Schlund des Wirbelsturms, in dem diverse Hölzer, weitere Bäume und teilweise sogar Tiere wild in den Sog gezogen wurden. Der Boden war nicht mehr fern.

"Halte aus! Wir sind schon fast am Boden!", brüllte die Elfe durch das laute Getöse, doch in dem Moment erschlaffte die Hand ihrer Geliebten und die Lider, über den sanft schimmernden silbernen Augen, schlossen sich. Dolette riss den leblosen Körper an sich und stürzte zu ihrer Königin, mit letzter Kraft umschloss sie sich und die beiden bewusstlosen Frauen mit einer lilafarbenen Kuppel. Mit der freien Hand ergriff sie den Oberarm der ohnmächtigen Bansheekönigin und beugte ihren Körper schützend über ihre Liebste. Ein letzter Blitzschlag, gefolgt von ohrenbetäubendem Donner. Die Holzkonstruktion um sie herum krachte und ächzte, als die Wolkenkuss Bäume mit sich riss und zu Fall brachte. Holzplanken zerbarsten und flogen in alle Richtungen. Prallten an dem lila schimmernden Schild ab. Ein markerschütterndes lautes Krachen zeugte von dem dumpfen Aufschlag des Zeppelins auf die Erde. Er schlitterte noch etwas auf dem matschigen, aufgeweichten Boden. Das Holz unter ihr wand sich unter der Last und kam knarrend zum Stillstand. Der riesige Ballon über ihnen sank von Bäumen aufgespießt kraftlos in sich zusammen und bedeckte die drei Frauen und das gesamte Deck. Die Elfe brach über dem bewusstlosen Körper ihrer Liebsten, jeglicher Kraft beraubt zusammen und vernahm nur noch das Donnern des Sturms, wie aus weiter Ferne. Er zog weiter oder löste sich auf. Es war ihr gleich. Sehnsüchtig sank sie in die erholsame Ohnmacht.
 

Sie musste träumen, dachte sich die Hohepriesterin, als sie vereinzelt das Zwitschern von Vögeln vernahm. Niemals konnten sie diese Bruchlandung überlebt haben. Doch als sie ihre schweren Lider langsam erhob, blendete sie das grelle Licht der, durch die Nadelbäume hereinfallenden Sonnenstrahlen, schmerzhaft. Das Atmen fiel ihr schwer, etwas schnürte ihr die Luft zu, oder lag auf ihr. Und als sie es schaffte an sich hinabzusehen stieg Erleichterung in ihr hoch. Die Todesritterin lag bäuchlings auf ihr. Marialle schaute an ihrer Liebsten entlang und sah an ihrer Seite die ebenfalls bewusstlose Herrscherin der Verlassenen. Ihr Oberarm war noch fest von der fahlen Hand der dunklen Ritterin umschlossen und lächelnd registrierte die Priesterin wie sich erst der graublonde Schopf der Dunkelläuferin und dann der hellblonde von Dolette regte. Sofort ließ die dunkle Ritterin den Arm der Bansheekönigin los und riss ihren Kopf hoch um in die silbernen Augen ihrer Geliebten zu starren. Unglaube wurde in den goldenen von Erleichterung abgelöst und grob zog sie die Hohepriesterin in eine feste Umarmung.

"Beim Licht, wir haben es geschafft", stieß sie atemlos hervor. Marialle erwiderte die Umarmung und betrachtete abwesend die Dunkelläuferin, die sich langsam in eine sitzende Position schob. Sylvanas erwiderte den Blick kurz und das glühende Rot ihrer Augen schien milde und kraftlos. Ein Lächeln huschte als Antwort auf Marialles fragenden Blick über ihre blutleeren Lippen. Aufmerksam geworden löste Dolette sich aus der Umarmung und wandte sich ihrer Königin zu.

"Seid ihr wohlauf, Mylady?", fragte sie schlicht. Sylvanas antwortete nicht gleich, sie zog es vor sich zuerst zu erheben, um dann prüfend an ihrem hochgewachsenen Körper hinabzusehen.

"Noch alles dran. Wir sollten nachsehen, ob alle anderen auch so viel Glück hatten", ließ Sylvanas sich nun vernehmen. Marialle und Dolette nickten nur und die Priesterin ließ sich von den kühlen Händen ihrer dunklen Elfe in die Höhe ziehen. Sie fühlte sich schwach und kraftlos, doch als sie ein weiteres Mal hinauf, durch die Baumkronen zum strahlend blauen Himmel sah, sickerte die Erkenntnis, dass sie noch am Leben waren, erst vollends in ihr Bewusstsein.

Langsam schoben sich die drei Frauen durch die hölzernen Trümmerteile der Wolkenkuss. Marialle schaute an der Reling die vielen Körperlängen hinab zum Boden auf dem Teile des Ballons lagen. Andere hingen zerfetzt im Geäst der Bäume.

Sie erreichten die zusammengestürzte Flügeltüre die in das Innere des Luftschiffs führen sollte, doch dort war kein Durchkommen.

"Lasst uns schauen, dass wir durch die Planken in das Innere gelangen", überlegte Dolette laut. Die anderen beiden antworteten nicht. Schweigend schritten sie das Deck ab, das hier und da aufgebrochen war, bis sie sich an den Bug vorgearbeitet hatten. Auch hier waren die Holzpanelen gebrochen und gaben den Blick auf die Brücke frei. Überall lagen Verlassene auf dem Boden, teilweise bedeckt von Holzbrettern. Langsam und behände kletterten die Frauen hinab und stemmten das Holz zur Seite. Einige Verlassene waren leblos unter den hervor gehievten Brettern liegen geblieben, anderen packten direkt mit an.

Etwas Lilianes zog Marialles Aufmerksamkeit auf sich und ihrer Ahnung folgend, schritt sie zu der ledrig wirkenden Haut.

"Dole! Hilf mir, ich glaube ich habe Susi gefunden!", rief sie der Todesritterin zu, die sofort gehorchte und an die Seite ihrer Liebsten eilte. Gemeinsam hoben sie einige gebrochene Planken von dem reglosen Körper und schon begannen die ledrigen Schwingen der Sukkubus zu zucken. Sie schlugen auf und gaben den Blick auf Plagg frei der zusammengekauert auf dem Körper seiner Dienerin lag.

"Susanne auf Herrchen aufgepasst", flüsterte die Dämonin kraftlos, lächelte aber die beiden Frauen glücklich an. Dolette hob den Hexer von ihr und legte ihn einige Körperlängen weiter auf eine stabil wirkende Stelle.

"Das hast du gut gemacht, Susi", sprach Marialle ruhig und reichte der Sukkubus eine Hand. Krachend fielen auch die letzten Trümmer von ihr und nachdem sie im Stand angekommen war umschloss Susanne die Priesterin unwirsch mit ihren langen Armen.

"Schon gut Susi, es ist vorbei.", versuchte Marialle die Dämonin zu beruhigen, die augenblicklich in herzzerreißendes Schluchzen ausbrach.

"Susanne noch nie so einen riesigen Sturm gesehen. Nicht mal im Nether! Das nicht normal!", wimmerte Susanne und ließ sich nach einigem Tätscheln, von Marialle aus der Umarmung schieben. Die Priesterin wechselte einen Blick mit der dunklen Ritterin und auch Sylvanas schien die Ohren bei diesen Worten gespitzt zu haben. Sie sagten nichts, doch Einvernehmen lag in den unterschiedlichen Augen der drei Frauen. Dieser Sturm war alles andere als normal gewesen.
 

Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit bis sie es geschafft hatten, die Wolkenkuss so gut es ging zu durchsuchen. Ein Teil der Besatzung und viele der Truppe von Sylvanas hatten die Bruchlandung aber tatsächlich überstanden. Aus Trümmerteilen und Einrichtungsgegenständen der Kajüten hatte man ein provisorisches Lager zusammengezimmert und versammelt standen die Verlassenen an einem riesigen Feuer. Schweigend gedachte man den Untoten, die ihr Ende gefunden hatten. Die Sonne war bereits unter gegangen und die drei Frauen saßen noch immer zusammen mit Plagg, seiner Sukkubus und Nathanos Marris um ein kleineres Feuer, als würde die Tatsache ihres Überlebens sofort zerfallen, würde man ihre Gemeinschaft auflösen. Es war Plagg der die Stille durchbrach.

"Wissen wir eigentlich, wo ungefähr wir uns befinden?" Er war wohl noch immer angeschlagen und ausgelaugt, jedenfalls fiel es Dolette noch um einiges schwerer als sowieso schon, den kieferlosen Untoten zu verstehen. Die Miene der Bansheekönigin verfinsterte sich und die dunkle Ritterin konnte sich denken warum.

"Wir sind tief im Silberwald. Ich kann mir gar nicht vorstellen welche Geschwindigkeit die Wolkenkuss durch den Sturm gehabt haben muss, dass wir so weit vom Kurs abgekommen sind", erklärte sie ruhig, doch ihr Ausdruck sprach Bände.

"Ein abgestürzter Zeppelin und unsere große Anzahl, macht uns mehr als auffällig, meine Königin", gab die Todesritterin zu bedenken. Marialle sah auf und musterte die beiden untoten Frauen.

"Wegen der Gilneer?"

In all den Jahren seit Marialle und Dolette sich zum ersten Mal trafen, war es ruhig geworden um das mächtige Königreich Gilneas. Als Arthas sich endgültig gegen sein eigenes Königreich auflehnte und die Allianz von Lordaeron der Niederlage immer näher kam, sagte sich Gilneas von allem und vor allem der Umwelt los und verschanzte sich hinter ihrer gewaltigen Mauer, dem Graumähnenwall. Von der Küste durch undurchdringliche Riffe geschützt, an denen jedes Schiff zerschellen würde und ins Landesinnere von dieser unüberwindbaren Mauer umschlossen, schien es, als wäre das Königreich von der Landkarte getilgt worden.

Doch immer wieder kamen in der jüngeren Zeit Gerüchte auf, von Wesen die durch den Silberwald streiften und Dolette fragte sich ein ums andere Mal, ob die Gilneer mittlerweile gezwungen waren ihre Ressourcen von außerhalb aufzustocken.

Sylvanas nickte sachte, doch war es Nathanos Marris der das Wort ergriff.

"Unwahrscheinlich, dass die Gilneer sich in einem größeren Trupp von ihrem schützenden Wall entfernen", gab er mürrisch zu bedenken. Der Pestrufer war unter den Verlassenen in aller Munde. Stolz trug er noch immer seine Lederrüstung die zeuge seiner Ausbildung zum Waldläufer bei den Hochelfen war. Bei Sylvanas Windläufer höchst selbst. Der Blick seiner verschlagenen Augen, die die Hohepriesterin neben ihr mehr als argwöhnisch musterten, missfiel Dolette, aber sie vertraute auf seinen bedingungslosen Gehorsam Sylvanas gegenüber.

"Wir sollten dennoch vorsichtig sein. Nicht länger mit dem Aufbruch nach Unterstadt warten als unbedingt nötig. Irgendwas durchstreift die Nadeln des Silberwalds seit geraumer Zeit", zog die Todesritterin die Aufmerksamkeit aller, aber vor allem des untoten Waldläufers auf sich.

"Bei Sonnenaufgang brechen wir sofort auf", schloss sich Sylvanas an.

Die Gesellschaft wechselte nur noch einige Blicke und löste sich dann äußerst leise auf.

Die Nacht schritt voran und Dolette fand einfach keine Ruhe. Behände stahl sie sich aus der Umklammerung der Hohepriesterin und dem provisorischen Zelt, das sie bezogen hatten. Draußen wurde das dunkle Grün der Nadelbäume durch das hereinfallende Mondlicht schwach beleuchtet. Hier und da unterbrachen geflüsterte Worte der untoten Wachen die Stille der Nacht, doch ihre langen Ohren vernahmen noch mehr. Undeutbare Geräusche, ganz in der Nähe die in unregelmäßigen Abständen zu vernehmen waren. Die Todesritterin ließ ihren Blick über das Lager schweifen, das im Schatten des riesigen Trümmerhaufens lag, das einst die Wolkenkuss war. Im Zelt der Königin glomm noch immer dumpfes Licht und für einen Augenblick war sie versucht ihre Gesellschaft zu suchen, doch ein weiteres, klares Geräusch ließ sie herumfahren. Einem gewohnten Impuls folgend, glitt sie in den Schatten eines großen Baumes und starrte in die Richtung aus der das dumpfe Geräusch erklang. Zwei gelbe Punkte leuchteten tief im Schatten auf und schienen die dunkle Elfe zu fixieren. Sie erwiderte den Blick und versuchte die Schemen des Körpers drum herum zu erkennen, doch die Dunkelheit machte ihr dies unmöglich. Sie entschloss sich provozierend aus ihrem Versteck zu schlüpfen in der Hoffnung, das dunkle Gegenüber würde es ihr gleich tun. Ihr schwerer Plattenstiefel wurde grade eben durch das Mondlicht beschienen, als ein weiteres Geräusch sie zurückweichen ließ. Die beiden gelben Punkte waren augenblicklich verschwunden. Innerlich fluchte die Todesritterin, doch wandte sie sich rasch von dem leeren Fleck ab, den das Wesen hinterlassen hatte und spähte an den Punkt, von dem das jüngste Geräusch ausging.

"Lady Glutklinge. Gibt es dort hinten etwas von Interesse?" Nathanos Marris war Urheber der störenden Geräuschkulisse und so entspannte sich ihre Haltung. Sie trat vollends hinaus in das silbrige Mondlicht.

"Pestrufer Marris", begrüßte sie den Verlassenen, der nun direkt an ihre Seite getreten war und ebenfalls in die Richtung schaute, in der noch eben das bedrohliche gelb der beiden Punkte lag.

"Ich glaube wir werden beobachtet", erklärte sie schlicht. Er entließ die leere Stelle im Schatten aus seinem Blick und nahm nun die dunkle Elfe in Betracht.

"Das Gefühl habe ich auch, Mylady. Ich umkreise das Lager nun schon die halbe Nacht und ich würde sagen es mindestens zehn sind.", berichtete er finster. Seine fahle Haut schimmerte grünlich im Mondlicht und passte sich somit seiner Lederrüstung an, die mit grünen Applikationen aufwartete.

"Zehn was, Pestrufer?", stieß die Todesritterin ungeduldig aus.

"Worgen." Seine Antwort deckte sich mit dem Eindruck den sie soeben bekommen hatte und Dolette schluckte schwer. Worgen waren zügellose unkontrollierbare Wesen, ursprünglich entsandt um der Geißel Einhalt zu gebieten, wandte sich das Blatt im dritten Krieg schnell gegen die Menschen.

"Gehen Worgen so systematisch vor?", fragte sie während sie begann die Umgebung wieder mit ihren scharfen Augen abzusuchen.

"Da bin ich auch überfragt, aber wir müssen davon ausgehen.", erklärte er und folgte ihrem Blick. Wieder landete sie auf dem Zelt von Sylvanas und kurz trat Stille ein.

"Habt ihr der Bansheekönigin Bericht erstattet?", fragte sie ihren Gedankengängen folgend.

"Selbstredend!", kam es empört. Sie hatte nur ein mattes Lächeln für sein Missfallen übrig. Dann kam ihr ein verspielter Gedanken und sie fand, dass Nathanos Marris genau der Richtige war um diesen mit ihr zu teilen.

"Seid ihr neugierig, Pestrufer?", fragte sie und ihre Lippen verzogen sich zu einem gefährlichen Grinsen. Er verstand sofort. Seine kaputten, durchscheinenden Lippen verzogen sich ebenfalls zu einem Lächeln und Heimtücke legte sich auf seine Züge. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren schwang er sich behände hoch auf einen Ast und zog seinen langen, feingearbeiteten Bogen. Er legte einen Pfeil an und nickte zu der dunklen Elfe hinab, bevor er sich langsam auf den Ästen in Bewegung setzte. Dolette zog ihr Runenschwert und spürte augenblicklich dessen Durst. Das vertraute Wispern wurde deutlicher und drängender, doch bildete es keine klaren Worte. Mehr ein Gefühl, das Verlangen Fleisch mit der Klinge zu durchschneiden. Glieder abzutrennen und in Gedärme zu stechen. Kurz schaute sie dem Verlassenen noch nach, bis sie sich selbst in Bewegung setzte.

Die beiden Gefährten entfernten sich beständig vom Lager und schon bald war von den flackernden Lagerfeuern nichts mehr zu sehen. Immer wieder erklang ein dunkles Geräusch ähnlich dem einer Eule aus dem Nadelgeäst und Dolette wusste, dass der Dunkelläufer noch nichts erspäht hatte. Die Todesritterin schlich von Schatten zu Schatten, korrigierte allmählich ihren Kurs, damit sie sich nicht gänzlich vom Lager entfernten. Die Zeichen von Nathanos verhießen ihr, dass er sie noch immer verfolgte. Ein dumpfer Aufschlag zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Eine bärenartige, fellbedeckte Gestalt lag reglos am Boden. Im Brustkorb des niedergestreckten Wesens steckte einer von Nathanos Pfeilen. Die dunkle Elfe trat langsam an die leblose Gestalt heran. Ihre scharfen blau leuchtenden Augen musterten die Statur. Der gesamte Körper war mit Fell bedeckt, doch war dieses Wesen in keinster Weise ein Bär. Seine Schnauze war lang und schmal, wie die eines Wolfes. Lange Eckzähne ragten an den Seiten nach oben und unten. Als Dolette sich niederkniete und vorsichtig ein Auge öffnete erkannte sie das Gelb, das sie vorher in der Dunkelheit ausgemacht hatte. Eine Präsenz neben ihr verriet ihr, dass der Dunkelläufer an ihre Seite getreten war.

"Tatsächlich ein Worgen.", sagte er schlicht und riss seinen Blick von dem toten wolfsähnlichen Wesen los, um sich wieder umzuschauen. Dolette stand wortlos wieder auf und schritt ruhig weiter. Sie verstärkte den Griff um ihr Schwert, an dessen Klinge die Runen bedrohlich begannen zu pulsieren. Nathanos sprang wieder hinauf, um mit dem Geäst zu verschmelzen.

Nur eine kurze Weile später vernahmen die langen Ohren der Elfe ein Knurren in unmittelbarer Nähe. Der schräg stehende Mond beleuchtete nur noch schemenhaft die Umgebung und so war es ihr nicht möglich etwas ausfindig zu machen, das das Knurren hervor brachte. Ein weiteres Knurren erklang aus einer anderen Richtung, gefolgt von einem grellen Pfiff. Offenbar hatte der Verlassene etwas erspäht. Die dunkle Ritterin hob ihr Schwert vor ihren Körper und konzentrierte sich auf ihre Sinne. Ihre Augen passten sich besser an das Dunkel der Umgebung an. Die langen Ohren hörten Geräusche von weiter weg. Auf diese Weise machte sie fünf weitere wolfsartige Geschöpfe aus. Äste knackten und dann ging alles blitzschnell. Ein Worge schob sich mit atemberaubender Geschwindigkeit direkt, durch die nadelbewehrten Bäume auf die Todesritterin zu. Er war gut zwei Köpfe größer als sie und seine Haltung war nach vorn gebeugt. An den Händen und Füßen, wenn man es so nennen wollte, hatte er lange Krallen und zwischen seinen Lefzen trat der Speichel nur so hervor, vor Gier. Dolette machte einen eiligen Schritt zur Seite und ließ das Ungetüm ins Leere stürmen. Sie zögerte keinen Augenblick und trieb ihm ihre Runenklinge tief zwischen die Rippen. Blut ergoss sich aus der tiefen Wunde. Der Worge heulte laut auf vor Schmerz, was drei weitere Wolfsgeschöpfe auf den Plan rief. Ein blutrünstiger Schimmer glitt über Dolettes Züge und begierig erhob sie erneut ihre blutgetränkte Klinge. Die Wolfsgeschöpfe stürzten auf sie zu. Einer wurde ad hoc von einem Pfeil niedergestreckt der ihn genau in eines der verschlagenen gelben Augen getroffen hatte. Nathanos sprang hinab an die Seite der Elfe und zog seine beiden Krummsäbel. Ein kurzes Lächeln legte sich auf seine zerschlissenen Lippen, das Dolette nur zu gern erwiderte, bevor sie wieder die heranstürmenden Worgen fixierte.
 

Marialle fröstelte leicht unter der dicken Felldecke, als sie erwachte. Nur das gedämmte Schimmern der Lagerfeuer beleuchtete ihre Zeltwände von außen. Ihre Liebste war nicht bei ihr, was sie aufschrecken ließ. Den Schwindel bekämpfend hielt sie ihren Kopf bis sich das Unwohlsein verzog. Sie schob das Fell achtlos zur Seite und trat aus ihrem provisorischen Lager, raus an die milde Kühle der Nacht, des Silberwalds. Das Lager lag in fahlem Mondlicht und strahlte eine magische Ruhe aus. Am Firmament zeugten sanfte Orange- und Gelbtöne vom nahenden Tagesanbruch. Sie schaute sich um, die Todesritterin war nirgendwo auszumachen, nur aus dem großen Zelt der Bansheekönigin drang schwacher Kerzenschein. Also beschloss sie dort als Erstes nach der geliebten Elfe zu suchen. Der süße, schwere Geruch der dunklen Fürstin lag schon vor dem Zelteingang in der Luft und die Priesterin sog ihn tief ein, bevor sie den Stofffetzen, der den Eingang markierte zur Seite schob und sich räuspernd Gehör verschaffte. Sylvanas saß auf einem großen Ohrmuschelsessel und hielt einen Krug mit dampfenden Inhalt in ihrer Hand, die auf einer der Lehnen ruhte. Ihre glühenden Augen waren von ihren Lidern bedeckt, doch sie schmunzelte und Marialle kam es vor als läge der forschende Blick der Dunkelläuferin dennoch auf ihr. Die Priesterin trat näher und Sylvanas erhob das Wort.

"Mylady Hohepriesterin, wie nett, dass ihr mich mit eurer Anwesenheit beehrt." Die Sänfte die in den dunkel gesprochenen Worten lag, ließ Marialle leicht erröten und ein Herzschlag verging bevor sie antworten konnte. Sie war kurz damit beschäftigt sich selbst dafür zu verfluchen, dass die Banshee noch immer einen so einschlagenden Einfluss auf ihre Gefühlswelt hatte. Das Schmunzeln der dunklen Elfe wandelte sich zu einem Lächeln während die Menschenfrau begann zu sprechen.

"Guten Morgen, Sylvanas. Wie ich sehe war auch euch der Schlaf heute Nacht kein holder Begleiter." Endlich öffnete die Bansheekönigin ihre Augen und gab ein dunkles Rubinrot darin preis. Sie deutete vor sich auf den zweiten Sessel und Marialle gehorchte. Der alte Ledersessel war äußerst weich und bequem und veranlasste die Priesterin sich sofort in ihn zu kuscheln. Die Dunkelläuferin beobachtete jede Bewegung der Menschenfrau und schien die Wirkung die das mit sich brachte noch immer zu genießen.

"Verzeiht, mit Met kann ich grade mal nicht dienen", sagte sie noch immer schmunzelnd.

"Und ja, wie sollte ich hier ein Auge Zutun. Noch dazu nach unserem Absturz. Ich sehne mich nach den Mauern tief unter der Erde, die meine Gemächer umschließen." Marialle hatte es bisher vermieden darüber nachzudenken, dass die Bansheekönigin, diese Frau für die sie irgendetwas übrig hatte, die Hauptstadt ihrer geliebten Heimat in Beschlag genommen hatte. Sicher, sie war noch ein Kind, als sie für ihr Studium in den Turm zog und so verband sie mit Sturmwind zum Beispiel um einiges mehr, dennoch war Lordaeron einst ein großes Königreich der Menschen gewesen und teilweise behagte ihr der Gedanke nur äußerst wenig, dass man dessen Hauptstadt wohl nie wieder aufbauen würde. Aber die Hohepriesterin war in ihren jungen Jahren durchaus weitsichtig genug um zu erkennen, dass es die Menschen selbst zu Fall gebracht haben, wenn auch nur ein bestimmter in diesem Fall. Arthas Menethil hatte ein zerstörtes Lordaeron zurückgelassen und die Verlassenen hatten es besetzt. Eine Tatsache mit der sie sich selbst gut arrangieren konnte. Bei diesem Gedanken schwenkte sie zu ihrem König, Varian Wrynn. Sie war sich sicher, dass er noch viel Zeit bräuchte, bis er einsehen würde, dass dieses zerstörte Königreich ein kleiner Preis für Frieden zwischen den Fraktionen wäre. Sie seufzte geräuschvoll und die langen Ohren der untoten Elfe zuckten kurz. Wieder der forschende Blick und die Priesterin sandte ein stummes Gebet zum Licht, dass Sylvanas ihr keine Frage zu ihren Gedanken stellen würde. Sie wollte darüber nicht reden, nicht mit ihr. Denn würde die Dunkelläuferin fragen, könnte Marialle sich keiner wahrheitsgemäßen Antwort erwehren.

"Ich werde Unterstadt niemals an Varian abtreten, Marialle. Mein junges Volk hat nur dieses eine Königreich.", sprach die Elfe ruhig und die Priesterin dachte sogar eine Spur Wehmut über ihre Züge huschen gesehen zu haben. Marialle straffte ihre Statur und bemühte sich ihren Standpunkt knapp und klar zu erläutern.

"Ich weiß. Ich denke uns allen sollte in diesen Zeiten am Frieden am meisten gelegen sein, Sylvanas. Es ist zumindest mein persönliches übergeordnetes Ziel." Wieder dieses wissende Schmunzeln. Die Priesterin fragte sich mittlerweile, ob es überhaupt Sinn ergab, sich der dunklen Elfe zu erklären.

"Gewiss. Daran hatte ich nie einen Zweifel." Die Menschenfrau lehnte sich wieder entspannt zurück, als der Gedanke durch ihre noch immer müden Glieder schoss und sie sich erinnerte warum sie das Zelt der dunklen Fürstin überhaupt aufgesucht hatte.

"Wisst ihr wo Dolette ist, Sylvanas?", fragte sie daher ohne Umschweife. Und zu Marialles Überraschung legte sich ein verwirrter Ausdruck auf die makellosen, fahlen Züge. Gedanken lesen konnte sie ganz offensichtlich wohl doch nicht.

"Habt ihr denn nicht zusammen genächtigt, Marialle?" Die Angesprochene sah betreten zu Boden.

"Doch schon, ich schlief in ihren Armen ein, aber als ich aufwachte war ich allein. Als ich sah, dass in eurem Zelt noch immer das Licht brennt, dachte ich, sie wäre vielleicht bei euch. Oder ihr wüsstet zumindest wo sie ist.", erklärte die Priesterin leise. Sylvanas antwortete nicht. Stattdessen erhob sie sich und schritt, ohne die Priesterin noch einmal anzusehen, an ihr vorbei und verließ das Zelt. Marialle hörte ein kurzes Stimmenwirrwarr, bevor der schwere Stoffvorhang erneut zur Seite geschoben wurde und der dunkle, süße Geruch der Banshee sich durch einen Windstoß wieder im Zelt ausbreitete. Marialle fuhr leicht zusammen, doch entspannte sich wieder schnell, als der süße, schwere Duft an ihre Nase trat und Geborgenheit verbreitete. Sylvanas kam vor ihr zum Stehen und berichtete.

"Sie durchstreift das Gelände, zusammen mit Nathanos."

