Auf Wanderschaft
KĂŒsse unter blĂŒhenden KirschbĂ€umen
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Kapitel 1 - Auf Wanderschaft
Der Ort an dem Kagome gerade stand gefiel ihr sehr. Sie hatte in den Monaten ihrer Wanderung mit ihren Freunden viele Gegenden durchstreift. Reisfelder, die sich erstreckten, soweit der Blick reichte, dichte WĂ€lder, sodass man nur den nĂ€chsten Stamm erkannte. Hohe Berge und tiefe Schluchten. Doch dieser Platz ĂŒbertraf alle.
Auf dem Weg hierher durchquerten sie und ihr Begleiter ein kleines Tal, folgten dem Lauf eines Baches, der auĂerhalb des Waldes in einem Weiher mĂŒndete. Dann lag vor ihnen eine mit knöchelhohen wogenden Gras bewachsene Ebene, auf der vereinzelt Blumen blĂŒhten. In der NĂ€he des Teiches jedoch stockte ihr, beim Anblick, der sich ihr bot, der Atem.
UnzĂ€hlige blĂŒhende KirschbĂ€ume standen an der sĂŒdlichen Seite des kleinen Berghanges. Die zarten rosafarbenen BlĂŒten verströmten einen betĂ€ubenden Duft und der Wind fuhr durch die Zweige, sodass es den Anschein erweckte, Schnee fiel zu Boden.
Alles hier fĂŒhlte sich richtig an, perfekt fĂŒr einen besonderen Anlass und Kagome ahnte, das es kein Zufall war, der sie hierher fĂŒhrte. Deswegen setzte sie sich nieder, atmete tief ein und besann sich.
Die junge Frau schloss einen Moment ihre Augen und erinnerte sich an die letzten beiden Jahre. Seit ihrem verhĂ€ngnisvollen Wunsch Ă€nderte sich ihr Leben drastisch. Plötzlich war sie nicht lĂ€nger Inuyashas inoffizielle Verlobte, sondern hatte einen neuen WeggefĂ€hrten in seinem Vater gefunden. Der Hanyou traf seine erste Gemahlin und konnte seine tot geglaubte Tochter in die Arme schlieĂen. Es dauerte nicht lange bis Kagome die Beziehung ihres Freundes zu der gleichaltrigen Hanyou akzeptierte, da sie selbst immer stĂ€rkere GefĂŒhle fĂŒr Taro entwickelte. Er gab ihr Halt, beschĂŒtzte sie jeden Tag und schenkte ihr auf stille Art Geborgenheit. Sie wurde von ihm niemals bedrĂ€ngt und deshalb dachte sie, dass dem Ă€lteren DĂ€mon nie mehr als KĂŒsse vorschwebten. Vielleicht lag es auch an ihrer Aufgabe, denn nach Kaedes plötzlichem Ableben stand sie dem Dorf als Miko vor und vermutlich wollte er deshalb ihre Reinheit nicht beschmutzen. Mit der Zeit fand sie sich mit ihrer Bestimmung ab.
Inuyasha hatte bei seiner Gemahlin weniger bedenken. Bis er die Wonnen des Ehelebens genoss, vergingen nur wenige Wochen und bald teilte ihm Suki mit, erneut Mutter zu werden. Noch etliche Tage brachte das Paar nach der Bekanntgebung in Musashi zu, doch unter den Einwohnern verbreitete sich langsam wegen der vielen dĂ€monischen Abkömmlinge Angst und immer öfter zeigten sie ihre Skepsis unverhohlen. Da sich Sesshomaru ebenso hĂ€ufiger sehen lieĂ und gleichzeitig noch Taros Anwesenheit lockte auĂerdem mehr starke DĂ€monen als bisher an, die sich mit der Hundefamilie messen wollten.
Deshalb schlug Suki mehrmals vor den Ort zu verlassen, auch weil sie sich nicht heimisch fĂŒhlte. AuĂerdem hegte sie den Wunsch, dass ihr Kind bei ihrer restlichen Verwandtschaft das Licht der Welt erblicken sollte.
Aus diesem Anlass verabschiedete sich Inuyasha eines Morgens bei Kagome und den anderen. Obwohl sie ihn bat zu bleiben, brachte er viele Argumente vor, um zu gehen. Gleichzeitig hatte er einen weiteren Grund, da er seine Ziehmutter besuchen wollte.