Im Blauen Emerit

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Im Blauen Emerit
 

Die Sonne fiel in warmen, dünnen Strahlen schräg durch den Wald und tauchte den Silberwald in ein sanftes Orange. Nachdem Dolette zwei weiteren Worgen den Kopf abgeschlagen hatte und auch Nathanos sein Geschick mit seinen Nahkampfwaffen bewies, waren die beiden ungleichen Kampfgefährten zurück zum Lager aufgebrochen.

Zu Anbruch des Tages konnte man nun deutlich erkennen, welche brachiale Gewalt auch hier am Boden gewütet hatte. Überall lagen dicke Äste, teilweise ganze Baumstämme herum und nahezu jeder Baum war irgendwo abgeknickt. Dennoch erstrahlte die Tierwelt schon wieder zu vollem Leben. Das Zwitschern der Vögel erklang in der Umgebung und hie und da huschte ein Huftier zwischen den Nadelbäumen umher.

Als die beiden Untoten das Lager erreichten, wurde schon begonnen, alles was man mit nach Unterstadt nehmen konnte, zusammen zu packen. Dolette und Nathanos begaben sich zielsicher zum Zelt ihrer Königin. Die Todesritterin war wenig überrascht ihre Liebste dort anzutreffen.

"Beim Licht! Dole, was ist geschehen?", stieß Marialle erschrocken aus, als die beiden ihre Aufmerksamkeit innehatten. Auch im Antlitz der Bansheekönigin zeichnete sich eine Spur Entsetzen ab und erst jetzt sah die dunkle Ritterin prüfend an ihrem schlanken Körper hinab. Sie war selbst überrascht ihre dunkle Plattenrüstung blutüberströmt zu sehen und jetzt wo sie sich darauf konzentrierte, bemerkte sie auch das geronnene Blut, das in ihrem Gesicht klebte. Dolettes Blick wanderte zu dem Dunkelläufer neben ihr und sie sah dieselbe Überraschung in seinem fahlen Gesicht. Er sah kein bisschen besser aus als sie und nun musste sie lachen. Der Verlassene stimmte mit ein.

"Keine Sorge, das ist nicht unser Blut.", presste sie zwischen dem Lachen hervor. Marialle trat näher, ihre Züge waren ausdruckslos geworden. Ohne Ankündigung ließ sie ihre flache Hand vorschnellen und traf die Wange der Todesritterin mit einem lauten Klatschen. Das Lachen erstarb jäh und nur ein verwirrter Ausdruck verblieb im Antlitz der dunklen Ritterin.

"Mari, ich..." Zorn flackerte plötzlich in den sonst so sanften bernsteinfarbenen Augen auf.

"Weißt du eigentlich, welche Sorgen ich mir gemacht habe? Wir waren schon so oft in diesen Situationen, ohne es beeinflussen zu können. Und jetzt begibst du dich auch noch freiwillig in Gefahr und sagst mir nicht mal Bescheid, wenn du los stiefelst?" Zu dem lodernden Zorn gesellten sich nun auch noch Tränen, aber diese minderten den wutentbrannten Ausdruck kein bisschen, den das verzerrte Menschengesicht aufgesetzt hatte. Ihre geliebte Priesterin so zu sehen schmerzte die Todesritterin und sie schalt sich innerlich für ihre Unbesonnenheit. Aber ehe sie irgendetwas erwidern konnte spürte sie die beiden warmen Arme die ihren Hals fest umschlungen.

"Es tut mir leid, darüber hatte ich nicht nach gedacht.", gestand Dolette ehrlich. Marialle entließ sie sanft aus der Umarmung und schenkte ihr ein schwaches, aber versöhnliches Lächeln.

"Nun wenn das geklärt ist, berichtet was ihr mitten in der Nacht in den Wäldern gefunden habt, dass ihr so blutüberströmt zurückkehrt.", ließ sich nun Sylvanas distanziert und unterkühlt vernehmen. Dolette war noch ganz benebelt von der ausufernden Reaktion ihrer Gefährtin, so überließ sie es dem Pestrufer zu erzählen.

"Worgen sind ums Lager geschlichen, Mylady. Schwer zu sagen, ob sie wirklich beabsichtigten uns anzugreifen, aber sie waren uns kein bisschen freundlich gesonnen.", erklärte der Verlassene, noch immer betont gut gelaunt.

"Ein Grund mehr sofort aufzubrechen.", ließ die Königin nur verlauten und machte sich wieder daran ihr Habe zusammen zuräumen.

Die Sonne stand noch immer schräg am Himmel, als alles was man mitnehmen konnte gepackt war und die Verlassenen mit Dolette und Marialle aufbrachen. Man erreichte Unterstadt noch am selben Tag. Die oberhalb gelegenen Ruinen ließen kaum auf Leben deuten, doch als sie in die unteren Bereiche durch die verworrenen Gänge Unterstadts traten, war reges Leben, im Zentrum zwischen den vier großen Vierteln anzutreffen. Die Untergrundstadt hatte sich schnell von der Herrschaft Varimathras und der Rückeroberung erholt. Marialle hatte ihre Kapuze tief in das makellose Gesicht gezogen, aber die Untoten schienen die Anwesenheit lebendigen Fleisches dennoch wahr zunehmen. Gierige Blicke verfolgten die mittlerweile geschrumpfte Gruppe um die Bansheekönigin. Teilweise wurde sie überschwänglich begrüßt. Die Dunkelläuferin ließ sich davon allerdings weder beeindrucken noch aufhalten. Zielstrebig ging sie weiter voran noch tiefer in die Unterstadt. Ließ eine Abzweigung nach der anderen hinter sich, bis sie zu ihrem geräumigen Residenzzimmer kamen. Geräuschvoll warf sie ihren magischen Bogen Totenschrei auf den massiven großen Tisch, auf dem noch immer eine Karte Nordends aufgespießt war.

"Bleibt für eine Nacht, um euch auszuruhen.", sprach sie nun fast beiläufig und unterbrach ihr tun dabei nicht. Dolette und Marialle war im Bogen stehen geblieben, der den Eingang zu Sylvanas Thronsaal markierte. Nathanos und Plagg hingegen waren ihrer Königin eilig hinterher geschritten und räumten auf was sie achtlos durch die Gegend warf.

Die Todesritterin trat ein paar Schritte vor, nachdem sie einen Blick mit der Priesterin gewechselt hatte.

"Ich denk wir werden gleich weiter reisen, Mylady. Vielen Dank für eure Großzügigkeit." Marialles gerümpfte Nase und die Sorge in ihren bernsteinfarbenen Augen hatten genug signalisiert. Leicht abwesend unterbrach die Dunkelläuferin ihr wirr anmutendes Ausräumen. Offenbar hatte sie damit gerechnet, dass man ihr Angebot annahm, doch als sie in das fahl gewordene Gesicht der Hohepriesterin sah, schien auch sie zu verstehen.

"Natürlich, Marialle. Ich nehme das schon gar nicht mehr wahr.", sprach sie mürrisch mit ihrer dunklen süßen Stimme. Marialle rang sich ein Lächeln ab und trat an ihre Freundin heran.

"Danke für alles, Sylvanas Windläufer. Ich sehe Lordaeron in guten Händen. Bitte behaltet das große Ziel im Auge.", erklangen die erhabenen Worte der Hohepriesterin, was Dolette schmunzeln ließ.

"Sicher. Lass von euch hören.", gab Sylvanans ungerührt zurück.

"Ich denke wir werden nicht umhin kommen uns in beiden Welten zu bewegen, meine Königin.", kam es nun auch von der Todesritterin. Die Bansheekönigin reichte ihr kameradschaftlich die Hand und Dolette umschloss fest das Handgelenk der anderen dunklen Elfe.

"Aber sicher. Eure Dienste werde ich sicher schneller einfordern, als euch lieb ist, Lady Glutklinge. Wenn ihr mir Marialle das ein oder andere mal mitbringt, umso besser.", erklärte die Bansheekönigin nun lächelnd. Dolette wandte sich an Plagg.

"Ihr bleibt hier, Kinnab?" Ein wenig rührselig schaute der Verlassene auf und gab ein zerfleddertes, kieferloses Lächeln preis.

"Ja, Mylady. Gerne stoße ich wieder an eure Seite, wenn es an der Zeit ist." Auch ihm reichte die dunkle Ritterin die Hand, die er erfreut ergriff und breit grinsend schüttelte.

"So wird es geschehen. Ihr haltet die Worgen fern, Pestrufer." Sie war einen Schritt weiter an den Dunkelläufer getreten. Der grinste nur verschlagen und verschrenkte die Arme vor der Brust. Dolette nickte anerkennend und wollte sich grade zum gehen wenden, als sie von zwei langen, klammernden Armen umschlossen wurde.

"Herrin Dolli ohne Susanne gehen?", fragte die Sukkubus schluchzend.

"Na na Susi, hier bist du doch bei deinem Meister und die Königin ist doch auch noch da." Verschmitzt warf Dolette einen Blick rüber zu Sylvanas, dem die Dämonin folgte. Der traurige Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig und lachend löste die dunkle Ritterin die Arme von Susanne. Augenblicklich begann diese freudestrahlend auf die Banshee zuzustürmen, deren Blick sich binnen eines Herzschlags von mitfühlend in eiskalt wandelte.

"Susi!", dröhnte die brüchige Stimme von Plagg durch die Halle und die Sukkubus erstarrte. Sylvanas atmete geräuschvoll aus. Marialle kicherte und Nathanos klopfte dem anderen Verlassenen anerkennend auf die wackelige Schulter, was den Hexer sogleich taumeln ließ.

"Kinnab! So einen Befehlston hätte ich euch gar nicht zugetraut.", lachte der Pestrufer. Mühsam schob Plagg sich wieder in eine halbwegs aufrechte Position.

"Ich kenne meine merkwürdige Dienerin ja. Susi komm es reicht jetzt. Schauen wir mal wie es zu Hause aussieht.", befahl er nun der Dämonin und betrübt schwebte sie ihm langsam hinterher. Im vorbeigehen ergriff der Untote noch die Hand der Priesterin und hauchte ihr einen, wie ihr Gesicht vermuten ließ, widerwärtigen Kuss auf den Handrücken.

"Es war mir wahrlich eine Ehre, Mylady Hohepriesterin." Er winkte noch einmal und ließ eine angeekelte, aber dennoch gerührte Marialle zurück.

"Wir sehen uns!", rief sie ihm noch nach.
 

Nathanos hatte sie noch mit einer schweren Tasche an Verpflegung und Ausrüstung beladen und Dolette und Marialle schließlich wieder hinauf zu den Ruinen Lordaerons geführt. Den gewohnten Weg nach Sturmwind brachten die beiden Frauen in mäßigem Tempo hinter sich. Zu sehr genossen sie ihre Zweisamkeit.

Als sie Sturmwind schließlich einige Tage später erreichten war die Stimmung in der Stadt noch immer gelöst und Dolette hatte keine Probleme sich durch die feiernden Massen zu schieben. Die Stadt war hell erleuchtet von den vielen Laternen die überall in den Straßen aufgehängt waren. Die Menschen tranken und sangen. Sie grölten und klatschten den Gauklern zu die durch die Straßen zogen.

Hier in Sturmwind, in der Hauptstadt der Menschen, der ganzen Allianz war deutlich zu spüren dass die Gefahr, die von dem Lichkönig ausging endgültig gebannt war. Marialle sog begierig die bekannten Gerüche in den verschiedenen Bezirken ein. Doch es war schwer neben den verschiedensten Düften die das ganze dargebotene Essen bot etwas anderes heraus zuriechen. Dennoch überkam die Hohepriesterin mehr und mehr etwas Heimisches. Das hatte sie nicht erwartet, an der Seite ihrer geliebten dunklen Elfe hatte sie mehr und mehr ein Gefühl überkommen dass sie außer Dolette nichts anderes mehr brauchte in ihrem Leben. Doch diesen Moment mit ihr teilen zu können, machte sie auf einer noch viel tieferen Ebene glücklich. Sie musterte die schlanke Gestalt der Todesritterin neben sich eindringlich. In den letzten Tagen der Zweisamkeit hatte Marialle sich an das widersprüchliche Antlitz ihrer Liebsten gewöhnen können und so verschlug ihr der Anblick mittlerweile nicht mehr so sehr den Atem. Die wachen blauen Augen mit dem sanften goldenen Schimmer huschten nervös durch die Straßen und hie und da verriet ein leises Klirren, dass die dunkle Ritterin zusammenzuckte. Die Priesterin schmunzeln bei dem Gedanken daran, doch verstand sie nur zu gut wie es war unter den Feinden zu wandeln.

Zielsicher dirigierte sie ihre Liebste durch das Magierviertel, an allerlei seltsamen Läden vorbei in den Blauen Emerit, wo sie sich mit Borigan und Odessa treffen wollten.

Bevor sie weiter zum Turm des heiligen Lichts und schließlich auf den Hof von Marialles Familie ziehen würden. Die Magier hatten dem Bezirk einen ganz besonderen magischen Anstrich verliehen und hier war es noch heller als sonst wo in der Stadt, doch die die durch die Straßen dieses Bezirks zogen, trugen ihre Kapuzen besonders tief und Marialle spürte wie sich die kalte Hand der Todesritterin endlich in ihrem Griff entspannte.

Der Blaue Emerit war brechend voll und es roch nach schwerem Wein, zwergischem Starkbier und Met. Die Decke der Taverne war ungewöhnlich hoch für ein von Menschenhand erbautes Gebäude. Es passte sich dem beeindruckenden Magisterturm Sturmwinds an, der direkt daneben lag. Marialle zählte einige Körperlängen, bis ihr Blick die einzige feste Lichtquelle ausmachte. Ein riesiger silberner Kronleuchter der das Gasthaut blau erleuchtete und ihm einen maritimen hauch verlieh. Ansonsten wurde der lange Tresen und die vielen Tische nur von einzelnen Kerzen beleuchtet auf denen ebenso blaue, magische Flämmchen tanzten. An den Wänden hingen allerlei Gemälde mit Impressionen aus ganz Azeroth, die die Reisenden nach Hause gebracht hatten. Ein Bild des Hyjals nahm Marialle Aufmerksamkeit in Beschlag. Es zeigte den Berg aus eben der Perspektive, aus der sie lange zu ihm aufgeschaut hatte, als sie in der Festung der Menschen auf den Vormarsch von Archimonde gewartet hatten. Sie fragte sich ob sie den Hervorbringer dieses Gemäldes wohl kennen würde.

Aus ihren Augenwinkeln machte die Hohepriesterin einen Zauber, von zwei konkurrierenden Magiern aus, der sie aus ihren Gedanken riss. Steven Lohan der Gastwirt schob sich grade in seiner blauen Robe unwirsch durch die viel zu befüllte Lokalität und gebar den beiden Streithähnen offenbar nur mit einem Blick Einhalt. Auf seinem Rückweg murmelte er etwas Unverständliches in seinen Bart und drängte wieder zurück an den Tresen. Die Priesterin drehte sich wieder in den offenen Raum und war überrascht plötzlich das strahlende Gesicht der blonden Magierin vor sich zu sehen. Sie trug eine schöne magentafarbene Robe mit silbernen Verzierungen. Odessas Wangen waren rosig und ihre Augen glasig. Dolette musterte die quirlige Menschenfrau ebenfalls mit einer Mischung aus Argwohn und Erleichterung. Offenbar hatte sie damit gerechnet länger durch die Menschenmassen waten zu müssen.

"Mari, ...-lich! ....-n schon euch wär ... ... ...-stossen!" Marialle fiel erst jetzt auf wie laut so eine Masse Wesen sein kann, allein dadurch dass sich jeder in einer eigenen Unterhaltung befindet. Odessa zog sie in eine warme Umarmung und für einen Augenblick wurde es wieder still.

Nachdem die Magierin auch Dolette in eine steife Umarmung verwickelt hatte, bedeutete sie ihnen ihr über eine Holztreppe auf einen Balkon zu folgen der weit weniger belebt war. Hier wartete Borigan an einem der drei Tische. Ein weiterer war leer und an dem dritten saßen drei gestalten in dunklen Roben, die Kapuzen noch tiefer in die Gesichter gezogen als Dolette.

Der blonde Krieger war sofort vom Tisch aufgestanden, als die drei Frauen den Balkon betraten. Er bot ein ungewohntes Bild in seiner engen Lederhose, den dazu passenden Stiefeln und dem luftigen roten Leinenhemd. Sein struppiges blondes Haar hatte der Krieger ordentlich zur Seite gekämmt und auch der Bart war wieder verschwunden. Er lächelte glücklich. Viel von dem brummigen Stellvertreter von Dolette, an den sich Marialle immer erinnern musste, erkannte sie grade nicht in ihm. Was sie dazu veranlasste ihn zur Begrüßung in den Arm zu nehmen. Nachdem auch die Todesritterin ihn kameradschaftlich begrüßte, bot er ihnen galant einen Platz an.

"Möchtet ihr etwas trinken, Myladys?", fragte er nachdem alle drei auf ihren Stühlen saßen. Auf dem Tisch an dem sie saßen, standen schon einige Gläser, offenbar waren die Mitarbeiter des Blauen Emerit mit der Feierfreude Sturmwinds der letzten Tage reichlich überfordert.

"Pinot Noir, bitte.", kam es aus alter Gewohnheit von Marialle.

"Ich nehm dasselbe.", erweiterte Dolette noch immer leicht zurückhaltend. Er wollte schon wieder umdrehen, als die quirlige Magierin ihn am Arm packte und ihn aufhielt.

"Willst du mir etwa nichts mitbringen?", fragte sie enttäuscht und zog eine etwas schief sitzende Schnute, die sich schnell in ein Kichern wandelte.

"So ein Schlitzohr. Die ganzen Tage liest er mir jeden Wunsch von den Lippen, aber sobald zwei andere Frauen da sind übergeht er mich einfach!", neckte sie ihn und es verfehlte nicht im geringsten die gewünschte Wirkung. Der gestandene Krieger wurde augenblicklich und merklich rot. Er wich den belustigten Blicken von Dolette und Marialle aus und beugte sich leicht zu ihr hinab.

"Du hast doch noch ein halbes Glas.", verteidigte er sich.

"Aber es dauert doch immer so lange bis man überhaupt mal dazu kommt was zu bestellen."

"Schon gut. Ich bring dir noch was mit.", sprach er resignierend und noch immer bemüht leise. Er vergewisserte sich nun noch einmal, dass die anderen beiden nicht zu ihm und Odessa schauten und gab der Magierin einen kleinen Kuss auf die Wange bevor er sich auf den Weg zum Tresen machte.

"Jetzt musst du aber endlich mal mit der Sprache rausrücken Odi! Wir haben uns nie wieder gesehen und jetzt auf einmal.... Du und Borigan?", stieß Marialle jetzt aus. Sie beschlich schon seit Dalaran so ein Gefühl. Odessas rosane Gesichtsfarbe wurde eine Nuance dunkler und sie atmete geräuschvoll ein und aus. Sie räusperte sich und war offensichtlich bemüht den Einfluss des Alkohols für diesen Moment wieder abzuschütteln.

"Ja natürlich. Ihr wisst ja das nur meine Mutter, Sturmwind noch zu einem Zuhause für mich gemacht hat. Als wir aber nach Quel'danas, nach Sturmwind zurück gekehrt waren, war sie leider verstorben. Und durch ihren Tod und den von Dolette und Berthold," sie machte eine kurze Pause und schaute in das blau beschiene Gesicht der Todesritterin in der schwarzen Kapuze. "wusste ich nicht was ich weiter machen will, oder wohin ich gehen soll. Borigan bot mir an ihn zu begleiten. Er war selbst wie ausgewechselt. Zusammen kehrten wir nach Theramore zurück und bauten die Stadt noch eine Weile weiter auf. Ich habe ein weiteres Lehrjahr unter Jaina Prachtmeer verbracht und Borigan schloss sich der Stadtwache an. So vergingen die Jahre und schließlich hat Jaina uns beide gebeten, als neutrale Kundschafter nach Nordend zu ziehen und zu beobachten wie Horde und Allianz vorgehen. Immer mit dem Ziel vor Augen Missverständnissen vorzubeugen und das Bündnis zu wahren." Marialle nickte verstehend. Das sah ihrer Freundin ähnlich. Auch wenn die Erzmagierin offiziell zur Allianz stand, sie hatte die Ereignisse am Berg Hyjal nicht vergessen und sie war so weise zu sehen, dass die Auseinandersetzung zwischen den Fraktionen, dem großen Feind immer in die Karten spielen würde. Doch sie ließ ihre Gedanken wieder zurück zu Odessa und Borigan und ihrer eigentlichen Frage schweifen.

"Und wann hat das mit euch angefangen?", drängte sie daher weiter. Der Magierin stieg wieder die Röte in die Wangen.

"Nun, in Theramore lebten wir unsere Leben, aber in Nordend waren wir immer allein und da unterhält man sich halt viel. Wir haben unzählige Gefahren zusammen überstanden. Ich kann euch gar nicht sagen wie lange wir in dieser eisigen Hölle waren. Er hat mir viele male das Leben gerettet. Ich ihm zugegebenermaßen auch." Ein seichtes, verträumtes Lächeln umspielte mittlerweile die schmalen Lippen von Odessa. Und ihr verklärter Blick glitt hoch zum sternenverhangenen Himmel.

"Wenn man nur zu zweit ist redet man natürlich auch viel und lernt sich besser kennen. Er hat mir von seiner verstorbenen Frau und Sohn erzählt. Sie fielen den Orks zum Opfer noch bevor er sich Dolette angeschlossen hat. Ich weiß gar nicht, ob er dir das damals erzählt hat, Dole." Das war mehr eine Frage als eine Aussage und die dunkle Elfe schien leicht erschrocken, dass sie überhaupt angesprochen wurde, wenn auch sie der Erzählung zu lauschen schien. Dolette stutzte kurz und überlegte anscheinend was sie erwidern soll. Marialle entschied das für sie zu übernehmen.

"Todesritter erinnern sich nicht an ihr Leben, Odi.", erklärte sie knapp. Die Magierin bemerkte es nicht, doch Marialle sah Dolette kurz zucken. Dennoch zog die Magierin eine Augenbraue hoch.

"Wie ist es denn möglich..." Die Priesterin unterbrach sie. Odessa hatte schon einiges mitbekommen und sie wollte die letzten Wochen nicht schon wieder erläutern müssen, das stünde ihr bei ihrer Familie noch zur Genüge bevor.

"Odi, jetzt bist erstmal du dran.", sagte sie daher zwinkernd.

"Natürlich. Als er mir davon erzählte, erkannte ich erst den Mann in Borigan. Vorher sah ich immer nur den Krieger. Er war ja auch nie wirklich gesprächig, grade nach Gernodts Tod. Dass er sich geöffnet hat schien auch in ihm etwas verändert zu haben. Er sagte mal er hätte mich immer nur wie ein Kind wahr genommen, aber seit wir alleine zusammen auf Reisen waren wäre das anders geworden. Es entwickelte sich darauf ganz natürlich und irgendwie verliefen unsere Tage neben unserer Mission, als wären wir ein Paar. Nur das körperliche kam nie dazu. Aber in der Nacht bevor ihr uns im Kristallsangwald getroffen habt da haben wir uns zum ersten mal geküsst und da knüpfen wir jetzt Schritt für Schritt an. Irgendwie ist es nicht so leicht für ihn. Er sagt es fühlt sich für ihn an als würde er seine Familie dadurch verraten." Dolette nickte verstehend. Doch in Marialle breitete sich eine unangenehme Erinnerung aus die sie bislang weit von sich geschoben hatte und bisher auch nicht als störend empfand.
 

Dolette hatte dem Gespräch von Marialle und Odessa nur halb gelauscht, zu sehr lenkten sie die drei Gestalten an dem anderen Tisch ab, die die Köpfe tief zusammen steckten und sich nur tuschelnd unterhielten. Ein ungutes Gefühl beschlich sie allerdings dennoch. Sie nickte einmal verstehend in die Richtung von Odessa, als sie ihre Erzählung anscheinend an den aktuellen Stand gebracht hatte und wandte sich wieder den dreien zu. Irgendetwas finsteres umgab sie, doch sie konnte nicht deuten welcher Art diese Finsternis war. Sie selbst wusste nur zu gut das hell und dunkel nicht gleich gut und böse waren. Als die beiden Frauen ihr Gespräch nicht weiter zu führen schienen, betrachtete sie die Hohepriesterin prüfend und sie war überrascht einen verwirrten, wenn nicht sogar traurigen Gesichtsausdruck auf dem Antlitz ihrer Liebsten vorzufinden. Die Geschichte hatte doch ein gutes Ende genommen, auch wenn die beiden sicher noch viel Arbeit vor sich hatten, wenn sie ihre Liebe frei ausleben wollten. Warum schaute Marialle so finster?

Dolette ließ eine Hand zu den beiden gleiten die die Priesterin auf ihrem Schoß zusammengefaltet hatte. Marialle sah auf. Der silberne Schimmer in ihren Augen konnte nicht über die Verwirrung hinwegtäuschen die ihren Geist zu beschäftigen schien.

"Was hast du, Marialle?", fragte sie daher ernst. Die Züge der Priesterin veränderten sich drastisch. Sie schien die Gedanken beiseite zuschieben und zwang sich wieder ins hier und jetzt.

"Nichts! Ich habe nur versucht mich in Borigans Situation hinein zu versetzten." Dolette zog eine Augenbraue hoch und betrachtete sie weiter mit ihrem forschenden Blick. Dieser schien der Priesterin durchaus unangenehm, was die Todesritterin zum ersten Mal zu beobachten glaubte. Doch Odessa ließ sie nicht weiter darauf eingehen.

"In die Situation musst du dich hinein versetzten? Du warst doch in derselben, auch wenn Dole jetzt hier bei uns ist. Willst du mir erzählen, dass du nie an dem Punkt warst wo sich sowas zumindest hätte ergeben können?" Marialle riss den Kopf zu ihrer Freundin rum und schwieg eine Ewigkeit, wie es der Todesritterin vor kam.

"Also ich finde, dass man das überhaupt nicht miteinander vergleichen kann. Immerhin war er verheiratet und hatte ein Kind...." Sie unterbrach sich etwas schockiert. Ihre Hände zuckten unter der kalten von Dolette. Die Elfe folgte ihrem Blick. Borigan war grade zurück auf den Balkon getreten, in den Händen drei Gläser und einen Krug. Auf den Lippen ein verständnisvolles Lächeln.

"Meine Damen," er verteilte die Gläser und nahm hinter seinem Krug platz.

"wie ich höre waren wir wohl doch nicht so diskret wie wir hofften.", lachte er. Marialle schien ein Stein vom Herzen zu fallen und sie entspannte sich zusehends.

"Nun Borigan, nach der kleinen Auseinandersetzung und dem gefolgten Kuss, konnte ja nicht einmal ich es mehr übersehen.", stimmte Dolette mit ein und die gedämmte Stimmung löste sich schlussendlich völlig auf.