Schweren Herzens lieĂ die Heilerin den Freund ziehen.
Nachdem wenige Wochen darauf eine wandernde Miko in Musashi auftauchte, liebevoll von den Bewohnern aufgenommen und fĂŒr Kagome eine groĂe Entlastung wurde, beschloss sie selbst einige Reisen zu unternehmen. Manche seltene Pflanzen, die von groĂer Bedeutung in der Heilkunde waren, wuchsen nur an entfernten Orten und zu ganz bestimmten Zeiten. Da sie selbst mehr von dem mittelalterlichen Japan sehen wollte, wanderte sie nun mit ihrem GefĂ€hrten Taro umher. Die Reise fĂŒhrte sie an diesen Ort und nun stand sie hier im Kirschhain, trĂ€umte vor sich hin, achtete nicht einmal darauf, wer sie beobachtete.
Etwas entfernt, gegen einen Stamm gelehnt harrte Taro aus, da er Kagomes RuhebedĂŒrfnis akzeptierte. Sie trank ein wenig Wasser und verzehrte die Reste des abendlichen Mahls vom Vortag. Nun trĂ€umte die Heilerin vor sich hin und stieĂ einen Seufzer aus.
Deswegen schmĂ€lerte der DĂ€mon kurz seine Augen, dachte unabhĂ€ngig von der jungen Frau ebenfalls an die letzten beiden Jahre. Nichts begehrte er mehr als ihren Körper. Kagome zu berĂŒhren, ihren Geruch einzuatmen und sie endgĂŒltig zur Gemahlin zu nehmen, indem er endlich den Bund vollzog, den sie vor einem Jahr unter einem weiteren Mistelzweig schlossen, stand ganz oben auf seiner Liste. Bald wĂŒrde es soweit sein. Ein zufriedenes LĂ€cheln huschte ĂŒber sein Gesicht, als er den Platz verlieĂ und sich der Heilerin nĂ€herte.
Er riet eindringlich: "Wenn wir vor Einbruch der Dunkelheit die KĂŒste erreichen wollen, sollten wir aufbrechen."
Mit einer leichten Drehung ihres Kopfes blickte sie zu dem DĂ€mon. "Ich komme", teilte sie mit und bewegte sich zu Taro hin.
Dieser fragte beilÀufig: "Der Ort gefÀllt dir?"
Kagome nickte und deshalb hob der ehemalige Herrscher des Westens seine Hand, streifte ĂŒber das Gesicht der Heilerin und versprach: "Auf dem RĂŒckweg verweilen wir hier lĂ€nger", den Rest, was ihm noch vorschwebte, behielt er vorerst fĂŒr sich.
Noch vor Einbruch der Dunkelheit vermehrten sich die Zeichen und bald hörten die Reisenden das Meer rauschen. Als HundedĂ€mon mit einer guten Nase nahm Taro den salzigen Geruch des Wassers bereits frĂŒher auf und wies seine GefĂ€hrtin darauf hin. Sobald die Sonne unterging, suchten sie sich in der NĂ€he der DĂŒnen einen Wind armen Ort, um dort zu ĂŒbernachten. Wie so oft kuschelte sich die Heilerin an Taros Körper, der sie mit seinem Fell wĂ€rmte.
Kagome wachte mitten in der Nacht auf, hob ihren Kopf und blickte in die goldenen Augen, welche leicht im Mondlicht schimmerten. Sie berĂŒhrte sanft das Gesicht ihres Gemahls, spielte ein wenig mit seinen Haaren und beugte sich dann vorwĂ€rts um Taro zu kĂŒssen.
Der DÀmon erwiderte die Liebkosung, zÀrtlich zuerst und dann immer leidenschaftlicher.
"Du bist bereit", sagte er nur danach.
Etwas vertrÀumt lÀchelte die Miko und bestÀtigte: "Ja."
Um sich zu verstehen, brauchten sie nicht viele Worte. Diese Gemeinsamkeit entwickelten sie, seit sie sich kannten. Ein weiteres Indiz, das sie fĂŒreinander bestimmt waren.
"Schlaf jetzt!", riet ihr Taro und legte den Hauch eines Befehls in seinen Ton.
WillkĂŒrlich schloss sie ihre Augen und schlummerte bald darauf wieder.