Die vier lachten und genossen drei weitere Runden und die Gesellschaft ihrer Freunde. Die Zeit verging und der Blaue Emerit lichtete sich langsam. Von dem Balkon aus konnte die Todesritterin beobachten wie sich dafür die Straßen immer mehr füllten. Die drei vermummten an dem anderen Tisch machten auch Anstalten sich zu erheben, als plötzlich alles ganz schnell ging. Die drei schwarz gekleideten sprangen auf und sprangen hinunter auf die Straße. Jeder schleuderte einen Zauber in die Menge was eine Explosion und lautes Getose zur Folge hatte. Völlig im Einklang sprangen die vier Gefährten ebenfalls auf und beobachteten das Geschehen mit Entsetzen. Rauchschwaden stiegen von dort empor wo die Zauber auf Boden, Holz oder sogar Menschen getroffen hatten. Auch aus anderen Bezirken der Stadt stiegen solche von Magie durchzogenen Wolken hinauf ins dunkle Blau der Nacht. Die Menschen begannen zu schreien und zu rennen doch der Tumult endete so plötzlich wie er begonnen hatte, als eine magisch verstärkte und verzerrte Stimme die Aufmerksamkeit aller auf sich zog.

"Bürger Azeroths wappnet euch für den Untergang der Welt! Er steht kurz bevor!"

Die Hohepriesterin kehrt zurück

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Die Hohepriesterin kehrt zurück
 

Die Nacht hat Sturmwind in Aufruhr zurückgelassen und obwohl einige Mitglieder des sogenannten Schattenhammerkults von der Stadtwache in Gewahrsam genommen werden konnten, waren die Straßen am Tag darauf wie leer gefegt.

"Die Bürger haben Angst.", meinte Borigan und nippte an seinem Krug Tee. Die vier Gefährten saßen in dem größeren der beiden gemieteten Zimmer in der güldenen Rose. Dem Anlaufpunkt für Reisende in Sturmwind. In der riesigen Masse an Gästen, die dieses Gasthaus durchliefen, würde die vermummte Elfe wohl nicht weiter auffallen. Odessa und Borigan bewohnten dieses Zimmer schon einige Tage, was man ihm auch ansah. Überall lagen die Roben der Magierin verteilt herum und auch das benutzte Geschirr und die Gläser konnte die Wirtin Allison augenscheinlich alleine nicht so schnell wieder abräumen, wie sie es rausgab. Aber es war geräumig und sauber. Die Betten waren weich und das Wasser in den Bädern warm.

"Natürlich haben sie Angst, wenn irgendwelche Spinner des Nachts durch die Straßen stürmen, Zauber um sich schleudern und verkünden der Weltuntergang stünde bevor. Ich frage mich was die reitet. Der Lichkönig ist schließlich erschlagen.", erwiderte die quirlige Magierin. Tatsächlich war bisher aus keinem der festgenommenen Kultisten heraus zubekommen worauf sich ihre Prophezeiungen bezogen. Sie beteten nur weiter dieselbe Leier herunter. So berichtete der Krieger, nachdem er sich bei einem Freund erkundigt hatte, der bei der Stadtwache arbeitete.

"Wer weiß was dahinter steckt. Ich hoffe Varian behält das im Auge und tut sie nicht als irgendwelche Spinner ab. Dafür war das ganze viel zu organisiert." Die Hohepriesterin brachte es nüchtern auf den Punkt, wie Dolette fand. Diese Kultisten einfach als Spinner abzutun und zu denken, dass nichts weiter in diese Richtung geschehen würde hielt auch die Todesritterin für leichtsinnig. Abwesend führte die dunkle Elfe ebenfalls ihren Krug Tee an die blutleeren Lippen und nahm einen kräftigen Schluck der Kräutermixtur, die heiß ihre Kehle hinab rann. Tee wärmte immer kurzfristig und mittlerweile konnte sie das wohlige Gefühl, das sich in ihr ausbreitete sogar genießen. Sie spürte die bernsteinfarbenen Augen ihrer Liebsten auf sich ruhen, offenbar erwartete die Priesterin, dass auch Dolette ihre Meinung dazu beitrug. Verstehend nickte sie in ihre Richtung, wobei die hellblonden Wellen sanft mit dem Nicken wippten.

"Ich finde vorallem ihre Anzahl höchst beunruhigend und ich frage mich, ob diese Kultisten auch in anderen Großstädten gestern dieses Theater vorgeführt haben."

"Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Meinst du das ist möglich?", fragte Odessa erschrocken. Die jugendlichen Züge der Magierin verzogen sich deutlich vor Sorge.

"Alleine im Magierviertel habe ich gestern mindestens zehn Explosionen gezählt. Wenn sie in den anderen Bezirken ähnlich zahlreich waren, kann man davon ausgehen, dass es in der ganzen Stadt sicher sechs dutzend von diesen Kuttenträgern gab. Wer weiß wie lange sie sich schon im Verborgenen organisieren? Aber da sie so viel Wert darauf gelegt haben, gleichzeitig aufzutreten ist es durchaus denkbar, dass sie dies auch an anderen Orten getan haben." Die anderen drei überdachten Dolettes Überlegungen. Nickten verstehend und schwiegen. Den Rest des Frühstücks hingen sie noch weiter ihren Gedanken nach, bis sie sich schließlich auf den Weg zum Turm des heiligen Lichts machen würden, damit Marialle dort nach dem Rechten sehen konnte und um eine Lösung zu finden, wie sie gleich weiter ziehen kann.

Die Straßen der Stadt wollten sich auch am Mittag nur gemächlich füllen und selbst das Wetter schien die Stimmung der Leute widerzuspiegeln. Die Wolken hingen tief und ließen nur sehr vereinzelt einen Sonnenstrahl durch die dicke Decke aus grauem Dunst scheinen. Dolette atmete merklich auf, als die vier endlich die nördlichen Tore der Stadt hinter sich ließen. Der Weg zum Ausbildungszentrum der Kirche des heiligen Lichts war nicht weit und so war es noch immer Tag als sie den Turm erreichten, wenn auch die Dämmerung schon einsetzte.

"Ihr hättet einfach in der Rose bleiben sollen. Ich weiß nicht, ob ich es schnell wieder raus schaffe.", sagte Marialle leicht verärgert, doch Dolette legte ihr sanft eine Hand auf die schulter und versuchte sich an einem Lächeln, was ihr von mal zu mal besser gelang und seine Wirkung in den letzten Tagen nicht ein einziges mal verfehlte. Marialles Züge entspannten sich und wurden seicht. Eine gewisse Magie schien sie zu erfassen und zu benebeln sobald sich die fahlen Lippen der dunklen Elfe zu einem Lächeln formten.

"Lieber schlage ich mein Lager hier für einen ganzen Mondzyklus vor deinem Turm auf, als eine weitere Nacht in Sturmwind verbringen zu müssen.", verkündete die Todesritterin ernst. Die Priesterin schluckte erst, lächelte dann aber dankbar. Flüchtig hauchte sie der dunklen Ritterin einen Kuss auf die Lippen und wandte sich zu Odessa.

"Willst du mich begleiten Odi? Vielleicht kann ich dich zur Not als Vorwand benutzten, um schnell wieder loszukommen?" Die Angesprochene sah erstaunt auf, nachdem sie sich und Borigan erst noch abgewandt hatte, um den beiden etwas Privatsphäre zu geben.

"Eh...Ja selbstverständlich.", sagte diese abgehakt, während sie dem Krieger einen fragenden Blick zuwarf.

"Na da würde ich mich doch nicht zweimal bitten lassen, Odi. Falls es dauert kannst du wenigstens in einem Bett schlafen." Der grob wirkende aschblonde Mann grinste über beide Ohren, um das gesagte nicht wie einen Vorwurf klingen zu lassen. Die Magierin kam dem Mann darauf ganz nah und gab ihm einen Kuss auf die Wange, in den sie etwas hinein flüsterte das wie, "In das kann ich dich dann ja auch holen." klang. Jedenfalls ließ die rosa Verfärbung auf seinen Wangen, Dolette schließen, dass es zumindest in diese Richtung gehen musste.

Schmunzelnd stand sie neben dem noch immer leicht benommen wirkenden Krieger und winkte den beiden Frauen zum Abschied. Als die beiden hinter den riesigen Flügeltüren im Turm verschwunden waren knuffte sie den Krieger mit dem Ellbogen kräftig in die Rippen. Borigan musste erschrocken aufkeuchen.

"Na die kleine Odi raubt dir ja wirklich den Atem, Borigan.", versuchte sie ihn aus seinen Gedanken zu locken. Er kratzte sich darauf jedoch nur verlegen am Hinterkopf und schaute zu Boden. Dolette war etwas verwirrt über dieses Verhalten. Zum einen weil sie Männer so bisher nicht kennengelernt hatte. Eher solche die jedem Weib, das sie trafen unverschämt auf den Allerwertesten schlugen. Zum anderen hatte Marialle ihn gar nicht so in ihren Erinnerungen beschrieben. Aber was wusste die Todesritterin schon, wie es den Menschen erging wenn sie sich verliebten. Sie selbst war wahrlich kein Paradebeispiel für Selbstbewusstsein, wenn es um Gefühle ging. Womöglich tat sich so mancher mit dem Thema schwer. Da er nicht auf ihre Neckereien einging, beschloss sie also das Lager aufzuschlagen, heute würden sie ganz sicher hier bleiben.
 

"Hohepriesterin Lichtsprung! Beim Licht! Wir haben gehört was geschehen ist. Dem Licht sei Dank, dass ihr wohl auf seid!" Die warmen braunen Augen des Klerikers erinnerten noch an die Farbe, die das weiß gewordene Haar einst hatte und das glückliche Lächeln des Mannes wurde von einigen Falten umspielt.

"Meister Hestian, es tut mir so leid, ich hoffe ihr habt euch nicht allzu große Sorgen gemacht." Hestian lächelte milde, als wolle er nicht lügen und blieb darum die Antwort lieber schuldig. Dafür schaute er fragend neben die beiden Frauen, bis er seine Blicke schließlich in Worte fasste.

"Wo ist Therez, Mylady?" Marialles Miene verfinsterte sich augenblicklich. Sie hatte den Gedanken an ihre Schülerin so tief in sich verschlossen, dass sie vergessen hatte, dass man sie hier im Turm natürlich sofort nach ihr fragen würde. Betreten sah sie zu Boden. Sie brauchte einige Herzschläge um den schweren Strick zu lösen der sich um ihre Kehle zu schnüren schien, doch schließlich antwortete sie, mit einem sanften Lächeln.

"Es ist eine lange traurige Geschichte, aber soviel zwischen Tür und Angel, Hestian. Therez fiel den Machenschaften von Putress, dem Großapotheker von Unterstadt, zum Opfer. Bereitet eine Trauerfeier vor, dann werde ich die Umstände allen Bewohnern des Turms näher erläutern. Und schickt mir Maxime. Ich bin in meinem Arbeitszimmer." Der Kleriker nickte betreten und verbeugte sich tief ehe er die beiden Frauen passieren ließ. Marialles Arbeitszimmer war hoch oben im Turm und so war der Weg dorthin ein richtiger Spießrutenlauf. Alle paar Meter wurde sie von Lehrern aufgehalten und auf ihre unerwartete Abwesenheit angesprochen. Schüler und Schülerinnen machten ebenso wenig einen Hehl aus ihrer Neugierde.

"Maxime ist noch hier?", riss Odessa sie aus ihren Gedanken. Die Priesterin sah auf in die strahlend blauen Augen ihrer Freundin, während sich die beiden eine weitere Wendeltreppe hinaufschoben. Wie im ganzen Haus lagen beige Läufer mit goldenen Verzierungen, auch auf den Treppen. Die Decken waren hoch und es hallte, ähnlich wie in einer Kirche. Neben zahlreichen Gemälden und Wandteppichen hingen überall goldenen Kerzenhalter an den Wänden.

"Ja. Sie erzählte mir, dass ihr Verlobter nicht auf sie gewartet hat. Sie verschrieb sich ganz dem Dienst des Turms. Sie ist heute eine Weise Meisterin für viele Schüler. Aber sie kann eine gewisse Trauer einfach nicht ablegen. Ich weiß nicht wann ich sie das letzte Mal lächeln gesehen habe, aber ich war sicherlich auch genau die falsche um sie aufzumuntern. Meine eigene Trauer umgab mich immer viel zu sehr. Sie sagte irgendwann, dass ich ihren Schmerz allein durch meine Anwesenheit verdoppeln würde. Wenn es ging würde sie gern im Turm bleiben, aber sie möchte mich nicht jeden Tag sehen müssen. Meister Yskopaiah hat ihr schließlich die Gewächshäuser und Gärten anvertraut." Marialle seufzte schwer. Odessa schien überrascht und zog eine Augenbraue hoch.

"Heißt das, sie gibt dir die Schuld dafür, dass ihr Verlobter sie verlassen hat?", fragte sie daher.

"Ich denke schon. Ich weiß es aber nicht genau, wir haben seit dem nie wieder darüber gesprochen.", antwortete Marialle ehrlich.

"Was willst du denn jetzt von ihr? Willst du, dass sie uns begleitet? Falls du die alten Gefährten wieder zusammen trommeln willst. Wo der Schattenschreiter, der Nachtelf und der Zwerg sind, weiß ich zufällig." Odessa wurde hellhörig und in ihren blauen Augen bildete sich dieser jugendliche, aufgeregte Glanz, der die Hohepriesterin schmunzeln ließ.

"Nein, Odi. Warum auch? Der Lichkönig ist besiegt. Ich hoffe auf ein wenig Frieden. Ich möchte, dass sie mich vertritt. Dann zu meiner Familie und dann mit euch nach Theramore, wie du weißt." Die Pläne zusammen nach Theramore zurück zukehren hatten die vier Gefährten am Vorabend geschmiedet und Marialle freute sich schon sehr darauf, doch die Magierin war wirklich glücklich über den Wandel gewesen den das Gespräch zu diesem Zeitpunkt genommen hatte. Borigan hatte noch zuvor davon gesprochen weiter durch die Lande zustreifen, was Odessa augenscheinlich nur mäßig zu gefallen schien, aber auch er schien angetan von dem Gedanken wieder eine längere Zeit mit seiner ehemaligen Kommandantin verbringen zu können, ob sie nun anders war als vorher oder nicht.

"Und du meinst das macht sie?"

"Das werden wir sehen.", antwortete Marialle schlicht.

Endlich erreichten die beiden das Arbeitszimmer vom Oberhaupt des Turms. Auf Marialles Schreibtisch türmten sich die Pergamentrollen und Briefe und ihr Stuhl stand noch immer so schief da wie sie ihn verlassen hatte. Sie ging um den massiven Schreibtisch herum und strich mit einem Finger über das dunkle Holz. Er wurde zwischendurch nicht geölt und so fühlte sich das Material ungewohnt rau an. Odessa entzündete unterdessen mit einem winzigen Feuerzauber die vier Kerzenleuchter an den Wänden und den auf dem Tisch. Langsam ließ sich die Hohepriesterin in ihren schweren, mit rotem Samt bezogenen, Stuhl sinken, der aus demselben Holz gearbeitet war, wie der Schreibtisch. Sie atmete den vertrauten Geruch ein, der überall in diesem Raum war. In jedem Buch der beiden deckenhohen Bücherregale, die die Tür flankierten. In den roten Vorhängen die bis auf den Boden hingen. In ihrer Schreibfeder und in jedem Möbelstück. Es war ihr ureigener Duft der diesem Raum seine ganz spezielle Note gab. Mechanisch glitt ihre Hand zur obersten Schublade ihres Schreibtisches und zog sie behutsam auf. Ein routinierter Griff öffnete einen winzigen Geheimmechanismus an der Unterseite der Tischplatte und eine weitere kleine Schublade kam zum Vorschein, in der etwas golden glitzerte. Vorsichtig zog Marialle das fein gearbeitete Medaillon an seiner Kette heraus und legte es in ihre freie Handfläche. Langsam fast ehrfürchtig öffnete sie das kleine Kunstwerk, das sie schon einmal verschenkt hatte und betrachtete die beiden Worte, die ihr Leben bestimmten.

Licht & Liebe

Ein Klopfen riss sie, wie schon so oft in diesem speziellen Moment, aus ihren Gedanken. Geschickt ließ sie das Schmuckstück wieder in seinem Versteck verschwinden.

"Herein.", bat sie.

"Marialle, dem Licht sei Dank, dass du wohl auf bist. Du hast nach mir schicken lassen?" Es war eine deutlich gealterte Version von Maxime, die mit ihrem kastanienbraunen Haaren und den dazu passenden Augen, aber noch immer einen atemberaubenden Anblick bot. Die Jahre der Trauer hatten allerdings deutliche Spuren hinterlassen, so sah sie kalt und verbittert aus. Ihre Mundwinkel zeichneten Furchen die nach unten zeigte genauso wie zwischen ihren Augenbrauen, vom vielen grübeln. Sie schaute sich in dem Arbeitszimmer um und ihre Augen weiteten sich, als sie die Magierin entdeckte, die neben der Priesterin noch um einiges jüger wirkte obwohl sie dies kaum war.

"Beim Licht, Odi! Bist du es?", fragte sie erstaunt. Odessa schenkte ihr ein ehrliches Lächeln, nickte eifrig und schloss die ehemalige Gefährtin in die Arme.

"Schön dich zu sehen, Maxime. Ich bin Mari in Nordend begegnet." Als sich die beiden Frauen voneinander lösten, blickte die Priesterin erschrocken zu ihrer Obersten.

"Nordend? So weit hat man dich verschleppt?"

"Naja, das würde ich so nicht sagen, aber ja ich war in Nordend.", erklärte die Hohepriesterin ruhig.

"Nehmt doch bitte platz und dann erklären wir dir erstmal was geschehen ist."
 

Die Miene der dunkelhaarigen Priesterin verfinsterte sich während der Erzählung immer mehr, wenn auch Marialle kaum geglaubt hatte, dass dies überhaupt noch möglich sei. Immer wenn die Todesritterin zur Sprache kam wurde dies besonders deutlich. Als die Hohepriesterin geendet hatte ließ sie eine vorerst sprachlose Maxime zurück und es dauerte eine ganze Weile bis diese ihre Sprache wieder fand.

"Aber dann ist es wahr. Der Lichkönig ist wahrhaftig gefallen, wir können wirklich durchatmen." Marialle und Odessa nickten bestätigend.

"Ich werde meine Geschichte nachher noch dem ganzen Turm erzählen, in abgeschwächter Form natürlich, aber vorher wollte ich dich noch um einen Gefallen bitten." Maxime sah auf und ihre kastanienbraunen Augen waren nun fast schwarz.

"Dann frag.", sagte sie kühl, was Marialle schlucken ließ.

"Ich möchte dass du mein Stellvertreter bist, für jede geplante und ungeplante Abwesenheit, von meiner Seite.", erklärte die Hohepriesterin schlicht und sah der anderen Priesterin erwartungsvoll in die dunklen Augen.

"Ausgerechnet ich?", fragte diese und erneut lag Staunen in ihrem von Trauer gezeichnetem Antlitz.

"Ich weiß, Maxime. Wir waren nie die besten Freunde und seit unserer gemeinsamen Rückkehr in den Turm hat sich das noch verstärkt, dennoch vertraue ich niemandem so sehr, wie dir hier im Turm." Wieder brauchte Maxime etwas um eine Antwort zu finden. Aber sie entschloss sich für eine weitere Frage.

"Wo willst du hin dass du das direkt geklärt haben willst?", fragte sie ohne Umschweife. Marialle war etwas überrascht. Sie hatte damit gerechnet, dass die Priesterin sich nicht groß für Gründe interessieren würde und stattdessen sofort einschlug.

"Ich möchte meine Familie besuchen und dann mit Odi und Borigan eine Weile nach Theramore.", erklärte sie wahrheitsgemäß.

"Und was wenn ich das auch gern möchte? So sehr wie du, habe ich mich nie dem Turm verschrieben. Du weißt, dass es immer nur meine zweite Wahl war hier zu bleiben." Das stimmte wirklich. Vielleicht hatte Marialle es sich etwas zu leicht machen wollen, in dem sie Maxime um diesen Gefallen bat.

"Wenn es das ist was du möchtest, dann begleite uns. Dann werde ich Hestian bitten, mich zu vertreten." Endlich entspannten sich die Gesichtszüge der Priesterin und auch Marialle spürte wie die Anspannung in ihr endlich etwas nach ließ.

"Dann ist es abgemacht, wann verlässt du den Turm wieder?" Etwas anderes war nun in Maxime erwacht. Feuereifer, würde Marialle sagen, wenn sie diesen Glanz in den Augen einer ihrer Schülerinnen gesehen hatte.

"So schnell wie möglich.", antwortete sie knapp.

"Gut, dann schicke ich dir Hestian. Wenn du deinen Papierkram über Nacht bearbeitest, können wir morgen Früh zu deiner Familie weiterziehen." Ohne auf eine Antwort zu warten sprang die Priesterin auf und wandte sich zur Tür, stieß sie auf und verschwand aus dem Raum. Verwirrt blieben Marialle und Odessa zurück.

"Die war ja wie von der Frosttarantel gestochen.", kam es gepresst von der quirligen Magierin.

"Allerdings. Ich hatte vielleicht unterschätzt, wie eingepfercht sie sich hier fühlt. Naja vielleicht schickst du doch mal nach Bertak, Efendral und Malek, Odi. Und in Theramore sind wir dann mit Will wieder alle beisammen.", witzelte Marialle.

"Ach der..." Die Priesterin zog eine Augenbraue hoch.

"Was ist denn mit ihm?", fragte sie etwas verwundert über den genervten Tonfall ihrer Freundin.

"Der hat doch eh nur Augen, für seine Stadthalterin." Daher wehte der Wind.

"Na, Odi. Du hast doch jetzt Borigan.", versuchte sie die Magierin zu beschwichtigen.

"Jaaa, manche Gewohnheiten legen sich aber nicht so leicht ab.", erklärte Odi lachend und streckte Marialle keck die Zunge raus.

"Mit der hat er schon zwei Kinder und mimt den Oberpriester in Theramore. Ich denke nicht, dass er sich noch für unsere Gruppe groß interessieren würde." Der Gedanke stimmte Marialle nun auch beinah etwas traurig und so verstand sie ihre Freundin ein Stück weit.

Es klopfte erneut an der Tür und dieses mal stand Hestian vor davor. Nachdem auch er sich gesetzt hatte und Marialle ihm die Umstände ihres langen Fernbleibens erklärt hatte, stellte sie ihm also dieselbe Frage, wie zuvor Maxime. Anders als seine Vorgängerin war der Kleriker allerdings hellauf begeistert und nahm direkt an.

Mit einer Sorge weniger schritten die drei ein wenig später also in den großen Speisesaal. Der Saal war ganz ähnlich eingerichtet wie der gesamte Turm, nur in viel größeren Dimensionen. Über jeder großen, runden Tafel, die einem guten Dutzend Personen Platz bot, hing ein gewaltiger Kronleuchter aus Gold in den unzählige Kerzen gefasst waren. Die Hohepriesterin erklärte den Lehrkräften und Schülern wie angekündigt eine gekürzte Version ihrer Entführung und ebenfalls, dass sie schon morgen wieder aufbrechen würde. Ebenfalls ernannte sie Hestian offiziell zu ihrem Stellvertreter. Gemeinsam schwieg man für Therez und betete, dass ihre Seele ins Licht gehen möge.

Marialle genoss diese kurze Zeit in der Umgebung die ihr wie keine andere auf der Welt, vertraut war, aber es drängte sie wieder hinaus. In die weite Welt und vorallem in die Arme ihrer geliebten untoten Elfe, die vor den Toren des Turms auf sie warteten. In dem Moment wurde ihr klar, dass sich die Geschichte irgendwie wiederholte und das ließ sie seicht, in den großen Speisesaal, lächeln. Sie würde das Versprechen, dass sie einst ihrem Meister Yskopaiah gab nicht brechen, sie würde weiter die Herrscherin des Turms bleiben, aber sie wird sich dabei nicht selbst aufgeben. Ein warmes Gefühl der Sicherheit, genau das richtige zu tun, stieg in der Hohepriesterin hoch und zufrieden lehnte sie sich in ihren riesigen, thronartigen Stuhl zurück und widmete sich wieder dem Mahl das vor ihr stand.

Anschließend begaben Marialle, Odessa und Maxime sich zurück in das Arbeitszimmer der Hohepriesterin.

"Der Papierkram dauert sicherlich die ganze Nacht.", stöhnte Marialle genervt.

"Na komm wir helfen dir. Um so schneller können wir aufbrechen.", kam es von Maxime, was Odessa laut protestieren ließ.

"Also ich habe nie behauptet, dass ich dich zum Helfen begleite, Mari! Ich kann das auch..." Weiter kam die Magierin nicht.

"Nun hab dich nicht so Odi, wozu sind Freunde denn da?"

Familienbande

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Familienbande
 

Irgendwie hatte Dolette es sich ganz anders vorgestellt mit diesem Mann Zeit allein zu verbringen. Schließlich war er einmal ihr Vertrauter und Marialle hatte erzählt, dass keiner ihrer Gefährten sie so lange kannte wie Borigan. Es war ruhig hier an den Mauern um den Turm des heiligen Lichts. Die vielen Bäume um das kleine Lager der Todesritterin und des Kriegers verschluckten jegliches Geräusch, das von außerhalb an den Turm hätte dringen können. Die Sterne glitzerten heute Nacht nur matt auf die Erde herunter und der Mond stand so schief, dass sein Licht kaum durch das dichte Blätterdach fiel. Der Mensch saß noch immer schweigend auf seinem Felllager und stocherte mit einem Stock im Feuer. Die Todesritterin nervte dieses Schweigen zusehends, was sie gleichermaßen irritierte. Sie war selbst nicht die gesprächigste und ihr wollte auch einfach nichts einfallen, worauf sie den Krieger direkt ansprechen konnte. Gestern im Blauen Emerit war es auch kein Problem gewesen sich zu unterhalten.

"Was ist eigentlich los mit dir, Borigan?", stieß sie nun resignierend hervor, weil ihr einfach nichts Besseres einfallen wollte. Er reagierte nicht. Geistesabwesend trieb er unentwegt, den Ast in seiner Hand, in die heiße Glut vor sich. Die Todesritterin verlor langsam die Geduld, hörte er sie vielleicht gar nicht?

"Borigan!" Endlich zuckte er zusammen und ließ beinah sein hölzernes Stocherwerkzeug fallen.

"Lady Glutklinge?" Er sah sie überrascht an, so als ob er nie im Leben damit gerechnet hätte von seiner ehemaligen Kommandantin auch nur angeschaut zu werden.

"Nenn mich bitte Dolette, ich habe mit deiner Kommandantin kaum mehr etwas gemein. Wo bist du nur mit deinen Gedanken?", fragte sie erneut.

"Ich denke in euch steckt noch sehr viel von eurem alten Ich. Ihr tragt nur nicht mehr die schillernde Rüstung eines Paladins, Mylady.", versuchte er die Frage charmant zu umgehen. Er wandte seine graublauen Augen wieder zurück auf das Feuer und auf Dolette wirkten sie matt und müde. Sie stand auf und ging zu ihm rüber, um sich neben ihm auf seinem Fell nieder zu lassen.

"Was beschäftigt dich, mein Freund?" Ein weiteres mal würde sie ganz sicher nicht fragen, aber wenn schon ein letztes mal, dann mit Nachdruck, dachte sie sich als sie nah an ihn heran rückte und ihm die Möglichkeit nahm, sie wieder zu überhören.

"Ach...Ihr habt doch bemerkt, dass da zwischen Odessa und mir etwas ist.", begann er zögerlich.

"Aber ich kann meine liebe Frau, das Licht hab sie seelig und natürlich meinen kleinen Sohn einfach nicht vergessen, seit wir uns das erste Mal etwas näher kamen. Odessa ist ihr einfach unheimlich ähnlich und es kommt mir vor, als wäre mir das erst jetzt bewusst geworden. Und nun sehe ich dieses schöne Mädchen an und sehe umgehend meine Frau vor mir und somit meinen Verrat an ihr. Odessa wird das sicher auch nicht mehr lange mit machen." Der gestandene Krieger seufzte tief und ließ den Kopf wieder hängen.

"Verrat? Du hast das Gefühl, du betrügst deine Familie wenn du Glücklich bist?" Borigan nickte leicht. Natürlich wusste die dunkle Ritterin schon, was Borigan beschäftigte, aber es aus seinem Munde zu hören machte es für sie nicht verständlicher. Seine Familie war tot, warum fühlte er sich als würde er sie verraten.

"Meinst du nicht sie wären glücklich, ganz allein schon deshalb, weil du es nach all den Jahren endlich wieder bist? Meinst du deine Familie hat das für dich gewollt? Dass du ihren Tod den Rest deines Lebens betrauerst? Ich denke das Leben eines Toten zu ehren bedeutet etwas anderes. Für mich ehrst du deine Familie dadurch, dass wann immer du glücklich bist, an sie denkst. Das du sie nicht vor lauter Glück vergisst. Auf diese Weise teilst du dein Glück mit ihnen. Ich glaube besser kann man es gar nicht machen, Borigan." Sie legte ihm freundschaftlich eine Hand auf die Schulter und war dabei verwundert über sich selbst. Dass sie soviel Empathie für einen Menschen, eigentlich überhaupt ein anderes Wesen aufbringen konnte war ihr neu, aber wann hatte sie sich je mit dieser Art Verlust und demjenigen der sie empfand, beschäftigt. Plötzlich meinte sie eine gewisse Verbundenheit zu dem Krieger zu spüren auf die sie zwar durchaus gewartet, aber nicht damit gerechnet hatte, sie tatsächlich zu empfinden.

"Und Odi ist eine kluge Frau. Sie hat Geduld und weiß, schätze ich zumindest, ganz gut was in dir vor geht." Borigan hatte mittlerweile wieder aufgesehen und etwas anderes tanzte nun in seinen graublauen Augen. Hoffnung, wenn nicht sogar Glück.

"Meint ihr, Mylady?", fasste er den Ausdruck nun auch in Worte. Die Todesritterin verzog das Gesicht, es wurde hart und kalt.

"Nenn mich Dolette, Borigan.", sagte sie kühl und bestimmt, doch fing dann an zu lächeln.

"Ganz sicher, mein Freund.", fügte sie noch hinzu und nun fing auch er leicht an zu lachen.

"Na gut, wenn du unbedingt drauf bestehst." Er zog eine Flasche Bourbon aus seiner Tasche und zog die beiden Becher zu sich, die nah beim Feuer standen.

"Dann lass uns das begießen. Manche Dinge ändern sich nämlich nie.", verkündete er nun mit einem breiten Grinsen und goss die braune, klare Flüssigkeit zwei Finger breit in die Becher. Er drückte der Elfe einen der Becher in die Hand und schlug kräftig mit seinem dagegen. Gemeinsam ließen sie das hochprozentige Getränk ihre Kehlen hinunter laufen und es brannte heiß in Dolettes verkümmerten Gedärmen. Der Krieger lachte laut wie ein Bär und klopfte ihr hart auf den Rücken. Dies kam dem Borigan den Marialle beschrieben hatte viel näher und die Todesritterin fand gleich, dass sein Lachen überaus ansteckend war.

So saßen die beiden noch bis spät in die Nacht zusammen und erzählten sich Geschichten von ihren Kämpfen und Sagen von Kriegern. Sie lachten viel und zum ersten Mal bedauerte die dunkle Elfe sich nicht an ihr Leben vor dem Tod erinnern zu können.
 

Marialle wollte keine große Abschiedszeremonie, darum verzichtete sie auf noch ein paar Stunden Schlaf, nachdem sie mit Hilfe von Maxime und Odessa den großen Haufen Papiere abgearbeitet hatte, der sich die ganzen Wochen ihrer Abwesenheit angehäuft hatte. So war der Morgen grade herein gebrochen, als sie noch ein paar Sachen gepackt und sich zusammen mit den beiden Frauen leise durch die leeren Gänge des Ausbildungsturms geschoben hatte. Wie erwartet waren die Flure leer bis auf die beiden Wachen die an der großen Flügeltür Wache hielten, die nach draußen führte. Bei den beiden Klerikern wartete Hestian, der es sich offenbar nicht nehmen lassen wollte seine Oberste zu verabschieden.

"Guten Morgen Myladys. Ihr reist also tatsächlich direkt wieder ab.", begrüßte er die drei Frauen. Sie nickten ihm freundlich zu.

"Ja, Hestian. Meine Familie ist sicher auch in Sorge. Ich will sie nicht länger als nötig warten lassen."

"Nun denn, Mylady. Der Turm ist in guten Händen.", versprach der Kleriker.

"Da bin ich mir sicher, mein Freund. Wir werden uns bald wieder sehen.", gab sie zurück. Er trat einen Schritt zur Seite um die drei durch die Türe zu lassen.

"Auf bald!", rief er ihnen noch hinterher, während sie durch das große Haupttor traten. Wenige Körperlängen weiter warteten schon Dolette und Borigan auf die drei Frauen. Den kühlen Blick der dunkelhaarigen Priesterin neben sich, mit dem sie die Todesritterin belegte, konnte Marialle förmlich spüren und zum erstem mal breitete sich Unbehagen in ihr aus, beim Gedanken daran Maxime mit auf Reisen zu nehmen.

"Na wen haben wir denn da?", begrüßte Borigan die dunkelhaarige. Er zog die Priesterin in eine herzliche Umarmung, die sie zögerlich erwiderte.

"Guten Morgen.", sagte sie steif und nickte über seine Schulter in die Richtung der Todesritterin.

"Hört mal.", verschafft sich nun Marialle Gehör, nachdem Borigan sich von Maxime gelöst hatte.

"Odi brachte mich auf die Idee, Malek, Efendral und Bertak auch mit nach Theramore zu nehmen. Was haltet ihr davon?" Marialle konnte sehen wie es in den Geistern ihrer Gefährten ratterte, nur Odessa lächelte glücklich. Romantisch wie sie war, schien ihr die Vorstellung ihrer versammelten Gefährten, mehr als nur zu gefallen. Borigans Miene war hell, ihm schien die Idee ebenfalls zu gefallen, nicht mehr der einzige Mann in dieser Frauenrunde zu sein. Der Ausdruck auf dem untoten Gesicht der Elfe war finster, aber offenbar schrieb sie sich selbst kein Mitentscheidungsrecht zu. Die Züge von Maxime waren undurchdringlich und machten es der Hohepriesterin unmöglich zu sagen, ob sie überhaupt eine Meinung dazu hatte.

"Also gut, Odi. Im nächsten Dorf schicken wir einen Boten nach Eisenschmiede, vielleicht sind die drei ja noch da." Odessa nickte. Marialle hatte es gar nicht richtig mitbekommen, aber jetzt wurde ihr klar, dass durch die Zurückhaltung der dunklen Ritterin, sie selbst in die Stellung der Kommandantin zwischen ihren Gefährten gerutscht war. Alle schienen das mit Wohlwollen einfach hinzunehmen, aber irgendwie machte dieser Umstand der Priesterin deutlich, dass es nie wieder so werden würde wie es einst war. Unwillkürlich musste sie an Gernodt, Orphan und ihren Bruder denken. Wie könnte es ohne die Opfer die ihre Abenteuer gefordert haben wieder auch nur annähernd so werden wie es mal war. Marialle schalt sich für ihre Naivität. Von einer Hohepriesterin konnte man sicherlich mehr erwarten, als sich an so kindliche Erwartungen und Hoffnungen zu klammern. Eine vertraute kühle Berührung an ihrer Hand riss sie aus ihren traurigen Gedanken. Die Hohepriesterin schaute auf in das blasse, untote Gesicht ihrer Liebsten, dass sie sorgenvoll anschaute, als könnte sie lesen was in ihr vorging. Sofort fing der freche goldene Schimmer in dem leuchtenden Blau der Todesritteraugen an zu flackern und die Sänfte, die in diesem Blick lag, vertrieb die finsteren Gedanken so schnell wie sie gekommen waren.

Als Antwort auf die unausgesprochene Frage nach ihrem Befinden, legte sie Dolette ihre Lippen auf und küsste sie, als hätten sie sich weit länger als nur einer Nacht nicht gesehen. Die dunkle Elfe ließ sich augenblicklich von den fordernden Lippen der Priesterin beruhigen und so schlangen sich eisige Arme um ihren warmen Körper. Zogen sie fest an sich und ließen erst wieder locker als die sarkastische Stimme von Maxime an ihre Ohren drang.

"Es gibt anscheinend Dinge die ändern sich nie, egal was passiert ist.", sagte sie schnippisch.

"Ach lass sie doch, sie mussten doch lang genug aufeinander verzichten.", warf Odessa ein. Wehmütig löste Marialle sich aus dem Kuss, drohte sich aber gleich wieder in dem goldenen Funken zu verlieren als sie Dolette erneut in die Augen sah.

"Warum nehmen wir die eigentlich mit?" Argwohn wenn nicht sogar Misstrauen schwangen in den geflüsterten Worten mit.

"Ich weiß gar nicht was du willst. Früher habt ihr euch äußerst gut verstanden.", gab Marialle flüsternd und kichernd zurück, bevor sich die beiden ganz voneinander lösten.

"Bitte entschuldigt. Habt ihr beide denn schon eure Sachen zusammen gepackt?", fragte die Hohepriesterin nun Borigan und Dolette.

"Natürlich nicht, wir wussten ja nicht mit Sicherheit, ob es so schnell geht.", antwortete Borigan für beide und so machten sie sich eilig daran ihr Habe zusammen zuräumen und auf den Weg zum Hof der Lichtsprungs zu kommen.
 

Das Gelände von Marialles Familie war nicht einmal eine halbe Tagesreise weit entfernt, doch für Dolette ging es viel zu schnell. Sie war so weit von dem entfernt was die Familie in Erinnerung hatte. Die Paladin die sie einst war ist schon lange verstorben und die Todesritterin hoffte inständig, dass Marialle das nicht vergessen hatte. Die Elfe warf einen Blick an ihre Seite. Unbeschwert marschierte die Hohepriesterin neben ihr her. Ihr konnte es anscheinend nicht schnell genug gehen.

"Mari! Geh doch nicht so schnell, wenn du uns abhängst verlaufen wir uns noch." Dolette versuchte einen unbeschwerten Ton in den Witz zu legen, doch daran wie sich der Blick ihrer Liebsten änderte konnte sie erkennen, dass ihr das nur mäßig gelang.

"Sie werden dich nicht verurteilen, Dole. Ich würde ja sagen du kennst sie ja, aber trotzdem. Sie werden dich in ihrer Mitte aufnehmen, genau wie sie es das erste Mal getan haben." Die Todesritterin verfluchte sich selbst dafür, dass sie nicht besser verbergen konnte was in ihr vorging, aber so wie es schien vermochte Marialle schon immer in ihr lesen zu können, wie in einem offenen Buch. Ein Schmunzeln glitt über ihre blutleeren Lippen.

"Du weißt aber auch immer was in mir vor geht, mh?"

"Natürlich, schließlich bin ich es doch.", gab sie sanft lächelnd zurück. Ihre bernsteinfarbenen Augen funkelten golden im strahlenden Sonnenlicht und einmal mehr wirkte die schlanke Gestalt der Hohepriesterin heilig auf die dunkle Elfe. Sie ergriff Dolettes kühle Hand und der warme Strom der sie daraufhin durchzog, spendete der Todesritterin Zuversicht. Einzig der finstere Blick der anderen Priesterin Maxime, der seit ihrem Aufbruch auf ihr zu ruhen schien, ließ die Zweifel in der dunklen Ritterin nicht gänzlich vergehen.

Die fünf Gefährten kamen gut voran. Sie passierten einige Dörfer, die Dolette geschickt umlief und Odessa schickte einen Boten nach Eisenschmiede, mit der Nachricht für Efendral, Bertak und Malek. Als die Sonne hoch am Himmel stand erreichten sie ein fein gearbeitetes Stahltor auf dem in zierlichen Lettern der Name Lichtsprung gearbeitet war. Genau wie Marialle es beschrieben hatte war der Weg zu dem großen Haupthaus kurz, aber dahinter erstreckte sich das große Gelände, das zum Hof gehörte. Ein vertrautes Gefühl beschlich die ehemalige Paladin, wenn auch sie sich sicher war noch nie einen Fuß auf diese Ländereien gesetzt zu haben. Von weitem konnte man schon die Männer auf den Feldern erblicken, die dort ihrem Tagewerk nachgingen. Aus dem Haupthaus drangen rufe einiger Frauen und vorallem der Kinder, die dem Hof Leben einhauchten. Die Gefährten gingen langsam auf dem gepflasterten Weg Richtung Haupthaus. Dolette ließ sich immer mehr zurückfallen. Das Unwohlsein, das sie schon auf dem ganzen Weg hier her verspürte, steigerte sich unaufhörlich und sie musste unwillkürlich an Berthold denken. Marialles verstorbenen Bruder. Sie kam nicht umhin sich selbst die Schuld an seinem Tod zu geben und noch dazu hatte sie eine mehr als unglückliche Marialle hinterlassen, als sie starb. Sie war nun zwar eine Todesritterin was in vielerlei Hinsicht eine Strafe war, aber es war mehr als ungerecht, dass sie weiter in dieser Welt wandeln durfte, wenn ein guter Mensch wie Berthold es war, endgültig Tod war. In ihre düsteren Gedanken versunken bemerkte die dunkle Elfe gar nicht wie schnell sie der großen Flügeltüre näher kamen, die ins Haupthaus führte, als sie auch schon aufsprang. Eine Junge Frau, grade erwachsen, trat aus der Tür. Ein Windstoß erfasste ihr einfaches Bauernkleid und ihr hellbraunes offenes Haar, das ihr locker auf die Schultern fiel und wirbelte es auf. Nachdem sie einige male in die Sonne blinzelte, wurden die Gefährten von ihrem bernsteinfarbenen Blick erfasst, in dem die Sonne golden tanzte. Dolette erstarrte augenblicklich in ihrer Bewegung. Marialle hatte erzählt wie stark die Ähnlichkeit zwischen ihr und Beatrice sein musste, aber das hier raubte der Todesritterin den Atem und beraubte sie der Fähigkeit sich weiter fort zubewegen. Der jungen Schönheit schien es ganz ähnlich zu gehen, denn wo eben noch ein seichtes, leicht genervtes Lächeln war, war jeglicher Ausdruck aus ihrem Gesicht verschwunden und starr fixierte sie die dunkle Ritterin, bis sie von Marialle aus ihrer Starre gerissen und von dieser in eine herzliche Umarmung gezogen wurde.

Dolette stand noch immer unbeweglich an Ort und Stelle und bedachte die beiden Frauen, die sich so ähnlich sahen mit ihrem forschenden Blick. Sie konnten doch unmöglich nur Tante und Nichte sein.

Es dauerte eine Weile bis der Wind sich drehte und die Worte die die beiden wechselten zu der Elfe trug.

"....gehört du wärst entführt worden, Tante Mari. Bist du wohl auf?", fragte eine warme süße Stimme voller Sorge.

"Eine lange Geschichte Bea. Mir geht es gut. Ich werde heute Abend alles erzählen, wenn alle da sind." Marialles ruhige, erhabene Stimme mischte sich dazu und in Dolettes Ohren bildeten die beiden einen perfekten Einklang. Der bernsteinfarbene Blick der jüngeren ruhte noch immer auf der Todesritterin und versuchte offenbar zu verstehen, was für ein Wesen sie da vor sich haben mochte und obwohl sie noch einige Körperlängen voneinander entfernt standen, kam es Dolette so vor als stünde sie direkt neben Marialle und war, den alles durchdringenden, Blicken ihrer Nichte auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Der Wind trug die leisen gesprochenen Worte von Beatrice wieder an die langen, empfindsamen Ohren der dunklen Elfe.

"Mari, ist das Dole? Wie ist das möglich?" Dolettes Miene verzog sich leicht, was die junge Frau zusammenzucken ließ. Marialle flüsterte nun fast und zog Beatrice noch ein wenig näher an sich.

"Sie wurde als Todesritterin wieder erweckt, Bea.", erklärte sie ruhig und fing die Erschütterung auf, die durch den Körper ihrer Nichte zog. Die dunkle Elfe sah beschämt zu Boden. Das war eine Reaktion mit der sie gerechnet hatte. Angst und Abscheu. Sie hätte wohl lieber doch nicht mit auf den Hof kommen sollen. Als sie sich wieder traute auf zusehen hatte Beatrice sich aus der Umarmung der Priesterin gelöst und trat langsam auf die Todesritterin zu. Sie schien die Distanz im Bruchteil eines Herzschlags zu überwinden und stand der dunklen Ritterin nun Aug in Aug. Das schöne Antlitz und der verwirrte Ausdruck schnürten Dolette die Kehle zu und es war ihr unmöglich etwas zu sagen. Die junge Frau stand unbeweglich vor ihr und schaute ihr tief in die blau leuchtenden Augen.

"Erinnerst du dich etwa an dein Leben?", fragte Beatrice flüsternd. Dolette ließ den Blick wieder nach unten schweifen. Sie hätte gerne eine Erklärung parat, die jeder sofort verstehen könnte, aber so schüttelte sie nur den Kopf.

"Nein, Marialle hat mir alles über unser gemeinsames Leben erzählt, weil... weil die Verbindung auch jetzt noch immer da ist.", erklärte die Todesritterin kleinlaut.

"Ja, ich sehe es daran wie du mich anschaust, Dole. Willkommen zu Hause." Dolette schaute verwundert auf in die bernsteinfarbenen, fast goldenen Augen aus denen der Zweifel verschwunden war und die nun von einem sanftem, beinah weisem Lächeln umspielt wurden, wie Dolette es sonst nur von der Hohepriesterin kannte. Die Todesritterin ergab sich dem Impuls die junge Frau einfach in die Arme zu schließen und sie fest an sich zu drücken. Beatrice erwiderte die Umarmung zunächst etwas steif, bis sie es schmunzelnd zuließ.

"Beim Licht, du bist eiskalt, Dole.", sprach Marialles Nichte leise an Dolettes langem Ohr, worauf hin sie die zierliche Frau sofort aus der Umarmung entließ und sich verlegen am Hinterkopf kratzte.

"Entschuldige bitte.", kam es wieder kleinlaut von der dunklen Ritterin. Marialle stellte sich nun neben ihre Geliebte und stieß ihr sanft mit dem Ellbogen in die Rippen.

"Es gibt wirklich Dinge, die ändern sich nie, was?" Ein wissendes Lächeln hatte sich auf die vollen Lippen gestohlen und sie hakte sich bei Dolette unter.

"Vielleicht solltest du einen Moment vor der Tür warten. Um ehrlich zu sein weiß ich nicht wie die Familie auf dich reagiert, Dole.", gab Beatrice zu bedenken, doch Marialle zog weiter am Arm der Untoten.

"Bea, du sprichst hier von unserer Familie. Auch wenn sie kurz geschockt sind, werden sie Dole genauso wie früher in ihrer Mitte aufnehmen. Oder hat sich hier etwas maßgeblich verändert seit meinem letzten Besuch?"

"Nein, selbstverständlich nicht Tante. Aber wir haben auch alle um Dole getrauert, genau wie du und ich habe etwas Angst davor, dass das in etwas anderes umschlägt.", erklärte Beatrice ruhig.

"Du solltest mehr vertrauen haben. Nun kommt schon lasst uns rein gehen. Wo wolltest du eigentlich grade hin, Bea?" Die Angesprochene schaute zu Boden und ein rosa Schimmer stahl sich auf ihre Wangen.

"Eh ja, ich wollte jemanden auf dem Markt besuchen, aber das ist jetzt nicht so wichtig.", kam die Antwort der jungen Frau etwas zu schnell. Beatrice wandte sich von den beiden ab und begrüßte Maxime, Odessa und Borigan eine Spur zu überschwänglich.

"Es wird schon alles gut gehen, mach dir keine Sorgen", sagte Marialle ruhig und so leise, dass nur Dolette es hören konnte. Sie ließ ihre Hand von der Armbeuge der Todesritterin runter zu ihrer Hand streichen und umschloss sie sanft mit ihrer. Augenblicklich erschien das silberne Leuchten in den bernsteinfarbenen Augen und Dolette beruhigte sich ein weiteres mal zusehends.
 

Beatrice schritt voran durch die große Flügeltüre und ging sogleich in die Küche. Wie immer war ein lautes Scheppern die Antwort auf Marialles Ankunft und schon kam ihre Mutter aus der Küche gestürmt. Magereth hatte sich kaum verändert. Sie war noch immer die gealterte Schönheit, aufrecht und auf ihre Art elegant. Die langen grauen Haare kunstvoll zu einem Dutt zusammen gebunden. Sie schloss ihre jüngste in die Arme und hielt sie einen Moment, bevor sie sich von ihr löste und auf Dolette zu schritt. Katrice kam in dem Moment ebenfalls aus der Küche.

"Marialle, beim..." Sie unterbrach sich, als sie ihre Schwiegermutter beobachtete und vorallem auf wen sie zutrat. Magereth warf der Hohepriesterin noch einen verwirrten Blick zu und kam vor der Todesritterin zum Stehen.

"Eine Todesritterin..." Erkannte das Oberhaupt der Familie Lichtsprung sofort.

"Ja, Magereth. Nichts in mir ist wie vorher, einzig die Gefühle für Marialle habe ich mitgenommen in mein untotes neues Leben." Diese Worte hatte Dolette sich bereits zurechtgelegt, das erkannte die Hohepriesterin an der steifen Art, wie die Todesritterin sie vortrug. Marialle fand, dass sie damit maßlos übertrieb, aber die Züge ihrer Mutter wurden weich, als sie die Wahrheit in den strahlend blauen Augen der dunklen Elfe fand. Sie legte Dolette eine Hand auf die fahle Haut ihrer Wange.

"Ich kann es sehen. Wie ist das möglich? Todesritter sind doch zu so etwas gar nicht fähig, oder etwa doch?", fragte die betagte Frau in die Runde und ein Schnauben aus der Richtung von Maxime erklang.

"Das erkläre ich später wenn alle da sind.", sprach Marialle über das Schnauben hinweg. Sie zog auch Katrice in eine Umarmung und ließ sich von ihr in die Küche ziehen. Dort stand Daria am Herd und schaute verwirrt in die Gesichter der fünf Neuankömmlinge.

Auch ihre Begrüßung fiel etwas steif und knapper aus, als Marialle es gewohnt war, aber alles in allem war sie damit zufrieden, dass man die Todesritterin nicht vom Hof jagte. Die jüngste ihrer Schwägerinnen war besonders reserviert geblieben und die Hohepriesterin konnte sich auch denken woran das lag. Daria und Jazper hatten sich sicherlich nicht vorgestellt ihre Tochter eines Tages in der Obhut einer Todesritterin zu wissen, falls ihnen tatsächlich etwas zustoßen sollte. Natürlich wusste Marialle es besser, aber man müsste ihrer Familie auch etwas Zeit geben diesen Umstand zu verdauen. Ihre Gefährten und die Priesterin hatten mittlerweile an dem riesigen Tisch in der Küche Platz genommen und gemeinsam mit den drei Frauen tranken sie einen Tee, der für Marialle mehr denn je nach zu Hause schmeckte. Das Kichern heranstürmender Kinder riss sie aus ihrer Nostalgie und schon schossen die beiden Zwillingsmädchen, Leah und Larah um die Ecke in die Küche, gefolgt von Giselle und Markos. Die Zwillinge waren richtig groß geworden und auch die beiden anderen kleinen hatten mittlerweile schon einige Winter gesehen. Ohne jegliche Scheu sprangen die beiden Zwillinge auf den Schoß der Todesritterin, die damit sichtlich überfordert schien.

"Tante Mari, du hast uns Dolette wieder gebracht!", rief Leah quer über den Tisch.

"Ich wusste ja, dass du eine tolle Priesterin bist, aber dass du das zu Stande bringst. Unglaublich!", kam es auch nachdenklich von der ruhigeren Larah.

"Ruhig Mädchen, das ist alles sehr kompliziert und Dolette hat ihr Gedächtnis verloren, also stürmt doch nicht so auf sie ein.", versuchte Magereth die Mädchen zu beruhigen.

"Guck mal die schwarze Rüstung ist ja toll.", ließ sich nun auch der kleine Markos vernehmen.

"Uah und das Schwert erst! Das ist ja viel größer als dein altes.", pflichtete Leah ihm bei. In dem Moment kam ein kleines Mädchen mit dunkelbraunen Haaren, zu zwei Zöpfen geflochten in die Küche und zog ein Kuscheltier hinter sich her. Sie gähnte ausgiebig, als sie zum Stehen kam.

"Beim Licht, Ema. Komm her meine Kleine.", stieß Marialle nun aufgeregt hervor und erntete einen überraschten Blick von Dolette, die sich endlich von den Zwillingen losreißen konnte.

"Tante Mariiiii!", rief die kleine Tochter von Daria und Jazper, flitzte auf die Priesterin zu und sprang ihr in die Arme. Das war etwas was die Priesterin ihrer Liebsten noch nicht berichtet hatte, sie wollte dass sie dieses Glück selbst erfuhr wenn sie ihre kleine Patentochter zum ersten Mal in ihren Armen halten würde. Marialle wechselte einen Blick mit Daria und trat langsam mit der kleinen auf dem Arm zu Dolette. Sie setzte das kleine Mädchen auf den Schoß der Todesritterin und wartete einen kleinen Augenblick.

"Das ist deine kleine Patentochter Emarielle. Ema, das ist deine andere Patentante Dolette von der ich dir schon so viel erzählt habe." Die dunkle Elfe sah mit großen Augen auf das kleine Wesen in ihren Armen herab und Emarielle schaute erwartungsvoll mit ihren großen bernsteinfarbenen Augen zu ihr auf, bevor sie begann erfreut zu quietschen.

"Tante Dole?"

Hochzeitspläne

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Hochzeitspläne
 

Das Gästezimmer in dem Dolette am Fenster saß und nachdenklich hinaus starrte, wurde nur schemenhaft durch den Mond beschienen. Marialle ließ nun schon die halbe Nacht auf sich warten. Offenbar ließen sich ihre Brüder nicht beruhigen. Warum auch? Wenn die dunkle Elfe so darüber nach dachte, würde sie sich selbst auch nicht einfach in ihrer Familie willkommen zurück heißen. Nicht als das was sie jetzt war, als Todesritterin.

Sie ließ ihre Gedanken zurück schweifen, in die große Küche drüben im Haupthaus. Noch immer spürte sie die kleine, fröhliche Tochter von Daria und Jazper auf ihrem Schoß sitzen. Dolette konnte sich gar nicht dagegen wehren, aber sie fühlte sich sofort mit der quirligen Emarielle verbunden. Es erschien ihr ganz natürlich sie so nah bei sich zu haben und dem kleinen Mädchen schien es genauso zu ergehen. Keine Schüchternheit war in den großen Herbsteindaebenen Augen zu erkennnen. Munter plapperte ihre Patentochter von ihrem Kuscheltier, ihren Eltern, ihrem Lieblingsbaum und allem anderen was ein kleines Mädchen das grade die große weite Welt entdeckte noch so beschäftigte.