Am nĂ€chsten Tag begab sich Kagome auf die Suche nach den beiden Pflanzen, die in KĂŒstennĂ€he wuchsen, wĂ€hrend der HundedĂ€mon in der Gegend umherstreifte und fĂŒr Sicherheit sorgte. Dabei kam er der SteilkĂŒste nĂ€her, warf einen Blick hinaus auf die weitlĂ€ufige OberflĂ€che des Wassers. Er wollte sich bereits abwenden, als er sĂŒdlich von seiner Position ein Schiff, genauer eine chinesische Dschunke sichtete. Deren Anwesenheit in japanischen GewĂ€ssern weckte seine Besorgnis. Zwar betrieben einige Daimyos mit dem anderen Land einen regen Handel, doch der hiesige KĂŒstenstreifen zĂ€hlte laut Taros Informationen nicht dazu. Ein weiteres Indiz fĂŒr sein ungutes GefĂŒhl, ein menschliches Auge hĂ€tte das Schiff dort drauĂen niemals wahrgenommen. Deshalb war es um so verdĂ€chtiger, weil sie dort drauĂen nicht ankerten, sondern auf dem Wasser kreuzten. Offenbar wĂŒrde sie erst bei Einbruch der Dunkelheit nĂ€her an Land segeln.
Er beschloss daher, das Schiff einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Mit groĂen SprĂŒngen erreichte er bald darauf eine einsame Bucht und wurde am Strand fĂŒndig. Seine schlimme Annahme bestĂ€tigte sich. Mehrere Ruderboote lagen hier versteckt, bewacht von zwei MĂ€nnern. Diese belauschte er und erfuhr das Vorhaben der Piraten. Der voll beladene Wagenzug eines Kaufmannes, der in unmittelbarer NĂ€he vorbeizog, sollte ĂŒberfallen werden. AuĂerdem schwebte den Chinesen noch etwas weit Kostbares vor. Menschliche Beute, Sklaven und im Besonderen Jungfrauen, welche sie auf entsprechenden MĂ€rkten verkaufen konnten.
Nachdem der DĂ€mon genug Informationen hatte, trat er hinter dem Felsquader hervor, zeigte sich und schlug sofort gnadenlos zu. Der zweite Wachposten ĂŒberlebte vorerst nur, weil er ihn aushorchte, um weitere Details zuerfahren. Bereitwillig verriet der Pirat alles und verweigerte nicht eine Antwort auf die gestellten Fragen.
Froh das sich noch keine Gefangenen an Bord befanden und nur eine kleine Mannschaft zurĂŒckblieb schritt der SilberweiĂhaarige zur nĂ€chsten Tat. Oben auf der Spitze des HĂŒgels verwandelte er sich in seine wahre Gestalt, erhob sich in die Luft und sprang mit einem groĂen Satz direkt zu dem Schiff. Die Kraft, die er dafĂŒr aufwendete, reichte aus um sein Ziel zu erreichen. Genau in der Mitte landete Taro. Das Holz splitterte, tauchte die Dschunke unter und sie kenterte.
Er erfasste alles aus der Luft, bevor er auf den Planken aufkam. Seine Vermutung bestĂ€tigte sich. Das Schiff war mit schwarzen Segeln bestĂŒckt, damit niemand sie bei Nacht sehen konnte, wenn sie ihre Beute an Bord holten.
Obwohl der chinesische Wachposten im Ausguck alle vor dem heranfliegenden DÀmon warnte, sprangen nur wenige ins Meer. Stattdessen blieben sie wie gelÀhmt auf dem Deck stehen. Erst als es fast schon zu spÀt war, kam Bewegung in die Mannschaft und sie schnatterten aufgeregt durcheinander.
Da alle Boote am Strand lagen, blieb ihnen nur ein Ausweg. Erst viel spÀter bemerkten die Piraten, der Angreifer hatte es nur auf die Dschunke abgesehen und nicht auf ihre Leben.