Emarielle war so aufgeregt gewesen, dass sie nach einer Weile, als die Sonne sich schon dem Untergang neigte, einfach auf Dolettes Schoß eingeschlafen war. Die Todesritterin spürte die warmen, liebevollen Blicke von Marialle auf sich ruhen und auch Daria hatte sich zusehends mit der Situation angefreundet.

Kurz darauf waren die derben Stimmen der Männer, der Lichtsprungs, von draußen zu hören. Ein junger, schlaksiger betrat als erster den Raum, noch immer ein breites Grinsen auf den Lippen. Seine braunen Haare fielen ihm locker in die Augen und verdeckten somit seinen Blick. Doch als er in seiner Bewegung erstarrte, war Dolette klar, dass dieser sie gefunden hatte. Der zweite noch etwas jüngere stieß leicht gegen ihn und wollte schon anfangen Johannez zu beschimpfen. Als er seinem Blick jedoch folgte blieben Patrice die Worte im Halse stecken.

Behäbig schoben sich nun auch die vier Brüder von Marialle an ihren Neffen und Söhnen vorbei, ins Innere der Küche.

Die Lichtsprungmänner hätten nicht unterschiedlicher reagieren können und so verfielen sie augenblicklich in Diskussionen, nachdem die Worte "Todesritterin" und "Dolette" gefallen waren. Einzig Jazper trat ruhig und beherrscht direkt auf die dunkle Ritterin zu und nahm ihr das kleine Bündel ab, zu dem Emarielle sich zusammengerollt hatte. Sein Blick war undurchdringlich.

Für Dolette wurde es in diesem Moment ruhig im Raum und sie blendete die lauten Streithähne aus. Die Elfe hatte nur Augen für den jüngsten der Lichtsprungbrüder und das kostbare Gut, das nun er in seinen Armen trug. Ein merkwürdiges Gefühl, das sie noch nie für ein anderes Wesen als Marialle empfand, drohte in ihr aufzusteigen, doch sie drängte es mit aller Macht zurück. Sie hatte wahrlich kein qRecht auf Emarielles wVater eifersüchtig zu sein und schon gar nicht in diesem Moment. Jazper bedachte die dunkle Ritterin eines weiteren Blickes, der nun fragend und mehr und mehr zornig erschien. Er blickte in das liebliche Gesicht seiner Tochter und seine Züge wurden weich, nur um sich direkt wieder zu verhärten, als er den Blick seiner Frau Daria fand. Verachtung lag in seinen braunen Augen und ehe jemand hätte reagieren können, schnellte seine Hand vor und traf Darias Wange so hart, dass sie durch die Wucht des Schlages taumelte und gegen eine der Arbeitsplatten fiel. Dolettes Instinkte ergriffen die Oberhand und ohne groß nach zudenken, zog sie ihr Schwert und hielt es dem Familienvater an die Kehle. Die Runen auf der Klinge pulsierten ruhig mit ihrem Herzschlag. Ihre blau leuchtenden Augen verengten sich zu Schlitzen. Jazper hielt dem Blick ohne Mühe stand und seine Tochter fest im Arm. Da stürmte Magereth zwischen die beiden und nahm ihrem Sohn entschlossen die kleine Emarielle ab, die zum Glück noch immer seelenruhig zu schlafen schien. Mit wenigen Worten bewegte sie die Todesritterin dazu ihr Runenschwert wieder zurück in ihre Scheide gleiten zulassen und bat sie doch schon einmal ins Gästehaus zu gehen und Dolette tat wie ihr geheißen. Seit dem wartete sie in dem rustikal eingerichteten Zimmer.

Ein leises klicken riss sie aus ihren Gedanken und als sie zur Türe schaute, betrat Marialle endlich den Raum. Einige hellbraune Strähnen hatten sich mittlerweile aus ihrer Hochsteckfrisur gelöst und ihre Augen verrieten wie müde sie sein musste. Sie hatte sicher nicht damit gerechnet sich heute wieder die qNacht um die Ohren schlagen zu müssen. Die dunkle Elfe sagte nichts und wandte sich wieder zum Fenster.

Die Hohepriesterin schwieg ebenso. Sie trat an Dolette heran und legte ihre Hände auf die Schultern der Todesritterin. Von hinten, an ihrem Ohr vorbei, hauchte Marialle der dunklen Ritterin einen sanften Kuss auf die Wange. Das Schimmern aus gold und silber holte die Todesritterin aus ihrer Trance und sie neigte ihren Kopf zu ihrer Liebsten.

"Wie geht es der Kleinen?" Ein wenig überrascht musterte Marialle die Elfe, doch schnell wurden ihre Miene zärtlich. Ein schiefes Lächeln umspielte ihre blassrosanen Lippen.

"Bea hat sie gleich nachdem du die Küche verlassen hast ins Bett gebracht. Es geht ihr gut." Kurz durchzog Zufriedenheit ihr makelloses Antlitz, ehe Dolette sich wieder dem Mond zuwandte.

"Es tut Jazper leid. Ihr solltet morgen Früh einmal miteinander reden, um das aus der Welt zu schaffen." Die erhabene, ruhige Art der Hohepriesterin erzürnte Dolette auf eine merkwürdige Weise und so gab sie gereizt zurück:

"Wenn es ihm doch so leid tut, wieso hast du dann so lange gebraucht?" Innerlich schalt Dolette sich für ihren harschen Ton, als sie in das verwunderte Gesicht ihrer Liebsten sah, doch sie fühlte sich in ihren Befürchtungen zu bestätigt. Zu lange hatte die Priesterin sie in diesem Gästezimmer alleine ihren Gedanken überlassen.

"Jazper sah das recht schnell ein, Dole. Es war Gustav auf den wir ziemlich lange einreden mussten. Bis er eingesehen hat, dass von dir keine Gefahr ausgeht. Er ist in den letzten Jahren immer mehr in die Rolle des Familienoberhauptes hinein gewachsen und er fühlt sich für alle verantwortlich. Deshalb ist er skeptisch.", erklärte Marialle vorsichtig und ließ ihre Hände dabei an den Armen der dunklen Ritterin hinab gleiten. Dolette konnte den ältesten der Lichtsprungbrüder ja verstehen, dennoch konnte sie ihre Gefühle grade nur schwer zügeln. Als das verschlagene Wispern in ihr deutlicher zu werden drohte, rang sie es entschlossen nieder, räusperte sich und stand auf. Die Todesritterin stellte sich vor ihre Geliebte und strich ihr sanft mit dem Handrücken über die Wange.

"Ich verstehe. Dann sollte ich mit den anderen vielleicht auch die ein oder anderen Worte wechseln, mh?" Marialle entspannte sich wieder und Dolette wusste, dass sie den Kampf in ihrem Inneren gewonnen hatte. Kurz schloss die Priesterin genießend die Augen, bevor sie begann wieder zu sprechen.

"Es wäre vielleicht ganz gut, wenn du zumindest mit Gus, vor dem Frühstück redest. Würdest du das bitte tun?" Dolettes Züge wurden liebevoll, als sie den bittenden Ausdruck im Gesicht von Marialle sah. Als hätte sie das nötig.

"Du brauchst mich um nichts zu bitten, Liebste.", erklärte die Elfe ruhig und entschlossen. Die Augen der Menschenfrau drohten kurz glasig zu werden, doch Dolette erstickte den aufkommenden Kloß in Marialles Hals mit einem Kuss, bevor er hoch drängen konnte. Die dunkle Kriegerin war ein ums andere mal überrascht wie weich doch die Lippen der Hohepriesterin waren, darum brauchte sie einige Herzschläge, bis sie den Kuss genießen konnte.

Noch immer gingen sie sparsam mit Intimitäten um. Langsam strich die Elfe den Rücken der Menschenfrau hinab und vertiefte den Kuss. Dolette spürte den Hunger nach jeder Berührung, jedem Kuss, sogar jedem Blick, den sie der Priesterin schenkte, schien Marialle in sich aufzunehmen und wie einen kostbaren Schatz zu verschließen. Doch die Todesritterin traute sich selbst nicht. Innerlich musste sie schmunzeln, während sie sich aus dem Kuss wieder zurück zog. Wie sollten ihr andere vertrauen wenn sie selbst nicht dazu in der Lage war? Gustav tat gut daran sie zu hinterfragen.

"Du bist sicher sehr müde. Lass uns zu Bett gehen.", erklärte Dolette ruhig und versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln. Sie spürte zu gut, dass es der Priesterin bei weitem nicht reichte, aber Marialle schien ebenso gut zu wissen was in der dunklen Ritterin vorging. So nickte sie nur sachte, trat einige Schritte zurück und begann sich zu entkleiden.
 

Der nächste morgen kam viel zu schnell für den Geschmack der Hohepriesterin. Das laute Krähen des Hahns ließ sie allerdings nicht zurück in die warme Umarmung des Traumes kehren. Verschlafen tastete sie auf die andere Bettseite. Sie war noch immer leer. Dolette hatte ihr nur zugesehen, bis Marialle einschlief. Sie sagte sie wäre nicht müde und wolle noch etwas nachdenken und so war sie auf dem Stuhl am Fenster sitzen geblieben. Marialles Lider waren schwer und sie brauchte einige Herzschläge, bis sie den Raum klar erkennen konnte. Von der Todesritterin keine Spur. Der Stuhl stand noch immer leer vor dem Fenster. Also wollte sie es selbst in die Hand nehmen. Im Grunde hatte die Priesterin auch nichts anderes von ihrer geliebten Elfe erwartet. Behäbig stieg die Menschenfrau aus dem Bett und trat ans Fenster. Die Sonne ging grade auf und der klare blaue Himmel verhieß einen sonnendurchtränkten Tag.

Nachdem Marialle sich umgezogen und gewaschen hatte beschloss sie ins Haupthaus rüber zugehen. Auf den wenigen Schritten zwischen dem Gäste- und Haupthaus drangen gedämpfte Stimmen an ihr Ohr und sie wandte sich in die Richtung aus der sie kamen. Die Hohepriesterin erkannte Gustav der lässig am Tor, zu den Feldern, gelehnt stand und ihm gegenüber Dolette. Ihre Mienen waren angespannt, aber die Stimmen ruhig und gefasst. Offenbar stellte es für die Todesritterin kein allzu großes Problem dar, die Gunst des Familienoberhauptes für sich zu gewinnen. Vielleicht hatte Magereth sie am Abend zuvor etwas voreilig fort geschickt. Die Elfe hatte schließlich nichts von ihrem Charme eingebußt. Gustav und Dolette reichten sich nun die Hände, zu einem kameradschaftlichen Handschlag. Sie schauten einander noch einmal in die Augen und fingen gleichzeitig an zu lächeln. Die Hohepriesterin war zwar unheimlich neugierig wie es nun so schnell dazu gekommen war, doch sie lächelte nur seicht und schritt weiter zum Haupthaus.

Sie betrat die große Küche durch den Flur und darin herschte schon reges treiben. Magereth knetete Teig für Brot, Katrice deckte den Tisch, Charlotte torkelte grade mit zwei vollen Eimern Milch herein und Meridith schnitt ein großes Stück Schinken zurecht.

"Guten Morgen, meine Kleine.", grüßte ihre Mutter gut gelaunt. Marialle schenkte ihrer Mutter ein zufriedenes Lächeln. Ob sie wohl jemals nicht mehr ihre Kleine sein würde?

"Guten Morgen, ihr alle." Die anderen Frauen erwiderten den Morgengruß ebenso gut gelaunt wie die Ältere. In dem Moment kam Daria zusammen mit den Kindern herein und sofort wurde es laut und unübersichtlich in der Küche. Auch Johannez, Patrice und Beatrice waren dabei und die drei kleinen Markos, Giselle und Emarielle quietschten vergnügt. Larah und Leah stürzten auf ihre Tante zu und sahen sie mit leuchtenden Augen an.

"Wo ist denn Dolette, Tante Mari?", fragte Larah und überging wie schon so oft jede höfliche Floskel.

"Hast du sie etwa fort geschickt?", ließ sich auch Leah kleinlaut vernehmen. Marialle sah die Zwillinge verständnisvoll an. Niemandem in der ganzen Familie hatte sie so oft die Geschichten ihrer Abenteuer an der Seite der Paladin erzählen müssen. Erst als die kleine Emarialle in der Lage war die Erzählungen verstehen zu können, löste sie die beiden allmählich ab. Ihr Blick schweifte zu ihrer Patentochter und vor ihrem inneren Auge nahm die kleine die aufgeregten Züge an, die ihr Antlitz immer dann aufwies, sobald Marialle ihr von Dolette erzählte. Die Verbundenheit war schon in diesen Momenten zu spüren und überaus glücklich hatte die Hohepriesterin wahrgenommen, wie sich dieser Bund am gestrigen Tage realisierte. Nostalgisch musste die Priesterin an ihr jüngeres Ich und die naiven Gedanken von Schicksal denken, die auch in diesem Augenblick wieder in ihr aufkeimten.

"Aber nein, ihr zwei. Sie wird auch gleich kommen und gemeinsam mit uns Früstücken." Das reichte den Zwillingen um aufgeregt loszustarten und aus der Türe, hinaus zum Hof zu stürmen. Marialle war sich sicher, dass sie die dunkle Ritterin suchen würden.

Das jüngste Mitglied der großen Familie zerrte daraufhin hartneckig an der Hand von Daria, bemüht sich los zureißen und den beiden hinter her zu eilen. Doch ihre Mutter ließ sie nicht.

Marialle lachte amüsiert, als Gustav und Jazper gefolg von Dolette den Raum betraten. In dem Moment schaffte Emarielle es sich von Daria los zumachen und lief auf die drei zu. Geistesgegenwärtig trat die Elfe einen Schritt hinter den massigen Körper von Gustav, woraufhin der Kleinen nichts anderes übrig blieb, als sich von ihrem Vater auf die Arme heben zu lassen. Dolettes und Marialles Blicke trafen sich und ein wissendes Lächeln stahl sich auf beider Lippen. Emarielles Mundwinkel zeigten, im Gegensatz zu vorher, allerdings enttäuscht nach unten.

"Da jetzt alle Unstimmigkeiten aus der Welt geschaffen sind, können wir uns ja jetzt erfreulichen Dingen widmen!", polterte die tiefe Stimme von Gustav dem Jüngeren durch die große Küche.

"Gedulde dich halt noch so lange, bis alle hier und bei Tisch sind, Sohn.", erstickte Magereth diesen Versuch direkt wieder im Keim. Marialle wusste, gänzlich würde Gustav seine Mutter als Familienoberhaupt zu ihren Lebzeiten nicht ablösen können. Der älteste der Lichtsprungmänner wollte grade aufbegehren, als die beiden fehlenden Brüder Gunter und Grubert lachend dazu traten. Kurz darauf stießen auch noch Borigan, Odessa und Maxime dazu und nachdem auch die Zwillinge Larah und Leah zurück in die geräumige Küche gerufen waren, versammelte sich die Familie samt Gäste an der großen Tafel. Gustav versuchte noch einige weitere Male die Aufmerksamkeit der Gesllschaft auf sich zu lenken und obwohl er eine gewisse, nicht zu leugnende Autorität besaß, scheiterte er jedesmal an einem seiner, vor Lachen losprustenden, Geschwister.
 

Als schließlich alle aufgegessen hatten und Marialles Schwägerinnen beginnen wollten den Tisch abzuräumen, ließ sich Magereth grinsend vernehmen:

"Also Gustav, du wolltest uns etwas mitteilen?" Schallendes Gelächter erklang und ließ die Miene des Familienoberhauptes kurz finster werden, doch dann schien er an das denken zu müssen was er verkünden wollte und sie hellte sich allmählich wieder auf.

"Ja ja, ist ja gut. Kicki von dir hatte ich wirklich etwas mehr Anstand erwartet. Eine schöne Hohepriesterin bist du mir!" Er strafte seine Schwester eines düsteren Blickes, der sie nur erneut lachen ließ.

"Also schön, jetzt hört endlich her!", befahl er und fuhr strahlend fort:

"Der junge Grünbach hat um Beatrice' Hand angehalten und in zehn Tagen werden sie vermählt werden." Erwartungsvoll grinsend schaute er in die Runde. Offenbar wussten die meisten Familienmitglieder schon um diesen Umstand. So war es Borigan, der seinen Becher knallend auf den Tisch abstellte und rief:

"Hört, hört!" Alle aplaudierten und man verfiel in jaulende Glückwunschrufe. Ihre Nichte, die ihr so unglaublich ähnlich sah, lief hochrot an und betrübt registrierte Marialle den nicht ganz so erfreuten Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Schwägerin Katrice. Dolette hatte sich die ganze Zeit förmlich zurück gehalten, stand nun allerdings auf und schritt an den lauten Bekundungen ungerührt vorbei. Im Vorbeigehen legte sie Katrice für den Bruchteil eines Augenblicks die Hand auf die Schulter. Die Augen der ältesten von Marialles Schwägerinnen weiteten sich bei der mitfühlenden Geste, doch rasch entspannten sich die Gesichtszüge der Frau und sie lächelte der dunklen Ritterin dankbar hinterher.

Dolette kniete nieder und Verwundert beobachtete die Priesterin ihre Geliebte, wie sie flüsternd einige Worte mit ihrem jungen Ebenbild austauschte, bis beide strahlend anfingen zu lachen. Einmal mehr schlich sich der Gedanke in Marialles Geist, dass sich einige Dinge doch nie ändern würden.

In diesem Moment wünschte sich die Hohepriesterin, dass ihre Liebste sich an ihr früheres Leben zu erinnern vermochte. Sie würde erkennen wieviel sie noch von ihrem einstigen Ich in sich trug.
 

"...,sonst mache ich wahr was ich eben sagte.", erklärte Dolette ernst, zwinkerte jedoch nachdem sie geendet hatte. Das zauberhafte Lächeln auf den vollen, rosigen Lippen von Beatrice ließ ihr Herz eine Winzigkeit schneller schlagen. Die dunkle Elfe war einem schier unbändigem Impuls gefolgt, dem Spiegelbild ihrer Liebsten zu erklären, dass sie aufgrund der überaus tragischen Neuigkeiten, ihren Zukünftigen bei Gelegenheit genaustens ins Auge fassen und seine ehrenhaften Absichten strengstens prüfen müsse. Schließlich würde er ihr die einzige große Liebe neben Marialle entreißen und sie hätte sich schon ausgemalt wie es einmal sein würde, wenn die Nichte den Platz der Tante an der Seite der Todesritterin einnehmen würde. Würde sich der Bräutigam in spe als unwürdig erweisen, ließe sich die Elfe durch nichts in der Welt davon abhalten, Beatrice aus seinen Fängen zu entreißen und sie mit sich zu nehmen. Die Bestätigung im Antlitz der jungen Schönheit, ließ Dolette kurz aufatmen und machte ihr dann etwas klar, das sie sich selbst bis zum jetztigen Zeitpunkt immer abgesprochen hatte. Sie hatte noch viele Charakterzüge und vorallem Gefühle von ihrem ehemaligen Ich übernommen. Zufriedenheit breitete sich in ihr aus, wie sie sie nie gekannt hatte. Beatrice fiel ihr um den Hals und flüsterte nah an ihrem langen elfischem Ohr:

"Es wäre so schön, wenn ihr dabei sein könnt." Ein kurzer Schauer stahl sich über die kalte Haut der Todesritterin, als der warme Hauch ihr Ohr streifte. Sie erwiderte die Umarmung und lächelte sanft.

"Wenn du es dir so sehr wünschst." Augenblicklich stieß sich die junge Frau sanft zurück und nickte wild und lächelnd.

Es war den scharfen Sinnen der dunklen Ritterin bisher völlig entgangen, aber jemand hatte sich in ihrem Rücken angeschlichen. Das erste was sie sah, war nicht wie erwartet, die Person die hinter ihr stand, sondern viele Körperlängen enfernt, das finstere fast angewiderte Gesicht der anderen Priesterin. Maxime saß zu Odessas rechten und hatte weder während des Frühstücks noch nach der Verkündung der anstehenden Hochzeit auch nur ein Wort verloren. Etwas dunkles beschlich die Todesritterin, doch sie wischte das ungewollte Gefühl eilig beiseite. Schließlich war Maxime eine ihrer alten Gefährten und eine heilige Priesterin noch dazu. Undenkbar, dass ihr auch nur der Hauch von Dunkelheit anhaftete. Sie riss ihren Blick hoch auf das Gesicht der anderen Priesterin, ihrer geliebten Heiligen, die sie mit gespielter Missgunst betrachtete. Marialle beugte sich zu der knieenden Elfe hinab.

"Geht hier irgendetwas vor sich von dem ich etwas wissen sollte?", fragte sie mit der Strenge und Erhabenheit der Hohepriesterin. Kurz verirrte sich ein frecher Schalk auf das Gesicht der Todesritterin, doch als sie zu einer Antwort ansetzte, entschied sie sich Marialle nicht provozieren zu wollen. Ganz so wohl fühlte sie sich mit ihren aufkeimenden alten Charakterzügen dann doch nicht.

"Beatrice hat mir grade gesagt, dass sie uns gern bei den anstehenden Festlichkeiten dabei hätte.", erklärte sie daher lächelnd und die Züge der Priesterin hellten sich augenblicklich auf.

"Was höre ich da? Ihr kommt mit zur Trauung?", griff Grubert einer Entscheidung vor. Was einen 'ich zieh dir gleich eins drüber' Blick von Marialle nach sich zog. Katrice' und Gustavs freudestrahlende Mienen schienen allerdings jeglichen Unmut auf der Stelle in den Hintergrund zu drängen.

"Fabelhaft Kicki! Es wird auch wirklich Zeit, dass du mal wieder an einem Familienfest teilnimmst.", gröhlte ihr ältester Bruder längs über die Tafel.

"Wohl eher an einem Besäufnis, Bruderherz.", stöhne die Hohepriesterin müde lächelnd.

"Eure Gefährten sind selbstredend auch herzlich geladen.", verkündete das Familienoberhaupt. Odessa strahlte Borigan fragend an, worauf der nur bestätigend lächelte. Einzig Maxime schaute noch immer missmutig drein und vermied es irgendjemanden anzusehen. Dieser Umstand blieb jedoch weitgehend unbemerkt, denn die kleine Emarielle hatte sich unter dem Tisch zu der dunklen Elfe gestohlen und zog sich grade auf ihr Knie, während sie glücklich gluckste:

"Bea heiratet?", fragte das Mädchen ohne Scheu an die Todesritterin gewandt. Die fragenden, bernsteinfarbenen Kulleraugen ließen sie liebevoll lächeln.

"Ja, meine Kleine. Bea heiratet." Ein verträumtes Leuchten breitete sich in den Augen Emarielles aus.

"Wenn ich groß bin, heirate ich Tante Dolette!", verkündete der laufende Meter, wie es der dunklen Ritterin grade durch den Kopf schoss und es verschlug ihr augenblicklich die Sprache. Die Gesellschaft an der Tafel gröhlte vor Lachen nur Jazper guckte dumm aus der Wäsche und Marialle zog ihre Patentochter von Dolettes Schoß hoch auf ihre Arme.

"Tut mir leid, mein kleiner Schatz. Aber Dolette gehört schon mir.", erklärte sie dem Mädchen ernst und streckte ihr zwinkernd die Zunge heraus, als sie geendet hatte.

"Jetzt aber alle raus aus meiner Küche! Ihr könnt beim Abendessen weiter Pläne schmieden. Bea, du nimmst heute bitte die kleinen. Mari und Dolette freuen sich sicher über eure Gesellschaft.", ließ sich Magereth nun deutlich vernehmen und wandte sich dann um zu ihren Gästen.

"Und ihr drei, genießt das Wetter, erholt und entspannt euch. Wenn ihr einen Wunsch habt, sei es ein Bad oder was auch immer, lasst es mich oder eine meine Schwiegertöchter wissen." Lächelnd schaute Dolette dabei zu wie Marialles Mutter einen nach dem anderen und schließlich auch sie selbst aus der Küche schob. Draußen blendete sie die grelle Sonne und ließ einen wunderschönen kommenden Tag erahnen.

Vorahnungen

Die Tage verstrichen, doch kam es Marialle vor als würde die Zeit still stehen. Sie konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, jemals in ihrem Leben so glücklich gewesen zu sein. Eine sanfte Brise wehte über die Felder des Lichtsprunghofes und umspielte ihr hellbraunes Haar. Auf den Feldern beobachtete die Hohepriesterin ihre Brüder, Neffen und auch Borigan, der es sich für die Zeit ihres Aufenhaltes nicht nehmen lasen wollte bei den täglichen Arbeiten auf dem Hof zu helfen. Auf der anderen Seite sah sie die Zwillinge Leah und Larah, die ihrem Bruder Markos und ihrer Cousine Giselle beim Klettern auf die große Eiche halfen, die unweit des Haupthauses bis zum Himmel zu wachsen schien. Ihre Schwägerinnen knieten, ein paar Körperlängen weiter, an dem kleinen Bach, der die Ländereien durchzog und wuschen die Wäsche der Familie wie die Tage zuvor. Wie jeden Tag. Selig schloss Marialle ihre Augen und zog den friedlichen Geruch ihres Zuhauses ein. Ein vergnügtes Quietschen riss die Priesterin aus ihren Tagträumen und sie wandte ihren Kopf zu ihrer rechten. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Nur ein kleines Stück entfernt saß ihre geliebte Elfe mit der kleinen Emarielle auf dem Schoß, die von Beatrice, die den beiden gegenüber saß, gekitzelt wurde. Die drei waren in den letzten Tagen so vertraut geworden, dass Marialle hin und wieder zu vergessen drohte, dass Dolette eigentlich nur der Überrest von dem war, der sie zu Lebzeiten ausmachte. Ihr glockenklares Lachen ertönte, wie so oft in den vergangenen Tagen und ließ die Priesterin glücklich schmunzeln. Ihre kleine Patentochter hatte sich umgedreht und versuchte die Todesritterin nun ihrerseits zu kitzeln. Einzig der Umstand, dass die dunkle Elfe ihre Rüstung gegen ein luftiges Leinenhemd getauscht hatte, machte der Kleinen dies überhaupt möglich. Ihr junges Ebenbild beobachtete die Bemühungen von Emarielle mit Verzückung und kurz blitze ein gefährlicher Funke in ihren bernsteinfarbenen Augen auf. Marialle wusste was nun kommen würde. Ohne jegliche Berührungsängste stürzte sich ihre Nichte zu Dolette und Emarielle, die daraufhin umgestoßen wurden. Wieder der glockenklare Ton von Dolettes Lachen untermalt von dem fröhlichen Quietschen ihrer kleinen Patentochter. Theatralisch wand sich die dunkle Ritterin unter den beiden Angreifern und war bemüht weiteres Lachen zu unterdrücken. Dolette war wirklich vernarrt in ihre kleine Patentochter, genauso wir Marialle selbst und auch ihre Gefühle für Beatric schienen dieselben zusein, wie damals.

"Gnade, Myladys!", presste Dolette nun doch wieder lachend hervor.

"Attacke, Bea! Ja du hast sie."

"Mari, so hilf mir doch! Sie sind in überragender Überzahl!" Der flehentliche Ausdruck in der Bitte, vermochte nicht im geringsten über das glückliche Gesicht der Elfe hinweg zutäuschen und so schüttelte Marialle nur lächelnd den Kopf.

"Das hast du dir selbst eingebrockt. Du solltest die Mädchen lieber nicht unterschätzen.", erklärte die Hohepriesterin und stimmte nun in das Gelächter mit ein.

"Bei Muradins Bart! Was geht denn hier vor sich?"
 

Die dröhnend tiefe Stimme riss Dolette jäh aus dem unschuldigen Spiel und auch Beatrice und Emarielle ließen instinktiv von ihr ab, als sich drei unterschiedlich große Gestalten näherten.

"Das wird ja auch langsam Zeit!", drang Marialles warme Stimme an ihre langen Ohren. Ein ebenso dröhnendes Lachen erklang.

"Verzeiht, Lady Lichtsprung. Der Saufbold hier hatte noch die ein oder andere Schuld zu begleichen, bevor wir hier her aufbrechen konnten." Der scharfe Blick der Todesritterin wanderte vom Zwerg zu dem Menschen, dem in seiner schwarzen Kleidung und mit dem mürrischen Ausdruck auf dem Gesicht, etwas verschlagenes anheim war. Etwas Abseits, ein riesig anmutender Nachtelf, der die Szene milde lächelnd verfolgte.

"Glaubt dem Schattenschreiter kein Wort, Mylady! Ein...nein, ein dutzend Bären, verseuchte noch dazu, hielten uns in Schach. Da hatten wir Eisenschmiede grade verlassen." Dolette schob ihre kleine Patentochter von ihrem Schoß und augenblicklich erstarben die Lächeln, die die Lippen ihrer ehemaligen Gefährten zierten. Der strahlende Blick des Kaldorei fand ihren als erstes und die dunkle Ritterin spürte wie er sie durchbohrte, forschend und unnachgiebig. Die Blutelfe schluckte und sein Blick wurde wieder sanft,aber vorallem wissend.

"Also ist es wahr, Lady Lichtsprung? Odessa hat die Wiederauferstehung kurz in ihrem Schreiben angerissen."

"Bea! Sieh nur, der ist blau und der da ganz klein!", drang die piepsige Stimme von Emarielle an Dolettes Ohren und dann geschah etwas merkwürdiges. Malek, wie Dolette sich aus der Erzählung an ihr vergangenes Leben erinnerte, trat einen Schritt heran und ihre Instinkte übernahmen die Überhand. Reflexartig packte sie das kleine Mädchen sowie Beatrice an je einem Arm und schob die beiden zusammen, um sich schützend vor sie zu stellen. Sie sah die drei Männer, durch ihre zu Schlitzen verengten Augen forschend an und knurrte unterdrückt. Sie spürte etwas. Etwas dunkles, unerklärliches. Für einen Herzschlag, dachte sie sie wäre es selbst.

"Dole...was?", drängte die warme Stimme ihrer Liebsten in ihr Bewusstsein. Der Schurke hatte instinktiv in seiner Bewegung innegehalten und die Luft zwischen den drei Neuankömmlingen und Dolette schien greifbar dicht zu werden.

"Da seid ihr ja endlich!" Der Blick der dunklen Elfe schnellte in die Richtung aus der die helle Stimme kam. Odessa und Maxime traten grade an die Szene heran. Währenddessen war Marialle an sie heran getreten und augenblicklich fühlte sie die heiße Hand auf ihrer Schulter und das Gefühl von Gefahr entschwand. Dolette beruhigte sich augenblicklich und schaute nun beschämt zu Boden.

"Immer noch ein ausgeprägter Beschützerinstinkt, Herrin?", waren die Worte, mit denen sich der Schurke nun näherte und seiner ehemaligen Kommandantin kammeradschaftlich die Hand hinhielt. Sie griff zu und eine alte unerklärliche Verbundenheit machte sich in Dolette breit, ganz ähnlich der, die sie für Borigan einige Tage zuvor erfahren hatte.

"Malek Schattenschreiter, es ist mir ein vergnügen wieder an eurer Seite dienen zudürfen, Lady Glutklinge.", erklärte der Mensch ernst.

"Ja. Ja...ich weiß wer ihr seid. Marialle hat mir von euch allen berichtet. Verzeiht meine ungestüme Art. Bertak, Efendral." Die Todesritterin trat an dem Schurken vorbei, zu den anderen beiden ehemaligen Gefährten und ergriff ebenfalls deren Hände.

"Macht euch nichts draus, Herrin. Wenn die Kühe liegen soll es regnen." Odessa begann zu lachen. Das musste eine der unpassenden Weisheiten sein, von denen Marialle gesprochen hatte.

Efendral schloss die Begrüßung mit den Worten; "Eure Seele hat nicht vergessen, Mylady.", ab. Sie nickte ihm leicht abwesend zu und fragte sich welcher Sinn sich wirklich hinter seinen Worten verbarg.
 

"Kommt, begrüßt den Rest der Familie und dann bringe ich euch auf eure Zimmer.", bat Beatrice nachdem auch sie und die kleine Emarielle überschwänglich von den drei Neuankömmlingen begrüßt wurden. Marialle war noch immer etwas abwesend. Das Misstrauen der dunklen Elfe versetzte sie in Grübelein und sie fragte sich, ob der innere Frieden, den sie zuletzt empfand trügerisch war. Oder war die Todesritterin einfach noch immer viel urtümlicher und auf ihre Instinkte reduziert, als es zuletzt den Anschein machte? Im Schoß ihrer liebevollen Familie konnte auch ein wilder Wolf zu einem Haushund werden, gefährlich würde er dennoch bleiben. Emarielle zupfte an ihrer Robe und holte sie wieder ins hier und jetzt, während ihre Gefährten schon, angeführt von Beatrice, zum Haupthaus schlenderten.

"Tante Mari, wieso ist der denn nun so blau und der andere so klein?"
 

Die drei Gefährten wurden, wie es bei den Lichtsprungs üblich war, mit einem rauschenden Fest in Empfang genommen und so saß man noch bis spät in die Nacht beisammen und erzählte Geschichten und diskutierte über die aktuellen Vorkommnisse.

Dolette hatte recht behalten. Auch in Eisenschmiede waren Kultisten auf die Straßen, der in Stein gebauten Stadt, getreten und haben den Untergang Azeroths prophezeit. Efendral berichtete von einem Traum, den Malfurion Sturmgrimm ihm gesandt hatte und machte klar, dass es auch auf dem westlichen Kontinent Kalimdor zu ähnlichen Ausschreitungen gekommen war.

Der Zwergenjäger berichtete desweiteren über die gemeinsamen Jahre mit Malek und dem Druiden, mit denen er sich kurz nach Dolettes Tod in Sturmwind wiedergetroffen hatte und seit dem gemeinsam die östlichen Königreiche bereiste.

Nun stand Marialle in dem Zimmer, das sie mit Dolette bezogen hatte und schaute der geliebten Elfe eine verträumte Ewigkeit beim Schlafen zu. Glücklich hatte sie beobachtet wie die Todesritterin im Kreise ihrer ehemaligen Gefährt schließlich mehr und mehr auftaute. Lachte und trank und zu fortgeschrittener Stunde sogar in das eine oder andere Lied miteinstimmte, dass Bertak zum Besten gab.

Ein Schmunzeln glitt über die blassrosanen Lippen der Hohepriesterin, der jäh von einem Schatten abgelöst wurde, der über das nun besorgte Antlitz der Menschenfrau kroch. Die Ankunft ihrer Gefährten hatte zu deutlich gemacht, dass Azeroth einmal mehr vor einer Prüfung stehen würde. Ihr verhärteter Blick schweifte ab von ihrer liebsten Gefährtin und streifte durch das Dunkel der Nacht, dass sie durch ihr Fenster beobachten konnte. Der Hof ihrer Familie lag ruhig und friedlich da, doch ein flackerndes Licht in ewig weiter Entfernung zog die Aufmerksamkeit der Hohepriesterin auf sich. Marialle schaute auf, über dem Hof der Lichtsprungs ragten die Sterne und der Mond und tauchten die Länderein in ihren unwirklichen Schein, doch dort hinten stiegen schwarze Wolken auf, die von zuckenden Blitzen durchzogen wurden. Ein eisiger Schauer durchfuhr den Körper der Menschenfrau, als sie sich für den Bruchteil eines Herzschlages wie im Auge des Sturms auf der Wolkenkuss wähnte.

In dieser Nacht fand die Hohepriesterin keinen Schlaf und schaute gebannt und sorgenvoll auf das bedrohliche Schauspiel, das mit jedem Herzschlag näher zu kommen schien.
 

Es verging ein weiterer Tag, friedlich und ruhig. Und schließlich brachen die Gefährten zusammen mit den Lichtsprungs auf um die Hand von Beatrice zu übergeben. Die Familie der Grünbachs war eine der wenigen Familien, die der Seuche in Lordearon bis zum heutigen Tage standgehalten hatten. Hoch im Norden Lordearons, bei der Stadt Herdweiler, hatte die Familie zugesehen wie die Geißel einmaschierte und große Teile ihrer Stadtwachen tötete und belagerte. Es war Arthas Menethil zu Lebzeiten gelungen, zusammen mit Jaina und Uther Lichtbringer, ein Bollwerk gegen die Armee der Untoten mit der Stadt zu schaffen an der er später selbst, mittlerweile Todesritter, nicht mehr vorbei kommen sollte. Die Stadtverwaltung wurde Tirion Fordring übertragen.

Der Weg nach Lordearon war ihr nur allzu vertraut geworden in den letzten Monaten und jeder Zwischenstopp erinnerte sie an die Priesterin, die grade an ihrer Seite durch Süderstade schritt. Es dämmerte bereits und die Familie, samt Gefährten würden im Gasthaus von Süderstade über Nacht rasten. Dolette hatte ihre Kapuze tief in ihr Gesicht gezogen und ein ungutes Gefühl beschlich sie.

"Wie gedenkt ihr von hier aus weiter zureisen, Gustav?", drang die dumpfe Stimme des Zwergen an ihre Ohren. Der Hochgewachsene Mensch schritt vergnügt weiter und lächelte den Jäger freundlich an.

"Wir folgen dem Flusslauf, bis wir in die Gebirge kommen und ereichen durch die Täler dann Herdweiler." Dolettes Ohren zuckten.

"Das ist keine gute Idee, Meister Lichtsprung.", ließ sich nun Malek vernehmen. Gustav sah auf seine andere Seite in das mürrische Gesicht des Schurken, der ohne auf eine Frage zu warten fort fuhr:

"In den Tälern liegt Andorhal. Derzeit ein hart umkämpften Gebiet. Ich halte es nicht für ratsam, das Tal mit der Familie zu durchqueren. Als wären wir nicht schon lahm genug." Etwas regte sich in den Windungen des Verstands der dunklen Ritterin. Das Familienoberhaupt wollte grade zu einer Erwiderung ansetzen, doch Dolette kam ihm zuvor.

"Er hat recht. Ich erinnere mich, dass Sylvanas über Andorhal sprach. Sie will das Gebiet erobern." Malek nickte finster.

"Varian hat auch nach Andorhal ausgesandt.", mischte sich nun auch Borigan abwesend ein. Er schien mit seinen Gedanken schon etwas weiter.

"Was schlagt ihr dann vor, wie wir nach Herdweiler kommen?"

"Herrin, ihr kennt euch doch in Lordearon aus, oder?", gab Bertak die Frage weiter. Dolette überlegte einen Moment, doch es fiel ihr nichts besseres ein.

"Um das Gebirge wimmelt es von Untoten, ob nun Geißel, oder Verlassener. Ein Umweg bringt uns also nicht weiter. Ich frage jetzt mal nicht warum die Festlichkeiten nicht auf eurem Hof stattfinden, Gustav." Malek und Bertak konnten sich eines Lachens nicht erwehren und Marialles ältester Bruder kratzte sich verlegen am Kopf.

"Die Grünbachs wollen, dass wir sehen wo Bea in Zukunft Zuhause sein wird."

"Netter Gedanke.", knurrte Malek.

"Reiß dich zusammen, Schattenschreiter. Es sind doch nur Bauern.", lachte der Zwergenjäger wieder. Gustav stieß geräuschvoll die Luft aus, doch Dolette ergriff wieder das Wort:

"Jedenfalls kenne ich nur einen Pfad durch die Gebirgskette und der Aufstieg ist mühsam. Es sollte aber mit dem Karren schon machbar sein.", erklärte die dunkle Elfe und nickte zu dem Wagen, der von einem Ochsen gezogen wurde und auf dem die Kinder zusammen mit Magereth saßen. Die Herren um sie herum nickten einvernehmlich.
 

Im Gasthaus von Süderstade angekommen verteilten sich die Reisenden auf die Zimmer. Dolette war schweigsam geworden, während der Anreise und Marialle spürte wie sich ihre Brust ein wenig zusammen zog. Das Gefühl glich der dunklen Vorahnung die sie beschlich, als sie das weit entfernte Gewitter beobachtet hatte. Die Todesritterin trat an ihren Stuhl und kniete auf einem Bein vor ihr nieder.

"Was hast du?", wollte sie viel sanfter als gewohnt von der Menschenfrau wissen. Marialle schreckte ein wenig hoch und schaute in die leuchtend blauen Augen in denen grade ein goldener Funke zu glitzern begann, als Dolette nach ihrer Hand griff. Sie schenkte der Elfe ein mattes Lächeln.

"Ein Gefühl, das ich nicht beschreiben kann. Ich habe das Gefühl, als würde etwas schlimmes passieren." Marialle unterbrach sich und legte ihre andere Hand an die Wange der dunklen Ritterin.

"Versprich mir, dass du mich nie wieder verlassen wirst." Die Kiefer der Todesritterin zuckten. Ein unmögliches Versprechen, dass sie ihrer Liebsten da abnehmen wollte, aber Dolette nickte trotzdem entschlossen und die Hohepriesterin begann sich etwas zu entspannen.

"Ich spüre es auch, Mari. Etwas großes steht uns bevor. Es umgibt uns überall, doch es ist nicht greifbar. Ich werde dich davor beschützen und nie wieder von deiner Seite weichen." Die Entschlossenheit in den Augen der Elfe trafen Marialle mitten ins Herz und so legte sie der Geliebten einen zärtlichen Kuss auf die eisige Wange.

Marialle lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und Dolette war bereits aufgestanden, als sie gedankenverloren mit einer ihrer hellbraunen Strähnen zu spielen begann. Sie dachte nicht darüber nach, aber dabei strich sie ihr Schlüsselbein entlang und kam an etwas kühlem zum Stillstand. Wie in Trance glitten ihre Fingerkuppen über die dünne Kette und strichen langsam über das ovale Medallion. Die dunkle Ritterin stand nur wenige Körperlangen entfernt in dem kleinen Zimmer, des Gasthauses und schnallte grade ihre schwarzen Platten ab, als Marialle noch immer wie fremdgesteuert aufsprang und an ihre Seite trat. Dolette hatte jetzt ihr Leinenhemd abgelegt und spähte etwas irritiert über ihre Schulter zu der Hohepriesterin. Das kleine Stück Stoff, das ihren Busen bedeckte fiel Marialle erst auf, als sich die dunkle Elfe zu ihr umdrehte und sie musste merklich schlucken. Sie spürte wie ihr eine kribbelnde Hitze in die Wangen stieg und räusperte sich, während ein vertrautes Bild von ihr und der geliebten Elfe in ihr aufstieg. Es schien schon viele Leben her zu sein, als Marialle der Elfe, damals am Fluss, frisch gelandet in Kalimdor, einen Schatz überreichte. Ein Symbol für ihre unsterbliche Liebe. Und nun wollte sie die Geste wiederholen. Eine Hand ruhte noch immer nah an ihrem Schlüsselbein, während die andere nervös an ihrer dunkelblauen Robe nestelte.

"Mari?" Ihre Augen wurden groß. Wurde sie schon mehrfach angesprochen? Ernst erwiderte sie den forschenden Blick der Elfe und ließ ihre Hände in ihren Nacken gleiten um die Kette über ihren Kopf zuschieben.

"Dole, ich..."
 

Was machte sie da? Marialle wirkte verwirrt und bedachte sie mit einem ungewohnten Blick. Dolette erinnerte sich an diesen Ausdruck. So hatte sie ausgesehen, nach dem ersten zarten Kuss den sie der Todesritterin so unvermittelt gegeben hatte. Als ihr noch nicht bewusst gewesen war welche tiefe Liebe sie und die Hohepriesterin einmal verbunden hatte. Als die Menschenfrau nach der Kette griff und sie grade über ihren Kopf zog wurde Dolette mit einem Schlag, der einem Fausthieb glich, gewahr woran ihre Liebste grade denken musste. Ein kleiner Stich traf ihr Herz. Er wurde jedoch überdeckt von dem warmen Gefühl der Geborgenheit, der Sicherheit, die die Priesterin ihr in diesem Moment mit dem Symbol in ihrer Hand überreichen wollte.

"Mari..." Der Elfe fehlten die Worte. Das konnte sie nicht annehmen. Auch wenn die Liebe zwischen ihnen zu neuem Leben erwacht war, so war sie dennoch nicht mehr die selbe. Das war zu viel. Es gehörte der Paladin und die war sie nicht mehr.

"Sag nichts.", bat die Menschenfrau sanft und kam noch einen Schritt näher.

"Ich habe es nur aufbewahrt. Es gehört noch immer dir. Genauso wie mein Herz." Ihre Fähigkeit zu Sprechen schien ihr wie Sand durch die Finger zu gleiten und so blieb Dolette nichts anderes übrig als zu schlucken und ihr Haupt vor der heiligen Frau vor ihr zu verneigen.

Der Moment schien ewig anzudauern, doch schließlich spürte Dolette die warmen Hände ihrer Liebsten, die das Medallion an seinen Platz, über ihr erkaltetes Herz schoben und es begann zu glühen. Es schmerzte nicht und so war sich die dunkle Ritterin nicht sicher, ob das Schmuckstück soviel Hitze ausstrahlte, oder ob die Wärme aus ihrem Inneren kam.

Die folgenden Worte erklangen flüsternd doch wahrhaftig, wie an jenem Tag, als sie zum allerersten mal ihre Lippen verließen. Vor tausenden von Jahren. An jenem weit entfernten Tag, als sie noch Belurie war und Marialle, Elarie.

"Ich liebe Dich!" Das uralte Glück schien silber in ihren Augen zu stehen, doch Dolette ließ sie nicht antworten. Sie zog die Priesterin bestimmt an sich und küsste sie mit all der Leidenschaft, die in ihr loderte. Der samtene Stoff von Marialles Robe schmiegte sich weich an ihre nackte Haut, schien sie wie eine schützende Hülle zu umschließen. Die Menschenfrau hatte ihre Arme um die Schultern der Todesritterin geschlungen und erwiderte den Kuss liebevoll und viel weniger verlangend, als es in den vergangen Tagen der Fall gewesen war. Eine Last fiel von Dolettes Seele und sie umschloss die Taille der Priesterin zärtlich um sie zu dem kleinen Bett zu drehen, das in ihrem Rücken stand. Kurz zog Verwirrung über die Züge der Menschenfrau, doch er wurde jäh durch einen Funken glücklicher Erkenntnis abgelöst. Rücklings ließ sie ihre Geliebte auf das Laken sinken und beugte sich über sie um wieder in den liebestrunkenen Kuss zu versinken.

Irgendwo weit entfernt ließen gewaltige Donner die Erde Azeroths erzittern und zogen erbarmungslos näher, doch für die aufkommende Gefahr hatten die beiden Liebenden in diesem kostbaren Moment kein Gehör.

Entlang der Gebirgskette

So wie Dolette den Aufstieg beschrieben hatte, graute es der Priesterin vor jedem Schritt, doch im Grunde kamen die Familie Lichtsprung und die Gefährten um Marialle gut voran. Dem braunen Ochsen, der den Karren mit den Kindern zog, musste bei Zeiten geholfen werden, aber das war auch schon alles was den Weg bis dato erschwerte. Die Mittagssonne begann grade sich Richtung Horizont zu verschieben und verschwand hinter dicken grauen Wolken, als Gustav entschied, dass das Plateau, das sie grade erreicht hatten, ein guter Platz zum Rasten wäre. Marialles Schwägerinnen, sowie Magerethe und Beatrice halfen den Kindern vom Karren und holten Decken und die vorbereiteten Vorräten hervor. Die Gesellschaft verteilte sich auf die Sitzgelegenheiten und stärkte sich an den kleinen Köstlichkeiten, die die Frauen unterwegs im Karren zubereitet hatten. Marialle schaute in den endlos wirkenden mehr und mehr grauen Horizont, der sich über die Bergketten erhob, die sie nach Herdweiler führen sollten.

"Dort unten liegt Andorhal.", erklärte Bertak grade jedem der es hören wollte. Die Priesterin schaute zu Borigan, der darauf gedankenverloren nickte.

"Wenn wir es passiert haben, fühle ich mich wohler.", stimmte Dolette ihrem ehemaligen stummen Stellvertreter zu.

"Unsere Welt wird noch Äonen brauchen um dem Krieg entgültig zu entsagen." Die Miene von Efendral drückte genau das aus was auch Marialle empfand. Es beschlich sie das Gefühl als wenn sie das Klirren aufeinandertreffender Klingen bis hier oben hören könnte. Sie schaute runter ins verdorrte Tal und das Unbehagen der letzten Tage erfüllte ihren Geist. Die Luft um sie herum schien seit einiger Zeit wie aufgeladen. Ihre Welt war im Wandel.

"Wir sollten nicht länger rasten als unbedingt nötig.", sagte sie und es klang als wäre es nicht ihre eigene Stimme gewesen. Dolette bedachte sie mit ihrem durchdringenden forschenden Blick und zog nachdenklich eine Augenbraue hoch.

"Ich will noch nicht weiter! Auf dem Karren ist es so langweilig." beschwerte sich die kleine Emarielle und schlüpfte zwischen die Todesritterin und Priesterin. Von weiter hinten waren die Zwillinge Larah und Leah zu vernehmen, doch Marialle verstand nicht was sie sagten. Die Lichtsprungmänner verfielen in ein seichtes Gespräch mit Malek und Bertak über den Alkohol den es hoffentlich auf der Hochzeit geben würde. Immer wieder drangen brummiges und gedämpftes Gelächter zu der Priesterin herüber, was sie amüsiert schmunzeln ließ.

Das Auftauchen ihrer Patentochter verscheuchte die finsteren Gedanken so abrupt, dass es Marialle kurz den Atem verschlug und auch Dolettes Züge waren ad hoc weich geworden. Sie griff nach der Kleinen und zog sie auf ihre, zum Schneidersitz verknoteten, Beine.

"Schau, mein kleines Mädchen. Dort unten im Tal tobt ein Kampf." Die Elfe führte ihre Hand am Gesicht des Mädchens vorbei und deutete mit dem Finger hinunter, gen Andorhal. Dann zeigte sie hoch zum Himmel.

"Und was von da oben kommt, kann man nie mit Sicherheit sagen. Beides ist gefährlich und nirgendwo finden wir Schutz. Wir müssen uns beeilen und unser Ziel erreichen, denn nur dort sind wir sicher und können die Hochzeit von Beatrice feiern." Marialle unterdrückte die finstere Botschaft in den Worten der dunklen Ritterin und schmunzelte. Emarielle hing gespannt an den fahlen Lippen der Todesritterin und schien sogar die Luft anzuhalten. Die Priesterin rutschte etwas näher an die beiden und legte dem Mädchen eine Arm um die Schulter. Die Geste brachte ihre Patentochter zur Besinnung. Dolette betrachtete sie mit einem undeutbaren Blick.

"Und wir wollen doch schnell nach Herdweile um Hochzeit zufeiern, nicht?" Emarielle nickte mit neu erwachter Aufregung und wand sich aus dem Griff ihrer beiden Patentanten. Sie rannte durch die Lager der Familie und Gefährten und machte Anstalten auf den Karren zuklettern. Beatrice kam heran geeilt und half ihr hinauf. Schmunzelnd richtete Marialle ihren Blick wieder auf den Horizont und lehnte sich an die Schulter ihrer Geliebten. Sie spürte wie Dolette ihr ganz leicht einen Arm um die Hüfte legte und schaute zu ihr auf, doch die Elfe hatte die Augen geschlossen und schien die Nähe der Priesterin zu genießen.

Sie tat es ihrer Liebsten gleich und vor ihren Augen erschien ihr die Situation des gestrigen Abends. Die Hohepriesterin hatte den Zwiespalt in dem sich Dolette zuletzt befand sehr genau beobachtet und es hatte sie einiges an Kraft gekostet, der Geliebten nicht immer wieder das Gefühl zu vermitteln, sie würde darunter leiden, dass die beiden sich nicht mehr näher kamen. Doch in Wahrheit litt Marialle unter jeden noch so kleinen und vorsichtigen Ablehnungen, die Dolette ihr stets entgegenbrachte, sobald eine Umarmung zu fest, ein Kuss zu innig, oder auch nur ein Blick zu tief wurde. Die Priesterin verzehrte sich mit jeder Phaser ihres Körpers nach der Nähe zu ihrer liebsten Elfe. Sehnte sich nach jeder Berührung und weinte sogar kleinen ungewollten davon, hinterher.

Am Abend zuvor, allerdings, war irgendetwas anders gewesen. Dolette war für den Moment überfordert gewesen, als sie ihr das Maidallion schenkte, was so oder so der Todesritterin gehörte. Etwas war abrupt anders geworden und Marialle konnte es gar nicht richtig begreifen, dass die dunkle Ritterin ihr endlich gewährte wonach es ihr so dringlich dürstete. Sie hatten sich nicht geliebt. Nein. Soweit war die andere noch nicht. Aber sie hielt die Priesterin in ihren Armen und war auf eine verhaltene Weise zärtlich, wie sie es selbst zu Lebzeiten nur selten gewesen war.

Marialle seufzte ergeben als sie sich schließlich wieder zurück zog.

Um sie herum hatten sich die meisten erhoben. Die Kinder saßen schon wieder auf dem Karren und ihre Schwägerinnen sammelten die Decken ein. Ein eisiger Wind zog über das Plateau, ließ die Kleider der Frauen aufwirbeln und Marialle fröstelte.

"Wir müssen uns wirklich beeilen.", sagte die Hohepriesterin so, dass nur Dolette sie vernehmen konnte und erntete einen ernsten Blick. In dem Moment zuckte ein greller Blitz durch das eintönige Grau am Himmel, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donner. Es vergingen nur wenige Herzschläge bis das laute Prasseln des Regens sich zum Pfeifen des scharf gewordenen Windes mischte. Einige Körperlängen von ihnen entfernt hörte Marialle Borigan etwas rufen, doch seine Worte verschwommen im plötzlichen Lärm der um sie herum herrschte.

"Kommt!", schrie Dolette gegen das unwirkliche Unwetter an und rannte gradewegs zu dem Karren mit den Kindern. Sie trieb den Ochsen an und das Gefährt setzte sich ächzend in Bewegung. Marialle rannte hinterher und sah weiter vorn ihre Begleiter durch den peitschenden Regen, auf dem Boden, nah am Abhang, der immer mehr aufweichte, stapfen. Sie sah Gunter ausrutschen, der grade so von Malek am Ellbogen gepackt wurde und so dem sicheren Tod entging. Die Männer schrien sich weiter unverständliche Anweisungen zu, während die Priesterin zu den Frauen und dem Karren aufschloss. Markos und Giselle lagen schluchzend in den Armen von Larah und Leah, die die aufkommende Panik nur mit Mühe und Not zuverdrängen vermochten. Emarielle schien aufgelöst, doch hatte Dolette offenbar ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sodass nur noch eine stille Starre auf ihrem kleinen Gesicht auszumachen war. Die Todesritterin ging schnellen Schrittes, auf ihrer Höhe neben der Kutsche her. Redete auf das Mädchen ein.