Mit Leichtigkeit schwamm der groĂe cremeweiĂe Hund inzwischen zurĂŒck zum Ufer, tappte aus dem Wasser heraus und schĂŒttelte sich. Danach verwandelte er sich wieder und betrachtete sein Werk zufrieden. Mochten die Ăberlebenden ruhig bis zur KĂŒste schwimmen oder an Holzplanken geklammert paddeln, ihm war nur wichtig das sie ihr Transportmittel verloren und somit in Japan dauerhaft festsaĂen. FrĂŒher oder spĂ€ter wĂŒrde die Patrouille des hiesigen FĂŒrsten diese Leute gefangen nehmen. Besonders wenn er ihnen zusĂ€tzlich noch eine Nachricht ĂŒber das Gesindel schickte. Dies wollte er nicht lange aufschieben und sich gleich nach SĂŒden wenden, dennoch verharrte er einen Moment.
Die ganze Zeit nahm der silberweiĂhaarige HundefĂŒrst an, dass der Heilerin keine Gefahr drohte. Sie befand sich im Norden, in einer unbewohnten Gegend. Allerdings fĂŒhrte seit kurzen die HandelsstraĂe dort entlang, da durch Unwetter, Blitzeinschlag und schwere RegenfĂ€lle der alte Pfand unpassierbar wurde. WĂ€hrend Taro noch die Umgebung mit seinen Sinnen abtastete und den salzigen Geruch in der Luft verdammte, weil er dadurch keine Witterung seiner GefĂ€hrtin aufnehmen konnte, bahnte sich fĂŒr Kagome Unheil an.
Der KapitĂ€n und sein Stellvertreter lösten sich von der restlichen Gruppe, entfernten sich immer weiter, vertieft in ihr GesprĂ€ch. Sie hatten am Morgen eine schwere Niederlage erlitten und viele MĂ€nner verloren. Trotzdem gaben sie den zweiten Teil ihres Planes nicht auf. Da niemand sie verfolgte, hielten sie gegen Mittag bei einem kleinen WĂ€ldchen an, versorgten die Verletzten und besprachen ihr weiteres Vorgehen. WĂ€hrend die Untergebenen in das Fischerdorf einfielen, wollten die beiden AnfĂŒhrer dem Schrein einen Besuch abstatten. Ihren Informationen zufolge hielten sich dort zu diesem Zeitpunkt nur zwei junge MĂ€dchen auf. Ob sie Beute wurden oder die beiden MĂ€nner sich selbst mit ihnen vergnĂŒgten, darĂŒber stritten sie sich auf den Weg dort hin. Nach einer Weile verschoben die beiden MĂ€nner das Thema, liefen still nebeneinander her, bis der KapitĂ€n plötzlich stehen blieb.
"Hörst du das?", wollte er wissen.
Der JĂŒngere, der eine unansehnliche Narbe quer ĂŒber seine Gesicht hatte, lauschte. "Klingt wie eine junge Frau. Vielleicht eine Miko?", mutmaĂte er. "Aber soweit vom Schrein entfernt?"
"Sehen wir nach!", schlug sein AnfĂŒhrer vor, griff nach seinem Messer und holte es aus dem GĂŒrtel. Dann setzte er seine FĂŒĂe leise auf, vermied vor allem auf trockene Zweige zu treten.
Kagome sah Taro am Morgen noch einen Moment nach und dann ging sie auf die Suche. Es gestaltete sich gar nicht so einfach. Einige Pflanzen sahen der gesuchten Ă€hnlich. Zum GlĂŒck hatte sie eine genaue Zeichnung dabei und konnte sie daher unterscheiden. Nachdem sie an einer schattigen Stelle fĂŒndig wurde, pflĂŒckte sie sorgfĂ€ltig die BlĂŒten und grub im Anschluss die Wurzeln aus. Beides konnte sie in der Heilmedizin anwenden.
Sobald sie ihre Arbeit beendete strich sie sich eine StrĂ€hne aus dem Gesicht, trank etwas Wasser und suchte nach dem andere Kraut. Dazu musste sie weiter in das Landesinnere laufen. Nach einigen Schritten blieb die schwarzhaarige Frau stehen, sah sich um und streckte ihre Sinne aus. Zwar auĂer Sichtweite aber immer noch in der NĂ€he spĂŒrte sie Taros dĂ€monische Energie. Sie wusste, er entfernte sich nur soweit, wie er sie mit seinem Geruchsinn oder dem Gehör wahrnahm. Beruhigt setzte die Heilerin ihren Weg fort und erreichte einige BĂ€ume.
Kapitel 2 - In Gefahr