"Das ist doch nicht normal!" Marialle riss ihren Blick zu Beatrice herum, die sie angesprochen hatte und nickte nur. Dieses Unwetter war ganz anders als das, was die Wolkenkuss zum Absturz gebracht hatte. Gewaltig und urtürmlich, ohne auszumachenden Höhepunkt.

"Wir brauchen einen Unterschlupf.", murmelte sie abwesend und beschloss an die Spitze ihrer Gemeinschaft zu Borigan zu rennen.
 

Dolette spürte mehr, als dass sie sah, wie Marialle, kaum erkennbar im dichten Schleier des Regens, an ihr vorbei eilte um sich an die Spitze ihrer Begleiter zusetzen. Hatte sie einen Einfall? Sie war direkt zu Borigan gerannt und war für den Moment gar nicht mehr zu erkennen. Die Todesritterin spürte wie der Boden unter ihren Plattenstiefeln immer mehr aufweichte und kaum noch halt bot. Es musste eine Lösung her, nur was tun? Die Umrisse wurden langsam wieder klarer und sie erkannte, dass die Gefährten und Brüder um die Hohepriesterin zum Stillstand gekommen waren.

"Ich komme gleich wieder, meine Kleine.", erklärte die dunkle Ritterin ihrer Patentochter, die nur abwesend nickte und schob sich durch die Gefährten, bis sie Borigan und Marialle erreichte.

"Warum haltet ihr? Wir müssen in Bewegung bleiben!" Der Krieger sah ihr eindringlich in die Augen. Seine Miene gezeichnet von Anstrengung und einer Spur Angst. Er nickte gen Boden. Ja, die Wassermassen, die in so kurzer Zeit zur Erde fielen, mussten wirklich gewaltig sein.

"Wir kommen so nicht weiter. Der Boden weicht immer weiter auf und irgendwann werden wir unweigerlich in den Abgrund stürzen. Aber..." Er schaute hilfesuchend zu der Priesterin.

"Ich habe eine Idee.", schloss Marialle für ihn und schaute an der Steilwand hoch in das Unwetter. Dolette sah sie fragend an und breitete die Arme ungeduldig mit den Schultern zuckend aus.

"Wir reißen uns eine Höhle ins Gestein, die uns Unterschlupf bietet." Die dunkle Elfe folgte nun dem Blick ihrer Liebsten und überdachte ihre Worte.

"Das ist zu gefährlich, Mari. Dabei könnten wir den Vorsprung zum einstürzen bringen." In den bernsteinfarbenen Augen blitzte ein wenig Trotz auf, der rasch von Entschlossenheit abgelöst wurde.

"Hast du eine bessere Idee?" Hatte sie nicht.

"Du bist wahnsinnig, Menschenweib!", erwiderte Dolette kühl, doch der Hohepriesterin schlich ein waghalsiges Lächeln auf die Lippen. Eilig erklärten sie ihren Gefährten ihr Vorhaben.

"Maxime und ich werden versuchen den Vorsprung zu sichern, auf dem wir uns befinden. Alle anderen, richtet eure stärksten Angriffe auf genau diesen Punkt!", befahl Marialle gegen den Regen anschreiend und deutete auf ein leicht hineinragendes Loch im Fels. Odi, erst du." Die Magierin, ebenfalls stumm und von Panik gezeichnet, nickte ihrer Freundin entschlossen zu und hob die Hände gen Himmel, worauf sie blau zu leuchten begannen. Keinen Herzschlag später spürte Dolette den gewaltigen Energieschub und leitete ihre Kraft in ihre Runenklinge. Gemeinsam mit Borigan, Malek und Efendral, der zu einer Katze gewandelt war, ließ sie ihren mächtigsten Angriff auf die Mulde im Stein fahren. Ein gewaltiger Feuerstrahl sowie ein hell leuchtender Pfeil sauste an ihren Ohren vorbei und verbanden sich mit den Angriffen von ihr und den anderen Nahkämpfern. Gesteinsbrocken, groß wie Drachen, wurden aus der Felswand gerissen und flogen über ihre Köpfe zum Abgrund. Der Lärm den die Gesammelten Mächte der Gefärten und das herausfliegende Gestein verursachten war ohrenbetäubend und für den Moment war es, als wäre das Unwetter verklungen. Kleinere Brocken kullerten den Abgrund hinunter und gaben nun den Blick auf ein Tiefes Loch preis und der Krach den der Sturm verursachte bahnte sich wieder seinen Weg in das Bewusstsein der Elfe.

"Wie sieht es aus?", wollte Dolette von ihrer Geliebten wissen und erschrak als sie sah, dass die Priesterin schon an die Grenzen ihrer Kräfte zu kommen schien.

"Was erwartest du? Eure gesammelte Macht ist kein Pappenstiel. Beeilt euch jetzt, bevor Maxime und ich nicht mehr können." Die Todesritterin nickte nur und rannte brüllend auf die Lichtsprungs zu, die einige Körperlängen zurück geblieben waren.

"JETZT!"

Augenblicklich wurde der Karren von den Frauen in Bewegung gesetzt und erreichte die Höhle, die von den Gefährten aus dem Stein gerissen wurde, als erstes. Odessa begleitete die Frauen und Kinder und Dolette beobachtete kurz den Schein ihres Zauberstabes, der die Höhle erleuchtete. Als nächstes rannten die Brüder zusammen mit Patrice und Johannez durch den Eingang und verschwanden ebenfalls im schemenhaften Schein, der kaum mehr auszumachen war. Die dunkle Ritterin schaute durch das regenverhangene Dunkel zu ihrer Liebsten, die mittlerweile auf ein Knie niedergesunken war. Ein schwaches Lächeln glitt über ihre rosigen Lippen, sodass sie ihren Blick zu der anderen Priesterin wenden konnte. Maxime stand noch aufrecht und hielt mit beiden Händen an der entstandenen Kuppel fest, die sie und Marialle erschaffen hatten. Ihre Miene war undurchdringlich. Sie starrte nur konzentriert auf das goldene Kuppelgebilde.

"Jetzt ihr!", wies Dolette ihre restlichen Gefährten an. Einer nach dem anderen folgten Borigan, Bertak, Efendral und Malek den Lichtsprungs in die Höhle. Unter ihren Stiefeln spürte die Todesritterin wie der Boden ruckartig ein Stück absackte. Maxime hatte ihre Energie aus der Kuppel genommen und rannte nun an ihr Vorbei. Sie schaute der Priesterin kurz gedankenverloren hinterher, doch verdrängte den Anflug eines merkwürdigen undeutbaren Gefühls,das bei dem Anblick aufkam. Dolette trat einen Schritt zurück, in die Sicherheit der Höhle und riss ihren Blick zu Marialle. Die Priesterin kniete noch immer und hielt den Schutzschild um den Vorsprung aufrecht.

"Jetzt du, Mari!", brüllte sie ihrer Liebsten, durch das Getose, zu. Die Angesprochene erhob sich mühsam und bewegte sich langsam auf die dunkle Ritterin zu, während sie die Kuppel nur noch mit einer Hand kontrollierte. Der Vorsprung bröckelte bedrohlich unter ihren leichten Schritten. Dolette hielt sich am Fels fest und streckte ihr eine Hand entgegen. Panik begann sie zu durchfahren, doch Marialle lächelte noch immer sanft. Ihre Augen waren milchig und ihr Blick wie in weiter Ferne.

"Mari, so beeil dich doch!", herrschte Dolette ihre Geliebte an, doch sie reagierte nicht. Machte noch immer einen federnden Schritt nach dem anderen, während hinter ihr der Pfad mehr und mehr nach gab und zu Boden stürzte. Das silberne Band, das die Kuppel mit Marialles Hand verband, flackerte bedrohlich und ließ die Todesritterin den Atem anhalten. Sie streckte sich noch weiter aus der Höhle und beobachtete entsetzt wie der Schutzschild noch zwei mal flackerte und schließlich erstarb. Die Züge der Hohepriesterin verzerrten sich augenblicklich, als sie endlich erkannte in welcher Gefahr sie sich befand. Sie begann zu rennen. Unter ihren Füßen bröckelte der Vorsprung Stück für Stück weg und Marialle kam ins straucheln. Sie sank auf Hände und Knie und hob ihren Blick um der dunklen Elfe ins Gesicht zuschauen. In den bernsteinfarbenen Augen lag etwas undeutbares. Etwas entschlossenes, wie Dolette schließlich fand und als der Pfad endgültig unter der Priesterin nach gab schleuderte die dunkle Ritterin ihren Todesgriff nach der Geliebten, doch Marialle ließ ihn ins Leere zischen und fiel zwischen Gesteinsbrocken in die bodenlose Tiefe.

"MARIIII!"

Lieber wäre ich in den Tod gestürzt

Dunkelheit hatte sie umfangen und das erste was Marialle wahrnahm waren brennende und stechende Schmerzen, deren Herkunft nicht auszumachen war. Vielleicht tat aber auch einfach nur jeder Teil ihres Körpers weh. Allgemein schien alle ihre Sinne vernebelt zusein. Sie hörte Geräusche, die sie nicht einordnen konnte und fühlte sich als würde sie sich bewegen.

Einen Spalt breit schaffte sie es ihre Lider anzuheben, doch sie klappten direkt wieder zu. Für diesen kurzen Bruchteil meinte sie das Grau der regenverhangenen Wolken weit über sich sehen zu können, doch selbst das blendete sie schmerzhaft. Sie schluckte, zumindest versuchte sie es. Ihre Kehle war staubtrocken und brannte fürchterlich. Wie lange war sie nicht mehr wach gewesen?

Allmählich schärften sich die Sinne der Hohepriesterin. Sie konnte die Schmerzen mittlerweile zuordnen. Ihr Schädel brummte höllisch und ein heftiges Stechen pochte in ihrem linken Arm. Der Rest von Marialles Körper war gänzlich verspannt, als hätte sie in der unmöglichsten Position geschlafen, die man sich nur vorstellen kann. Und auch jetzt schien sie sich noch immer in dieser ungemütlichen Pose zu befinden. Sie gab sich einen Ruck. Musste endlich ihre Augen öffnen und begreifen in welcher Situation sie sich überhaupt befand. Also biss sie die Kiefer aufeinander und öffnete wieder die schweren Augenlider. Ließ ihren Blick an den vorbeiziehenden Wolken entlang wandern, bis sie von scharfen Felskanten abgelöst wurden und plötzlich fiel der Priesterin wie Schuppen von den Augen was passiert war.

Sie war gefallen, in den Abgrund. Dolette hatte sie retten wollen, doch trotz der angespannten Situation, hatte Marialle gesehen auf welch unsicherem Untergrund die Todesritterin gestanden hatte und darum ließ sie den Todesgriff ihrer Geliebten ins Leere gehen und entschied sich lieber für den Sturz. Mit ihrer verbliebenen Kraft hatte die Hohepriesterin einen durchsichtigen Schild um sich entstehen lassen, der genau in dem Moment mächtig aufflackerte, als sie drohte auf dem felsigen Boden, von dem scharfe Kanten empor ragten, aufzuprallen. Die goldene Blase dämpfte den Sturz für den Augenblick ab, aber Marialles Kräfte waren aufgebraucht und sie rutschte eine Weile den schlammigen Abgrund hinab, bevor sie sich den Kopf anschlug und schließlich in Ohnmacht gefallen war.

Jetzt da sie sich die Bergkette, die sie hinab gefallen war so anschaute, wurde ihr deutlich gewahr, dass sie sich tatsächlich bewegte. Ihre restlichen Sinne schalteten sich ein. Sie spürte nun deutlich die kleinen Erschütterungen, die ihren Körper leicht durchschüttelten. Es roch nach feuchtem Laub und schlammiger Erde. Jetzt da sie die Geräusche um sich endlich entschlüsseln konnte, wurde ihr klar, dass sie sich auf einem Karren, oder einer Kutsche befinden musste. Gedämpftes Gerede drang an ihre Ohren, doch als sie sich in dessen Richtung bewegen wollte, bemerkte sie schlussendlich, dass sie gefesselt war. Automatisch wand sie sich, was ihr Körper mit stechenden Schmerzen, von der linken Schulter bis zum Handgelenk, quittierte.

Marialle fluchte innerlich. Da hatte sie diesen gewaltigen Sturz tatsächlich überstanden, nur um jetzt die Gefangene von wem auch immer geworden zu sein.

"Ihr da!", brüllte sie verärgert. Ihre Worte drangen befehlend aus ihrer Kehle, aber vorallem heiser und krächzend. Dennoch wurde das Gespräch weiter vorne unterbrochen und eines der beiden Paar Schritte wurde lauter, bis es mit Marialle auf selber Höhe war. Sie drehte ihren Kopf in die Richtung. Ein Verlassener, das war zu erwarten. Sie seufzte schwer.

"Warum bin ich gefesselt?", empörte sie sich und starrte dem Untoten direkt ins Gesicht. Der Mann musste kurz nach seinem Tod wieder auferstanden sein. Seine Züge waren weit weniger zerissen, als Marialle es bis dato von den Verlassenen, allen voran Plagg, gewöhnt war. Das aschfahle blonde Haar lugte strähnig unter seiner dunkelroten Kaputze hervor. Die milchigen Augen lagen nicht besonders tief in ihren Höhlen und sein Gesicht schien wohlgenährt, beinah rundlich. Er betrachtete sie eingehend und schien seine Worte abzuwägen.

"Ihr seid ein Mensch und als solcher, eine Gefangene." Die Selbstverständlichkeit seiner Worte erzürnte Marialle und sie biss die Zähne zusammen um sich endlich etwas aufrichten zukönnen.

"Lasst mich frei, ich stehe in Lady Windläufers Gnaden.", befahl die Hohepriesterin, bemüht ihre Autorität in ihre gereizte Stimme fließen zulassen. Von vorne erklang ein halbherziges Lachen und auch der Untote neben ihr schmunzelte mitleidig.

"Die Bansheekönigin hat im Tal von Andorhal keine Handhabe und selbst wenn, so werden wir nicht wagen, in ihrem Namen zu handeln. Tragt dem Kommandanten euren Fall vor, sobald wir in unserem Stützpunkt angekommen sind."
 

Die stürmische Nacht hatte entsetzte Spuren auf den Mienen der Lichtsprungs zurückgelassen und vorallem Dolette selbst saß die meiste Zeit unbeweglich und wie erstarrt auf einem Fels und ließ nicht mit sich reden. Borigan und Odessa hatten es die meiste Zeit versucht, doch die Todesritterin reagierte einfach gar nicht. Etwas in ihr ließ sie in ihrer Starre verharren. Sie spürte die verzweifelten Blicke von Marialles Familie auf sich. Sie erwarteten sich etwas von ihr, doch die dunkle Elfe war nicht in der Lage etwas zu sagen, oder zu tun. Als Efendral mit ruhigen und analytischen Worten an sie heran getreten war und ihr versuchte Mut und Hoffnung zu machen, war es ihr ebenso wenig möglich gewesen, sich auch nur eine Handbreit zu bewegen. Nicht einmal als Marialles junges Ebenbild Beatrice sich vor sie gekniet hatte und die Hand auf ihre eigene, unterkühlte legte, zuckte sie auch nur. Schockierend war, dass es im Inneren von Dolette ganz genau so aussah. Sie wusste was geschehen war, sah die geliebte Priesterin immer und immer wieder den Abhang hinab stürzen, doch es rührte sich nichts in ihr. Sie wartete auf verzweifelte Trauer. Wutausbrüche. Verzweiflung an sich. Doch nichts. Sie beobachtete sich selbst nur unentwegt dabei wie sie zielsicher ihre magische Kralle nach der Hohepriesterin ausstreckte, doch diese sie ins Leere schießen ließ. Dolette quälte sich nicht mal mit der Frage, warum ihre Liebste so gehandelt hatte. Nichts. Sie war leer. Eine wispernde heimtückische Stimme in ihr begrüßte die kalte Leere mit offenen Armen.

Erst als einige Zeit vergangen war und sich die Kinder eines nach dem anderen aus dem Karren, der kurzer Hand in ein provisorisches Bett umfunktioniert worden war, erhoben und sich zwei große rehbraune Augen in das triste Grau des Steinbodens, das Dolettes Blickfeld vereinnahmte, schoben, riss es die Todesritterin mit einem harten Ruck aus ihrer Starre und all die Gefühle auf die sie gewartet hatte, prasselten mit unbändiger Wut auf sie ein. Die dunkle Ritterin zog Emarielle ad hoc in eine feste Umarmung und spürte wie das kleine Mädchen geräuschlos in ihren Armen zu schluchzen begann. Der mächtige Schwall an Trauer und Verzweiflung drohte sie zu überwältigen, doch die Wärme des kleinen Bündels in ihren Armen gab ihr Halt und sie strich ihrer Patentochter beruhigend über den Rücken.

"Scht, meine Kleine. Alles wird gut.", hatte Dolette ihr versprochen und ab diesem Moment war sie entschlossen, dass es genau so kommen würde. Sie hatte zum Eingang der Höhle geschaut. Das Prasseln des Regens war verstummt und am Horizont hatte sich die aufgehende Sonne abgezeichnet. Sie erhob sich, mit Emarielle auf den Armen und war an ihre Gefährten getreten.

"Das Unwetter ist vorüber. Borigan, du wirst mit Maxime und Odessa die Lichtsprungs nach Herdweiler begleiten. Bertak, Malek und Efendral, ihr kommt mit mir. Wir steigen den Abhang hinunter und suchen nach Marialle." Einige ihrer Gefährten waren zusammengezuckt, als sie das Wort an sie gerichtet hatte, doch Dolette hatte einvernehmliches Nicken von jedem geerntet. Der Zwergenjäger wollte zu etwas ansetzen, doch eine Stimme hinter der Todesritterin unterbrach ihn.

"Ich komme auch mit!"

"Papa!" Emarielle hatte ihren Vater als erstes entdeckt und quietschte begeisterte Worte wie "Heldenmut" und "bring Tante Mari zurück". Dolette hatte ein dunkles Gefühl überkommen.

Wie so oft, während der letzten Tage im Schoß der Lichtsprungs, waren Erinnerungen in ihr aufgestiegen, die nicht ihre eigenen gewesen waren, sondern die der geliebten Priesterin und doch letztenendes auch ihre. Die Todesritterin erinnerte sich an Marialles Erzählung, von dem Tag, als Jazper und Daria verkündet hatten, dass Marialle und Dolette die Paten ihres Ungeborenen werden sollten. Der jüngste der Lichtsprungmänner hatte erzählt, dass ihn nur die Liebe zu Daria davon abgehalten hatte ebenfalls seiner Abenteuerlust zu folgen. An diesem Tag hatte Berthold sich dazu entschieden seine Schwester und die Paladin zu begleiten und es mit seinem Leben gezahlt. Dolette wollte sicher nicht für einen weiteren Tod von Marialle Brüdern verantwortlich sein, darum hatte sie erwidert:

"Jazper, bleib bei deiner Frau und deiner Tochter. Bei deiner Familie. Das da unten ist umkämpftes Gebiet und ich will dich nicht in Gefahr bringen." Die hellbraunen Augen des Bauern, die denen seiner Schwester von allen Brüdern am ähnlichsten waren, hatten schier aufgeleuchtet. Ein entschlossener Funke, der alleine jeden Widerstand in der Todesritterin gebrochen hatte.

"Marialle ist meine Schwester und meine Brüder haben alle Frau und Kind, ich werde mitkommen!" Der Ton in den einfachen Worten vermittelte genau das was seine Augen angekündigt hatten und Dolette seufzte merklich. Sie ließ ihre Patentochter auf den Boden sinken, die sogleich in die Arme ihres Vaters sprang und ihn lobte und anhimmelte.

Zu ihrer Überraschung hatten weder Daria noch Magerethe den Jüngsten von Marialles Brüdern von seinem Vorhaben abhalten wollen. Und so stand die dunkle Elfe nun mit Jazper und ihren drei Gefährten am Abhang vor der Höhle und beobachtete die Familie, die sich langsam an den schmaler gewordenen Pfad entlang schlich. Efendral verwandelte sich grade in einen stattlichen Hirsch und trat vor Jazper, der verstand und auf seinen Rücken stieg. Malek hatte mit dem Abstieg schon begonnen und sprang behände von Vorsprung zu Vorsprung. Bertak ließ sich mit einem heiseren "Jipii!" einfach hinterher fallen und rollte mehr hinab, als dass er stieg. Es wollte sich kurz ein Grinsen auf die fahlen Lippen der dunklen Ritterin schleichen, doch sie besann sich eilig und sprang ihren Gefährten mit entschlossener Miene hinterher.
 

Die beiden Verlassenen, die vor dem Karren herliefen, auf dem Marialle noch immer gefesselt lag, hatten nicht weiter mit ihr gesprochen und sie hatte es auch nicht noch mal versucht, es wäre eh sinnlos gewesen. Wenigstens für einen Schluck Wasser hatten die Untoten zwischenzeitlich gesorgt, als sie an einem See vorbei kamen und die Priesterin war froh, dass zumindest ihr Hals endlich etwas Linderung erhielt.

Mittlerweile hatte sich die Umgebung leicht verändert, die an der Menschenfrau vorbei zog. Die Nadelbäume standen nun dicht an dicht und im Hintergrund war die Bergkette, auf der sie noch immer ihre Familie vermutete, kaum noch zusehen.

Schließlich durchquerten sie ein massives Tor das aus Baumstämmen bestand und Marialle fand sich inmitten einer Hordefestung wieder. Genaugenommen einer Festung der Verlassenen. Der Anblick war beinah gewohnt geworden, dennoch war sie sich der Gefahr bewusst in der sie schwebte. Ohne Sylvanas Schutz, im Schoß der Verlassenen und dann als Mensch.

Im Innenhof herrschte reges Treiben. Viele Untote trainierten in dessen Mitte, an der der Karren auf dem sie lag, langsam vorbeigeführt wurde. Andere werkelten geschäftig an Ausrüstung und Waffen. Wieder andere rannten scheinbar ziellos durch die Gegend. Marialle hörte die ungewöhnlich klare Stimme des blonden Untoten, die nach jemandem Schickte.

"Du da! Hol mir den Kommandanten, wir haben eine Gefangene." Marialle konnte nicht sehen was geschah, aber offenbar fühlte sich irgendjemand angesprochen. Eilige Schritte entfernten sich und der Karren kam schließlich zum Stehen. Die Zeit verstrich und sie starrte einmal mehr hinauf zum wolkenverhangenen Himmel. Zum ersten mal an diesem Tag gestattete sie ihren Gedanken zu ihrer Liebsten und zu ihrer Familie abzuschweifen. Sie seufzte. Ihre Lieben machten sich bestimmt fürchterliche Sorgen um sie, oder schlimmer noch, vielleicht dachten sie, sie wäre in den Tod gestürzt.

Das vertraute Geräusch von schweren Plattenstiefeln ließ die Hohepriesterin aus ihren Gedanken aufschrecken. Diese hier waren allerdings einen Deut schwerer. Nicht unbedingt weniger grazil, als die von Dolette, aber definitiv langezogener und dumpfer. Marialle biss einmal mehr die Zähne zusammen und kämpfte sich gegen den Schmerz in ihrem Arm, in eine sitzende Position.

Die Schritte kamen nah am Karren zum Stillstand und der Hohepriesterin jagte ein eisiger Schauer durch die Glieder, als sie in das finstere Antlitz von Koltira Todesweber starrte. Auf seinen blutleeren Lippen zeichnete sich sogleich ein gieriges Grinsen ab und er beachtete die beiden anderen, die Marialle in die Feste der Verlassenen gebracht hatten, kein bischen mehr.

"My-la-dy Lichtsprung, welch wunderbarem Umstand haben wir euren Besuch zu verdanken?", säuselte er mit süßlicher und langezogener Stimme und trat nah genug an den Karren um Marialles Fesseln von dem Haken zubefreien, an dem sie fixiert waren. Die Miene der Hohepriesterin wurde augenblicklich hart und missgünstig. Die Angst, die sie vielleicht noch Momente zuvor verspürt hatte, war sofort aus jedem Winkel ihres Körpers gewichen. Verachtung und Ekel waren an ihrer Statt getreten und sie funkelte dem Todesritterkommandanten herausfordernd in die blau leuchtenden Augen. Ihre Abneigung ließ ihn schmunzeln und die Gier breitete sich von seinen Lippen auf die unheimlichen Augen aus. Unwillkürlich fragte sie sich, wie es möglich war, dass sie so anders waren, als die von Dolette.

"Koltira, ihr wisst, dass ich mit Sylvanas befreundet bin? Ich schlage vor ihr löst die Ketten und ich gehe unbehelligt aus eurer Feste." Der Angesprochene schürzte verzückt die Lippen, was Marialle zugegebenermaßen irritierte.

"Lady Lichtsprung, nehmt mir die folgenden Worte nicht übel, aber ihr seid eine Närrin, wenn ihr glaubt, dass Sylvanas Windläufer zur Freundschaft fähig ist. Überhaupt zu irgendeinem Gefühl ausser ihrem Durst nach Blut und Tod. Ihr wart nur Mittel zum Zweck, damit sie endlich ihre Rache am Lichkönig vollziehen konnte, wenngleich dieser Versuch doch eher missglückt ist." Der Todesritterin kicherte amüsiert, bevor er fort fuhr.

"Die dunkle Fürstin wird von eurem Aufenthalt in meiner Feste ganz sicher nichts erfahren, dafür sorge ich. Also macht es euch schon mal bequem, ich hoffe eure geliebte Kuscheltodesritterin wird bald zu uns stoßen. Bringt sie zu Lindsay Rabensonn, sie wird sich vorerst um die Priesterin kümmern. Keine Angst, Lady Lichtsprung, eure Wunden werden versorgt werden und euch wird es an nichts mangeln. Richtet euch doch bitte häuslich bei mir ein." Marialle kam nicht umhin hart zuschlucken. Das Lächeln auf den aschfahlen Lippen von Koltira Todesweber war so selbstbewusst und siegessicher, dass die Angst, die sie schon verloren glaubte, augenblicklich mit jedem Wort, das er gesprochen hatte, zurück in ihre Gefühlswelt rauschte. Ausserdem irritierte sie die Aussagen, die er über Sylvanas getroffen hatte. Ihre Angst gab diesem Gedanken für den Moment Raum, doch sie besann sich eilig. Erinnerte sich an die Gespräche, die sie mit der Dunkelläuferin geführt hatte. Die Vertrautheit die zwischen ihnen entstanden war. Sylvanas Neckereien. Ihr Duft. Marialle rief sich zur Ordnung. Letzendlich hatte sie ihr und Dolette auch noch persönlich geholfen und da war der Lichkönig schon gefallen. Sie war sich sicher, dass Koltira sich irren musste.

Sie sah nur noch seinen flatternden schwarzen Umhang, bevor er in einem der Häuser verschwand. Zu vertieft war sie für den Augenblick in ihrer Gedankenwelt. Der blonde Verlassene half ihr von dem Karren und führte sie zu einem großen steinernen Haus um das die Feste offensichtlich herum errichtet worden war. Daneben unter einem Zelt stand eine Untote, mit ebenso blonden Haare. Ihre Wangen waren jedoch löchrig und ließen Teile ihres Gebisses durchscheinen. Sie trug eine einfache Lederrüstung, wie so ziemlich alle Verlassenen, die Marialle in dieser Festung gesehen hatte.

"Der Kommandant hat befohlen, dass ihr euch um seine Gefangene kümmert, Lady Rabensonn. Sie soll verbunden werden und eine Unterkunft in den Kellern bekommen." Die Angesprochene nickte nur kaum merklich.

"Bringt sie hinunter, um alles weitere werde ich mich kümmern." Marialle horchte auf. Irgendwas in der ungewöhnlich dunklen Stimme war ihr vertraut, doch mit einer weiblichen Verlassenen hatte sie noch nie ein Wort gewechselt, oder?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Puhhhh es ist vollbracht, endlich habe ich Dole umgebracht! Uhhh wie sich das reimt! ;D
Ich hoffe das keiner von ihrem Tod enttäuscht ist, bzw davon, dass wir ihn nicht miterleben durften, aber der Flashback war nunmal nur aus der Sicht von Mari und diese Ungewissheit und die Tatsache, dass die letzten Worte die die beiden wechselten im Streit waren wird auch noch mal Thema werden.
Ab dem nächsten Kapi, ist Dole endlich wieder DK hach wie ich mich darauf freue!
An dieser Stelle vielen Dank für die Favos, Kommis und Empfeler. <3

bis zum nächsten mal und Liebe Grüße eure Dolli :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel war irgendwie nicht ganz leicht für mich, es hat sich total einfach geschrieben und mir persönlich auch total Spaß gemacht, aber ich hatte da eine S/M Szene eingebaut, die diese Geschichte einfach nicht braucht. Aus diesem Grunde habe ich es jetzt gekürzt und nur angedeutet in welche Richtung es geht, so dass sich jeder selbst ausmalen kann was in der Nacht so alles passiert ist. Natürlich habe ich das Kapi noch in seiner Sado/Maso Fassung, wenns einer so lesen möchte schick ichs gern per PN.
Winke eure Dolli Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (14)

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Von:  Cheker89
2017-10-30T09:04:22+00:00 30.10.2017 10:04
Seid gegrüßt verehrte Dolette,
mir ist bewusst das Du zurzeit andere Projekte hast als diese Fanfic. Trotzdem möchte Ich Dir für deine tolle Geschichte ein ganz großes Lob aussprechen. Schon nach dem ersten Kapitel ist man komplett im Bann der Charaktere und Story. Sehr oft hatte Ich beim lesen den Gedanken das Du mehr aus dieser Welt raus holst als Blizzard selbst. Durch deinen Erzählstil ist man sehr nah an den Figuren und ist damit wie gefesslt wenn Dramatic, Spannung und/oder Romantic anziehen. Selbst in den ruhigeren Momenten hat man nie das Gefühl von Längen, da man immer eine Entwicklung spührt.
Ich könnte jetzt noch viel mehr schreiben, will dich aber nicht zu sehr von deinem aktuellen Projekt ablenken. Vielen Dank für diese außergewöhnliche Geschichte und vielleicht kommt ja doch noch ein Funke, eine Muse oder was auch immer und diese Geschichte kommt noch zum sehnlichst erwartetem Abschluss ;-)
LG Stephan
Von:  rikku1987
2016-05-25T02:36:07+00:00 25.05.2016 04:36
Boah, in einem Ruck (naja fast, müsste schließlich auch arbeiten) durch gelesen. Ich muss sagen , da wow komplett an mir vorbei gezogen ist, habe ich lange überlegt ob ich diese Geschichte anfange zu lesen. Nun ein paar langweilige Nachtschichten später sitze ich jetzt hier und muss dann mal folgendes los werden. Aaaaaaaaalteer, war das geil. Ich bin total gefangen gewesen, musste mich selbst zwischendurch zwingen auf zu hören. Jedes Kapitel war klasse, vor allem das Kapitel " zählen lernen" habe ich mehr als nur einmal gelesen" dreckig grinst". Und nun sitze ich hier, 61 Kapitel später und schäme mich richtig, das ich schon seit Jahren nichts mehr veröffentlicht habe. Aber das wird sich demnächst ändern. Denn diese Geschichte steckte so voller Inspirationen, das es bei mir gerade so sprudelt. Nun alles in allem bin ich dafür richtig dankbar, und hoffe bald wieder von dir und deiner Todesritterin zu hören. Bis dann die Arbeit ruft.
Antwort von:  Dolette
25.05.2016 11:56
Here in einem Ruck. Nicht schlecht. Freut mich sehr, dass du es trotz der Wow Hürde geschafft hast, dich zu überwinden. Rückblickend glaube ich, dass ich meine Story auch in viele andere Fantasiefandoms hätte einbauen können. Also für andere die sich durch das Fandom abgeschreckt fühlen ist das hier doch ein wirklich aufschlussreicher Kommentar. ^^
Danke für dein Lob. Ein langezogenes Alter hatte ich bisher auch noch nicht. xD
Genau diesen Effekt wollte ich gerne produzieren, dass man nicht aufhören kann. Toll, dass es mir bei dir gelungen ist!
Wow, dass ich das noch erleben darf. Jemand dem zählen lernen gefällt und es sogar mehrfach gelesen hat! Spitze. Ich bin bei dem Thema so unsicher gewesen und habe bis jetzt auch noch keine positive Resonanz dazu bekommen. War schon am Überlegen es rauszulassen im Rahmen meiner Überarbeitung.
Toll, dass sie dir Inspiration bietet, das lese ich äußerst gern.
Ich möchte sooo gerne weiter schreiben, da diese Story mir echt als mein Erstlingswerk sehr am Herzen liegt, aber mir fehlt leider momentan die Muse dafür. Weiter gehts nur in den Sidestorys die ich dir an dieser Stelle ans Herz legen möchte, falls du noch mehr Inspiration brauchst.
Schönen FA und liebe Grüße Dolli
Von:  Morrigen
2016-02-19T15:06:33+00:00 19.02.2016 16:06
Super Kapitel !!!! Man spürt richtig die Wiedersehensfreude und das Ende ist die auch super gelungen! Wie die beiden sich gegenseitig necken...;)

Lg morrigen
Antwort von:  Dolette
19.02.2016 19:11
Freu freu ein frischer Kommentar!
Schön dass es dir gefällt.
Viel Spaß beim Weiterlesen.
Gruß Dolli
Von:  Layali
2015-12-26T18:28:04+00:00 26.12.2015 19:28
Was ist das denn für ein Vogel dieser Koltira..je mehr der von sich gegeben hat, desto mehr kam mir das kotzen >.<
Der soll bloß Dolette in Ruhe lassen, aber der wird doch bestimmt was aushecken so wie der drauf ist?!

Zum Glück haben sich Dolette und Mari in ihren Träumen wiedergefunden, ich war echt überrascht als du ihre Träume miteinander verbunden hast. Ich habe mir Ihr Zusammentreffen in den unterschiedlichsten Szenarien vorgestellt. Aber in ihren Träumen keinesfalls, wirklich genial von dir :)

Hoffentlich finden Sie sich in der Wirklichkeit bald wieder, mir graut es wenn ich an diesen blöden Todesritter von einem Blutelfen in Dolettes Nähe denke x.x

Und supi, dass du während der Feiertage die Zeit gefunden hast was hochzuladen. Dir noch ein schönes Restweihnachten =)
Antwort von:  Dolette
26.12.2015 20:51
Ja was soll icj sagen. Ich hatte das mal wieder eigentlich gar nicht so vor gehabt. xD Aber er musste irgendwie einfach das Arschloch raushängen lassen. So hat sich aber mal ein Bösewicht aufgetan, der nicht einem direkten Kontent entspringt. Er ist ja eher einer der Guten. Dass er wirklich so ein Unsympathieträger ist freut mich sehr! Mit fiesen Charakteren kann man viel machen. :) Aber durch ihn will ich das Wesen der Todesritter beleuchten, so wie es relativ allgemein verstanden wird. Da ist natürlich immer noch sehr viel Raum für Spekulationen.

Jahaaa das gemeinsame Träumen. Auh so ein Ding. xD
Eigentluch wollte ich die beiden richtig fett leiden lassen und dass sie sich jetzt ne ganze Weile nicht sehen und auch nocht wisse , was aus der anderen geworden ist, aber Gosh sie sind halt meine Heldinnen und ich hab sie ja irgendwie lieb und so habe ich es ihnen für den Moment etwas leichter gemacht.
Danke für dein Lob an dieser Stelle.

Na ich hoffe du hast direkt weiter gelesen, dann musst du nicht so lange bangen. Koltiras große Stunde wird vielleicht noch kommen, aber erstmal ist jetzt Arthas an der Reihe. Wird ja auch Zeit.

Danke danke, das hat leider einen blöden Grund, aber so kann ich wenigstens weiter schreiben. X.x

Für dich auch noch einen schönen Rest vom Fest.

Winke winke Dolli
Antwort von:  Layali
26.12.2015 21:36
Du gewieferte Autorin, du! Benutzt den Blödmann für was sinnvolles !! :p

Ich habe mit Ihnen geleidet, du glaubst gar nicht wie sehr..ich hab nen halbes Freudentänzchen veranstaltet, als sie sich im Traum getroffen haben ^.^

Ja natürlich habe ich gleich weitergelesen und ich bin heilfroh!
Nur bereitet es mir Kopfschmerzen, inwiefern Dolette diese Eigenschaften von einem Todesritter im Umgang mit seiner..Gefährtin(/Geliebten muss man ja eher bei Dolette sagen) treffen..
In den Träumen war ja davon nichts zu merken, aber es scheint ja eine gänzlich andere Sache zu sein, wenn sie beieinander sind :x

Ach Mensch ich hoffe nichts schlimmes?..
Antwort von:  Dolette
26.12.2015 22:16
Ja mal sehen wo es mit ihm noch hinführt. Leider darf ich ihn nicht killen, da er in Legion wohl wieder dabei ist. ._.

Schön, dass das mit dem Träumen doch so Anklang findet. Hatte schon befürchtet es ist zu kitschig. ;D

Ja das ist auch beabsichtigt. Wer weiß wohin das führt. So a la 50 Shades? Oder Drama, weil Mari damit nicht kann? Wer weiß. Ins Details werde ich allerdings nicht gehen. Ich wollte zwar immer noch eine weitere Sexszene schreiben, aber mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher... Also seit ich drohe mit den beiden in diese Richtung zu gehen und ich hab Angst dadurch leser zu verlieren wenn ich ehrlich bin. xD
Und das sich das noch nicht in den Träumen angedeutet hat ist leicht zu erklären. Dole wusste ja noch nichts von diesem verlangen und es ist ja körperlicher Natur und beruht auf Instinkte. Sowas gibt es in Träumen nicht, wenn dann ist es nur eine Art Widerhall der Realität! So einfach ist das! xD
Antwort von:  Layali
26.12.2015 22:47
Aber.....er ist blöd. Soll er doch in irgendeinem Loch verrotten :<

Nein nein mein kleines Herz war darüber hocherfreut ^-^

Du machst mich ganz verrückt damit nicht zu wissen wie es weitergeht!! Gott oh Gott wieso muss das nur so kompliziert sein zwischen den beiden..da haben sie sich nun wiedergefunden und dann kommt sowas...banales..wie Instinkte den beiden in die Quere. Wäre ja zu schön, wenn den beiden einfach mal die Liebe zueinander und zwischen einander gegönnt wird ._____.
Und immerhin hat Dolette ihre blutrünstige Ader unterdrückt bzw. verändert...warum nicht auch ihre Instinkte? So ein Tier wie der Herr ich-Würde-ihm-am-liebsten-in-den-arsch-treten-koltiras will doch Dolette nicht sein :/ *hoff*

Um dir meine kleine unwichtige Meinung mitzuteilen: ich bin für eine Sexszene, ABER wirklich nur wenn...ja..wenn's ne schöne ist, ähnlich wie die erste. :x

AHA! Hab dank für diese lehrreiche und aufschlussreiche Erläuterung! :p
Antwort von:  Dolette
26.12.2015 23:24
Na vielleicht finden wir da ja ein schönes dunkles miefiges Plätzchen in Zukunft für den Vogel!

Schön, dass dein kleines Herz mitfiebert, wie sweet von dir.

Naja wenn du nicht verrückt vor Neugierde werden würdest, würdest du vermutlich nicht dran bleinen, also yes Strike, geschafft. ;P
Vielleicht ist es ja gar nicht so kompliziert? Vielleicht ist es das nur in deiner Vorstellung? ;D
Ich denke es sind aber schon mehr als Instinkte in dem Sinne. Es geht ja um das Wesen eines Todesritters und dem steht die Liebe die Dole empfinden kann ja sehr extrem gegenüber. Es sind ja zwei Gegensätze die grade zueinander finden und Dole ist ja eh schon so furchtbar launisch, weils in ihr so tobt. Das nächste Kapi wird dir glaube ich gefallen. Morgen gehts weiter. ;)

Huh huh huh, du findes also, jemanden auf diese Art dominieren zu wollen ist animalisch (im negativen Sinne, denn das ist es zweifelsohne!) öffne ein wenig deinen Geist. Bei sowas gehts um bedingungsloses Vertrauen. Der größte Liebesbeweis den es geben kann. Das hat natürlich aber rein gar nichts mit dem zutun was Koltira will. Er ist zur Liebe in diesem Sinne ja gar nicht fähig.

Witzig dass du das so schreibst. Tatsächlich ist diese Geschichte aus dem Ansporn entstanden, eine Sexszene zu schreiben, die den Rest der Geschichte nicht Niveautechnisch runter zieht, denn das habe ich oft beim lesen gehabt. Ist halt mit vorsicht zu genießen, das mit dem Sex. Also wollte ich so eine Szene schreiben, die einfach nur schön ist, die auch einer Lesen kann der eigentlich keinen Bock auf sowas hat und wenn du das so schreibst, scheint mir das gelungen zu sein.
Na mal sehen was ich damit mache. Ein Leser muss auch mal aus seiner Komfortzone rausgezogen werden, sonst ist es Einheitsbrei. :P Vielleicht nicht unbedingt bei dem Zhema aber naja.

Jaja ich helfe doch immer gern weiter. xD
Antwort von:  Layali
27.12.2015 00:37
Jaaaa so gefällt mir das doch gleich besser :3

Klar würde ich dran bleiben (aber vielleicht dafür ruhiger schlafen)!
Ja ja jetzt denke ich zu kompliziert oder was? Na ganz super, verwirr mich halt noch zusätzlich ey :D
Das...klingt logisch, hast es ja auch so schön beschrieben, wie die Dunkelheit und das Licht in einer Flamme miteinander tanzen (sehr poetisch übrigens!)
Na gut, dann freue ich mich schon auf morgen :)

Da war meine Wortwahl ein wenig unbedacht..
Was anderes ist mir für diesen Blutelfen nicht eingefallen, wobei selbst das noch ein Kompliment ist ._.
Ich denke einfach, dass es von beiden Seiten gewollt werden muss und dass es auf Gegenseitigkeit und eben Liebe beruht und nicht auf dem Verlangen eines einzelnen und da gebe ich dir sonst auch vollkommen recht :x
Ich habe da wohl in meiner Angst außer Acht gelassen, dass sich Dole doch von Koltira enorm unterscheidet >.<

Also für den Ansporn ist ja ein ganzes Werk entstanden, Respekt !
Und wie dir das gelungen ist, es war nicht aufdringlich oder reingeworfen..sondern die Szene hat sich nahtlos eingegliedert, als wenn sie genau für dafür geschaffen wurde :D

Ich bleibe gespannt :)
Antwort von:  Dolette
27.12.2015 08:14
Hihi danke für dein Lob.
Ich werde jetzt an dieser Stelle nicht mehr groß auf deinen Kommi eingehen, sondern erstmal das nächste Kapi raufladen, dann ist es nämlich erstmal mit der trauten Zweisamkeit wieder vorbei, dann kann man besser spekulieren und ich drohe nicht zu spoilern. :) Wir wollen ja nun endlich mal Arthas an den Kragen, oder? Und nur mal nebenbei, heute kommen noch zwei Kapitel und dann geht es langsamer voran, denn an dem nächaten schreibe ich aktuell und das muss dann ja auch noch korrekturgelesen werden.

Jobangebot: xD
Wobei ich hier mal Werbung machen will, ich suche nämlich jemanden mit richtig guten Deutschkenntnissen als Korrekturleser, mein jetztiger entsprich nicht so ganz meinem Anspruch. :3
Von:  Layali
2015-12-21T18:09:02+00:00 21.12.2015 19:09
Nein Dolette, böse Dolette...was für ein Dickschädel !! Einfach zu Putress runterzugehen und auch noch alleine...jetzt bin ich gespannt wie sie da wieder rauskommt >.>
Antwort von:  Dolette
21.12.2015 19:28
Cliffhanger lässt grüßen! ;D
Aber ja, dafür dass sie ja die ach so gefühlskalte Todesritterin ist, oder sein will, handelt sie grade ziemlich impulsiv. Böses böses!
Hihi
Winke winke
Antwort von:  Layali
21.12.2015 19:40
Teuflisches Stilmittel ! xD
Du hast recht bei solchen Situationen ist sie wie ausgewechselt und geht mitm Kopf durch die Wand, da scheint sich ein wenig alte Dole mit der Todesritterin zu vermischen ^^

Was ich eigentlich noch schreiben wollte: ich Finds toll wie du immer mal wieder, fast beiläufig solche detaillierten Beschreibungen einfügst, wie: Ihre "durchtrainierten" Beine
Keine Ahnung warum, aber mir gefällts, das hast du schon mehrmals gemacht :D

Und nochmal ein ganz fettes Lob an dich, dass du jeden Tag mehrere Kapitel hochlädst! Ich schaue mittlerweile am Tag mehrmals rein, ob nicht doch noch noch ein weiteres Kapitel von dir drin ist :3
Antwort von:  Dolette
21.12.2015 21:09
*lacht diabolisch* genau das ist es meine liebe Layali!

Dein Riecher gefällt mir! Ich weiß es, aber un ehrlich zu sein noch nicht so genau, was für ein Charakterzug das sein wird. Ihre Stimmungsschwankungen unterstreichen ja größtenteils ihren inneren Kampf, Dunkelheit gegen goldenes Flämmchen, aber auch ihr persönliche Unsicherheit, genau wie Ungestümtheit, spielen da mit rein und ja das sind Charaktereigenschaften von Paladolli! Aufmerksames Leserchen du! Gefällt mir!

Schön, dass dir das gefällt, das ist ja auch rein Handwerklich sehr wichtig und für mich persönlich recht schwierig, weil man sich ja mit diesen beschreibungen nicht so oft widerholen sollte *auf leuchtende blaue Augen Zeig*. Naja es ist meine erste Geschichte und man wächst auch vom Wortschatz und den Umschreibungen, beim Schreiben. :D
Dass dir das gefällt nehme ich jedenfalls als unterbewussten Schulterklopfer! :DDD

Hrhrhr
Danke für das Lob, aber ich schrieb ja schon, dass ich da noch so ein paar Kapis im Ärmel hab, nur darum ist das möglich. Ich korrigiere die Kapis nebenbei, während ich schreibe um zwischendurch mal zu lesen und nicht nur zu schreiben. Allerdings simd wir bald an dem Punkt wo es so wird wie ich im Vorwort der Geschichte angekündigt habe, dann kommt nur noch alle 2 Tage ca ein Kapitel. Nicht hauen! :>
Ich sag aber bescheid wenns soweit ist, dann musst du nicht mehr so oft reingucken.

Winke winke Dolli
Antwort von:  Layali
22.12.2015 08:26
Waaaaaas NUR noch alle zwei Tage EIN Kapitel
Wie soll ich das überleben Dolli?!?! Sag es mir D:
Nein nein..ist ja völlig okay, selbst das ist ja noch schnell, aber mach dir da bloß keinen Stress :)
Ich glaube, ich werde trotzdem öfters reinkucken, einfach weil ich hoffe dass ein neues Kapitel da ist ;p
Von:  Layali
2015-12-20T08:10:03+00:00 20.12.2015 09:10
Arme arme Mari..da verliert sie gleich zwei ihrer Liebsten :/
Aber du hast den Flashback schön abgeschlossen, hat mir wirklich gefallen auch wenn's ein bisschen lang war. Ich glaube, wenn die Rückblende kürzer ausgefallen wäre, wären Einzelne Personen zu kurz gekommen und man könnte vor allem Mari nicht in dieser Komplexität nachvollziehen, wie es jetzt der Fall ist.
Von daher nochmal mein größter Respekt :)

Jetzt freue ich mich natürlich auf die weitere eigentliche Geschichte und vor allem auf Doles Reaktion auf das ganze!


Antwort von:  Dolette
20.12.2015 10:40
Moin moin Layali,
schön, dass das Ende dir gefällt, ich war doch recht unsicher.

Jap der lange Fladhback beleuchtet Marialles Charakter wirklich gut und das gefällt mir sehr, obeohl ich ihn eigentluch dafür erdacht hatte, die Verbindung zu erkläre und somit nachvollziehbar zu machen, dass Dolette, die ja nunmal eine DK ist, so fühlen kann. Ist ja ziemlich untypisch für die untoten Ritter. Ich hoffe das ist nicht zu kurz gekommen dadurch, dass ich es rein aus Marialle Perspektive geschrieben habe.
Ganz lieben Dank für deinen Kommi und dein Lob. Habe das Gefühl, dass die Geschichte seit dem mehr gelesen wird. Hab auch noch einen Favo mehr, seit dem. *_*
Danke dir <3

Na dann viel Spaß bei den nächsten Kapiteln, ich hoffe du bist nicht so enttäuscht, wie ich von Doles Reaktion, aber sie machen halt alle was sie wollen. xD

Gruß Dolli
Antwort von:  Layali
20.12.2015 12:06
Da kann man einmal mehr sehen, wie sich Geschichten selbstständig machen ;)
Haha du musst dich dafür doch nicht bedanken, ist doch selbstverständlich bei so einer tollen Arbeit ^__^

Hab's gerade gelesen. Dolette soll sich gefälligst mal zusammenreißen und...arghh unglaublich wie sie zwischen der kühlen und distanzierten Todesritterin und ihren wirklichen Gefühlen wechselt (was du ganz toll beschreibst). Es gab heute schon nen Moment, wo ich ihr gerne in den Hintern getreten hätte !
Antwort von:  Dolette
21.12.2015 02:16
Doch doch, ich freu mich riesig und das darfst du auch wissen. :)

Hrhr wenn sie dich so aufregt hab ichs richtig gemacht, denn sie soll keine glatte goldene Paladose sein, sondern Ecken und Kanten haben, mal abgesehen davon, dass es ihr sicher selbst auch auf den Zeiger geht. :D
Von:  Layali
2015-12-18T09:41:42+00:00 18.12.2015 10:41
Wunderschönen guten Tag!
Ich habe gestern angefangen deine FF zu lesen und bin wirklich begeistert :)
Das Setting ist mir zwar gänzlich unbekannt, aber durch deine Beschreibungen, erhält man schnell einen guten Überblick wer wer ist und welche Stellung die einzelnen Charaktere haben. Dann macht es erst recht Spaß Kapitel um Kapitel zu verschlingen !
Dein Schreibstil finde ich sehr angenehm und flüssig, auch wie du die Gefühle von Mari und Dole beschreibst, Liebe wie Eifersucht, ist sehr schön detailliert und man kann diese sofort nachvollziehen und fühlt sich ebenso in die Personen hineinversetzt.

Interessant finde ich wie die einzelnen Stufen der Verbindung zwischen Dole und Mari wachsen und sie sich als Personen zueinander entwickeln und welche Kräfte sie zudem nach dem Ritual entwickelt haben, ist wirklich sehr beeindruckend und ich bin gespannt, ob es dort noch weitere Steigerungen geben wird ^^

Ansonsten hoffe ich, dass schnell weitere Kapitel von dir erscheinen...ich warte sehnsüchtig drauf und bleib dran, es wird immer besser :)
Antwort von:  Dolette
18.12.2015 15:50
Huhuchen Layali,
auch dir einen schönen guten Tag. ^^
Erst einmal danke für deinen Kommentar, endlich mal einer. Man schreibt und schreibt und weiß ja nichtmal ob es einer ließt. ;D
Schön, dass du schnell reingekommem bist, es freut mich, dass mein Schreibstil flüssig ist und man ihm gut folgen kann. Ich neige manchmal dazu so ellenlange Sätze zu schreiben, da hatte ich schon befürchtet, dass es den Lesefluss stört.

Ja die Verbindung der beiden verändert sich viel, da bin ich wohl etwas Dragonball usw geschädigt. xD
Aber man will sich ja auch steigern.
Nach dem Ritual sind sie aber, zumindest bis jetzt an ihrem Höhepunkt der Ausmaße ihrer Kräfte angekommen (hab noch einige Kapis im Ärmel). Aber sie verändert sich auf logischerweise weiter, alleine schon durch Dolettes Tod der ja zwangsläufig bald ansteht.

Toll, dass du findest, dass es immer besser wird, es ist ja mein erster Versuch irgendwas zu schreiben. Ich werde weiter fleißig hochladen!

Lieben Gruß Dolli
Antwort von:  Layali
18.12.2015 23:34
Ich denke hier lesen schon einige ohne zu kommentieren, was ich ziemlich schade finde, aber vll sind sie ja einfach nur schüchtern x.x
Jeder hat einen eigenen Stil zu schreiben und ich kann dir versichern, dass absolut alles verständlich ist..auch die etwas längeren Sätze, wobei diese sich eigentlich wunderbar einfügen und keinesfalls negativ herausstechen ^.^

Mir graut es schon vor Dolettes Tod..obwohl es ja eigentlich nur eine Erinnerung bzw. eine Rückblende ist :/
Nur frage ich mich wirklich was dann passiert, es ging ja bis jetzt um die gemeinsame Vergangenheit von Dolette und Mari. Wie wird es wohl dannach sein?..
Wie du siehst, bin ich wirklich mehr als gespannt, ich freu mich drauf! Und ich werde dir natürlich auch weiterhin als Leserin und Kommentarschreiberin erhalten bleiben :)

Schönen Abend noch !
Antwort von:  Dolette
19.12.2015 00:46
Schüchtern, im anonymen Internet? Hihi vielleicht, aber jetzt hab ich ja dich! :P

Jaaaaa der Flashback ist viel zu lang geworden und die eigentliche Geschichte, die in Wotlk anfängt gerät dadurch leider in fast Vergessenheit. Ich selbst musste die ersten Kapitel nochmal lesen, als ich wieder einsteigen wollte, aber so ist es jetzt nunmal gelaufen. Ich wundere mich manchmal sehr darüber wie selbstständig sich die Geschichte entwickelt und komme mir oft mehr wie ein Leser, als ein Schreiber vor. Ich bin selbst oft gespannt wie es weiter geht, wenn ich keine genaue Vorstellung davon habe worauf etwas hinaus läuft und glaub mir das kommt oft vor. xD
Witzig, dass du dich vor ihrem Tod graust, ich selbst habe ihm entgegengefiebert grade weil der Rückblick so lang war und ich unbedingt in die Gegenwart wollte. :D
Man nimmt es ja auch etwas leichter wenn man weiß, dass sie als DK weiter dabei sein wird, schließlich gehts ja hauptsächlich um sie.
Ich freu mich, dass du voll dabei bist und wenn du ab und an einen Kommi da lässt natürlich um so mehr! :)

Dir auch noch einen schönen Abend
Winke winke Dolli


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